Leuk, Bischofsschloss - Schweizerischer Burgenverein
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<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> –<br />
Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
von Alessandra Antonini<br />
Einführung<br />
Die bauarchäologische Erforschung des bischöflichen<br />
Schlosses hat sich über eine lange Zeitspanne erstreckt.<br />
So wurden die Daten, welche dieser Analyse zugrunde<br />
liegen, anlässlich mehrerer Kampagnen zusammenge-<br />
tragen: zunächst durch das Bureau Hans-Jörg Lehner<br />
(Sion), dann durch das Bureau TERA Sàrl (Sion). Erste<br />
Beobachtungen betrafen die talseitige Stützmauer der<br />
Turmmatte, die im Jahr 1986 saniert wurde (Abb. 1). 1<br />
Nach der grossflächigen Entfernung des Zementputzes<br />
konnte 1988/89 das Innere der Burganlage archäolo-<br />
gisch untersucht werden. Damals wurden auch die Ring-<br />
mauern gesichert und neu verputzt 2 , sowie Hof und<br />
Palas-Annex umfassend ausgegraben. 3 2001 folgten<br />
punktuelle Bodensondierungen im Palas und Turm, um<br />
Fragen betreffend des Baugrundes zu klären. 4 In den Jah-<br />
ren 2005/06 konnte die Restaurierung der Fassaden von<br />
Turm und Palas archäologisch begleitet werden, wobei<br />
wesentliche neue Erkenntnisse zur Entwicklungdes Palas<br />
zum Vorschein kamen. 2007 folgte die vorerst letzte<br />
Etappe der Bauforschung. Der Aushub für einen direk-<br />
ten Kellerzugang im Bereich der Turmmatte führte zur<br />
1: Situationsplan mit dem<br />
<strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>, der<br />
Kapelle St. Peter und dem<br />
Rathaus. Die Phasen beziehen<br />
sich auf die 2006 ergrabenen<br />
Befunde auf dem Rathausplatz<br />
und der Turmmatte.<br />
Phase 1<br />
Phase 3<br />
Phase 4<br />
Phase 5<br />
Phase 6<br />
Phase indéterminée<br />
BISCHOFSSCHLOSS<br />
TURM<br />
PALAS<br />
Entdeckung eines weiteren Annexbaus, der sich an den<br />
Palas anlehnte. 5<br />
Im Verlauf all dieser Untersuchungsetappen wurden<br />
zahlreiche Detailbeobachtungen zusammengetragen, die<br />
es nun zu verknüpfen galt. Die Schwierigkeit dieser<br />
Auswertung bestand darin, Querbezüge zwischen den<br />
einzelnen Aussagen zu schaffen, und die verschiede-<br />
nen Bauphasen der einzelnen Baukörper (Turm, Palas,<br />
Treppentürme und Annexe) miteinander zu korrelieren.<br />
Häufig war keine eindeutige chronologische Einbindung<br />
der Bauphasen möglich. Der für eine bestimmte Epoche<br />
1 Hans-Jörg Lehner, <strong>Leuk</strong>-Stadt Stützmauer der «Turmmatte» zwischen<br />
<strong>Bischofsschloss</strong> und Rathaus. Archäologischer Augenschein.<br />
Juni 1986. Bericht zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />
2 Die Arbeiten wurden durch Lehrlinge der Gewerbeschule Sursee ausgeführt,<br />
die hier ein Ausbildungslager besuchten.<br />
3 Hans-Jörg Lehner, <strong>Leuk</strong>-Stadt bischöfliches Schloss. Die Bauanalyse<br />
der Jahre 1988/89, August 1989. Bericht zuhanden der kantonalen<br />
Denkmalpflege.<br />
4 Alessandra Antonini (TERA Sàrl), Bodensondierungen im Palas<br />
und Donjon (Dezember 2001), März 2002. Zwischenbericht zuhanden<br />
der kantonalen Denkmalpflege.<br />
5 Alessandra Antonini / Jean-Christophe Moret, <strong>Leuk</strong> Stadt –<br />
Investigations sous la place du Rathaus et sous la Turmmatte, Rapport<br />
de janvier 2008. Bericht zuhanden der kantonalen Archäologie.<br />
KAPELLE<br />
TURMMATTE<br />
PLATZ<br />
RATHAUS<br />
0 10m<br />
Mittelalter 15, 2010/1 1<br />
N<br />
TERA 2007
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
rekonstruierte Bauzustand widerspiegelt deshalb eine<br />
Hypothese. In diesem Bericht geht es uns darum, die<br />
komplexe Baugeschichte des <strong>Bischofsschloss</strong>es plausi-<br />
bel darzustellen und sie mit dem historischen Kontext<br />
zu verbinden.<br />
Die Datierung der Bauphasen stützt sich auf die dendro-<br />
chronologische Analyse der im Mauerwerk veranker-<br />
ten Hölzer. 1989 lieferte das Dendrolabor Egger (Ins)<br />
erste Ergebnisse. 6 2003 wurde das Dendrolabor Wallis<br />
mit der Untersuchung der im Palas freigelegten Decken<br />
beauftragt. 7 Neue Resultate brachte auch die anschlies-<br />
sende Neuauswertung der Messkurven aus dem Jahre<br />
1989. 8<br />
Die grafische Dokumentation hat – wie der Bauunter-<br />
such – eine lange Vorgeschichte. In den Jahren 1913–<br />
1915 erstellten die Architekten Gillard et Godet und<br />
J. H. Bischoff (Lausanne) detailgetreue Aufnahmepläne,<br />
sowie eine fotografische Dokumentation. Sie erleich-<br />
tern die Lokalisierung der in den 30er Jahren durch-<br />
geführten Eingriffe und vermitteln einen Eindruck über<br />
das Aussehen, der damals abgebrochenen spätgotischen<br />
Inneneinrichtung. Im Hinblick auf die bevorstehenden<br />
Untersuchungen erhielt 1987 das Bureau Archéotech<br />
(Lausanne/Epalinges), den Auftrag für neue Planaufnah-<br />
men (Grundrisse, Schnitte und Aufrisse), die als Grund-<br />
lage für die Erfassung der archäologischen Beobachtun-<br />
gen dienten.<br />
Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Dienststelle für<br />
Hochbau, Denkmalpflege und Archäologie für ihre Un-<br />
terstützung bedanken, insbesondere bei Renaud Bucher<br />
und Norbert Jungsten von der Denkmalpflege und bei<br />
François Wiblé von der Archäologie. Ein besonderer<br />
Dank geht auch an die Stiftung Schloss <strong>Leuk</strong>, welche<br />
die Untersuchungen im Gelände und deren Auswer-<br />
tung mitfinanziert haben, sowie an das Architekturbüro<br />
Berto Hänni (<strong>Leuk</strong>), das die Einsätze koordinierte. Ein<br />
herzlicher Dank geht auch an die Mitarbeiter des Bu-<br />
reau TERA Sàrl (Sion) für ihre Hilfe bei der Erstellung<br />
der Abbildungen und der Redaktion des Textes. Thomas<br />
Andenmatten verdanken wir die professionellen Foto-<br />
2 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
aufnahmen und Georges Descœudres wertvolle An-<br />
regungen zum Manuskript.<br />
Zusammenfassung der Bauentwicklung<br />
Die ältesten Befunde, die im Burgareal anlässlich der<br />
Ausgrabungen zum Vorschein kamen, waren zwei ein-<br />
fache, beigabenlose Erdbestattungen. Sie dürften zum<br />
Gräberfeld gehört haben, das sich seit dem Frühmittelal-<br />
ter im Umkreis der Kapelle St. Peter ausdehnte (Abb. 1).<br />
Das damalige Gehniveau war nicht mehr erhalten. Es<br />
ist denkbar, dass weitere Bestattungen sowie Reste einer<br />
möglichen Umfriedung des Gräberareals abgetragen<br />
wurden, als bei den späteren Bauarbeiten für die Burg-<br />
anlage das Gelände geebnet wurde.<br />
Der Bau des komplexen bischöflichen Sitzes begann<br />
mit der Errichtung des mächtigen Turms. Er bildet den<br />
Kern der Anlage und dürfte im 12. Jh. entstanden sein<br />
(Abb. 2.I; 3.I). Nur die talseitige Mauer steht allerdings<br />
noch aus dieser Zeit; die drei übrigen Seiten wurden im<br />
letzten Viertel des 15. Jh. von Grund auf neu errichtet<br />
(Plan 1.F). Die eigentliche Residenz, ein zweigeschos-<br />
siger mit Zinnen bekrönter Saalbau (Palas) südlich des<br />
Turms ist jünger. Sie entstand vermutlich im 2. Viertel<br />
des 13. Jh. zusammen mit der Ringmauer, die den be-<br />
reits existierenden Turm in die Anlage einbezog und<br />
ihn mit einem befestigten Hof umgab (Abb. 2.II; 3.II).<br />
Dieser «Hof» war von Anfang an zumindest teilweise<br />
überbaut. Zwischen Palas und Turm bestand ein unter-<br />
kellerter, zweigeschossiger Baukörper, der als Verbin-<br />
dungstrakt diente. Von hier aus gelangte man nicht nur<br />
in den Palas und in den Turm sowie auf den Wehrgang<br />
der Ringmauer, sondern auch in einen Annexbau, der<br />
westlich des Turms die südliche Zwickelfläche des Hofes<br />
einnahm. Eine ebenerdig angelegte Feuerstelle mit Dreh-<br />
balkenkonstruktion und der Gehhorizont aus gestampf-<br />
ter Erde weisen am ehesten auf die Funktion als Ökono-<br />
miegebäude hin (Abb. 6).<br />
Die urkundlich belegte Beschädigung der Anlage in den<br />
Jahren 1291/96 dürfte eine Erneuerungsphase ausgelöst<br />
haben, welche eine Verdichtung der Anlage zur Folge
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
hatte. Um 1300 oder im frühen 14. Jh. wurde der Ver-<br />
bindungstrakt zwischen Turm und Palas durch einen<br />
grösseren Baukörper ersetzt, dessen Ostfassade nun<br />
auf der alten Ringmauer stand (Plan 1.D; 2.III; 3.III).<br />
Dieser Neubau schloss mit einem Treppengiebel an<br />
den älteren Palas an. Grosse Fenster und eine aus der<br />
Mauerflucht vorkragende Kaminanlage aus Tuffstein-<br />
quadern verliehen der neuen Ostfassade ein herrschaft-<br />
liches Aussehen. Auch die Eingangsfassade im Norden<br />
war mit einem für unsere Region unüblichen Reichtum<br />
an architektonischen Zierelementen ausgestattet. Das<br />
Erdgeschoss besass drei ungleiche Öffnungen, welche die<br />
Mauer als Arkade erscheinen lassen (Abb. 4).<br />
Eine Überbauung des Hofes lässt sich auch am Fuss<br />
der Turm-Nordfassade nachweisen (Abb. 6.58). Hier<br />
entstand ein unterkellerter ein- oder mehrgeschossiger<br />
Annex, der vermutlich mit einem Pultdach gedeckt war.<br />
Zudem lassen sich erste Veränderungen im Bereich des<br />
Palas beobachten. Eine neue Raumeinteilung des Saalge-<br />
schosses bedingte im Keller den Einzug einer gemauerten<br />
Säule, und auf der Südfassade öffnete man die romanisch<br />
anmutende Bifore. Dieses auffallende Fenster könnte mit<br />
der Einrichtung einer Privatkapelle in der südwestlichen<br />
Gebäudeecke im Zusammenhang stehen. Denkbar ist,<br />
dass in dieser Zeit des Ausbaus auch das Gebäude ent-<br />
stand, dassich, ausserhalb des Berings, an die Ostfassade<br />
des Palas anlehnte. Wann diese Um- und Anbauten im<br />
Einzelnen erfolgten, ist nicht mehr erkennbar.<br />
Noch im 14. Jh. musste die Anlage saniert werden.<br />
Die schadensanfällige Dachkonstruktion über Palas und<br />
angrenzendem Annex wurde durch ein einheitliches<br />
Pultdach mit durchlaufenden Treppengiebeln ersetzt<br />
(Abb. 3.IV; Plan 3.E; 4.E). Im Innern des Palas wurde<br />
über dem Saalgeschoss die Decke gesenkt und ihre Un-<br />
tersicht mit einer Stuckschicht verkleidet. Neue Boden-<br />
höhe und Dachkonstruktion erlaubten nun die Nutzung<br />
des Dachgeschosses: In der Westfassade wurden Fens-<br />
ter ausgebrochen. Eine Veränderung ist auch im Palas-<br />
Annex feststellbar. In dieser Zeit vermutlich wurden hier<br />
die Fenster verkleinert und mit profilierten Tuffsteinrah-<br />
men versehen (Abb. 5). 9<br />
Veränderung lassen sich 19 im Turm feststellen. Im drit-<br />
ten und vierten Geschoss wurden gemauerte Decken ein-<br />
gezogen. Die Spuren an der Turm-Südwand erlauben<br />
die Rekonstruktion von je einem neunteiligen Kreuzge-<br />
wölbe, das auf Wandpfeilern und vier freistehenden Stüt-<br />
zen ruhte. Gleichzeitig dürfte der Treppenturm entlang<br />
der Turm-Südfassade höher geführt worden sein, da mit<br />
dem Einzug der Gewölbe eine interne Erschliessung der<br />
Geschosse nicht mehr möglich war (Abb. 3.V).<br />
Im frühen 15. Jh. erlitt das bischöfliche Schloss das glei-<br />
che Los wie die übrigen Burgen der Region: Es wurde ge-<br />
plündert und in Brand gesetzt. Auf diese Verwüstung von<br />
1415 lassen sich vermutlich die Feuerspuren in den Ge-<br />
bäuden westlich und nördlich des Turms zurückführen.<br />
Diese Räume wurden nach dem Brand abgebrochen und<br />
nicht mehr ersetzt. Nördlich des Turms entstanden spä-<br />
ter in mehreren Bauetappen Mauerfundamente, die auf<br />
eine Unterteilung des Hofes und auf gangartige Unter-<br />
stände, vielleicht Stallungen, schliessen lassen.<br />
Die Hauptgebäude entgingen indes dem Abbruch. Die<br />
Burg behielt nach den Unruhen ihre Bedeutung als Ver-<br />
waltungszentrum bei und wurde instand gesetzt. Unter<br />
Bischof Walter II. Supersaxo ist 1475 von einer Erneue-<br />
rung des Turms und der angrenzenden Wohnung die<br />
Rede. Tatsächlich lässt sich für diese Zeit dank der Den-<br />
drochronologie-Datierung der Hölzer eine durchgrei-<br />
fende Sanierung der Anlage belegen: Der Turm wurde<br />
auf drei Seiten neu aufgeführt, während im Palas und im<br />
angrenzenden Annex die Decken ersetzt, die Dachkon-<br />
struktion mitsamt der Treppengiebel höher verlegt und<br />
die Räume neu gegliedert wurden (Plan 1.F; Abb. 3.VI).<br />
6 Dendrolabor Heinz und Karin Egger, <strong>Leuk</strong>-Stadt bischöfliches<br />
Schloss, März 1989. Bericht zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />
7 Martin Schmidhalter, VS/<strong>Leuk</strong> <strong>Bischofsschloss</strong>, Labornummern<br />
93453–93468, September 2003. Dendrochronologischer Untersuchungsbericht<br />
zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />
8 Martin Schmidhalter, VS/<strong>Leuk</strong> <strong>Bischofsschloss</strong>, Labornummern<br />
93666–93691, 93750–93768 Oktober 2004. Dendrochronologischer<br />
Untersuchungsbericht zuhanden der kantonalen Denkmalpflege.<br />
9 Die heute sichtbaren Tuffsteinrahmen wurden im 20. Jh. ersetzt<br />
(oder zumindest neu verlegt) und ergänzt.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
3
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
4 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
I<br />
III<br />
VI<br />
II<br />
IV + V<br />
VII<br />
N<br />
0m 5m 10m<br />
2: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Phasenfolge des Grundrisses (Schnittebene auf Höhe Erd- bzw. Saalgeschoss).<br />
TERA 2008
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
I<br />
III<br />
V VI<br />
Dessin:<br />
3: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Phasenfolge in einer dreidimensionalen, schematischen Rekonstruktion. Ansicht von Südosten.<br />
II<br />
IV<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
Bureau TERA 2008<br />
5
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
4: Palas-Annex, Nordfassade.<br />
Zu einer jüngeren Bauphase gehört der Feuerraum<br />
(Küche), der im kleinen Innenhof auf einem zwischen<br />
dem älteren Treppenturm und dem Palas gespannten<br />
Gewölbe errichtet wurde (Plan 1.G; Abb. 2.VII; 7). Von<br />
diesem Feuerraum aus konnte man einen Ofen im Ober-<br />
geschoss des Palas einfeuern. Der kleine, mit einem pro-<br />
filierten Tuffsteinfenster zum Innenhof offene Raum<br />
entstand durch die Verbreiterung einer gemauerten Trep-<br />
penkonstruktion. Die Datierung des Annexes ins frühe<br />
16. Jh. beruht auf der Dendroanalyse des Trächens, dem<br />
breiten Rauchfang über der Feuerstelle, dessen hölzerner<br />
Rahmen aus der Zeit nach 1515 stammt.<br />
Eine Erneuerung der Anlage in der ersten Hälfte des<br />
16. Jh. ist nicht nur durch den Einbau des Feuerraums<br />
belegt. In dieser Zeit wurde auch der Palas verändert.<br />
Rückschlüsse auf die spätgotische Ausstattung erlau-<br />
ben die Aufnahmen von 1913 bis 1915. Demnach be-<br />
stand damals im Saalgeschoss ein grosser Versamm-<br />
lungsraum, dessen Decke auf zwei Mittelstützen ruhte,<br />
6 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
5: Palas-Annex, Nordfassade. Detail der Fenster des ersten<br />
Geschosses. Das mit einem Rundstabprofil gerahmte Fenster<br />
verdeckt ein älteres, grösseres Fenster, das mit dem Gesims<br />
rechts rechnete.<br />
während das Obergeschoss vollständig getäfert und in<br />
eine grosse Stube sowie zwei kleine Kammern unter-<br />
teilt war. Die Decke der grossen Stube wurde von einer<br />
reich verzierten Säule gestützt, auf der die Insignien des<br />
Bischofs Adrian I. v. Riedmatten (1478–1548) und die<br />
Jahreszahl 1532 erkennbar sind. Ob die Jahreszahl die<br />
gesamte Ausstattung des Obergeschosses datiert oder,<br />
wie ich vermute, lediglich die Veränderung eines älteren<br />
Bestandes, muss offenbleiben, zumal sich keine Reste der<br />
Einrichtung erhalten haben.<br />
Anlässlich dieser Bauphase (oder erst später) dürfte das<br />
jüngere Treppenhaus verstärkt und höher geführt wor-<br />
den sein, um eine bessere Erschliessung des Dachge-<br />
schosses über dem Palas und dessen Annex zu ermög-<br />
lichen.<br />
Auch der Turm wurde in den oberen Geschossen ver-<br />
ändert. Die neue Einteilung dürfte das Höherführen des<br />
Treppenhauses bis zum Zinnenkranz bedingt haben.<br />
Unter dem Zinnenkranz entstand eine dichte Balkenlage,<br />
die von einem Unterzug gestützt war. Sie zeugt von einer<br />
Erneuerung der Dachkonstruktion (Plan 2.51).
