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BB 26.2008.pdf - Notar Dr. Tobias Hausch in Düsseldorf

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Arbeitsrecht<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Tobias</strong> <strong>Hausch</strong>, LL.M., <strong>Notar</strong>assessor, Dipl.-Arb.-Wiss.<br />

Gestaltungsmittel im Asset Deal-Unternehmenskaufvertrag<br />

im H<strong>in</strong>blick auf § 613a BGB<br />

§ 613a Abs. 1 S. 1 BGB ordnet für den Fall des Vorliegens e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs<br />

den Übergang der Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen<br />

auf den neuen Betriebs<strong>in</strong>haber an. Der Übergang der<br />

Arbeitsverhältnisse sowie die sonstigen sich aus § 613a BGB ergebenden<br />

Konsequenzen s<strong>in</strong>d dabei häufig aus der Sicht der Parteien des<br />

Unternehmenskaufvertrages oder zum<strong>in</strong>dest aus der Sicht e<strong>in</strong>er der<br />

Parteien unerwünscht. Mitunter hat sich § 613a BGB <strong>in</strong> der Praxis gar als<br />

Dealbreaker erwiesen. Im Rahmen dieser Abhandlung sollen die wesentlichen<br />

<strong>in</strong> Betracht kommenden Gestaltungsmittel aufgeführt werden,<br />

mittels derer die Vertragspartner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmenskaufvertrag<br />

<strong>in</strong>teressengerechte Lösungen für sich f<strong>in</strong>den können.<br />

I. E<strong>in</strong>leitung<br />

1. Unabd<strong>in</strong>gbarkeit des § 613a<br />

Ausgangspunkt sämtlicher Überlegungen zu Gestaltungen <strong>in</strong> Unternehmenskaufverträgen<br />

im H<strong>in</strong>blick auf § 613a BGB ist, dass die die<br />

Arbeitnehmer betreffenden Rechtsfolgen des § 613a BGB nach allgeme<strong>in</strong>er<br />

Ansicht 1 nicht durch Vere<strong>in</strong>barungen zwischen Veräußerer<br />

und Erwerber ausgeschlossen oder beschränkt werden können. Der<br />

Veräußerer und der Erwerber können allerd<strong>in</strong>gs im Unternehmenskaufvertrag<br />

wirksam Regelungen vere<strong>in</strong>baren, die lediglich das<br />

Rechtsverhältnis dieser Vertragspartner betreffen. 2 Sie werden daher<br />

regelmäßig nach Gestaltungsmitteln suchen, mittels derer sie das<br />

wirtschaftlich Gewollte zum<strong>in</strong>dest im Wege e<strong>in</strong>er vertraglichen Risikoverteilung<br />

erreichen können. 3<br />

2. Gestaltungsmittel im Unternehmenskaufvertrag<br />

Die Vertragspartner e<strong>in</strong>es Unternehmenskaufvertrages können auf die<br />

Rechtsfolgen des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens bestimmter Umstände<br />

E<strong>in</strong>fluss nehmen.<br />

PRAXISTIPP:<br />

Hierzu stehen ihnen verschiedene Gestaltungsalternativen offen:<br />

– bloße Wissenserklärungen der Beteiligten <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Unterrichtung;<br />

– Beschaffenheitsvere<strong>in</strong>barungen; 4<br />

– Beschaffenheitsgarantien 5 (vgl. § 443 Abs. 1, 1. Alt. BGB);<br />

– selbstständige Garantien 6 (vgl. § 311 Abs. 1 BGB), die sich auch auf zukünftige<br />

Umstände erstrecken können.<br />

Da bisweilen unklar se<strong>in</strong> kann, ob e<strong>in</strong> Umstand vom Begriff der Beschaffenheit<br />

umfasst ist, und sich zudem die gesetzlich vorgesehenen<br />

Rechtsfolgen für den Fall e<strong>in</strong>es Mangels der Kaufsache bei e<strong>in</strong>em Unternehmenskauf<br />

mitunter als ungeeignet erweisen, wird <strong>in</strong> der Literatur<br />

7 zu Recht nach wie vor angeraten, im Rahmen e<strong>in</strong>es Unternehmenskaufvertrages<br />

mit Garantien zu arbeiten und die entsprechenden<br />

Rechtsfolgen autonom zu regeln. Bezüglich der e<strong>in</strong>zelnen Umstände<br />

ist jeweils zu präzisieren, zu welchem Zeitpunkt 8 sie vorliegen oder<br />

fehlen müssen.<br />

Schließlich haben die Beteiligten die Möglichkeit, im H<strong>in</strong>blick auf bestimmte<br />

Umstände Handlungspflichten zu vere<strong>in</strong>baren. In diesem<br />

Zusammenhang bietet sich <strong>in</strong>sbesondere das Gestaltungsmittel der<br />

Freistellungsvere<strong>in</strong>barung 9 – ggf. abgesichtert durch e<strong>in</strong>e Bankbürgschaft<br />

– an.<br />

II. Voraussetzungen des § 613a BGB und<br />

mögliche Gestaltungsmittel<br />

Die Anwendung des § 613a BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang<br />

e<strong>in</strong>es Betriebs oder Betriebsteils 10 voraus.<br />

1. Übergang e<strong>in</strong>es Betriebs oder Betriebsteils<br />

Maßgeblich ist der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 11<br />

(BAG) zufolge, ob e<strong>in</strong>e wirtschaftliche E<strong>in</strong>heit 12 vorliegt, die e<strong>in</strong> neuer<br />

Rechtsträger unter Wahrung ihrer Identität fortführt. 13<br />

1 BAG v. 12.5.1992 – 3 AZR 247/91, <strong>BB</strong> 1993, 145, 146 [zu § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB]; BAG v. 29.10.1985 – 3<br />

