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Leuk, Bischofsschloss - Schweizerischer Burgenverein

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<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> –<br />

Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

von Alessandra Antonini<br />

Einführung<br />

Die bauarchäologische Erforschung des bischöflichen<br />

Schlosses hat sich über eine lange Zeitspanne erstreckt.<br />

So wurden die Daten, welche dieser Analyse zugrunde<br />

liegen, anlässlich mehrerer Kampagnen zusammenge-<br />

tragen: zunächst durch das Bureau Hans-Jörg Lehner<br />

(Sion), dann durch das Bureau TERA Sàrl (Sion). Erste<br />

Beobachtungen betrafen die talseitige Stützmauer der<br />

Turmmatte, die im Jahr 1986 saniert wurde (Abb. 1). 1<br />

Nach der grossflächigen Entfernung des Zementputzes<br />

konnte 1988/89 das Innere der Burganlage archäolo-<br />

gisch untersucht werden. Damals wurden auch die Ring-<br />

mauern gesichert und neu verputzt 2 , sowie Hof und<br />

Palas-Annex umfassend ausgegraben. 3 2001 folgten<br />

punktuelle Bodensondierungen im Palas und Turm, um<br />

Fragen betreffend des Baugrundes zu klären. 4 In den Jah-<br />

ren 2005/06 konnte die Restaurierung der Fassaden von<br />

Turm und Palas archäologisch begleitet werden, wobei<br />

wesentliche neue Erkenntnisse zur Entwicklungdes Palas<br />

zum Vorschein kamen. 2007 folgte die vorerst letzte<br />

Etappe der Bauforschung. Der Aushub für einen direk-<br />

ten Kellerzugang im Bereich der Turmmatte führte zur<br />

1: Situationsplan mit dem<br />

<strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>, der<br />

Kapelle St. Peter und dem<br />

Rathaus. Die Phasen beziehen<br />

sich auf die 2006 ergrabenen<br />

Befunde auf dem Rathausplatz<br />

und der Turmmatte.<br />

Phase 1<br />

Phase 3<br />

Phase 4<br />

Phase 5<br />

Phase 6<br />

Phase indéterminée<br />

BISCHOFSSCHLOSS<br />

TURM<br />

PALAS<br />

Entdeckung eines weiteren Annexbaus, der sich an den<br />

Palas anlehnte. 5<br />

Im Verlauf all dieser Untersuchungsetappen wurden<br />

zahlreiche Detailbeobachtungen zusammengetragen, die<br />

es nun zu verknüpfen galt. Die Schwierigkeit dieser<br />

Auswertung bestand darin, Querbezüge zwischen den<br />

einzelnen Aussagen zu schaffen, und die verschiede-<br />

nen Bauphasen der einzelnen Baukörper (Turm, Palas,<br />

Treppentürme und Annexe) miteinander zu korrelieren.<br />

Häufig war keine eindeutige chronologische Einbindung<br />

der Bauphasen möglich. Der für eine bestimmte Epoche<br />

1 Hans-Jörg Lehner, <strong>Leuk</strong>-Stadt Stützmauer der «Turmmatte» zwischen<br />

<strong>Bischofsschloss</strong> und Rathaus. Archäologischer Augenschein.<br />

Juni 1986. Bericht zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />

2 Die Arbeiten wurden durch Lehrlinge der Gewerbeschule Sursee ausgeführt,<br />

die hier ein Ausbildungslager besuchten.<br />

3 Hans-Jörg Lehner, <strong>Leuk</strong>-Stadt bischöfliches Schloss. Die Bauanalyse<br />

der Jahre 1988/89, August 1989. Bericht zuhanden der kantonalen<br />

Denkmalpflege.<br />

4 Alessandra Antonini (TERA Sàrl), Bodensondierungen im Palas<br />

und Donjon (Dezember 2001), März 2002. Zwischenbericht zuhanden<br />

der kantonalen Denkmalpflege.<br />

5 Alessandra Antonini / Jean-Christophe Moret, <strong>Leuk</strong> Stadt –<br />

Investigations sous la place du Rathaus et sous la Turmmatte, Rapport<br />

de janvier 2008. Bericht zuhanden der kantonalen Archäologie.<br />

KAPELLE<br />

TURMMATTE<br />

PLATZ<br />

RATHAUS<br />

0 10m<br />

Mittelalter 15, 2010/1 1<br />

N<br />

TERA 2007


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

rekonstruierte Bauzustand widerspiegelt deshalb eine<br />

Hypothese. In diesem Bericht geht es uns darum, die<br />

komplexe Baugeschichte des <strong>Bischofsschloss</strong>es plausi-<br />

bel darzustellen und sie mit dem historischen Kontext<br />

zu verbinden.<br />

Die Datierung der Bauphasen stützt sich auf die dendro-<br />

chronologische Analyse der im Mauerwerk veranker-<br />

ten Hölzer. 1989 lieferte das Dendrolabor Egger (Ins)<br />

erste Ergebnisse. 6 2003 wurde das Dendrolabor Wallis<br />

mit der Untersuchung der im Palas freigelegten Decken<br />

beauftragt. 7 Neue Resultate brachte auch die anschlies-<br />

sende Neuauswertung der Messkurven aus dem Jahre<br />

1989. 8<br />

Die grafische Dokumentation hat – wie der Bauunter-<br />

such – eine lange Vorgeschichte. In den Jahren 1913–<br />

1915 erstellten die Architekten Gillard et Godet und<br />

J. H. Bischoff (Lausanne) detailgetreue Aufnahmepläne,<br />

sowie eine fotografische Dokumentation. Sie erleich-<br />

tern die Lokalisierung der in den 30er Jahren durch-<br />

geführten Eingriffe und vermitteln einen Eindruck über<br />

das Aussehen, der damals abgebrochenen spätgotischen<br />

Inneneinrichtung. Im Hinblick auf die bevorstehenden<br />

Untersuchungen erhielt 1987 das Bureau Archéotech<br />

(Lausanne/Epalinges), den Auftrag für neue Planaufnah-<br />

men (Grundrisse, Schnitte und Aufrisse), die als Grund-<br />

lage für die Erfassung der archäologischen Beobachtun-<br />

gen dienten.<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Dienststelle für<br />

Hochbau, Denkmalpflege und Archäologie für ihre Un-<br />

terstützung bedanken, insbesondere bei Renaud Bucher<br />

und Norbert Jungsten von der Denkmalpflege und bei<br />

François Wiblé von der Archäologie. Ein besonderer<br />

Dank geht auch an die Stiftung Schloss <strong>Leuk</strong>, welche<br />

die Untersuchungen im Gelände und deren Auswer-<br />

tung mitfinanziert haben, sowie an das Architekturbüro<br />

Berto Hänni (<strong>Leuk</strong>), das die Einsätze koordinierte. Ein<br />

herzlicher Dank geht auch an die Mitarbeiter des Bu-<br />

reau TERA Sàrl (Sion) für ihre Hilfe bei der Erstellung<br />

der Abbildungen und der Redaktion des Textes. Thomas<br />

Andenmatten verdanken wir die professionellen Foto-<br />

2 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

aufnahmen und Georges Descœudres wertvolle An-<br />

regungen zum Manuskript.<br />

Zusammenfassung der Bauentwicklung<br />

Die ältesten Befunde, die im Burgareal anlässlich der<br />

Ausgrabungen zum Vorschein kamen, waren zwei ein-<br />

fache, beigabenlose Erdbestattungen. Sie dürften zum<br />

Gräberfeld gehört haben, das sich seit dem Frühmittelal-<br />

ter im Umkreis der Kapelle St. Peter ausdehnte (Abb. 1).<br />

Das damalige Gehniveau war nicht mehr erhalten. Es<br />

ist denkbar, dass weitere Bestattungen sowie Reste einer<br />

möglichen Umfriedung des Gräberareals abgetragen<br />

wurden, als bei den späteren Bauarbeiten für die Burg-<br />

anlage das Gelände geebnet wurde.<br />

Der Bau des komplexen bischöflichen Sitzes begann<br />

mit der Errichtung des mächtigen Turms. Er bildet den<br />

Kern der Anlage und dürfte im 12. Jh. entstanden sein<br />

(Abb. 2.I; 3.I). Nur die talseitige Mauer steht allerdings<br />

noch aus dieser Zeit; die drei übrigen Seiten wurden im<br />

letzten Viertel des 15. Jh. von Grund auf neu errichtet<br />

(Plan 1.F). Die eigentliche Residenz, ein zweigeschos-<br />

siger mit Zinnen bekrönter Saalbau (Palas) südlich des<br />

Turms ist jünger. Sie entstand vermutlich im 2. Viertel<br />

des 13. Jh. zusammen mit der Ringmauer, die den be-<br />

reits existierenden Turm in die Anlage einbezog und<br />

ihn mit einem befestigten Hof umgab (Abb. 2.II; 3.II).<br />

Dieser «Hof» war von Anfang an zumindest teilweise<br />

überbaut. Zwischen Palas und Turm bestand ein unter-<br />

kellerter, zweigeschossiger Baukörper, der als Verbin-<br />

dungstrakt diente. Von hier aus gelangte man nicht nur<br />

in den Palas und in den Turm sowie auf den Wehrgang<br />

der Ringmauer, sondern auch in einen Annexbau, der<br />

westlich des Turms die südliche Zwickelfläche des Hofes<br />

einnahm. Eine ebenerdig angelegte Feuerstelle mit Dreh-<br />

balkenkonstruktion und der Gehhorizont aus gestampf-<br />

ter Erde weisen am ehesten auf die Funktion als Ökono-<br />

miegebäude hin (Abb. 6).<br />

Die urkundlich belegte Beschädigung der Anlage in den<br />

Jahren 1291/96 dürfte eine Erneuerungsphase ausgelöst<br />

haben, welche eine Verdichtung der Anlage zur Folge


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

hatte. Um 1300 oder im frühen 14. Jh. wurde der Ver-<br />

bindungstrakt zwischen Turm und Palas durch einen<br />

grösseren Baukörper ersetzt, dessen Ostfassade nun<br />

auf der alten Ringmauer stand (Plan 1.D; 2.III; 3.III).<br />

Dieser Neubau schloss mit einem Treppengiebel an<br />

den älteren Palas an. Grosse Fenster und eine aus der<br />

Mauerflucht vorkragende Kaminanlage aus Tuffstein-<br />

quadern verliehen der neuen Ostfassade ein herrschaft-<br />

liches Aussehen. Auch die Eingangsfassade im Norden<br />

war mit einem für unsere Region unüblichen Reichtum<br />

an architektonischen Zierelementen ausgestattet. Das<br />

Erdgeschoss besass drei ungleiche Öffnungen, welche die<br />

Mauer als Arkade erscheinen lassen (Abb. 4).<br />

Eine Überbauung des Hofes lässt sich auch am Fuss<br />

der Turm-Nordfassade nachweisen (Abb. 6.58). Hier<br />

entstand ein unterkellerter ein- oder mehrgeschossiger<br />

Annex, der vermutlich mit einem Pultdach gedeckt war.<br />

Zudem lassen sich erste Veränderungen im Bereich des<br />

Palas beobachten. Eine neue Raumeinteilung des Saalge-<br />

schosses bedingte im Keller den Einzug einer gemauerten<br />

Säule, und auf der Südfassade öffnete man die romanisch<br />

anmutende Bifore. Dieses auffallende Fenster könnte mit<br />

der Einrichtung einer Privatkapelle in der südwestlichen<br />

Gebäudeecke im Zusammenhang stehen. Denkbar ist,<br />

dass in dieser Zeit des Ausbaus auch das Gebäude ent-<br />

stand, dassich, ausserhalb des Berings, an die Ostfassade<br />

des Palas anlehnte. Wann diese Um- und Anbauten im<br />

Einzelnen erfolgten, ist nicht mehr erkennbar.<br />

Noch im 14. Jh. musste die Anlage saniert werden.<br />

Die schadensanfällige Dachkonstruktion über Palas und<br />

angrenzendem Annex wurde durch ein einheitliches<br />

Pultdach mit durchlaufenden Treppengiebeln ersetzt<br />

(Abb. 3.IV; Plan 3.E; 4.E). Im Innern des Palas wurde<br />

über dem Saalgeschoss die Decke gesenkt und ihre Un-<br />

tersicht mit einer Stuckschicht verkleidet. Neue Boden-<br />

höhe und Dachkonstruktion erlaubten nun die Nutzung<br />

des Dachgeschosses: In der Westfassade wurden Fens-<br />

ter ausgebrochen. Eine Veränderung ist auch im Palas-<br />

Annex feststellbar. In dieser Zeit vermutlich wurden hier<br />

die Fenster verkleinert und mit profilierten Tuffsteinrah-<br />

men versehen (Abb. 5). 9<br />

Veränderung lassen sich 19 im Turm feststellen. Im drit-<br />

ten und vierten Geschoss wurden gemauerte Decken ein-<br />

gezogen. Die Spuren an der Turm-Südwand erlauben<br />

die Rekonstruktion von je einem neunteiligen Kreuzge-<br />

wölbe, das auf Wandpfeilern und vier freistehenden Stüt-<br />

zen ruhte. Gleichzeitig dürfte der Treppenturm entlang<br />

der Turm-Südfassade höher geführt worden sein, da mit<br />

dem Einzug der Gewölbe eine interne Erschliessung der<br />

Geschosse nicht mehr möglich war (Abb. 3.V).<br />

Im frühen 15. Jh. erlitt das bischöfliche Schloss das glei-<br />

che Los wie die übrigen Burgen der Region: Es wurde ge-<br />

plündert und in Brand gesetzt. Auf diese Verwüstung von<br />

1415 lassen sich vermutlich die Feuerspuren in den Ge-<br />

bäuden westlich und nördlich des Turms zurückführen.<br />

Diese Räume wurden nach dem Brand abgebrochen und<br />

nicht mehr ersetzt. Nördlich des Turms entstanden spä-<br />

ter in mehreren Bauetappen Mauerfundamente, die auf<br />

eine Unterteilung des Hofes und auf gangartige Unter-<br />

stände, vielleicht Stallungen, schliessen lassen.<br />

Die Hauptgebäude entgingen indes dem Abbruch. Die<br />

Burg behielt nach den Unruhen ihre Bedeutung als Ver-<br />

waltungszentrum bei und wurde instand gesetzt. Unter<br />

Bischof Walter II. Supersaxo ist 1475 von einer Erneue-<br />

rung des Turms und der angrenzenden Wohnung die<br />

Rede. Tatsächlich lässt sich für diese Zeit dank der Den-<br />

drochronologie-Datierung der Hölzer eine durchgrei-<br />

fende Sanierung der Anlage belegen: Der Turm wurde<br />

auf drei Seiten neu aufgeführt, während im Palas und im<br />

angrenzenden Annex die Decken ersetzt, die Dachkon-<br />

struktion mitsamt der Treppengiebel höher verlegt und<br />

die Räume neu gegliedert wurden (Plan 1.F; Abb. 3.VI).<br />

6 Dendrolabor Heinz und Karin Egger, <strong>Leuk</strong>-Stadt bischöfliches<br />

Schloss, März 1989. Bericht zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />

7 Martin Schmidhalter, VS/<strong>Leuk</strong> <strong>Bischofsschloss</strong>, Labornummern<br />

93453–93468, September 2003. Dendrochronologischer Untersuchungsbericht<br />

zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />

8 Martin Schmidhalter, VS/<strong>Leuk</strong> <strong>Bischofsschloss</strong>, Labornummern<br />

93666–93691, 93750–93768 Oktober 2004. Dendrochronologischer<br />

Untersuchungsbericht zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />

9 Die heute sichtbaren Tuffsteinrahmen wurden im 20. Jh. ersetzt<br />

(oder zumindest neu verlegt) und ergänzt.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

3


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

4 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

I<br />

III<br />

VI<br />

II<br />

IV + V<br />

VII<br />

N<br />

0m 5m 10m<br />

2: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Phasenfolge des Grundrisses (Schnittebene auf Höhe Erd- bzw. Saalgeschoss).<br />

TERA 2008


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

I<br />

III<br />

V VI<br />

Dessin:<br />

3: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Phasenfolge in einer dreidimensionalen, schematischen Rekonstruktion. Ansicht von Südosten.<br />

II<br />

IV<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

Bureau TERA 2008<br />

5


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

4: Palas-Annex, Nordfassade.<br />

Zu einer jüngeren Bauphase gehört der Feuerraum<br />

(Küche), der im kleinen Innenhof auf einem zwischen<br />

dem älteren Treppenturm und dem Palas gespannten<br />

Gewölbe errichtet wurde (Plan 1.G; Abb. 2.VII; 7). Von<br />

diesem Feuerraum aus konnte man einen Ofen im Ober-<br />

geschoss des Palas einfeuern. Der kleine, mit einem pro-<br />

filierten Tuffsteinfenster zum Innenhof offene Raum<br />

entstand durch die Verbreiterung einer gemauerten Trep-<br />

penkonstruktion. Die Datierung des Annexes ins frühe<br />

16. Jh. beruht auf der Dendroanalyse des Trächens, dem<br />

breiten Rauchfang über der Feuerstelle, dessen hölzerner<br />

Rahmen aus der Zeit nach 1515 stammt.<br />

Eine Erneuerung der Anlage in der ersten Hälfte des<br />

16. Jh. ist nicht nur durch den Einbau des Feuerraums<br />

belegt. In dieser Zeit wurde auch der Palas verändert.<br />

Rückschlüsse auf die spätgotische Ausstattung erlau-<br />

ben die Aufnahmen von 1913 bis 1915. Demnach be-<br />

stand damals im Saalgeschoss ein grosser Versamm-<br />

lungsraum, dessen Decke auf zwei Mittelstützen ruhte,<br />

6 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

5: Palas-Annex, Nordfassade. Detail der Fenster des ersten<br />

Geschosses. Das mit einem Rundstabprofil gerahmte Fenster<br />

verdeckt ein älteres, grösseres Fenster, das mit dem Gesims<br />

rechts rechnete.<br />

während das Obergeschoss vollständig getäfert und in<br />

eine grosse Stube sowie zwei kleine Kammern unter-<br />

teilt war. Die Decke der grossen Stube wurde von einer<br />

reich verzierten Säule gestützt, auf der die Insignien des<br />

Bischofs Adrian I. v. Riedmatten (1478–1548) und die<br />

Jahreszahl 1532 erkennbar sind. Ob die Jahreszahl die<br />

gesamte Ausstattung des Obergeschosses datiert oder,<br />

wie ich vermute, lediglich die Veränderung eines älteren<br />

Bestandes, muss offenbleiben, zumal sich keine Reste der<br />

Einrichtung erhalten haben.<br />

Anlässlich dieser Bauphase (oder erst später) dürfte das<br />

jüngere Treppenhaus verstärkt und höher geführt wor-<br />

den sein, um eine bessere Erschliessung des Dachge-<br />

schosses über dem Palas und dessen Annex zu ermög-<br />

lichen.<br />

Auch der Turm wurde in den oberen Geschossen ver-<br />

ändert. Die neue Einteilung dürfte das Höherführen des<br />

Treppenhauses bis zum Zinnenkranz bedingt haben.<br />

Unter dem Zinnenkranz entstand eine dichte Balkenlage,<br />

die von einem Unterzug gestützt war. Sie zeugt von einer<br />

Erneuerung der Dachkonstruktion (Plan 2.51).