Baugeschichte der Burganlage<br />
Vorgeschichte und Anfänge der Burganlage<br />
im 11./12. Jh.<br />
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Die curtis Leuca gehörte zu den Besitzungen, die König<br />
Sigismund 515 dem Kloster Saint-Maurice vergab. Von<br />
den Gebäuden, die zu dieser Curtis gehörten, ist in un-<br />
mittelbarer Nähe der späteren Burganlage die Peters-<br />
kapelle belegt, deren Gräberfeld ins Frühmittelalter zu-<br />
rückreicht. 10 Dieses Gräberfeld dehnte sich offenbar bis<br />
auf das Gelände des späteren Burgareals aus, wo anläss-<br />
lich der Ausgrabungen zwei Erdbestattungen zum Vor-<br />
schein kamen (Plan 1; Abb. 6.67).<br />
Im Hochmittelalter änderte sich die politische Lage.<br />
Durch eine Schenkung von Kaiser Heinrich IV. ge-<br />
langte <strong>Leuk</strong> 1079 in den Besitz des Bischofs von Sitten.<br />
Die Ortschaft entwickelte sich in der Folge zu einem<br />
einflussreichen Städtchen mit drei Zentren: dem poli-<br />
tischen Zentrum mit der bischöflichen Residenz und<br />
dem Meierturm im Süden, dem kirchlichen Zentrum<br />
mit der Stephanskirche im Norden und dem wirtschaft-<br />
lichen Zentrum bei der Kreuzung der Verkehrsachsen.<br />
Letztere führten einerseits entlang der rechten Talseite<br />
nach Gampel und Salgesch, andererseits nach Norden<br />
über den Gemmipass und nach Süden über die Rhone-<br />
brücke zum linksufrigen Talweg, wo ein Weg durch<br />
den Pfynwald seit 1417 gesichert ist. 11 Die besondere<br />
Verkehrslage begünstigte das Aufkommen der Sust als<br />
Warenumschlagsort, 12 entfachte aber auch die Macht-<br />
ansprüche der Grafen von Savoyen. Die Streitigkeiten<br />
wurden im 2. Viertel des 12. Jh. beigelegt, als Ama-<br />
deus IV. von Savoyen die Herrschaft <strong>Leuk</strong> dem Sitte-<br />
ner Bischof Guérin überliess und dieser hier ein Viztum<br />
einrichtete. Das heutige Rathaus gilt als ehemaliger Sitz<br />
des Vizedominus, während im bischöflichen Schloss sein<br />
Stellvertreter, der Meier, residierte.<br />
In dieser spannungsgeladenen Zeit des späten 11. und<br />
frühen 12. Jh. entstand auf einem Areal, das ursprüng-<br />
lich wohl zur Peterskapelle gehörte, der freistehende<br />
Turm (Abb. 2.I; 3.I). Eine nähere Datierung dieses ersten<br />
Baukörpers anhand von architektonischen Detailformen<br />
oder Dendroanalysen war nicht möglich. 13<br />
Der Turm<br />
Von der ersten Bauphase des Turms sind lediglich das<br />
Fundament auf allen vier Seiten sowie die Südmauer<br />
mit den seitlichen Eckverbänden in einer Höhe von fünf<br />
Geschossen erhalten (Plan 2.A; 4.A). Es handelt sich<br />
um einen quadratischen Turm mit einer lichten Weite<br />
von 6×6 Metern. Die Mauerstärke misst an der Basis<br />
155 cm, verjüngt sich aber nach jedem zweiten Geschoss<br />
um rund 40 cm; der Turm ist nicht unterkellert. Die<br />
Zinnen, die heute den oberen Abschluss des Turms bil-<br />
den, gehören zu einer jüngeren Bauphase. Ursprünglich<br />
könnte der Turm mit einem Zeltdach, oder mit einem<br />
eingestellten Satteldach gedeckt gewesen sein.<br />
Die einzige Öffnung, die zur ersten Bauphase des Turms<br />
gehört, ist die vermauerte Scharte (Plan 2.213) im<br />
4. Obergeschoss. Diese Öffnung ist innen beinahe qua-<br />
dratisch (70 ×80 cm) und verengt sich nach aussen zu<br />
einem schmalen Schlitz (12 ×70 cm).<br />
Alle heute sichtbaren Türen im Turm sind ins Mauer-<br />
werk eingebrochen und entstanden im Zusammenhang<br />
mit dem Anbau und den Umgestaltungen des Treppen-<br />
turms. Ursprünglich war der Turm sicher durch einen<br />
Hocheingang betretbar, der sich auf einer der drei abge-<br />
brochenen Turmseiten befunden haben dürfte. Das Bei-<br />
spiel der beiden Türme auf dem Burghügel von Raron<br />
zeigt, dass ein Hocheingang im Süden, talseitig, nicht<br />
dem Normalfall entsprach. Der auf der Höhe des dritten<br />
Geschosses in der Turm-Südmauer beobachtete grosse<br />
Flick (Plan 2.5) ist demnach kaum mit einem Hochein-<br />
gang in Verbindung zu bringen, zumal dieser Flick die<br />
10 George Descoeudres / Jachen Sarott, Materialien zur Pfarreiund<br />
Siedlungsgeschichte von <strong>Leuk</strong>. Drei archäologische Untersuchungen:<br />
Pfarrkirche St. Stephan, ehemalige St. Peterskirche und<br />
Mageranhaus. Vallesia 39 (Sion 1984) 215ff; Nott Caviezel, Baugeschichtliche<br />
Untersuchungen an der Pfarrkirche St. Stephan in<br />
<strong>Leuk</strong>-Stadt. Vallesia 39 (Sion 1984) 125–138; Joseph Sarbach, Gepflogenheiten<br />
der Kirche St. Stephan und der Pfarrei <strong>Leuk</strong> / Consuetudines<br />
ecclesiae Leucae. Vallesia 48 (Sion 1993) 109–206.<br />
11 Jean Gremaud, Documents relatifs à l‘histoire du Valais, I–VIII<br />
(Lausanne 1875–1898) 2660bis.<br />
12 Raphael von Werra, <strong>Leuk</strong> im späten Mittelalter. Vallesia 49 (Sion<br />
1994) 7–11.<br />
13 Datierung des Turms nach Blondel in die Anfänge der romanischen<br />
Epoche: Louis Blondel, Le bourg de Loèche (<strong>Leuk</strong>-Stadt). Vallesia<br />
11 (Sion 1956) 39.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
7
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
6: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Grabungsplan.<br />
8 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
80<br />
79
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
zu einer jüngeren Bauphase gehörende Spitzbogentüre<br />
(Plan 2.6) bereits berücksichtigt. Der Flick könnte die<br />
Reste einer in die Mauerstärke eingelassenen Kamin-<br />
anlage kaschieren, oder diejenigen eines Fensterwagens.<br />
Das Innere des Turms war in fünf Geschosse unter-<br />
teilt, die jeweils eine Raumhöhe von rund 4Metern hat-<br />
ten. Der einzige nachgewiesene Boden ist derjenige des<br />
3. Geschosses: Die Bodenbretter lagen auf drei Nord-<br />
Süd-verlegte Balken. Da im darüber- und darunterlie-<br />
genden Geschoss an der Südwand jegliche Balkenlöcher<br />
fehlen, ist anzunehmen, dass hier die Trägerbalken in<br />
Ost-West-Richtung verlegt waren. Der Boden des 5. Ge-<br />
schosses ist aufgrund des Mauerrücksprunges wiederum<br />
gleich wie derjenige des 3. Geschosses zu rekonstruie-<br />
ren. Die einzelnen Etagen waren wohl mit Holzleitern<br />
erschlossen.<br />
Bau der herrschaftlichen Burganlage im frühen 13. Jh.<br />
Die urkundlichen Erwähnungen <strong>Leuk</strong>s im 13. Jh. zeu-<br />
gen von der zunehmenden Bedeutung dieser Ortschaft.<br />
1227 wird erstmals die Pfarrei erwähnt. Ab 1249 ist ein<br />
Weibel belegt. Er war verantwortlich für Verfolgung, Ge-<br />
fangennahme, Einvernahme und Bestrafung der Übel-<br />
täter sowie für die Eintreibung der bischöflichen Tafel. 14<br />
1254 ist vom bischöflichen Turm mit einer angrenzen-<br />
den Wohnung für den Meier die Rede. 15 Im ausgehenden<br />
13. Jh. und frühen 14. Jh. sind Schlachten in der Umge-<br />
bung sowie ein Brand der Ortschaft belegt. In diese un-<br />
ruhige Zeit fällt auch eine Zerstörung der Burganlage<br />
um 1291–96. 16<br />
Die politische und wirtschaftliche Blüte, welche die Ort-<br />
schaft <strong>Leuk</strong> im 13. Jh. erfährt, widerspiegelt sich im<br />
Ausbau der Burg: Der Turm wird in dieser Zeit zum<br />
Zentrum einer weitläufigen Anlage (Abb. 2.II; 3.II). Im<br />
Mauerverband wurde der Palas (der grosse rechteckige<br />
Saalbau südlich des Turms) und die Ringmauer errich-<br />
tet. Um den Turm herum entstand so ein befestigter<br />
«Hof», der von Anfang an zumindest teilweise überbaut<br />
war. Turm und Palas waren mit einem zweigeschossigen,<br />
unterkellerten Baukörper verbunden, dessen Ost-West-<br />
7: Palas-Annex, Übersicht gegen Südwesten. Aufnahme von<br />
1989 anlässlich der Ausgrabungen im Hof.<br />
Ausdehnung derjenigen des Turms entsprach. Von die-<br />
sem Verbindungstrakt ist heute lediglich die Westmauer<br />
erhalten, welche eine Unterteilung des Innenraums in<br />
drei Geschosse (Keller und zwei Obergeschosse) und<br />
die Dachschräge erkennen lässt (Plan 3.34; 4.34). Drei<br />
Türen zeigen zudem, dass dieser Baukörper mit einem<br />
weiteren in Verbindung stand, der westlich des Turms<br />
die südliche Zwickelfläche des «Hofes» einnahm. In die<br />
Umfassungsmauer eingelassene Öffnungen, zwei Fenster<br />
(Abb. 6.72,73), ein Schüttstein (71) und eine Aborttüre<br />
(70) belegen, dass dieser Annexbau bereits bei der Er-<br />
richtung der Ringmauer geplant war.<br />
Die Dendrochronologie-Analyse der im Palas und in der<br />
Verbindungsmauer zwischen Palas und Turm vermauer-<br />
ten Hölzer erlaubt eine Datierung dieser Bauphase ins<br />
zweite Viertel des 13. Jh. 17<br />
14 von Werra 1994 (wie Anm. 12) 19–21.<br />
15 von Werra 1994 (wie Anm. 12) 12; André Donnet/Louis Blondel,<br />
Burgen und Schlösser im Wallis. Deutsche Fassung: Anton Gattlen.<br />
Hrsg. vom Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong> (Zürich 1963) 114;<br />
Gremaud (wie Anm. 11) 570.<br />
16 Blondel 1956 (wie Ann. 13) 31.<br />
17 Der Türsturz der beiden Türen in der Verbindungsmauer zwischen<br />
Palas und Turm (D15/D93759, D14/D93674) datieren diese Bauphase<br />
nach 1182 (Jahrringende mit Waldkante) bzw. nach 1196<br />
(Jahrringende mit Splint). Die Datierung des Sturzes der Palas-Kellertürenach<br />
1227 (Jahrringende ohneSplint,D26/D93682, D93764)<br />
weist auf eine etwas jüngere Bauzeit.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
9
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Der Palas<br />
Der Palas war ein rechteckiger Bau mit den Aussen-<br />
massen von 18 × 10 m. Ursprünglich war er niedriger<br />
als heute und besass über dem Keller lediglich ein Saal-<br />
geschoss. Den oberen Gebäudeabschluss bildete ein Zin-<br />
nenkranz mit eingesetztem Satteldach. Deutlich sind an<br />
den Gebäude-Kurzseiten die beiden Eckzinnen und die<br />
Mittelzinne sowie die Dachschräge des ehemaligen Stein-<br />
plattendaches ablesbar (Abb. 8; Plan 3.180–182; 7.180–<br />
182). Auf den Gebäude-Langseiten wurden die Zinnen,<br />
vermutlich drei zwischen den Eckzinnen, durch jüngere<br />
Dachlösungen ersetzt (Abb. 9). An der Südfassade haben<br />
sich aber die Ausgusslöcher (Plan 3.190) für die Ablei-<br />
tung des Dachwassers erhalten: annähernd quadratische<br />
Aussparungen von 20×20 cm Grösse, in einem Abstand<br />
von 40 bis 50 cm (Abb. 11; Plan 5.189,190). Die Basis<br />
dieser Gusslöcher bilden grosse Steinplatten, welche<br />
beidseits über die Mauerflucht vorstehen und der steiner-<br />
nen Dachhaut entsprechen.<br />
Die Oberfläche der Fassaden war mit einem Rasa-Pietra-<br />
Putz versehen. Ein tief eingeschnittener durchgehender<br />
Fugenstrich markiert die einzelnen Steinlagen so, dass<br />
sich deutlich erkennbar horizontale Streifen abzeichnen.<br />
8: Palas-Westmauer. Über dem linken Fenster des 2. Geschosses<br />
erkennt man die im Mauerwerk eingebundenen Steinplatten<br />
des ursprünglichen Satteldaches (A). Aufnahme von<br />
2006 nach Demontage der Dach- und Bodenkonstruktion.<br />
10 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
Dieser beim Bau der Mauern aufgezogene Putz ist später<br />
in der gleichen Art stellenweise erneuert worden und ist<br />
noch heute auf grössere Flächen erhalten; insbesondere<br />
an der Nordfassade, wo er durch jüngere Putzschichten<br />
geschützt war (Abb. 12).<br />
Die Eingänge in den Palas befanden sich hofseitig im<br />
Norden. Ein breites Rundbogenportal führte in den<br />
Keller, eine schmalere Stichbogentüre ins Saalgeschoss<br />
(Abb. 9, 13). Die grossen Fenster des Saalgeschosses<br />
waren nach Süden ausgerichtet, wo dank der Hanglage<br />
selbst grosse Öffnungen die Sicherheit der Festung nicht<br />
gefährdeten (Plan 5.19). Kleine Schartenfenster liessen<br />
sich zudem auf der Saalgeschossebene im Westen nach-<br />
weisen sowie im Keller an der Süd- und Ostfassade. Die<br />
Nordfassade war fensterlos.<br />
9: Palas-Nordwand (Westpartie) nach Abbruch des Dachstocks<br />
2006. Vom Zwischenboden verbleiben die Trägerbalken.
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
10: Palas-Südfassade. Detail der romanischen Bifore. Über<br />
dem Fenster sind die vorkragenden Steinplatten des ehemaligen<br />
Satteldaches zu erkennen. Darüber steht die Sockelmauer<br />
des Zinnenkranzes mit den Ausgusslöcher, darunter (links)<br />
eine Steinkonsole der Dachrinne. Aufnahme von 1937.<br />
DasKellergeschoss war in zweiRäume unterteilt (Abb. 15,<br />
16; Plan 5, 6). Die Binnenmauer (Plan 5.15), welche das<br />
westliche Raumdrittel des Kellers abtrennt, gehört zum<br />
Originalbestand, ebenso wie die fünf schmalen Scharten-<br />
fenster in der Süd- und die eine Scharte der Ostfassade. 18<br />
Das Saalgeschoss war ebenfalls unterteilt. Nur so ist die<br />
Anordnung der ungleichen Fenster zu verstehen. Das<br />
westliche Drittel besass zunächst nur Schartenfenster.<br />
Das romanisierende Rundbogenfenster (Abb.10, Plan<br />
5.20) ist eine jüngere Zutat, die allerdings eine weitere<br />
Scharte ersetzt haben könnte. Hier im Westen befin-<br />
det sich auch die Türe, die auf die Latrine führte (Plan<br />
3.267). Diese tritt aussen als gemauertes, halbrund vor-<br />
kragendes Bauglied in Erscheinung, der den Abort-<br />
schacht bis auf Bodenhöhe sichert (Plan 4.267). Die Öff-<br />
nung für die Leerung der Latrine befindet sich im Süden.<br />
11: Palas-Südfassade. Detail der vorkragenden Steinplatten<br />
des ehemaligen Satteldaches mit den Ausgusslöchern des<br />
Zinnenkranzes und eine Steinkonsole für die Befestigung der<br />
Dachrinne. Aufnahme von 2006.<br />
12: Palas-Nordfassade, Detail der Maueroberfläche. Der Rasa<br />
Pietra Putz mit horizontalem Fugenstrich entstand beim Bau<br />
des Palas.<br />
18 Bei den Fenstern im Süden wurde die Fensterbank später stärker ab-<br />
geschrägt; das Ostfenster wurde vermauert.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
11
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
13: Links die Eingangstüre ins Saalgeschoss des Palas<br />
(Rahmen gefast), rechts der doppelt gekehlte Bogen, der<br />
die Fassade des jüngeren Feuerraums trägt.<br />
14: Palas-Südmauer, Theatersaal von 1952. Ansicht gegen Südwesten.<br />
12 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
Weiter ist anzunehmen, dass in diesem spärlich erhellten<br />
Westraum Treppen einerseits ins Dachgeschoss, anderer-<br />
seits ins Kellergeschoss führten.<br />
Die beiden östlichen Drittel des Geschosses waren viel<br />
heller und entsprachen dem für repräsentative An-<br />
lässe dienenden Saal. Die Fenster, eine Einzel- und eine<br />
Doppel-Bifore, waren mit Sitznische und gemauerten<br />
Bänken ausgestattet (Abb. 14). Warum die Fenster-<br />
front im Süden keine regelmässige Folge bildet, ist nicht<br />
schlüssig zu klären. Die breite Wandfläche zwischen<br />
der Einzel- und der Doppel-Bifore könnte mit dem Ein-<br />
bau einer Kaminanlage oder aber mit einer zusätzlichen<br />
Raumunterteilung erklärt werden. Reste der ursprüng-<br />
lichen Maueroberfläche, die allenfalls Hinweise geben<br />
könnten (z.B. Russspuren), sind keine erhalten.
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
15: Palas, Keller. Aufnahme während der Sondierungsarbeiten<br />
von 2001. Hinter der hölzernen Stütze erkennt man die<br />
gemauerte Säule und im Hintergrund die Binnenmauer, die<br />
den Keller unterteilt. Ansicht gegen Westen.<br />
Die Bodenhöhe des Saalgeschosses muss anhand der<br />
Mauerrücksprünge rekonstruiert werden. Die Mauer-<br />
stärke nimmt auf Sockelhöhe des Saalgeschosses stark<br />
ab. Die bereits im Kellerbereich schmalere, hofseitige<br />
Nordmauer besass einen einfachen Mauerrücksprung<br />
von rund 30 cm, die übrigen drei Seiten einen doppelten<br />
Rücksprung von insgesamt 60 cm. 19 Der untere Rück-<br />
sprung dürfte als Auflager der Bodenkonstruktion ge-<br />
dient haben, während der obere über der Bodenebene<br />
sichtbar war und eine Wandbank von rund 60 cm Höhe<br />
bildete. Im Süden diente sie als Stufe für die höherliegen-<br />
den Fensternischen.<br />
Sondierungen im Bodenbereich des Kellers brachten<br />
interessante bautechnische Beobachtungen zum Vor-<br />
schein, die sich mit der Hanglage des Bauplatzes erklä-<br />
ren lassen. Wie beim Turm wurde beim Palas die tal-<br />
seitige Südmauer stärker fundiert als die Nordmauer. Bei<br />
der Errichtung des Palas begannen die Bauarbeiten mit<br />
der Südfassade. Diese Mauer wurde beidseits frei aufge-<br />
führt. Unmittelbar unter dem ersten Gerüstgang zeich-<br />
nete sich ein Arbeitsniveau ab, auf dem sich Fallmörtel<br />
ansammelte. Das abschüssige Gelände wurde aber auf<br />
der Mauerinnenseite noch während dem Bau fortlaufend<br />
terrassiert. Die eingeschütteten Erdschichten wurden je-<br />
weils zur Mauer hin mächtiger und bestanden aus um-<br />
gelagertem Lehmsubstrat, das mehr oder weniger stark<br />
mit Erde, Kies und Steinen durchsetzt war und gelegent-<br />
lich auch tierische Knochen enthielt. Die Quermauer, die<br />
den Keller unterteilt, ist zwar seitlich nicht verankert.<br />
Sie wurde aber eingezogen, noch bevor in einem letzten<br />
Arbeitsschritt die längs der Südmauer verbliebene Senke<br />
mit einer weiteren Lehmschüttung (Plan 8.136) planiert<br />
wurde und sich der erste Kellerboden, ein braunes mit<br />
Steinsplittern durchsetztes Erdniveau (Plan 8.134), bil-<br />
den konnte. 20<br />
19 Im Südosten ist der doppelte Mauerrücksprung noch erhalten. Im<br />
Übrigen ist er spätestens beim Absenken des Bodens für den Einbau<br />
des Theatersaals in der ersten Hälfte des 20. Jh. ausgebrochen<br />
worden.<br />
20 Im Keller des Palas wurden drei Nord-Süd-ausgerichtete Sondierschnitte<br />
angelegt. Westlich der gemauerten Säule konnten dadurch<br />
vier Einbauten gefasst werden, die den ersten Kellerboden (Plan<br />
8.134) durchschneiden und demnach jünger sind. Der älteste Befund<br />
ist eine ovale, rund 30 cm tiefe Grube (131). Sie war im unteren Bereich<br />
mit einer Schicht aus Steinsplittern unterschiedlicher Grösse<br />
verfüllt, die ihrerseits zunächst mit einer ca. 5cm mächtigen Kohleschicht,<br />
dann einer rot verbrannten, dünnen Erdlinse überdeckt war.<br />
Es dürfte sich um die Reste einer Feuerstelle handeln. Das Pfostenloch<br />
(143), das in unmittelbarer Nähe der Palas-Südmauer freigelegt<br />
wurde, könnte mit dem Bau der gemauerten Säule (125) in Zusammenhang<br />
stehen.<br />
Später entstand nördlich der gemauerten Säule eine birnenförmige,<br />
mindestens 40 cm tiefe Grube (137). Sie war mit Abbruchmaterial<br />
verfüllt, unter anderem mit Tuffsteinquadern und Stuckmauerwerk<br />
von einer Wand und einem Gewölbe. Diese Werkstücke waren russgeschwärzt.<br />
Die Funktion der Grube ist nicht klar.Die Interpretation<br />
als Vorratsgrube, wie sie in mittelalterlichen und neuzeitlichen Kellern<br />
wiederholt anzutreffen sind, wäre denkbar; ihre Lage im Durchgangsbereich<br />
zwischen zwei Türen spricht aber dagegen. Das Abbruchmaterial,<br />
das die Grube verfüllt, könnte seinerseits von den<br />
Stuckgewölben und den beiden Binnenmauern stammen, die im Saal<br />
unmittelbar über dem Keller nachgewiesen werden konnten. Diese<br />
Einbauten entstanden wohl gegen Ende des 13. Jh. oder im 14. Jh.<br />
und wurden spätestens im 15. Jh. entfernt, als man die tragende<br />
Holzkonstruktion im Palas ersetzten musste.<br />
Nach dem Verfüllen der Grube (137) scheint an dieser Stelle ein<br />
neuer Einbau verankert worden zu sein. Erhalten haben sich Reste<br />
eines vertikal in den Boden gerammten Holzpfostens (124). Ein<br />
Bodenniveau aus gelbem Lehm (113) bildete das Gehniveau dazu. In<br />
dieser Lehmschicht lag eine Münze (demi-batz) die unter Franz<br />
Joseph Supersaxo im Jahre 1722 geprägt wurde (Datierung nach<br />
Patrik Elsig, Konservator des kantonalen Münzkabinetts in Sion).<br />
Sie zeigt, dass dieser Lehmüberzug im frühen 18. Jh. die Bodenoberfläche<br />
bildete.<br />
Der jüngste Gehhorizont bestand aus einer dünnen, festgetretenen<br />
Erdschicht, in der Münzen aus der Zeit zwischen 1902 und 1999 gefunden<br />
wurden.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
13
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Der Verbindungstrakt zwischen Turm und Palas<br />
Turm und Palas waren von Anfang an mit einem Baukör-<br />
per verbunden, dessen Ost-West-Ausdehnung zunächst<br />
derjenigen des Turmes entsprach. Für das Kellerniveau<br />
nutzte man die Niveaudifferenzen der natürlichen Hang-<br />
lage: Das gegen den Turm ansteigende Terrain wurde bis<br />
auf Fundamenthöhe der Palas-Nordmauer abgetragen. 21<br />
Das ursprünglich in Grube gemauerte Fundament des<br />
Turms wurde dadurch bis zur Sohle freigelegt und an-<br />
schliessend verputzt. Dieser Putz zieht im Westen an die<br />
zwischen Turm und Palas gespannte Mauer (Abb. 6.34).<br />
Im Osten fehlt die Raumbegrenzung. Ihre Lage lässt sich<br />
aber anhand des erwähnten Putzes rekonstruieren. Die-<br />
ser endet nämlich 60 cm vor der Turmecke mit einer auf-<br />
bördelnden vertikalen Kante: Hier muss die ehemalige<br />
Ostmauer (Abb. 6.81) gestanden haben (Abb. 17). Wäh-<br />
rend diese Ostmauer bei der späteren Vergrösserung<br />
16: Palas, Keller. Situierung der Sondierungen von 2001.<br />
TERA 2002<br />
2<br />
1<br />
3<br />
N<br />
Sondierung 1<br />
15<br />
Sondierung 2<br />
125<br />
Sondierung 3<br />
14 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
50<br />
5<br />
5<br />
162<br />
148<br />
0m 2m 5m<br />
1<br />
2<br />
3<br />
des Verbindungstraktes vollständig abgebrochen wurde,<br />
blieb die Westmauer mitsamt dem abgeschrägten Giebel<br />
erhalten und gibt heute Aufschlüsse über den ehemaligen<br />
Innenausbau dieses Baukörpers (Plan 3.B). Die im Keller<br />
erkennbare Nische (Grösse 45×50 cm) gehört zur origi-<br />
nalen Ausstattung.<br />
Im Erdgeschoss öffneten sich zwei Türen (Plan 1.46N,<br />
46S; Plan 3). Die breitere führte in den angrenzenden<br />
Annexbau, die schmalere vermutlich zu einem Abort-<br />
erker, welcher aus der Ringmauer vorkragte. Hier sind<br />
Reste einer Türe und die Steinkonsolen des Erkers nach-<br />
weisbar (Abb. 34; Titelbild; Abb. 6.70). Das Oberge-<br />
17: Palas-Annex, Südostecke des Turms (ehemals Fundamentzone)<br />
mit anstossender Kellermauer (A = Stossfuge). Die<br />
vertikale Verputzkante (B) weist auf eine ältere, abgebrochene<br />
Kellermauer hin.