AZR 485/83, <strong>BB</strong> 1986, 1644, 1646 [zu § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB]; BAG v. 22.2.1978 – 5 AZR 800/76, <strong>BB</strong><br />

1978, 914 [zu § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB]; BAG v. 29.10.1975 – 5 AZR 444/74, <strong>BB</strong> 1976, 315, 316 [zu § 613 a<br />

Abs. 1 BGB]; Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs,<br />

6. Aufl. 2005, Teil VI, Rn. 110, S. 509; Beisel/Klumpp/Klumpp, Der Unternehmenskauf, 5. Aufl. 2006, Kap.<br />

10, Rn. 75, S. 211; Knott/Mielke/Scheffler/Knott, Unternehmenskauf, 2. Aufl. 2006, Rn. 1102, S. 327;<br />

Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl. 2006, BGB § 613 a,<br />

Rn. 248.<br />

2 Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 228, S. 558; Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf <strong>in</strong> Recht<br />

und Praxis, 12. Aufl. 2005, Rn. 705, S. 444; Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1), Rn. 1102, S. 327.<br />

3 Semler/Volhard/Kozicz<strong>in</strong>ski, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, 2001, § 13, Rn. 62, S. 571.<br />

4 Durch diese können die Vertragspartner die Merkmale konkretisieren, deren Vorhandense<strong>in</strong> oder Nichtvorhandense<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Mangel i. S. d. § 437 BGB darstellen soll [siehe hierzu Picot, Unternehmenskauf und<br />

Restrukturierung, 3. Aufl. 2004, Teil I, Rn. 85, S. 125 f.].<br />

5 Siehe hierzu Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 491, S. 363. Übernimmt der Veräußerer e<strong>in</strong>e Garantie im H<strong>in</strong>blick<br />

auf e<strong>in</strong>e bestimmte Beschaffenheit der Sache, stehen dem Erwerber bei abweichender Beschaffenheit<br />

– unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche – die Rechte aus der Garantie zu den <strong>in</strong> der Garantieerklärung<br />

angegebenen Bed<strong>in</strong>gungen gegenüber dem Veräußerer zu. Hierbei kann den Veräußerer – anders<br />

als bei e<strong>in</strong>er bloßen Beschaffenheitsvere<strong>in</strong>barung – schuldunabhängig auch e<strong>in</strong>e Pflicht zum Schadensersatz<br />

treffen (vgl. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB).<br />

6 E<strong>in</strong>e solche Garantie kann unabhängig vom gesetzlichen Gewährleistungsrecht und unabhängig davon<br />

vere<strong>in</strong>bart werden, ob der garantierte Umstand e<strong>in</strong>e Beschaffenheit des Unternehmens darstellt oder<br />

nicht [Picot (Fn. 4), Rn. 94, S. 156].<br />

7 So etwa Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1), Rn. 77, S. 27.<br />

8 Etwa zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Sign<strong>in</strong>g) oder/und zum späteren Zeitpunkt des Übergangs<br />

des Unternehmens (Clos<strong>in</strong>g).<br />

9 Vgl. § 329 BGB.<br />

10 Betriebsteile i. S. d. § 613 a BGB s<strong>in</strong>d Teile<strong>in</strong>heiten des Betriebs, die abgrenzbare Organisationse<strong>in</strong>heiten<br />

darstellen und mit denen <strong>in</strong>nerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks e<strong>in</strong> Teilzweck verfolgt wird [BAG v.<br />

13.7.2006 – 8 AZR 331/05, NZA 2006, 1357, 1358; BAG v. 22.7.2004 – 8 AZR 394/03, <strong>BB</strong> 2005, 216, 218;<br />

BAG v. 13.2.2003 – 8 AZR 102/02, <strong>BB</strong> 2003, 1286, 1287].<br />

11 BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 917/06, n. v. (zu B.I.1.a.aa der Gründe); NZA 2006, 1357, 1358; BAG v.<br />

13.7.2006 – 8 AZR 331/05, NZA 2006, 1357, 1358; BAG v. 22.7.2004 – 8 AZR 394/03, <strong>BB</strong> 2005, 216, 217;<br />

BAG v. 17.4.2003 – 8 AZR 253/02, AP Nr. 253 zu § 613 a BGB (zu II.1.a der Gründe); BAG v. 25.5.2000 – 8<br />

AZR 416/99, <strong>BB</strong> 2000, 2156; BAG v. 13.11.1997 – 8 AZR 375/96, <strong>BB</strong> 1998, 1316, 1317.<br />

12 Der Begriff „wirtschaftliche E<strong>in</strong>heit“ bezieht sich auf e<strong>in</strong>e organisierte Gesamtheit von Personen und<br />

Sachen zur Ausübung e<strong>in</strong>er wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung [BAG v. 22.7.2004 – 8 AZR<br />

394/03, <strong>BB</strong> 2005, 216, 217; BAG v. 13.11.1997 – 8 AZR 375/96, <strong>BB</strong> 1998, 1316, 1317]. Zu den maßgeblichen<br />

Tatsachen hierfür zählen <strong>in</strong>sbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen<br />

Betriebsmittel (Gebäude, Masch<strong>in</strong>engerätschaften usw.) sowie deren Wert und Bedeutung, die<br />

Übernahme immaterieller Betriebsmittel und deren Wert, die Übernahme der vorhandenen Organisation,<br />

der Grad der ¾hnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung<br />

von Personal, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer e<strong>in</strong>er eventuellen<br />

Unterbrechung der Betriebstätigkeit [BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 917/06, n. v. (zu B.I.1.a.aa der Grün-<br />

1392 Betriebs-Berater // <strong>BB</strong> 26.2008 // 23.6.2008

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