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BB 26.2008.pdf - Notar Dr. Tobias Hausch in Düsseldorf

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Arbeitsrecht<br />

<strong>Hausch</strong> · Gestaltungsmittel im Asset Deal-Unternehmenskaufvertrag im H<strong>in</strong>blick auf § 613a BGB<br />

gew<strong>in</strong>nen. 176 Dem Unterrichtungsverpflichteten sollte daher der späteste<br />

Zeitpunkt der Unterrichtung vertraglich aufgegeben werden.<br />

c) Aufteilung des Risikos falscher Unterrichtungen<br />

Obgleich sich der Inhalt der Unterrichtung dem BAG 177 zufolge nach<br />

dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt<br />

der Unterrichtung richtet, ist die Unterrichtung <strong>in</strong> vielen Fällen<br />

nicht unproblematisch, da gerade im H<strong>in</strong>blick auf die rechtlichen,<br />

wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs oft erhebliche<br />

Unsicherheiten bestehen. 178 Unrichtige oder unvollständige Unterrichtungen<br />

können dabei zur Folge haben, dass die Monatsfrist des<br />

§ 613 Abs. 6 S. 1 BGB für die Ausübung des Widerspruchsrechts nicht<br />

zu laufen beg<strong>in</strong>nt. 179 Die betroffenen Arbeitnehmer können <strong>in</strong> diesen<br />

Fällen ggf. noch lange nach dem Betriebsübergang 180 e<strong>in</strong>en Widerspruch<br />

erklären mit der Folge, dass die Arbeitsverhältnisse als niemals<br />

auf den Erwerber übergegangen gelten 181 und mith<strong>in</strong> die gesamte Beendigungslast<br />

wieder auf den Veräußerer zurückfällt. 182 Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

können den betroffenen Arbeitnehmern im Falle e<strong>in</strong>er unrichtigen<br />

oder unvollständigen Unterrichtung Schadensersatzansprüche zustehen.<br />

183 Schließlich kann e<strong>in</strong>e Anfechtung erklärter Widersprüche<br />

durch die betreffenden Arbeitnehmer <strong>in</strong> Betracht kommen. 184 Vor<br />

diesem H<strong>in</strong>tergrund kann es angezeigt se<strong>in</strong>, das Risiko von Falsch<strong>in</strong>formationen<br />

vertraglich zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber<br />

aufzuteilen. 185 Insbesondere bieten sich diesbezüglich Freistellungsvere<strong>in</strong>barungen<br />

an. 186<br />

5. Widerspruchsrecht (Abs. 6)<br />

Die betroffenen Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Monats nach Zugang der Unterrichtung<br />

gemäß § 613a Abs. 5 BGB schriftlich widersprechen (§ 613a Abs. 6<br />

S. 1 BGB).<br />

a) Pflicht zur gegenseitigen Unterrichtung<br />

Gemäß § 613a Abs. 6 S. 2 BGB kann der Widerspruch vom Arbeitnehmer<br />

sowohl gegenüber dem Veräußerer als auch gegenüber dem<br />

Erwerber erklärt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Widerspruch<br />

vor oder nach dem Betriebsübergang erfolgt. 187 Dies könnte<br />

zur Folge haben, dass der Arbeitnehmer se<strong>in</strong>en Widerspruch gegenüber<br />

e<strong>in</strong>er Partei des Unterkaufsvertrages erklärt, die andere Partei<br />

hiervon h<strong>in</strong>gegen ke<strong>in</strong>e Kenntnis erlangt.<br />

PRAXISTIPP: Unabhängig davon, ob auch ohne e<strong>in</strong>e entsprechende Abrede<br />

e<strong>in</strong>e gegenseitige Verpflichtung zur Unterrichtung besteht, 188 sollte<br />

diese daher – jedenfalls aus Gründen der Klarstellung – ausdrücklich <strong>in</strong><br />

den Unternehmenskaufvertrag aufgenommen werden. 189<br />

b) Vermeidung der Ausübung von Widerspruchsrechten<br />

Die Ausübung von Widerspruchsrechten kann für beide Parteien des<br />

Unternehmenskaufvertrages zu unerwünschten Folgen führen. So<br />

wird der Veräußerer <strong>in</strong> der Regel daran <strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong>, dass die Arbeitsverhältnisse<br />

der <strong>in</strong> dem übergehenden Betrieb(steil) beschäftigten<br />

Arbeitnehmer auch tatsächlich auf den Erwerber übergehen. 190<br />

Der Erwerber dagegen hat regelmäßig e<strong>in</strong> Interesse daran, den erworbenen<br />

