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Fremde Haut - Lespress

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www.lespress.de<br />

lespress<br />

Das andere Frauenmagazin<br />

<strong>Fremde</strong><br />

<strong>Haut</strong><br />

Jasmin Tabatabai & Angelina Maccarone<br />

Queerfilmfestivals 2005<br />

oktober 2005, ausgabe 120 jahrgang 11


lespress ❘ oktober 2005<br />

Guten Tag,<br />

vielen Dank, liebe <strong>Lespress</strong>leserInnen, fŸr Ihre schon jetzt gro§e Resonanz auf unser neues<br />

Angebot, <strong>Lespress</strong> nun als e-Magazin anzubieten!<br />

Ein erstes Fazit kšnnen wir schon ziehen:<br />

Viele von Ihnen hŠtten gerne eine kleinere Datei, denn es stimmt, dass 7 MB ein 56k-Modem<br />

schnell rauchen lassen - wir arbeiten dran!<br />

Das Layout muss nun auch in Zukunft etwas umgestaltet werden, denn in der Tat lasssen<br />

sich †berschriften, die Ÿber zwei Seiten laufen, nicht so gut auf dem Bildschirm lesen.<br />

Auch das bauen wir gerade um.<br />

Den Terminkalender werden wir ab November ausschlie§lich online zur VerfŸgung stellen,<br />

so dass €nderungen und ErgŠnzungen schneller als bisher gemacht werden kšnnen. Die<br />

erste Version lŠuft schon in der Testphase, muss aber noch nach Ihren WŸnschen optimiert<br />

werden. In Zukunft wird es dann z. B. mšglich sein, online direkt alle Parties in einem speziellen<br />

Postleitzahlenbereich anzeigen zu lassen - oder alle Sporterlinnentreffen oder alle<br />

Lesungen, usw.<br />

Schauen Sie einfach immer mal wieder vorbei auf unserer Website www.lespress.de!<br />

Etliche Leserinnen mšchten nun aber weiterhin ein gedrucktes Heft bekommen - sei es,<br />

weil sie ohnehin den ganzen Tag am Rechner sitzen, sei es, weil sie zuhause gar keinen Internetanschluss<br />

haben, oder sei es, weil <strong>Lespress</strong> sich am besten in der Badewanne liest ;-)<br />

FŸr Sie entwickeln wir ebenfalls eine Lšsung, die allerdings wahrscheinlich erst im<br />

nŠchsten Jahr umgesetzt werden kann. Bis dahin ist <strong>Lespress</strong> fŸr alle kostenlos zum Ausprobieren<br />

und ãEinlesenÒ im Internet erhŠltlich. Bestehende Abos werden dann je nach gewŸnschter<br />

Aboform ab Januar 2006 fortgesetzt; die Laufzeiten werden also entsprechend<br />

verlŠngert.<br />

Nun aber erst einmal viel VergnŸgen mit der aktuellen Ausgabe von <strong>Lespress</strong>!<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeberin:<br />