Baugeschichte der Burganlage<br />

Vorgeschichte und Anfänge der Burganlage<br />

im 11./12. Jh.<br />

Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Die curtis Leuca gehörte zu den Besitzungen, die König<br />

Sigismund 515 dem Kloster Saint-Maurice vergab. Von<br />

den Gebäuden, die zu dieser Curtis gehörten, ist in un-<br />

mittelbarer Nähe der späteren Burganlage die Peters-<br />

kapelle belegt, deren Gräberfeld ins Frühmittelalter zu-<br />

rückreicht. 10 Dieses Gräberfeld dehnte sich offenbar bis<br />

auf das Gelände des späteren Burgareals aus, wo anläss-<br />

lich der Ausgrabungen zwei Erdbestattungen zum Vor-<br />

schein kamen (Plan 1; Abb. 6.67).<br />

Im Hochmittelalter änderte sich die politische Lage.<br />

Durch eine Schenkung von Kaiser Heinrich IV. ge-<br />

langte <strong>Leuk</strong> 1079 in den Besitz des Bischofs von Sitten.<br />

Die Ortschaft entwickelte sich in der Folge zu einem<br />

einflussreichen Städtchen mit drei Zentren: dem poli-<br />

tischen Zentrum mit der bischöflichen Residenz und<br />

dem Meierturm im Süden, dem kirchlichen Zentrum<br />

mit der Stephanskirche im Norden und dem wirtschaft-<br />

lichen Zentrum bei der Kreuzung der Verkehrsachsen.<br />

Letztere führten einerseits entlang der rechten Talseite<br />

nach Gampel und Salgesch, andererseits nach Norden<br />

über den Gemmipass und nach Süden über die Rhone-<br />

brücke zum linksufrigen Talweg, wo ein Weg durch<br />

den Pfynwald seit 1417 gesichert ist. 11 Die besondere<br />

Verkehrslage begünstigte das Aufkommen der Sust als<br />

Warenumschlagsort, 12 entfachte aber auch die Macht-<br />

ansprüche der Grafen von Savoyen. Die Streitigkeiten<br />

wurden im 2. Viertel des 12. Jh. beigelegt, als Ama-<br />

deus IV. von Savoyen die Herrschaft <strong>Leuk</strong> dem Sitte-<br />

ner Bischof Guérin überliess und dieser hier ein Viztum<br />

einrichtete. Das heutige Rathaus gilt als ehemaliger Sitz<br />

des Vizedominus, während im bischöflichen Schloss sein<br />

Stellvertreter, der Meier, residierte.<br />

In dieser spannungsgeladenen Zeit des späten 11. und<br />

frühen 12. Jh. entstand auf einem Areal, das ursprüng-<br />

lich wohl zur Peterskapelle gehörte, der freistehende<br />

Turm (Abb. 2.I; 3.I). Eine nähere Datierung dieses ersten<br />

Baukörpers anhand von architektonischen Detailformen<br />

oder Dendroanalysen war nicht möglich. 13<br />

Der Turm<br />

Von der ersten Bauphase des Turms sind lediglich das<br />

Fundament auf allen vier Seiten sowie die Südmauer<br />

mit den seitlichen Eckverbänden in einer Höhe von fünf<br />

Geschossen erhalten (Plan 2.A; 4.A). Es handelt sich<br />

um einen quadratischen Turm mit einer lichten Weite<br />

von 6×6 Metern. Die Mauerstärke misst an der Basis<br />

155 cm, verjüngt sich aber nach jedem zweiten Geschoss<br />

um rund 40 cm; der Turm ist nicht unterkellert. Die<br />

Zinnen, die heute den oberen Abschluss des Turms bil-<br />

den, gehören zu einer jüngeren Bauphase. Ursprünglich<br />

könnte der Turm mit einem Zeltdach, oder mit einem<br />

eingestellten Satteldach gedeckt gewesen sein.<br />

Die einzige Öffnung, die zur ersten Bauphase des Turms<br />

gehört, ist die vermauerte Scharte (Plan 2.213) im<br />

4. Obergeschoss. Diese Öffnung ist innen beinahe qua-<br />

dratisch (70 ×80 cm) und verengt sich nach aussen zu<br />

einem schmalen Schlitz (12 ×70 cm).<br />

Alle heute sichtbaren Türen im Turm sind ins Mauer-<br />

werk eingebrochen und entstanden im Zusammenhang<br />

mit dem Anbau und den Umgestaltungen des Treppen-<br />

turms. Ursprünglich war der Turm sicher durch einen<br />

Hocheingang betretbar, der sich auf einer der drei abge-<br />

brochenen Turmseiten befunden haben dürfte. Das Bei-<br />

spiel der beiden Türme auf dem Burghügel von Raron<br />

zeigt, dass ein Hocheingang im Süden, talseitig, nicht<br />

dem Normalfall entsprach. Der auf der Höhe des dritten<br />

Geschosses in der Turm-Südmauer beobachtete grosse<br />

Flick (Plan 2.5) ist demnach kaum mit einem Hochein-<br />

gang in Verbindung zu bringen, zumal dieser Flick die<br />

10 George Descoeudres / Jachen Sarott, Materialien zur Pfarreiund<br />

Siedlungsgeschichte von <strong>Leuk</strong>. Drei archäologische Untersuchungen:<br />

Pfarrkirche St. Stephan, ehemalige St. Peterskirche und<br />

Mageranhaus. Vallesia 39 (Sion 1984) 215ff; Nott Caviezel, Baugeschichtliche<br />

Untersuchungen an der Pfarrkirche St. Stephan in<br />

<strong>Leuk</strong>-Stadt. Vallesia 39 (Sion 1984) 125–138; Joseph Sarbach, Gepflogenheiten<br />

der Kirche St. Stephan und der Pfarrei <strong>Leuk</strong> / Consuetudines<br />

ecclesiae Leucae. Vallesia 48 (Sion 1993) 109–206.<br />

11 Jean Gremaud, Documents relatifs à l‘histoire du Valais, I–VIII<br />

(Lausanne 1875–1898) 2660bis.<br />

12 Raphael von Werra, <strong>Leuk</strong> im späten Mittelalter. Vallesia 49 (Sion<br />

1994) 7–11.<br />

13 Datierung des Turms nach Blondel in die Anfänge der romanischen<br />

Epoche: Louis Blondel, Le bourg de Loèche (<strong>Leuk</strong>-Stadt). Vallesia<br />

11 (Sion 1956) 39.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

7


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

6: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Grabungsplan.<br />

8 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

80<br />

79


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

zu einer jüngeren Bauphase gehörende Spitzbogentüre<br />

(Plan 2.6) bereits berücksichtigt. Der Flick könnte die<br />

Reste einer in die Mauerstärke eingelassenen Kamin-<br />

anlage kaschieren, oder diejenigen eines Fensterwagens.<br />

Das Innere des Turms war in fünf Geschosse unter-<br />

teilt, die jeweils eine Raumhöhe von rund 4Metern hat-<br />

ten. Der einzige nachgewiesene Boden ist derjenige des<br />

3. Geschosses: Die Bodenbretter lagen auf drei Nord-<br />

Süd-verlegte Balken. Da im darüber- und darunterlie-<br />

genden Geschoss an der Südwand jegliche Balkenlöcher<br />

fehlen, ist anzunehmen, dass hier die Trägerbalken in<br />

Ost-West-Richtung verlegt waren. Der Boden des 5. Ge-<br />

schosses ist aufgrund des Mauerrücksprunges wiederum<br />

gleich wie derjenige des 3. Geschosses zu rekonstruie-<br />

ren. Die einzelnen Etagen waren wohl mit Holzleitern<br />

erschlossen.<br />

Bau der herrschaftlichen Burganlage im frühen 13. Jh.<br />

Die urkundlichen Erwähnungen <strong>Leuk</strong>s im 13. Jh. zeu-<br />

gen von der zunehmenden Bedeutung dieser Ortschaft.<br />

1227 wird erstmals die Pfarrei erwähnt. Ab 1249 ist ein<br />

Weibel belegt. Er war verantwortlich für Verfolgung, Ge-<br />

fangennahme, Einvernahme und Bestrafung der Übel-<br />

täter sowie für die Eintreibung der bischöflichen Tafel. 14<br />

1254 ist vom bischöflichen Turm mit einer angrenzen-<br />

den Wohnung für den Meier die Rede. 15 Im ausgehenden<br />

13. Jh. und frühen 14. Jh. sind Schlachten in der Umge-<br />

bung sowie ein Brand der Ortschaft belegt. In diese un-<br />

ruhige Zeit fällt auch eine Zerstörung der Burganlage<br />

um 1291–96. 16<br />

Die politische und wirtschaftliche Blüte, welche die Ort-<br />

schaft <strong>Leuk</strong> im 13. Jh. erfährt, widerspiegelt sich im<br />

Ausbau der Burg: Der Turm wird in dieser Zeit zum<br />

Zentrum einer weitläufigen Anlage (Abb. 2.II; 3.II). Im<br />

Mauerverband wurde der Palas (der grosse rechteckige<br />

Saalbau südlich des Turms) und die Ringmauer errich-<br />

tet. Um den Turm herum entstand so ein befestigter<br />

«Hof», der von Anfang an zumindest teilweise überbaut<br />

war. Turm und Palas waren mit einem zweigeschossigen,<br />

unterkellerten Baukörper verbunden, dessen Ost-West-<br />

7: Palas-Annex, Übersicht gegen Südwesten. Aufnahme von<br />

1989 anlässlich der Ausgrabungen im Hof.<br />

Ausdehnung derjenigen des Turms entsprach. Von die-<br />

sem Verbindungstrakt ist heute lediglich die Westmauer<br />

erhalten, welche eine Unterteilung des Innenraums in<br />

drei Geschosse (Keller und zwei Obergeschosse) und<br />

die Dachschräge erkennen lässt (Plan 3.34; 4.34). Drei<br />

Türen zeigen zudem, dass dieser Baukörper mit einem<br />

weiteren in Verbindung stand, der westlich des Turms<br />

die südliche Zwickelfläche des «Hofes» einnahm. In die<br />

Umfassungsmauer eingelassene Öffnungen, zwei Fenster<br />

(Abb. 6.72,73), ein Schüttstein (71) und eine Aborttüre<br />

(70) belegen, dass dieser Annexbau bereits bei der Er-<br />

richtung der Ringmauer geplant war.<br />

Die Dendrochronologie-Analyse der im Palas und in der<br />

Verbindungsmauer zwischen Palas und Turm vermauer-<br />

ten Hölzer erlaubt eine Datierung dieser Bauphase ins<br />

zweite Viertel des 13. Jh. 17<br />

14 von Werra 1994 (wie Anm. 12) 19–21.<br />

15 von Werra 1994 (wie Anm. 12) 12; André Donnet/Louis Blondel,<br />

Burgen und Schlösser im Wallis. Deutsche Fassung: Anton Gattlen.<br />

Hrsg. vom Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong> (Zürich 1963) 114;<br />

Gremaud (wie Anm. 11) 570.<br />

16 Blondel 1956 (wie Ann. 13) 31.<br />

17 Der Türsturz der beiden Türen in der Verbindungsmauer zwischen<br />

Palas und Turm (D15/D93759, D14/D93674) datieren diese Bauphase<br />

nach 1182 (Jahrringende mit Waldkante) bzw. nach 1196<br />

(Jahrringende mit Splint). Die Datierung des Sturzes der Palas-Kellertürenach<br />

1227 (Jahrringende ohneSplint,D26/D93682, D93764)<br />

weist auf eine etwas jüngere Bauzeit.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

9


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Der Palas<br />

Der Palas war ein rechteckiger Bau mit den Aussen-<br />

massen von 18 × 10 m. Ursprünglich war er niedriger<br />

als heute und besass über dem Keller lediglich ein Saal-<br />

geschoss. Den oberen Gebäudeabschluss bildete ein Zin-<br />

nenkranz mit eingesetztem Satteldach. Deutlich sind an<br />

den Gebäude-Kurzseiten die beiden Eckzinnen und die<br />

Mittelzinne sowie die Dachschräge des ehemaligen Stein-<br />

plattendaches ablesbar (Abb. 8; Plan 3.180–182; 7.180–<br />

182). Auf den Gebäude-Langseiten wurden die Zinnen,<br />

vermutlich drei zwischen den Eckzinnen, durch jüngere<br />

Dachlösungen ersetzt (Abb. 9). An der Südfassade haben<br />

sich aber die Ausgusslöcher (Plan 3.190) für die Ablei-<br />

tung des Dachwassers erhalten: annähernd quadratische<br />

Aussparungen von 20×20 cm Grösse, in einem Abstand<br />

von 40 bis 50 cm (Abb. 11; Plan 5.189,190). Die Basis<br />

dieser Gusslöcher bilden grosse Steinplatten, welche<br />

beidseits über die Mauerflucht vorstehen und der steiner-<br />

nen Dachhaut entsprechen.<br />

Die Oberfläche der Fassaden war mit einem Rasa-Pietra-<br />

Putz versehen. Ein tief eingeschnittener durchgehender<br />

Fugenstrich markiert die einzelnen Steinlagen so, dass<br />

sich deutlich erkennbar horizontale Streifen abzeichnen.<br />

8: Palas-Westmauer. Über dem linken Fenster des 2. Geschosses<br />

erkennt man die im Mauerwerk eingebundenen Steinplatten<br />

des ursprünglichen Satteldaches (A). Aufnahme von<br />

2006 nach Demontage der Dach- und Bodenkonstruktion.<br />

10 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

Dieser beim Bau der Mauern aufgezogene Putz ist später<br />

in der gleichen Art stellenweise erneuert worden und ist<br />

noch heute auf grössere Flächen erhalten; insbesondere<br />

an der Nordfassade, wo er durch jüngere Putzschichten<br />

geschützt war (Abb. 12).<br />

Die Eingänge in den Palas befanden sich hofseitig im<br />

Norden. Ein breites Rundbogenportal führte in den<br />

Keller, eine schmalere Stichbogentüre ins Saalgeschoss<br />

(Abb. 9, 13). Die grossen Fenster des Saalgeschosses<br />

waren nach Süden ausgerichtet, wo dank der Hanglage<br />

selbst grosse Öffnungen die Sicherheit der Festung nicht<br />

gefährdeten (Plan 5.19). Kleine Schartenfenster liessen<br />

sich zudem auf der Saalgeschossebene im Westen nach-<br />

weisen sowie im Keller an der Süd- und Ostfassade. Die<br />

Nordfassade war fensterlos.<br />

9: Palas-Nordwand (Westpartie) nach Abbruch des Dachstocks<br />

2006. Vom Zwischenboden verbleiben die Trägerbalken.


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

10: Palas-Südfassade. Detail der romanischen Bifore. Über<br />

dem Fenster sind die vorkragenden Steinplatten des ehemaligen<br />

Satteldaches zu erkennen. Darüber steht die Sockelmauer<br />

des Zinnenkranzes mit den Ausgusslöcher, darunter (links)<br />

eine Steinkonsole der Dachrinne. Aufnahme von 1937.<br />

DasKellergeschoss war in zweiRäume unterteilt (Abb. 15,<br />

16; Plan 5, 6). Die Binnenmauer (Plan 5.15), welche das<br />

westliche Raumdrittel des Kellers abtrennt, gehört zum<br />

Originalbestand, ebenso wie die fünf schmalen Scharten-<br />

fenster in der Süd- und die eine Scharte der Ostfassade. 18<br />

Das Saalgeschoss war ebenfalls unterteilt. Nur so ist die<br />

Anordnung der ungleichen Fenster zu verstehen. Das<br />

westliche Drittel besass zunächst nur Schartenfenster.<br />

Das romanisierende Rundbogenfenster (Abb.10, Plan<br />

5.20) ist eine jüngere Zutat, die allerdings eine weitere<br />

Scharte ersetzt haben könnte. Hier im Westen befin-<br />

det sich auch die Türe, die auf die Latrine führte (Plan<br />

3.267). Diese tritt aussen als gemauertes, halbrund vor-<br />

kragendes Bauglied in Erscheinung, der den Abort-<br />

schacht bis auf Bodenhöhe sichert (Plan 4.267). Die Öff-<br />

nung für die Leerung der Latrine befindet sich im Süden.<br />

11: Palas-Südfassade. Detail der vorkragenden Steinplatten<br />

des ehemaligen Satteldaches mit den Ausgusslöchern des<br />

Zinnenkranzes und eine Steinkonsole für die Befestigung der<br />

Dachrinne. Aufnahme von 2006.<br />

12: Palas-Nordfassade, Detail der Maueroberfläche. Der Rasa<br />

Pietra Putz mit horizontalem Fugenstrich entstand beim Bau<br />

des Palas.<br />

18 Bei den Fenstern im Süden wurde die Fensterbank später stärker ab-<br />

geschrägt; das Ostfenster wurde vermauert.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

11


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

13: Links die Eingangstüre ins Saalgeschoss des Palas<br />

(Rahmen gefast), rechts der doppelt gekehlte Bogen, der<br />

die Fassade des jüngeren Feuerraums trägt.<br />

14: Palas-Südmauer, Theatersaal von 1952. Ansicht gegen Südwesten.<br />

12 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

Weiter ist anzunehmen, dass in diesem spärlich erhellten<br />

Westraum Treppen einerseits ins Dachgeschoss, anderer-<br />

seits ins Kellergeschoss führten.<br />

Die beiden östlichen Drittel des Geschosses waren viel<br />

heller und entsprachen dem für repräsentative An-<br />

lässe dienenden Saal. Die Fenster, eine Einzel- und eine<br />

Doppel-Bifore, waren mit Sitznische und gemauerten<br />

Bänken ausgestattet (Abb. 14). Warum die Fenster-<br />

front im Süden keine regelmässige Folge bildet, ist nicht<br />

schlüssig zu klären. Die breite Wandfläche zwischen<br />

der Einzel- und der Doppel-Bifore könnte mit dem Ein-<br />

bau einer Kaminanlage oder aber mit einer zusätzlichen<br />

Raumunterteilung erklärt werden. Reste der ursprüng-<br />

lichen Maueroberfläche, die allenfalls Hinweise geben<br />

könnten (z.B. Russspuren), sind keine erhalten.


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

15: Palas, Keller. Aufnahme während der Sondierungsarbeiten<br />

von 2001. Hinter der hölzernen Stütze erkennt man die<br />

gemauerte Säule und im Hintergrund die Binnenmauer, die<br />

den Keller unterteilt. Ansicht gegen Westen.<br />

Die Bodenhöhe des Saalgeschosses muss anhand der<br />

Mauerrücksprünge rekonstruiert werden. Die Mauer-<br />

stärke nimmt auf Sockelhöhe des Saalgeschosses stark<br />

ab. Die bereits im Kellerbereich schmalere, hofseitige<br />

Nordmauer besass einen einfachen Mauerrücksprung<br />

von rund 30 cm, die übrigen drei Seiten einen doppelten<br />

Rücksprung von insgesamt 60 cm. 19 Der untere Rück-<br />

sprung dürfte als Auflager der Bodenkonstruktion ge-<br />

dient haben, während der obere über der Bodenebene<br />

sichtbar war und eine Wandbank von rund 60 cm Höhe<br />

bildete. Im Süden diente sie als Stufe für die höherliegen-<br />

den Fensternischen.<br />

Sondierungen im Bodenbereich des Kellers brachten<br />

interessante bautechnische Beobachtungen zum Vor-<br />

schein, die sich mit der Hanglage des Bauplatzes erklä-<br />

ren lassen. Wie beim Turm wurde beim Palas die tal-<br />

seitige Südmauer stärker fundiert als die Nordmauer. Bei<br />

der Errichtung des Palas begannen die Bauarbeiten mit<br />

der Südfassade. Diese Mauer wurde beidseits frei aufge-<br />

führt. Unmittelbar unter dem ersten Gerüstgang zeich-<br />

nete sich ein Arbeitsniveau ab, auf dem sich Fallmörtel<br />

ansammelte. Das abschüssige Gelände wurde aber auf<br />

der Mauerinnenseite noch während dem Bau fortlaufend<br />

terrassiert. Die eingeschütteten Erdschichten wurden je-<br />

weils zur Mauer hin mächtiger und bestanden aus um-<br />

gelagertem Lehmsubstrat, das mehr oder weniger stark<br />

mit Erde, Kies und Steinen durchsetzt war und gelegent-<br />

lich auch tierische Knochen enthielt. Die Quermauer, die<br />

den Keller unterteilt, ist zwar seitlich nicht verankert.<br />

Sie wurde aber eingezogen, noch bevor in einem letzten<br />

Arbeitsschritt die längs der Südmauer verbliebene Senke<br />

mit einer weiteren Lehmschüttung (Plan 8.136) planiert<br />

wurde und sich der erste Kellerboden, ein braunes mit<br />

Steinsplittern durchsetztes Erdniveau (Plan 8.134), bil-<br />

den konnte. 20<br />

19 Im Südosten ist der doppelte Mauerrücksprung noch erhalten. Im<br />

Übrigen ist er spätestens beim Absenken des Bodens für den Einbau<br />

des Theatersaals in der ersten Hälfte des 20. Jh. ausgebrochen<br />

worden.<br />

20 Im Keller des Palas wurden drei Nord-Süd-ausgerichtete Sondierschnitte<br />

angelegt. Westlich der gemauerten Säule konnten dadurch<br />

vier Einbauten gefasst werden, die den ersten Kellerboden (Plan<br />

8.134) durchschneiden und demnach jünger sind. Der älteste Befund<br />

ist eine ovale, rund 30 cm tiefe Grube (131). Sie war im unteren Bereich<br />

mit einer Schicht aus Steinsplittern unterschiedlicher Grösse<br />

verfüllt, die ihrerseits zunächst mit einer ca. 5cm mächtigen Kohleschicht,<br />

dann einer rot verbrannten, dünnen Erdlinse überdeckt war.<br />

Es dürfte sich um die Reste einer Feuerstelle handeln. Das Pfostenloch<br />

(143), das in unmittelbarer Nähe der Palas-Südmauer freigelegt<br />

wurde, könnte mit dem Bau der gemauerten Säule (125) in Zusammenhang<br />

stehen.<br />

Später entstand nördlich der gemauerten Säule eine birnenförmige,<br />

mindestens 40 cm tiefe Grube (137). Sie war mit Abbruchmaterial<br />

verfüllt, unter anderem mit Tuffsteinquadern und Stuckmauerwerk<br />

von einer Wand und einem Gewölbe. Diese Werkstücke waren russgeschwärzt.<br />

Die Funktion der Grube ist nicht klar.Die Interpretation<br />

als Vorratsgrube, wie sie in mittelalterlichen und neuzeitlichen Kellern<br />

wiederholt anzutreffen sind, wäre denkbar; ihre Lage im Durchgangsbereich<br />

zwischen zwei Türen spricht aber dagegen. Das Abbruchmaterial,<br />

das die Grube verfüllt, könnte seinerseits von den<br />

Stuckgewölben und den beiden Binnenmauern stammen, die im Saal<br />

unmittelbar über dem Keller nachgewiesen werden konnten. Diese<br />

Einbauten entstanden wohl gegen Ende des 13. Jh. oder im 14. Jh.<br />

und wurden spätestens im 15. Jh. entfernt, als man die tragende<br />

Holzkonstruktion im Palas ersetzten musste.<br />

Nach dem Verfüllen der Grube (137) scheint an dieser Stelle ein<br />

neuer Einbau verankert worden zu sein. Erhalten haben sich Reste<br />

eines vertikal in den Boden gerammten Holzpfostens (124). Ein<br />

Bodenniveau aus gelbem Lehm (113) bildete das Gehniveau dazu. In<br />

dieser Lehmschicht lag eine Münze (demi-batz) die unter Franz<br />

Joseph Supersaxo im Jahre 1722 geprägt wurde (Datierung nach<br />

Patrik Elsig, Konservator des kantonalen Münzkabinetts in Sion).<br />

Sie zeigt, dass dieser Lehmüberzug im frühen 18. Jh. die Bodenoberfläche<br />

bildete.<br />

Der jüngste Gehhorizont bestand aus einer dünnen, festgetretenen<br />

Erdschicht, in der Münzen aus der Zeit zwischen 1902 und 1999 gefunden<br />

wurden.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

13


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Der Verbindungstrakt zwischen Turm und Palas<br />