Betrieb möglichst <strong>in</strong> der bisherigen Form und mit dem bisherigen<br />

Personal weiterführen zu können. Die Parteien des Unternehmenskaufvertrages<br />

werden daher nach Wegen suchen, die sich aus der<br />

Möglichkeit der Ausübung von Widerspruchsrechten ergebenden Un-<br />

sicherheiten zu verr<strong>in</strong>gern. E<strong>in</strong> Ausschluss des Widerspruchsrechts –<br />

oder auch nur e<strong>in</strong>e Verkürzung der Ausübungsfrist 191 – durch Vere<strong>in</strong>barung<br />

im Unternehmenskaufvertrag ist unzulässig. Es kann allerd<strong>in</strong>gs<br />

vere<strong>in</strong>bart werden, auf entsprechende Verzichte der Arbeitnehmer<br />

192 h<strong>in</strong>zuwirken. 193 Ebenso können die Parteien vere<strong>in</strong>baren, dass<br />

sie sich – ggf. auch noch nach arbeitnehmerseitigen Widersprüchen –<br />

um e<strong>in</strong>e Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber bemühen.<br />

194<br />

c) Bed<strong>in</strong>gung/Rücktrittsrecht<br />

Der Übergang der Arbeitnehmer kann aber sowohl für den Veräußerer<br />

als auch für den Erwerber e<strong>in</strong>e für den Vollzug des Unternehmenskaufvertrages<br />

derart wesentliche Bed<strong>in</strong>gung darstellen, dass deren<br />

Nichte<strong>in</strong>tritt das Interesse am Unternehmenskauf <strong>in</strong>sgesamt entfallen<br />

lässt. Um zu verh<strong>in</strong>dern, dass der Unternehmenskaufvertrag<br />

gleichwohl vollzogen werden muss, kann die Nichterklärung von Widersprüchen<br />

bzw. die Erklärung entsprechender Verzichte oder Zustimmungen<br />

zur Vertragsübernahme zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt<br />

als aufschiebende Bed<strong>in</strong>gung ausgestaltet werden. 195<br />

Alternativ – oder kumulativ – zur aufschiebenden Bed<strong>in</strong>gung kann<br />

für den Fall der Erklärung von Widersprüchen bestimmter Arbeitneh-<br />

176 Vgl. Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 129, S. 517; Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil III, Rn. 67,<br />

S. 526; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163.<br />

177 BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05, <strong>BB</strong> 2006, 2583, 2584.<br />

178 Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 697, S. 432 f. Zwar genügt es <strong>in</strong> Fällen e<strong>in</strong>er komplexen Rechtslage, wenn<br />

der Unterrichtungsverpflichtete nach angemessener Prüfung der Rechtslage die von ihm e<strong>in</strong>genommenen<br />

Positionen kundtut, doch gilt dies nur, sofern diese rechtlich vertretbar s<strong>in</strong>d [BAG v. 13.7.2006 – 8<br />

AZR 303/05, NJW 2007, 244, 246].<br />

179 BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05, <strong>BB</strong> 2006, 2583, 2584; BAG v. 24.5.2005 – 8 AZR 398/04, <strong>BB</strong> 2006,<br />

105, 107 [zur unvollständigen Unterrichtung]; Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 129, S. 517;<br />

Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638 f.; Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 34, S. 199; Picot/Schnitker (Fn. 35),<br />

Teil III, Rn. 75, S. 530; Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni (Fn. 1), BGB § 613 a, Rn. 340.<br />

180 E<strong>in</strong>e Grenze ergibt sich allerd<strong>in</strong>gs durch das Instrument der Verwirkung [BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR<br />

382/05, NJW 2007, 250, 253 f.; Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 129, S. 518; Beisel/Klumpp/<br />

Klumpp (Fn. 1), Rn. 36, S. 199].<br />

181 E<strong>in</strong> erklärter Widerspruch wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück [BAG v. 13.7.2006 – 8<br />

AZR 382/05, NJW 2007, 250, 254 f.; BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05, <strong>BB</strong> 2006, 2583, 2586; BAG v.<br />

22.4.1993 – 2 AZR 50/92, NZA 1994, 360, 361].<br />

182 Beisel/Klumpp/Klumpp (Fn. 1), Rn. 36, S. 199.<br />

183 Gaul/Otto, DB 2002, 634, 639 f.; dies., DB 2005, 2465, 2468 ff.; Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil III, Rn. 75,<br />