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
18: Turm-Südwand, Türe des 1. Obergeschosses. Neben dem<br />
linken Gewände die mit rosa Stuckmörtel verputzte Vermauerung<br />
einer älteren Türe.<br />
schoss des Verbindungstraktes besass ebenfalls eine Türe<br />
(Plan 3.45). Im Mauerwerk eingelassene, vorkragende<br />
Steinplatten zeigen, dass im Westen das Niveau tiefer<br />
lag als die Türschwelle (Plan 4.45). Vermutlich gelangte<br />
man hier über ein paar Stufen hinab auf den Wehrgang<br />
der Ringmauer.<br />
Der zwischen Turm und Palas eingeschobene Baukör-<br />
per hatte den Charakter eines Verbindungstraktes, der<br />
einerseits mit einem Vorraum den Eingang in den Palas<br />
schützte, andererseits zum Annexbau im Westen und zur<br />
Latrine sowie über Treppen vermutlich auf den Wehr-<br />
gang der Ringmauer führte. Vom Obergeschoss des Ver-<br />
bindungstraktes aus gelangte man möglicherweise auch<br />
in den Turm. Es wäre denkbar, dass in dieser Zeit – zu-<br />
sätzlich zum ehemaligen Hocheingang – die Türe (Plan<br />
2.216) ins zweite Turmgeschoss geöffnet wurde, um die<br />
Erschliessung dieses ursprünglich freistehenden Bau-<br />
19: Annexbau westlich des Turms. Aufnahme von 1988<br />
anlässlich der Ausgrabungen im Hof.<br />
körpers zu vereinfachen (Abb. 18). Die höherliegenden<br />
Turmzugänge sind hingegen eindeutig jünger, zumal sie<br />
über der Dachschräge des Verbindungstraktes liegen.<br />
Der Annexbau westlich des Turmes<br />
Die Turm-Westfassade und die im Süden anstossende<br />
Binnenmauer (Abb. 6.34) bildeten die Ostbegrenzung<br />
eines weiteren Baukörpers, dessen West- und Südfassade<br />
gleichzeitig als Ringmauer dienten (Abb. 19). Die bei den<br />
Ausgrabungen freigelegte Mauer (Abb. 6.61) entsprach<br />
dem Fundament der hofseitigen Nordfassade. 22 Im Süd-<br />
westen wurden beim Bau der Ringmauer vier Öffnun-<br />
gen vorgesehen (Abb. 20): zwei Fenster (Abb. 6.72,73),<br />
ein Schüttstein (Abb. 6.71) und eine Latrinentüre<br />
(Abb. 6.70). Der obere Abschluss dieser ehemaligen Ge-<br />
bäudefassade hat sich nirgends erhalten. 23<br />
Die Rekonstruktion des Annexbaus ist angesichts der<br />
unregelmässigen Geometrie seines Grundrisses nicht ein-<br />
deutig. Denkbar wäre ein eingeschossiger Bau, dessen<br />
Dachkonstruktion das Regenwassernach Süden über die<br />
21 Das Bauniveau des Turms liegt rund 3mhöher als dasjenige der<br />
Palas-Nordmauer.<br />
22 Mauer (61) ist wie Mauer (34) im Bauvorgang jünger als die Ringmauer<br />
und als die erste Bauphase des Turms. Sie ist aber älter als die<br />
Turmerneuerung (4), da diese im Anschlussbereich der ehemaligen<br />
Mauer eine Fensterscharte besitzt.<br />
23 Mit dem Abbruch des Gebäudes ist die Mauerkrone der Umfassungsmauer<br />
ca. ab Mitte der Fenster neu erstellt worden. Die drei<br />
obersten Steinlagen mitsamt der Zinnenbekrönung sind noch jünger.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
15
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Umfassungsmauer entsorgte. Im Innern des Gebäudes<br />
bestand das Gehniveau aus einem Erdboden. In zentraler<br />
Lage wurden nebeneinander eine Grube und eine Feuer-<br />
stelle entdeckt sowie dazwischen ein grosses Pfostenloch,<br />
in dem vermutlich ein Drehgalgen verankert war. Ange-<br />
sichts dieser bescheidenen Ausstattung dürfte der Raum<br />
als Küche oder Werkstatt gedient haben.<br />
Dieser Annexbau wurde nach einem Brand abgebrochen.<br />
Danach erstellte man im südöstlichen Hofzwickel ein ge-<br />
rundetes Fundament (Abb. 6.62).Esdientewohlals Auf-<br />
lage einer gemauerten Konstruktion, die es erlaubte, von<br />
den Wohnräumen im Osten über einen geschützten Gang<br />
weiterhin die alte Latrine (Abb. 6.70) zu benutzen.<br />
Die Ringmauer<br />
Die Umfassungsmauer der Burganlage ist im Mauer-<br />
verband mit dem Palas entstanden. Betrachtet man die<br />
Palas-Ostfassade, so sind im Bereich des Erdgeschosses<br />
deutlich die durchlaufenden Steinlagen erkennbar, wäh-<br />
rend sich im Bereich des Obergeschosses über der Ring-<br />
mauer ein Eckverband abzeichnet (Abb. 21). Die Ring-<br />
mauer hatte wehrhaften Charakter und besass einen<br />
Wehrgang, wie die gegenläufigen in die Mauerstärke ein-<br />
gelassenen Treppen im Norden zeigen (Plan 1.C). 24<br />
16 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
Die Ostfront der Umfassungsmauer scheint erst am Ende<br />
der umfangreichen Bauarbeiten errichtet worden zu sein.<br />
Zur ersten Bauphase (Plan 1.B; Plan 7.50) gehören ledig-<br />
lich der Mauersockel beim Palas und ganz im Norden<br />
der Eckverband mit den vorspringenden Steinen. Die ge-<br />
samteFront mit dem Eingangsportal wurde hingegen an-<br />
lässlich einer zweiten Bauetappe erstellt (Plan 1.C; Plan<br />
7.88). Ob es sich hierbei um die zweite Bauetappe einer<br />
einzigen, lang andauernden Bauphase handelt, oder um<br />
eine zweite Bauphase, anlässlich der man die Eingangs-<br />
partie erneuerte (vielleicht im Zusammenhang mit der<br />
Anlage und Befestigung der Turmmatte?) ist heute nicht<br />
zu klären, zumal wir über die Funktion der Turmmatte<br />
kaum Hinweise besitzen.<br />
20: Annexbau westlich des<br />
Turms. Die Zinnen wurden<br />
auf die Reste einer abgebrochenen<br />
Gebäudefassade<br />
gestellt. Aufnahme von 1988<br />
anlässlich der Ausgrabungen<br />
im Hof, Blickrichtung gegen<br />
Süden.<br />
Vergrösserung und Ausbau der Burganlage im 14. Jh.<br />
Das 14. Jh. war für <strong>Leuk</strong>, das vermutlich bereits seit<br />
dem 13. Jh. das Stadtrecht besass, wiederum eine Blüte-<br />
zeit. Die Herrschaft über <strong>Leuk</strong> lag in der zweiten Hälfte<br />
des Jahrhunderts in den Händen der Herren von Raron.<br />
Peter von Raron (ca.1325–1413) war Viztum von <strong>Leuk</strong>,<br />
sein Sohn Wilhelm Bischof in Sitten (1391–1402) und<br />
sein Sohn Gitschart (um 1360–1425) Landeshauptmann.<br />
Die dominierende Macht dieser Familie dauerte bis zum
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Sturz der Freiherren von Raron im Jahre 1416. 25 In die-<br />
ser Zeit erlitt das bischöfliche Schloss das gleiche Schick-<br />
sal wie die übrigen Burgen der Region: Es wurde geplün-<br />
dert und in Brand gesteckt.<br />
Die dritte Bauphase des bischöflichen Schlosses dürfte<br />
mit der Blütezeit <strong>Leuk</strong>s im 14. Jh. im Zusammenhang<br />
stehen. Zwischen Turm und Palas wurde der kleine<br />
Verbindungstrakt durch einen grossen, dreigeschossi-<br />
gen Baukörper ersetzt, dessen Treppengiebel im Süden<br />
an den Zinnenkranz des Palas anschloss (Plan 1.D;<br />
Abb. 2III; 3.III). Ein zweiter, ebenfalls unterkellerter An-<br />
nexbau wurde gegen die Nordfassade des Turms gelehnt.<br />
Veränderungen waren ausserdem im Palas nachweisbar.<br />
In dieser Zeit vermutlich wurde hier das Innere neu ge-<br />
21: Das <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong> von Osten. Aufnahme von 2003.<br />
gliedert, im Keller eine gemauerte Säule eingestellt und<br />
in der Südfassade die romanisch anmutende Bifore ge-<br />
öffnet (Abb. 10).<br />
Es handelt sich um mehrere bauliche Eingriffe, deren ge-<br />
genseitige relative Chronologie und absolute Zeitstellung<br />
im Einzelnen nicht feststellbar waren. Die erwähnten<br />
Veränderungen sind jeweils jünger als die Bauphase B/C,<br />
aber älter als die Phase E. Es ist denkbar, dass nach den<br />
Wirren des späten 13. Jh. im Palas Reparaturarbeiten<br />
24 Die einzig im Norden festgestellten Balkenlöcher haben aber kaum<br />
etwas mit diesem Wehrgang zu tun, sondern deuten auf jüngere<br />
Holzeinbauten hin, die an die Mauer gelehnt waren.<br />
25 Von Werra 1994 (wie Anm. 12) 15.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
17
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
nötig waren, und die Umbauten nach und nach, entspre-<br />
chend dem Bedürfnis der Bewohner, ausgeführt wurden.<br />
Die Vergrösserung der Wohn- und Lagerflächen wider-<br />
spiegelt ihrerseits den sozialen und politischen Aufstieg,<br />
den <strong>Leuk</strong> im 14. Jh. erlebte, und zeugt vom hohen Rang<br />
der hier ansässigen Familie.<br />
Der Palas-Annex mit dem ersten Treppengiebel<br />
Für den Neubau zwischen Palas und Turm musste le-<br />
diglich die dreigeschossige Nordfassade mitsamt dem<br />
Fundament neu errichtet werden. Die übrigen Fassaden<br />
stehen auf älterem Bestand: die Ostfassade auf der Ring-<br />
mauer, die Westfassade auf der zwischen Turm und Palas<br />
eingespannten Binnenmauer. Den oberen Abschluss der<br />
Ost- und Westfassade bildete ein nach Süden absteigen-<br />
der Treppengiebel, der unten an den Zinnenkranz des<br />
18 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
Palas anschloss (Plan 3.31; 7.221). Eine Bekrönung der<br />
Nordfassade mit Zinnen ist nicht nachweisbar.<br />
Sofern die Dachkonstruktion über dem Palas damals<br />
nicht verändert wurde, floss nun das Oberflächenwasser<br />
von zwei Dachschrägen entlang der ehemaligen Palas-<br />
Nordfassade zusammen (Abb. 3.III). Dies dürfte pro-<br />
blematisch gewesen sein: Wie das Wasser gesammelt und<br />
abgeführt werden konnte, ist nämlich nicht ersichtlich.<br />
Ein originaler Ausguss ist zwar in der Südostecke des An-<br />
nexbaus unter der Sitzbank der Fensternische vorhanden<br />
(Plan 7.241), doch dieser dürfte nicht für das Dachwas-<br />
ser gedient haben. Denkbar wäre, dass das Regenwasser<br />
gesammelt und in eine Zisterne geleitet wurde; von die-<br />
ser fehlt allerdings im gesamten Burgareal jegliche Spur.<br />
Bei der Annahme einer neuen Dachkonstruktion über<br />
22: Palas-Annex. Übersicht<br />
der anlässlich der<br />
Ausgrabungen von 1989<br />
entdeckten Mauern.<br />
Links unten die<br />
gemauerte Spindel einer<br />
Wendeltreppe.