lespress/Anhamm Neue Medien<br />

Dyroffstra§e 12<br />

D-53113 Bonn<br />

Tel.: 0228- 97 68 044<br />

FAX: 0228 -97 68 048<br />

e-mail: info@lespress.de<br />

www.lespress.de<br />

Titelbild: <strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong><br />

Redaktion: Ulrike Anhamm, Sabine<br />

Kšnig, Angela Schmerfeld, Dagmar<br />

TrŸpschuch<br />

Assistenz: Ulrike Jung<br />

Terminredaktion: Ulrike Küpper<br />

Service-Seiten: B. GrŠfe<br />

TV-Tipps: Dagmar TrŸpschuch<br />

Comic: Margreet de Heer<br />

Weitere MitarbeiterInnen<br />

dieser Ausgabe:<br />

Regine Anhamm, Silke Buttgereit,<br />

Susanne Ehlerding, Michaela Gšltl,<br />

Christiane Leidinger, Michael Lenz,<br />

Bernadette Repplinger, Ute Roos,<br />

Irene Schmitt, Tanja Thiel<br />

Gestaltung: Babette Dšrmer, HH<br />

Anzeigenbetreuung:<br />

0228-97 68 046, kaz@lespress.de<br />

Kleinanzeigenbetreuung:<br />

kaz@lespress.de, 0228-9768046<br />

Termine: 0228-97 68 044,<br />

termine@lespress.de<br />

Einen schšnen Oktober<br />

wŸnscht<br />

<strong>Lespress</strong>-Redaktion<br />

Anzeigenleitung<br />

Angela Schmerfeld, 030-78703094<br />

as@lespress.de<br />

Abobetreuung:<br />

0228-9768047, abo@lespress.de<br />

<strong>Lespress</strong> erscheint seit September<br />

2005 als eMagazin. Es gilt die<br />

Preisliste 8 vom 01.09.2005.<br />

Redaktionsschluss:<br />

jeweils 10. des Vormonats<br />

Anzeigenschluss:<br />

jeweils 15. des Vormonats<br />

Druckunterlagenschluss: jeweils<br />

10. des Vormonats.Namentlich ge-<br />

editorial/impressum<br />

kennzeichnete Artikel geben die<br />

Meinung der jeweiligen AutorInnen<br />

wieder. Die Abbildung oder ErwŠhnung<br />

einer Person ist kein Hinweis<br />

auf deren sexuelle Orientierung. FŸr<br />

unaufgeforderte Manuskripte und<br />

Photos Ÿbernimmt der Verlag keine<br />

Haftung. Der Nachdruck von Text,<br />

Photos und Grafik sowie die Veršffentlichung<br />

in elektronischen Medien,<br />

auch auszugsweise, bedarf der<br />

Genehmigung durch den Verlag.<br />

Veranstaltungshinweise werden kostenlos<br />

abgedruckt. FŸr die Richtigkeit<br />

wird keine GewŠhr Ÿbernommen.<br />

lespress erscheint seit November<br />

1995, ISSN: 1616-2099<br />

3


28<br />

„Weibliche Homosexualität?<br />

- darüber<br />

spricht man nicht“<br />

Jasmin Tabatabai und<br />

Angelina Maccarone<br />

im <strong>Lespress</strong>-Interview<br />

zum Film „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“<br />

35<br />

Das Leben ist eine Leinwand<br />

- Die fünfte Jahreszeit<br />

für cinephile Lesben hat Ende<br />

September mit dem<br />

Queerfilmfestival in Karlsruhe<br />

begonnen und wird<br />

Anfang Dezember mit dem<br />

verzaubert-Filmfestival in<br />

Berlin den. Alle VeranstalterInnen<br />

zeigten sich ambitioniert,<br />

sowohl preisgekrönte<br />

Kurz- und Langfilme als<br />

auch Filmpremieren auf<br />

ihren Festivals zu präsentieren.<br />

Alle Festivals und eine<br />

Übersicht über die für<br />

Lesben interessante Filme<br />

finden Sie hier.<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

26<br />

„<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“ - Nach<br />

diversen TV-Produktionen,<br />

die sich mit Coming-Out,<br />

Frauenliebe und -Freundschaft<br />

beschäftigten, erzählt<br />

„<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“, der<br />

erste Kinofilm von Angelina<br />

Maccerone, über den Verlust<br />

von Identität, auch der<br />

sexuellen, und dem Kampf<br />

um individuelle Freiheit.<br />

32<br />

Im Duden steht „ex-„ zwischen<br />

„Ewigkeit„ und „exakt„,<br />

und das trifft die Sache<br />

für Lesben meist im<br />

Kern: „Wir dachten, unsere<br />

Liebe sei für die Ewigkeit,<br />

und dann dauerte sie exakt<br />

drei Jahre, fünf Monate<br />

und zehn Tage.“ Tja, so ist<br />

das, stellte Silke Buttgereit<br />

fest und beleuchtet in<br />

ihrem gerade erschienenen<br />

Buch „Auf ewig war ich<br />

Dein. Lesben und ihre Ex-<br />

Geliebten“ eben jene.<br />

inhalt<br />

editorial/impressum 3<br />

lesmopolitan 06<br />

Informationen zum lesbischen Leben aus der ganzen Welt<br />

recht 13<br />

schwarz auf weiß 16<br />

Neue BŸcher<br />

ausstellung 19<br />

hör zu 20<br />

kling und klang 22<br />

daheim 24<br />

bewegte bilder 26<br />

<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong><br />

interview 28<br />

Jasmin Tabatabai<br />

interview 30<br />

Angelina Maccarone<br />

auszug 32<br />

Lesben und ihre Ex<br />

bewegte bilder 35<br />

Queerfilmfestivals<br />

bewegte bilder 38<br />

Anders Leben<br />

filmtipp des monats 40<br />

Die LeibwŠchterin<br />

fern sehen 42<br />

Unsere TV-Tipps<br />

5


lesmopolitan international<br />

Rom: Spendenboykott Sacramento: Arnold Schwarzenegger<br />

New Orleans Chicago<br />

Rom<br />

Spendenboykott<br />

Nur zwei Wochen nach dem katholischen<br />

Woodstock von Kšln musste<br />

sich Papst Benedikt XVI. wieder der<br />

RealitŠt stellen. Katholische Lesben<br />

und Schwule demonstrierten vor seiner<br />

HaustŸre auf dem Petersplatz in Rom<br />

gegen die Lesben- und Schwulenfeindlichkeit<br />

der Katholischen Kirche. Mitglieder<br />

der US-amerikanischen Organisation<br />

ãSoulforceÒ (www.soulforce.org)<br />

erinnerten in mit einer Mahnwache<br />

an Alfredo Ormando, der sich<br />

im Januar 1998 auf dem Petersplatz<br />

verbrannt hatte. Der Grund fŸr den<br />

Suizid: Ormandos Verzweiflung Ÿber<br />

die radikale Anti-Homosexuellenpolitik<br />

von Papst Johhanes Paul II. und<br />

dem damaligen Chef der Glaubenskongregation,<br />

Josef Kardinal Ratzinger<br />

(heute Benedikt XVI.). ãSoulforceÒ<br />

rief die GlŠubigen dazu auf, ihrem Unmut<br />

Ÿber die Lesben- und Schwulenfeindlichkeit<br />

der Kirche durch einen<br />

Spendenboykott Luft zu machen. Der<br />

ehemalige katholische Priester Ormando<br />

hatte in einem Abschiedsbrief von<br />

dem Schmerz gesprochen, den ihm die<br />

Kirche durch die Ablehnung und Verurteilung<br />

seiner SexualitŠt zugefŸgt<br />

habe. (ml)<br />

Sacramento<br />

Terminator<br />

killt Homo-Ehe<br />

Kalifornien wird der zweite Staat der<br />

USA, in dem Lesben und Schwule in<br />

Zukunft heiraten kšnnen. Mit 41 zu 35<br />

Stimmen gab das Parlament in Sacramento<br />

sein Ja-Wort. Allerdings kann<br />

das Gesetz erst in Kraft treten, wenn<br />

der Gouverneur seine Unterschrift darunter<br />

gesetzt. Amtsinhaber Arnold<br />

Schwarzenegger will aber von seinem<br />

Vetorecht Gebrauch machen. Nicht<br />

Parlamentarier, sondern die WŠhler<br />

oder die Gerichte hŠtten Ÿber die Frage<br />

der Homosexuellen-Ehe zu entscheiden,<br />

findet der ehemalige Hollywood-<br />

star. Die WŠhler haben allerdings inzwischen<br />

die Nase von ã ArnieÒ. Nach<br />

neuesten Umfragen sind 56 Prozent<br />

gegen eine zweite Amtszeit des ãTerminatorsÒ.<br />

In Massachusetts kšnnen<br />

Lesben und Schwule seit Mai dieses<br />

Jahres die Ehe eingehen. (ml)<br />

New Orleans<br />

CSD trotz Katrina<br />

Trotz der verheerenden Zerstšrungen<br />

und der menschlichen Tragšdien in<br />

New Orleans durch den Hurrican ãKatrinaÒ<br />

feierten ein paar Unentwegte den<br />

Gay Pride der Stadt. Normalerweise ist<br />

das Festival ãSouthern DecadenceÒ<br />

(www.southerndecadence.com) ein<br />

mehrtŠgiges lesbisch-schwules Fest<br />

mit vielen Tausend Besuchern. Nur etwa<br />

30 Personen zogen in bunten KostŸmen<br />

durch das French Quarter und<br />

versuchten nach eigenen Worten ãdie<br />

Menschen etwas aufzumunternÒ. Dem<br />

Vorwurf der Geschmacklosigkeit begegneten<br />

die Teilnehmer des Mini-<br />

CSD mit dem Verweis auf die Tradition<br />

in New Orleans, Tod und Beerdigungen<br />

mit Musik und Party zu begehen.<br />

ãWenn jemand stirbt, gehen die<br />

Leute auf die Stra§e und singenÒ, sagten<br />

sie gegenŸber lokalen Medien. In<br />

Houston im US-Bundesstaat Texas, in<br />

das viele Evakuierte transportiert worden<br />

sind, kŸmmert sich das ãGay and<br />

Lesbian SwitchboardÒ um heimatlos<br />

gewordene Lesben und Schwule aus<br />

New Orleans. (ml)<br />

Dublin<br />

Adoptionsrecht<br />

durch die Hintertür<br />

In Irland will Generalstaatsanwalt Rory<br />

Bradywill laut Medienberichten den<br />

Weg fŸr die Adoption von Kindern<br />

durch homosexuelle Paare freimachen.<br />

Die Regierung ist aber noch zšgerlich.<br />

Es gebe keine PlŠne, unverheirateten<br />

Paaren gleich welcher sexuellen Orientierung<br />

die Adoption von Kindern zu<br />

gestatten, wie es die Neuinterpretation<br />

des Adoptionsrechtes durch den Generalbundesanwaltes<br />

suggeriere, sagte<br />

der Minister fŸr Gesundheit und Kinder,<br />

Brian Lenihan, gegenŸber irischen<br />

Medien. Der Lesben- und Schwulenverband<br />

(GLEN) sowie irische Medien<br />

vermuten, Generalstaatsanwalt Bradywill<br />

wolle mit seinem Vorsto§ Adoptionsbehšrden<br />

durch mehr Spielraum<br />

ermutigen, auch Adoptionen durch unverheiratete<br />

Paare zu ermšglichen.<br />

Nach Bekanntgabe der liberaleren<br />

Auslegung des Adoptionsgesetztes<br />

durch den Generalstaatsanwalt starte<br />

ein lesbisches Paar Mitte September<br />

die Probe aufs Exempel: die beiden<br />

Frauen beantragten die Adoption eines<br />

Kindes, das sie seit vielen Jahren in<br />

Pflege haben. (ml)<br />

Chicago<br />

Beachvolleyballerin<br />

als frohe<br />

Botschafterin<br />

Die olympische Beachvolleyballerin<br />

Leigh-Ann Naidoo ist als erste Afrikanerin<br />

in den illustren Kreis der ãGay<br />

Games AmbassadorsÒ (www.gaygames.org)<br />

