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In letzter Zeit, so höre ich auch von<br />
Sammlerkollegen, nimmt die Unverfrorenheit<br />
einiger Münzversandfirmen deutlich<br />
zu. Besonders Neulinge, Sammleranfänger<br />
die gerade erst dem Zauber von geprägtem<br />
Metall verfallen sind, sollten<br />
wachsam sein.<br />
Mit Einführung des Euro 2002 hat die<br />
Gemeinde der Münzsammler nochmals<br />
kräftig an Mitgliedern gewonnen. Die Anzahl<br />
vorher und auch nachher lässt sich<br />
schwer und wenn, dann nur vage schätzen,<br />
so dass an dieser Stelle keine Aussage<br />
hierüber erfolgt. An diesem Boom versuchen<br />
nun Händler und auch der Staat zu<br />
partizipieren. Der nächste große Zuwachsschub<br />
wird mit Einführung des Euro in den<br />
zum 1.4.2004 beigetretenen Mitgliedsstaaten<br />
erwartet. In diesem Sog bewegen sich<br />
dann auch die Preise für Ausgaben in den<br />
jeweiligen alten Landeswährungen. Die<br />
Einwohnerzahl der erweiterten EU<br />
1.4.2004 ist von 381,3 Mio um 74,4 Mio<br />
(rund 20%) auf nunmehr 455.700.000 angestiegen.<br />
Allein aus Polen kamen 38,2<br />
Mio Einwohner hinzu. Hier zum Vergleich:<br />
die Einwohnerzahl der Vereinigten Staaten<br />
von Amerika (USA) lag zum gleichen<br />
Zeitpunkt bei 293 Mio. womit dann die<br />
derzeitige EU etwa gut das anderthalbfache<br />
aufweist.<br />
Bekannte, die auf eine Zeitungs- bzw.<br />
Zeitschriftenannonce hin, wo auch für<br />
Knoblauchpillen und Treppenlifte geworben<br />
wird, eine Münze bestellten (hier, um<br />
einem Enkelkind eine Freude zu bereiten)<br />
werden seitdem von Angeboten dieser Firma<br />
überhäuft. Sei es, dass überteuerte<br />
Münzen aus z.B. Belize, dem Kongo,<br />
Nordkorea, Sierra Leone, Niue oder anderen<br />
exotischen Ländern angeboten werden<br />
oder dass Medaillen als Münzen verkauft<br />
werden sollen. Diese Medaillen werden<br />
dann häufig als Serien aufgelegt (wie<br />
berühmte Staatsmänner und -frauen, Wissenschaftler,<br />
Geistliche oder historische<br />
und moderne Bauwerke und Denkmäler,<br />
ja auch Pflanzen, Tiere, Schiffe, Autos ...),<br />
alles ist denkbar, alles ist möglich und viel<br />
schlimmer alles wird angeboten. Seit einiger<br />
Zeit sind selbst farbliche Darstellungen<br />
auf dem Markt. Dieses alles natürlich mit<br />
„streng limitierter Auflagenhöhe, weltweit“<br />
und deshalb nur „jeweils ein Exemplar<br />
pro Besteller und/oder Haushalt“ und<br />
man möge sich doch bald, am liebsten sofort<br />
entscheiden. Es wird suggeriert, ein<br />
persönliches und noch dazu günstiges Angebot,<br />
also ein Schnäppchen erwerben zu<br />
können.<br />
All das wird angeboten in den unterschiedlichsten<br />
Metallen: häufig Kupfer-<br />
Nickel-Legierungen unterschiedlicher<br />
Zusammensetzung (Cu-Ni), Silber (Ag),<br />
Gold (Au) oder Platin (Pt). Es gibt aber<br />
GAST-KOMMENTAR<br />
Die Dreistigkeit nimmt zu !<br />
Dipl.-Ing. Diedrich Harms, Berlin<br />
auch Stücke die sind vergoldet oder versilbert,<br />
das heisst galvanisch mit einer<br />
hauchdünnen (im Mikrometerbereich =<br />
1/1.000.000m) Schicht überzogen. Häufig<br />
fehlt die Angabe des Feingehaltes (z.B.<br />
925/1000 Ag – auch Sterlingsilber genannt<br />
– oder 900/1000 Au) oder des Feingewichts.<br />
Beides sind unverzichtbare Angaben<br />
über den Metallwert des geprägten<br />
Stücks. Vergleicht man dann den Grammpreis<br />
der Medaille mit dem Barrenpreis<br />
des Edelmetalls treten häufig große Differenzen<br />
zu Tage. So lautete die Notierung<br />
an der Londoner Börse am 1.8.2005 für jeweils<br />
1 Gramm in EUR Ag (Silber)<br />
0,2088, Au (Gold) 12,370 und Pt (Platin)<br />
24,390.<br />
Sehr oft betragen die geprägten<br />
Grammpreise ein zig-Vielfaches des Barrenpreises,<br />
weshalb meistens keine oder<br />
nur unvollständige Angaben zu Gewicht<br />
und Feingehalt gemacht werden. Das böse<br />
Erwachen kommt bei einer möglichen Veräußerung<br />
der vermeintlichen Schätze:<br />
dann wird häufig nur nach Feingewicht bezahlt,<br />
auch ohne Berücksichtigung der Prägequalität<br />
bzw. deren Erhaltung (wie z.B.<br />
beim Einschmelzen durch die Firma Heraeus<br />
oder ähnlichen).<br />
Auch Vater Staat, hier in Deutschland<br />
der Bundesminister für Finanzen, greift<br />