Turm und Palas waren von Anfang an mit einem Baukör-<br />

per verbunden, dessen Ost-West-Ausdehnung zunächst<br />

derjenigen des Turmes entsprach. Für das Kellerniveau<br />

nutzte man die Niveaudifferenzen der natürlichen Hang-<br />

lage: Das gegen den Turm ansteigende Terrain wurde bis<br />

auf Fundamenthöhe der Palas-Nordmauer abgetragen. 21<br />

Das ursprünglich in Grube gemauerte Fundament des<br />

Turms wurde dadurch bis zur Sohle freigelegt und an-<br />

schliessend verputzt. Dieser Putz zieht im Westen an die<br />

zwischen Turm und Palas gespannte Mauer (Abb. 6.34).<br />

Im Osten fehlt die Raumbegrenzung. Ihre Lage lässt sich<br />

aber anhand des erwähnten Putzes rekonstruieren. Die-<br />

ser endet nämlich 60 cm vor der Turmecke mit einer auf-<br />

bördelnden vertikalen Kante: Hier muss die ehemalige<br />

Ostmauer (Abb. 6.81) gestanden haben (Abb. 17). Wäh-<br />

rend diese Ostmauer bei der späteren Vergrösserung<br />

16: Palas, Keller. Situierung der Sondierungen von 2001.<br />

TERA 2002<br />

2<br />

1<br />

3<br />

N<br />

Sondierung 1<br />

15<br />

Sondierung 2<br />

125<br />

Sondierung 3<br />

14 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

50<br />

5<br />

5<br />

162<br />

148<br />

0m 2m 5m<br />

1<br />

2<br />

3<br />

des Verbindungstraktes vollständig abgebrochen wurde,<br />

blieb die Westmauer mitsamt dem abgeschrägten Giebel<br />

erhalten und gibt heute Aufschlüsse über den ehemaligen<br />

Innenausbau dieses Baukörpers (Plan 3.B). Die im Keller<br />

erkennbare Nische (Grösse 45×50 cm) gehört zur origi-<br />

nalen Ausstattung.<br />

Im Erdgeschoss öffneten sich zwei Türen (Plan 1.46N,<br />

46S; Plan 3). Die breitere führte in den angrenzenden<br />

Annexbau, die schmalere vermutlich zu einem Abort-<br />

erker, welcher aus der Ringmauer vorkragte. Hier sind<br />

Reste einer Türe und die Steinkonsolen des Erkers nach-<br />

weisbar (Abb. 34; Titelbild; Abb. 6.70). Das Oberge-<br />

17: Palas-Annex, Südostecke des Turms (ehemals Fundamentzone)<br />

mit anstossender Kellermauer (A = Stossfuge). Die<br />

vertikale Verputzkante (B) weist auf eine ältere, abgebrochene<br />

Kellermauer hin.


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

18: Turm-Südwand, Türe des 1. Obergeschosses. Neben dem<br />

linken Gewände die mit rosa Stuckmörtel verputzte Vermauerung<br />

einer älteren Türe.<br />

schoss des Verbindungstraktes besass ebenfalls eine Türe<br />

(Plan 3.45). Im Mauerwerk eingelassene, vorkragende<br />

Steinplatten zeigen, dass im Westen das Niveau tiefer<br />

lag als die Türschwelle (Plan 4.45). Vermutlich gelangte<br />

man hier über ein paar Stufen hinab auf den Wehrgang<br />

der Ringmauer.<br />

Der zwischen Turm und Palas eingeschobene Baukör-<br />

per hatte den Charakter eines Verbindungstraktes, der<br />

einerseits mit einem Vorraum den Eingang in den Palas<br />

schützte, andererseits zum Annexbau im Westen und zur<br />

Latrine sowie über Treppen vermutlich auf den Wehr-<br />

gang der Ringmauer führte. Vom Obergeschoss des Ver-<br />

bindungstraktes aus gelangte man möglicherweise auch<br />

in den Turm. Es wäre denkbar, dass in dieser Zeit – zu-<br />

sätzlich zum ehemaligen Hocheingang – die Türe (Plan<br />

2.216) ins zweite Turmgeschoss geöffnet wurde, um die<br />

Erschliessung dieses ursprünglich freistehenden Bau-<br />

19: Annexbau westlich des Turms. Aufnahme von 1988<br />

anlässlich der Ausgrabungen im Hof.<br />

körpers zu vereinfachen (Abb. 18). Die höherliegenden<br />

Turmzugänge sind hingegen eindeutig jünger, zumal sie<br />

über der Dachschräge des Verbindungstraktes liegen.<br />

Der Annexbau westlich des Turmes<br />

Die Turm-Westfassade und die im Süden anstossende<br />

Binnenmauer (Abb. 6.34) bildeten die Ostbegrenzung<br />

eines weiteren Baukörpers, dessen West- und Südfassade<br />

gleichzeitig als Ringmauer dienten (Abb. 19). Die bei den<br />

Ausgrabungen freigelegte Mauer (Abb. 6.61) entsprach<br />

dem Fundament der hofseitigen Nordfassade. 22 Im Süd-<br />

westen wurden beim Bau der Ringmauer vier Öffnun-<br />

gen vorgesehen (Abb. 20): zwei Fenster (Abb. 6.72,73),<br />

ein Schüttstein (Abb. 6.71) und eine Latrinentüre<br />

(Abb. 6.70). Der obere Abschluss dieser ehemaligen Ge-<br />

bäudefassade hat sich nirgends erhalten. 23<br />

Die Rekonstruktion des Annexbaus ist angesichts der<br />

unregelmässigen Geometrie seines Grundrisses nicht ein-<br />

deutig. Denkbar wäre ein eingeschossiger Bau, dessen<br />

Dachkonstruktion das Regenwassernach Süden über die<br />

21 Das Bauniveau des Turms liegt rund 3mhöher als dasjenige der<br />

Palas-Nordmauer.<br />

22 Mauer (61) ist wie Mauer (34) im Bauvorgang jünger als die Ringmauer<br />

und als die erste Bauphase des Turms. Sie ist aber älter als die<br />

Turmerneuerung (4), da diese im Anschlussbereich der ehemaligen<br />

Mauer eine Fensterscharte besitzt.<br />

23 Mit dem Abbruch des Gebäudes ist die Mauerkrone der Umfassungsmauer<br />

ca. ab Mitte der Fenster neu erstellt worden. Die drei<br />

obersten Steinlagen mitsamt der Zinnenbekrönung sind noch jünger.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

15


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Umfassungsmauer entsorgte. Im Innern des Gebäudes<br />

bestand das Gehniveau aus einem Erdboden. In zentraler<br />

Lage wurden nebeneinander eine Grube und eine Feuer-<br />

stelle entdeckt sowie dazwischen ein grosses Pfostenloch,<br />

in dem vermutlich ein Drehgalgen verankert war. Ange-<br />

sichts dieser bescheidenen Ausstattung dürfte der Raum<br />

als Küche oder Werkstatt gedient haben.<br />

Dieser Annexbau wurde nach einem Brand abgebrochen.<br />

Danach erstellte man im südöstlichen Hofzwickel ein ge-<br />

rundetes Fundament (Abb. 6.62).Esdientewohlals Auf-<br />

lage einer gemauerten Konstruktion, die es erlaubte, von<br />

den Wohnräumen im Osten über einen geschützten Gang<br />

weiterhin die alte Latrine (Abb. 6.70) zu benutzen.<br />

Die Ringmauer<br />

Die Umfassungsmauer der Burganlage ist im Mauer-<br />

verband mit dem Palas entstanden. Betrachtet man die<br />

Palas-Ostfassade, so sind im Bereich des Erdgeschosses<br />

deutlich die durchlaufenden Steinlagen erkennbar, wäh-<br />

rend sich im Bereich des Obergeschosses über der Ring-<br />

mauer ein Eckverband abzeichnet (Abb. 21). Die Ring-<br />

mauer hatte wehrhaften Charakter und besass einen<br />

Wehrgang, wie die gegenläufigen in die Mauerstärke ein-<br />

gelassenen Treppen im Norden zeigen (Plan 1.C). 24<br />

16 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

Die Ostfront der Umfassungsmauer scheint erst am Ende<br />

der umfangreichen Bauarbeiten errichtet worden zu sein.<br />

Zur ersten Bauphase (Plan 1.B; Plan 7.50) gehören ledig-<br />

lich der Mauersockel beim Palas und ganz im Norden<br />

der Eckverband mit den vorspringenden Steinen. Die ge-<br />

samteFront mit dem Eingangsportal wurde hingegen an-<br />

lässlich einer zweiten Bauetappe erstellt (Plan 1.C; Plan<br />

7.88). Ob es sich hierbei um die zweite Bauetappe einer<br />

einzigen, lang andauernden Bauphase handelt, oder um<br />

eine zweite Bauphase, anlässlich der man die Eingangs-<br />

partie erneuerte (vielleicht im Zusammenhang mit der<br />

Anlage und Befestigung der Turmmatte?) ist heute nicht<br />

zu klären, zumal wir über die Funktion der Turmmatte<br />

kaum Hinweise besitzen.<br />

20: Annexbau westlich des<br />

Turms. Die Zinnen wurden<br />

auf die Reste einer abgebrochenen<br />

Gebäudefassade<br />

gestellt. Aufnahme von 1988<br />

anlässlich der Ausgrabungen<br />

im Hof, Blickrichtung gegen<br />

Süden.<br />

Vergrösserung und Ausbau der Burganlage im 14. Jh.<br />

Das 14. Jh. war für <strong>Leuk</strong>, das vermutlich bereits seit<br />

dem 13. Jh. das Stadtrecht besass, wiederum eine Blüte-<br />

zeit. Die Herrschaft über <strong>Leuk</strong> lag in der zweiten Hälfte<br />

des Jahrhunderts in den Händen der Herren von Raron.<br />

Peter von Raron (ca.1325–1413) war Viztum von <strong>Leuk</strong>,<br />

sein Sohn Wilhelm Bischof in Sitten (1391–1402) und<br />

sein Sohn Gitschart (um 1360–1425) Landeshauptmann.<br />

Die dominierende Macht dieser Familie dauerte bis zum


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Sturz der Freiherren von Raron im Jahre 1416. 25 In die-<br />

ser Zeit erlitt das bischöfliche Schloss das gleiche Schick-<br />

sal wie die übrigen Burgen der Region: Es wurde geplün-<br />

dert und in Brand gesteckt.<br />

Die dritte Bauphase des bischöflichen Schlosses dürfte<br />

mit der Blütezeit <strong>Leuk</strong>s im 14. Jh. im Zusammenhang<br />

stehen. Zwischen Turm und Palas wurde der kleine<br />

Verbindungstrakt durch einen grossen, dreigeschossi-<br />

gen Baukörper ersetzt, dessen Treppengiebel im Süden<br />

an den Zinnenkranz des Palas anschloss (Plan 1.D;<br />

Abb. 2III; 3.III). Ein zweiter, ebenfalls unterkellerter An-<br />

nexbau wurde gegen die Nordfassade des Turms gelehnt.<br />

Veränderungen waren ausserdem im Palas nachweisbar.<br />

In dieser Zeit vermutlich wurde hier das Innere neu ge-<br />

21: Das <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong> von Osten. Aufnahme von 2003.<br />

gliedert, im Keller eine gemauerte Säule eingestellt und<br />

in der Südfassade die romanisch anmutende Bifore ge-<br />

öffnet (Abb. 10).<br />

Es handelt sich um mehrere bauliche Eingriffe, deren ge-<br />

genseitige relative Chronologie und absolute Zeitstellung<br />

im Einzelnen nicht feststellbar waren. Die erwähnten<br />

Veränderungen sind jeweils jünger als die Bauphase B/C,<br />

aber älter als die Phase E. Es ist denkbar, dass nach den<br />

Wirren des späten 13. Jh. im Palas Reparaturarbeiten<br />

24 Die einzig im Norden festgestellten Balkenlöcher haben aber kaum<br />

etwas mit diesem Wehrgang zu tun, sondern deuten auf jüngere<br />

Holzeinbauten hin, die an die Mauer gelehnt waren.<br />

25 Von Werra 1994 (wie Anm. 12) 15.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

17


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

nötig waren, und die Umbauten nach und nach, entspre-<br />

chend dem Bedürfnis der Bewohner, ausgeführt wurden.<br />

Die Vergrösserung der Wohn- und Lagerflächen wider-<br />

spiegelt ihrerseits den sozialen und politischen Aufstieg,<br />

den <strong>Leuk</strong> im 14. Jh. erlebte, und zeugt vom hohen Rang<br />

der hier ansässigen Familie.<br />

Der Palas-Annex mit dem ersten Treppengiebel<br />

Für den Neubau zwischen Palas und Turm musste le-<br />

diglich die dreigeschossige Nordfassade mitsamt dem<br />

Fundament neu errichtet werden. Die übrigen Fassaden<br />

stehen auf älterem Bestand: die Ostfassade auf der Ring-<br />

mauer, die Westfassade auf der zwischen Turm und Palas<br />

eingespannten Binnenmauer. Den oberen Abschluss der<br />

Ost- und Westfassade bildete ein nach Süden absteigen-<br />

der Treppengiebel, der unten an den Zinnenkranz des<br />

18 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

Palas anschloss (Plan 3.31; 7.221). Eine Bekrönung der<br />

Nordfassade mit Zinnen ist nicht nachweisbar.<br />

Sofern die Dachkonstruktion über dem Palas damals<br />

nicht verändert wurde, floss nun das Oberflächenwasser<br />

von zwei Dachschrägen entlang der ehemaligen Palas-<br />

Nordfassade zusammen (Abb. 3.III). Dies dürfte pro-<br />

blematisch gewesen sein: Wie das Wasser gesammelt und<br />

abgeführt werden konnte, ist nämlich nicht ersichtlich.<br />

Ein originaler Ausguss ist zwar in der Südostecke des An-<br />

nexbaus unter der Sitzbank der Fensternische vorhanden<br />

(Plan 7.241), doch dieser dürfte nicht für das Dachwas-<br />

ser gedient haben. Denkbar wäre, dass das Regenwasser<br />

gesammelt und in eine Zisterne geleitet wurde; von die-<br />

ser fehlt allerdings im gesamten Burgareal jegliche Spur.<br />

Bei der Annahme einer neuen Dachkonstruktion über<br />

22: Palas-Annex. Übersicht<br />

der anlässlich der<br />

Ausgrabungen von 1989<br />

entdeckten Mauern.<br />

Links unten die<br />

gemauerte Spindel einer<br />

Wendeltreppe.


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

dem Palas, am ehesten ein flach nach Süden geneigtes<br />

Pultdach, reduziert sich zwar die abzuführende Wasser-<br />

menge, die Frage nach einem Abflusskanal für das Dach-<br />

wasser des Annexbaues bleibt hingegen unverändert.<br />

Ausgedehnte Reste von mehreren Innenputzen, Bal-<br />

kenlöcher, Kaminanlagen, verschiedene Fensterformen<br />

sowie im Keller erhaltene Mauern geben Auskunft über<br />

die ehemalige Raumgliederung des Annexbaus und des-<br />

sen späteren Veränderungen (Abb. 22).<br />

Die Binnenmauern (Abb. 6.77/85) unterteilten das un-<br />

terste Geschoss in zwei Räume. Im östlichen Raum be-<br />

fand sich der Treppenabgang, im westlichen der Kel-<br />

ler. In der Keller-Ostmauer lassen sich zwei schmale<br />

Lüftungsscharten nachweisen, sowie eine zwei Meter<br />

breite, aus sorgfältig zugerichteten Tuffsteinen gefügte<br />

Türe durch die man über vier mit grossen Steinplatten<br />

belegten Stufen ins Rauminnere gelangte (Abb. 23). In<br />

der SW-Ecke des Kellers waren zudem die Reste einer<br />

schmalen Treppe zu erkennen (Plan 3.84), die direkt in<br />

das Saalgeschoss des Palas führte. Gleichzeitig mit dieser<br />

internen Verbindung öffnete man auch eine dritte Licht-<br />

scharte durch die Aussenmauer.<br />

23: Palas-Annex, Kellereingang. Die Stufen wurden 2005 für<br />

den Einbau von Sanitäranlagen abgebrochen.<br />

Das Erdgeschoss besass Durchgangs- und Vorhallencha-<br />

rakter; seine Funktion wurde einzig von Türen und Por-<br />

talen bestimmt. Die drei unterschiedlichen Eingänge der<br />

Nordfassade verleihen heute dem Bau sein unverkennba-<br />

res Gepräge, das an einen Portikus erinnert (Abb. 4). Ur-<br />

sprünglich hatte jeder Durchlass seine spezifische Auf-<br />

gabe. Das mittlere grosse Torführte zur Treppe, über die<br />

man in die Keller des Palas und des Palas-Annexes ge-<br />

langte. Die kleine Öffnung ganz im Osten war nie höher<br />

als 1,35 m; ein grosser Felsblock im anstehenden Morä-<br />

nengrund bildete die Schwelle. Die Öffnung ist zu nied-<br />

rig für eine Türe; sie ist am ehesten als Luft- und Licht-<br />

durchlass zu interpretieren. Das grosse und das kleine Tor<br />

haben gefaste Gewändesteine; Verschlussmechanismen<br />

sind keine erhalten. Möglicherweise war der Kellerab-<br />

gang mit einem Bretterboden gedeckt, der den Raum über<br />

der Treppe vielleicht als Lagerraum benutzbar machte.<br />

Eine Falltüre könnte je nach Bedürfnis mehr oder weni-<br />

ger weit aufgeklappt worden sein, um in einen der Keller<br />

zu gelangen. Westlich des grossen Tores befand sich der<br />

Zugang zu den Wohnräumen (Abb. 24). Diese mit Stein-<br />

schwelle und seitlichem Anschlag ausgestattete Türe war<br />

verschliessbar (Nische für einen Riegelbalken). Im Inneren<br />

trennte eine Binnenmauer (Abb. 6.77) den Eingangsbe-<br />

reich im Westen vom Lagerraum über dem Kellerabgang.<br />

Das Obergeschoss besass je zwei grosse Rundbogenfens-<br />

ter im Norden und Osten; Letztere waren mit einer Sitz-<br />

nische ausgestattet (Abb. 25). Das Format der Fenster<br />

entsprach demjenigen der grossen Biforen im Palas; wie<br />

diese waren sie vermutlich mit einem Mittelstud unter-<br />

teilt. Vondiesen ursprünglichen Fenstern ist nur die in-<br />

nere Leibung erhalten. Anlässlich einer Verkleinerung<br />

der Öffnungen wurde fassadenseitig der Fensterrahmen<br />

durch Mauerwerk ersetzt und innen die rechtwinkligen<br />

Gewändedurch schräge Laibungen verdeckt (Plan 7.240).<br />

Zwischen den beiden Fenstern der Ostwand befindet sich<br />

ein grosser Wandkamin, der innen konkav in die Mauer-<br />

dicke eingelassen ist und aussen rechteckig vorkragt. Zu<br />

diesem Kamin gehörten eine mit Steinplatten ausgelegte<br />

Feuerstelle und ein gemauerter, weit ausladender Trächen<br />

(Rauchfang), dessen hölzerner Rahmen von Steinkonso-<br />

len gestützt wurde (Holzrahmen beidseitig ersetzt). Oben<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