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
dem Palas, am ehesten ein flach nach Süden geneigtes<br />
Pultdach, reduziert sich zwar die abzuführende Wasser-<br />
menge, die Frage nach einem Abflusskanal für das Dach-<br />
wasser des Annexbaues bleibt hingegen unverändert.<br />
Ausgedehnte Reste von mehreren Innenputzen, Bal-<br />
kenlöcher, Kaminanlagen, verschiedene Fensterformen<br />
sowie im Keller erhaltene Mauern geben Auskunft über<br />
die ehemalige Raumgliederung des Annexbaus und des-<br />
sen späteren Veränderungen (Abb. 22).<br />
Die Binnenmauern (Abb. 6.77/85) unterteilten das un-<br />
terste Geschoss in zwei Räume. Im östlichen Raum be-<br />
fand sich der Treppenabgang, im westlichen der Kel-<br />
ler. In der Keller-Ostmauer lassen sich zwei schmale<br />
Lüftungsscharten nachweisen, sowie eine zwei Meter<br />
breite, aus sorgfältig zugerichteten Tuffsteinen gefügte<br />
Türe durch die man über vier mit grossen Steinplatten<br />
belegten Stufen ins Rauminnere gelangte (Abb. 23). In<br />
der SW-Ecke des Kellers waren zudem die Reste einer<br />
schmalen Treppe zu erkennen (Plan 3.84), die direkt in<br />
das Saalgeschoss des Palas führte. Gleichzeitig mit dieser<br />
internen Verbindung öffnete man auch eine dritte Licht-<br />
scharte durch die Aussenmauer.<br />
23: Palas-Annex, Kellereingang. Die Stufen wurden 2005 für<br />
den Einbau von Sanitäranlagen abgebrochen.<br />
Das Erdgeschoss besass Durchgangs- und Vorhallencha-<br />
rakter; seine Funktion wurde einzig von Türen und Por-<br />
talen bestimmt. Die drei unterschiedlichen Eingänge der<br />
Nordfassade verleihen heute dem Bau sein unverkennba-<br />
res Gepräge, das an einen Portikus erinnert (Abb. 4). Ur-<br />
sprünglich hatte jeder Durchlass seine spezifische Auf-<br />
gabe. Das mittlere grosse Torführte zur Treppe, über die<br />
man in die Keller des Palas und des Palas-Annexes ge-<br />
langte. Die kleine Öffnung ganz im Osten war nie höher<br />
als 1,35 m; ein grosser Felsblock im anstehenden Morä-<br />
nengrund bildete die Schwelle. Die Öffnung ist zu nied-<br />
rig für eine Türe; sie ist am ehesten als Luft- und Licht-<br />
durchlass zu interpretieren. Das grosse und das kleine Tor<br />
haben gefaste Gewändesteine; Verschlussmechanismen<br />
sind keine erhalten. Möglicherweise war der Kellerab-<br />
gang mit einem Bretterboden gedeckt, der den Raum über<br />
der Treppe vielleicht als Lagerraum benutzbar machte.<br />
Eine Falltüre könnte je nach Bedürfnis mehr oder weni-<br />
ger weit aufgeklappt worden sein, um in einen der Keller<br />
zu gelangen. Westlich des grossen Tores befand sich der<br />
Zugang zu den Wohnräumen (Abb. 24). Diese mit Stein-<br />
schwelle und seitlichem Anschlag ausgestattete Türe war<br />
verschliessbar (Nische für einen Riegelbalken). Im Inneren<br />
trennte eine Binnenmauer (Abb. 6.77) den Eingangsbe-<br />
reich im Westen vom Lagerraum über dem Kellerabgang.<br />
Das Obergeschoss besass je zwei grosse Rundbogenfens-<br />
ter im Norden und Osten; Letztere waren mit einer Sitz-<br />
nische ausgestattet (Abb. 25). Das Format der Fenster<br />
entsprach demjenigen der grossen Biforen im Palas; wie<br />
diese waren sie vermutlich mit einem Mittelstud unter-<br />
teilt. Vondiesen ursprünglichen Fenstern ist nur die in-<br />
nere Leibung erhalten. Anlässlich einer Verkleinerung<br />
der Öffnungen wurde fassadenseitig der Fensterrahmen<br />
durch Mauerwerk ersetzt und innen die rechtwinkligen<br />
Gewändedurch schräge Laibungen verdeckt (Plan 7.240).<br />
Zwischen den beiden Fenstern der Ostwand befindet sich<br />
ein grosser Wandkamin, der innen konkav in die Mauer-<br />
dicke eingelassen ist und aussen rechteckig vorkragt. Zu<br />
diesem Kamin gehörten eine mit Steinplatten ausgelegte<br />
Feuerstelle und ein gemauerter, weit ausladender Trächen<br />
(Rauchfang), dessen hölzerner Rahmen von Steinkonso-<br />
len gestützt wurde (Holzrahmen beidseitig ersetzt). Oben<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
19
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
24: Palas-Annex, Nordwand. Balkenlöcher und Verputze<br />
lassen eine Gliederung in drei Geschosse erkennen. Zwischen<br />
dem Rundbogenportal und der Türe links bestand eine<br />
Binnenmauer, die in einer späteren Phase bis ins oberste<br />
Geschoss aufgemauert wurde.<br />
endete der Trächen in einen kreisrunden Schlot aus sau-<br />
ber zugehauenen Tuffsteinen (Abb. 26). Rechts neben dem<br />
Kamin lassen sich die Reste eines gemauerten Gestells<br />
nachweisen und unter der rechten Sitzbank des südlichen<br />
Fensters befindet sich ein Ausguss (Plan 7.244, 241).<br />
Der im Obergeschoss grossflächig erhaltene Verputz<br />
zeigt, dass die im Keller und im Erdgeschoss nach-<br />
weisbare Quermauer (Abb. 6.77) im Obergeschoss auf<br />
Bodenhöhe endete. Beim Kaminraum handelte es sich<br />
um einen grossen Saal, der mindestens bis zum Turm<br />
reichte. Feuerstelle, Ausgussvorrichtung und Gestelle zei-<br />
gen, dass dieser Saal als Küche diente.<br />
Das Dachgeschoss des Annexbaus war wegen der Nei-<br />
gung des Daches nur in der Nordhälfte nutzbar. Es war<br />
mit zwei Scharten in der Nordfassade (Abb. 4, 24) und<br />
einer weiteren Scharte in der Ostfassade (Plan 7.239)<br />
spärlich belichtet.<br />
20 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
25: Palas-Annex, Ostwand. Im Zentrum die grosse Kaminanlage,<br />
die mit dem ersten Anbau entstand. Über dem<br />
Rauchfang (Trächen) die knaufartige Verdickung des Kamins,<br />
welche das Dach abdichtete.<br />
Mit dem Neubau des Palas-Annexes und der Aufhöhung<br />
des Westgiebels dürfte auch die Verbindung in den Turm<br />
neu gestaltet worden sein. Aus dieser Zeit stammt wohl<br />
die Türe, die ins dritte Turmgeschoss führt. Sie besteht<br />
aussen aus sauber bearbeiteten Hausteinen und weist<br />
eine zeittypische Spitzbogenform auf (Plan 2.6).<br />
Der Annexbau nördlich des Turmes<br />
Auf der Turm-Nordseite wurde anlässlich der Ausgra-<br />
bung des Hofes ein beinahe quadratischer Anbau ent-<br />
deckt (Abb. 27). Erhalten ist der in die Erde eingetiefte<br />
Bereich des Kellergeschosses. Die Südmauer verblen-<br />
det das unregelmässige Fundament des Turms, der Ein-<br />
gang mit dem vorstehenden Treppenhals liegt im Osten.<br />
Hier führt eine flache, sechs Stufen zählende Treppe aus<br />
grossen, schiefrigen Kalksteinplatten und gemauerten<br />
Seitenwangen ins Rauminnere. Im Westen sorgten zwei<br />
Scharten mit steil nach aussen ansteigender Bank für
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
Frühmittelalter<br />
12. Jh. (Phase I)<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh.<br />
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
um 1300 / frühes 14. Jh. (Phase III)<br />
14. Jh. (Phase IV +V)<br />
4. Viertel 15. Jh. (Phase VI)<br />
16. Jh. und jünger (Phase VII)<br />
unbestimmt<br />
Annexbau<br />
Phase II<br />
älterer<br />
Treppenturm<br />
Annexbau<br />
Turm<br />
jüngerer<br />
Treppenturm<br />
Palas<br />
N<br />
Hof<br />
0m 5m 10m<br />
Plan 1: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Phasenplan (Schnittebene auf Höhe Erd- bzw. Saalgeschoss).<br />
Palasannex<br />
Turmmatte<br />
Annexbau<br />
Dessin: Bureau TERA 2008<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
Plan 1<br />
Phasenplan<br />
21
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Plan 2<br />
Turm, Südwand<br />
747.00 m<br />
742.00 m<br />
737.00 m<br />
732.00 m<br />
727.00 m<br />
198<br />
199<br />
202<br />
205<br />
207<br />
22 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
4<br />
4<br />
4<br />
1<br />
196 196<br />
2<br />
213<br />
1<br />
218W<br />
Plan 2: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Turm-Südwand.<br />
209<br />
51<br />
3<br />
5<br />
3<br />
53A<br />
52A<br />
52B<br />
36A<br />
7<br />
36C<br />
6<br />
4<br />
216<br />
218E<br />
4<br />
4<br />
198<br />
199<br />
203<br />
205<br />
208<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
Legende<br />
12. Jh.<br />
0 1m<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh.<br />
um 1300 /frühes 14. Jh.<br />
14. Jh.<br />
14./15. Jh.<br />
4. Viertel 15. Jh.<br />
16. Jh. und jünger<br />
Unbestimmt<br />
Mörtel, Putz<br />
Zement
190<br />
189<br />
185<br />
50<br />
50<br />
187<br />
27<br />
22B<br />
21<br />
191<br />
267<br />
182<br />
180<br />
21<br />
29<br />
9<br />
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
268<br />
275<br />
28<br />
44<br />
40 39<br />
31<br />
43<br />
50 42<br />
50<br />
84<br />
45<br />
49A<br />
10<br />
46 47<br />
Plan 3: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas- und Turm-Westwand.<br />
274<br />
255<br />
38<br />
27<br />
257<br />
17<br />
271<br />
84<br />
269<br />
41<br />
34<br />
270<br />
32<br />
33<br />
35<br />
37<br />
48<br />
35B<br />
35A<br />
32<br />
30<br />
31<br />
34<br />
46<br />
53<br />
52<br />
31<br />
1<br />
e<br />
36<br />
6<br />
216<br />
1<br />
1<br />
209<br />
210<br />
211 4<br />
196 196<br />
217<br />
3<br />
1<br />
51<br />
198<br />
203<br />
208<br />
199<br />
205<br />
4<br />
4<br />
1<br />
198<br />
200<br />
203<br />
205<br />
747.00 m<br />
742.00 m<br />
737.00 m<br />
732.00 m<br />
727.00 m<br />
63<br />
63<br />
58S 58 57 58<br />
Legende<br />
12. Jh.<br />
0 1m<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
59<br />
58N<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
Plan 3<br />
Turm und Palas, Westwand<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
13. Jh.<br />
um 1300 /frühes 14. Jh.<br />
14. Jh.<br />
14./15. Jh.<br />
4. Viertel 15. Jh.<br />
16. Jh. und jünger<br />
Unbestimmt<br />
Mörtel, Putz<br />
Zement<br />
23<br />
74<br />
50
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Plan 4<br />
Turm und Palas, Westfassade<br />
747.00 m<br />
742.00 m<br />
737.00 m<br />
732.00 m<br />
727.00m<br />
198<br />
75 73<br />
Plan 4: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Turm und Palas, Westfassade.<br />
24 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
4<br />
199<br />
203<br />
205<br />
208<br />
1<br />
204<br />
72<br />
269<br />
31<br />
206<br />
30<br />
34<br />
48<br />
270<br />
44<br />
43<br />
47<br />
71 70<br />
45<br />
271<br />
275<br />
28<br />
50<br />
271<br />
274A 191A<br />
274B<br />
191B<br />
274C<br />
29<br />
268A 268B 267<br />
273B<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
Legende<br />
12. Jh.<br />
Legende<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh.<br />
12. Jh.<br />
um 1300 /frühes 14. Jh.<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
14. Jh.<br />
13. 14./15. Jh. Jh.<br />
um4. 1300 Viertel/frühes 15. Jh. 14. Jh.<br />
14. 16. Jh.<br />
und jünger<br />
14./15. Unbestimmt Jh.<br />
4. Mörtel, Viertel Putz 15. Jh.<br />
Zement<br />
16. Jh. und jünger<br />
Unbestimmt<br />
0 1m<br />
Mörtel, Putz<br />
Zement<br />
0 1m<br />
273A<br />
191C
732.00 m<br />
727.00 m<br />
Plan 5: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Südwand.<br />
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
50<br />
187<br />
186<br />
185<br />
22A<br />
22<br />
11<br />
14<br />
19<br />
14<br />
188<br />
23<br />
189<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
190<br />
9<br />
Legende<br />
12. Jh.<br />
0 1m<br />
20<br />
22B<br />
15 50<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
Plan 5<br />
Palas, Südwand<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh.<br />
um 1300 /frühes 14. Jh.<br />
14. Jh.<br />
14./15. Jh.<br />
4. Viertel 15. Jh.<br />
16. Jh. und jünger<br />
Unbestimmt<br />
Mörtel, Putz<br />
Zement<br />
25
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Plan 6<br />
Palas, Nordwand<br />
732.00 m<br />
727.00 m<br />
271<br />
182<br />
50<br />
Plan 6: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Nordwand.<br />
38<br />
10<br />
17<br />
26 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
40<br />
13<br />
16<br />
12<br />
15<br />
257 257<br />
255 179<br />
195<br />
194<br />
14<br />
125<br />
14<br />
18<br />
19<br />
192<br />
14<br />
22A<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
Legende<br />
12. Jh.<br />
0 1m<br />
24<br />
193<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh.<br />
um 1300 /frühes 14. Jh.<br />
14. Jh.<br />
14./15. Jh.<br />
4. Viertel 15. Jh.<br />
16. Jh. und jünger<br />
Unbestimmt<br />
Mörtel, Putz<br />
Zement<br />
50<br />
245<br />
183<br />
182
0 1m<br />
74<br />
50<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
Legende<br />
12. Jh.<br />
Plan 7: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Ostwand.<br />
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh.<br />
um 1300 /frühes 14. Jh.<br />
14. Jh.<br />
14./15. Jh.<br />
F 4. Viertel 15. Jh.<br />
Legende<br />
G 16. Jh. und jünger<br />
12. Jh.<br />
Unbestimmt<br />
2. Viertel 13. Jh.<br />
13. Jh. Mörtel, Putz<br />
um 1300 /frühesZement 14. Jh.<br />
14. Jh.<br />
14./15. Jh.<br />
0 1m<br />
4. Viertel 15. Jh.<br />
16. Jh. und jünger<br />
Unbestimmt<br />
Mörtel, Putz<br />
Zement<br />
88<br />
263<br />
243<br />
221<br />
228<br />
89<br />
183<br />
239<br />
224<br />
88<br />
247<br />
240<br />
245<br />
183<br />
242<br />
244<br />
50<br />
221<br />
223<br />
228 228<br />
248<br />
249<br />
246<br />
222<br />
24<br />
250<br />
224<br />
240 192<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
Plan 7<br />
Palas, Palasannex, Ostwand<br />
257<br />
255<br />
241<br />
50<br />
183<br />
182<br />
193<br />
27<br />
281<br />
245<br />
50<br />
181<br />
180<br />
188 188<br />
11 11 11<br />
9<br />
22A<br />
185<br />
22 22<br />
27<br />
50<br />
187<br />
737.00 m<br />
732.00 m<br />
727.00 m<br />
722.00 m<br />
27
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Plan 8<br />
Palas, Keller (Ostprofil)<br />
722.00<br />
0 2 4 6<br />
118<br />
130<br />
103<br />
137<br />
Einfüllung von 1952<br />
Gehniveau bis 1952<br />
Gehniveau mit Münze<br />
(1. Hälfte 18. Jh.)<br />
28 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
102<br />
119<br />
106<br />
113<br />
119<br />
113<br />
137<br />
102<br />
103<br />
156<br />
106<br />
155<br />
135<br />
Einfüllung mit Fragmenten einer Konstruktion<br />
aus Stuckmörtel<br />
Mit dem Bau der gemauerten Säule<br />
entstandene Schichten<br />
155<br />
Gemauerte Säule (Schaft und Fundament)<br />
102<br />
136<br />
Geländeterrassierung nach dem Bau<br />
der Aussenmauern<br />
Zur 1. Bauphase des Palas<br />
gehörende Mauer<br />
Natürliche Ablagerungen bzw. nicht näher<br />
definierte Schichten<br />
Felsen<br />
112<br />
103<br />
131 133<br />
119<br />
41: Aquatinta von Max de Meuron (pinx.) und Falkeisen (sculp.), publiziert 1829 von Jean-B.-B. Sauvan.<br />
Plan 8: <strong>Bischofsschloss</strong> <strong>Leuk</strong>. Palas, Keller. Sondierschnitt westlich der gemauerten Säule (Ostprofil).<br />
Schematische Darstellung der Erdschichten. Zur Lage der Schnittebene vgl. Abb. 16 (Sondierung 2).<br />
125<br />
134<br />
151<br />
113<br />
143<br />
722.00<br />
TERA 2002
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
26: Palas-Annex, obere Hälfte der Ostwand. Aufnahme 2006,<br />
nach Abbruch der Dachkonstruktion.<br />
Licht und Luft. Ein auffallend tiefer Ausbruch in der ge-<br />
genüberliegenden Mauer weist auf ein weiteres Fenster<br />
neben dem Eingang hin.<br />
Der Annexbau nördlich des Turms besass vermutlich zu-<br />
mindest ein Obergeschoss und war am ehesten mit einem<br />
Pultdach gedeckt. Eine direkte Verbindung mit dem<br />
Turm ist denkbar, aber nicht mehr beweisbar, da dessen<br />
Nordfassade nach dem Abbruch des Annexbaus neu er-<br />
richtet wurde.<br />
Eine exakte Datierung des Turmanbaus ist nicht mög-<br />
lich. Er fügt sich aber gut in die Ausbauphase der Burg-<br />
anlage im Verlaufe des 14. Jh. ein. Die im 15. Jh. neu<br />
aufgeführte Turm-Nordmauer (Abb. 6.4) überdeckt hin-<br />
gegen bereits die abgebrochene Kellermauer. Die starken<br />
Brandspuren lassen darauf schliessen, dass der Baukör-<br />
per nach einer Feuerbrunst abgebrochen wurde.<br />
Nach der Verfüllung des Kellers entstand zwischen der<br />
Nordwestecke des Turmes und der Umfassungsmauer ein<br />
Fundament, das den Hof zu unterteilen schien (Abb. 2.<br />
VI; 6.63). Wiederum jünger ist ein gangartiges Gebäude,<br />
das sich an die Ringmauer lehnt. Erhalten sind die lang-<br />
gezogene Südbegrenzung (Abb. 6.57) und die West-<br />
mauer (Abb. 6.60) mit einer Türschwelle (Abb. 6.69). Im<br />
Osten fehlt das Fundament, hier dürfte sich vielleicht ein<br />
grösseres Tor befunden haben (Abb. 2.VII).<br />
Die Änderungen im Palas<br />
Auch im Palas zeugen einzelne Mauerausbrüche von<br />
ersten Umbauten. Im Saalgeschoss weisen drei auf den<br />
oberen Mauerrücksprung verlegte Balken (Plan 5.14;<br />
27: Der Hofbereich nördlich des Turms. Übersicht von den Zinnen des Turms aus. Aufnahme 1988<br />
anlässlich der Ausgrabungen im Hof.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
29
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
6.14) auf eine Erneuerung des grossen Saales hin. Viel-<br />
leicht wurde lediglich die Bodenkonstruktion erneuert<br />
und angehoben, oder es handelt sich um die Schwell-<br />
balken neuer Zwischenwände. Die im Keller aufge-<br />
mauerte Säule lässt zumindest auf eine Verstärkung<br />
der Bodenkonstruktion des darüberliegenden Geschos-<br />
ses schliessen.<br />
Der Westraum des Saalgeschosses wurde ebenfalls ver-<br />
ändert. Drei Balkenlöcher in der Westwand (Plan 3.21)<br />
deuten auf den Einzug eines Zwischenbodens. Gleichzei-<br />
tig mit diesem Boden (die Mörtel sind identisch!) wurde<br />
im Norden eine Türe (Plan 3.10) und im Süden ein gros-<br />
ses Doppelfenster (Abb. 10; Plan 5.20) geöffnet. Diese<br />
romanisch anmutende Bifore mit zentraler Säule ist in<br />
Stuckmörtel ausgeführt. Warum man hier eine in Bezug<br />
auf Form und Material derart auffallende, von den übri-<br />
gen Fenstern abweichende Art wählte, ist nicht klar.Viel-<br />
leicht zeichnete dieses an einen Kirchenbau erinnernde<br />
Fenster den Ort einer kleinen Privatkapelle aus, die man<br />