den Sammlern ebenfalls kräftig in die<br />
Geldbörse. Anfänglich, ab 1952, betrugen<br />
die Auflagenzahlen der 5-DM-Gedenkmünzen<br />
jeweils 200.000 Stück. Damals war<br />
das noch eine 625/1000 Silber-Kupfer-Legierung<br />
– der größere Anteil war Silber.<br />
Später wurde das Silber vom Magnimat<br />
(einem Dreischichtenwerkstoff mit Nickelkern<br />
und einem Kupfer-Nickel-Mantel<br />
(250/1000 Ni, 750/1000 Cu)) verdrängt.<br />
Zur Olympiade dann in München wurden<br />
10-DM-Münzen verausgabt (der Staat<br />
brauchte Geld für die Infrastruktur der<br />
Olympischen Spiele), diese dann allerdings<br />
wieder in 625-Silber und in hohen Auflagenzahlen:<br />
pro Motiv 20 Mio Stück, 4 Prägestätten<br />
sowie 5 Motive also insgesamt<br />
400 Mio Stück gleichbedeutend<br />
4.000.000.000 DM (sprich 4 Mrd. DM). Die<br />
Erstausgabe Spirale „in Deutschland“ war<br />
missglückt, da die Olympischen Spiele an<br />
eine Stadt und nicht an ein Land vergeben<br />
werden; deshalb wurde eine weitere Charge<br />
Spirale „in München“ aufgelegt.<br />
Die Serie der 10-DM-Gedenkmünzen<br />
wurde mit der Ausgabe von nur einer<br />
Prägestätte zur 750-Jahrfeier von Berlin<br />
im Jahr 1987 fortgesetzt. Auflagenhöhe<br />
hier: 8,35 Mio Stück. Es folgten weitere<br />
Ausgaben mit ähnlich hohen Auflagenzahlen<br />
bis man 1998 die Auflagenhöhe<br />
reduzierte, dafür aber statt einer nun 5<br />
Prägestätten hatte, also die Variationen<br />
A, D, F, G und J.<br />
Mit der Einführung des Euro im Jahr<br />
2002 wurden nun 10-Euro-Münzen pro<br />
Ausgabe von jeweils nur einer Prägestätte<br />
verausgabt mit deutlich niedrigerer Auflagenzahl<br />
als zu den letzten DM-Zeiten aber<br />
doch wesentlich höher als in den 50er Jahren.<br />
Der Silbergehalt wurde von 625/1000<br />
bei 10-DM-Münzen jetzt auf 925/1000 angehoben.<br />
Betrachtet man ein normales 10-Euro-<br />
Stück aus Deutschland etwas näher, so<br />
bringt es ein Gewicht von 18g auf die Waage,<br />
d.h. bei einer 925/1000 Legierung ein<br />
Feingewicht von 16,65g. Wenn man jetzt<br />
den Silberpreis auf 200 Euro/kg festlegt<br />
entspricht ein 10-Euro-Stück einem Metallwert<br />
von 3,33 Euro. Für die Präge- und<br />
sonstigen Herstellungskosten seien der<br />
Einfachheit halber ein Preis von 1,67 Euro/Stück<br />
angenommen, sodass die Gestehungskosten<br />
5 Euro pro 10-Euro-Stück betragen.<br />
Bei Stücken in der Ausführung<br />
Spiegelglanz, früher Polierte Platte (PP),<br />
wird der Herstellungsmehraufwand durch<br />
höhere Ausgabepreise kompensiert. Verausgabt<br />
wird es von der Deutschen Bundesbank<br />
mit 10 Euro, also ein satter Gewinn<br />
von 100%. Da ein Großteil der Münzen<br />
bei Sammlern im In- und Ausland auf<br />
Nimmerwiedersehen verschwindet,<br />
schöpft der Staat somit bei einer jährlichen<br />
Auflagenhöhe von 10 Mio. Stück also 50<br />
Mio. Euro ab.<br />
Die Zeiten als der Staat noch den<br />
tatsächlichen Wert den Bürgern in Münzform<br />
zurückgab, so wie beispielsweise in<br />
den USA ein 1-US-$ den Gegenwert einer<br />
Feinunze Silber hatte, sind längst Vergangenheit.<br />
Jedermann konnte sich sein Bankguthaben<br />
in Silber auszahlen lassen oder<br />
aber seine Papier-Dollar in Silber bei der<br />
Federal Reserve Bank eintauschen.<br />
Ein anderer Dreh, an Neukunden zu<br />
gelangen besteht in der Zusendung nicht<br />
bestellter Ware. Beiliegend natürlich eine<br />
Rechnung, häufig versehen mit der Bitte<br />
um umgehende Begleichung derselben.<br />
Wie gut, dass der deutsche Gesetzgeber<br />
solchem Handeln einen Riegel vorgeschoben<br />
hat; nicht bestellte Ware braucht<br />
natürlich nicht angenommen zu werden.<br />
Hat man sie angenommen und geöffnet so<br />
muss sie eine angemessene Zeit aufbewahrt<br />
werden, um dem Absender ein für<br />
den Empfänger kostenfreies Rückholen zu<br />
ermöglichen.<br />
Wer will, wenn er das alles gelesen und<br />
geistig verdaut hat, dann in Zukunft noch<br />
Münzen sammeln? Ich für meinen Teil<br />
werde auch nach 45 Jahren der Numismatik<br />
die Treue halten. Man sollte nur sehr<br />
bewusst und kritisch die vielen und manchmal<br />
auch verlockenden Angebote prüfen,<br />
vergleichen und sich erst nach sehr sorgfältigem<br />
Abwägen zum Kauf entscheiden.<br />
mt 9/2005 21