berufen worden. ãBeach-Volleyball<br />

hat in den vergangenen zehn<br />

Jahren einen unglaublichen Boom erlebt<br />

und wird im nŠchsten Jahr sein<br />

Debut bei den Gay Games in Chicago<br />

haben. Deshalb schŠtze ich mich sehr<br />

glŸcklich, dass ich dazu beitragen<br />

kann, fŸr diese Sportart zu werbenÒ,<br />

sagte 29-jŠhrige SŸdafrikanerin. Nach<br />

den Olympischen Spielen war Leigh-<br />

Ann von Kapstadt nach Chicago gezogen,<br />

weil ihre Lebenspartnerin Kelly<br />

Gillespie an der dortigen UniversitŠt<br />

ihren Doktor in Anthropologie macht.<br />

Sie selbst habe sich ein Jahr Auszeit<br />

vom Sport gegšnnt, wolle aber jetzt<br />

wieder mit dem Training anfangen,<br />

sagte Naidoo. Im ãGay Games AmbassadorsÒ-Programm<br />

der ãFederation of<br />

Gay GamesÒ sind Stars wie die ehemalige<br />

Rad-Weltmeisterin Petra Rossner,<br />

Tennislegende Billie Jean King, Rockstar<br />

Melissa Etheridge sowie die<br />

Schauspielerin und Regisseurin Amanda<br />

Bearse aktiv. (ml)<br />

6 lespress ❘ oktober 2005<br />

Genf<br />

Burma verhindert<br />

AIDS-Hilfe<br />

Der ãGlobal Fund zur BekŠmpfung<br />

von AIDS, Tuberkulose und MalariaÒ<br />

zieht sich aus Myanmar (Burma) zurŸck.<br />

Zum Jahresende werde er die Finanzierungszusagen<br />

im Wert von<br />

knapp 36 Millionen US-Dollar fŸr<br />

Hilfsprogramme in dem sŸdostasiatischen<br />

Land einstellen, kŸndigte der in<br />

Genf ansŠssige Global Fund Ende August<br />

an. Immer grš§ere EinschrŠnkungen<br />

der Bewegungsfreiheit der Mitarbeiter<br />

in humanitŠren Projekten durch<br />

die regierende MilitŠrjunta machten es<br />

unmšglich, die Projekte umzusetzen,<br />

gab die Organisation als Grund an.<br />

Nach SchŠtzungen der WHO sind<br />

mehr als 600.000 Menschen in Menschen<br />

in Burma mit HIV infiziert. Das<br />

Land leidet nicht nur unter schlimmsten<br />

AIDS-Epidemie in SŸdostasien,<br />

sondern hat auch eine der hšchsten Tuberkuloseraten<br />

der Welt. Auch andere<br />

UN-Organisationen sehen sich in Burma<br />

zunehmenden Restriktion gegenŸber.<br />

Besonders im Visier der MilitŠrs<br />

steht die ãInternational Labour OrganisationÒ<br />

(ILO) der Vereinten Nationen.<br />

(ml)<br />

Warschau<br />

Ab nach Straßburg<br />

Polens lesbisch-schwule Community<br />

will den Warschauer BŸrgereister Lech<br />

Kaczynski vor den EuropŠischen Menschenrechtsgerichtshof<br />

bringen. Nach<br />

Ansicht lesbisch-schwuler Organisa-


Wellington: Ngarimu Daniels Tokio: Kanako Otsuji<br />

tionen in Polen hat Kaczynski mit seinem<br />

Verbot der diesjŠhrigen CSD-<br />

Parade in Warschau die Menschenrechte<br />

der Lesben und Schwulen verletzt.<br />

Der Politiker hatte seine Entscheidung<br />

mit dem Umstand begrŸndet,<br />

die Parade sei fŸr den gleichen Tag<br />

geplant wie die Feiern zu Ehren des<br />

FŸhrers der polnischen Untergrundarmee<br />

gegen die Nazis. ãDie Veranstaltung<br />

einer Gay Parade an diesem Tag<br />

ist ein WitzÒ, hatte Kaczynski gesagt.<br />

Die Lesben und Schwulen finden, die<br />

Entscheidung Ÿber die Genehmigung<br />

einer Veranstaltung habe nach Recht<br />

und Gesetz zu erfolgen und nicht den<br />

persšnlichen Ansichten des BŸrgermeisters.<br />

Die Gay Community Warschaus<br />

setzte sich Ÿber das Verbot hin<br />

und hielt trotz massiver Gewalt von<br />

Rechtsradikalen einen Umzug durch<br />

Warschau ab. (ml)<br />

Wellington<br />

Werte der Maoris<br />

Eigentlich war der Fall von Ngarimu<br />

Daniels nichts Besonderes. Die offen<br />

lesbische Frau und Nachrichtensprecherin<br />

im Maori TV hatte an einer Protestveranstaltung<br />

von Maoris gegen<br />

Neuseelands Regierung teilgenommen.<br />

Das fanden die Chefs des ãMaori<br />

TVÒ jedoch nicht gut. Die Teilnahme<br />

von Mitarbeitern des Senders an Protesten<br />

kšnnte die Finanzierung des Fernsehens<br />

fŸr die neuseelŠndischen Ureinwohner<br />

durch die Regierung gefŠhrden,<br />

fand die Chefin des Senders, verbannte<br />

Daniels vom Bildschirm und<br />

zog Ÿber deren Leonie Pihama als ãdiese<br />

Lesbe LeonieÒ her. Die beiden Frauen<br />

klagten und gewannen. Daniels habe<br />

das Recht zur Teilnahme von Protestveranstaltung<br />

und die UmstŠnde,<br />

unter denen die Bemerkung Ÿber die<br />

sexuelle Orientierung Pihamas gefallen<br />

seien, legten unterschwellig nahe,<br />

HomosexualitŠt sei eine ãPerversionÒ.<br />

Der Rechtsgeschichte schaffende Satz<br />

aber in der UrteilsbegrŸndung war: der<br />

Sender habe mit seinem Verhalten gegen<br />

die ãWerte der MaorisÒ versto§en.<br />

(ml)<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

Tokio<br />

Outing in Japan<br />

Eine japanische Politikerin hat wŠhrend<br />

des ersten Gay Prides seit drei<br />

Jahren in Tokio das Coming Out gewagt.<br />

Kanako Otsuji forderte mehr<br />

ãVerstŠndnis fŸr die sexuelle VielfaltÒ<br />

in Japan. Zuviele wŸrden ihre sexuelle<br />

Orientierung aus ãAngst vor Diskriminierung<br />

und VorurteilenÒ verschweigen.<br />

ãDurch die Bekanntmachung meiner<br />

HomosexualitŠt mšchte ich auf<br />

diese Probleme aufmerksam machen<br />

und diesen Teufelskreis(...) durchbrechenÒ,<br />

sagte Otsuji. Die 30-JŠhrige ist<br />

Mitglied des Parlaments von Osaka,<br />

der zweitgrš§ten Stadt Japans. Mehr<br />

Details Ÿber ihr Lesbischsein und ihr<br />

Coming Out will die Politikerin in ihrer<br />

Autobiographie veršffentlichen, die<br />

Ende des Jahres auf den Markt kommen<br />

soll. Mehr als 3.000 Menschen<br />

hatten in dem Gay Pride in Tokios zentralem<br />

Einkaufsviertel teilgenommen.<br />

HomosexualitŠt gilt in Japan noch immer<br />

als ein Tabuthema. (ml)<br />

London<br />

Klage gegen<br />

Rückstufung<br />

Celia Kitzinger und Sue Wilkinson<br />

wollen, dass ihre Ehe in Gro§britannien<br />

rechtlich anerkannt wird. Diesen<br />

Anspruch will das lesbische Ehepaar<br />

vor dem hšchsten Gericht des Landes<br />

durchsetzen. Kitzinger und Wilkinson<br />

hatten vor zwei Jahren in Kanada geheiratet.<br />

Jetzt sind die beiden Frauen<br />

zurŸck in ihrer Heimat Yorkshire und<br />

wollen auch zu Hause als Ehepaar anerkannt<br />

werden. Das aber geht nach<br />

britischem Recht nicht. Ab Dezember<br />

tritt zwar das neue Partnerschaftsgesetz<br />

in Kraft, das eine Registrierung gleichgeschlechtlicher<br />

Partnerschaften vorsieht,<br />

nicht aber die Ehe fŸr lesbische<br />

und schwule Paare. Kitzinger und Wilkinson<br />

sehen die dadurch bevorstehende<br />

ZurŸckstufung ihrer Ehe auf eine<br />

ãEingetragene PartnerschaftÒ als<br />

Bruch der Menschenrechte. In ihrer<br />

Klageschrift verlangen die beiden<br />

Frauen von dem Gericht die Feststellung,<br />

dass ihre in Kanada geschlossene<br />

Ehe ebenso anerkannt wird wie<br />

jede im Ausland geschlossene heterosexuelle<br />

Ehe. (ml)<br />

Netherfield<br />

Brandbombenserie<br />

gegen lesbische<br />

Frau<br />

Eine lesbische Frau im englischen Netherfield<br />

ist seit Monaten das Ziel Attentaten<br />

mit Brandbomben. Carolanne<br />

Nailor ist Ÿberzeugt, dass ihre sexuelle<br />

Orientierung der Grund fŸr die Attacken<br />

ist. Bei dem vorerst letzten Angriff<br />

im August war eine Benzinbombe<br />

auf einen Teppich geworfen worden,<br />

den sie auf ihrer Veranda gelassen hatte.<br />

Zuvor war ihr Auto durch eine<br />

Brandbombe schwer beschŠdigt worden.<br />

Eine weitere Bombe war in ihr<br />

Haus geworfen worden, zŸndete zum<br />

GlŸck jedoch nicht. UnlŠngst hatten<br />

unbekannte TŠter ãTštet diese Gay<br />

BitchÒ auf ihren Wohnwagen gesprŸht.<br />

Die arbeitslose Frau sagte gegenŸber<br />

Polizei und Medien, sei habe keine Ahnung,<br />

wer hinter den AnschlŠgen stecken<br />

kšnnte. ãIch habe Angst, im Haus<br />

zu sein und ich habe Angst davor, das<br />

Haus zu verlassenÒ, sagte Nailor, die<br />

zusammen mit ihrem 17 Jahre alten<br />

Sohn, ihrer Lebenspartnerin und deren<br />

ebenfalls 17-jŠhriger Tochter lebt.<br />

Stadtverwaltung und Polizei versicherten,<br />

alles zu tun, um der Frau zu helfen<br />

und ihren Schutz zu gewŠhrleisten.<br />

(ml)<br />

Santa Ana<br />

Klagen<br />

auf Kussrecht<br />

ãA kiss is just kissÒ hei§t es in dem berŸhmten<br />

Lied aus dem Kultfilm ãCasablancaÒ.<br />

Ein Kuss zwischen zwei Frauen<br />

ist nicht einfach nur ein Kuss, son-<br />

ZÜLPICH ON TOUR:<br />

Diskussionsabend<br />

mit dem Frauenbildungshaus<br />

Zülpich und 5 Lesben/<br />

Frauen-Initiativen<br />

in 5 Städten NRW’s -<br />

im Rahmen der Reihe:<br />

Normalitäten -<br />

Vielfalt der LAG Lesben NRW<br />

Vielfalt leben lernen !<br />

Affidamento und Diversity<br />

im Frauenprojekt.<br />

Kooperationspartnerinnen<br />

und Veranstaltungsorte:<br />

■ 24.10., 19h: Dortmund,<br />

Vielfalt e.V., Hospitalstr. 16<br />

■ 2.11., 20h: Aachen,<br />

Frauenkultur Aachen e.V.,<br />

Gasborn 13<br />

■ 4.11., 19.30h: Duisburg,<br />

.LiDu, Lesben in Duisburg,<br />

Heerstr. 113<br />

■ 15.11., 20h: Münster,<br />

Livas, Am Hawerkamp 31<br />

■ 24.11., 19.30h:<br />

Meschede,<br />

Frauenberatungsstelle + Lesben<br />

im HSK, Kolpingstr. 18<br />

mit freundlicher Unterstützung<br />

des Ministeriums für<br />

Generationen, Familie, Frauen und<br />

Integration NRW.<br />

Frauenbildungshaus Zülpich<br />

Seminare und Fortbildungen<br />

für Frauen/Lesben<br />

Prälat-Franken-Str. 22<br />

53909 Zülpich<br />

Tel: 02252 - 6577<br />

Fax: 02252 - 4257<br />

www.frauenbildungshaus-zuelpich.de<br />

info@frauenbildungshaus-zuelpich<br />

7<br />


lesmopolitan international<br />

Nassau: Gari McDonald Hollywood: Verliebt statt ...<br />