19


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

24: Palas-Annex, Nordwand. Balkenlöcher und Verputze<br />

lassen eine Gliederung in drei Geschosse erkennen. Zwischen<br />

dem Rundbogenportal und der Türe links bestand eine<br />

Binnenmauer, die in einer späteren Phase bis ins oberste<br />

Geschoss aufgemauert wurde.<br />

endete der Trächen in einen kreisrunden Schlot aus sau-<br />

ber zugehauenen Tuffsteinen (Abb. 26). Rechts neben dem<br />

Kamin lassen sich die Reste eines gemauerten Gestells<br />

nachweisen und unter der rechten Sitzbank des südlichen<br />

Fensters befindet sich ein Ausguss (Plan 7.244, 241).<br />

Der im Obergeschoss grossflächig erhaltene Verputz<br />

zeigt, dass die im Keller und im Erdgeschoss nach-<br />

weisbare Quermauer (Abb. 6.77) im Obergeschoss auf<br />

Bodenhöhe endete. Beim Kaminraum handelte es sich<br />

um einen grossen Saal, der mindestens bis zum Turm<br />

reichte. Feuerstelle, Ausgussvorrichtung und Gestelle zei-<br />

gen, dass dieser Saal als Küche diente.<br />

Das Dachgeschoss des Annexbaus war wegen der Nei-<br />

gung des Daches nur in der Nordhälfte nutzbar. Es war<br />

mit zwei Scharten in der Nordfassade (Abb. 4, 24) und<br />

einer weiteren Scharte in der Ostfassade (Plan 7.239)<br />

spärlich belichtet.<br />

20 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

25: Palas-Annex, Ostwand. Im Zentrum die grosse Kaminanlage,<br />

die mit dem ersten Anbau entstand. Über dem<br />

Rauchfang (Trächen) die knaufartige Verdickung des Kamins,<br />

welche das Dach abdichtete.<br />

Mit dem Neubau des Palas-Annexes und der Aufhöhung<br />

des Westgiebels dürfte auch die Verbindung in den Turm<br />

neu gestaltet worden sein. Aus dieser Zeit stammt wohl<br />

die Türe, die ins dritte Turmgeschoss führt. Sie besteht<br />

aussen aus sauber bearbeiteten Hausteinen und weist<br />

eine zeittypische Spitzbogenform auf (Plan 2.6).<br />

Der Annexbau nördlich des Turmes<br />

Auf der Turm-Nordseite wurde anlässlich der Ausgra-<br />

bung des Hofes ein beinahe quadratischer Anbau ent-<br />

deckt (Abb. 27). Erhalten ist der in die Erde eingetiefte<br />

Bereich des Kellergeschosses. Die Südmauer verblen-<br />

det das unregelmässige Fundament des Turms, der Ein-<br />

gang mit dem vorstehenden Treppenhals liegt im Osten.<br />

Hier führt eine flache, sechs Stufen zählende Treppe aus<br />

grossen, schiefrigen Kalksteinplatten und gemauerten<br />

Seitenwangen ins Rauminnere. Im Westen sorgten zwei<br />

Scharten mit steil nach aussen ansteigender Bank für


A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

Frühmittelalter<br />

12. Jh. (Phase I)<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh.<br />

Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

um 1300 / frühes 14. Jh. (Phase III)<br />

14. Jh. (Phase IV +V)<br />

4. Viertel 15. Jh. (Phase VI)<br />

16. Jh. und jünger (Phase VII)<br />

unbestimmt<br />

Annexbau<br />

Phase II<br />

älterer<br />

Treppenturm<br />

Annexbau<br />

Turm<br />

jüngerer<br />

Treppenturm<br />

Palas<br />

N<br />

Hof<br />

0m 5m 10m<br />

Plan 1: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Phasenplan (Schnittebene auf Höhe Erd- bzw. Saalgeschoss).<br />

Palasannex<br />

Turmmatte<br />

Annexbau<br />

Dessin: Bureau TERA 2008<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

Plan 1<br />

Phasenplan<br />

21


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Plan 2<br />

Turm, Südwand<br />

747.00 m<br />

742.00 m<br />

737.00 m<br />

732.00 m<br />

727.00 m<br />

198<br />

199<br />

202<br />

205<br />

207<br />

22 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

4<br />

4<br />

4<br />

1<br />

196 196<br />

2<br />

213<br />

1<br />

218W<br />

Plan 2: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Turm-Südwand.<br />

209<br />

51<br />

3<br />

5<br />

3<br />

53A<br />

52A<br />

52B<br />

36A<br />

7<br />

36C<br />

6<br />

4<br />

216<br />

218E<br />

4<br />

4<br />

198<br />

199<br />

203<br />

205<br />

208<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

Legende<br />

12. Jh.<br />

0 1m<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh.<br />

um 1300 /frühes 14. Jh.<br />

14. Jh.<br />

14./15. Jh.<br />

4. Viertel 15. Jh.<br />

16. Jh. und jünger<br />

Unbestimmt<br />

Mörtel, Putz<br />

Zement


190<br />

189<br />

185<br />

50<br />

50<br />

187<br />

27<br />

22B<br />

21<br />

191<br />

267<br />

182<br />

180<br />

21<br />

29<br />

9<br />

Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

268<br />

275<br />

28<br />

44<br />

40 39<br />

31<br />

43<br />

50 42<br />

50<br />

84<br />

45<br />

49A<br />

10<br />

46 47<br />

Plan 3: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas- und Turm-Westwand.<br />

274<br />

255<br />

38<br />

27<br />

257<br />

17<br />

271<br />

84<br />

269<br />

41<br />

34<br />

270<br />

32<br />

33<br />

35<br />

37<br />

48<br />

35B<br />

35A<br />

32<br />

30<br />

31<br />

34<br />

46<br />

53<br />

52<br />

31<br />

1<br />

e<br />

36<br />

6<br />

216<br />

1<br />

1<br />

209<br />

210<br />

211 4<br />

196 196<br />

217<br />

3<br />

1<br />

51<br />

198<br />

203<br />

208<br />

199<br />

205<br />

4<br />

4<br />

1<br />

198<br />

200<br />

203<br />

205<br />

747.00 m<br />

742.00 m<br />

737.00 m<br />

732.00 m<br />

727.00 m<br />

63<br />

63<br />

58S 58 57 58<br />

Legende<br />

12. Jh.<br />

0 1m<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

59<br />

58N<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

Plan 3<br />

Turm und Palas, Westwand<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

13. Jh.<br />

um 1300 /frühes 14. Jh.<br />

14. Jh.<br />

14./15. Jh.<br />

4. Viertel 15. Jh.<br />

16. Jh. und jünger<br />

Unbestimmt<br />

Mörtel, Putz<br />

Zement<br />

23<br />

74<br />

50


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Plan 4<br />

Turm und Palas, Westfassade<br />

747.00 m<br />

742.00 m<br />

737.00 m<br />

732.00 m<br />

727.00m<br />

198<br />

75 73<br />

Plan 4: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Turm und Palas, Westfassade.<br />

24 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

4<br />

199<br />

203<br />

205<br />

208<br />

1<br />

204<br />

72<br />

269<br />

31<br />

206<br />

30<br />

34<br />

48<br />

270<br />

44<br />

43<br />

47<br />

71 70<br />

45<br />

271<br />

275<br />

28<br />

50<br />

271<br />

274A 191A<br />

274B<br />

191B<br />

274C<br />

29<br />

268A 268B 267<br />

273B<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

Legende<br />

12. Jh.<br />

Legende<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh.<br />

12. Jh.<br />

um 1300 /frühes 14. Jh.<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

14. Jh.<br />

13. 14./15. Jh. Jh.<br />

um4. 1300 Viertel/frühes 15. Jh. 14. Jh.<br />

14. 16. Jh.<br />

und jünger<br />

14./15. Unbestimmt Jh.<br />

4. Mörtel, Viertel Putz 15. Jh.<br />

Zement<br />

16. Jh. und jünger<br />

Unbestimmt<br />

0 1m<br />

Mörtel, Putz<br />

Zement<br />

0 1m<br />

273A<br />

191C


732.00 m<br />

727.00 m<br />

Plan 5: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Südwand.<br />

Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

50<br />

187<br />

186<br />

185<br />

22A<br />

22<br />

11<br />

14<br />

19<br />

14<br />

188<br />

23<br />

189<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

190<br />

9<br />

Legende<br />

12. Jh.<br />

0 1m<br />

20<br />

22B<br />

15 50<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

Plan 5<br />

Palas, Südwand<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh.<br />

um 1300 /frühes 14. Jh.<br />

14. Jh.<br />

14./15. Jh.<br />

4. Viertel 15. Jh.<br />

16. Jh. und jünger<br />

Unbestimmt<br />

Mörtel, Putz<br />

Zement<br />

25


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Plan 6<br />

Palas, Nordwand<br />

732.00 m<br />

727.00 m<br />

271<br />

182<br />

50<br />

Plan 6: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Nordwand.<br />

38<br />

10<br />

17<br />

26 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

40<br />

13<br />

16<br />

12<br />

15<br />

257 257<br />

255 179<br />

195<br />

194<br />

14<br />

125<br />

14<br />

18<br />

19<br />

192<br />

14<br />

22A<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

Legende<br />

12. Jh.<br />

0 1m<br />

24<br />

193<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh.<br />

um 1300 /frühes 14. Jh.<br />

14. Jh.<br />

14./15. Jh.<br />

4. Viertel 15. Jh.<br />

16. Jh. und jünger<br />

Unbestimmt<br />

Mörtel, Putz<br />

Zement<br />

50<br />

245<br />

183<br />

182


0 1m<br />

74<br />

50<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

Legende<br />

12. Jh.<br />

Plan 7: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Ostwand.<br />

Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh.<br />

um 1300 /frühes 14. Jh.<br />

14. Jh.<br />

14./15. Jh.<br />

F 4. Viertel 15. Jh.<br />

Legende<br />

G 16. Jh. und jünger<br />

12. Jh.<br />

Unbestimmt<br />

2. Viertel 13. Jh.<br />

13. Jh. Mörtel, Putz<br />

um 1300 /frühesZement 14. Jh.<br />

14. Jh.<br />

14./15. Jh.<br />

0 1m<br />

4. Viertel 15. Jh.<br />

16. Jh. und jünger<br />

Unbestimmt<br />

Mörtel, Putz<br />

Zement<br />

88<br />

263<br />

243<br />

221<br />

228<br />

89<br />

183<br />

239<br />

224<br />

88<br />

247<br />

240<br />

245<br />

183<br />

242<br />

244<br />

50<br />

221<br />

223<br />

228 228<br />

248<br />

249<br />

246<br />

222<br />

24<br />

250<br />

224<br />

240 192<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

Plan 7<br />

Palas, Palasannex, Ostwand<br />

257<br />

255<br />

241<br />

50<br />

183<br />

182<br />

193<br />

27<br />

281<br />

245<br />

50<br />

181<br />

180<br />

188 188<br />

11 11 11<br />

9<br />

22A<br />

185<br />

22 22<br />

27<br />

50<br />

187<br />

737.00 m<br />

732.00 m<br />

727.00 m<br />

722.00 m<br />

27


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Plan 8<br />

Palas, Keller (Ostprofil)<br />

722.00<br />

0 2 4 6<br />

118<br />

130<br />

103<br />

137<br />

Einfüllung von 1952<br />

Gehniveau bis 1952<br />

Gehniveau mit Münze<br />

(1. Hälfte 18. Jh.)<br />

28 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

102<br />

119<br />

106<br />

113<br />

119<br />

113<br />

137<br />

102<br />

103<br />

156<br />

106<br />

155<br />

135<br />

Einfüllung mit Fragmenten einer Konstruktion<br />

aus Stuckmörtel<br />

Mit dem Bau der gemauerten Säule<br />

entstandene Schichten<br />

155<br />

Gemauerte Säule (Schaft und Fundament)<br />

102<br />

136<br />

Geländeterrassierung nach dem Bau<br />

der Aussenmauern<br />

Zur 1. Bauphase des Palas<br />

gehörende Mauer<br />

Natürliche Ablagerungen bzw. nicht näher<br />

definierte Schichten<br />

Felsen<br />

112<br />

103<br />

131 133<br />

119<br />

41: Aquatinta von Max de Meuron (pinx.) und Falkeisen (sculp.), publiziert 1829 von Jean-B.-B. Sauvan.<br />

Plan 8: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Keller. Sondierschnitt westlich der gemauerten Säule (Ostprofil).<br />

Schematische Darstellung der Erdschichten. Zur Lage der Schnittebene vgl. Abb. 16 (Sondierung 2).<br />

125<br />

134<br />

151<br />

113<br />

143<br />

722.00<br />

TERA 2002


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

26: Palas-Annex, obere Hälfte der Ostwand. Aufnahme 2006,<br />

nach Abbruch der Dachkonstruktion.<br />

Licht und Luft. Ein auffallend tiefer Ausbruch in der ge-<br />

genüberliegenden Mauer weist auf ein weiteres Fenster<br />

neben dem Eingang hin.<br />

Der Annexbau nördlich des Turms besass vermutlich zu-<br />

mindest ein Obergeschoss und war am ehesten mit einem<br />

Pultdach gedeckt. Eine direkte Verbindung mit dem<br />

Turm ist denkbar, aber nicht mehr beweisbar, da dessen<br />

Nordfassade nach dem Abbruch des Annexbaus neu er-<br />

richtet wurde.<br />

Eine exakte Datierung des Turmanbaus ist nicht mög-<br />

lich. Er fügt sich aber gut in die Ausbauphase der Burg-<br />

anlage im Verlaufe des 14. Jh. ein. Die im 15. Jh. neu<br />

aufgeführte Turm-Nordmauer (Abb. 6.4) überdeckt hin-<br />

gegen bereits die abgebrochene Kellermauer. Die starken<br />

Brandspuren lassen darauf schliessen, dass der Baukör-<br />

per nach einer Feuerbrunst abgebrochen wurde.<br />

Nach der Verfüllung des Kellers entstand zwischen der<br />

Nordwestecke des Turmes und der Umfassungsmauer ein<br />

Fundament, das den Hof zu unterteilen schien (Abb. 2.<br />

VI; 6.63). Wiederum jünger ist ein gangartiges Gebäude,<br />

das sich an die Ringmauer lehnt. Erhalten sind die lang-<br />

gezogene Südbegrenzung (Abb. 6.57) und die West-<br />

mauer (Abb. 6.60) mit einer Türschwelle (Abb. 6.69). Im<br />

Osten fehlt das Fundament, hier dürfte sich vielleicht ein<br />

grösseres Tor befunden haben (Abb. 2.VII).<br />

Die Änderungen im Palas<br />

Auch im Palas zeugen einzelne Mauerausbrüche von<br />

ersten Umbauten. Im Saalgeschoss weisen drei auf den<br />

oberen Mauerrücksprung verlegte Balken (Plan 5.14;<br />

27: Der Hofbereich nördlich des Turms. Übersicht von den Zinnen des Turms aus. Aufnahme 1988<br />

anlässlich der Ausgrabungen im Hof.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

29


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

6.14) auf eine Erneuerung des grossen Saales hin. Viel-<br />

leicht wurde lediglich die Bodenkonstruktion erneuert<br />

und angehoben, oder es handelt sich um die Schwell-<br />

balken neuer Zwischenwände. Die im Keller aufge-<br />

mauerte Säule lässt zumindest auf eine Verstärkung<br />

der Bodenkonstruktion des darüberliegenden Geschos-<br />

ses schliessen.<br />

Der Westraum des Saalgeschosses wurde ebenfalls ver-<br />

ändert. Drei Balkenlöcher in der Westwand (Plan 3.21)<br />

deuten auf den Einzug eines Zwischenbodens. Gleichzei-<br />

tig mit diesem Boden (die Mörtel sind identisch!) wurde<br />

im Norden eine Türe (Plan 3.10) und im Süden ein gros-<br />

ses Doppelfenster (Abb. 10; Plan 5.20) geöffnet. Diese<br />

romanisch anmutende Bifore mit zentraler Säule ist in<br />

Stuckmörtel ausgeführt. Warum man hier eine in Bezug<br />

auf Form und Material derart auffallende, von den übri-<br />

gen Fenstern abweichende Art wählte, ist nicht klar.Viel-<br />

leicht zeichnete dieses an einen Kirchenbau erinnernde<br />

Fenster den Ort einer kleinen Privatkapelle aus, die man<br />

im Bereich des ehemaligen Treppenhauses einrichtete. Die Zeitstellung dieses Umbaus ist nicht näher einzu-<br />