S. 530; Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni (Fn. 1), BGB § 613 a, Rn. 342.<br />

184 Gaul/Otto, DB 2005, 2465, 2470 f., die dies <strong>in</strong>des auf den Fall der arglistigen Täuschung beschränken,<br />

während e<strong>in</strong>e Anfechtung wegen Irrtums als bloßer Motivirrtum ausscheide. E<strong>in</strong>e arglistige Täuschung<br />

kann allerd<strong>in</strong>gs auch bei Erklärungen „<strong>in</strong>s Blaue h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>“ vorliegen [vgl. BGH v. 18.3.1981 – VIII ZR 44/<br />

80, NJW 1981, 1441, 1442].<br />

185 Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 124, S. 515; Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 697, S. 433; vgl.<br />

Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil III, Rn. 86, S. 534; vgl. auch Liebs (Fn. 29), S. 26, demzufolge zu klären sei,<br />

wer die Verantwortung für die Information trägt.<br />

186 Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 697, S. 433.<br />

187 Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 128, S. 516.<br />

188 In der Literatur [Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 128, S. 516; Gaul/Otto, DB 2002, 634, 636;<br />

Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil III, Rn. 79, S. 532; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1160] wird diesbezüglich<br />

die Ansicht vertreten, dass sich die Parteien des Unternehmenskaufvertrages gegenseitig über<br />

empfangene Widersprüche zu unterrichten haben. Auch vom BAG [BAG v. 22.4.1993 – 2 AZR 50/92,<br />

NZA 1994, 360, <strong>BB</strong> 1994,505] ist e<strong>in</strong> entsprechender Rechtsstandpunkt e<strong>in</strong>genommen worden. Ebenso<br />

sche<strong>in</strong>t der Gesetzgeber [vgl. die Ausführungen <strong>in</strong> der Begründung zum Gesetzentwurf, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/<br />

7760, S. 20] von e<strong>in</strong>er solchen Unterrichtungspflicht ausgegangen zu se<strong>in</strong>.<br />

189 Vgl. Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 124, S. 515; Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni<br />

(Fn. 1), BGB § 613 a, Rn. 352.<br />

190 Im Falle e<strong>in</strong>es Widerspruchs müsste er die entsprechenden Arbeitnehmer anderweitig weiterbeschäftigen<br />

oder – <strong>in</strong> Ermangelung e<strong>in</strong>er solchen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit – die Arbeitsverhältnisse<br />

mit diesen Arbeitnehmern kündigen. Muss bei e<strong>in</strong>er Kündigung im Regelfall e<strong>in</strong>e Kündigungsfrist e<strong>in</strong>gehalten<br />

werden, während derer der Veräußerer das Gehalt weiter zu zahlen hätte – ggf. ohne den<br />

Arbeitnehmer irgendwie nutzbr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>setzen zu können – müsste der Veräußerer darüber h<strong>in</strong>aus<br />

auch noch das Prozessrisiko <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em etwaigen Kündigungsschutzrechtsstreit tragen.<br />

191 Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil III, Rn. 80, S. 532.<br />

192 E<strong>in</strong> Verzicht der Arbeitnehmer auf ihr Widerspruchsrecht im Zusammenhang mit e<strong>in</strong>em konkreten Betriebsübergang<br />

ist zulässig [vgl. BAG v. 19.3.1998 – 8 AZR 139/97, NZA 1998, 750, 751; Gaul/Otto, DB<br />

2002, 634, 636; Picot/Schnitker (Fn. 35), Teil III, Rn. 81, S. 532; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1165;<br />

Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen/Müller-Bonanni (Fn. 1), BGB § 613 a, Rn. 365; Worzalla, NZA 2002,<br />

353, 357; zweifelnd Grobys, <strong>BB</strong> 2002, 726, 730].<br />

193 Meyer, <strong>BB</strong> 2003, 1010, 1013.<br />

194 Vgl. Hölters/Bauer/v.Ste<strong>in</strong>au-Ste<strong>in</strong>rück (Fn. 1), Rn. 124, S. 515; vgl. Knott/Mielke/Scheffler/Knott (Fn. 1),<br />

Rn. 969, S. 292.<br />

195 Vgl. Semler/Volhard/Kozicz<strong>in</strong>ski (Fn. 3), Rn. 66, S. 572.<br />

1402 Betriebs-Berater // <strong>BB</strong> 26.2008 // 23.6.2008

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