dern noch immer ein Skandal. Das<br />

mussten jetzt zwei SchŸlerinnen in Kalifornien<br />

erfahren. Die 17-jŠhrige<br />

Charlene Nguon wurde von der Leitung<br />

ihrer Schule in Santa Ana bestraft,<br />

weil sie ihre Freundin gekŸsst hatte.<br />

Zudem verfŸgte die Schulleitung, entweder<br />

Nguon oder ihre Freundin solle<br />

auf eine andere Schule gehen. Die<br />

Schule hat aber nicht mit der Entschlossenheit<br />

von Nguon gerechnet,<br />

fŸr ihre sexuelle Orientierung und ihre<br />

Liebe zu ihrer Freundin einzustehen.<br />

Auch nicht damit, dass die SchŸlerin<br />

UnterstŸtzer haben wŸrde. Nguon hat<br />

nŠmlich die Schule verklagt. Als NebenklŠgerinnen<br />

stehen ihr die eigene<br />

Mutter sowie das ãGay-Straight Alliance<br />

NetworkÒ zur Seite. ãIch verstehe<br />

nicht, warum meine Freundin und<br />

ich nicht unsere Zuneigung zueinander<br />

zeigen dŸrfen, wŠhrend es bei anderen<br />

kein Problem istÒ, sagte Nguon nach<br />

Einreichung der Klage gegenŸber šrtlichen<br />

Medien. (ml)<br />

8<br />

Holmdel<br />

Terror<br />

gegen Schülerin<br />

Lesbische SchŸlerinnen in den USA<br />

lassen sich nichts mehr gefallen. Nancy<br />

Wadington ist Ÿber zwei Jahre lang<br />

in ihrer Schule in Holmdel im US-<br />

Bundesstaat New Jersey wegen ihrer<br />

sexuellen Orientierung verbaler und<br />

kšrperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen.<br />

Dann verlie§ sie aus Sorge um ihre<br />

Sicherheit die Schule. Jetzt hat sie die<br />

Schule verklagt. Obwohl sie selbst und<br />

auch ihre Mutter mehrfach die Angriffe<br />

bei der Schulleitung angezeigt hŠtten,<br />

habe diese nichts dagegen unternommen.<br />

MitschŸler hŠtten sie beschimpft<br />

und beleidigt, sie mit Flaschen beworfen,<br />

die Treppe hinunter gesto§en, ihre<br />

BŸcher und Schultasche zerfetzt und<br />

einmal gar in ihren Rucksack uriniert,<br />

sagte Wadington nach Einreichung der<br />

Klage Anfang September auf einer<br />

Pressekonferenz. Ihr Anwalt Alphonso<br />

David von der lesbisch-schwulen<br />

Rechtshilfeorganisation Lambda Legal<br />

sagte: ãDie Holmdel High School hat<br />

in erschreckender Weise versagt, Nancy<br />

Wadington zu schŸtzen und dafŸr<br />

gibt es keine Entschuldigung.Ò<br />

Nassau<br />

Gerichtssaal<br />

statt Laufsteg<br />

Lesben dŸrfen keine Schšnheitskšniginnen<br />

sein. Die Organisatoren eines<br />

ãMissÒ-Wettbewerbs auf den Bahamas<br />

wollen Gari McDonald den Titel ãMiss<br />

Teen BahamasÒ entziehen und mit aller<br />

Macht verhindern, dass die 18 Jahre alte<br />

Frau an einem internationalen<br />

ãMissÒ-Wettbewerb in Chicago teilnimmt.<br />

Grund: die Teenagerin hat als<br />

lesbische Frau geoutet. McDonald ist<br />

aber nicht nur schšn, sondern auch<br />

kŠmpferisch. Sie kŸndigte in Nassau<br />

an, gegen das ãMiss Teen Bahamas<br />

CommitteeÒ klagen zu wollen. Das<br />

Komitee habe sie wegen ihrer sexuellen<br />

Orientierung vor die Wahl gestellt,<br />

entweder ãin WŸrde zurŸckzutretenÒ,<br />

oder aber den Titel šffentlich aberkannt<br />

zu bekommen. Das Komitee<br />

wies die VorwŸrfe zurŸck, gab aber<br />

keine AuskŸnfte darŸber, warum sie<br />

McDonald nicht nach Chicago schicken<br />

wollen. Die Gay Community der<br />

Bahamas vermutet, die auf der Karibikinsel<br />

immer einflussreicheren evangelikalen<br />

Christen steckten hinter der<br />

Kampagne gegen McDonald. (ml)<br />

Hollywood<br />

Verliebt statt<br />

verzweifelt<br />

Nur wenige Wochen nach dem energischen<br />

Dementi, sie sei lesbisch, hat<br />

ÔDesperate HousewifeÕ-Star Marcia<br />

Cross jetzt ihre Verlobung angekŸndigt.<br />

Mit einem Mann natŸrlich. Die<br />

Schauspielerin, die in der Kultserie die<br />

neurotische Bree Van De Camp spielt,<br />

hat Mitte August den Antrag ihres<br />

Freundes Tom Mahoney angenommen.<br />

Der Hochzeitstermin steht noch nicht<br />

fest. Klar ist aber, dass es fŸr 43 Jahre<br />

alte Cross und ihren 47-jŠhrigen Verlobten,<br />

Bšrsenmakler von Beruf, die<br />

erste Ehe ist. GerŸchte, Cross sei lesbisch,<br />

kursierten seit langem. Sie selbst<br />

hatte …l ins Feuer gegossen, als sie vor<br />

wenigen Monaten bei der jŠhrlichen<br />

Gala der US-amerikanischen lesbischschwulen<br />

Organisation ãGay and Lesbian<br />

Alliance against DefamationÒ ihren<br />

Co-Star Felicity Huffman auf offener<br />

BŸhne leidenschaftlich kŸsste.<br />

Aber Cross wies Spekulationen Ÿber<br />

ihre sexuelle Orientierung energisch<br />

zurŸck. ãDas schon sehr komisch. Ich<br />

nehme an, dass kommt davon, wenn<br />

man Ÿber 40 und Single istÒ, sagte<br />

Cross in einem Interview mit der Starjournalistin<br />

Barbara Walters. (ml)<br />

London<br />

Prinzessin<br />

Margaret -<br />

Der Film<br />

Sie liebte Sex, hatte es auch mit einer<br />

Frau und rauchte Cannabis. Das jedenfalls<br />

behauptet ein englischer Fernsehfilm<br />

Ÿber das Leben der verstorbenen<br />

Prinzessin Margaret, der Schwester<br />

von Kšnigin Elisabeth II. In dem Film<br />

wird die kšnigliche Dame beim Oralsex<br />

gezeigt. Zu sehen ist auch ein leidenschaftlicher<br />

Zungenkuss zwischen<br />

der Adeligen und der Tochter eines<br />

amerikanischen Kongressabgeordneten.<br />

Auf einer Party in London taucht<br />

die Prinzessin mit einem Joint in der<br />

Hand auf. Der Fernsehsender Channel<br />

4 behauptet, diese Episoden aus dem<br />

Leben der skandaltrŠchtigen Prinzessin,<br />

die in den 50er und 60er Jahren der<br />

Liebling der High Society war, basierten<br />

auf sorgfŠltig recherchierten Fakten.<br />

Lord Snowdon, ein Ex-Ehemann<br />

von Margaret Windsor, nennt diese Behauptung<br />

ãBullshitÒ. Mit ihm habe niemand<br />

gesprochen. Die Beamten des<br />

Buckingham Palast prŸfen dem Vernehmen<br />

nach die rechtlichen Mšglichkeiten,<br />

die Ausstrahlung des Films zu<br />

verhindern. (ml)<br />

London: Prinzessin Margaret mit Nurejew<br />

London<br />

Geheimauftrag<br />

Lesbenjagd<br />

Vor fŸnf Jahren fiel das Verbot fŸr Lesben<br />

und Schwule, Ihrer MajestŠt der<br />

Kšnigin auch im britischen MilitŠr zu<br />

dienen. Das MilitŠr geht inzwischen<br />

gar soweit, an den CSD-Paraden im<br />

Vereinigten Kšnigreich teilzunehmen.<br />

Aber jetzt kommt ans Licht, wie in den<br />

Jahrzehnten der Homophobie in der<br />

Royal Air Force (RAF) systematisch<br />

Jagd auf Lesben gemacht worden war.<br />

Die RAF habe von den 50er Jahren bis<br />

Anfang 1990 Listen Ÿber ãverdŠchtige<br />

unnatŸrliche weibliche FreundschaftenÒ<br />

gefŸhrt. Das berichtete Ende August<br />

die Tagszeitung ãGuardianÒ. Den<br />

Frauen auf dieser Liste sei systematisch<br />

von der weiblichen Polizei der<br />

RAF nachspioniert worden. Die ãSpezialeinheitÒ<br />

gegen Lesben sei zu EinsŠtzen<br />

rund um die Welt geflogen worden.<br />

Die Spinde und die persšnlichen<br />

Dinge der Frauen seien auf ãHinweise<br />

auf gleichgeschlechtliche BeziehungenÒ<br />

klammheimlich durchsucht worden.<br />

Es sei nicht bei einmaligen<br />

Checks geblieben. Den ãverdŠchtigenÒ<br />

Frauen mit dem ãLesbenindexÒ habe<br />

man die Befšrderung verweigert. (ml)<br />

Townsville<br />

Sexskandal<br />

im Gefängnis<br />

Schwere VorwŸrfe sind gegen die lesbischen<br />

Insassinnen des Hochsicherheitstrakts<br />

in einem australischen GefŠngnis<br />

sowie die Leitung des GefŠngnisses<br />

erhoben worden. Eine 17 Jahre<br />

alte Strafgefangene seit mit Wissen der<br />

GefŠngnisleitung systematisch sexuell<br />

missbraucht und vergewaltigt worden,<br />

hei§t es in einer unabhŠngigen Dokumentation<br />

Ÿber die ZustŠnde im GefŠngnis<br />

von Townsville. Die WŠrter<br />

hŠtten das MŠdchen vorsŠtzlich zusammen<br />

mit lesbischen Frauen in eine<br />

Zelle gesperrt, die fŸr ãihre sexuelle<br />

AggressivitŠtÒ bekannt seien. Die Do-<br />

lespress ❘ oktober 2005


London: Prinzessin Margaret<br />

kumentation legte auch andere Skandale<br />

offen. So wurden BenzinschnŸffler<br />

bewusst zur Arbeit in der Autowerkstatt<br />

eingesetzt. Die GefŠngniswŠrter<br />

hŠtten diese Praktiken geduldet<br />

und gefšrdert, um die Gefangenen ãruhig<br />

zu haltenÒ. Die Polizei sowie die<br />

Antikorruptionseinheit der Regierung<br />

von Queensland haben Ermittlungen<br />

aufgenommen. (ml)<br />

Hollywood<br />

Portia de Rossi<br />

lehnte Sex mit<br />

Angelina Jolie ab<br />

Wenige bis gar keine MŠnner wŸrden<br />

eine Sex-Szene mit Angelina Jolie verweigern.<br />

Auch etliche Frauen wŸrde<br />

sich finden lassen, gilt Angelina doch<br />

als bisexuell. Schauspielerin Portia de<br />

Rossi lehnte jedoch genau aus diesem<br />

Grund ein intimes Stell-Dich-ein vor<br />

der Kamera ab.<br />

Die 32-jŠhrige US-Schauspielerin<br />

Portia de Rossi, bekannt aus Serien wie<br />

ãAlly McBealÒ oder dem Film<br />

ãScream 2Ò, verweigerte 1998 das Angebot,<br />

mit Angelina Jolie im Streifen<br />

ãGiaÒ eine Sex-Szene zu drehen. Der<br />

Grund: Sie wollte damals nicht als Lesbe<br />

geoutet werden.<br />

De Rossi war eifrig darauf bedacht<br />

ihr privates Sex-Geheimnis zu bewahren,<br />

als Jolie mit dem Angebot fŸr eine<br />

lesbische Szene zu ihr kam. Jolie stand<br />

schon damals zu ihrer bisexuellen Neigung,<br />

wŠhrend Portia sich erst relativ<br />

spŠt als Lesbe outete.(sk/krone.at)<br />

Salecina<br />

Internationales<br />

Ost-West-Treffen<br />

von queeren<br />

Filmschaffenden<br />

Wer schon immer Bildung mit Urlaub<br />

verbinden wollte, ist vom 6. bis 10.<br />

November 2005 eingeladen, im Fe-<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