28: Turmmatte, Innenansicht der talseitigen Stützmauer.<br />

Die Südmauer des Annexbaus (M276) enthält eine<br />

Latrinen(?)-türe (A). Die jüngere Mauer (M277) dürfte<br />

der von Merian wiedergegebenen Zinnenmauer entsprechen.<br />

Aufnahme 2007.<br />

30 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

29: Annexbau östlich des Palas. Die Annex-Nordmauer<br />

bezieht rechts einen Findling ein. Dieser ist bis zur vertikalen<br />

Kante bearbeitet: Hier unterteilte eine Binnenmauer das<br />

Gebäude. Aufnahme 2007 anlässlich der Abgrabung der<br />

Turmmatte für einen direkten Kellerzugang.<br />

grenzen, zumal auch die Funktion des markanten Fens-<br />

ters sich nicht klar fassen lässt. Die Oberfläche der Bifore<br />

besteht nach der Restaurierung des frühen 20. Jh. weit-<br />

gehend aus Zement und kann nicht für eine stilistische<br />

Beurteilung herangezogen werden. Möglicherweise ent-<br />

stand das Fenster im 13. Jh., wie Donnet aufgrund stilis-<br />

tischer Überlegungen vermutet. 26 Denkbar ist aber auch,<br />

dass es erst im 14. Jh. geöffnet wurde.<br />

Der Annexbau östlich des Palas<br />

Die talseitige Stützmauer der Turmmatte weist an ihrem<br />

Westende drei Bauphasen auf. Die älteste Bauphase ent-<br />

spricht der Südmauer eines rechteckigen Gebäudes, das<br />

sich an die Fassade des Palas anlehnte und im Innern<br />

durch eine Binnenmauer unterteilt war (Abb. 1). Anläss-<br />

lich der Errichtung dieses Gebäudes wurde das Keller-<br />

fenster des Palas vermutlich vermauert.<br />

Von der Gebäude-Südmauer ist die Sockelzone erhal-<br />

ten mitsamt einer vermauerten, 60 cm breiten Öffnung<br />

(Abb. 28). Es dürfte sich hierbei um eine Latrinentüre<br />

handeln, zumal die Schwelle auf gleicher Höhe liegt wie


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

der Boden des Innenraums, aber deutlich höher als das<br />

Aussenniveau am Fuss der Fassade. Die ebenfalls gut<br />

erhaltene Gebäude-Nordmauer ist auf ihrer Rückseite<br />

gegen Erde gemauert und zieht im Osten an und über<br />

einen grossen Findling, den sie als Bestandteil der Wand<br />

integriert (Abb. 29). Gegen den Findling stösst auch eine<br />

Nord-Südverlaufende Mauer, deren unterste Fundam-<br />

entlagen erhalten sind. Da diese Mauer nur in Ansätzen<br />

freigelegt werden konnte, steht nicht eindeutig fest, ob<br />

es sich hierbei um eine Binnenmauer des Gebäudes han-<br />

delte oder um dessen Ostfassade. Der von Lehner 1986<br />

weiter östlich in der Stützmauer beobachtete Mauer-<br />

winkel (Abstand zum <strong>Bischofsschloss</strong> 12 m) und die Be-<br />

arbeitungsspuren des Findlings beidseits der Quermauer,<br />

sprechen allerdings für eine Binnenmauer, welche ein<br />

grösseres Gebäude unterteilte. Der an den Palas angren-<br />

zende Raum war leicht trapezförmig und im Innern 6m<br />

lang bzw. 4,20 m bis 4,80 m breit. Der östliche Raum<br />

war etwas kleiner.<br />

Das Innenniveau des Gebäudes wurde im Bereich der<br />

Sondierung durch den Baggeraushub zerstört. Es muss<br />

auf gleicher Höhe gelegen haben wie die Türschwelle im<br />

Süden, beziehungsweise wie der Fundamentvorsprung<br />

der Nordmauer. Ohne eine archäologische Ausgrabung<br />

sind keine Aussagen zur Beschaffenheit des Bodens<br />

möglich.<br />

Für eine Datierung des Gebäudes und eine Bestimmung<br />

seiner Funktion fehlen uns jegliche Hinweise. Da keine<br />

archäologische Grabung erfolgte, konnten keine Klein-<br />

funde geborgen werden. Für eine Erstellung des Gebäu-<br />

des im Verlaufe des 14. Jh. spricht die allgemeine Ent-<br />

wicklung der Burganlage, welche in dieser Zeit stark<br />

ausgebaut wurde. Der Stich von Merian aus dem 17. Jh.<br />

zeigt an dieser Stelle kein Gebäude. Dieses scheint da-<br />

mals bereits durch die zinnenbekrönte Mauer ersetzt<br />

worden zu sein, welche zwischen <strong>Bischofsschloss</strong> und<br />

Rathaus die Turmmatte stützt. Angesichts der strate-<br />

gischen Lage neben dem Eingang zum <strong>Bischofsschloss</strong><br />

könnte die Funktion des Gebäudes mit dem Portal im<br />

Zusammenhang stehen. Vielleicht handelte es sich um<br />

das Haus des Torwärters.<br />

Veränderungen der Burganlage im 14. Jh.<br />

Änderungen auch der jüngsten Bauteile zeigen, dass im<br />

Verlaufe des 14. Jh. die Anlage den Wünschen der Be-<br />

wohner angepasst wurde (Abb. 3.IV). Im Saalgeschoss<br />

des Palas wurden gemauerte Decken eingezogen und<br />

im Palas-Annex die Fenster verkleinert, die Dachkons-<br />

truktion über beiden Baukörpern vereinheitlicht und mit<br />

durchlaufenden Treppengiebeln versehen. Im Turm ent-<br />

standen ebenfalls gemauerte Gewölbe; die Erschliessung<br />

über das Treppenhaus wurde entsprechend angepasst.<br />

Palas und Palas-Annex<br />

Die Erneuerung der Dachkonstruktion über Palas und<br />

angrenzendem Annex ist der auffallendste Eingriff die-<br />

ser Bauphase. Im Osten und Westen wurden die Mauer-<br />

kronen aufgemauert und es entstand ein durchgehender<br />

Treppengiebel (Abb. 3.IV; Plan 3.275; 7.183). Ein neues<br />

Pultdach mit einheitlicher Dachschräge garantierte eine<br />

bessere Ableitung des Oberflächenwassers.<br />

Im Palas-Annex wurden vermutlich in dieser Zeit die<br />

grossen Fenster des Kaminraumes verkleinert und die<br />

Rahmen aus Tuffstein mit den charakteristischen Rund-<br />

stabprofilen versetzt. 27 Die grosszügige Dimension des<br />

Kaminraums blieb aber unverändert.<br />

Im Palas wurde der Boden des Saalgeschosses erneuert<br />

und die gemauerte Wandbank zurückgespitzt (Plan 7,<br />

Bodenbalken 22). Unmittelbar über den Fenstern wurde<br />

eine neue, tieferliegende Decke eingezogen (Deckenbal-<br />

ken Plan 5.11). Ihre Untersicht war mit Stuckmörtel ver-<br />

kleidet: Im östlichen Raumdrittel des Saalgeschosses lässt<br />

sich ein Kreuzgratgewölbe rekonstruieren (Plan 5.22A),<br />

im westlichsten eine flache Decke (22B). Letztere setzte<br />

im Süden die Veränderung der romanischen Bifore vor-<br />

aus, die bis auf eine kleine rechteckige Öffnung (Kamin?)<br />

vermauert wurde. An der Westwand reicht das Nega-<br />

tiv der Flachdecke hingegen nur bis zur Raummitte<br />

(Plan 3.22B); vermutlich existierte in der Nordwest-<br />

ecke des Saalgeschosses eine Treppe, die ins Oberge-<br />

26 Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 116.<br />

27 Heute sind die Tuffsteinrahmen alle mit Zementmörtel verlegt. Sie<br />

wurden im frühen 20. Jh. vermutlich vollständig ersetzt.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

31


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

30: Palas, Nordwand des Saalgeschosses. Detail der passförmigen<br />

Nische neben der Eingangstüre.<br />

schoss führte. Neue Bodenhöhe und Dachkonstruktion<br />

erlaubten nun auch dieses zu nutzen und so wurden in<br />

der Westfassade zwei Fenster geöffnet (Plan 3.191,274).<br />

Die Flachdecke aus Stuck, die Vermauerung der roma-<br />

nischen Bifore in der Südwand, die Vermauerung der<br />

Türe (Plan 6.10) in der Nordwand und die Veränderung<br />

des Fensters (Plan 3.28) in der Westfassade können, an-<br />

gesichts der identischen rosafarbenen Stuckmörtel, der<br />

gleichen Bauphase zugeordnet werden. Hinzu kommt<br />

der Einbau einer auffallenden Nische (Plan 6.13) in der<br />

Nordwand des Palas, unmittelbar neben der Eingangs-<br />

türe insSaalgeschoss (Abb. 30). Nur der obere Abschluss<br />

dieser Nische ist erhalten: eine sich präzis im Mörtel ab-<br />

zeichnende Passform, deren untere Hälfte wohl symme-<br />

trisch zu ergänzen ist. 28 Die sichtbare Passform scheint<br />

dem Negativ des Einbaus zu entsprechen, wobei der<br />

32 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

mächtige Stuckmantel, der diesen umgibt, möglicher-<br />

weise eine ältere, rechteckige Nische vermauert. Die<br />

Funktion dieses Einbaus ist nicht klar. Für einen Wand-<br />

schrank scheint die Form allzu unpraktisch. Ein Ofen ist<br />

ebenfalls auszuschliessen, zumal von der Rückseite her<br />

keine Einfeuerung nachweisbar ist.<br />

Turm und Treppenturm<br />

Im Turm haben sich im dritten und vierten Geschoss, an<br />

der Südwand, ausgedehnte Reste eines stuckartigen, sehr<br />

harten Verputzes erhalten. Sie bedecken drei hochrecht-<br />

eckige, oben korbbogenförmig gerundete Felder (Abb. 31;<br />

Plan 2.3). Zwischen diesen Feldern und in den Raum-<br />

ecken verbleibt jeweils ein schmales, unverputztes Band:<br />

das Negativ von vier gemauerten Wandvorlagen, deren<br />

Basis zum Teil erhalten ist. Derartige Wandvorlagen exis-<br />

tierten ursprünglich auf allen vier Raumseiten. Sie ge-<br />

hören zu einem gemauerten, neunteiligen Kreuzgewölbe,<br />

das auf vier zusätzlichen, freistehenden Pfeilern ruhte.<br />

Diese Gewölbe stammen nicht aus der Bauzeit des<br />

Turms, denn im dritten Geschoss haften die Putzflä-<br />

chen bereits auf einer Erneuerung der Wandverblendung<br />

(Plan 2.5). Andererseits ist der Gewölbeputz eindeutig<br />

älter als die Turmerneuerung (Plan 2.4), zumal er nur<br />

auf dem alten Mauerteil erhalten ist. Die Funktion die-<br />

ser gewölbten, mit Stützen verstellten Räume ist nicht<br />

gesichert. Vermutlich handelte es sich um feuersichere<br />

Archiv- und Tresorräume und nicht um Wohnräume.<br />

Mit dem Einzug der Gewölbe im Turm war eine interne<br />

Erschliessung der Obergeschosse nicht mehr möglich.<br />

Die Zugänge und der Treppenaufgang mussten verän-<br />

dert werden. Der zunächst nur bis auf Bodenhöhe des<br />

Erdgeschosses gemauerte Treppenturm (Plan 3.35A),<br />

wurde in einer zweiten Bauphase bis zum 1. Oberge-<br />

schoss (Plan 3.35B), dann um weitere zwei Geschosse<br />

aufgestockt (Plan 3.35C). 29 Bei dieser dritten Bauphase<br />

wurde der Treppenturm inwendig verstärkt, und in<br />

der Ostwand öffnete man ein Fenster. Das Treppen-<br />

haus dürfte nach diesem Ausbau turmartig über das<br />

Dach des Palas-Annexes hochgeragt haben (Abb. 3.V).<br />

Anlässlich einer vierten Bauphase ist der Treppen-<br />

turm später nochmals aufgestockt worden bis unmit-


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

31: Turm, Südwestecke des 2. Geschosses. Die oben rund endende Verputzfläche (links) und die zwei Wandpfeiler beidseits<br />

der Türe sind Reste einer Gewölbekonstruktion.<br />

telbar unterhalb des Zinnenkranzes, wo eine heute<br />

vermauerte Türe ins Dachgeschoss des Turms führte<br />

(Abb. 3VI). Die monumentale, geschweifte Schulter-<br />

bogentüre aus Hausteinen, die heute den Eingang zum<br />

Treppenturm bildet, ist keiner der erwähnten Bau-<br />

phasen eindeutig zuzuweisen. Ihre Zierform weist am<br />

ehesten ins 15. Jh. (Abb. 3.VI).<br />

Die Zugänge, die in den Turm führen, sind in Bezug auf<br />

Form und Gewändemörtel alle unterschiedlich und re-<br />

flektieren die zahlreichen Veränderungen der Treppen-<br />

konstruktion im Süden. Die Türe des 2. Turmgeschosses<br />

(Plan 2.216) dürfte der älteste Zugang sein. Die Spitz-<br />

bogentüre des 3. Geschosses (Plan 2.6) entstand nach<br />

einer grossflächigen Vermauerung der mittleren Wand-<br />

partie (Plan 2.5). Als im Turm die gewölbten Räume<br />

entstanden, musste im 4. Geschoss ein weiterer Zugang<br />

geöffnet werden (Plan 2.36A), und die Türen des 2. und<br />

3. Geschosses wurden neu verputzt (gleiche Gewände-<br />

mörtel). Noch jünger sind die Eingänge des 5. Geschos-<br />

ses (Abb. 3.VI/VII) und des Erdgeschosses (19. und<br />

20. Jh.).<br />

28 Die Nische wurde im unteren Bereich durch den Einbau eines<br />

modernen Kastens gestört. Auf der Mauerrückseite tritt sie nicht in<br />

Erscheinung.<br />

29 Der Treppenturm wurde in mindestens drei Bauphasen hochgeführt,<br />

wobei jede Bauphase jünger ist als die angrenzende östliche Giebelmauer.1.Bauphase:<br />

Sockelgeschoss (35A), bis rund 40 cm unterhalb<br />

der Schwelle des heutigen Eingangs. 2. Bauphase: Erd- und 1. Obergeschoss<br />

(35B). 3. Bauphase: inwendige Verstärkung und 2. Obergeschoss<br />

(35C).<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

33


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

32: Turm, Westwand. Nischenfester des 1. Geschosses.<br />

33: Turm, Nordostecke des 3. Geschosses. Links angeschnitten<br />

das Kreuzstockfenster<br />

Zerstörung und Neuaufbau der Burganlage im 15. Jh.<br />

Im frühen15. Jh. erlitten das bischöfliche Schloss und der<br />

benachbarte Wohnturm des Viztums das gleiche Los wie<br />

die übrigen Burgen der Region: Sie wurden geplündert<br />

und in Brand gesetzt. 30 Der Brandschutt und die Feuer-<br />

verfärbungen, die im Keller nördlich des Turms und auf<br />

dem Erdboden des Annexbaues im Westen beobachtet<br />

wurden, sind vermutlich Spuren dieser Verwüstung von<br />

1415. Doch die Bedeutung der Stadt <strong>Leuk</strong> endete nicht<br />

34 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

mit den Wirren des frühen 15. Jh. Die Burganlage be-<br />

wahrte offenbar ihre Funktion als Sitz der Vertreter der<br />

Herrschaft und 1475 ordnete Bischof Walter II. Super-<br />

saxo (ca. 1402–1482) die Erneuerung des Turms und<br />

der anstossenden Wohnungen an. Palas und Palas-Annex<br />

wurden mitsamt der Dachhaut saniert: die Räume neu<br />

gegliedert, die Decken ersetzt, Dachkonstruktion und<br />

Treppengiebel höher verlegt. Südlich des Turms wurde<br />

der Kaminraum verkleinert, so dass ein kleiner Innen-<br />

hof entstand. Von diesem Innenhof aus führte ein neues<br />

Treppenhaus zu den Obergeschossen (Abb. 2.VI; 3.VI).<br />

Einzig die beiden Annexbauten nördlich und westlich<br />

des Turms wurden nach dem Brand nicht mehr ersetzt.<br />

Nach ihrem Abbruch wurde der Turm auf drei Seiten<br />

neu aufgeführt und die Ringmauer im südwestlichen<br />

Zwickel des Hofes ergänzt.<br />

Diese Bauphase lässt sich durch die im Mauerwerk ver-<br />

ankerten Balken dendrochronologisch gut in die zweite<br />

Hälfte des 15. Jh. einordnen. Eine Datierung in die Jahre<br />

1460/61 (mit Waldkante) ergaben die Bodenbalken und<br />

die Bodenauflagebretter im 2. Obergeschoss des Turms<br />

sowie ein Treppenauflager im 4. Obergeschoss. 31 Auch<br />

die Deckenbalken des Saalgeschosses sowie die Streif-<br />

balken und die östliche Stütze der Kellerdecke im Palas<br />

stammen aus dieser Zeit. Die in einem Flickmörtel ver-<br />

legten Bodenbalken des Palas-Annexes und der hölzerne<br />

Rahmen des Rauchfangs (Trächen) zeigen, dass auch<br />

hier die Holzkonstruktion ersetzt werden musste.<br />

Erneuerung von Palas und Palas-Annex<br />

Im Palas dürfte in dieser Zeit der grosse Versammlungs-<br />

raum im Saalgeschoss entstanden sein, dessen Bestand<br />

anhand der Pläne des frühen 20. Jh. rekonstruierbar ist<br />

(Abb. 34). Blondel hebt in seiner Beschreibung der Burg-<br />

anlage die für die damaligen Verhältnisse aussergewöhn-<br />

liche Dimension des Raumes hervor,der eine lichte Weite<br />

von 16,35×8,40 m besass. 32 Die Bodenbalken wurden<br />

durch einen Unterzug gestützt, dessen Spannweite zwei<br />

30 Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 114.<br />

31 vgl. dazu Egger 1985 (wie Anm. 6); Schmidhalter 2003 (wie<br />

Anm. 7); Schmidhalter 2004 (wie Anm. 8).<br />

32 Blondel 1956 (wie Ann. 13) 40.


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

34: Längsschnitt durch den Palas, gegen Norden. Aufnahmeplan von 1911.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

35


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Auflager benötigte. Im Keller sind diese noch erhalten:<br />

nebst der älteren gemauerten Säule ein neuer Holzstud<br />

mit gefasten Kanten. 33 Alle Deckenbalken wurden neu<br />

verlegt, auf gleicher Höhe, aber zum Teil neben den älte-<br />

ren Balkenlöchern. Die neue flache Bretterdecke lag auf<br />

zehn Trägern (Plan 5.F; 6.F).<br />

Das Obergeschoss war vermutlich mit Täfer ausgeklei-<br />

det, zumal die Gewändemörtel der Türen und Fenster,<br />

welche wir dieser und der nächsten Bauphase zuordnen,<br />

alle das Negativ einer Holzschalung aufwiesen. 34 Ob die<br />

Inneneinteilung derjenigen entsprach, welche auf den<br />

Plänen von 1913–15 wiedergegeben ist, kann nicht mehr<br />

geklärt werden. Zumindest einzelne Elemente, wie die<br />

geschnitzte Säule mit der Jahreszahl 1532, gehören aber<br />

eindeutig zu einem jüngeren Ausbau.<br />

In dieses Obergeschoss führten zwei Türen: Die eine Türe<br />

(Plan 6.17), ganz im Westen, war über eine schmale,<br />

gemauerte Treppe (Plan 3.49A), an der Latrinentüre<br />

(Plan 3.45) vorbei, vom alten Treppenturm her erreich-<br />

36 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

bar. Die zweite Türe (Plan 3.18), in der Wandmitte, war<br />

vom neuen Treppenhaus her zugänglich. Treppenseitig<br />

besass dieser Eingang einen profilierten Stuckrahmen<br />

(Abb. 35). Gefaste Gewände und ein tief ansetzender<br />

Kielbogen weisen noch ins 15. Jh. Diese Formgebung<br />

unterscheidet sich von derjenigen des frühen 16. Jh., bei<br />

welcher der Kielbogen flacher ist und erst auf Sturzhöhe<br />

ansetzt, und deren Ornamentik mit zusätzlichem Perl-<br />

stab in den Profilkehlen und vegetabilen Motiven in den<br />

Zwickelflächen reicher ist. 35 Das Treppenhaus ist heute<br />

nunmehr anhand der im Mauerwerk verankerten Stein-<br />

platten der Wendeltreppe zu erkennen. Anlässlich der<br />

Grabungen 1988/89 war noch das unterste Geschoss mit<br />

der Spindel erhalten (Abb. 36). Diese unterste Ebene war<br />

durch die ehemalige Kellertüre erschlossen, welche halb-<br />

seitig vermauert wurde.<br />

35: Palas-Annex, Südwand.<br />

Unten angeschnitten die<br />

Kellertüre des Palas. Am<br />

rechten Bildrand die Türen,<br />

die vom jüngeren Treppenturm<br />

aus in den Palas<br />

führten. Die Stufen waren<br />

seitlich in die Mauer verankert.<br />

Am linken Bildrand<br />

die Einfeuerungsöffnung<br />

eines Stubenofens. Dazwischen<br />

eine in die Mauer<br />

eingebrochene Durchreiche.<br />

Der kleine Innenhof südlich des Turms dürfte seinerseits<br />

zumindest teilweise überdeckt gewesen sein. Dies lassen<br />

trockengefügte Fundamente vermuten, die in den verfüll-<br />

ten Keller verankert waren (Abb. 6.82,83).