im Bereich des ehemaligen Treppenhauses einrichtete. Die Zeitstellung dieses Umbaus ist nicht näher einzu-<br />
28: Turmmatte, Innenansicht der talseitigen Stützmauer.<br />
Die Südmauer des Annexbaus (M276) enthält eine<br />
Latrinen(?)-türe (A). Die jüngere Mauer (M277) dürfte<br />
der von Merian wiedergegebenen Zinnenmauer entsprechen.<br />
Aufnahme 2007.<br />
30 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
29: Annexbau östlich des Palas. Die Annex-Nordmauer<br />
bezieht rechts einen Findling ein. Dieser ist bis zur vertikalen<br />
Kante bearbeitet: Hier unterteilte eine Binnenmauer das<br />
Gebäude. Aufnahme 2007 anlässlich der Abgrabung der<br />
Turmmatte für einen direkten Kellerzugang.<br />
grenzen, zumal auch die Funktion des markanten Fens-<br />
ters sich nicht klar fassen lässt. Die Oberfläche der Bifore<br />
besteht nach der Restaurierung des frühen 20. Jh. weit-<br />
gehend aus Zement und kann nicht für eine stilistische<br />
Beurteilung herangezogen werden. Möglicherweise ent-<br />
stand das Fenster im 13. Jh., wie Donnet aufgrund stilis-<br />
tischer Überlegungen vermutet. 26 Denkbar ist aber auch,<br />
dass es erst im 14. Jh. geöffnet wurde.<br />
Der Annexbau östlich des Palas<br />
Die talseitige Stützmauer der Turmmatte weist an ihrem<br />
Westende drei Bauphasen auf. Die älteste Bauphase ent-<br />
spricht der Südmauer eines rechteckigen Gebäudes, das<br />
sich an die Fassade des Palas anlehnte und im Innern<br />
durch eine Binnenmauer unterteilt war (Abb. 1). Anläss-<br />
lich der Errichtung dieses Gebäudes wurde das Keller-<br />
fenster des Palas vermutlich vermauert.<br />
Von der Gebäude-Südmauer ist die Sockelzone erhal-<br />
ten mitsamt einer vermauerten, 60 cm breiten Öffnung<br />
(Abb. 28). Es dürfte sich hierbei um eine Latrinentüre<br />
handeln, zumal die Schwelle auf gleicher Höhe liegt wie
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
der Boden des Innenraums, aber deutlich höher als das<br />
Aussenniveau am Fuss der Fassade. Die ebenfalls gut<br />
erhaltene Gebäude-Nordmauer ist auf ihrer Rückseite<br />
gegen Erde gemauert und zieht im Osten an und über<br />
einen grossen Findling, den sie als Bestandteil der Wand<br />
integriert (Abb. 29). Gegen den Findling stösst auch eine<br />
Nord-Südverlaufende Mauer, deren unterste Fundam-<br />
entlagen erhalten sind. Da diese Mauer nur in Ansätzen<br />
freigelegt werden konnte, steht nicht eindeutig fest, ob<br />
es sich hierbei um eine Binnenmauer des Gebäudes han-<br />
delte oder um dessen Ostfassade. Der von Lehner 1986<br />
weiter östlich in der Stützmauer beobachtete Mauer-<br />
winkel (Abstand zum <strong>Bischofsschloss</strong> 12 m) und die Be-<br />
arbeitungsspuren des Findlings beidseits der Quermauer,<br />
sprechen allerdings für eine Binnenmauer, welche ein<br />
grösseres Gebäude unterteilte. Der an den Palas angren-<br />
zende Raum war leicht trapezförmig und im Innern 6m<br />
lang bzw. 4,20 m bis 4,80 m breit. Der östliche Raum<br />
war etwas kleiner.<br />
Das Innenniveau des Gebäudes wurde im Bereich der<br />
Sondierung durch den Baggeraushub zerstört. Es muss<br />
auf gleicher Höhe gelegen haben wie die Türschwelle im<br />
Süden, beziehungsweise wie der Fundamentvorsprung<br />
der Nordmauer. Ohne eine archäologische Ausgrabung<br />
sind keine Aussagen zur Beschaffenheit des Bodens<br />
möglich.<br />
Für eine Datierung des Gebäudes und eine Bestimmung<br />
seiner Funktion fehlen uns jegliche Hinweise. Da keine<br />
archäologische Grabung erfolgte, konnten keine Klein-<br />
funde geborgen werden. Für eine Erstellung des Gebäu-<br />
des im Verlaufe des 14. Jh. spricht die allgemeine Ent-<br />
wicklung der Burganlage, welche in dieser Zeit stark<br />
ausgebaut wurde. Der Stich von Merian aus dem 17. Jh.<br />
zeigt an dieser Stelle kein Gebäude. Dieses scheint da-<br />
mals bereits durch die zinnenbekrönte Mauer ersetzt<br />
worden zu sein, welche zwischen <strong>Bischofsschloss</strong> und<br />
Rathaus die Turmmatte stützt. Angesichts der strate-<br />
gischen Lage neben dem Eingang zum <strong>Bischofsschloss</strong><br />
könnte die Funktion des Gebäudes mit dem Portal im<br />
Zusammenhang stehen. Vielleicht handelte es sich um<br />
das Haus des Torwärters.<br />
Veränderungen der Burganlage im 14. Jh.<br />
Änderungen auch der jüngsten Bauteile zeigen, dass im<br />
Verlaufe des 14. Jh. die Anlage den Wünschen der Be-<br />
wohner angepasst wurde (Abb. 3.IV). Im Saalgeschoss<br />
des Palas wurden gemauerte Decken eingezogen und<br />
im Palas-Annex die Fenster verkleinert, die Dachkons-<br />
truktion über beiden Baukörpern vereinheitlicht und mit<br />
durchlaufenden Treppengiebeln versehen. Im Turm ent-<br />
standen ebenfalls gemauerte Gewölbe; die Erschliessung<br />
über das Treppenhaus wurde entsprechend angepasst.<br />
Palas und Palas-Annex<br />
Die Erneuerung der Dachkonstruktion über Palas und<br />
angrenzendem Annex ist der auffallendste Eingriff die-<br />
ser Bauphase. Im Osten und Westen wurden die Mauer-<br />
kronen aufgemauert und es entstand ein durchgehender<br />
Treppengiebel (Abb. 3.IV; Plan 3.275; 7.183). Ein neues<br />
Pultdach mit einheitlicher Dachschräge garantierte eine<br />
bessere Ableitung des Oberflächenwassers.<br />
Im Palas-Annex wurden vermutlich in dieser Zeit die<br />
grossen Fenster des Kaminraumes verkleinert und die<br />
Rahmen aus Tuffstein mit den charakteristischen Rund-<br />
stabprofilen versetzt. 27 Die grosszügige Dimension des<br />
Kaminraums blieb aber unverändert.<br />
Im Palas wurde der Boden des Saalgeschosses erneuert<br />
und die gemauerte Wandbank zurückgespitzt (Plan 7,<br />
Bodenbalken 22). Unmittelbar über den Fenstern wurde<br />
eine neue, tieferliegende Decke eingezogen (Deckenbal-<br />
ken Plan 5.11). Ihre Untersicht war mit Stuckmörtel ver-<br />
kleidet: Im östlichen Raumdrittel des Saalgeschosses lässt<br />
sich ein Kreuzgratgewölbe rekonstruieren (Plan 5.22A),<br />
im westlichsten eine flache Decke (22B). Letztere setzte<br />
im Süden die Veränderung der romanischen Bifore vor-<br />
aus, die bis auf eine kleine rechteckige Öffnung (Kamin?)<br />
vermauert wurde. An der Westwand reicht das Nega-<br />
tiv der Flachdecke hingegen nur bis zur Raummitte<br />
(Plan 3.22B); vermutlich existierte in der Nordwest-<br />
ecke des Saalgeschosses eine Treppe, die ins Oberge-<br />
26 Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 116.<br />
27 Heute sind die Tuffsteinrahmen alle mit Zementmörtel verlegt. Sie<br />
wurden im frühen 20. Jh. vermutlich vollständig ersetzt.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
31
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
30: Palas, Nordwand des Saalgeschosses. Detail der passförmigen<br />
Nische neben der Eingangstüre.<br />
schoss führte. Neue Bodenhöhe und Dachkonstruktion<br />
erlaubten nun auch dieses zu nutzen und so wurden in<br />
der Westfassade zwei Fenster geöffnet (Plan 3.191,274).<br />
Die Flachdecke aus Stuck, die Vermauerung der roma-<br />
nischen Bifore in der Südwand, die Vermauerung der<br />
Türe (Plan 6.10) in der Nordwand und die Veränderung<br />
des Fensters (Plan 3.28) in der Westfassade können, an-<br />
gesichts der identischen rosafarbenen Stuckmörtel, der<br />
gleichen Bauphase zugeordnet werden. Hinzu kommt<br />
der Einbau einer auffallenden Nische (Plan 6.13) in der<br />
Nordwand des Palas, unmittelbar neben der Eingangs-<br />
türe insSaalgeschoss (Abb. 30). Nur der obere Abschluss<br />
dieser Nische ist erhalten: eine sich präzis im Mörtel ab-<br />
zeichnende Passform, deren untere Hälfte wohl symme-<br />
trisch zu ergänzen ist. 28 Die sichtbare Passform scheint<br />
dem Negativ des Einbaus zu entsprechen, wobei der<br />
32 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
mächtige Stuckmantel, der diesen umgibt, möglicher-<br />
weise eine ältere, rechteckige Nische vermauert. Die<br />
Funktion dieses Einbaus ist nicht klar. Für einen Wand-<br />
schrank scheint die Form allzu unpraktisch. Ein Ofen ist<br />
ebenfalls auszuschliessen, zumal von der Rückseite her<br />
keine Einfeuerung nachweisbar ist.<br />
Turm und Treppenturm<br />
Im Turm haben sich im dritten und vierten Geschoss, an<br />
der Südwand, ausgedehnte Reste eines stuckartigen, sehr<br />
harten Verputzes erhalten. Sie bedecken drei hochrecht-<br />
eckige, oben korbbogenförmig gerundete Felder (Abb. 31;<br />
Plan 2.3). Zwischen diesen Feldern und in den Raum-<br />
ecken verbleibt jeweils ein schmales, unverputztes Band:<br />
das Negativ von vier gemauerten Wandvorlagen, deren<br />
Basis zum Teil erhalten ist. Derartige Wandvorlagen exis-<br />
tierten ursprünglich auf allen vier Raumseiten. Sie ge-<br />
hören zu einem gemauerten, neunteiligen Kreuzgewölbe,<br />
das auf vier zusätzlichen, freistehenden Pfeilern ruhte.<br />
Diese Gewölbe stammen nicht aus der Bauzeit des<br />
Turms, denn im dritten Geschoss haften die Putzflä-<br />
chen bereits auf einer Erneuerung der Wandverblendung<br />
(Plan 2.5). Andererseits ist der Gewölbeputz eindeutig<br />
älter als die Turmerneuerung (Plan 2.4), zumal er nur<br />
auf dem alten Mauerteil erhalten ist. Die Funktion die-<br />
ser gewölbten, mit Stützen verstellten Räume ist nicht<br />
gesichert. Vermutlich handelte es sich um feuersichere<br />
Archiv- und Tresorräume und nicht um Wohnräume.<br />
Mit dem Einzug der Gewölbe im Turm war eine interne<br />
Erschliessung der Obergeschosse nicht mehr möglich.<br />
Die Zugänge und der Treppenaufgang mussten verän-<br />
dert werden. Der zunächst nur bis auf Bodenhöhe des<br />
Erdgeschosses gemauerte Treppenturm (Plan 3.35A),<br />
wurde in einer zweiten Bauphase bis zum 1. Oberge-<br />
schoss (Plan 3.35B), dann um weitere zwei Geschosse<br />
aufgestockt (Plan 3.35C). 29 Bei dieser dritten Bauphase<br />
wurde der Treppenturm inwendig verstärkt, und in<br />
der Ostwand öffnete man ein Fenster. Das Treppen-<br />
haus dürfte nach diesem Ausbau turmartig über das<br />
Dach des Palas-Annexes hochgeragt haben (Abb. 3.V).<br />
Anlässlich einer vierten Bauphase ist der Treppen-<br />
turm später nochmals aufgestockt worden bis unmit-
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
31: Turm, Südwestecke des 2. Geschosses. Die oben rund endende Verputzfläche (links) und die zwei Wandpfeiler beidseits<br />
der Türe sind Reste einer Gewölbekonstruktion.<br />
telbar unterhalb des Zinnenkranzes, wo eine heute<br />
vermauerte Türe ins Dachgeschoss des Turms führte<br />
(Abb. 3VI). Die monumentale, geschweifte Schulter-<br />
bogentüre aus Hausteinen, die heute den Eingang zum<br />
Treppenturm bildet, ist keiner der erwähnten Bau-<br />
phasen eindeutig zuzuweisen. Ihre Zierform weist am<br />
ehesten ins 15. Jh. (Abb. 3.VI).<br />
Die Zugänge, die in den Turm führen, sind in Bezug auf<br />
Form und Gewändemörtel alle unterschiedlich und re-<br />
flektieren die zahlreichen Veränderungen der Treppen-<br />
konstruktion im Süden. Die Türe des 2. Turmgeschosses<br />
(Plan 2.216) dürfte der älteste Zugang sein. Die Spitz-<br />
bogentüre des 3. Geschosses (Plan 2.6) entstand nach<br />
einer grossflächigen Vermauerung der mittleren Wand-<br />
partie (Plan 2.5). Als im Turm die gewölbten Räume<br />
entstanden, musste im 4. Geschoss ein weiterer Zugang<br />
geöffnet werden (Plan 2.36A), und die Türen des 2. und<br />
3. Geschosses wurden neu verputzt (gleiche Gewände-<br />
mörtel). Noch jünger sind die Eingänge des 5. Geschos-<br />
ses (Abb. 3.VI/VII) und des Erdgeschosses (19. und<br />
20. Jh.).<br />
28 Die Nische wurde im unteren Bereich durch den Einbau eines<br />
modernen Kastens gestört. Auf der Mauerrückseite tritt sie nicht in<br />
Erscheinung.<br />
29 Der Treppenturm wurde in mindestens drei Bauphasen hochgeführt,<br />
wobei jede Bauphase jünger ist als die angrenzende östliche Giebelmauer.1.Bauphase:<br />
Sockelgeschoss (35A), bis rund 40 cm unterhalb<br />
der Schwelle des heutigen Eingangs. 2. Bauphase: Erd- und 1. Obergeschoss<br />
(35B). 3. Bauphase: inwendige Verstärkung und 2. Obergeschoss<br />
(35C).<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
33
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
32: Turm, Westwand. Nischenfester des 1. Geschosses.<br />
33: Turm, Nordostecke des 3. Geschosses. Links angeschnitten<br />
das Kreuzstockfenster<br />
Zerstörung und Neuaufbau der Burganlage im 15. Jh.<br />
Im frühen15. Jh. erlitten das bischöfliche Schloss und der<br />
benachbarte Wohnturm des Viztums das gleiche Los wie<br />
die übrigen Burgen der Region: Sie wurden geplündert<br />
und in Brand gesetzt. 30 Der Brandschutt und die Feuer-<br />
verfärbungen, die im Keller nördlich des Turms und auf<br />
dem Erdboden des Annexbaues im Westen beobachtet<br />
wurden, sind vermutlich Spuren dieser Verwüstung von<br />
1415. Doch die Bedeutung der Stadt <strong>Leuk</strong> endete nicht<br />
34 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
mit den Wirren des frühen 15. Jh. Die Burganlage be-<br />
wahrte offenbar ihre Funktion als Sitz der Vertreter der<br />
Herrschaft und 1475 ordnete Bischof Walter II. Super-<br />
saxo (ca. 1402–1482) die Erneuerung des Turms und<br />
der anstossenden Wohnungen an. Palas und Palas-Annex<br />
wurden mitsamt der Dachhaut saniert: die Räume neu<br />
gegliedert, die Decken ersetzt, Dachkonstruktion und<br />
Treppengiebel höher verlegt. Südlich des Turms wurde<br />
der Kaminraum verkleinert, so dass ein kleiner Innen-<br />
hof entstand. Von diesem Innenhof aus führte ein neues<br />
Treppenhaus zu den Obergeschossen (Abb. 2.VI; 3.VI).<br />
Einzig die beiden Annexbauten nördlich und westlich<br />
des Turms wurden nach dem Brand nicht mehr ersetzt.<br />
Nach ihrem Abbruch wurde der Turm auf drei Seiten<br />
neu aufgeführt und die Ringmauer im südwestlichen<br />
Zwickel des Hofes ergänzt.<br />
Diese Bauphase lässt sich durch die im Mauerwerk ver-<br />
ankerten Balken dendrochronologisch gut in die zweite<br />
Hälfte des 15. Jh. einordnen. Eine Datierung in die Jahre<br />
1460/61 (mit Waldkante) ergaben die Bodenbalken und<br />
die Bodenauflagebretter im 2. Obergeschoss des Turms<br />
sowie ein Treppenauflager im 4. Obergeschoss. 31 Auch<br />
die Deckenbalken des Saalgeschosses sowie die Streif-<br />
balken und die östliche Stütze der Kellerdecke im Palas<br />
stammen aus dieser Zeit. Die in einem Flickmörtel ver-<br />
legten Bodenbalken des Palas-Annexes und der hölzerne<br />
Rahmen des Rauchfangs (Trächen) zeigen, dass auch<br />
hier die Holzkonstruktion ersetzt werden musste.<br />
Erneuerung von Palas und Palas-Annex<br />
Im Palas dürfte in dieser Zeit der grosse Versammlungs-<br />
raum im Saalgeschoss entstanden sein, dessen Bestand<br />
anhand der Pläne des frühen 20. Jh. rekonstruierbar ist<br />
(Abb. 34). Blondel hebt in seiner Beschreibung der Burg-<br />
anlage die für die damaligen Verhältnisse aussergewöhn-<br />
liche Dimension des Raumes hervor,der eine lichte Weite<br />
von 16,35×8,40 m besass. 32 Die Bodenbalken wurden<br />
durch einen Unterzug gestützt, dessen Spannweite zwei<br />
30 Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 114.<br />
31 vgl. dazu Egger 1985 (wie Anm. 6); Schmidhalter 2003 (wie<br />
Anm. 7); Schmidhalter 2004 (wie Anm. 8).<br />
32 Blondel 1956 (wie Ann. 13) 40.
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
34: Längsschnitt durch den Palas, gegen Norden. Aufnahmeplan von 1911.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
35
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Auflager benötigte. Im Keller sind diese noch erhalten:<br />
nebst der älteren gemauerten Säule ein neuer Holzstud<br />
mit gefasten Kanten. 33 Alle Deckenbalken wurden neu<br />
verlegt, auf gleicher Höhe, aber zum Teil neben den älte-<br />
ren Balkenlöchern. Die neue flache Bretterdecke lag auf<br />
zehn Trägern (Plan 5.F; 6.F).<br />
Das Obergeschoss war vermutlich mit Täfer ausgeklei-<br />
det, zumal die Gewändemörtel der Türen und Fenster,<br />
welche wir dieser und der nächsten Bauphase zuordnen,<br />
alle das Negativ einer Holzschalung aufwiesen. 34 Ob die<br />
Inneneinteilung derjenigen entsprach, welche auf den<br />
Plänen von 1913–15 wiedergegeben ist, kann nicht mehr<br />
geklärt werden. Zumindest einzelne Elemente, wie die<br />
geschnitzte Säule mit der Jahreszahl 1532, gehören aber<br />
eindeutig zu einem jüngeren Ausbau.<br />
In dieses Obergeschoss führten zwei Türen: Die eine Türe<br />
(Plan 6.17), ganz im Westen, war über eine schmale,<br />
gemauerte Treppe (Plan 3.49A), an der Latrinentüre<br />
(Plan 3.45) vorbei, vom alten Treppenturm her erreich-<br />
36 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
bar. Die zweite Türe (Plan 3.18), in der Wandmitte, war<br />
vom neuen Treppenhaus her zugänglich. Treppenseitig<br />
besass dieser Eingang einen profilierten Stuckrahmen<br />
(Abb. 35). Gefaste Gewände und ein tief ansetzender<br />
Kielbogen weisen noch ins 15. Jh. Diese Formgebung<br />
unterscheidet sich von derjenigen des frühen 16. Jh., bei<br />
welcher der Kielbogen flacher ist und erst auf Sturzhöhe<br />
ansetzt, und deren Ornamentik mit zusätzlichem Perl-<br />
stab in den Profilkehlen und vegetabilen Motiven in den<br />
Zwickelflächen reicher ist. 35 Das Treppenhaus ist heute<br />
nunmehr anhand der im Mauerwerk verankerten Stein-<br />
platten der Wendeltreppe zu erkennen. Anlässlich der<br />
Grabungen 1988/89 war noch das unterste Geschoss mit<br />
der Spindel erhalten (Abb. 36). Diese unterste Ebene war<br />
durch die ehemalige Kellertüre erschlossen, welche halb-<br />
seitig vermauert wurde.<br />
35: Palas-Annex, Südwand.<br />
Unten angeschnitten die<br />
Kellertüre des Palas. Am<br />
rechten Bildrand die Türen,<br />
die vom jüngeren Treppenturm<br />
aus in den Palas<br />
führten. Die Stufen waren<br />
seitlich in die Mauer verankert.<br />
Am linken Bildrand<br />
die Einfeuerungsöffnung<br />
eines Stubenofens. Dazwischen<br />
eine in die Mauer<br />
eingebrochene Durchreiche.<br />
Der kleine Innenhof südlich des Turms dürfte seinerseits<br />
zumindest teilweise überdeckt gewesen sein. Dies lassen<br />
trockengefügte Fundamente vermuten, die in den verfüll-<br />
ten Keller verankert waren (Abb. 6.82,83).
