BB 26.2008.pdf - Notar Dr. Tobias Hausch in Düsseldorf
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Arbeitsrecht<br />
<strong>Hausch</strong> · Gestaltungsmittel im Asset Deal-Unternehmenskaufvertrag im H<strong>in</strong>blick auf § 613a BGB<br />
nehmern bestehen, kann der Veräußerer an e<strong>in</strong>em solchen Verbot e<strong>in</strong><br />
(ideelles) Interesse haben. 139 Da e<strong>in</strong> materieller Schaden auf Seiten<br />
des Veräußerers im Falle e<strong>in</strong>es Verstoßes gegen das Kündigungsverbot<br />
regelmäßig nicht entstünde oder jedenfalls kaum bezifferbar wäre,<br />
kann es angezeigt se<strong>in</strong>, für e<strong>in</strong>en Verstoß gegen das Kündigungsverbot<br />
e<strong>in</strong>e Vertragsstrafe vorzusehen.<br />
dd) Sozialversicherungsbeiträge/Steuern<br />
Der Veräußerer kann e<strong>in</strong>e Garantie dah<strong>in</strong> abgeben, dass er alle fälligen<br />
Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen bezüglich<br />
der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen,<br />
bei Fälligkeit gezahlt, alle vom Gehalt e<strong>in</strong>zubehaltenden Steuern<br />
und Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen<br />
e<strong>in</strong>behalten und bei Fälligkeit an die Empfänger abgeführt, alle diesbezüglich<br />
etwa verhängten Säumniszuschläge und Bußgelder gezahlt<br />
sowie im H<strong>in</strong>blick auf noch nicht fällige Beträge entsprechende<br />
Rückstellungen gebildet hat. 140 Zwar kann § 613a Abs. 1 S. 1 BGB<br />
nach h.M. 141 als re<strong>in</strong> arbeitsrechtliche Vorschrift ke<strong>in</strong>e Haftung des<br />
Erwerbers für im Zeitpunkt des Betriebsübergangs rückständige Sozialversicherungsbeiträge<br />
und nicht abgeführte Lohnsteuer begründen,<br />
doch kann sich e<strong>in</strong>e solche Haftung aus anderen Rechtsgrundlagen<br />
ergeben.<br />
ee) Urteile/laufende Rechtsstreitigkeiten<br />
E<strong>in</strong> zwischen Arbeitnehmer und bisherigem Betriebs<strong>in</strong>haber ergangenes<br />
rechtskräftiges Urteil <strong>in</strong> Bezug auf Rechte und Pflichten aus dem<br />
Arbeitsverhältnis wirkt der umstrittenen 142 Rechtsprechung des<br />
BAG 143 zufolge <strong>in</strong> entsprechender Anwendung des § 325 Abs. 1 ZPO<br />
auch gegenüber dem Betriebserwerber. Hieraus ergibt sich e<strong>in</strong> Interesse<br />
des Erwerbers an e<strong>in</strong>er Unterrichtung über entsprechende Urteile<br />
bzw. an e<strong>in</strong>er Garantie des Veräußerers, dass solche nicht ergangen<br />
s<strong>in</strong>d. Auf noch rechtshängige Rechtsstreitigkeiten des Veräußerers mit<br />
se<strong>in</strong>en Arbeitnehmern hat der Betriebsübergang ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss. Auf<br />
diesen Fall wendet das BAG 144 § 265 Abs. 2 ZPO entsprechend an. In<br />
diesen Verfahren ergehende Urteile wirken nach mitunter vertretener<br />
Auffassung 145 ebenfalls für und gegen den Erwerber. Dieser kann 146<br />
daher e<strong>in</strong> Interesse auch an der Unterrichtung über noch laufende<br />
Verfahren bzw. an e<strong>in</strong>er Garantie über das Nichtbestehen solcher Verfahren<br />
haben. 147<br />
Aufgrund der vom BAG angenommenen Rechtskrafterstreckung auf<br />
ihn trägt der Erwerber das Risiko e<strong>in</strong>es negativen Prozessausgangs,<br />
welcher sich auch aus e<strong>in</strong>er unzureichenden Prozessführung seitens<br />
des Veräußerers ergeben kann. Der Erwerber kann sich allerd<strong>in</strong>gs<br />
dem BAG 148 zufolge an dem Rechtsstreit zur Unterstützung des Veräußerers<br />