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

36: Palas-Annex, Kellereingang. Nach Aufgabe und<br />

Verfüllung des Kellers wurde das Kellerportal verkleinert<br />

und diente als Eingangstüre einer Wendeltreppe.<br />

Letztere wurde 2005 für den Einbau der Sanitäranlagen<br />

abgebrochen. Aufnahme von 1989, gegen Westen.<br />

Erneuerung von Turm und angrenzendem Treppenturm<br />

Der Turm scheint stärker beschädigt worden zu sein als<br />

die übrigen Partien der Anlage. Vom Altbestand blieb<br />

lediglich die Südmauer mit den beidseitigen Eckverbän-<br />

den stehen; derjenige Teil also, der die Nordwand des<br />

Palas-Annexes bildete. Die übrigen drei Seiten des Turms<br />

wurden hingegen ab Bodenebene neu aufgemauert. Der<br />

Verlauf der vertikalen Abbruchkante ist anhand der für<br />

den Neubau benötigten Gerüstlöcher deutlich erkennbar<br />

(Plan 4); die neuen Eckverbände fallen ausserdem durch<br />

ein helleres Steinmaterial auf (Titelbild). Alle Etagen be-<br />

sassen nun Fenster: drei kleine, rechteckige Scharten in<br />

den unteren Etagen, schmale Rundbogenfenster in den<br />

oberen (Abb. 32; Plan 4). Einzig das Kreuzstockfenster<br />

im vierten Geschoss ist jünger. Die Geschosseinteilung<br />

des Turms blieb unverändert.<br />

Warum gerade der Turm – mit seinen an der Basis<br />

1,55 mstarken Mauernder kräftigste Baukörper der An-<br />

lage – so weitgehend erneuert wurde, ist nicht bekannt.<br />

Rissbildungen im Fundament, die auf einen schlech-<br />

ten Baugrund schliessen lassen, sind nicht erkennbar.<br />

Der bis in die obersten Stockwerke erhaltene Altbe-<br />

stand zeigt zudem, dass die Nordpartie sorgfältig abge-<br />

brochen wurde, um den Palas-Annex im Süden nicht zu<br />

gefährden. Eine militärische Zerstörung des Turms ist<br />

daher wohl auszuschliessen. Abbruch und Wiederaufbau<br />

müssen ausserdem rasch nacheinander erfolgt sein, sonst<br />

hätten sich die Verputze der verbliebenen Südwand nicht<br />

so gut erhalten.<br />

Der alte Treppenturm entlang der Turm-Südfassade<br />

gewährleistete weiterhin den Zutritt zu den einzelnen<br />

Etagen. Vermutlich wurde er in dieser Zeit bis zu den<br />

Zinnen hochgeführt. In die Ostfassade des Treppen-<br />

turms wurden zudem zwei neue Türöffnungen eingebro-<br />

chen, die wohl im Zusammenhang mit dem neuen Innen-<br />

hof standen. Im Erdgeschoss wurde der Türrahmen aus<br />

Hausteinen versetzt, vermutlich als Ersatz einer kleine-<br />

ren Öffnung (Abb. 22). Die charakteristische Form des<br />

oberen Türabschlusses mit den gekehlten Schulterkonso-<br />

len und dem geschweiftem Sturz tritt in ähnlicher Weise<br />

in Sitten in der «Maison du Diable» auf und ist dort<br />

Bestandteil des Landhauses, das im Auftrag von Georg<br />

Supersaxo im 1. Viertel des 16. Jh. errichtet wurde. 36 Die<br />

zweite Türe steht mit der Verankerung von vier Konso-<br />

len in der Turm-Südfassade in Verbindung (Abb. 34).<br />

Diese Konsolen bilden eine 80 cm breite, vierfach abge-<br />

treppte Auflage aus Tuffsteinen. Eine weitere kurze, an<br />

der Oberseite eingeschnittene Konsole wurde über den<br />

Konsolen angebracht: sie dürfte eine Dachpfette getra-<br />

33 Datierung der Holzstütze im Keller um 1460; vgl. Schmidhalter<br />

2003 (wie Anm. 7) D93467.<br />

34 Die Öffnungen des Obergeschosses sind nicht alle gleichzeitig, sondern<br />

lassen sich anhand ihrer Mörtel in drei Gruppen einteilen.<br />

1. Gruppe: beide Türen der Nordwand (17/18) und das Sitznischen-<br />

Fenster der Südwand; der Gewändemörtel enthält hier gehäuft<br />

Stuckspolien. 2. Gruppe: Ofendurchlass (24) in der Nordostecke.<br />

3. Gruppe: Aborttüre (29) in der Westmauer und Ofendurchlass (16)<br />

in der Nordwestecke. Letzterer rechnet mit dem Anbau der Feuerkammer<br />

im Norden.<br />

35 Patrick Elsig, De quelques encadrements en stuc mouluré du deuxième<br />

quart du XVI e siècle, dans le Valais central. In: Des pierres et<br />

des hommes. Bibliothèque historique vaudoise 109 (Lausanne 1995)<br />

298–311.<br />

36 François-Olivier Dubuis, La Maison du Diable, ancienne maison<br />

de campagne des Supersaxo, à Sion. Vallesia 29 (Sion 1974) 107–<br />

171, Fig. 20.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

37


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

37: Palas-Annex, Westwand. Ritzzeichnung neben der linken<br />

Kaminkonsole. Sie stellt einen Turm mit Zinnenkranz und<br />

eingestelltem Zeltdach dar.<br />

gen haben. Unschwer lassen sich hier die Reste einer ge-<br />

deckten Laube erkennen, über die man auf die Dächer<br />

des Palas gelangen konnte (Abb. 3.VI).<br />

Renovierung der Burganlage im 16. Jh.<br />

Das 16. und 17. Jh. war für <strong>Leuk</strong> wiederum eine Blüte-<br />

zeit. Das <strong>Bischofsschloss</strong> ist in dieser Zeit Sitzungsort<br />

des Walliser Landrats. Unter Bischof Adrian von Ried-<br />

matten (1529–1548) ist eine Erneuerung der Burg be-<br />

zeugt, die sich am Bau anhand einer Holzsäule mit der<br />

Jahreszahl 1532 und dem bischöflichen Wappen bele-<br />

gen lässt. In dieser Zeit kauft die Burgerschaft das Vitz-<br />

tumschloss und lässt es durch Ulrich Ruffiner umbauen.<br />

Eine Bauinschrift auf dem Fenstersturz trägt die Jahres-<br />

zahl 1541 –gemäss Vertrag ist dies das Kaufjahr –, eine<br />

weitere über dem Portal die Zahl 1543. 37 1627 findet<br />

im <strong>Bischofsschloss</strong> der Prozess gegen Anton Stockalper<br />

statt. 38<br />

38 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

38: Palas-Annex, Südwand. Vermauertes Fenster mit profiliertem<br />

Tuffsteinrahmen (doppelte Kehle). Das Fenster entstand<br />

gleichzeitig mit dem zwischen Palas und Treppenturm<br />

eingefügten Feuerraum. Es wurde 2006 durch eine Türe<br />

ersetzt.<br />

Die Bauarbeiten des frühen 16. Jh. scheinen vor allem<br />

den Komfort im <strong>Bischofsschloss</strong> verbessert zu haben.<br />

Aus dieser Zeit datiert die spätgotische Einrichtung im<br />

Obergeschoss des Palas, die wir dank der Pläne und den<br />

fotografischen Aufnahmen des frühen 20. Jh. kennen.<br />

Das Obergeschoss war in drei Räume unterteilt: zwei<br />

kleine Kammern im Westen und eine grosse Stube im<br />

Osten, deren Decke in der Raummitte von einer reich<br />

verzierten Holzsäule gestützt wurde. Diese Säule war bis<br />

in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts im Lokalmu-<br />

seum ausgestellt.<br />

Die Räume des Obergeschosses waren mittels zweier<br />

Öfen heizbar. Die Feuerungsöffnung (Plan 6.24) ganz


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

im Osten der Nordwand diente zum Beschicken eines<br />

Stubenofens (Abb. 35). Der gemauerte Rauchabzug<br />

(Plan 7.24) führte in den grossen Trächen (Plan 7.242)<br />

des Palas-Annexes. Gleich neben der Feueröffnung war<br />

in der Mauerstärke ein kleiner Backofen eingelassen, der<br />

heute noch vollständig erhalten ist: die Bodenplatte, das<br />

ausgebrannte Gewölbe und die profilierte, quadratische<br />

Öffnung für einen Türverschluss aus Metall.<br />

Die zweite Feuerungsöffnung (Plan 6.16) diente zur Be-<br />

heizung der Nordwestkammer. Hier musste für Feuer-<br />

stelle und Kamin ein kleiner Annex errichtet werden: das<br />

bereits bestehende Treppengewölbe (Plan 3.49A) wurde<br />

verbreitert und mit einer Mauer vom Innenhof abge-<br />

trennt. Dieser«Küchen-Annex»besass ein kleines Fenster<br />

mit profiliertem Tuffsteinrahmen, das sich auf den Innen-<br />

hof öffnete (Abb. 7). 39 Mit gleichartigen Fenstern wur-<br />

den auch die beiden Kammern ausgestattet: zwei Fenster<br />

(Plan 3und 4.191C, 274C) wurden in der Westfassade<br />

geöffnet, eines im Norden (Plan 6.194) mit Sicht auf den<br />

Innenhof. Letzteres war aussen farbig bemalt (Abb. 38). 40<br />

Zum höheren Komfort gehörte auch die zusätzliche La-<br />

trine (Plan 3und 4.29), die von der Südkammer aus er-<br />

reichbar war und an der Westfassade auf Steinkonsolen<br />

39: Ausschnitt aus MatthäuS Merian Topographia Helvetiae,<br />

Rhaethiae et Valesiae, Frankfurt a. M. (1653). Das <strong>Bischofsschloss</strong><br />

ist mit dem Buchstaben «D» bezeichnet.<br />

vorkragte. Latrine, Fenster und Küchen-Annex können<br />

anhand des hölzernen Trächenrahmens dendrochronolo-<br />

gisch in die erste Hälfte des 16. Jh. datiert werden. 41<br />

Im Palas-Annex ist als jüngste Umbauphase der Ausbau<br />

des Dachgeschosses belegt: Es wurde verputzt und mit<br />

einer horizontalen Decke isoliert. Die Verstärkung des<br />

Fundamentes (Abb. 6.80) steht vermutlich mit der Auf-<br />

stockung des Treppenhauses in Verbindung. Vielleicht<br />

stammt die Ritzzeichnung neben der linken Kaminkon-<br />

sole von den damaligen Bewohnern (Abb. 37).<br />

Auch der Turm dürfte in dieser Zeit mit mehr Kom-<br />

fort ausgestattet worden sein. Im vierten Geschoss wur-<br />

den neue Fenster aus Tuffstein versetzt: je ein einfaches<br />

Rechteckfenster (Plan 3.199) im Osten und Westen und<br />

ein Kreuzstockfenster (Plan 3.200) im Norden. Mit dem<br />

Einbau einer Täferstube wurde die Raumhöhe reduziert<br />

und die Isolation verbessert. Das Wandtäfer hinterliess<br />

beim Anpassen der Fenstergewände im frischen Mörtel<br />

den Abdruck der Holzmaserung.<br />

Unmittelbar unterhalb des Zinnenkranzes bilden die Ne-<br />

gative von 16 eng nebeneinanderliegenden, ins Mauer-<br />

werk verankerte Balken (Plan 2.51) eine horizontale<br />

Linie. Diese Balken trugen die oberste Plattform des<br />

Turms und waren durch einen Unterzug (Plan 3.51) zu-<br />

sätzlich verstärkt. Diese Verstärkung der obersten Decke<br />

könnte mit einer neuen Dachkonstruktion im Zusam-<br />

menhang stehen, deren Stuhl auf den Zinnen stand und<br />

an der Plattform verankert war.<br />

37 Philipp Kalbermatter / Gregor Zenhäusern, Ulrich Ruffiner –<br />

Leben und Werk. In: Klaus Aerni / Gaëtan Cassina et al., Ulrich<br />

Ruffiner von Prismell und Raron. Cahier de Vallesia 13 (2005) 75;<br />

Georg Carlen et al.: Kunsthistorisches Inventar der Stadt <strong>Leuk</strong>.<br />

Vallesia 30 (Sion 1975) 88.<br />

38 Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 116.<br />

39 Der Küchen-Annex wurde anlässlich des jüngsten Umbaus abgebro-<br />

chen zugunsten eines Aufzugs.<br />

40 Der bemalte Fensterrahmen und der Küchen-Annex wurden beim<br />

jüngsten Umbau abgebrochen zugunsten eines zusätzlichen Einganges.<br />

41 Ein Balken ergab die Jahreszahl 1515 (mit Waldkante, D93762), die<br />

beiden anderen 1472 und 1475 (letzter gemessener Jahrring ohne<br />

Splint noch Waldkante, D93683, D93763), vgl. Schmidhalter<br />

2004 (wie Anm. 8). Der gesamte Anbau wurde 2005 für den Einbau<br />

eines Liftschachtes abgebrochen.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

39


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

Datierungshinweise für die Umbauten im Palas-Annex<br />

und im Turm bestehen keine. Eine Datierung im 16. oder<br />

17. Jh. wäre denkbar. Mit ihnen erlangt die bischöf-<br />

liche Anlage das Aussehen, das wir von der Darstellung<br />

Merians kennen (Abb. 39).<br />

Das weitere Geschick der Burg<br />

Im späteren 17. Jh. und im Verlauf des 18. Jh. dürfte<br />

das Schloss mehr und mehr an Bedeutung verloren<br />

haben. Fürstbischof Joseph Anton Blatter (1790–<br />

1807) verkaufte das Schloss 1805 an den «Grand-Bailli»<br />

Augustini. 42 Doch auf den von James Pattison Cock-<br />

burn (1822) und Jean-B.-B. Sauvan (1829) edierten Dar-<br />

stellungen der Stadt <strong>Leuk</strong> ist das Schloss noch als statt-<br />

licher Bau zu erkennen (Abb. 40/41) 43 : Der Palas ist mit<br />

einem Treppengiebel dargestellt, der Turm noch mit<br />

einem Pyramidendach.<br />

Die Aufnahmepläne von 1913/1915 und die fotografi-<br />

sche Dokumentation von 1931 bekunden erstmals ein<br />

verstärktes Interesse an diesem Bau. 1934 erwarb die Ge-<br />

meinde das Schloss in stark verwüstetem Zustand und<br />

liess 1936 die eingestürzten Dächer und Geschossdecken<br />

demontieren. 44 1937/38 folgte die Unterschutzstellung<br />

der Anlage durch Bund und Kanton, verbunden mit um-<br />

fassenden Konsolidierungs- und Instandsetzungsmass-<br />

40 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

nahmen, die den Bau zwar vor dem Ruin retteten, aber<br />

auch massive Eingriffe zur Folge hatten. Die spätgoti-<br />

schen Täfer wurden entfernt, die Mauerkronen neu auf-<br />

gemauert und die schadhaften Hausteinelemente ersetzt<br />

und ergänzt (alle profilierten Fensterrahmen des Palas-<br />

Nordannexes sind in Zement verlegt, ebenso die Spitze<br />

des Kaminschlotes). Im Turm wurden neue Decken<br />

aus Beton eingezogen – ein Projekt von Ing. Alexandre<br />

Sarrasin (1895–1978) – und in der Westwand eine Ab-<br />

leitung für das Dachwasser eingemauert. Der Treppen-<br />

turm im Süden wurde höhergeführt und mit einer Spin-<br />

del aus Zement versehen. Brauchbare Balken wurden für<br />

die Instandsetzung der Böden im Palas wiederverwen-<br />

det. Dank der Dendrochronologie-Analyse wissen wir<br />

heute, dass die Bäume für diese Böden um 1460 gefällt<br />

wurden, vermutlich für die von Bischof Walter II. Super-<br />

saxo (ca. 1402–1482) um 1475 angeordnete Rekons-<br />

truktion des Schlosses. Diese Balken gehören heute zu<br />

den sehr wenigen Hölzern, die im alten Kontext erhalten<br />

werden konnten.<br />

40: Ansicht von <strong>Leuk</strong>, James<br />

Pattison Cockburn, 1822.<br />

Ein weiterer Eingriff in die Bausubstanz erfolgte 1952<br />

mit dem Einbau des Theatersaals, im Saalgeschoss des<br />

Palas. Im Zuschauerraum wurde die Bodenebene tiefer-<br />

gelegt, die seitliche Mauerabtreppung wandbündig zu-<br />

rückgespitzt und im Osten eine neue Türe geöffnet.


Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

1954/55 wurde zwischen Turm und Palas eine Kantine<br />

angebaut und durch eine neue Türe mit demErdgeschoss<br />

des Turms verbunden.<br />

2005–2008 war eine durchgreifende Erneuerung der<br />

Anlage im Gange. Das Projekt trägt die Handschrift von<br />

Architekt Mario Botta, die Ausführung oblag dem orts-<br />

ansässigen Architekturbüro Archpark AG. Mit Aus-<br />

nahme der neuen gläsernen Kuppel auf dem Turm treten<br />

die neuen Einbauten aussen kaum in Erscheinung. Die<br />

Fassaden wurden sorgfältig restauriert. Im Innern griff<br />

man hingegen stark in die Substanz ein. Das Ziel, die<br />

Burgruine einer neuen Funktion zuzuführen, die moder-<br />

nen Anforderungen genügt, hat Opfer gefordert. Sanitäre<br />

Einrichtungen, Lift, Fluchtwege, Heizung und Leitun-<br />

gen, Akustik sowie Sicherheitsmargen der Decken- und<br />

Dachkonstruktionen fordern einen hohen Tribut.<br />

Resumé<br />

Les recherches archéologiques centrées sur la construction du<br />

château épiscopal se sont étendues sur un longue période. En<br />

1986, la partie aval du mur de soutènement de la Turmmatte a<br />

été rénovée, en 1988/89 la cour du château a fait l’objet de recherches<br />

et le mur d’enceinte a été renforcé, en 2001 ont suivi<br />

les sondages dans les pièces intérieures, en 2005/06 les façades<br />

ont été restaurées et en 2007, une sortie de secours a été<br />

aménagée sur la Turmmatte, laquelle a permis la découverte<br />

d’une construction annexe. Ce secteur met en relation l’histoire<br />

complexe de l’architecture du Château de l’Evêché avec le<br />

contexte historique. La difficulté consistait à établir une corrélation<br />

entre les phases de construction et les différents éléments<br />

de l’édifice (donjon, palais, tours d’escalier et annexe), bien<br />

que souvent aucune intégration chronologique manifeste des<br />

phases de construction n’ait été possible.<br />

Les résultats les plus anciens observés dans l’enceinte du château,<br />

deux inhumations en terre, appartiennent au cimetière<br />

de la chapelle St-Peter, laquelle remonte au début du Moyenâge.<br />

La construction du siège épiscopal semble avoir débuté<br />

au 12 ème siècle avec l’édification de la tour. La résidence, une<br />

grande salle de deux étages, dotée d’un crénelé en étain, a probablement<br />

été construite au cours du 2 ème quart du 13 ème siècle,<br />

tout comme le mur d’enceinte qui entourait la tour, formant<br />

une cour au moins en partie bâtie: entre le palais et la tour, il y<br />

avait une aile de raccordement de plusieurs étages et à l’ouest<br />

de la tour une annexe dotée d’un foyer central.<br />

La détérioration de l’aménagement pendant les années 1291/96<br />

a abouti à une phase de rénovation, qui a conduit à une occupation<br />

encore plus dense de la cours. Autour de 1300 ou au<br />

début de 14 ème siècle, le palais a notamment été agrandi. Dans<br />

la nouvelle partie du bâtiment, une gigantesque cheminée a vu<br />

le jour, et dans l’ancienne partie du bâtiment, un «bifore roman»,<br />

une construction à deux éléments, laquelle domine encore<br />

aujourd’hui l’apparence des façades est et sud, a été greffé.<br />

Encore au 14 ème siècle, la construction du toit sur le palais et<br />

l’annexe contigüe a été remplacée par un pignon à redents uniforme.<br />

Sont caractéristiques de cette phase de construction le<br />

montagedevoûtes maçonnées dans le palais et la tour ainsi que<br />

le rapetissement des fenêtres de l’annexe du palais.<br />

Au début du 15 ème siècle, le château épiscopal a été pillé et incendié,<br />

tout comme les autres édifices de la région. Les bâtiments<br />

principaux ont néanmoins échappé à la destruction. Ils<br />

ont été remis en état autour de 1475 par l’Evêque Walter II<br />

Supersaxo. Foyers, poêles et un nouvel agencement en bois<br />

attestent de l’aménagement du château au cours de la première<br />

partie du 16 ème siècle, sous l’Evêque Adrian I von Riedmatten.<br />

Depuis la fin du 17 ème siècle, le château a perdu de l’importance.<br />

Il est passé en mains privées en 1805, pour finalement<br />

être racheté en 1934 par la commune. Depuis 2005 une réfection<br />

radicale est en cours. Le projet de la Fondation du<br />

Château de Loèche a été placé sous la houlette de l’architecte<br />

Mario Botta.<br />

Sandrine Wasem (Thun)<br />

Riassunto<br />

Le indagini archeologiche nel castello vescovile si sono protratte<br />

per un lungo periodo di tempo. Nel 1986 fu consolidato<br />

il muro di sostegno (lato valle) della zona prativa «Turmmatte»,<br />

mentre nel 1988/89 gli interventi di restauro hanno<br />

interessato gli interni del castello, la corte e la cinta muraria.<br />

A partire dal 2001 furono eseguiti alcuni sondaggi nel sottosuolo<br />

dei corpi di fabbrica, a cui nel 2005/6 seguì il restauro<br />

dellefacciate. Nel 2007, con l’apertura di un’uscita di sicurezza<br />

sulla «Turmmatte», vennero alla luce anche i resti di un edificio<br />

annesso.<br />

Questo articolo connette il complesso sviluppo architettonico<br />

del castello vescovile con il contesto storico. Le difficoltà maggiori<br />

si sono riscontrate nella correlazione delle varie fasi di costruzione<br />

dei singoli edifici (torre d’abitazione, palazzo, torri<br />

delle scale ed edifici annessi), e specialmente nei molti casi dove<br />

il collegamento cronologico non era evidente.<br />

I resti archeologici più antichi riscontrati sul sedime del<br />

castello, ovverosia due sepolture, appartengono al cimitero<br />

della cappella di San Pietro, risalente all’Alto Medioevo. La<br />

42 Blondel 1956 (wie Ann. 13) 33.<br />

43 Anton Gattlen, L’estampe topographique du Valais 1548–1850,<br />

no 816, Tafel VII).<br />

44 Renaud Bucher, Schloss <strong>Leuk</strong> oder ein Städtchen im Botta-Fieber.<br />

In: Gesicherte Ruine oder ruinierte Burg? Schweizer Beiträge zur<br />

Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 31 (Basel 2005)<br />

218–220; Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 117.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