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
36: Palas-Annex, Kellereingang. Nach Aufgabe und<br />
Verfüllung des Kellers wurde das Kellerportal verkleinert<br />
und diente als Eingangstüre einer Wendeltreppe.<br />
Letztere wurde 2005 für den Einbau der Sanitäranlagen<br />
abgebrochen. Aufnahme von 1989, gegen Westen.<br />
Erneuerung von Turm und angrenzendem Treppenturm<br />
Der Turm scheint stärker beschädigt worden zu sein als<br />
die übrigen Partien der Anlage. Vom Altbestand blieb<br />
lediglich die Südmauer mit den beidseitigen Eckverbän-<br />
den stehen; derjenige Teil also, der die Nordwand des<br />
Palas-Annexes bildete. Die übrigen drei Seiten des Turms<br />
wurden hingegen ab Bodenebene neu aufgemauert. Der<br />
Verlauf der vertikalen Abbruchkante ist anhand der für<br />
den Neubau benötigten Gerüstlöcher deutlich erkennbar<br />
(Plan 4); die neuen Eckverbände fallen ausserdem durch<br />
ein helleres Steinmaterial auf (Titelbild). Alle Etagen be-<br />
sassen nun Fenster: drei kleine, rechteckige Scharten in<br />
den unteren Etagen, schmale Rundbogenfenster in den<br />
oberen (Abb. 32; Plan 4). Einzig das Kreuzstockfenster<br />
im vierten Geschoss ist jünger. Die Geschosseinteilung<br />
des Turms blieb unverändert.<br />
Warum gerade der Turm – mit seinen an der Basis<br />
1,55 mstarken Mauernder kräftigste Baukörper der An-<br />
lage – so weitgehend erneuert wurde, ist nicht bekannt.<br />
Rissbildungen im Fundament, die auf einen schlech-<br />
ten Baugrund schliessen lassen, sind nicht erkennbar.<br />
Der bis in die obersten Stockwerke erhaltene Altbe-<br />
stand zeigt zudem, dass die Nordpartie sorgfältig abge-<br />
brochen wurde, um den Palas-Annex im Süden nicht zu<br />
gefährden. Eine militärische Zerstörung des Turms ist<br />
daher wohl auszuschliessen. Abbruch und Wiederaufbau<br />
müssen ausserdem rasch nacheinander erfolgt sein, sonst<br />
hätten sich die Verputze der verbliebenen Südwand nicht<br />
so gut erhalten.<br />
Der alte Treppenturm entlang der Turm-Südfassade<br />
gewährleistete weiterhin den Zutritt zu den einzelnen<br />
Etagen. Vermutlich wurde er in dieser Zeit bis zu den<br />
Zinnen hochgeführt. In die Ostfassade des Treppen-<br />
turms wurden zudem zwei neue Türöffnungen eingebro-<br />
chen, die wohl im Zusammenhang mit dem neuen Innen-<br />
hof standen. Im Erdgeschoss wurde der Türrahmen aus<br />
Hausteinen versetzt, vermutlich als Ersatz einer kleine-<br />
ren Öffnung (Abb. 22). Die charakteristische Form des<br />
oberen Türabschlusses mit den gekehlten Schulterkonso-<br />
len und dem geschweiftem Sturz tritt in ähnlicher Weise<br />
in Sitten in der «Maison du Diable» auf und ist dort<br />
Bestandteil des Landhauses, das im Auftrag von Georg<br />
Supersaxo im 1. Viertel des 16. Jh. errichtet wurde. 36 Die<br />
zweite Türe steht mit der Verankerung von vier Konso-<br />
len in der Turm-Südfassade in Verbindung (Abb. 34).<br />
Diese Konsolen bilden eine 80 cm breite, vierfach abge-<br />
treppte Auflage aus Tuffsteinen. Eine weitere kurze, an<br />
der Oberseite eingeschnittene Konsole wurde über den<br />
Konsolen angebracht: sie dürfte eine Dachpfette getra-<br />
33 Datierung der Holzstütze im Keller um 1460; vgl. Schmidhalter<br />
2003 (wie Anm. 7) D93467.<br />
34 Die Öffnungen des Obergeschosses sind nicht alle gleichzeitig, sondern<br />
lassen sich anhand ihrer Mörtel in drei Gruppen einteilen.<br />
1. Gruppe: beide Türen der Nordwand (17/18) und das Sitznischen-<br />
Fenster der Südwand; der Gewändemörtel enthält hier gehäuft<br />
Stuckspolien. 2. Gruppe: Ofendurchlass (24) in der Nordostecke.<br />
3. Gruppe: Aborttüre (29) in der Westmauer und Ofendurchlass (16)<br />
in der Nordwestecke. Letzterer rechnet mit dem Anbau der Feuerkammer<br />
im Norden.<br />
35 Patrick Elsig, De quelques encadrements en stuc mouluré du deuxième<br />
quart du XVI e siècle, dans le Valais central. In: Des pierres et<br />
des hommes. Bibliothèque historique vaudoise 109 (Lausanne 1995)<br />
298–311.<br />
36 François-Olivier Dubuis, La Maison du Diable, ancienne maison<br />
de campagne des Supersaxo, à Sion. Vallesia 29 (Sion 1974) 107–<br />
171, Fig. 20.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
37
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
37: Palas-Annex, Westwand. Ritzzeichnung neben der linken<br />
Kaminkonsole. Sie stellt einen Turm mit Zinnenkranz und<br />
eingestelltem Zeltdach dar.<br />
gen haben. Unschwer lassen sich hier die Reste einer ge-<br />
deckten Laube erkennen, über die man auf die Dächer<br />
des Palas gelangen konnte (Abb. 3.VI).<br />
Renovierung der Burganlage im 16. Jh.<br />
Das 16. und 17. Jh. war für <strong>Leuk</strong> wiederum eine Blüte-<br />
zeit. Das <strong>Bischofsschloss</strong> ist in dieser Zeit Sitzungsort<br />
des Walliser Landrats. Unter Bischof Adrian von Ried-<br />
matten (1529–1548) ist eine Erneuerung der Burg be-<br />
zeugt, die sich am Bau anhand einer Holzsäule mit der<br />
Jahreszahl 1532 und dem bischöflichen Wappen bele-<br />
gen lässt. In dieser Zeit kauft die Burgerschaft das Vitz-<br />
tumschloss und lässt es durch Ulrich Ruffiner umbauen.<br />
Eine Bauinschrift auf dem Fenstersturz trägt die Jahres-<br />
zahl 1541 –gemäss Vertrag ist dies das Kaufjahr –, eine<br />
weitere über dem Portal die Zahl 1543. 37 1627 findet<br />
im <strong>Bischofsschloss</strong> der Prozess gegen Anton Stockalper<br />
statt. 38<br />
38 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
38: Palas-Annex, Südwand. Vermauertes Fenster mit profiliertem<br />
Tuffsteinrahmen (doppelte Kehle). Das Fenster entstand<br />
gleichzeitig mit dem zwischen Palas und Treppenturm<br />
eingefügten Feuerraum. Es wurde 2006 durch eine Türe<br />
ersetzt.<br />
Die Bauarbeiten des frühen 16. Jh. scheinen vor allem<br />
den Komfort im <strong>Bischofsschloss</strong> verbessert zu haben.<br />
Aus dieser Zeit datiert die spätgotische Einrichtung im<br />
Obergeschoss des Palas, die wir dank der Pläne und den<br />
fotografischen Aufnahmen des frühen 20. Jh. kennen.<br />
Das Obergeschoss war in drei Räume unterteilt: zwei<br />
kleine Kammern im Westen und eine grosse Stube im<br />
Osten, deren Decke in der Raummitte von einer reich<br />
verzierten Holzsäule gestützt wurde. Diese Säule war bis<br />
in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts im Lokalmu-<br />
seum ausgestellt.<br />
Die Räume des Obergeschosses waren mittels zweier<br />
Öfen heizbar. Die Feuerungsöffnung (Plan 6.24) ganz
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
im Osten der Nordwand diente zum Beschicken eines<br />
Stubenofens (Abb. 35). Der gemauerte Rauchabzug<br />
(Plan 7.24) führte in den grossen Trächen (Plan 7.242)<br />
des Palas-Annexes. Gleich neben der Feueröffnung war<br />
in der Mauerstärke ein kleiner Backofen eingelassen, der<br />
heute noch vollständig erhalten ist: die Bodenplatte, das<br />
ausgebrannte Gewölbe und die profilierte, quadratische<br />
Öffnung für einen Türverschluss aus Metall.<br />
Die zweite Feuerungsöffnung (Plan 6.16) diente zur Be-<br />
heizung der Nordwestkammer. Hier musste für Feuer-<br />
stelle und Kamin ein kleiner Annex errichtet werden: das<br />
bereits bestehende Treppengewölbe (Plan 3.49A) wurde<br />
verbreitert und mit einer Mauer vom Innenhof abge-<br />
trennt. Dieser«Küchen-Annex»besass ein kleines Fenster<br />
mit profiliertem Tuffsteinrahmen, das sich auf den Innen-<br />
hof öffnete (Abb. 7). 39 Mit gleichartigen Fenstern wur-<br />
den auch die beiden Kammern ausgestattet: zwei Fenster<br />
(Plan 3und 4.191C, 274C) wurden in der Westfassade<br />
geöffnet, eines im Norden (Plan 6.194) mit Sicht auf den<br />
Innenhof. Letzteres war aussen farbig bemalt (Abb. 38). 40<br />
Zum höheren Komfort gehörte auch die zusätzliche La-<br />
trine (Plan 3und 4.29), die von der Südkammer aus er-<br />
reichbar war und an der Westfassade auf Steinkonsolen<br />
39: Ausschnitt aus MatthäuS Merian Topographia Helvetiae,<br />
Rhaethiae et Valesiae, Frankfurt a. M. (1653). Das <strong>Bischofsschloss</strong><br />
ist mit dem Buchstaben «D» bezeichnet.<br />
vorkragte. Latrine, Fenster und Küchen-Annex können<br />
anhand des hölzernen Trächenrahmens dendrochronolo-<br />
gisch in die erste Hälfte des 16. Jh. datiert werden. 41<br />
Im Palas-Annex ist als jüngste Umbauphase der Ausbau<br />
des Dachgeschosses belegt: Es wurde verputzt und mit<br />
einer horizontalen Decke isoliert. Die Verstärkung des<br />
Fundamentes (Abb. 6.80) steht vermutlich mit der Auf-<br />
stockung des Treppenhauses in Verbindung. Vielleicht<br />
stammt die Ritzzeichnung neben der linken Kaminkon-<br />
sole von den damaligen Bewohnern (Abb. 37).<br />
Auch der Turm dürfte in dieser Zeit mit mehr Kom-<br />
fort ausgestattet worden sein. Im vierten Geschoss wur-<br />
den neue Fenster aus Tuffstein versetzt: je ein einfaches<br />
Rechteckfenster (Plan 3.199) im Osten und Westen und<br />
ein Kreuzstockfenster (Plan 3.200) im Norden. Mit dem<br />
Einbau einer Täferstube wurde die Raumhöhe reduziert<br />
und die Isolation verbessert. Das Wandtäfer hinterliess<br />
beim Anpassen der Fenstergewände im frischen Mörtel<br />
den Abdruck der Holzmaserung.<br />
Unmittelbar unterhalb des Zinnenkranzes bilden die Ne-<br />
gative von 16 eng nebeneinanderliegenden, ins Mauer-<br />
werk verankerte Balken (Plan 2.51) eine horizontale<br />
Linie. Diese Balken trugen die oberste Plattform des<br />
Turms und waren durch einen Unterzug (Plan 3.51) zu-<br />
sätzlich verstärkt. Diese Verstärkung der obersten Decke<br />
könnte mit einer neuen Dachkonstruktion im Zusam-<br />
menhang stehen, deren Stuhl auf den Zinnen stand und<br />
an der Plattform verankert war.<br />
37 Philipp Kalbermatter / Gregor Zenhäusern, Ulrich Ruffiner –<br />
Leben und Werk. In: Klaus Aerni / Gaëtan Cassina et al., Ulrich<br />
Ruffiner von Prismell und Raron. Cahier de Vallesia 13 (2005) 75;<br />
Georg Carlen et al.: Kunsthistorisches Inventar der Stadt <strong>Leuk</strong>.<br />
Vallesia 30 (Sion 1975) 88.<br />
38 Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 116.<br />
39 Der Küchen-Annex wurde anlässlich des jüngsten Umbaus abgebro-<br />
chen zugunsten eines Aufzugs.<br />
40 Der bemalte Fensterrahmen und der Küchen-Annex wurden beim<br />
jüngsten Umbau abgebrochen zugunsten eines zusätzlichen Einganges.<br />
41 Ein Balken ergab die Jahreszahl 1515 (mit Waldkante, D93762), die<br />
beiden anderen 1472 und 1475 (letzter gemessener Jahrring ohne<br />
Splint noch Waldkante, D93683, D93763), vgl. Schmidhalter<br />
2004 (wie Anm. 8). Der gesamte Anbau wurde 2005 für den Einbau<br />
eines Liftschachtes abgebrochen.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
39
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
Datierungshinweise für die Umbauten im Palas-Annex<br />
und im Turm bestehen keine. Eine Datierung im 16. oder<br />
17. Jh. wäre denkbar. Mit ihnen erlangt die bischöf-<br />
liche Anlage das Aussehen, das wir von der Darstellung<br />
Merians kennen (Abb. 39).<br />
Das weitere Geschick der Burg<br />
Im späteren 17. Jh. und im Verlauf des 18. Jh. dürfte<br />
das Schloss mehr und mehr an Bedeutung verloren<br />
haben. Fürstbischof Joseph Anton Blatter (1790–<br />
1807) verkaufte das Schloss 1805 an den «Grand-Bailli»<br />
Augustini. 42 Doch auf den von James Pattison Cock-<br />
burn (1822) und Jean-B.-B. Sauvan (1829) edierten Dar-<br />
stellungen der Stadt <strong>Leuk</strong> ist das Schloss noch als statt-<br />
licher Bau zu erkennen (Abb. 40/41) 43 : Der Palas ist mit<br />
einem Treppengiebel dargestellt, der Turm noch mit<br />
einem Pyramidendach.<br />
Die Aufnahmepläne von 1913/1915 und die fotografi-<br />
sche Dokumentation von 1931 bekunden erstmals ein<br />
verstärktes Interesse an diesem Bau. 1934 erwarb die Ge-<br />
meinde das Schloss in stark verwüstetem Zustand und<br />
liess 1936 die eingestürzten Dächer und Geschossdecken<br />
demontieren. 44 1937/38 folgte die Unterschutzstellung<br />
der Anlage durch Bund und Kanton, verbunden mit um-<br />
fassenden Konsolidierungs- und Instandsetzungsmass-<br />
40 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
nahmen, die den Bau zwar vor dem Ruin retteten, aber<br />
auch massive Eingriffe zur Folge hatten. Die spätgoti-<br />
schen Täfer wurden entfernt, die Mauerkronen neu auf-<br />
gemauert und die schadhaften Hausteinelemente ersetzt<br />
und ergänzt (alle profilierten Fensterrahmen des Palas-<br />
Nordannexes sind in Zement verlegt, ebenso die Spitze<br />
des Kaminschlotes). Im Turm wurden neue Decken<br />
aus Beton eingezogen – ein Projekt von Ing. Alexandre<br />
Sarrasin (1895–1978) – und in der Westwand eine Ab-<br />
leitung für das Dachwasser eingemauert. Der Treppen-<br />
turm im Süden wurde höhergeführt und mit einer Spin-<br />
del aus Zement versehen. Brauchbare Balken wurden für<br />
die Instandsetzung der Böden im Palas wiederverwen-<br />
det. Dank der Dendrochronologie-Analyse wissen wir<br />
heute, dass die Bäume für diese Böden um 1460 gefällt<br />
wurden, vermutlich für die von Bischof Walter II. Super-<br />
saxo (ca. 1402–1482) um 1475 angeordnete Rekons-<br />
truktion des Schlosses. Diese Balken gehören heute zu<br />
den sehr wenigen Hölzern, die im alten Kontext erhalten<br />
werden konnten.<br />
40: Ansicht von <strong>Leuk</strong>, James<br />
Pattison Cockburn, 1822.<br />
Ein weiterer Eingriff in die Bausubstanz erfolgte 1952<br />
mit dem Einbau des Theatersaals, im Saalgeschoss des<br />
Palas. Im Zuschauerraum wurde die Bodenebene tiefer-<br />
gelegt, die seitliche Mauerabtreppung wandbündig zu-<br />
rückgespitzt und im Osten eine neue Türe geöffnet.
Alessandra Antonini – <strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
1954/55 wurde zwischen Turm und Palas eine Kantine<br />
angebaut und durch eine neue Türe mit demErdgeschoss<br />
des Turms verbunden.<br />
2005–2008 war eine durchgreifende Erneuerung der<br />
Anlage im Gange. Das Projekt trägt die Handschrift von<br />
Architekt Mario Botta, die Ausführung oblag dem orts-<br />
ansässigen Architekturbüro Archpark AG. Mit Aus-<br />
nahme der neuen gläsernen Kuppel auf dem Turm treten<br />
die neuen Einbauten aussen kaum in Erscheinung. Die<br />
Fassaden wurden sorgfältig restauriert. Im Innern griff<br />
man hingegen stark in die Substanz ein. Das Ziel, die<br />
Burgruine einer neuen Funktion zuzuführen, die moder-<br />
nen Anforderungen genügt, hat Opfer gefordert. Sanitäre<br />
Einrichtungen, Lift, Fluchtwege, Heizung und Leitun-<br />
gen, Akustik sowie Sicherheitsmargen der Decken- und<br />
Dachkonstruktionen fordern einen hohen Tribut.<br />
Resumé<br />
Les recherches archéologiques centrées sur la construction du<br />
château épiscopal se sont étendues sur un longue période. En<br />
1986, la partie aval du mur de soutènement de la Turmmatte a<br />
été rénovée, en 1988/89 la cour du château a fait l’objet de recherches<br />
et le mur d’enceinte a été renforcé, en 2001 ont suivi<br />
les sondages dans les pièces intérieures, en 2005/06 les façades<br />
ont été restaurées et en 2007, une sortie de secours a été<br />
aménagée sur la Turmmatte, laquelle a permis la découverte<br />
d’une construction annexe. Ce secteur met en relation l’histoire<br />
complexe de l’architecture du Château de l’Evêché avec le<br />
contexte historique. La difficulté consistait à établir une corrélation<br />
entre les phases de construction et les différents éléments<br />
de l’édifice (donjon, palais, tours d’escalier et annexe), bien<br />
que souvent aucune intégration chronologique manifeste des<br />
phases de construction n’ait été possible.<br />
Les résultats les plus anciens observés dans l’enceinte du château,<br />
deux inhumations en terre, appartiennent au cimetière<br />
de la chapelle St-Peter, laquelle remonte au début du Moyenâge.<br />
La construction du siège épiscopal semble avoir débuté<br />
au 12 ème siècle avec l’édification de la tour. La résidence, une<br />
grande salle de deux étages, dotée d’un crénelé en étain, a probablement<br />
été construite au cours du 2 ème quart du 13 ème siècle,<br />
tout comme le mur d’enceinte qui entourait la tour, formant<br />
une cour au moins en partie bâtie: entre le palais et la tour, il y<br />
avait une aile de raccordement de plusieurs étages et à l’ouest<br />
de la tour une annexe dotée d’un foyer central.<br />
La détérioration de l’aménagement pendant les années 1291/96<br />
a abouti à une phase de rénovation, qui a conduit à une occupation<br />
encore plus dense de la cours. Autour de 1300 ou au<br />
début de 14 ème siècle, le palais a notamment été agrandi. Dans<br />
la nouvelle partie du bâtiment, une gigantesque cheminée a vu<br />
le jour, et dans l’ancienne partie du bâtiment, un «bifore roman»,<br />
une construction à deux éléments, laquelle domine encore<br />
aujourd’hui l’apparence des façades est et sud, a été greffé.<br />
Encore au 14 ème siècle, la construction du toit sur le palais et<br />
l’annexe contigüe a été remplacée par un pignon à redents uniforme.<br />
Sont caractéristiques de cette phase de construction le<br />
montagedevoûtes maçonnées dans le palais et la tour ainsi que<br />
le rapetissement des fenêtres de l’annexe du palais.<br />
Au début du 15 ème siècle, le château épiscopal a été pillé et incendié,<br />
tout comme les autres édifices de la région. Les bâtiments<br />
principaux ont néanmoins échappé à la destruction. Ils<br />
ont été remis en état autour de 1475 par l’Evêque Walter II<br />