als Neben<strong>in</strong>tervenient beteiligen. Mit Zustimmung des Arbeitnehmers<br />
könne der Erwerber den Prozess auch als Hauptpartei<br />
anstelle des Veräußerers übernehmen. 149 In Ermangelung e<strong>in</strong>er Absicht<br />
zur Beteiligung des Erwerbers könnten zum<strong>in</strong>dest Abreden über<br />
die Art und Weise der Führung des Prozesses durch den Veräußerer<br />
getroffen werden. 150 Im H<strong>in</strong>blick auf negative Urteile <strong>in</strong> den entsprechenden<br />
Verfahren kommen etwa Freistellungsvere<strong>in</strong>barungen <strong>in</strong> Betracht.<br />
ff) Sicherstellung des Verbleibs der Arbeitnehmer<br />
Der Erwerber ist regelmäßig daran <strong>in</strong>teressiert, dass die übergehenden<br />
Arbeitsverhältnisse auch nach dem Betriebsübergang fortbestehen.<br />
E<strong>in</strong> Ausschluss des Kündigungsrechts der Arbeitnehmer ist zwischen<br />
den Parteien des Unternehmenskaufvertrages allerd<strong>in</strong>gs nicht möglich.<br />
Denkbar ist allerd<strong>in</strong>gs, dass der Veräußerer sich gegenüber dem<br />
Erwerber verpflichtet, es zu unterlassen, auf den Erwerber übergehende<br />
Arbeitnehmer abzuwerben oder <strong>in</strong> sonstiger Weise dah<strong>in</strong> zu bee<strong>in</strong>flussen,<br />
das Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber zu beenden.<br />
gg) Gekündigte Arbeitsverhältnisse<br />
Auch bereits gekündigte Arbeitsverhältnisse gehen auf den Erwerber<br />
über, wenn die Kündigungsfrist am Tag des Betriebsübergangs noch<br />
nicht abgelaufen ist. 151 Ist e<strong>in</strong>e Kündigung wegen e<strong>in</strong>er ursprünglich<br />
vorgesehenen Stilllegung des Betriebes oder e<strong>in</strong>em Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit<br />
aus anderen Gründen ausgesprochen worden,<br />
kann dem gekündigten Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang<br />
e<strong>in</strong> Anspruch auf Wiedere<strong>in</strong>stellung bzw. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses<br />
zukommen. 152 Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund besteht e<strong>in</strong><br />
Interesse des Erwerbers an der Unterrichtung über die Gründe von<br />
durch den Veräußerer ausgesprochenen Kündigungen.<br />
Sofern zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits Kündigungsschutzklagen<br />
gekündigter Arbeitnehmer gegen den Veräußerer rechtshängig<br />
geworden s<strong>in</strong>d, hat der Erwerber die Urteile <strong>in</strong> diesen Verfahren<br />
nach mitunter vertretener Auffassung 153 gegen sich gelten zu lassen.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund bieten sich Vere<strong>in</strong>barungen im Unternehmenskaufvertrag<br />
über die Folgen von zugunsten der Arbeitnehmer<br />
ergehenden Urteilen – etwa Freistellungsverpflichtungen – an.<br />
Auch Vere<strong>in</strong>barungen über die Art und Weise der Führung der<br />
Rechtsstreite können zweckmäßig se<strong>in</strong>. Wie vorstehend 154 ausgeführt<br />
worden ist, hat der Erwerber dem BAG zufolge zudem die Möglichkeit,<br />
e<strong>in</strong>em Rechtsstreit als Neben<strong>in</strong>tervenient beizutreten oder ihn<br />
als Hauptpartei zu übernehmen. In diesem Fall kann sich der Erwerber<br />
auf die beim Veräußerer entstandenen Kündigungsgründe berufen.<br />
155 Jedenfalls 156 bei beabsichtigter Übernahme des Rechtsstreits<br />
sollte der Veräußerer daher zu e<strong>in</strong>er Unterrichtung über die genauen<br />
Gründe für die Kündigung verpflichtet werden. 157<br />
