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Themenheft zum Reformationstag - Evangelische Kirche in ...

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12 | PRedigtentwuRf<br />

PRedigtentwuRf | 13<br />

Es ist e<strong>in</strong> Missverständnis zu glauben,<br />

dass es da nichts zu schaffen gibt.<br />

Harte Arbeit ist es,<br />

sich und andere zu befreien von den Strukturen der Angst.<br />

Für sich und andere den Mut zu e<strong>in</strong>em NEIN aufzubr<strong>in</strong>gen.<br />

Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern.<br />

Denn Gott ist es, der beides <strong>in</strong> euch wirkt: das Wollen<br />

und das Vollbr<strong>in</strong>gen, nach se<strong>in</strong>em Wohlgefallen.<br />

Angst und Schrecken s<strong>in</strong>d nicht Furcht und Zittern.<br />

Die Angst verdunkelt die Gottesfurcht.<br />

Dass S<strong>in</strong>gen Angst vertreibt, lernt jedes K<strong>in</strong>d und<br />

das wirkmächtigste Lied der Reformation sang gegen die<br />

Angst an:<br />

Und wenn die Welt voll Teufel wär – und das ist sie!<br />

Die Teufel der Welt s<strong>in</strong>d mannigfach –<br />

Teufel der E<strong>in</strong>samkeit,<br />

Teufel der Ungerechtigkeit,<br />

Teufel der Lieblosigkeit,<br />

Teufel der Habgier, der Sucht, der Gier, des Neids –<br />

so fürchten wir uns nicht so sehr,<br />

es soll uns doch gel<strong>in</strong>gen.<br />

Wenn es uns gel<strong>in</strong>gen soll,<br />

müssen wir es schaffen.<br />

Wir müssen es schaffen,<br />

aus dem Reden über gerechte Teilhabe<br />

<strong>zum</strong> Handeln durchzudr<strong>in</strong>gen.<br />

Es geht nicht an, dass K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> unserer Nachbarschaft<br />

verwahrlosen, die Schule abbrechen, e<strong>in</strong>e verkürzte<br />

Lebenserwartung haben, im Alter von zwölf Jahren für drei<br />

kle<strong>in</strong>ere Geschwister sorgen müssen.<br />

Wir müssen es schaffen,<br />

aus dem Reden über den Frieden<br />

<strong>zum</strong> Handeln durchzudr<strong>in</strong>gen.<br />

Es geht nicht an, dass wir Frieden, Frieden schreien,<br />

uns aber nicht ernsthaft um die Beseitigung von<br />

Kriegsursachen bemühen,<br />

unsere Verbrauchermacht im vernetzten globalen<br />

Wirtschaftssystem nicht nutzen, Versöhnung mit anderen<br />

Religionen nicht im eigenen Stadtviertel zuwege br<strong>in</strong>gen.<br />

Wir müssen es schaffen,<br />

aus dem Reden über die Bewahrung unserer<br />

kostbaren Schöpfung<br />

<strong>zum</strong> Handeln durchzudr<strong>in</strong>gen.<br />

Es geht nicht an, dass wir den bedrohlichen Klimawandel<br />

vor Augen haben und munter weiter mit dem Auto fahren,<br />

als wäre nichts gewesen, Nahrungsmittel so günstig wie<br />

möglich kaufen und die Augen vor den Nebenwirkungen<br />

der Produktion verschließen.<br />

Ist Angst e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> weltliches Phänomen?<br />

Ist die <strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong>e angstfreie Zone?<br />

Unerhört zu denken, dass auch hier Angst die Quelle der<br />

Unbeweglichkeit ist.<br />

E<strong>in</strong>e angstbesetzte <strong>Kirche</strong> kann sich genauso wenig<br />

bewegen wie e<strong>in</strong>e angstbesetzte Gesellschaft –<br />

Angst vor der älter und ärmer werdenden Geme<strong>in</strong>de,<br />

Angst vor dem Profilverlust gegenüber anderen<br />

Konfessionen.<br />

Angst davor, <strong>Kirche</strong>nräume und ganze Stadtviertel aufgeben<br />

zu müssen.<br />

Angst vor dem Islam, der beg<strong>in</strong>nt, im Bild deutscher Städte<br />

und Dörfer sichtbar zu werden.<br />

Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern.<br />

Gott gibt das Wollen und das Vollbr<strong>in</strong>gen, nach se<strong>in</strong>em<br />