41


Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />

costruzione della residenza vescovile risale probabilmente<br />

al XII secolo, periodo durante il quale cominciarono anche i<br />

lavori per la costruzione della torre. La residenza vera epropria,<br />

un edificio adue piani con una sala grande, coronato<br />

da una merlatura, risale probabilmente alla prima metà del<br />

XIII secolo. Allo stesso periodo appartiene anche il muro di<br />

cinta che racchiude la torre elacorte. Il palazzo elatorre<br />

erano riuniti da un corpo di fabbrica, mentre ad ovest della<br />

torre si ergeva un edificio annesso con focolare collocato in<br />

posizione centrale.<br />

Dopo il danneggiamento del castello negli anni 1291/96 furono<br />

intrapresi nuovi interventi edilizi, che portarono alla costruzione<br />

di vari edifici sull’area della corte. A ciò si aggiunse,<br />

intorno al 1300 o nei primi decenni del XIV secolo, un ampliamento<br />

del palazzo. La parte nuova del palazzo fu provvista<br />

di un’imponente camino, mentre nella parte più antica fu<br />

aggiunta una bifora «romanica». Questi due elementi architettonici<br />

caratterizzano ancora oggi la facciata orientale e meridionale.<br />

I frontoni a gradoni, che caratterizzano il palazzo<br />

e gli edifici annessi, andarono a sostituire nel XIV secolo una<br />

strutturadel tetto più antica. Caratteristici per questa fase sono<br />

l’inserimento di alcune volte in muratura nel palazzo e nella<br />

torre e la riduzione delle dimensioni delle finestre nell’edificio<br />

annesso al palazzo.<br />

Agli inizi del XV secolo il castello vescovile, analogamente agli<br />

altri castelli esistenti nella regione, fu saccheggiato e dato alle<br />

fiamme. Gli edifici principali, risparmiati dalle demolizioni, furono<br />

restaurati nel 1475 sotto il vescovo Walter II Supersaxo.<br />

I focolari, le stufe e anche l’arredamento ligneo risalgono invece<br />

alla fase di ampliamento che il castello subì nel XVI secolo<br />

sotto il vescovo Adriano I di Riedmatten. A partire dal<br />

XVII secolo il castello perse sempre più la sua funzione originale.<br />

Nel 1805 diventò proprietà privata, mentre nel 1934<br />

passò al comune. Dal 2005 si stanno susseguendo gli interventi<br />

di restauro. Il progetto della fondazione «Schloss <strong>Leuk</strong>» è firmato<br />

dall’architetto Mario Botta.<br />

Christian Saladin (Origlio/Basilea)<br />

Resumaziun<br />

Las perscrutaziuns archeologicas dal chastè episcopal èn s’extendidas<br />

sur ina lunga perioda da temp. Il 1986 è vegnì sanà<br />

il mir da sustegn da la «Turmmatte», la prada vers la val; ils<br />

onns 1988/89 è la restauraziun sa concentrada sin la part interna<br />

dal chastè, la curt ed il mir da tschinta. A partir dal<br />

2001 èn suandads intgins sondagis dal sutterren dals edifizis<br />

ed il 2005/06 èn vegnidas restauradas las fatschadas. L’avertura<br />

d’ina sortida d’urgenza sin la «Turmmatte» il 2007 ha era<br />

purtà a la glisch las restanzas d’in edifizi annex.<br />

Quest artitgel collia il svilup architectonic cumplex dal chastè<br />

episcopal cun il context istoric. Las difficultads principalas<br />

èn sa manifestadas en la correlaziun da las differentas fasas da<br />

construcziun dals singuls edifizis (tur d’abitar, palaz, turs da las<br />

stgalas ed edifizis annexs), surtut en ils blers cas nua ch’il colliament<br />

cronologic n’era betg evident.<br />

42 Mittelalter 15, 2010 /1<br />

Las restanzas archeologicas las pli veglias sin l’areal dal chastè,<br />

dus enterraments, fan part dal champ da fossas da la chaplutta<br />

da Son Pieder che datescha dal temp medieval tempriv. La construcziun<br />

da la sedia episcopala ha probablamain cumenzà en il<br />

12avel tschientaner cun l‘erecziun da la tur. La residenza sezza,<br />

in edifizi da dus plauns cun ina sala gronda curunada d’ina<br />

curnisch dentada, deriva probablamain da l’emprima mesadad<br />

dal 13avel tschientaner. Da la medema perioda è er il mir<br />

da tschinta che circumdava la tur e la curt. Il palaz e la tur eran<br />

colliads cun in tract da plirs plauns ed al vest da la tur sa chattava<br />

in edifizi annex cun ina fuaina en il center.<br />

Suenter ch‘il chastè è vegnì donnegià ils onns 1291/96, è suandada<br />

ina fasa da renovaziun che ha manà a la construcziun da<br />

numerus edifizis sin l’areal da la curt. Enturn l‘onn 1300 u a<br />

l’entschatta dal 14avel tschientaner è vegnì amplifitgà il palaz.<br />

La part nova dal palaz è vegnida equipada cun in chamin imposant,<br />

la part pli veglia ha survegnì ina bifora «romana».<br />

Quests dus elements architectonics caracteriseschan anc oz<br />

las fatschadas vers ost e vers sid. La construcziun da tetg sur<br />

il palaz e l’annexa vischina è vegnida remplazzada anc en il<br />

14avel tschientaner tras in culmar a stgala. Caracteristicas per<br />

questa fasa èn l‘integraziun d’intgins arvieuts da mir en il palaz<br />

ed en la tur e la reducziun da la grondezza da las fanestras en<br />

l’edifizi annex dal palaz.<br />

A l’entschatta dal 15avel tschientaner è il palaz episcopal vegnì<br />

sblundregià ed arsentà sco tut ils auters chastels da la regiun.<br />

Ils edifizis principals, preservads da la demoliziun, èn vegnids<br />

restaurads il 1475 sut l’uvestg Walter II Supersaxo. Las fuainas,<br />

las pignas ed era il furniment da lain renvieschan però ad<br />

ina fasa da renovaziun dal chastè en l’emprima part dal 16avel<br />

tschientaner sut l’uvestg Adrian I da Riedmatten. A partir dal<br />

17avel tschientaner ha il chastè pers pli e pli sia funcziun primara.<br />

Il 1805 è el daventà proprietad privata, il 1934 è el ì en<br />

possess da la vischnanca. Dapi il 2005 vegn il chastè sanà cumplettamain.<br />

Per il project da la fundaziun «Schloss <strong>Leuk</strong>» segna<br />

l’architect Mario Botta.<br />

Lia Rumantscha (Cuira/Chur)<br />

Abbildungsnachweis<br />

7, 19/20, 22, 27, 36: Bureau Lehner<br />

4, 14/15, 21, 24/25, 31, 33, 35: Thomas Andenmatten<br />

10, 34: Archiv der kantonalen Denkmalpflege<br />

1–3, 5/6, 8/9, 11–13, 16–18, 23, 26, 28–30, 32, 37/38 (Zeichnungen<br />

A. Henzen und M. de Morsier Moret): Bureau TERA Sàrl<br />

Plannachweis:<br />

Archäologische Grenzen und Interpretation: Bureau TERA Sàrl, Sion.<br />

Planreinzeichnung: Andreas Henzen und Marianne de Morsier Moret.<br />

Plangrundlage: ARCHÉOTECH SA, Epalinges.<br />

Adresse der Autorin<br />

Alessandra Antonini<br />

Chemin de la Crète 12<br />

1967 Bramois


Kurzmitteilungen<br />

Restauration des façades<br />

de l’aile romane du Château<br />

de Neuchâtel<br />

Elles ont fait peau neuve, elle revivent,<br />

elles sont belles, fières et majestueuses!<br />

Après quatre mois de travaux, les façades<br />

de l’aile romane du Château de<br />

Neuchâtel ont retrouvé leur aspect d’origine.<br />

Un état de dégradation très avancé<br />

des parements et des sculptures ayant été<br />

constaté ces dernières années, le Conseil<br />

d’Etat a accordé début 2009 un crédit de<br />

400 000 francs pour la restauration de<br />

ce monument d’intérêt national, voire<br />

international.<br />

Quelques mots d’histoire<br />

Neuchâtel est cité pour la première fois<br />

en 1011. C’est alors un château dont la<br />

grande salle, une « aula » royale bourguignonne<br />

des environs de l’an mil plusieurs<br />

fois remaniée, abrite aujourd’hui<br />

la Salledes Etats. Au milieu du 12 e siècle,<br />

le logis des nouveaux seigneurs de Neuchâtel<br />

et un porche d’entrée sont adossés<br />

à la façade sud de l’aula. Les façades<br />

richement sculptées de ce logis<br />

constituent le plus remarquable exemple<br />

d’architecture civile romane conservé en<br />

Suisse.<br />

Au milieu du 19 e siècle, l’archéologue<br />

Frédéric Dubois de Montperreux en découvre<br />

les vestiges masqués par le pres-<br />

Veranstaltungen<br />

Oberriet SG<br />

Museum Rothus und Heimatmuseum<br />

Montlingen<br />

«Faszination Archäologie»<br />

9. Mai–25. Juli 2010, jeweils jeden zweiten<br />

und vierten Sonntag<br />

soir du château, avant que ceux-ci ne<br />

soient restaurés en 1866/67 par le sculpteur<br />

Joseph-Antoine Custor. De nombreux<br />

fragments sculptés originaux alors<br />

prélevés sont aujourd’hui exposés au<br />

Laténium, musée cantonal d’archéologie<br />

à Hauterive. Diverses interventions<br />

auront lieu à la fin du 19 e et au début du<br />

20 e siècle.<br />

Mise en valeur du décor architectural<br />

roman<br />

Suite au constat d’un état de dégradation<br />

très avancé des parements et des sculptures<br />

ces dernières années, le Conseil<br />

14–18 Uhr oder nach Vereinbarung (071<br />

760 02 22)<br />

Vernissage 8. Mai 2010, 18 Uhr<br />

Vortrag der Kantonsarchäologin Dr. Regula<br />

Steinhauser-Zimmermann: «Archäologie<br />

im Kanton St. Gallen» im Museum<br />

Rothus<br />

Kurzmitteilungen<br />

d’Etat a accordé début 2009 au Service<br />

des bâtiments un crédit de 400 000<br />

francs pour la restauration de ce monument<br />

d’intérêt national, voire international,<br />

et pour la mise aux normes de sécurité<br />

du jardin du château.<br />

Les travaux de conservation, consolidation,<br />

restauration et présentation ont<br />

été réalisés par l’atelier de conservationrestauration<br />

Marc Stähli, à Auvernier.<br />

Pour sa part, l’Office de la protection des<br />

monuments et des sites a mené l’étude<br />

archéologique approfondie du bâtiment,<br />

ce qui a permis de mieux connaître son<br />

aspect original et d’aider aux choix de<br />

restauration et de mise en valeur.<br />

La restauration des façades est aujourd’hui<br />

achevée par la pose d’une peinture<br />

protectrice, qui met également en<br />

valeur, par une discrète polychromie,<br />

le décor architectural roman. Celle du<br />

porche, qui a particulièrement souffert<br />

de l’humidité et d’autres facteurs de dégradation,<br />

sera achevée au printemps<br />

2010, les températures basses de l’hiver<br />

ne permettant pas l’utilisation des produits<br />

de conservation nécessaires.<br />

(République et Canton de Neuchâtel,<br />

Chancellerie d’État – bureau de la communication,<br />

14 déc. 2009)<br />

Gibt es eigentlich nur «die eine Archäologie»?<br />

Was machen Archäologen? Diesen<br />

und weiteren Fragen geht die Ausstellung<br />

anhand von Beispielen aus dem<br />

Gebiet der politischen Gemeinde nach.<br />

Mittelalter 15, 2010/1<br />

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Veranstaltungen / Publikationen<br />

Frauenfeld TG<br />

Ankündigung Kolloquium SPM Oktober<br />

2010<br />

Obwohl Bayern einen riesigen Bestand<br />

an mittelalterlichen Burgen, Ruinen und<br />

Burgställen aufweist, wurde nur ein geringer<br />

Teil dieser Anlagen archäologisch<br />

untersucht. Besonders bezüglich der Genese<br />

der mittelalterlichen Adelsburg bestehen<br />

noch viele offene Fragen, auch<br />

wenn die Forschung in den letzten Jahren<br />

grosse Fortschritte bei deren Klärung<br />

erzielen konnte. Das Hauptinteresse galt<br />

vor allem wichtigen Dynastenburgen,<br />

die aber für die Masse der meist nur lokal<br />

bedeutenden Adelssitze nicht repräsentativ<br />

sind.<br />

Bei der Untersuchung des spätrömischen<br />

Kastells «Submuntorium» / Burghöfe bei<br />

Mertingen waren erste Einblicke in die<br />

Frühzeit des dortigen Burgstalls zu gewinnen,<br />

von dem ausser einigen Metallfunden<br />

des älteren und hohen Mittelalters<br />

kaum etwas bekannt war. Dies<br />

bot die Möglichkeit, die Entstehung und<br />

Entwicklung einer kleinen Adelsburg zu<br />

erforschen.<br />

Ziel dieser Arbeit ist die Vorlage der<br />

mittelalterlichen Befunde und Funde<br />

und deren Einbindung in einen lokalhistorischen<br />

Kontext. Bewusst wurde<br />

ein Schwerpunkt auf die typologischchronologische<br />

Einordnung des umfangreichen<br />

Fundmaterials gelegt, das in<br />

Zukunft einen wichtigen Referenzkomplex<br />

für Siedlungsfunde im nördlichen<br />

Publikationen<br />

NIKE-Bulletin 1-2/2010<br />

Thema der Europäischen Tage des<br />

Denkmals 2010: Am Lebensweg -<br />

Cycles de vie - I Cicli della vita<br />

Schwerpunkte:<br />

Kulturgut auf Schritt und Tritt. Gesprächsnotizen<br />

(aufgezeichnet von Boris<br />

44 Mittelalter 15, 2010/1<br />

Bayerisch-Schwaben mit einer zeitlichen<br />

Spannweite vom späten 7. bis in das 15.<br />

Jahrhundert darstellen dürfte.<br />

Von der Infotafel zur Museumsburg<br />

Burgenrekonstruktion und museale<br />

Präsentation von Geschichte<br />

10.–12. Juni 2010<br />

Museum Riedlingen, Wochenmarkt 3<br />

D-88499 Riedlingen<br />

Donnerstag, 10. Juni 2010<br />

09.00 Uhr Stefan Uhl, Warthausen:<br />

Die Bachritterburg in Kanzach (Arbeitstitel)<br />

10.00 Uhr Thomas Bitterli, Basel:<br />

Guédelon –Museumsbaustelle oder Testfeld<br />

für experimentelle Archäologie?<br />

11.00 Uhr Jens Friedhoff, Limbach:<br />

Burgenzauber – museale Präsentation<br />

von Burgen zwischen Romantik und<br />

Kommerz<br />

12.00 Uhr Hans-Heinrich Haeffner,<br />

Weissenburg: Burgenbau in der Freizeitgesellschaft<br />

13.30 Uhr Mittagessen<br />

ab 14.30 UhrHalbtagsexkursion zu Burgen<br />

der Umgebung<br />

Freitag, 11. Juni 2010<br />

10.00 Uhr Besichtigung der Bachritterburg<br />

in Kanzach, anschliessend Frei-<br />

Schibler); Walter Leimgruber: Feste –<br />

Rhythmus des Lebens; Estelle Fallet:<br />

Tempus fugit …; Boris Schibler: Schulhausbauten<br />

in der Schweiz; Ursula Karbacher:<br />

Ein Monument aus Spitze; Alex<br />

R. Furger: Beiseite geschafft. Römische<br />

Abfallentsorgung unter dem Theater von<br />

Augusta Raurica;<br />

lichtmuseum in Federsee und Heuneburg<br />

an der Donau. Führung durch<br />

Dr. Stefan Uhl.<br />

Samstag, 12. Juni 2010<br />

ab 09.30 Uhr Besichtigung der Waldburg,<br />

Stadtführung durch Ravensburg<br />

mit Stadtmauerrundgang und Humpis-<br />

Quartier (geplantes historisches Museum).<br />

Führung durch Dr. Stefan Uhl.<br />

Schriftliche oder telefonische Anmeldung<br />

an: Europäisches Burgeninstitut,<br />

Postfach 67, Philippsburg, D-56338<br />

Braubach, Tel. +49 (0)2627-97 41 56,<br />

Fax: +49 (0)2627-97 03 94, E-Mail:<br />

ebi.sekretariat@deutsche-burgen.org<br />

Teilnehmerzahl: mindestens 20, höchstens<br />

50 Personen. Bei geringerer Beteiligung<br />

kann das Seminar nur unter anderen<br />

Konditionen stattfinden.<br />

Teilnehmerpreis: h 150.– für Mitglieder<br />

der DBV, h 175.– für Nicht-Mitglieder.<br />

Der Preis enthält Seminarkosten,<br />

Exkursionskosten, Eintrittsgelder, Verpflegung<br />

während der Tagung (Pausen,<br />

Mittagessen). Zu den Mahlzeiten ist Mineralwasser<br />

im Preis inbegriffen, andere<br />

Getränke sind privat zu zahlen. Die Exkursionen<br />

sollten möglichst mit Privat-<br />

PKWs durchgeführt werden.<br />

Bitteüberweisen Sie den Teilnehmerpreis<br />

unter dem Stichwort «Burgenseminar<br />

Riedlingen» auf das Konto 202 508 200<br />

bei der Volksbank Rhein-Lahn eG (BLZ<br />

570 928 00).<br />

Laurence Marti: Le contrôle du passage<br />

à l’âge adulte. Sociétés, compagnies<br />

ou confréries de garçons; Guy Krneta:<br />

Möbel.<br />

Mitglieder des Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong>s<br />

können ein Exemplar unentgeltlich<br />

bei der Geschäftsstelle beziehen.