139 Dies kann etwa wegen der gewachsenen persönlichen B<strong>in</strong>dungen zu den Arbeitnehmern oder wegen<br />
des Ansehens des Veräußerers <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, welches auch bei Kündigungen durch den Erwerber<br />
Schaden nehmen kann, der Fall se<strong>in</strong>.<br />
140 Vgl. Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1), Rn. 999, S. 300; vgl. Liebs (Fn. 29), S. 96.<br />
141 BayObLG v. 31.10.1974 – 1 U 2225/74, <strong>BB</strong> 1974, 1582 f. [zu Sozialversicherungsbeiträgen]; Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück<br />
(Fn. 1), Rn. 169, S. 538; Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 49, S. 202; Knott/Mielke/Scheffler/Knott<br />
(Fn. 1), Rn. 1099, S. 326; Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil I, Rn. 202, S. 57.<br />
142 Siehe etwa Schliemann/Schliemann/Ascheid/Ascheid, Das Arbeitsrecht im BGB, 2. Aufl. 2002, demzufolge<br />
der Erwerber allerd<strong>in</strong>gs gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB <strong>in</strong> b<strong>in</strong>dend festgestellte Rechtslagen e<strong>in</strong>trete.<br />
143 Vgl. BAG v. 4.3.1993 – 2 AZR 507/92, NZA 1994, 260, 261; BAG v. 15.12.1976 – 5 AZR 600/75, <strong>BB</strong> 1977,<br />
395 f.<br />
144 BAG v. 4.3.1993 – 2 AZR 507/92, NZA 1994, 260, 261; BAG v. 15.12.1976 – 5 AZR 600/75, <strong>BB</strong> 1977, 395.<br />
145 BAG v. 15.12.1976 – 5 AZR 600/75, <strong>BB</strong> 1977, 395 f.; Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 60, S. 205; Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni<br />
(Fn. 1), BGB § 613 a, Rn. 371.<br />
146 Zu berücksichtigen ist diesbezüglich allerd<strong>in</strong>gs, dass das BAG [vgl. BAG v. 15.12.1976 – 5 AZR 600/75,<br />
<strong>BB</strong> 1977, 395] es für möglich gehalten hat, dass der Erwerber Urteile zwischen dem Veräußerer und<br />
den Arbeitnehmern gemäß § 325 Abs. 2 ZPO nicht gegen sich gelten lassen muss, wenn ihm die<br />
Rechtshängigkeit der Klage nicht bekannt gewesen ist. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund würde sich e<strong>in</strong>e Unterrichtung<br />
möglicherweise als nachteilig erweisen, da sie den Schutz des guten Glaubens entfallen lassen<br />
könnte.<br />
147 Vgl. Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 504, S. 368.<br />
148 BAG v. 15.12.1976 – 5 AZR 600/75, <strong>BB</strong> 1977, 395, 396.<br />
149 BAG v. 4.3.1993 – 2 AZR 507/92, NZA 1994, 260, 261.<br />
150 So kann etwa das Erfordernis e<strong>in</strong>er Rücksprache mit dem Erwerber vor Absendung von Schriftsätzen<br />
vere<strong>in</strong>bart werden.<br />
151 BAG v. 22.2.1978 – 5 AZR 800/76, <strong>BB</strong> 1978, 914; Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 41, S. 200.<br />
152 BAG v. 13.5.2004 – 8 AZR 198/03, <strong>BB</strong> 2005, 383, 384 m. w. N.; siehe auch BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR<br />
989/06 – juris Rn. 19.<br />
153 Vgl. hierzu die vorstehenden Ausführungen unter III. 1. f) ee).<br />
154 Siehe unter III. 1. f) ee).<br />
155 Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 41, S. 200.<br />
156 Im Regelfall wird auch im Übrigen e<strong>in</strong>e Unterrichtung über die Kündigungsgründe und die konkreten<br />
Umstände des jeweiligen E<strong>in</strong>zelfalls angezeigt se<strong>in</strong>, damit der Erwerber die Erfolgsaussichten <strong>in</strong> den<br />
Kündigungsschutzklagen abschätzen und dies bei se<strong>in</strong>er Personalplanung berücksichtigen kann.<br />
157 Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 41, S. 200.<br />
1400 Betriebs-Berater // <strong>BB</strong> 26.2008 // 23.6.2008