Supersaxo. Foyers, poêles et un nouvel agencement en bois<br />
attestent de l’aménagement du château au cours de la première<br />
partie du 16 ème siècle, sous l’Evêque Adrian I von Riedmatten.<br />
Depuis la fin du 17 ème siècle, le château a perdu de l’importance.<br />
Il est passé en mains privées en 1805, pour finalement<br />
être racheté en 1934 par la commune. Depuis 2005 une réfection<br />
radicale est en cours. Le projet de la Fondation du<br />
Château de Loèche a été placé sous la houlette de l’architecte<br />
Mario Botta.<br />
Sandrine Wasem (Thun)<br />
Riassunto<br />
Le indagini archeologiche nel castello vescovile si sono protratte<br />
per un lungo periodo di tempo. Nel 1986 fu consolidato<br />
il muro di sostegno (lato valle) della zona prativa «Turmmatte»,<br />
mentre nel 1988/89 gli interventi di restauro hanno<br />
interessato gli interni del castello, la corte e la cinta muraria.<br />
A partire dal 2001 furono eseguiti alcuni sondaggi nel sottosuolo<br />
dei corpi di fabbrica, a cui nel 2005/6 seguì il restauro<br />
dellefacciate. Nel 2007, con l’apertura di un’uscita di sicurezza<br />
sulla «Turmmatte», vennero alla luce anche i resti di un edificio<br />
annesso.<br />
Questo articolo connette il complesso sviluppo architettonico<br />
del castello vescovile con il contesto storico. Le difficoltà maggiori<br />
si sono riscontrate nella correlazione delle varie fasi di costruzione<br />
dei singoli edifici (torre d’abitazione, palazzo, torri<br />
delle scale ed edifici annessi), e specialmente nei molti casi dove<br />
il collegamento cronologico non era evidente.<br />
I resti archeologici più antichi riscontrati sul sedime del<br />
castello, ovverosia due sepolture, appartengono al cimitero<br />
della cappella di San Pietro, risalente all’Alto Medioevo. La<br />
42 Blondel 1956 (wie Ann. 13) 33.<br />
43 Anton Gattlen, L’estampe topographique du Valais 1548–1850,<br />
no 816, Tafel VII).<br />
44 Renaud Bucher, Schloss <strong>Leuk</strong> oder ein Städtchen im Botta-Fieber.<br />
In: Gesicherte Ruine oder ruinierte Burg? Schweizer Beiträge zur<br />
Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 31 (Basel 2005)<br />
218–220; Donnet/Blondel 1963 (wie Anm. 15) 117.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
41
Alessandra Antonini –<strong>Leuk</strong>, <strong>Bischofsschloss</strong> – Bauentwicklung im Lichte der jüngsten Untersuchungen<br />
costruzione della residenza vescovile risale probabilmente<br />
al XII secolo, periodo durante il quale cominciarono anche i<br />
lavori per la costruzione della torre. La residenza vera epropria,<br />
un edificio adue piani con una sala grande, coronato<br />
da una merlatura, risale probabilmente alla prima metà del<br />
XIII secolo. Allo stesso periodo appartiene anche il muro di<br />
cinta che racchiude la torre elacorte. Il palazzo elatorre<br />
erano riuniti da un corpo di fabbrica, mentre ad ovest della<br />
torre si ergeva un edificio annesso con focolare collocato in<br />
posizione centrale.<br />
Dopo il danneggiamento del castello negli anni 1291/96 furono<br />
intrapresi nuovi interventi edilizi, che portarono alla costruzione<br />
di vari edifici sull’area della corte. A ciò si aggiunse,<br />
intorno al 1300 o nei primi decenni del XIV secolo, un ampliamento<br />
del palazzo. La parte nuova del palazzo fu provvista<br />
di un’imponente camino, mentre nella parte più antica fu<br />
aggiunta una bifora «romanica». Questi due elementi architettonici<br />
caratterizzano ancora oggi la facciata orientale e meridionale.<br />
I frontoni a gradoni, che caratterizzano il palazzo<br />
e gli edifici annessi, andarono a sostituire nel XIV secolo una<br />
strutturadel tetto più antica. Caratteristici per questa fase sono<br />
l’inserimento di alcune volte in muratura nel palazzo e nella<br />
torre e la riduzione delle dimensioni delle finestre nell’edificio<br />
annesso al palazzo.<br />
Agli inizi del XV secolo il castello vescovile, analogamente agli<br />
altri castelli esistenti nella regione, fu saccheggiato e dato alle<br />
fiamme. Gli edifici principali, risparmiati dalle demolizioni, furono<br />
restaurati nel 1475 sotto il vescovo Walter II Supersaxo.<br />
I focolari, le stufe e anche l’arredamento ligneo risalgono invece<br />
alla fase di ampliamento che il castello subì nel XVI secolo<br />
sotto il vescovo Adriano I di Riedmatten. A partire dal<br />
XVII secolo il castello perse sempre più la sua funzione originale.<br />
Nel 1805 diventò proprietà privata, mentre nel 1934<br />
passò al comune. Dal 2005 si stanno susseguendo gli interventi<br />
di restauro. Il progetto della fondazione «Schloss <strong>Leuk</strong>» è firmato<br />
dall’architetto Mario Botta.<br />
Christian Saladin (Origlio/Basilea)<br />
Resumaziun<br />
Las perscrutaziuns archeologicas dal chastè episcopal èn s’extendidas<br />
sur ina lunga perioda da temp. Il 1986 è vegnì sanà<br />
il mir da sustegn da la «Turmmatte», la prada vers la val; ils<br />
onns 1988/89 è la restauraziun sa concentrada sin la part interna<br />
dal chastè, la curt ed il mir da tschinta. A partir dal<br />
2001 èn suandads intgins sondagis dal sutterren dals edifizis<br />
ed il 2005/06 èn vegnidas restauradas las fatschadas. L’avertura<br />
d’ina sortida d’urgenza sin la «Turmmatte» il 2007 ha era<br />
purtà a la glisch las restanzas d’in edifizi annex.<br />
Quest artitgel collia il svilup architectonic cumplex dal chastè<br />
episcopal cun il context istoric. Las difficultads principalas<br />
èn sa manifestadas en la correlaziun da las differentas fasas da<br />
construcziun dals singuls edifizis (tur d’abitar, palaz, turs da las<br />
stgalas ed edifizis annexs), surtut en ils blers cas nua ch’il colliament<br />
cronologic n’era betg evident.<br />
42 Mittelalter 15, 2010 /1<br />
Las restanzas archeologicas las pli veglias sin l’areal dal chastè,<br />
dus enterraments, fan part dal champ da fossas da la chaplutta<br />
da Son Pieder che datescha dal temp medieval tempriv. La construcziun<br />
da la sedia episcopala ha probablamain cumenzà en il<br />
12avel tschientaner cun l‘erecziun da la tur. La residenza sezza,<br />
in edifizi da dus plauns cun ina sala gronda curunada d’ina<br />
curnisch dentada, deriva probablamain da l’emprima mesadad<br />
dal 13avel tschientaner. Da la medema perioda è er il mir<br />
da tschinta che circumdava la tur e la curt. Il palaz e la tur eran<br />
colliads cun in tract da plirs plauns ed al vest da la tur sa chattava<br />
in edifizi annex cun ina fuaina en il center.<br />
Suenter ch‘il chastè è vegnì donnegià ils onns 1291/96, è suandada<br />
ina fasa da renovaziun che ha manà a la construcziun da<br />
numerus edifizis sin l’areal da la curt. Enturn l‘onn 1300 u a<br />
l’entschatta dal 14avel tschientaner è vegnì amplifitgà il palaz.<br />
La part nova dal palaz è vegnida equipada cun in chamin imposant,<br />
la part pli veglia ha survegnì ina bifora «romana».<br />
Quests dus elements architectonics caracteriseschan anc oz<br />
las fatschadas vers ost e vers sid. La construcziun da tetg sur<br />
il palaz e l’annexa vischina è vegnida remplazzada anc en il<br />
14avel tschientaner tras in culmar a stgala. Caracteristicas per<br />
questa fasa èn l‘integraziun d’intgins arvieuts da mir en il palaz<br />
ed en la tur e la reducziun da la grondezza da las fanestras en<br />
l’edifizi annex dal palaz.<br />
A l’entschatta dal 15avel tschientaner è il palaz episcopal vegnì<br />
sblundregià ed arsentà sco tut ils auters chastels da la regiun.<br />
Ils edifizis principals, preservads da la demoliziun, èn vegnids<br />
restaurads il 1475 sut l’uvestg Walter II Supersaxo. Las fuainas,<br />
las pignas ed era il furniment da lain renvieschan però ad<br />
ina fasa da renovaziun dal chastè en l’emprima part dal 16avel<br />
tschientaner sut l’uvestg Adrian I da Riedmatten. A partir dal<br />
17avel tschientaner ha il chastè pers pli e pli sia funcziun primara.<br />
Il 1805 è el daventà proprietad privata, il 1934 è el ì en<br />
possess da la vischnanca. Dapi il 2005 vegn il chastè sanà cumplettamain.<br />
Per il project da la fundaziun «Schloss <strong>Leuk</strong>» segna<br />
l’architect Mario Botta.<br />
Lia Rumantscha (Cuira/Chur)<br />
Abbildungsnachweis<br />
7, 19/20, 22, 27, 36: Bureau Lehner<br />
4, 14/15, 21, 24/25, 31, 33, 35: Thomas Andenmatten<br />
10, 34: Archiv der kantonalen Denkmalpflege<br />
1–3, 5/6, 8/9, 11–13, 16–18, 23, 26, 28–30, 32, 37/38 (Zeichnungen<br />
A. Henzen und M. de Morsier Moret): Bureau TERA Sàrl<br />
Plannachweis:<br />
Archäologische Grenzen und Interpretation: Bureau TERA Sàrl, Sion.<br />
Planreinzeichnung: Andreas Henzen und Marianne de Morsier Moret.<br />
Plangrundlage: ARCHÉOTECH SA, Epalinges.<br />
Adresse der Autorin<br />
Alessandra Antonini<br />
Chemin de la Crète 12<br />
1967 Bramois
Kurzmitteilungen<br />
Restauration des façades<br />
de l’aile romane du Château<br />
de Neuchâtel<br />
Elles ont fait peau neuve, elle revivent,<br />
elles sont belles, fières et majestueuses!<br />
Après quatre mois de travaux, les façades<br />
de l’aile romane du Château de<br />
Neuchâtel ont retrouvé leur aspect d’origine.<br />
Un état de dégradation très avancé<br />
des parements et des sculptures ayant été<br />
constaté ces dernières années, le Conseil<br />
d’Etat a accordé début 2009 un crédit de<br />
400 000 francs pour la restauration de<br />
ce monument d’intérêt national, voire<br />
international.<br />
Quelques mots d’histoire<br />
Neuchâtel est cité pour la première fois<br />
en 1011. C’est alors un château dont la<br />
grande salle, une « aula » royale bourguignonne<br />
des environs de l’an mil plusieurs<br />
fois remaniée, abrite aujourd’hui<br />
la Salledes Etats. Au milieu du 12 e siècle,<br />
le logis des nouveaux seigneurs de Neuchâtel<br />
et un porche d’entrée sont adossés<br />
à la façade sud de l’aula. Les façades<br />
richement sculptées de ce logis<br />
constituent le plus remarquable exemple<br />
d’architecture civile romane conservé en<br />
Suisse.<br />
Au milieu du 19 e siècle, l’archéologue<br />
Frédéric Dubois de Montperreux en découvre<br />
les vestiges masqués par le pres-<br />
Veranstaltungen<br />
Oberriet SG<br />
Museum Rothus und Heimatmuseum<br />
Montlingen<br />
«Faszination Archäologie»<br />
9. Mai–25. Juli 2010, jeweils jeden zweiten<br />
und vierten Sonntag<br />
soir du château, avant que ceux-ci ne<br />
soient restaurés en 1866/67 par le sculpteur<br />
Joseph-Antoine Custor. De nombreux<br />
fragments sculptés originaux alors<br />
prélevés sont aujourd’hui exposés au<br />
Laténium, musée cantonal d’archéologie<br />
à Hauterive. Diverses interventions<br />
auront lieu à la fin du 19 e et au début du<br />
20 e siècle.<br />
Mise en valeur du décor architectural<br />
roman<br />
Suite au constat d’un état de dégradation<br />
très avancé des parements et des sculptures<br />
ces dernières années, le Conseil<br />
14–18 Uhr oder nach Vereinbarung (071<br />
760 02 22)<br />
Vernissage 8. Mai 2010, 18 Uhr<br />
Vortrag der Kantonsarchäologin Dr. Regula<br />
Steinhauser-Zimmermann: «Archäologie<br />
im Kanton St. Gallen» im Museum<br />
Rothus<br />
Kurzmitteilungen<br />
d’Etat a accordé début 2009 au Service<br />
des bâtiments un crédit de 400 000<br />
francs pour la restauration de ce monument<br />
d’intérêt national, voire international,<br />
et pour la mise aux normes de sécurité<br />
du jardin du château.<br />
Les travaux de conservation, consolidation,<br />
restauration et présentation ont<br />
été réalisés par l’atelier de conservationrestauration<br />
Marc Stähli, à Auvernier.<br />
Pour sa part, l’Office de la protection des<br />
monuments et des sites a mené l’étude<br />
archéologique approfondie du bâtiment,<br />
ce qui a permis de mieux connaître son<br />
aspect original et d’aider aux choix de<br />
restauration et de mise en valeur.<br />
La restauration des façades est aujourd’hui<br />
achevée par la pose d’une peinture<br />
protectrice, qui met également en<br />
valeur, par une discrète polychromie,<br />
le décor architectural roman. Celle du<br />
porche, qui a particulièrement souffert<br />
de l’humidité et d’autres facteurs de dégradation,<br />
sera achevée au printemps<br />
2010, les températures basses de l’hiver<br />
ne permettant pas l’utilisation des produits<br />
de conservation nécessaires.<br />
(République et Canton de Neuchâtel,<br />
Chancellerie d’État – bureau de la communication,<br />
14 déc. 2009)<br />
Gibt es eigentlich nur «die eine Archäologie»?<br />
Was machen Archäologen? Diesen<br />
und weiteren Fragen geht die Ausstellung<br />
anhand von Beispielen aus dem<br />
Gebiet der politischen Gemeinde nach.<br />
Mittelalter 15, 2010/1<br />
43
Veranstaltungen / Publikationen<br />
Frauenfeld TG<br />
Ankündigung Kolloquium SPM Oktober<br />
2010<br />
Obwohl Bayern einen riesigen Bestand<br />
an mittelalterlichen Burgen, Ruinen und<br />
Burgställen aufweist, wurde nur ein geringer<br />
Teil dieser Anlagen archäologisch<br />
untersucht. Besonders bezüglich der Genese<br />
der mittelalterlichen Adelsburg bestehen<br />
noch viele offene Fragen, auch<br />
wenn die Forschung in den letzten Jahren<br />
grosse Fortschritte bei deren Klärung<br />
erzielen konnte. Das Hauptinteresse galt<br />
vor allem wichtigen Dynastenburgen,<br />
die aber für die Masse der meist nur lokal<br />
bedeutenden Adelssitze nicht repräsentativ<br />
sind.<br />
Bei der Untersuchung des spätrömischen<br />
Kastells «Submuntorium» / Burghöfe bei<br />
Mertingen waren erste Einblicke in die<br />
Frühzeit des dortigen Burgstalls zu gewinnen,<br />
von dem ausser einigen Metallfunden<br />
des älteren und hohen Mittelalters<br />
kaum etwas bekannt war. Dies<br />
bot die Möglichkeit, die Entstehung und<br />
Entwicklung einer kleinen Adelsburg zu<br />
erforschen.<br />
Ziel dieser Arbeit ist die Vorlage der<br />
mittelalterlichen Befunde und Funde<br />
und deren Einbindung in einen lokalhistorischen<br />
Kontext. Bewusst wurde<br />
ein Schwerpunkt auf die typologischchronologische<br />
Einordnung des umfangreichen<br />
Fundmaterials gelegt, das in<br />
Zukunft einen wichtigen Referenzkomplex<br />
für Siedlungsfunde im nördlichen<br />
Publikationen<br />
NIKE-Bulletin 1-2/2010<br />
Thema der Europäischen Tage des<br />
Denkmals 2010: Am Lebensweg -<br />
Cycles de vie - I Cicli della vita<br />
Schwerpunkte:<br />
Kulturgut auf Schritt und Tritt. Gesprächsnotizen<br />
(aufgezeichnet von Boris<br />
44 Mittelalter 15, 2010/1<br />
Bayerisch-Schwaben mit einer zeitlichen<br />
Spannweite vom späten 7. bis in das 15.<br />
Jahrhundert darstellen dürfte.<br />
Von der Infotafel zur Museumsburg<br />
Burgenrekonstruktion und museale<br />
Präsentation von Geschichte<br />
10.–12. Juni 2010<br />
Museum Riedlingen, Wochenmarkt 3<br />
D-88499 Riedlingen<br />
Donnerstag, 10. Juni 2010<br />
09.00 Uhr Stefan Uhl, Warthausen:<br />
Die Bachritterburg in Kanzach (Arbeitstitel)<br />
10.00 Uhr Thomas Bitterli, Basel:<br />
Guédelon –Museumsbaustelle oder Testfeld<br />
für experimentelle Archäologie?<br />
11.00 Uhr Jens Friedhoff, Limbach:<br />
Burgenzauber – museale Präsentation<br />
von Burgen zwischen Romantik und<br />
Kommerz<br />
12.00 Uhr Hans-Heinrich Haeffner,<br />
Weissenburg: Burgenbau in der Freizeitgesellschaft<br />
13.30 Uhr Mittagessen<br />
ab 14.30 UhrHalbtagsexkursion zu Burgen<br />
der Umgebung<br />
Freitag, 11. Juni 2010<br />
10.00 Uhr Besichtigung der Bachritterburg<br />
in Kanzach, anschliessend Frei-<br />
Schibler); Walter Leimgruber: Feste –<br />
Rhythmus des Lebens; Estelle Fallet:<br />
Tempus fugit …; Boris Schibler: Schulhausbauten<br />
in der Schweiz; Ursula Karbacher:<br />
Ein Monument aus Spitze; Alex<br />
R. Furger: Beiseite geschafft. Römische<br />
Abfallentsorgung unter dem Theater von<br />
Augusta Raurica;<br />
lichtmuseum in Federsee und Heuneburg<br />
an der Donau. Führung durch<br />
Dr. Stefan Uhl.<br />
Samstag, 12. Juni 2010<br />
ab 09.30 Uhr Besichtigung der Waldburg,<br />
Stadtführung durch Ravensburg<br />
mit Stadtmauerrundgang und Humpis-<br />
Quartier (geplantes historisches Museum).<br />
Führung durch Dr. Stefan Uhl.<br />
Schriftliche oder telefonische Anmeldung<br />
an: Europäisches Burgeninstitut,<br />
Postfach 67, Philippsburg, D-56338<br />
Braubach, Tel. +49 (0)2627-97 41 56,<br />
Fax: +49 (0)2627-97 03 94, E-Mail:<br />
ebi.sekretariat@deutsche-burgen.org<br />
Teilnehmerzahl: mindestens 20, höchstens<br />
50 Personen. Bei geringerer Beteiligung<br />
kann das Seminar nur unter anderen<br />
Konditionen stattfinden.<br />
Teilnehmerpreis: h 150.– für Mitglieder<br />
der DBV, h 175.– für Nicht-Mitglieder.<br />
Der Preis enthält Seminarkosten,<br />
Exkursionskosten, Eintrittsgelder, Verpflegung<br />
während der Tagung (Pausen,<br />
Mittagessen). Zu den Mahlzeiten ist Mineralwasser<br />
im Preis inbegriffen, andere<br />
Getränke sind privat zu zahlen. Die Exkursionen<br />
sollten möglichst mit Privat-<br />
PKWs durchgeführt werden.<br />
Bitteüberweisen Sie den Teilnehmerpreis<br />
unter dem Stichwort «Burgenseminar<br />
Riedlingen» auf das Konto 202 508 200<br />
bei der Volksbank Rhein-Lahn eG (BLZ<br />
570 928 00).<br />
Laurence Marti: Le contrôle du passage<br />
à l’âge adulte. Sociétés, compagnies<br />
ou confréries de garçons; Guy Krneta:<br />
Möbel.<br />
Mitglieder des Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong>s<br />
können ein Exemplar unentgeltlich<br />
bei der Geschäftsstelle beziehen.