USA: Schulverweis<br />

rien- und Kulturzentrum von Salecina/<br />

Maloja, mitten in den Schweizer Alpen,<br />

an einem Film- und Video-Workshop<br />

mit dem Schwerpunkt Ost-Westeuropa<br />

und dem Thema Menschenrechte<br />

teilzunehmen. Erwartet werden<br />

Lesben, Schwule, Bisexuelle und TransidentInnen<br />

aus unterschiedlichen ostund<br />

westeuropŠischen Regionen, insbesondere<br />

aus Polen, Russland, der<br />

Ukraine, den baltischen Staaten und<br />

den LŠndern des Balkans. Ziel des<br />

Workshops ist es, Mšglichkeiten der<br />

Zusammenarbeit zu fšrdern, die auf eine<br />

StŠrkung des politischen Filmschaffens<br />

in europŠischen ZusammenhŠngen<br />

hinauslaufen. Dabei werden<br />

sowohl Film-Projekte einzelner TeilnehmerInnen<br />

vorgestellt und besprochen<br />

als auch selber Videoprojekte realisiert.<br />

Entsprechendes Equipment<br />

steht fŸr die Filmschaffenden bereit.<br />

Im Anschluss an den Workshop findet<br />

in Bern vom 11. - 14. November<br />

das Filmfestival QUEERSICHT statt.<br />

Das Thema âOsteuropaÕ bildet in diesem<br />

Jahr den Kern des Festivals und<br />

die Salecina-Filmprojekte werden<br />

einen zentralen Teil des Programms<br />

ausmachen.<br />

Infos und Anmeldung unter<br />

www.salecina.ch oder<br />

www.queersicht.ch.<br />

(dt)<br />

USA<br />

Mutter lesbisch -<br />

Mädchen fliegt<br />

von Schule<br />

Eine 14jŠhrige SchŸlerin wurde von<br />

ihrer kalifornischen Schule verwiesen,<br />

weil sie von zwei lesbischen Frauen<br />

aufgezogen wird. Die ãOntario Christian<br />

SchoolÒ in Ontario unweit von<br />

Los Angeles begrŸndete die Verbannung<br />

damit, dass ãihre Familie nicht<br />

den Zulassungsbedingungen der SchuleÒ<br />

entsprŠche.<br />

Die Schule verlange, ãDass wenigstens<br />

ein Elternteil ein bekennender<br />

Christ istÒ, hei§t es auf einer Web-Site<br />

der Kirche (www.ocschools.org). Im<br />

Fall der betroffenen SchŸlerin sei diese<br />

Bedingung nicht erfŸllt, da die Mutter<br />

in einer homosexuellen Beziehung lebe.<br />

Die Vertreter der Schule bedauern,<br />

dass sie zum Zeitpunkt der Anmeldung<br />

nicht Ÿber diese Beziehung in Kenntnis<br />

gesetzt wurde.Ò Schuleintritt und der<br />

Anlass fŸr ein ãMissverstŠndnisÒ hŠtten<br />

so vermieden worden kšnnen.Ò<br />

Bern<br />

QUEERSICHT 2005<br />

Vom 10. bis 14 November finden in<br />

Bern zum neunten Mal das lesbischschwule<br />

Filmfestival QUEERSICHT<br />

statt. Etwa 30 nationale und internationale<br />

Produktionen aller Genres (Spiel-,<br />

Dok- und Kurzfilme) werden an fŸnft<br />

Tagen in verschiedenen KinosŠlen der<br />

Stadt gezeigt.<br />

Den diesjŠhrigen Schwerpunkt des<br />

Festivals bildet das Thema ãIm Osten<br />

nichts Neues? - Lesbisch-schwules Leben<br />

vor und nach dem fall der Mauer in<br />

den ehemaligen sozialistischen LŠndernÒ.<br />

Einerseits ermšglicht QUEER-<br />

SICHT den BesucherInnen unter dem<br />

cineastischen Blickwinkel die Situation<br />

von Lesben und Schwulen vor<br />

1999 kennen zu lernen. Anderseits<br />

zeigt es die aktuellen Tendenzen auf,<br />

welche zum Beispiel in Polen und Ungarn<br />

ganz verschieden sind: So wurde<br />

in Polen zum zweiten Mal die DurchfŸhrung<br />

des CSD verboten, wŠhrend<br />

umgekehrt in Ungarn Lesben und<br />

Schwulen eine eingetragene Partnerschaft<br />

eingehen kšnnen. QUEER-<br />

SICHT wird sich diesen Herbst damit<br />

beschŠftigen.<br />

Das Programm und alle weiteren Informationen<br />

lassen sich finden unter<br />

www.queersicht.ch<br />

9 ➧


lesmopolitan<br />

Konstanz: Fest-Organisatorinnen Konstanz: Les Prochaines Reinnes<br />

Hamburg: Tango Argentino<br />

10<br />

Konstanz<br />

belladonna<br />

feiert Jubliäum<br />

Auch zum eigenen Erstaunen kann das<br />

Konstanzer Frauenzentrum belladonna<br />

in diesem Jahr sein 25jŠhriges Bestehen<br />

feiern und gehšrt damit zu den Šltesten<br />

noch existierenden Frauen- und<br />

Lesbentreffs der Republik. Am 22. Oktober<br />

soll das bejubelt werden mit einem<br />

Konzert der Schweizer Frauenband<br />

ãLes Reines ProchainesÒ und anschlie§ender<br />

Party mit mehreren Djanes.<br />

Veranstaltungsort ist der gro§e<br />

Veranstaltungssaal im Neuwerk (Oberlohnstr.3),<br />

in dem belladonna seit 2004<br />

seine RŠumlichkeiten hat. Alles weitere<br />

zu belladonna und zur JubilŠumsparty<br />

unter www.belladonna-konstanz.de.<br />

Köln<br />

Fachtagung zum<br />

Alter(n)<br />

Die Schwulen ALTERnativen NRW<br />

laden fŸr den 22. Oktober zur ersten<br />

eigenen Fachtagung unter dem Titel<br />

ã(Un)Sichtbarkeit im AlterÒ ein. In vier<br />

Workshops wird es in den RŠumlichkeiten<br />

des RUBICON unter anderem<br />

um ãSelbstbestimmtes SterbenÒ und<br />

ãSpiritualitŠt und HomosexualitŠtÒ gehen.<br />

Anmeldungen (bis 10.10.) und<br />

weitere Informationen bei Dr. Stefan<br />

JŸngst, T: 0221-2766999, F: 0221-276<br />

6999-99, stefan.juengst@rubiconkoeln.de<br />

Hamburg<br />

Tango Argentino!<br />

Bereits zum fŸnften mal findet in Hamburg<br />

das ãInternational Queer Tango<br />

Argentino FestivalÒ statt. Vom 7. bis 9.<br />

Oktober kann dabei nicht nur bei den<br />

Abendveranstaltungen ausgiebig getanzt,<br />

sondern am Tag in zahlreichen<br />

Workshops geŸbt und neues gelernt<br />

werden. Zentraler Anlaufpunkt dabei<br />

ist das Haus3 in Altona. Alle Preise,<br />

…rtlichkeiten, Kurse und Anmeldung<br />

unter www.queer-tango.de.<br />

Bremen<br />

Leitfaden für<br />

die Jugendhilfe<br />

Der Senator fŸr Arbeit, Frauen, Gesundheit<br />

und Jugend der Freien Hansestadt<br />

Bremen und das Rat und Tat<br />

Zentrum fŸr Schwule und Lesben e.V.<br />

haben einen Leitfaden fŸr eine Fortbildung<br />

zum Thema HomosexualitŠt in<br />

der Jugendarbeit herausgegeben. Der<br />

Leitfaden ist nach dem Baukastenprinzip<br />

konstruiert, so dass danach mit pŠdagogischen<br />

FachkrŠften aus Jugendhilfe<br />

und Schule aber auch mit Jugendlichen<br />

gearbeitet werden kann. Er beinhaltet<br />

im ersten Teil Module wie ãHomosexualitŠt<br />

und GesellschaftÒ und<br />

ãComing OutÒ. Daran schlie§t im<br />

zweiten Teil ein Curriculum an, in dem<br />

Lehrinhalte, Lernziele und Methoden<br />

aufgezeigt werden.<br />

Der Leitfaden kann bei Rat und Tat<br />

gegen Zusendung von 1,65 Û in Briefmarken<br />

bestellt werden: Theodor-Kšrner-Str.<br />

1, 28203 Bremen,<br />

zentrum@ratundtat-bremen.de.<br />

Frankfurt/Main<br />

20 Jahre<br />

Kampfkunst<br />

für Frauen<br />

Der Frankfurter Verein ãFrauen in<br />

Bewegung e.V.Ò feiert am 8. Oktober<br />

sein 20. JubilŠum im ãHaus der<br />

JugendÒ (Deutschherrenufer 12).<br />

Kampfkunst und Frauenfšrderung zu<br />

verbinden war das Ziel der US-<br />

Amerikanerin Sunny Graff, einer ehemaligen<br />

Taekwondo-Weltmeisterin, als<br />

sie 1985 den Verein grŸndete.<br />

Inzwischen trainieren hier mehr als<br />

230 MŠdchen mehrmals die Woche. Im<br />

Rahmen der 20-Jahr-Feier prŠsentiert<br />

sich der Verein u.a. mit VorfŸhrungen<br />

der Little Tigers MŠdchengruppe, mit<br />

philippinischer Stockkampfkunst und<br />

einer SchwarzgŸrtelvorfŸhrung mit<br />

Schwertkampf und Bruchtest. Alles<br />

weitere dazu unter www.fib-ev.com.<br />

Köln<br />

Neues CSD-Motto<br />

gesucht<br />

The same procedure as every year ...<br />

Der CSD Kšln braucht ein Motto fŸr<br />

2006. Deshalb lŠdt der Kšlner Lesben.<br />

Und Schwulentag e.V. (KluST) als<br />

Veranstalter des CSD zu jŠhrlichen<br />

Diskussion. Ziel ist es, ein Motto zu<br />

finden, unter dessen Mantel eine mšglichst<br />

gro§e Bandbreite von Schwulen,<br />

Lesben, Bi- und Transsexuellen auf die<br />

Stra§e gehen kann, um fŸr gesellschaftliche<br />

Akzeptanz und politische<br />

Gleichstellung zu demonstrieren. Das<br />

Ganze findet statt am 13. Oktober um<br />

19.00 Uhr in den RŠumen des RUBIC-<br />

ON, Rubensstr. 8-10.<br />

Hannover<br />

Frauenkongress<br />

AnlŠsslich des 20. JubilŠums der Fraueninitiative<br />

Laatzen AnlŠsslich des 20.<br />

JubilŠums der Fraueninitiative Laatzen<br />

findet in Hannover am 8. Oktober der<br />

Frauenkongress ãZwischen Wurzeln<br />

und VisionenÒ statt. Nach 3 Impulsreferaten<br />

zu den Themen Frauenbewegung<br />

(Brigitte Siegel, Geld und Rosen),<br />

Generationen (Sigrid HŠfner Organisations-<br />

und Gender-Beraterin)<br />

und Jutta Sundermann (freie Journalistin<br />

und Attac) werden im Rahmen eines<br />

World-CafŽs Zukunftsfragen diskutiert.<br />

NŠhere Infos unter www.hanno<br />

verfrauen.de, www.slu.info. Anmeldung<br />

im Frauenzentrum Laatzen unter<br />

Tel: 05102 - 3300.<br />

Bielefeld<br />

Fundraising-<br />

Seminar<br />

Die Akzeptanzkampagne ãAndersrum<br />

ist nicht verkehrt: Lesben und Schwule<br />

in NRWÒ bietet wieder ein Seminar fŸr<br />

Ehrenamtliche aus der schwul-lesbischen<br />

Selbsthilfe zum Schwerpunkt<br />

ãPresse- und …ffentlichkeitsarbeitÒ an.<br />

Das Seminar ist in zwei Teile gegliedert:<br />

Im theoretischen Teil werden allgemeine<br />

Ausgangspunkte der Presseund<br />

…ffentlichkeitsarbeit vorgestellt,<br />

im zweiten Teil werden konkrete<br />

Handwerksinstrumente dieser Arbeit<br />

erlŠutert und anhand mitgebrachter<br />

Materialien geŸbt. Eigene Arbeitsproben<br />

- gute wie schlechte zum Vergleich<br />

- (Flyer, Plakate, Pressemeldungen<br />

oder auch geplante Projekte) sind<br />

gewŸnscht.<br />

Mit den Seminaren sollen Gruppen<br />

darin unterstŸtzt werden, ihre vorhandenen<br />

Talente und Ressourcen zu entdecken<br />

und effektiver einzusetzen, damit<br />

sie ihre Anliegen noch besser darstellen<br />

und die jeweilige Zielgruppe<br />

optimal erreichen kšnnen.<br />

Das Seminar findet am 22. Oktober<br />

im Autonomen Schwulenreferat der<br />

Uni Bielefeld (UniversitŠtsstr. 35) statt.<br />

Anmeldung Ÿber das Akzeptanz-KampagnenbŸro,<br />

T/F 0211-6801350 oder<br />

lesben-nrw@w4w.net<br />

Berlin<br />

Entweder richtig<br />

oder gar nicht<br />

Sabbatjahr für das<br />

‚Lesben Film Festival Berlin’<br />

Nachdem das âLesben Film Festival<br />

BerlinÕ im letzten Jahr seinen 20. Geburtstag<br />

feierte, nimmt es sich jetzt ein<br />

Jahr Auszeit. Die Organisatorinnen, die<br />

fŸr ihr Engagement um lesbischschwule<br />

Belange 2003 vom Regenbogenfonds<br />

e.V. mit dem Rainbow-<br />

Award ausgezeichnet wurden, wollen<br />

neue KrŠfte sammeln. ãSeit Jahren<br />

lespress ❘ oktober 2005


Bremen Frankfurt/Main: Frauen in Bewegung<br />

Inteventione.V.<br />

arbeiten wir ehrenamtlich und unterstŸtzen<br />

das Festival auch finanziell,Ò<br />

erklŠrt Dagmar Boguslawski, Mitarbeiterin<br />

beim Lesben Film Festival, die<br />

Pause. Und die Ressourcen, das alles<br />

zu leisten seien zurzeit erschšpft. ãUnd<br />

da wir keine halben Sachen machen<br />

wollen, legen wir ein Sabbatjahr ein.Ò<br />

Bislang finanzierte sich das Festival<br />

Ÿber ZuschŸsse, Spenden, private Darlehen<br />

und die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern.<br />

Um das Festival fortfŸhren<br />

zu kšnnen, ist das âLesben Film<br />

Festival BerlinÕ auf zusŠtzliche Gelder<br />

angewiesen. (dt)<br />

www.lesbenfilmfestival.de<br />

bundesweit<br />

Mehr als<br />

12.500 Lebenspartnerschaften<br />

in Deutschland<br />

In Deutschland hatten Ende 2004 Ÿber<br />

25.000 MŠnner und Frauen Lebenspartnerschaften<br />

mit einem Partner bzw.<br />

einer Partnerin desselben Geschlechts<br />

begrŸndet. Dies hat der Autor Dr. Stephan<br />

StŸber fŸr die 2. Auflage des<br />

ãHandkommentar LebenspartnerschaftsrechtÒ<br />

ermittelt, der in KŸrze im<br />

Nomos-Verlag Baden-Baden erscheinen<br />

wird.<br />

Die Zahl ist Ÿberraschend, weil<br />

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries<br />

Ende Oktober 2004 von nur<br />

5.000 Lebenspartnerschaften ausgegangen<br />

war (Deutscher Bundestag,<br />

Plenarprotokoll 15/136 der Sitzung<br />

vom 29.10.2004, S. 12483).<br />

Manfred Bruns, Sprecher des Lesben-<br />

und Schwulenverbandes: ãDie<br />

Untersuchung zeigt, dass Lesben und<br />

Schwule fŸr einander Verantwortung<br />

Ÿbernehmen wollen, selbst wenn dies<br />

zwar mit allen Pflichten verbunden ist,<br />

die Ehegatten haben, aber eine Gleichstellung<br />

insbesondere im Steuerrecht<br />

noch immer aussteht.Ò<br />

Eine offizielle Statistik Ÿber die Lebenspartnerschaften<br />

wird -anders als<br />

fŸr Ehen -in Deutschland nicht gefŸhrt.<br />

Die Zahl der Lebenspartnerschaften<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

lŠsst sich schwer ermitteln, weil in den<br />

LŠndern ganz unterschiedliche Behšrden<br />

fŸr die BegrŸndung der Lebenspartnerschaften<br />

zustŠndig sind. WŠhrend<br />

in Berlin, Bremen, Hamburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen,<br />

