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BB 26.2008.pdf - Notar Dr. Tobias Hausch in Düsseldorf

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vom Veräußerer für die e<strong>in</strong>zelnen Arbeitnehmergruppen verwendeten<br />

Musteranstellungsverträge. 51<br />

bb) Rückständige Vergütungen, Urlaubsansprüche<br />

Der Erwerber wird darüber h<strong>in</strong>aus – neben dem Veräußerer 52 –<br />

Schuldner etwaiger bei Betriebsübergang bestehender Forderungen<br />

auf Zahlung rückständiger Vergütungen. 53 Aus diesem Grund kann<br />

e<strong>in</strong>e Garantie des Veräußerers gegenüber dem Erwerber angezeigt<br />

se<strong>in</strong>, alle fälligen Ansprüche der Arbeitnehmer erfüllt zu haben. 54 Im<br />

Falle des Bestehens rückständiger Vergütungen bieten sich Vere<strong>in</strong>barungen<br />

zur Freistellung durch den Veräußerer 55 oder Vere<strong>in</strong>barungen<br />

zur Übernahme der Erfüllung durch den Erwerber – ggf. unter entsprechender<br />

Anpassung des Kaufpreises – an. Auch die Verpflichtungen<br />

des Veräußerers auf Gewährung von Urlaub gehen mit auf den<br />

Erwerber über. Diesbezüglich bieten sich Wissenserklärungen bzw.<br />

Garantien dah<strong>in</strong> an, <strong>in</strong> welchem Umfang die entsprechenden<br />

Urlaubsansprüche seitens des Veräußerers bereits erfüllt worden s<strong>in</strong>d.<br />

cc) Versorgungsanwartschaften<br />

Die Versorgungsanwartschaften 56 der Arbeitnehmer gehen unabhängig<br />

davon, ob die Anwartschaften bereits unverfallbar s<strong>in</strong>d oder nicht,<br />

ebenfalls mit über. 57 Aufgrund der potenziell damit e<strong>in</strong>hergehenden<br />

hohen f<strong>in</strong>anziellen Belastungen wird e<strong>in</strong> Erwerber an e<strong>in</strong>er Garantie dah<strong>in</strong>gehend<br />

<strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong>e zukünftigen Versorgungsverpflichtungen<br />

außer den sich gemäß den entsprechenden Rückstellungen<br />

<strong>in</strong> der Bilanz ergebenden oder im Unternehmenskaufvertrag ausdrücklich<br />

genannten bestehen. 58 E<strong>in</strong>en Ausgleich hat der Veräußerer<br />

dem Erwerber für den Übergang der zukünftigen Versorgungsverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

von Gesetzes wegen nicht zu leisten. 59 Es kann <strong>in</strong>des <strong>in</strong>teressengerecht<br />

se<strong>in</strong>, diesbezüglich im Kaufvertrag kompensierende Regelungen<br />

vorzusehen. 60 So könnte etwa vere<strong>in</strong>bart werden, dass der Veräußerer<br />

den Erwerber von den zukünftigen Versorgungsverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

freistellt, soweit die betreffenden Arbeitnehmer ihre Anwartschaften<br />

während der Zeit ihrer Beschäftigung beim Veräußer erdient haben.<br />

Auf e<strong>in</strong>e solche Abrede wird sich der Veräußerer allerd<strong>in</strong>gs im Regelfall<br />

nicht e<strong>in</strong>lassen wollen. In der Praxis wird es denn regelmäßig auch eher<br />

zweckmäßig se<strong>in</strong>, den Barwert der zukünftigen Versorgungsansprüche,<br />

welche der Erwerber zu erfüllen hat, im Rahmen der Ermittlung des<br />

Kaufpreises für das Unternehmen angemessen e<strong>in</strong>fließen zu lassen. 61<br />

Besondere Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, sofern der Veräußerer<br />

e<strong>in</strong>e Rückdeckungsversicherung abgeschlossen oder zur Erfüllung der<br />

Versorgungsverb<strong>in</strong>dlichkeiten e<strong>in</strong>e Unterstützungskasse, e<strong>in</strong>e Pensionskasse<br />

oder e<strong>in</strong>en Pensionsfonds e<strong>in</strong>geschaltet hat oder die betriebliche<br />

Altersversorgung im Wege der Direktversicherung erfolgt. 62<br />

dd) Garantie bezüglich des Fehlens sonstiger<br />

<strong>in</strong>dividualvertraglicher Ansprüche<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus kann der Veräußerer dem Erwerber garantieren, dass<br />

es ke<strong>in</strong>e sonstigen vertraglichen Ansprüche der Arbeitnehmer gibt,<br />

welche nicht unmittelbar aus den e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsverträgen ersichtlich<br />

s<strong>in</strong>d. So können etwa Ansprüche der Belegschaft aufgrund e<strong>in</strong>er<br />