Matthias Untermann<br />
Handbuch der mittelalterlichen<br />
Architektur<br />
Theiss Verlag 2009 –400 Seiten mit ca.<br />
190 Abbildungen. 17×24 cm, gebunden,<br />
i 49.90<br />
ISBN 978-3-8062-2158-9<br />
Burgen, Pfalzen, Kirchen und Klöster<br />
Mittelalterliche Architektur ist aussergewöhnlich<br />
vielseitig und prägend für<br />
unser Kulturerbe. Kirchen und Klöster,<br />
Burgen und Rathäuser, städtische und<br />
dörfliche Bauwerke sind Zeugnisse einer<br />
bedeutenden Epoche, die uns heute zuweilen<br />
fremd ist. Welche Baustoffe verwendete<br />
man im Mittelalter? Welche<br />
Stile und Gebäudetypen gab es und wie<br />
entwickelten sie sich? Und vor allem: In<br />
welchem Zusammenhang stehen diese<br />
Entwicklungen mit dem Lauf der Geschichte?<br />
Mit seiner übersichtlichen und reich bebilderten<br />
Darstellung bietet Matthias<br />
Untermann ein praktisches und umfassendes<br />
Nachschlagewerk, einen Schatz<br />
für jeden Kunsthistoriker, Architekten,<br />
Denkmalpfleger oder allgemein an der<br />
Kunstgeschichte Interessierten. An erhaltenen<br />
Bauwerken mittelalterlicher<br />
Gebäude und einzigartigen Plänen und<br />
Skizzen zeigt er die Charakteristika der<br />
einzelnen Gebäudetypen auf und schildert<br />
eingängig die Entwicklung, die sie<br />
über die Jahrhunderte nahmen.<br />
Kunst- und Architekturliebhaber können<br />
sich freuen: Endlich gibt es das grosse<br />
Handbuch zur mittelalterlichen Baukunst.<br />
Bauaufgaben<br />
I. Der Kirchenbau<br />
Bautypen / Elemente des Kirchengebäudes<br />
/ Funktionen<br />
II. Kloster und Stift<br />
Funktionsräume / Struktur der Klosteranlagen<br />
III. Bauten der jüdischen Gemeinschaften<br />
Synagoge / Mikwe / Tanzhaus<br />
IV. Bauten weltlicher Herrschaft<br />
Bauten der Könige, Landesherren und<br />
Bischöfe / Landsässiger Adel und Dienst-<br />
adel / Räume adliger Repräsentation /<br />
Gebäude in Pfalz und Burg<br />
V. Stadt<br />
Städtebau / Bauten der Herrschaft / Bauten<br />
der Bürgerschaft / Privatbauten<br />
VI. Dorf<br />
Siedlungsstruktur / Plananlage von Dörfern<br />
/ Dörfliches Baurecht / Höfe der<br />
Grundherrschaft / Bauten der dörflichen<br />
Gemeinschaft / Adelshof – Klosterhof /<br />
Bauernhaus / Scheune 240 / Grubenhaus<br />
/ Mühle / Grangie<br />
Bauformen und Bautechnik<br />
I. Holzbau<br />
Holztransport und -bearbeitung / Massivholzbau<br />
/ Fachwerkbau / Dachwerk /<br />
Wände und Decken<br />
II. Steinbau<br />
Baumaterial / Baubetrieb und Baukonstruktion<br />
/ Stützensystem / Wandgliederung<br />
/ Türen und Fenster / Ausstattung /<br />
Gewölbe / Steinernes Dach<br />
III. Die Haut des Bauwerks<br />
Aussenwand / Dach / Innenwand / Fussboden<br />
/ Tür und Fenster / Decke<br />
Anhang<br />
Glossar / Literatur / Schlagwortverzeichnis<br />
/ Ortsregister / Abbildungsnachweis<br />
Arnold Esch<br />
Wahre Geschichten aus dem<br />
Mittelalter<br />
Kleine Schicksale selbst erzählt in Schreiben<br />
an den Papst<br />
C.H.Beck München 2010 –223 Seiten mit<br />
25 Abbildungen. Gebunden, CHF 39.90<br />
ISBN 978-3-406-60133-0<br />
Er habe beim Brand der Stadt, als der<br />
Feuersturm durch die Strassen fegte, einen<br />
alten Mann, der ihm aus den Flammen<br />
entgegenkam, in seinen Keller aufgenommen,<br />
dann aber selbst das Haus<br />
durch den Hintereingang verlassen und<br />
das Weite gesucht. So erzählt, das Gewissen<br />
belastet vom Erstickungstod jenes<br />
Alten, ein Priester eine traumatische<br />
Begebenheit seines Lebens. Und so<br />
berichten in diesem Buch viele andere,<br />
Publikationen<br />
die eigentlich nicht die geringste Chance<br />
hatten, in eine historische Quelle hineinzufinden.<br />
Hier aber kommen sie nicht<br />
nur vor, sie kommen sogar zu Wort –<br />
erzählen aus ihrem Leben, ja ganze Lebensgeschichten:<br />
wahre Kurzgeschichten<br />
aus dem späten Mittelalter.<br />
Arnold Esch hat aus Gesuchen an den<br />
Papst die Lebenswelten mittelalterlicher<br />
Menschen freigelegt:bittere Jugend, erste<br />
Liebe, Streit im Wirtshaus, Spiel und<br />
Unterhaltung, Mord und Totschlag, Erwartungen<br />
und Enttäuschungen, Schuldigwerden<br />
im Alltag und im Krieg. In<br />
seinen elegant erzählten Miniaturen<br />
wird das Mittelalter einmal aus allernächster<br />
Nähe mit den Augen der Betroffenen<br />
betrachtet und gerade dadurch<br />
ungewöhnlich anschaulich.<br />
Bruno Meier / Dominik Sauerländer<br />
Regensberg<br />
Geschichte von Burg, Stadt und Stiftung<br />
Schloss Regensberg<br />
Das Buch zur Ausstellung im Turm<br />
Schloss Regensberg<br />
Verlag hier+jetzt Baden 2009 – 112 Seiten,<br />
62 Abb. Broschiert, CHF 28.–<br />
ISBN 978-3-03919-132-1<br />
Hoch über dem Zürcher Unterland auf<br />
dem letzten Jura-Ausläufer thront das<br />
Städtchen Regensberg. Mit seinem charakteristischen<br />
runden Turm ist es ein<br />
beliebtes Ausflugsziel und ein bevorzugter<br />
Aussichtspunkt. Das 125-Jahr-Jubiläum<br />
der Stiftung Schloss Regensberg<br />
ist Anlass für eine kleine Geschichte des<br />
Städtchens.<br />
Regensberg ist eine Gründung der Freiherren<br />
von Regensberg aus der ersten<br />
Hälfte des 13. Jh. 1409 erwarb der Staat<br />
Zürich die Herrschaft Regensberg und<br />
machte das Städtchen zum Vogteisitz.<br />
Das Buch zeichnet das Entstehen der<br />
Stadt und ihre wechselvolle Geschichte<br />
unter Regensbergern, Habsburgern und<br />
Zürchern nach. Es schildert vor allem<br />
auch die pionierhafte Gründung der Anstalt<br />
für schwachsinnige Kinder im Jahr<br />
1883 durch die Gemeinnützige Gesellschaft<br />
des Kantons Zürich. Die Stiftung<br />
Schloss Regensberg mit Schule und Lehrbetrieben<br />
prägt bis heute das Städtchen,<br />
Mittelalter 15, 2010/1 45
Publikationen<br />
das sich zum bevorzugten Wohnort der<br />
Agglomeration Zürich entwickelt hat.<br />
Inhalt: Ein Überblick: Regensberg von<br />
1200 bis heute – Regensberg, Zentrum<br />
einer mittelalterlichen Dynastie – Burg<br />
und Stadt Regensberg im Mittelalter –<br />
Regensberg im Staat Zürich –Geschichte<br />
des Schlosses zwischen 1400 und 1800 –<br />
Alltag in Schloss und Stadt – Schloss und<br />
Stadt von 1800 bis heute – Die Stiftung<br />
Schloss Regensberg – Der Regensberger<br />
Turmhelm.<br />
Peter Niederhäuser (Hrsg.)<br />
Die Habsburger zwischen Aare<br />
und Bodensee<br />
Mit Beiträgen von Harald Derschka, Roland<br />
Gerber, Andre Gutmann, Manfred<br />
Hollegger, Rainer Hugener, Martina<br />
Huggel, Nathalie Kolb Beck, Bruno<br />
Meier, Claudia Moddelmog, Peter Niederhäuser,<br />
Alois Niederstätter, Christian<br />
Sieber, Werner Wild und Benedikt Zäch.<br />
Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft<br />
in Zürich, Band 77 / 2009.<br />
Er sei als Habsburger «ein geborener,<br />
guter Eidgenosse», verkündete Maximilian<br />
1507 in Konstanz und erinnerte so<br />
an die aargauischen Wurzeln der Habsburger<br />
und an die frühere Herrschaft<br />
auf dem Gebiet der heutigen Schweiz.<br />
Auch wenn seit dem Spätmittelalter die<br />
angeblich unversöhnlichen Gegensätze<br />
zwischen Habsburg und der Eidgenossenschaft<br />
betont wurden, machen das<br />
Herkommen und die ursprüngliche Bedeutung<br />
der Habsburger deutlich, dass<br />
auch sie Teil der Schweizer Geschichte<br />
sind.<br />
Unter dem Eindruck einer «nationalen»<br />
Geschichtsschreibung wurde Schweizer<br />
Geschichte jedoch lange vor allem<br />
aus der Innerschweizer Perspektive betrachtet.<br />
Erst die letzten Jahre brachten<br />
eine Hinterfragung der klassischen<br />
Geschichtsbilder und eine Verschiebung<br />
der Gewichtungen. In den Vordergrund<br />
rückte nicht zuletzt die habsburgische<br />
Vergangenheit. Statt den Schlachten<br />
galt – und gilt – das Interesse jetzt alltäglicheren<br />
Formen des Mit- und Gegeneinanders,<br />
die weit stärker von Kontinuität<br />
als von Abgrenzung geprägt waren und<br />
46 Mittelalter 15, 2010/1<br />
Fragen beispielsweise nach der Rolle<br />
des Adels und der kleineren Städte, nach<br />
den Strukturen der habsburgischen Landesherrschaft<br />
und Verwaltung oder nach<br />
der Macht der Erinnerung aufwerfen.<br />
Diese Sicht führt das vorliegende Buch<br />
fort, das in insgesamt vierzehn Beiträgen<br />
die habsburgische Herrschaft im Spannungsfeld<br />
von Archiv und Burgenbau,<br />
von Reisetätigkeit und Münzprägung,<br />
von Fürsten und ihrer Klientel oder von<br />
Klostergründungen und Grablegen thematisiert<br />
und so ein neues Bild der «habsburgischen»<br />
Vergangenheit der Schweiz<br />
zeichnet.<br />
Karin Schneider-Ferber<br />
Alles Mythos!<br />
20 populäre Irrtümer über das<br />
Mittelalter<br />
Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2009 –<br />
256 Seiten, 14,5×22 cm. Broschiert.<br />
ISBN 978-3-8062-2237-1<br />
Um kaum eine historische Epoche ranken<br />
sich derart viele und widersprüchliche<br />
Mythen wie um das Mittelalter.<br />
Es gilt als Inbegriff einer finsteren Zeit<br />
voll abergläubischer Intoleranz und<br />
grausamer Gewalt: verschwenderische<br />
Fürsten unterdrückten rücksichtslos das<br />
darbende Volk, an jeder Ecke standen<br />
Galgen, brannten Scheiterhaufen – und<br />
schon ein fauler Zahn konnte den Tod<br />
bedeuten. Gleichzeitig wird das Reich<br />
der Ritter oft auch als ein harmonisches<br />
Zeitalter verklärt, in dem wohlgeordnete<br />
soziale Verhältnisse herrschten und<br />
der Mensch im Einklang mit Gott und<br />
der Natur ein sinnerfülltes, einfaches Leben<br />
führte. Doch wo liegt die historische<br />
Wahrheit?<br />
Dieses Buch greift die häufigsten Irrtümer<br />
über das Mittelalter auf und zeigt<br />
unterhaltsam und kurzweilig anhand aktueller<br />
wissenschaftlicher Erkenntnisse,<br />
dass damals vieles anders war, als man es<br />
sich heute gemeinhin vorstellt.<br />
Inhalt:<br />
1. Irrtum: Das Mittelalter war finster,<br />
und die Menschen waren dumm und<br />
ungebildet; 2. Der mächtige Kaiser<br />
herrschte unumschränkt über das Abendland;<br />
3. König und Adel lebten in Saus<br />
und Braus, während das einfache Volk<br />
erbärmlich darbte; 4. Ritter waren edel<br />
und gut; 5. Im Mittelalter waren die<br />
Menschen wenig mobil und kamen aus<br />
ihrem Dorf nicht heraus; 6. Burgen waren<br />
uneinnehmbare Bollwerke; 7. Bürger<br />
einer Stadt waren im Mittelalter<br />
frei; 8. Im Mittelalter gab es noch keine<br />
Bürokratie; 9. Im Mittelalter gab es keine<br />
Globalisierung; 10. Das Mittelalter war<br />
wenig innovativ und technikfeindlich;<br />
11. Im Mittelalter herrschte pure Willkür<br />
und brutale Folter; 12. Im Mittelalter<br />
wurden Hexen verbrannt; 13. Im<br />
Mittelalter war die Frau ein rechtloses<br />
Anhängsel des Mannes; 14. Das Mittelalter<br />
war eine zutiefst religiöse Zeit;<br />
15. Kreuzzüge waren rein religiöse Unternehmungen<br />
und dienten nur der<br />
Verteidigung des Glaubens; 16. Im<br />
Mittelalter waren die Menschen sittenstreng;<br />
17. In den mittelalterlichen<br />
Klöstern herrschten skandalöse Missstände;<br />
18. Die Kirche war im Mittelalter<br />
ein rückwärtsgewandter Hort der<br />
Unterdrückung; 19. Im Mittelalter war<br />
die Umwelt noch sauber und die Menschen<br />
lebten im Einklang mit der Natur;<br />
20. Irrtum: Das Mittelalter ist vergangen<br />
und vorbei – viel Spass beim Lesen!<br />
Isabelle Cattedu<br />
L’archéologie médiévale en France :<br />
le premier Moyen-Age<br />
Collection : Archéologies de la France,<br />
Coédition La Découverte – Inrap, Paris<br />
2009 – 180 pages, pas d’illustrations,<br />
broché.<br />
ISBN 2707157120<br />
Le premier Moyen Age, période mal<br />
connue, sinon mal aimée, de l’histoire<br />
s’étend sur sept siècles, entre la fin de<br />
l’Empire romain, au V e s. de notre ère,<br />
et le Moyen Age classique au XII e s.<br />
Si les clichés ont largement fleuri sur<br />
la période, depuis les dévastations des<br />
«invasions barbares » jusqu’aux pittoresques<br />
«rois fainéants », c’est que longtemps<br />
nos connaissances n’ont reposé<br />
que sur des textes rares, sélectifs, voire<br />
partiaux. Mais depuis les années 1980,<br />
l’archéologie a entièrement renouvelé la<br />
connaissance de cette période en France,<br />
grâce tout particulièrement aux grandes
fouilles préventives, qui ont permis d’en<br />
étudiersur de vastes surfaces les paysages<br />
et les habitats.<br />
Joëlle Burnouf<br />
L’archéologie médiévale en France<br />
Le second Moyen-Age (XII e –XVI e<br />
siècle)<br />
Collection : Archéologies de la France,<br />
Coédition La Découverte – Inrap, Paris<br />
2008, 180 pages, pas d’illustrations,<br />
broché, h 22.–.<br />
ISBN 2707153230<br />
Dans l’histoire de l’Occident, le Moyen<br />
Age est un «seuil d’irréversibilité» aussi<br />
déterminant que la révolution industrielle.<br />
L’émergence des villes, la création<br />
des agglomérations rurales, la mise au<br />
point du moulin hydraulique et du hautfourneau,<br />
les prémisses de l’industrie, le<br />
forçage des milieux naturels, la création<br />
des paysages modernes: autant de mutations<br />
qui vont façonner la période mo-<br />
Vereinsmitteilungen<br />
Exkursion<br />
Stift und Flecken Beromünster<br />
Samstag, 8. Mai 2010<br />
10.00–16.45 Uhr<br />
Anreise:<br />
8.04 Zürich ab, via Luzern<br />
9.44 Ankunft Bus von Luzern<br />
8.00 Bern ab via Sursee<br />
8.15 Basel ab via Sursee<br />
8.30 Zürich ab, via Olten und Sursee<br />
(2 × umsteigen)<br />
9.58 Ankunft Bus von Sursee<br />
Treffpunkt:<br />
10.00 Uhr Post Beromünster<br />
Programm:<br />
10.15 Uhr Besichtigung Stift mit Kirche,<br />
Stiftsschatz und Stiftsbezirk<br />
derne et dont la France contemporaine<br />
est l’héritière. En s’appuyant, depuis les<br />
années 1980, sur les données de l’archéologie<br />
préventive, les sciences de la Terre et<br />
de nouvelles méthodes de datation, l’archéologie<br />
médiévale révèle les évolutions<br />
du climat et de l’environnement, les relations<br />
de l’homme à son milieu, le déplacement<br />
desactivités lié àl’épuisement des<br />
ressources naturelles, la gestion de l’eau<br />
et des fleuves, les techniques agraires<br />
et artisanales, l’alimentation, l’état sanitaire<br />
des populations, les pratiques funéraires...<br />
Joëlle Burnouf fait la synthèse<br />
des recherches archéologiques qui renouvellent<br />
en profondeur la connaissance de<br />
cette période, de ses innovations remarquables<br />
comme de ses héritages protohistoriques<br />
et antiques. Elle fait apparaître<br />
un «autre Moyen Age», très différent de<br />
la vision historique exclusivement fondée<br />
sur les sources écrites et les monuments<br />
encore conservés, ce qui éclaire<br />
notamment la réflexion contemporaine<br />
sur l’environnement et l’aménagement<br />
du territoire.<br />
12.30 Uhr Gemeinsames Mittagessen<br />
Rest. Hirschen, Hirschenplatz 1, Beromünster<br />
14.30 Uhr Rundgang durch den Flecken<br />
Beromünster<br />
Exkursionsende:<br />
ca. 16.45 Uhr<br />
Rückreisemöglichkeiten:<br />
16.59 Bus nach Sursee (für Bern, Basel<br />
und Zürich)<br />
17.15 Bus nach Luzern (für Zürich)<br />
Kosten:<br />
Fr. 75.–<br />
Anmeldung und weitere Auskünfte:<br />
Bis Freitag, 30. April 2010, mit beiliegendem<br />
Anmeldetalon an die Geschäftsstelle<br />
des Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong>s,<br />
Blochmonterstr. 22, CH-4054 Basel.<br />
Publikationen / Vereinsmitteilungen<br />
Joëlle Burnouf est professeure d’archéologie<br />
médiévale à l’Université de Paris I<br />
Panthéon-Sorbonne. Archéologue, elle a<br />
dirigé à Lyon, de 1984 à 1988, l’un des<br />
premiers grands chantiers d’archéologie<br />
préventive conduits en France, en préalable<br />
à la construction du métro, avant<br />
de prendre la direction des Antiquités<br />
historiques et préhistoriques de Lorraine.<br />
Présidente de la Société d’archéologie<br />
médiévale de 1990 à 1999, elle est<br />
aujourd’hui responsable de l’équipe d’archéologie<br />
environnementale du CNRS.<br />
Sommaire :<br />
Des milieux et des hommes: un millénaire<br />
de contrastes – Les dynamiques de<br />
l’espace rural – L’invention de la ville –<br />
Les héritages: entre patrimoine et aménagement<br />
du territoire – Le pouvoir et le<br />
sacré: retrouver les idéologies – La «révolution<br />
industrielle » du second Moyen<br />
Age – Les manières de vivre.<br />
www.editionsladecouverte.fr<br />
Das Chorherrenstift Beromünster wurde<br />
wohl im 10. Jh. durch einen Grafen namens<br />
Bero als Grablege der Aargauer<br />
und später Lenzburger Grafen gegründet<br />
und ist von einer lockeren Gruppe<br />
der Stiftsbauten des 16.–18. Jh. umgeben.<br />
Die Stiftskirche St. Michael wurde<br />
um 1030 als Säulenbasilika erbaut,<br />
Ende 17. Jh. und 1773–75 barockisiert.<br />
Der Turm stammt aus dem 13. Jh. Die<br />
ursprünglich frühromanische Anlage<br />
ist noch am Aussenbau erkennbar, die<br />
Krypta ist eine Sonderform des Stollentyps.<br />
Der Kirchenschatz zählt zu den<br />
reichhaltigsten in der Schweiz.<br />
Der Gasthof Hirschen ist das ehem. Amtshaus<br />
des Stiftes, erb. 1536. Das Schlössli<br />
ist ein ehem. Wohnturm des 14. Jh. In der<br />
hier eingerichteten Druckerei von Helias<br />
Helie entstand um 1470 der älteste<br />
datierte Schweizer Druck; heute ist im<br />
Schlössliein Heimatmuseum eingerichtet.<br />
Mittelalter 15, 2010/1 47
Vereinsmitteilungen<br />
Exkursion<br />
Klosterruine Mariazell auf dem Beerenberg<br />
und Burgruine Alt-Wülflingen bei<br />
Winterthur<br />
Samstag, 29. Mai 2010<br />
13.15–gegen 17 Uhr<br />
Anreise:<br />
13.06 Uhr ab Winterthur HB (S 41)<br />
Treffpunkt:<br />
13.15 Uhr Bahnhof Winterthur-Wülflingen<br />
Gutes Schuhwerk, Regenschutz.<br />
Reine Wanderzeit ca. 1,5 Std.<br />
Die Wanderung ab dem Bahnhof Winterthur-Wülflingen<br />
führt hinauf auf den<br />
Beerenberg zu der in einer Waldlichtung<br />
gelegene Ruine des Klosters Mariazell.<br />
Die 1318 als Einsiedelei gegründete<br />
Anlage wurde in der 2. Hälfte des<br />
14. Jh. zum Kloster ausgebaut. Im Zuge<br />
der Reformation wurde das Kloster aufgehoben.<br />
Die Gebäude wurden indes<br />
erst 1543 endgültig aufgelassen und dem<br />
Zerfall preisgegeben. Heute sind die Ruinen<br />
der bei Ausgrabungen 1970–1972<br />
freigelegten und 2009 neu konservierten<br />
nnn des Klosters Mariazell sichtbar. Im<br />
Rahmen eines Publikationsprojekts der<br />
Kantonsarchäologie werden derzeit die<br />
Ausgrabungen und schriftliche Quellen<br />
zum Kloster neu ausgewertet. Projektbearbeiter<br />
werden uns durch die Ruine<br />
führen und über neue Erkenntnisse berichten.<br />
48 Mittelalter 15, 2010/1<br />
Im zweiten Teil führt die Wanderung zur<br />
Burgruine Alt-Wülflingen, von der sich<br />
namentlich der Turm aus der Zeit um<br />
1200 /1. Hälfte 13. Jh. (Foto) und Befestigungswerke<br />
erhalten haben.<br />
Führung:<br />
lic. phil. Annamaria Matter, lic. phil.<br />
Christian Sieber,<br />
Dr. Renata Windler, Zürich/Winterthur<br />
Kosten: unentgeltlich<br />
Anmeldung: keine erforderlich<br />
Exkursion Burgruine Tschanüff<br />
(Unterengadin)<br />
Samstag, 12. Juni 2010<br />
12.45–ca. 16.30 Uhr<br />
Anreise:<br />
08.33 Basel ab<br />
09.37 Zürich ab<br />
via Landquart/Scuol (Bus)<br />
12.44 Ramosch an<br />
Treffpunkt:<br />
12.45 vor Hotel Posta, 7556 Ramosch<br />
Ab April bis etwa August dieses Jahres<br />
läuft die zweite Konservierungsetappe<br />
auf Tschanüff, durchgeführt von der<br />
Fundaziun Tschanüff mit der wesentlichen<br />
Hilfe der Maurerlehrlinge des<br />
Graubündnerischen Baumeisterverbandes.<br />
Die Ergebnisse der baubegleitenden<br />
Untersuchung der ersten Etappe machen<br />
es nötig, wie mehrfach bei Burgenkonservierungen<br />
der letzten Jahre in Grau-<br />
bünden, die bisher gültige Baugeschichte<br />
umzuschreiben. Man wusste, dass die<br />
bauliche Entwicklung dieser grössten<br />
und imposantesten Burgruine im Engadin<br />
lag und verwickelt ist; jetzt zeigte es<br />
sich, dass sie bis ins 10. Jh. zurückreicht,<br />
weiter als je gedacht, weit vor die so genannte<br />
«Burgenzeit».<br />
Die Begehung der Gerüste am über 20 m<br />
hohen Wehrturm erfordert Trittsicherheit<br />
und bietet eine einzigartige Übersicht<br />
über die Burganlage mit Einblick in<br />
ihre Baugeschichte. Auch wer nicht weiter<br />
gehen möchte als über den komfortablen<br />
Weg bis zur Burg, hat alle wichtigen<br />
baulichen Einzelheiten im Auge und<br />
geniesst den beherrschenden Blick.<br />
Führung:<br />
Dr. Lukas Högl, Dr. Jürg Goll<br />
Rückreise:<br />
17.14 Ramosch (Bus) ab<br />
via Scuol/Landquart<br />
20.34 Zürich an<br />
21.27 Basel an<br />
Kosten: 25.– (Führung)<br />
Anmeldung:<br />
Bis Freitag, 4. Juni 2010 mit beiliegendem<br />
Anmeldetalon an die Geschäftsstelle<br />
des Schweizerischen <strong>Burgenverein</strong>s,<br />
Blochmonterstr. 22, CH-4054 Basel.