Niedersachsen, Sachsen-Anhalt<br />

und Schleswig-Holstein die<br />

Standesbeamten zustŠndig sind, haben<br />

die Ÿbrigen LŠnder die Kreise und<br />

kreisfreien StŠdte (Baden-WŸrttemberg,<br />

Rheinland-Pfalz, ThŸringen)<br />

oder die Gemeinden (Brandenburg,<br />

Hessen, Saarland) fŸr zustŠndig erklŠrt.<br />

Die Gemeinden und kreisfreien<br />

StŠdte konnten die Aufgabe dann den<br />

Standesbeamten Ÿbertragen; sie mŸssten<br />

dies aber nicht tun. Deshalb sind<br />

sogar innerhalb dieser LŠnder wiederum<br />

unterschiedliche Stellen zustŠndig.<br />

Ganz andere Wege sind schlie§lich<br />

Sachsen und Bayern gegangen:<br />

WŠhrend in Sachsen Lebenspartnerschaften<br />

bisher nur bei den drei RegierungsprŠsidien<br />

begrŸndet werden<br />

konnten, sind in Bayern die Notare zustŠndig.<br />

Die unterschiedlichen Stellen der<br />

LŠnder sind auch melderechtlich Ÿber<br />

die Landesgrenzen hinweg nur unzureichend<br />

mit einander verknŸpft. Die<br />

Familiengerichte und Nachlassgerichte<br />

kšnnen deshalb zurzeit nicht zuverlŠssig<br />

feststellen, ob jemand in einer Lebenspartnerschaft<br />

lebt oder ob eine Lebenspartnerschaft<br />

inzwischen aufgehoben<br />

ist.<br />

Da die Lebenspartnerschaften nicht<br />

Ÿberall systematisch statistisch erfasst<br />

werden, haben einige LŠnder die Zahlen<br />

zu bestimmten Stichtagen ermittelt.<br />

Niedersachsen war das einzige Land,<br />

dass die Zahl der im Land begrŸndeten<br />

Lebenspartnerschaften nicht mitteilen<br />

konnte. Es ist aber davon auszugehen,<br />

dass sie sich mindestens in der Grš§enordnung<br />

von Rheinland-Pfalz und<br />

Schleswig-Holstein bewegt.<br />

Göttingen<br />

Bundesverdienstkreuz<br />

für<br />

Rainer Marbach<br />

Dr. Rainer Marbach, GrŸnder und Leiter<br />

der ãAkademie WaldschlšsschenÒ<br />

bei Gšttingen, ist fŸr sein vielfŠltiges<br />

ehrenamtliches gesellschaftliches und<br />

politisches Engagement mit der Verleihung<br />

des Bundesverdienstkreuzes am<br />

Bande durch den BundesprŠsidenten<br />

geehrt worden.<br />

Eine gro§e Anzahl von Gratulanten<br />

aus Politik, Erwachsenenbildung, VerbŠnden<br />

und Selbsthilfegruppen beglŸckwŸnschten<br />

Marbach zur Verleihung<br />

des Verdienstkreuzes. Prof. Dr.<br />

Rita SŸ§muth, PrŠsidentin des Deutschen<br />

Bundestages a.D. und der Arbeit<br />

Marbachs und des Waldschlšsschens<br />

seit ihrer Zeit als Bundesgesundheitsministerin<br />

verbunden, Mitglied des<br />

Beirats der Stiftung Akademie Waldschlšsschen,<br />

vermittelte ihre Freude<br />

ãŸber diese hohe Auszeichnung, auf<br />

welche Sie zu recht insbesondere im<br />

Kampf fŸr sexuelle Toleranz stolz sein<br />

kšnnenÒ, und wŸnschte Marbach ãweiterhin<br />

die Kraft und den Mut, den Sie<br />

in den vielen Jahren der Schwulen- und<br />

Lesbenarbeit, aber auch der Erwachsenenbildung<br />

eindrucksvoll bewiesen habenÒ.<br />

Volker Wei§, Vorstand des SFN erinnerte<br />

daran: dass der Verpflichtung<br />

zum Abbau der Diskriminierung homosexueller<br />

Menschen in der RegierungserklŠrung<br />

der rot-grŸnen Koalition<br />

in Niedersachsen 1990 ãauch Taten<br />

gefolgt sind, ist ganz wesentlich<br />

das Verdienst von Rainer Marbach. Er<br />

erkannte nicht nur die sich im politischen<br />

Raum eršffnende Chance, die<br />

Diskriminierung von Schwulen und<br />

Lesben abzubauen, er hatte auch eine<br />

Idee, wie diese Chance zu nutzen<br />

sei.(...)Ò<br />

Marbach, bereits mit dem ãRosa<br />

CourageÒ-Preis ausgezeichnet, ist einer<br />

der erfolgreichsten Aktiven der deutschen<br />

Schwulenbewegung. Er arbeitete<br />

seit 1972 in verschiedenen schwulenpolitischen<br />

Zusammen-hŠngen, seit<br />

Mitte der siebziger Jahre in der<br />

NARGS (Nationale Arbeitsgemein-<br />

schaft Repression gegen Schwule) und<br />

war an der Planung und DurchfŸhrung<br />

des gro§en Schwulentreffens ãHOMO-<br />

LULUÒ 1979 in Frankfurt beteiligt.<br />

Auch an der GrŸndung der Deutschen<br />

Aids-Hilfe (DAH) und des Bundesverbands<br />

HomosexualitŠt (BVH) wirkte<br />

er mit und arbeitete in dessen Beirat<br />

mit.<br />

Er grŸndete 1981 zusammen mit<br />

seinem Lebenspartner Ulli Klaum die<br />

ãAkademie WaldschlšsschenÒ und<br />

fŸhrte sie 1999 zur Anerkennung durch<br />

das Land Niedersachsen als fšrderungsberechtigteHeimvolkshochschule.<br />

Er baute die mit ihren Hauptschwerpunkten<br />

in der Lesben- und Schwulenbildung<br />

sowie der Aids-Fortbildungsund<br />

Betroffenen-Arbeit fŸr Deutschland<br />

zentrale und in Europa einzigartige<br />

Bildungseinrichtung ma§geblich 20<br />

Jahre ehrenamtlich auf, bis er ihre<br />

hauptamtliche Leitung im Jahre 2000<br />

Ÿbernahm. 2004 ŸberfŸhrte er die Einrichtung<br />

in eine gemeinnŸtzige Stiftung,<br />

der er auch die Immobilien stiftete.<br />

Sein ehrenamtliches Engagement in<br />

der Erwachsenenbildung in Niedersachsen<br />

erstreckte sich auch auf den<br />

Aufbau des VNB -Landeseinrichtung<br />

der Erwachsenenbildung, dessen langjŠhriger<br />

stellvertretender pŠdagogischer<br />

Leiter und GrŸnder der landesweiten<br />

GeschŠftsstelle des VNB fŸr<br />

Schwulen- und Lesbenbildung, Aids<br />

und Gesellschaft er war.<br />

<strong>Lespress</strong> reiht sich gerne ein in den<br />

Kreis der GartulantInnen und wŸnscht<br />

weiterhin viel Erfolg!<br />

Hamburg<br />

Der Hamburger<br />

Frauenball<br />

wird 20.<br />

Kaum zu glauben,<br />

aber es ist wahr!<br />

Wir feiern dieses besondere JubilŠum<br />

im Congress Centrum Hamburg (direkt<br />

am Fernbahnhof Dammtor), in den<br />

modernisierten tollen SŠlen 3 und 4.<br />

Wir freuen uns wie jedes Jahr auf ➧<br />

11


lesmopolitan<br />

Göttingen: Dr. Rainer Marbach<br />

gutgelaunte Frauen, die gern tanzen<br />

oder/und mit anderen Frauen ausgelassen<br />

feiern kšnnen. Au§erdem sind alle<br />

mitwirkenden KŸnstlerinnen der 19<br />

vorherigen FrauenbŠlle eingeladen.<br />

In Saal 3 fŸhrt Bettina Bšttinger<br />

durchs Programm und auf einer riesengro§en<br />

TanzflŠche kann Walzer, Tango,<br />

Foxtrott, Latein uvm. getanzt werden.<br />

Eine Hochseilartistin und eine SŠngerin<br />

sorgen in den Tanzpausen fŸr<br />

erstklassige Unterhaltung.<br />

In Saal 4 moderiert und singt Marion<br />

Scholz (von Duotica). In diesem<br />

Saal wird hauptsŠchlich Discomusik<br />

gespielt, so das auch Frauen, die Standardtanz<br />

nicht so prickelnd finden, hier<br />

die Nacht durch tanzen kšnnen.<br />

In den beiden gro§en Foyers gibts es<br />

ein gro§es Buffet und viel Platz zum<br />

Essen und Kommunizieren und au§erdem<br />

einige StŠnde, an denen Frauen ihre<br />

Projekte und Unternehmen vorstellen.<br />

Die StŠnde bitte bis zum 25. Okt<br />

05 bei uns anmelden:<br />

frauen@cafe-endlich.<br />

Aber es gibt noch viel mehr Tolles<br />

auf dem 20. Hamburger Frauenball,<br />

nachzulesen unter www.frauenball.de .<br />

Dort kšnnen auch die Eintrittskarten<br />

bestellt werden.<br />

Wir freuen uns auf Frauen aus ganz<br />