Wohlgefallen.<br />

Es ist harte Arbeit, Ängste aufzulösen <strong>in</strong> Hoffnung –<br />

. . . me<strong>in</strong> verlorenes Zutrauen, me<strong>in</strong>e Ängstlichkeit<br />

br<strong>in</strong>ge ich vor dich,<br />

wandle sie <strong>in</strong> Wärme,<br />

Herr, erbarme dich!<br />

Lautes S<strong>in</strong>gen war e<strong>in</strong> scharfes Schwert der Reformation.<br />

Es kann heute e<strong>in</strong> Werkzeug für den Mut zur Veränderung<br />

se<strong>in</strong>.<br />

S<strong>in</strong>gen vertreibt die Angst und br<strong>in</strong>gt Bewegung.<br />

E<strong>in</strong>e Protestzeit, die im Gedächtnis unserer bald 60-jährigen<br />

Demokratie e<strong>in</strong>e Schlüsselrolle spielt – die Zeit nach 1968 –<br />

war e<strong>in</strong>e an Liedern reiche Zeit,<br />

pubertär frech, aufsässig respektlos,<br />

wider die Angst vor der reglosen, leblosen Gesellschaft<br />

Die Friedensbewegung, die unter Christen feste Wurzeln<br />

geschlagen hat,<br />

war e<strong>in</strong>e an Liedern reiche Bewegung,<br />

wider die Angst, das bewegungsunfähige Gleichgewicht des<br />

Schreckens.<br />

Gedichtet, komponiert, gesungen – und die Nebel der<br />

Angst hoben sich,<br />

auch der Angst davor, über das Ziel e<strong>in</strong>er Reform<br />

h<strong>in</strong>auszuschießen.<br />

Als bedeutende <strong>Kirche</strong>nführer und <strong>Kirche</strong>nführer<strong>in</strong>nen<br />

vor e<strong>in</strong>iger Zeit selbstkritische Blicke auf die bewegten<br />

Zeiten warfen,<br />

vernachlässigten sie die Kraft der Lieder,<br />

die der Bewegung der 70er und der 80er Jahre so viel<br />

Schwung gegeben hatte.<br />

Angst kann und muss sich auflösen, <strong>in</strong> Gesang,<br />

<strong>in</strong> Klage, <strong>in</strong> Gebet.<br />

Und es fängt bei mir an.<br />

Me<strong>in</strong>e Stimme muss klarer werden,<br />

me<strong>in</strong>e Klage muss lauter werden<br />

me<strong>in</strong> Gebet muss <strong>in</strong>niger werden.<br />

Erst wenn me<strong>in</strong>e Angst sich auflöst,<br />

b<strong>in</strong> ich fähig zur Veränderung, fähig zur Umkehr,<br />

dann weigere ich mich, im gewohnten Trott<br />

weiterzuschlurfen,<br />

dann will ich nicht mehr mit der Herde auf den<br />

Abgrund zulaufen.<br />

Wenn unsere Angst sich auflöst,<br />

wenn der Widerstand gegen das „Weiter so“, gegen<br />

das Bequeme wächst,<br />

von dem die profitieren, denen das System günstig ist,<br />

kann e<strong>in</strong> Innehalten Bewegung auslösen.<br />

Geme<strong>in</strong>sam müssen Christen ohne Angst den Blick auf<br />

ihre <strong>Kirche</strong> richten,<br />

die immer und immer der Reformation bedarf,<br />

e<strong>in</strong>e „ecclesia semper reformanda“,<br />

e<strong>in</strong>e sich selbst h<strong>in</strong>terfragende, wache Geme<strong>in</strong>schaft,<br />

die für ihre eigenen Ordnungen am Evangelium<br />

neu Maß nimmt,<br />

die das Mite<strong>in</strong>ander von Haupt- und Ehrenamtlichen,<br />

Theologen und Nichttheologen,<br />

Männern und Frauen an der Geme<strong>in</strong>schaft der Heiligen<br />

orientiert.

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