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AEROSMITH<br />
MUSIC FROM ANOTHER DIMENSION<br />
COLUMBIA / SONY<br />
43 Jahre nach Bandgründung stellt<br />
man auch im Hause Aerosmith die<br />
bange Frage mit dem Blick in Richtung<br />
Zukunft: Hat Rock noch eine<br />
Existenzberechtigung – oder handelt<br />
es sich um ein antiquiertes Auslaufmodell?<br />
70 Albumminuten und<br />
15 neue Songs später beantwort<br />
sich die Frage von selbst. Denn wer<br />
nach 11 Jahren Albumpause mit<br />
über 60 Jahren auf dem Buckel<br />
noch so losrocken kann wie Steven<br />
Tyler, Joe Perry & Co. beim furiosen<br />
Opener ,,Luv XXX“, der ist von Rollator,<br />
Treppenlift und Pflegeheim<br />
noch verdammt weit entfernt. Die<br />
Stones-mäßige Nummer ,,Oh Yeah“<br />
groovt lässig rollend aus der Hüfte<br />
heraus, der Refrain von ,,Beautiful“<br />
wird von Tyler kaugummimäßig<br />
so ewig langgezogen wie es nur<br />
geht und ,,Legendary Child“ ist gespickt<br />
mit musikalischen Selbstzitaten.<br />
Mit ,,What Could Have Been<br />
Love“ folgt die obligatorische Ballade<br />
am Rande des Schmalzes, bevor<br />
mit ,,Street Jesus“ ein fast 6-minütiger,<br />
für Bandverhältnisse ungewohnt<br />
schneller Rocker ins Haus<br />
steht. Beim ZZ Top-Gedächtnissong<br />
,,Freedom Fighter“ übernimmt<br />
Bandbuddy Johnny Depp die Bakking-Vocals,<br />
während das blueslastige<br />
,,Closer“ einen der besten Aerosmith-Songs<br />
der beiden letzten<br />
Dekaden darstellt. Soviel ist klar:<br />
An die ,,Rente mit 67“ ist im Falle<br />
dieser rüstigen Rockopas nicht zu<br />
denken. Frank Möller<br />
BETH HART<br />
BANG BANG BOOM BOOM<br />
MASCOT RECORDS / ROUGH TRADE<br />
Zuletzt erst legte Beth Hart mit<br />
dem zusammen mit dem Bluesrock-Gitarristen<br />
Joe Bonamassa<br />
eingespielten Album ,,Don’t Explain“<br />
die eigene Messlatte wieder<br />
ein Stück höher und schon überrascht<br />
uns die Sängerin/Songwriterin<br />
und Pianistin mit einem stilistisch<br />
noch vielseitigeren Album.<br />
Dass die US-Amerikanerin herzzerreißende<br />
Balladen schreiben<br />
und singen kann, weiß man nicht<br />
erst seit Klassikern wie ,,Leave The<br />
Light On“. Auch daß sie in manchen<br />
ihrer Blues-Adaptionen<br />
durchaus Janis Joplin-Niveau erreicht,<br />
ist bekannt und wird hier<br />
mit dem Übersong ,,Caught Out In<br />
The Rain“ erneut unter Beweis gestellt.<br />
Und auch auf klassischem<br />
Soul-Parkett bewegte sie sich<br />
schon früher perfekt. Diesmal allerdings<br />
kommen zu diesen Qualitäten<br />
noch weitere hinzu – das geht<br />
von klassischen 70er-Singer/Songwriter-Stücken<br />
über lässigen Reggae<br />
bis zu fulminantem Bigband-<br />
Swing. Und natürlich zeigt Beth<br />
Hart auch auf ,,Bang Bang Boom<br />
Boom“ weiterhin ein Herz für harten<br />
Rock, denn sie mag neben Ca-<br />
20 ULTIMO<br />
TONTRÄGER<br />
Rollator-Gerocke, britzelnde Lötstellen<br />
& braune Zwergsterne<br />
role King, Rickie Lee Jones, Ella<br />
Fitzgerald und Frank Sinatra eben<br />
auch Led Zeppelin und Black Sabbath.<br />
Volkard Steinbach<br />
MARTHA WAINWRIGHT<br />
COME HOME TO MAMA<br />
V2 / UNIVERSAL<br />
Völlig neu erfunden hat sie sich<br />
zwar nicht, aber ,,Come Home To<br />
Mama“, das Martha Wainwright<br />
u.a. mit dem Wilco-Gitarristen Nels<br />
Cline aufgenommen hat, verbindet<br />
nicht nur die schmerzhaften Balladen<br />
ihres Debüts mit vertracktem<br />
Indiepop, sondern dehnt ihr musikalisches<br />
Universum noch weiter<br />
aus. Das zeigt sich bereits mit ,,I’m<br />
Sorry“, einem geschickt um ihre exaltiert-akrobatische<br />
Stimme herumgebauten<br />
Song, den man keinem<br />
bestimmten Stil zuordnen<br />
kann und der auch keine richtige<br />
Melodie aufweist. Umso zugänglicher<br />
geht es weiter mit ,,Can You<br />
Believe It“, einer Folk-Pop-Nummer<br />
zum Mitpfeifen, gefolgt von<br />
dem so aufregenden wie seltsamen<br />
,,Radio Star“ – eigentlich zwei<br />
Songs in einem: Pop trifft Musical.<br />
Nach einer Pianoballade in Moll folgen<br />
exotischer Electropop, der<br />
deutlich die Handschrift der japanischen<br />
Produzentin Yuka C. Honda<br />
(Cibo Matto) trägt. Erst gegen Albumende<br />
ist Rufus Wainwrights<br />
kleine Schwester dann wieder ganz<br />
bei sich – im samtigen Torchsong<br />
von ,,Some People“, dem dunklen<br />
Chanson von ,,All You Clothes“ und<br />
der wie eine Hommage an ihre verstorbene<br />
Mutter Kate McGarrigle<br />
klingenden Folkballade ,,Everything<br />
Wrong“. Volkard Steinbach<br />
A FINE FRENZY<br />
PINES<br />
EMI<br />
Ist der Planet noch zu retten? Für<br />
Alison Sudol alias A Fine Frenzy –<br />
der Name basiert auf einem Vers<br />
aus Shakespeares ,,Sommernachtstraum“<br />
– ist der Untergang kaum<br />
mehr aufzuhalten. Von der Welt am<br />
Abgrund erzählt die US-amerikanische<br />
Sängerin und Songschreiberin<br />
auf ihrem dritten Album in ,,Sadseasongs“<br />
und Liedern über Pinien,<br />
Lawinen und tanzende Grauwale.<br />
Klingt nach ziemlichem Ökokitsch<br />
und ist es irgendwie auch, aber dabei<br />
doch so schön und charmant<br />
inszeniert, dass man ihr gerne zuhört<br />
– vor allem, wenn sie anders<br />
als beim poppig-leichtgewichtigen<br />
Vorgänger ,,Bomb In A Birdcage“<br />
ihre zarten, oft melancholischen<br />
Melodien zu stimmungsvollen Elektrosounds<br />
sowie sparsamer Gitarren-,<br />
und Piano-Instrumentierung<br />
haucht und säuselt. Leider verlässt<br />
die 27-jährige gegen Albumende<br />
das getragene, zarte Ambient-<br />
Folk-Parkett für den Tralala-Soul-<br />
Pop von ,,It’s Alive“ und ,,Now Is The<br />
Start“. Aber bevor die Welt untergeht,<br />
gibt es als Entschädigung