Deutschland und aus dem Ausland.<br />

Herzliche Gr٤e vom Ballvorbereitungs-Team<br />

und hoffentlich bis zum<br />

Frauenball am 05.11.05!!<br />

Bielefeld<br />

Christliche Lesben<br />

und Schwule:<br />

Erster deutschlandweiterKongress<br />

erfolgreich<br />

Vom 30.9-3.10. hat der erste deutschlandweite<br />

Kongress zur Vernetzung<br />

christlicher Lesben- und Schwulenorganisationen<br />

in Bielefeld-Sennestadt<br />

getagt. Unter dem Motto ãAm Anfang<br />

war die VielfaltÒ kamen ca. 150 TeilnehmerInnen<br />

aus dreizehn evangeli-<br />

Terre Des Femmes Basel: Helvetia am Rhein<br />

schen, katholischen und škumenischen<br />

christlichen Gruppen zusammen.<br />

Das gegenseitige Kennenlernen<br />

stand im Vordergrund, dazu gab es eine<br />

FŸlle von Workshops zu theologischen<br />

und politischen Themen.<br />

Aber auch kirchenpolitische Zusammenarbeit<br />

stand auf dem Programm:<br />

ãBisher gab es einzelne Kontakte zwischen<br />

den Gruppen, jetzt werden wir<br />

gezielter zusammenarbeiten,Ò kŸndigte<br />

Thomas Beckmann (Homosexuelle<br />

und Kirche) an. Konkrete Projekte zu<br />

Kirchen- und Katholikentagen und<br />

auch zu einzelnen Christopher-Street-<br />

Days konnten jetzt verabredet werden.<br />

Auch ein gemeinsames Internetportal<br />

sowie eine strukturierte Kommunikation<br />

zwischen den Netzwerken wurden<br />

angeschoben. Kontakte zu christlichen<br />

Lesben- und Schwulengruppen<br />

im europŠischen Kontext sollen ausgebaut<br />

werden.<br />

ãTrotz aller Unterschiede sind wir<br />

eine aktive Gemeinschaft, die zusammen<br />

etwas gestalten will. Das wurde<br />

besonders im gemeinsamen Gottesdienst<br />

deutlich,Ò fasst Tomke Ande<br />

(Lesben und Kirche) ihre EindrŸcke<br />

zusammen.<br />

Im Herbst 2008 oder im FrŸhjahr<br />

2009 soll es einen zweiten Kongress<br />

geben.<br />

In den beiden gro§en deutschen Kirchen<br />

werden lesbische und schwule<br />

Lebensweisen immer noch als Problem<br />

wahrgenommen. Dabei ist vor allem<br />

im evangelischen Bereich vielerorts eine<br />

Akzeptanz Homosexueller einfacher<br />

geworden.<br />

Fazit der Veranstalter: Es macht<br />

Sinn, dass Lesben und Schwule sich<br />

kennenlernen. Es ist gut, dass sich<br />

Menschen aus verschiedenen Konfessionen<br />

persšnlich treffen. Angesichts<br />

der schwierigen Situation, in der sich<br />

vor allem katholische Homosexuelle<br />

befinden, gibt es Kraft, miteinander in<br />

gro§er Gemeinschaft zu arbeiten und<br />

Gottesdienst zu feiern.<br />

Bundesweit<br />

Kampagne für<br />

‘Saubere’ Kleidung<br />

Tübingen. Skandal in Tchibos NŠhstube<br />

- unter diesem Motto werden die NŠherin<br />

Rina Begum und die Gewerkschafterin<br />

Shahida Sarker Ÿber Arbeitsbedingungen<br />

bei einem Zulieferbetrieb<br />

des Gro§konzerns Tchibo in Bangladesch<br />

berichten. Auf Einladung von<br />

TERRE DES FEMMES und der<br />

ãKampagne fŸr ÔSaubereÕ KleidungÒ<br />

reisen die beiden Aktivistinnen vom 12.<br />

- 30. Oktober 2005 durch 11 deutsche<br />

StŠdte und nach Wien.<br />

Tchibo gehšrt zu den so genannten<br />

Billiganbietern, die Massenware zu<br />

Niedrigstpreisen auf den Markt werfen<br />

- die Arbeitsbedingungen der vorwiegend<br />

weiblichen Mitarbeiterinnen in<br />

den Zulieferbetrieben interessieren den<br />

Discounter nicht. WŠhrend der Rundreise<br />

werden die beiden Frauen an Podiumsdiskussionen<br />

und bei Stra§enaktionen<br />

teilnehmen, sie besuchen VerbŠnde,<br />

PolitikerInnen und Gewerkschaften.<br />

Gemeinsam mit kritischen<br />

KonsumentInnen aus ganz Deutschland<br />

wollen die Frauen den Druck auf Tchibo<br />

verstŠrken. ãDer Handelsriese muss<br />

endlich seine soziale Verantwortung<br />

wahrnehmenÒ, fordert Dr. Gisela<br />

Burckhardt von der Kampagne fŸr<br />

ÔSaubereÕ Kleidung.<br />

Rina Begum verbrachte neun Tage<br />

in Haft und wurde anschlie§end fristlos<br />

entlassen, weil sie gegen eine LohnkŸrzung<br />

ihrer Fabrik, die Tchibo regelmŠ-<br />

§ig beliefert, protestiert hatte. Sie ist<br />

seitdem arbeitslos.<br />

Shahida Sarker, Vorsitzende der Gewerkschaft<br />

ãNational Garment Workers<br />

FederationÒ (NGWF), wird darŸber<br />

hinaus Ÿber die tšdliche Katastrophe in<br />

den Fabriken Spectrum und Shahariyar<br />

berichten: Am 11. April stŸrzte in<br />

Savar/Bangladesch das neunstšckige<br />

FabrikgebŠude zusammen, weil Sicherheitsstandards<br />

nicht eingehalten wurden.<br />

Das UnglŸck forderte 64 Tote und<br />

viele Verletzte. Hier lie§en auch die<br />

deutschen Unternehmen Karstadt/<br />

Quelle, Kirsten Mode, Steilmann, New<br />

Yorker, Dr. Rehfeld und Bluhmod produzieren.<br />

Ein halbes Jahr nach der Katastrophe<br />

warten die Arbeiterinnen von<br />

Spectrum / Shahariyar noch immer auf<br />

EntschŠdigungszahlungen.<br />

Die ãKampagne fŸr ÔSaubereÕ KleidungÒ<br />

(CCC) - ein TrŠgerkreis, in dem<br />

die Gewerkschaften IG Metall und Ver.<br />

di, das DGB Bildungswerk, die Kirchen<br />

und NROs wie INKOTA und die<br />

Frauenrechtsorganisation TERRE DES<br />

FEMMES vertreten sind - setzt sich seit<br />

vielen Jahren fŸr die Verbesserung der<br />

Arbeitsbedingungen der NŠherInnen in<br />

den BilliglohnlŠndern des SŸdens und<br />

Ostens und die Umsetzung von Sozialstandards<br />

bei den Zulieferern der deutschen<br />

Unternehmen ein.<br />

Die aktuelle Reiseroute unter www.<br />

frauenrechte.de<br />

12 lespress ❘ oktober 2005<br />

Basel<br />

Neues Webangebot<br />

für Lesben<br />

und Schwule<br />

Unter der Webadresse www.Gaybasel.<br />

ch finden Interessierte seit September<br />

laufend aktualisierte Veranstaltungen<br />

rund um das lesbisch-schwule Leben in<br />

Basel sowie redaktionell betreute Ausgeh-<br />

und Einkauf-Tipps. Das lesbischschwule<br />

Basel bekommt damit endlich<br />

auch im Internet ein Forum; denn seit<br />

dem 5. Juni dieses Jahres ist es amtlich:<br />

Mit 68 Prozent Ja-Stimmen zum Partnerschaftsgesetz<br />

fŸhrt Basel die Liste<br />

der BefŸrworter-Kantone an und ist somit<br />

die heimliche Gay-Metropole der<br />

Schweiz<br />

Basel beweist mit seiner FŸlle an<br />

Veranstaltungen und kulturellen Angeboten,<br />

dass sich die Gay-Kultur nicht<br />

verstecken muss. LokalitŠten wie Kaserne,<br />

BarRouge, NT-Areal, Borderline,<br />

Smalltown - um nur einige zu nennen -<br />

sind Orte, die immer wieder von<br />

Schwulen und Lesben inszeniert werden.<br />

Mehr oder weniger regelmŠssig,<br />

mehr oder weniger bestŠndig.<br />

Gaybasel.ch gibt diesem bunten<br />

Treiben ein Gesicht und reagiert mit der<br />

Online-Plattform auf den steten Wandel<br />

der lesbisch-schwulen Region. Veranstaltungs-Hinweise<br />

werden unter redak<br />

tion@gaybasel.ch entgegen genommen.<br />

URL: http://www.gaybasel.ch


diesmal werde ich keine Ausführungen zu einem bestimmten Rechtsgebiet machen, sondern<br />

möchte einfach mal anhand eines Falles schildern, wie ein Gerichtsverfahren in<br />