Matthias Untermann<br />

Handbuch der mittelalterlichen<br />

Architektur<br />

Theiss Verlag 2009 –400 Seiten mit ca.<br />

190 Abbildungen. 17×24 cm, gebunden,<br />

i 49.90<br />

ISBN 978-3-8062-2158-9<br />

Burgen, Pfalzen, Kirchen und Klöster<br />

Mittelalterliche Architektur ist aussergewöhnlich<br />

vielseitig und prägend für<br />

unser Kulturerbe. Kirchen und Klöster,<br />

Burgen und Rathäuser, städtische und<br />

dörfliche Bauwerke sind Zeugnisse einer<br />

bedeutenden Epoche, die uns heute zuweilen<br />

fremd ist. Welche Baustoffe verwendete<br />

man im Mittelalter? Welche<br />

Stile und Gebäudetypen gab es und wie<br />

entwickelten sie sich? Und vor allem: In<br />

welchem Zusammenhang stehen diese<br />

Entwicklungen mit dem Lauf der Geschichte?<br />

Mit seiner übersichtlichen und reich bebilderten<br />

Darstellung bietet Matthias<br />

Untermann ein praktisches und umfassendes<br />

Nachschlagewerk, einen Schatz<br />

für jeden Kunsthistoriker, Architekten,<br />

Denkmalpfleger oder allgemein an der<br />

Kunstgeschichte Interessierten. An erhaltenen<br />

Bauwerken mittelalterlicher<br />

Gebäude und einzigartigen Plänen und<br />

Skizzen zeigt er die Charakteristika der<br />

einzelnen Gebäudetypen auf und schildert<br />

eingängig die Entwicklung, die sie<br />

über die Jahrhunderte nahmen.<br />

Kunst- und Architekturliebhaber können<br />

sich freuen: Endlich gibt es das grosse<br />

Handbuch zur mittelalterlichen Baukunst.<br />

Bauaufgaben<br />

I. Der Kirchenbau<br />

Bautypen / Elemente des Kirchengebäudes<br />

/ Funktionen<br />

II. Kloster und Stift<br />

Funktionsräume / Struktur der Klosteranlagen<br />

III. Bauten der jüdischen Gemeinschaften<br />

Synagoge / Mikwe / Tanzhaus<br />

IV. Bauten weltlicher Herrschaft<br />

Bauten der Könige, Landesherren und<br />

Bischöfe / Landsässiger Adel und Dienst-<br />

adel / Räume adliger Repräsentation /<br />

Gebäude in Pfalz und Burg<br />

V. Stadt<br />

Städtebau / Bauten der Herrschaft / Bauten<br />

der Bürgerschaft / Privatbauten<br />

VI. Dorf<br />

Siedlungsstruktur / Plananlage von Dörfern<br />

/ Dörfliches Baurecht / Höfe der<br />

Grundherrschaft / Bauten der dörflichen<br />

Gemeinschaft / Adelshof – Klosterhof /<br />

Bauernhaus / Scheune 240 / Grubenhaus<br />

/ Mühle / Grangie<br />

Bauformen und Bautechnik<br />

I. Holzbau<br />

Holztransport und -bearbeitung / Massivholzbau<br />

/ Fachwerkbau / Dachwerk /<br />

Wände und Decken<br />

II. Steinbau<br />

Baumaterial / Baubetrieb und Baukonstruktion<br />

/ Stützensystem / Wandgliederung<br />

/ Türen und Fenster / Ausstattung /<br />

Gewölbe / Steinernes Dach<br />

III. Die Haut des Bauwerks<br />

Aussenwand / Dach / Innenwand / Fussboden<br />

/ Tür und Fenster / Decke<br />

Anhang<br />

Glossar / Literatur / Schlagwortverzeichnis<br />

/ Ortsregister / Abbildungsnachweis<br />

Arnold Esch<br />

Wahre Geschichten aus dem<br />

Mittelalter<br />

Kleine Schicksale selbst erzählt in Schreiben<br />

an den Papst<br />

C.H.Beck München 2010 –223 Seiten mit<br />

25 Abbildungen. Gebunden, CHF 39.90<br />

ISBN 978-3-406-60133-0<br />

Er habe beim Brand der Stadt, als der<br />

Feuersturm durch die Strassen fegte, einen<br />

alten Mann, der ihm aus den Flammen<br />

entgegenkam, in seinen Keller aufgenommen,<br />

dann aber selbst das Haus<br />

durch den Hintereingang verlassen und<br />

das Weite gesucht. So erzählt, das Gewissen<br />

belastet vom Erstickungstod jenes<br />

Alten, ein Priester eine traumatische<br />

Begebenheit seines Lebens. Und so<br />

berichten in diesem Buch viele andere,<br />

Publikationen<br />

die eigentlich nicht die geringste Chance<br />

hatten, in eine historische Quelle hineinzufinden.<br />

Hier aber kommen sie nicht<br />

nur vor, sie kommen sogar zu Wort –<br />

erzählen aus ihrem Leben, ja ganze Lebensgeschichten:<br />

wahre Kurzgeschichten<br />

aus dem späten Mittelalter.<br />

Arnold Esch hat aus Gesuchen an den<br />

Papst die Lebenswelten mittelalterlicher<br />

Menschen freigelegt:bittere Jugend, erste<br />

Liebe, Streit im Wirtshaus, Spiel und<br />

Unterhaltung, Mord und Totschlag, Erwartungen<br />

und Enttäuschungen, Schuldigwerden<br />

im Alltag und im Krieg. In<br />

seinen elegant erzählten Miniaturen<br />

wird das Mittelalter einmal aus allernächster<br />

Nähe mit den Augen der Betroffenen<br />

betrachtet und gerade dadurch<br />

ungewöhnlich anschaulich.<br />

Bruno Meier / Dominik Sauerländer<br />

Regensberg<br />

Geschichte von Burg, Stadt und Stiftung<br />

Schloss Regensberg<br />

Das Buch zur Ausstellung im Turm<br />

Schloss Regensberg<br />

Verlag hier+jetzt Baden 2009 – 112 Seiten,<br />

62 Abb. Broschiert, CHF 28.–<br />

ISBN 978-3-03919-132-1<br />

Hoch über dem Zürcher Unterland auf<br />

dem letzten Jura-Ausläufer thront das<br />

Städtchen Regensberg. Mit seinem charakteristischen<br />

runden Turm ist es ein<br />

beliebtes Ausflugsziel und ein bevorzugter<br />

Aussichtspunkt. Das 125-Jahr-Jubiläum<br />

der Stiftung Schloss Regensberg<br />

ist Anlass für eine kleine Geschichte des<br />

Städtchens.<br />

Regensberg ist eine Gründung der Freiherren<br />

von Regensberg aus der ersten<br />

Hälfte des 13. Jh. 1409 erwarb der Staat<br />

Zürich die Herrschaft Regensberg und<br />

machte das Städtchen zum Vogteisitz.<br />

Das Buch zeichnet das Entstehen der<br />

Stadt und ihre wechselvolle Geschichte<br />

unter Regensbergern, Habsburgern und<br />

Zürchern nach. Es schildert vor allem<br />

auch die pionierhafte Gründung der Anstalt<br />

für schwachsinnige Kinder im Jahr<br />

1883 durch die Gemeinnützige Gesellschaft<br />

des Kantons Zürich. Die Stiftung<br />

Schloss Regensberg mit Schule und Lehrbetrieben<br />

prägt bis heute das Städtchen,<br />

Mittelalter 15, 2010/1 45


Publikationen<br />

das sich zum bevorzugten Wohnort der<br />

Agglomeration Zürich entwickelt hat.<br />

Inhalt: Ein Überblick: Regensberg von<br />

1200 bis heute – Regensberg, Zentrum<br />

einer mittelalterlichen Dynastie – Burg<br />

und Stadt Regensberg im Mittelalter –<br />

Regensberg im Staat Zürich –Geschichte<br />

des Schlosses zwischen 1400 und 1800 –<br />

Alltag in Schloss und Stadt – Schloss und<br />

Stadt von 1800 bis heute – Die Stiftung<br />

Schloss Regensberg – Der Regensberger<br />

Turmhelm.<br />

Peter Niederhäuser (Hrsg.)<br />

Die Habsburger zwischen Aare<br />

und Bodensee<br />

Mit Beiträgen von Harald Derschka, Roland<br />

Gerber, Andre Gutmann, Manfred<br />

Hollegger, Rainer Hugener, Martina<br />

Huggel, Nathalie Kolb Beck, Bruno<br />

Meier, Claudia Moddelmog, Peter Niederhäuser,<br />

Alois Niederstätter, Christian<br />

Sieber, Werner Wild und Benedikt Zäch.<br />

Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft<br />

in Zürich, Band 77 / 2009.<br />

Er sei als Habsburger «ein geborener,<br />

guter Eidgenosse», verkündete Maximilian<br />

1507 in Konstanz und erinnerte so<br />

an die aargauischen Wurzeln der Habsburger<br />

und an die frühere Herrschaft<br />

auf dem Gebiet der heutigen Schweiz.<br />

Auch wenn seit dem Spätmittelalter die<br />

angeblich unversöhnlichen Gegensätze<br />

zwischen Habsburg und der Eidgenossenschaft<br />

betont wurden, machen das<br />

Herkommen und die ursprüngliche Bedeutung<br />

der Habsburger deutlich, dass<br />

auch sie Teil der Schweizer Geschichte<br />

sind.<br />

Unter dem Eindruck einer «nationalen»<br />

Geschichtsschreibung wurde Schweizer<br />

Geschichte jedoch lange vor allem<br />

aus der Innerschweizer Perspektive betrachtet.<br />

Erst die letzten Jahre brachten<br />

eine Hinterfragung der klassischen<br />

Geschichtsbilder und eine Verschiebung<br />

der Gewichtungen. In den Vordergrund<br />

rückte nicht zuletzt die habsburgische<br />

Vergangenheit. Statt den Schlachten<br />

galt – und gilt – das Interesse jetzt alltäglicheren<br />

Formen des Mit- und Gegeneinanders,<br />

die weit stärker von Kontinuität<br />

als von Abgrenzung geprägt waren und<br />

46 Mittelalter 15, 2010/1<br />

Fragen beispielsweise nach der Rolle<br />

des Adels und der kleineren Städte, nach<br />

den Strukturen der habsburgischen Landesherrschaft<br />

und Verwaltung oder nach<br />

der Macht der Erinnerung aufwerfen.<br />

Diese Sicht führt das vorliegende Buch<br />

fort, das in insgesamt vierzehn Beiträgen<br />

die habsburgische Herrschaft im Spannungsfeld<br />

von Archiv und Burgenbau,<br />

von Reisetätigkeit und Münzprägung,<br />

von Fürsten und ihrer Klientel oder von<br />

Klostergründungen und Grablegen thematisiert<br />

und so ein neues Bild der «habsburgischen»<br />

Vergangenheit der Schweiz<br />

zeichnet.<br />

Karin Schneider-Ferber<br />

Alles Mythos!<br />

20 populäre Irrtümer über das<br />

Mittelalter<br />

Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2009 –<br />

256 Seiten, 14,5×22 cm. Broschiert.<br />

ISBN 978-3-8062-2237-1<br />

Um kaum eine historische Epoche ranken<br />

sich derart viele und widersprüchliche<br />

Mythen wie um das Mittelalter.<br />

Es gilt als Inbegriff einer finsteren Zeit<br />

voll abergläubischer Intoleranz und<br />

grausamer Gewalt: verschwenderische<br />

Fürsten unterdrückten rücksichtslos das<br />

darbende Volk, an jeder Ecke standen<br />

Galgen, brannten Scheiterhaufen – und<br />

schon ein fauler Zahn konnte den Tod<br />

bedeuten. Gleichzeitig wird das Reich<br />

der Ritter oft auch als ein harmonisches<br />

Zeitalter verklärt, in dem wohlgeordnete<br />

soziale Verhältnisse herrschten und<br />

der Mensch im Einklang mit Gott und<br />

der Natur ein sinnerfülltes, einfaches Leben<br />

führte. Doch wo liegt die historische<br />

Wahrheit?<br />

Dieses Buch greift die häufigsten Irrtümer<br />

über das Mittelalter auf und zeigt<br />

unterhaltsam und kurzweilig anhand aktueller<br />

wissenschaftlicher Erkenntnisse,<br />

dass damals vieles anders war, als man es<br />

sich heute gemeinhin vorstellt.<br />

Inhalt:<br />

1. Irrtum: Das Mittelalter war finster,<br />

und die Menschen waren dumm und<br />

ungebildet; 2. Der mächtige Kaiser<br />

herrschte unumschränkt über das Abendland;<br />

3. König und Adel lebten in Saus<br />

und Braus, während das einfache Volk<br />

erbärmlich darbte; 4. Ritter waren edel<br />

und gut; 5. Im Mittelalter waren die<br />

Menschen wenig mobil und kamen aus<br />

ihrem Dorf nicht heraus; 6. Burgen waren<br />

uneinnehmbare Bollwerke; 7. Bürger<br />

einer Stadt waren im Mittelalter<br />

frei; 8. Im Mittelalter gab es noch keine<br />

Bürokratie; 9. Im Mittelalter gab es keine<br />

Globalisierung; 10. Das Mittelalter war<br />

wenig innovativ und technikfeindlich;<br />

11. Im Mittelalter herrschte pure Willkür<br />

und brutale Folter; 12. Im Mittelalter<br />

wurden Hexen verbrannt; 13. Im<br />

Mittelalter war die Frau ein rechtloses<br />

Anhängsel des Mannes; 14. Das Mittelalter<br />

war eine zutiefst religiöse Zeit;<br />

15. Kreuzzüge waren rein religiöse Unternehmungen<br />

und dienten nur der<br />

Verteidigung des Glaubens; 16. Im<br />

Mittelalter waren die Menschen sittenstreng;<br />

17. In den mittelalterlichen<br />

Klöstern herrschten skandalöse Missstände;<br />

18. Die Kirche war im Mittelalter<br />

ein rückwärtsgewandter Hort der<br />

Unterdrückung; 19. Im Mittelalter war<br />

die Umwelt noch sauber und die Menschen<br />

lebten im Einklang mit der Natur;<br />

20. Irrtum: Das Mittelalter ist vergangen<br />

und vorbei – viel Spass beim Lesen!<br />

Isabelle Cattedu<br />

L’archéologie médiévale en France :<br />

le premier Moyen-Age<br />

Collection : Archéologies de la France,<br />

Coédition La Découverte – Inrap, Paris<br />

2009 – 180 pages, pas d’illustrations,<br />

broché.<br />

ISBN 2707157120<br />

Le premier Moyen Age, période mal<br />

connue, sinon mal aimée, de l’histoire<br />

s’étend sur sept siècles, entre la fin de<br />

l’Empire romain, au V e s. de notre ère,<br />

et le Moyen Age classique au XII e s.<br />

Si les clichés ont largement fleuri sur<br />

la période, depuis les dévastations des<br />

«invasions barbares » jusqu’aux pittoresques<br />

«rois fainéants », c’est que longtemps<br />

nos connaissances n’ont reposé<br />

que sur des textes rares, sélectifs, voire<br />

partiaux. Mais depuis les années 1980,<br />

l’archéologie a entièrement renouvelé la<br />

connaissance de cette période en France,<br />

grâce tout particulièrement aux grandes


fouilles préventives, qui ont permis d’en<br />

étudiersur de vastes surfaces les paysages<br />

et les habitats.<br />

Joëlle Burnouf<br />

L’archéologie médiévale en France<br />

Le second Moyen-Age (XII e –XVI e<br />

siècle)<br />

Collection : Archéologies de la France,<br />

Coédition La Découverte – Inrap, Paris<br />

2008, 180 pages, pas d’illustrations,<br />

broché, h 22.–.<br />

ISBN 2707153230<br />

Dans l’histoire de l’Occident, le Moyen<br />

Age est un «seuil d’irréversibilité» aussi<br />

déterminant que la révolution industrielle.<br />

L’émergence des villes, la création<br />

des agglomérations rurales, la mise au<br />

point du moulin hydraulique et du hautfourneau,<br />

les prémisses de l’industrie, le<br />

forçage des milieux naturels, la création<br />

des paysages modernes: autant de mutations<br />

qui vont façonner la période mo-<br />

Vereinsmitteilungen<br />

Exkursion<br />

Stift und Flecken Beromünster<br />

Samstag, 8. Mai 2010<br />

10.00–16.45 Uhr<br />

Anreise:<br />

8.04 Zürich ab, via Luzern<br />

9.44 Ankunft Bus von Luzern<br />

8.00 Bern ab via Sursee<br />

8.15 Basel ab via Sursee<br />

8.30 Zürich ab, via Olten und Sursee<br />

(2 × umsteigen)<br />

9.58 Ankunft Bus von Sursee<br />

Treffpunkt:<br />

10.00 Uhr Post Beromünster<br />

Programm:<br />

10.15 Uhr Besichtigung Stift mit Kirche,<br />

Stiftsschatz und Stiftsbezirk<br />

derne et dont la France contemporaine<br />

est l’héritière. En s’appuyant, depuis les<br />

années 1980, sur les données de l’archéologie<br />

préventive, les sciences de la Terre et<br />

de nouvelles méthodes de datation, l’archéologie<br />

médiévale révèle les évolutions<br />

du climat et de l’environnement, les relations<br />

de l’homme à son milieu, le déplacement<br />

desactivités lié àl’épuisement des<br />

ressources naturelles, la gestion de l’eau<br />

et des fleuves, les techniques agraires<br />

et artisanales, l’alimentation, l’état sanitaire<br />

des populations, les pratiques funéraires...<br />

Joëlle Burnouf fait la synthèse<br />

des recherches archéologiques qui renouvellent<br />

en profondeur la connaissance de<br />

cette période, de ses innovations remarquables<br />

comme de ses héritages protohistoriques<br />

et antiques. Elle fait apparaître<br />

un «autre Moyen Age», très différent de<br />

la vision historique exclusivement fondée<br />

sur les sources écrites et les monuments<br />

encore conservés, ce qui éclaire<br />

notamment la réflexion contemporaine<br />

sur l’environnement et l’aménagement<br />

du territoire.<br />

12.30 Uhr Gemeinsames Mittagessen<br />

Rest. Hirschen, Hirschenplatz 1, Beromünster<br />

14.30 Uhr Rundgang durch den Flecken<br />

Beromünster<br />

Exkursionsende:<br />

ca. 16.45 Uhr<br />

Rückreisemöglichkeiten:<br />

16.59 Bus nach Sursee (für Bern, Basel<br />

und Zürich)<br />

17.15 Bus nach Luzern (für Zürich)<br />

Kosten:<br />

Fr. 75.–<br />

Anmeldung und weitere Auskünfte:<br />

Bis Freitag, 30. April 2010, mit beiliegendem<br />

Anmeldetalon an die Geschäftsstelle<br />

des Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong>s,<br />

Blochmonterstr. 22, CH-4054 Basel.<br />

Publikationen / Vereinsmitteilungen<br />

Joëlle Burnouf est professeure d’archéologie<br />

médiévale à l’Université de Paris I<br />

Panthéon-Sorbonne. Archéologue, elle a<br />

dirigé à Lyon, de 1984 à 1988, l’un des<br />

premiers grands chantiers d’archéologie<br />

préventive conduits en France, en préalable<br />

à la construction du métro, avant<br />

de prendre la direction des Antiquités<br />

historiques et préhistoriques de Lorraine.<br />

Présidente de la Société d’archéologie<br />

médiévale de 1990 à 1999, elle est<br />

aujourd’hui responsable de l’équipe d’archéologie<br />

environnementale du CNRS.<br />

Sommaire :<br />

Des milieux et des hommes: un millénaire<br />

de contrastes – Les dynamiques de<br />

l’espace rural – L’invention de la ville –<br />

Les héritages: entre patrimoine et aménagement<br />

du territoire – Le pouvoir et le<br />

sacré: retrouver les idéologies – La «révolution<br />

industrielle » du second Moyen<br />

Age – Les manières de vivre.<br />

www.editionsladecouverte.fr<br />

Das Chorherrenstift Beromünster wurde<br />

wohl im 10. Jh. durch einen Grafen namens<br />

Bero als Grablege der Aargauer<br />

und später Lenzburger Grafen gegründet<br />

und ist von einer lockeren Gruppe<br />

der Stiftsbauten des 16.–18. Jh. umgeben.<br />

Die Stiftskirche St. Michael wurde<br />

um 1030 als Säulenbasilika erbaut,<br />

Ende 17. Jh. und 1773–75 barockisiert.<br />

Der Turm stammt aus dem 13. Jh. Die<br />

ursprünglich frühromanische Anlage<br />

ist noch am Aussenbau erkennbar, die<br />

Krypta ist eine Sonderform des Stollentyps.<br />

Der Kirchenschatz zählt zu den<br />

reichhaltigsten in der Schweiz.<br />

Der Gasthof Hirschen ist das ehem. Amtshaus<br />

des Stiftes, erb. 1536. Das Schlössli<br />

ist ein ehem. Wohnturm des 14. Jh. In der<br />

hier eingerichteten Druckerei von Helias<br />

Helie entstand um 1470 der älteste<br />

datierte Schweizer Druck; heute ist im<br />

Schlössliein Heimatmuseum eingerichtet.<br />

Mittelalter 15, 2010/1 47


Vereinsmitteilungen<br />

Exkursion<br />

Klosterruine Mariazell auf dem Beerenberg<br />

und Burgruine Alt-Wülflingen bei<br />

Winterthur<br />

Samstag, 29. Mai 2010<br />

13.15–gegen 17 Uhr<br />

Anreise:<br />

13.06 Uhr ab Winterthur HB (S 41)<br />

Treffpunkt:<br />

13.15 Uhr Bahnhof Winterthur-Wülflingen<br />

Gutes Schuhwerk, Regenschutz.<br />

Reine Wanderzeit ca. 1,5 Std.<br />

Die Wanderung ab dem Bahnhof Winterthur-Wülflingen<br />

führt hinauf auf den<br />

Beerenberg zu der in einer Waldlichtung<br />

gelegene Ruine des Klosters Mariazell.<br />

Die 1318 als Einsiedelei gegründete<br />

Anlage wurde in der 2. Hälfte des<br />

14. Jh. zum Kloster ausgebaut. Im Zuge<br />

der Reformation wurde das Kloster aufgehoben.<br />

Die Gebäude wurden indes<br />

erst 1543 endgültig aufgelassen und dem<br />

Zerfall preisgegeben. Heute sind die Ruinen<br />

der bei Ausgrabungen 1970–1972<br />

freigelegten und 2009 neu konservierten<br />

nnn des Klosters Mariazell sichtbar. Im<br />

Rahmen eines Publikationsprojekts der<br />

Kantonsarchäologie werden derzeit die<br />

Ausgrabungen und schriftliche Quellen<br />

zum Kloster neu ausgewertet. Projektbearbeiter<br />

werden uns durch die Ruine<br />

führen und über neue Erkenntnisse berichten.<br />

48 Mittelalter 15, 2010/1<br />

Im zweiten Teil führt die Wanderung zur<br />

Burgruine Alt-Wülflingen, von der sich<br />

namentlich der Turm aus der Zeit um<br />

1200 /1. Hälfte 13. Jh. (Foto) und Befestigungswerke<br />

erhalten haben.<br />

Führung:<br />

lic. phil. Annamaria Matter, lic. phil.<br />

Christian Sieber,<br />

Dr. Renata Windler, Zürich/Winterthur<br />

Kosten: unentgeltlich<br />

Anmeldung: keine erforderlich<br />

Exkursion Burgruine Tschanüff<br />

(Unterengadin)<br />

Samstag, 12. Juni 2010<br />

12.45–ca. 16.30 Uhr<br />

Anreise:<br />

08.33 Basel ab<br />

09.37 Zürich ab<br />

via Landquart/Scuol (Bus)<br />

12.44 Ramosch an<br />

Treffpunkt:<br />

12.45 vor Hotel Posta, 7556 Ramosch<br />

Ab April bis etwa August dieses Jahres<br />

läuft die zweite Konservierungsetappe<br />

auf Tschanüff, durchgeführt von der<br />

Fundaziun Tschanüff mit der wesentlichen<br />

Hilfe der Maurerlehrlinge des<br />

Graubündnerischen Baumeisterverbandes.<br />

Die Ergebnisse der baubegleitenden<br />

Untersuchung der ersten Etappe machen<br />

es nötig, wie mehrfach bei Burgenkonservierungen<br />

der letzten Jahre in Grau-<br />

bünden, die bisher gültige Baugeschichte<br />

umzuschreiben. Man wusste, dass die<br />

bauliche Entwicklung dieser grössten<br />

und imposantesten Burgruine im Engadin<br />

lag und verwickelt ist; jetzt zeigte es<br />

sich, dass sie bis ins 10. Jh. zurückreicht,<br />

weiter als je gedacht, weit vor die so genannte<br />

«Burgenzeit».<br />

Die Begehung der Gerüste am über 20 m<br />

hohen Wehrturm erfordert Trittsicherheit<br />

und bietet eine einzigartige Übersicht<br />

über die Burganlage mit Einblick in<br />

ihre Baugeschichte. Auch wer nicht weiter<br />

gehen möchte als über den komfortablen<br />

Weg bis zur Burg, hat alle wichtigen<br />

baulichen Einzelheiten im Auge und<br />

geniesst den beherrschenden Blick.<br />

Führung:<br />

Dr. Lukas Högl, Dr. Jürg Goll<br />

Rückreise:<br />

17.14 Ramosch (Bus) ab<br />

via Scuol/Landquart<br />

20.34 Zürich an<br />

21.27 Basel an<br />

Kosten: 25.– (Führung)<br />

Anmeldung:<br />

Bis Freitag, 4. Juni 2010 mit beiliegendem<br />

Anmeldetalon an die Geschäftsstelle<br />

des Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong>s,<br />

Blochmonterstr. 22, CH-4054 Basel.

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