Gesamtzusage 63 des Veräußerers bestehen. Da Arbeitsverträge und<br />

deren ¾nderung ke<strong>in</strong>er Schriftform unterliegen, können auch Ansprüche<br />

e<strong>in</strong>zelner Arbeitnehmer durch mündliche – oder sogar konkludente<br />

– Vere<strong>in</strong>barungen begründet worden se<strong>in</strong>.<br />

Nicht fixierte <strong>in</strong>dividualvertragliche Ansprüche bestehen zudem<br />

dann, wenn im Rahmen e<strong>in</strong>es vorherigen Betriebsübergangs bereits<br />

Arbeitsrecht<br />

<strong>Hausch</strong> · Gestaltungsmittel im Asset Deal-Unternehmenskaufvertrag im H<strong>in</strong>blick auf § 613a BGB<br />

e<strong>in</strong>mal Kollektivnormen transformiert worden s<strong>in</strong>d und seitdem <strong>in</strong>dividualvertraglich<br />

fortgelten. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund, dass die Sperrfrist<br />

des § 613a Abs. 1 S. 2, 2. Hs. BGB auch dann gilt, wenn es <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Jahresfrist zu e<strong>in</strong>er erneuten Veräußerung des Betriebs(teils)<br />

kommt, 64 besteht zudem e<strong>in</strong> Interesse an der Information über den<br />

Zeitpunkt der vorangegangenen Transformationen.<br />

Schließlich können sich Ansprüche der Arbeitnehmer aufgrund e<strong>in</strong>er<br />

betrieblichen Übung 65 ergeben. Sofern e<strong>in</strong>e solche bereits für den Veräußerer<br />

b<strong>in</strong>dend geworden ist, tritt der Erwerber <strong>in</strong> diese e<strong>in</strong>. 66 Erfolgt<br />

e<strong>in</strong> Betriebs<strong>in</strong>haberwechsel, bevor e<strong>in</strong>e betriebliche Übung b<strong>in</strong>dend<br />

wurde, muss der Erwerber e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> der Literatur 67 vertretenen<br />

Ansicht zufolge den bereits gesetzten Vertrauenstatbestand mit der<br />

Folge gegen sich gelten lassen, dass bei Fortführung der Praxis e<strong>in</strong>e<br />

betriebliche Übung entstehen kann. 68 Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund besteht<br />

e<strong>in</strong> Interesse des Erwerbers an der Unterrichtung über etwa bereits<br />

bestehende betriebliche Übungen bzw. über Umstände, welche<br />

bereits e<strong>in</strong>en entsprechenden Vertrauenstatbestand gesetzt haben.<br />

PRAXISTIPP: Das Nichtvorliegen betrieblicher Übungen bzw. entsprechender<br />

Vertrauenstatbestände kann Gegenstand e<strong>in</strong>er Garantie se<strong>in</strong>.<br />

ee) Kollektivrechtliche Vere<strong>in</strong>barungen<br />

Gelten beim Veräußerer bestehende kollektivrechtliche Vere<strong>in</strong>barungen,<br />

d.h. Tarifverträge oder Betriebsvere<strong>in</strong>barungen, auch beim Erwerber<br />

kollektivrechtlich fort, 69 können die Arbeitnehmer gegenüber<br />

dem Erwerber Ansprüche weiterh<strong>in</strong> unmittelbar aus diesen Kollektiv-<br />

51 Vgl. Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1), Rn. 998, S. 299.<br />

52 Siehe § 613 a Abs. 2 BGB.<br />

53 BAG v. 18.8.1976 – 5 AZR 95/75, NJW 1977, 1168; Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 254,<br />

S. 570; vgl. aber für den Fall e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs im Rahmen e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens: BAG v.<br />

18.11.2003 – 9 AZR 347/03, <strong>BB</strong> 2004, 1570, 1571 f.; BAG v. 20.6.2002 – 8 AZR 459/01, <strong>BB</strong> 2003, 423, 426;<br />

BAG v. 29.10.1985 – 3 AZR 485/83, <strong>BB</strong> 1986, 1644, 1645; BAG v. 17.1.1980 – 3 AZR 160/79, <strong>BB</strong> 1980,<br />

319, 320.<br />

54 Vgl. Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1), Rn. 997, S. 299.<br />

55 Siehe hierzu auch unter III. 2.<br />

56 Ausführlich zu Versorgungszusagen beim Asset Deal Reichel/Schmandt, Betriebliche Altersversorgung<br />

bei Unternehmenskauf und Restrukturierung, 2006, S. 142 ff.<br />

57 BAG v. 12.5.1992 – 3 AZR 247/92, <strong>BB</strong> 1993, 145, 146; BAG v. 15.3.1979 – 3 AZR 859/77, <strong>BB</strong> 1979, 1455;<br />

Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 215, S. 552 f.; vgl. aber für den Fall e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens die diesbezüglichen <strong>in</strong> Fn. 53 zitierten Entscheidungen.<br />

58 Vgl. Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 504, S. 367; vgl. Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1), Rn. 997, S. 299;<br />

vgl. Reichel/Schmandt (Fn. 56), S. 11 f. Diesbezüglich bietet sich auch der Verweis auf e<strong>in</strong> dem Unternehmenskaufvertrag<br />

beigefügtes versicherungsmathematisches Gutachten und ggf. die Garantie bezüglich<br />

dessen Richtigkeit und Vollständigkeit an [vgl. Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 504, S. 367].<br />

59 Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 215, S. 553.<br />

60 Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 215, S. 553; vgl. Semler/Volhard/Kozicz<strong>in</strong>ski (Fn. 3), Rn. 68,<br />

S. 573.<br />

61 Vgl. Semler/Volhard/Kozicz<strong>in</strong>ski (Fn. 3), Rn. 69, S. 573; vgl. Reichel/Schmandt (Fn. 56), S. 10 f.<br />

62 Bei Bestehen e<strong>in</strong>er Rückdeckungsversicherung könnten im Rahmen des Unternehmenskaufvertrages Regelungen<br />

zur Übertragung der Ansprüche aus der Versicherung aufgenommen werden [Semler/Volhard/Kozicz<strong>in</strong>ski<br />

(Fn. 3), Rn. 68, S. 573]. Zu den Gestaltungsmöglichkeiten bei E<strong>in</strong>schaltung e<strong>in</strong>er Unterstützungskasse,<br />

e<strong>in</strong>er Pensionskasse oder e<strong>in</strong>es Pensionsfonds sowie <strong>in</strong> den Fällen e<strong>in</strong>er Direktversicherungszusage<br />

siehe Reichel/Schmandt (Fn. 56), S. 184 ff.<br />

63 Siehe hierzu Herberger/Mart<strong>in</strong>ek/Rüßmann/Weth/Beckmann/<strong>Hausch</strong>, juris Praxiskommentar BGB, Band<br />

2.2, 3. Aufl. 2006, § 611, Rn. 48 ff.<br />

64 Vgl. BAG v. 20.4.1994 – 4 AZR 342/93, NZA 1994, 1140, 1142; Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 110,<br />

S. 219.<br />

65 Siehe hierzu Herberger/Mart<strong>in</strong>ek/Rüßmann/Weth/Beckmann/<strong>Hausch</strong> (Fn. 63), § 611, Rn. 70 ff.<br />

66 Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 47, S. 202; Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil I, Rn. 205, S. 57.<br />

67 Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 47, S. 202.<br />

68 Nach anderer Ansicht [Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil I, Rn. 205, S. 57] soll dies h<strong>in</strong>gegen nur gelten, wenn<br />

dem Erwerber bekannt ist, dass er e<strong>in</strong>e vom Veräußerer begründete Übung fortführt. Da <strong>in</strong>soweit auf<br />

den Empfängerhorizont abzustellen ist, wird es darauf ankommen, ob die Arbeitnehmer das Handeln<br />

des Erwerbers als Fortführung e<strong>in</strong>er Übung deuten können.<br />

69 Verbandstarifverträge gelten nur dann kollektivrechtlich fort, wenn der Erwerber demselben Arbeitgeberverband<br />

angehört oder der Tarifvertrag für allgeme<strong>in</strong>verb<strong>in</strong>dlich erklärt worden ist und der Betrieb<br />

auch nach der Veräußerung dem tariflichen Geltungsbereich unterfällt [Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil I,<br />

Rn. 314 f., S. 102 f.; Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni (Fn. 1), BGB § 613 a, Rn. 262]; Firmentarifverträge<br />

gelten – sofern es nicht zu e<strong>in</strong>er Übernahmevere<strong>in</strong>barung zwischen der Gewerkschaft<br />

und dem Erwerber kommt – nicht kollektivrechtlich fort [BAG v. 20.6.2001 – 4 AZR 295/00, <strong>BB</strong> 2002,<br />

2229, 2230 f.]; Voraussetzung für e<strong>in</strong>e kollektivrechtliche Weitergeltung von Betriebsvere<strong>in</strong>barungen ist,<br />

dass die Identität des Betriebs trotz des Inhaberwechsels gewahrt bleibt [BAG v. 27.7.1994 – 7 ABR 37/<br />

93, <strong>BB</strong> 1995, 570, 572 f.]; zur Fortgeltung von Gesamt- und Konzernbetriebsvere<strong>in</strong>barungen vgl. BAG<br />

Betriebs-Berater // <strong>BB</strong> 26.2008 // 23.6.2008 1395

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