Zivilsachen abläuft.<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

recht<br />

LIEBE LESERINNEN,<br />

Wie immer handelt es sich selbstverstŠndlich um einen fiktiven<br />

Fall, aber einzelne VorfŠlle haben sich dennoch zumindest<br />

so Šhnlich bereits in der RealitŠt ereignet.<br />

Bei mir in der Kanzlei erscheint eines Tages Alexandra N., die mir<br />

erzŠhlt, dass sie gegen Petra X. einen Anspruch geltend machen mšchte.<br />

Sie hat Petra X zum wiederholten Male ihr Auto geliehen.<br />

Nachdem dies auch schon in der Vergangenheit ein bisschen zu Verstimmungen<br />

gefŸhrt hat, hat sie diesmal im Beisein ihrer Freundinnen<br />

Carla, Sabine und Christa, Petra laut und deutlich gesagt, dass sie ihr<br />

zwar das Auto erneut zur VerfŸgung stellt, wenn diese allerdings eine<br />

Beule hineinfahren wŸrde, dann mŸsste Petra X. die Reparaturkosten<br />

bezahlen.<br />

Petra X. ist nur froh, dass sie mit dem Auto von dannen ziehen kann,<br />

stimmt zu und fŠhrt davon.<br />

„Johnny“ (um den geht es auch noch einmal in der nächsten <strong>Lespress</strong>), Photo: Braxxl<br />

Als sie unterwegs etwas hektisch beim RŸckwŠrtsfahren einen<br />

Baum Ÿbersieht, gibt es eine richtig schšne Beule im KotflŸgel.<br />

Zum GlŸck bleibt der Baum unversehrt, Petra fŠhrt davon und stellt<br />

Alexandra das leicht demolierte Auto vor die TŸr, wobei sie noch stolz<br />

verkŸndet, dass sie es diesmal tatsŠchlich geschafft hat, das Auto<br />

pŸnktlich wieder zurŸckzugeben.<br />

Alexandra sa§ schon wie auf Kohlen und will zusammen mit ihrer<br />

Freundin Sabine sofort losfahren.<br />

Als sie zum Auto kommt, stellt sie fest, dass es eine Beule hat, Petra<br />

hat sich bereits aus dem Staub gemacht.<br />

Wutentbrannt ruft sie Petra an und fordert von dieser, dass sie dafŸr<br />

sorgen soll, dass die Beule repariert wird. Als Petra dies wiederholt ablehnt<br />

und am Schluss sogar behauptet, sie hŠtte gar keine Beule in das<br />

Auto gefahren, wird Alexandra richtig wŸtet und kommt zu mir in die<br />

Kanzlei.<br />

13<br />


echt<br />

Liebe Lese<br />

Die Kosten fŸr die Reparatur belaufen sich auf 900 Û, die Vollkaskoversicherung<br />

hat eine Selbstbeteiligung von 1.000 Û, so dass Alexandra<br />

diese vernŸnftigerweise nicht in Anspruch nehmen will.<br />

Nachdem ich Petra ein erstes Mal angeschrieben und sie aufgefordert<br />

habe, den Betrag zu bezahlen und die Frist verstrichen ist, vereinbaren<br />

wir, dass die Klage bei Gericht eingereicht wird.<br />

Alexandra hat zum GlŸck eine Rechtschutzversicherung, so dass ich<br />

als erstes bei dieser die Deckungszusage fŸr die Klageeinreichung einhole.<br />

Als diese vorliegt, fertige ich einen Klage-Schriftsatz, in dem ich<br />

beantrage, dass Petra an Alexandra 900 Û plus Zinsen bezahlen muss.<br />

Au§erdem soll sie die Kosten des Verfahrens tragen, da sie die Klage<br />

verursacht hat.<br />

In meinem Schriftsatz muss ich ganz genau den Sachverhalt schildern,<br />

so dass ich diesen zuvor auch lŸckenlos von Alexandra erzŠhlt<br />

bekommen haben muss.<br />

Au§erdem muss ich fŸr alle anspruchsbegrŸndenden Tatsachen<br />

Zeuginnen und Zeugen benennen und zwar mit vollstŠndigem Namen<br />

und vollstŠndiger Anschrift.<br />

Alexandra muss die ZeugInnen vorher nicht fragen, ob sie bereits<br />

sind, Aussagen zu machen, da dies eine sogenannte BŸrgerInnenpflicht<br />

ist und die ZeugInnen gegebenenfalls bei Gericht erscheinen mŸssen.<br />

Ist eine davon aber eine heimliche Verehrerin von Petra, so empfiehlt<br />

es sich, diese als Zeugin lieber erst mal raus zu lassen.<br />

Zusammen mit der Klageeinreichung muss ein<br />

saftiger Gerichtskostenvorschuss einbezahlt werden, den aber glŸcklicherweise<br />

die Rechtschutzversicherung vorschie§t, andernfalls muss<br />

dies die Mandantin selbst machen.<br />

Die Klage kommt jetzt zunŠchst in die Einlaufstelle bei Gericht,<br />

dort wird geprŸft, welche RichterIn zustŠndig ist (unterschiedlich, bei<br />

manchen Gerichten nach einem Buchstabenverteilungssystem, bei<br />

manchen einfach nach Eingang) und die Klage wird dann an die GeschŠftsstelle<br />

der zustŠndigen RichterIn weitergeleitet.<br />

Bei dieser wird die Klage erst einmal durchgelesen und es wird geprŸft,<br />

ob irgendwelche gravierenden Fehler vorliegen oder vielleicht<br />

das verkehrte Gericht erwischt wurde.<br />

Wenn hier soweit alles in Ordnung ist, lŠsst die RichterIn die Klage<br />

an die Gegenseite zustellen und wird in der Regel dieser eine Frist zur<br />

Erwiderung setzen und gleichzeitig einen Gerichtstermin zur GŸteverhandlung<br />

und zur ersten Verhandlung ansetzen.<br />

Wenn Ihr gerade euren Urlaub fŸr die Woche geplant<br />

habt, in der der Termin liegt, oder eine wichtige berufliche Besprechung<br />

habt, so kann entweder beantragt werden, dass der Gerichtstermin<br />

vertagt wird oder dass ihr vom persšnlichen Erscheinen entbunden<br />

werdet, so dass die AnwŠltin alleine hingehen kann. Meistens werden<br />

von den Gerichten aber Nachweise fŸr die Verhinderung verlangt.<br />

14<br />

In der Zwischenzeit hat sich Petra auch eine AnwŠltIn genommen<br />

und dieser eine komplett andere Geschichte erzŠhlt.<br />

Diese Geschichte wird von der AnwŠltIn von Petra in eine sogenannte<br />

Klageerwiderung gefasst und an das Gericht geschickt, wir erhalten<br />

die Klageerwiderung in Kopie zur Stellungnahme. Ganz wichtig<br />

ist es zu wissen, dass bei Verfahren nichts ãheimlichÒ dem Gericht mitgeteilt<br />

werden kann, ohne dass die Gegenseite davon erfŠhrt.<br />

Alles was dem Gericht mitgeteilt wird, wird in Abschrift an die Gegenseite<br />

zugeleitet, ebenso natŸrlich umgekehrt.<br />

Oft werde ich gefragt, ob ich wŸsste, was sich die Gegenseite denkt<br />

oder warum die AnwŠltIn denn nicht merkt, dass die Gegenseite eine<br />

LŸgengeschichte auftischt oder aber auch, wie ich denn meine, wie das<br />

Gericht entscheiden wird.<br />

Das Dumme an der Sache ist nur: Wenn ich all diese Fragen beantworten<br />

kšnnte, wŸrde ich als Wahrsagerin auftreten und unheimlich<br />

viel Geld verdienen.<br />

Im ersten Termin, zu dem in der Regel keine ZeugInnen geladen<br />

werden, versucht das Gericht eine Einigung herbeizufŸhren.<br />

Eine Einigung bzw. ein sogenannter Vergleich ist immer etwas Freiwilliges.<br />

D.h. das Gericht kann euch nicht dazu zwingen, diese Einigung<br />

abzuschlie§en, auf der anderen Seite sagt das Gericht im Normalfall in<br />

diesem ersten Termin auch schon einmal seine vorlŠufige Rechtsmeinung,<br />

so dass es manchmal durchaus Sinn macht, einen Vergleich abzuschlie§en,<br />

wie vom Gericht vorgeschlagen.<br />

Kommt es zu keiner Einigung, hŠngt es davon ab, ob das Gericht eine<br />

Beweisaufnahme fŸr notwendig erachtet oder nicht.<br />

Nehmen wir einmal an, in diesem Fall hŠtte Petra jetzt behauptet,<br />

sie hŠtte eine ZeugIn dafŸr, dass sie Alexandra unmittelbar nach dem<br />

Unfall angerufen hat und gesagt hat, es sei doch nicht so schlimm und<br />

sie mŸsse nicht bezahlen. In diesem Fall wird das Gericht dann einen<br />

neuen Termin anberaumen, in dem dann die ZeugInnen geladen und<br />

angehšrt werden.<br />

Mit den ZeugInnen verhŠlt es sich keineswegs so, wie beim Bruchrechnen.<br />

Das hei§t, wenn ihr fŸnf ZeugInnen aufwarten kšnnt und die Gegenseite<br />

nur drei, dann seid ihr keineswegs im Vorteil, sondern es muss<br />

sich das Gericht, nachdem es alle ZeugInnen angehšrt hat, ein Bild<br />

davon machen, wen es fŸr glaubwŸrdiger hŠlt.<br />

Kann das Gericht dies nicht entscheiden, so ist mšglicherweise das,<br />

was behauptet wird, nicht bewiesen. In diesem Fall wŠre es so, dass<br />

dann Alexandra eventuell nicht bewiesen hŠtte, dass sie mit Petra vereinbart<br />

hat, dass diese den Schaden bezahlen muss.<br />

Nur damit ihr mal so ein GefŸhl dafŸr bekommt, von welchen Faktoren<br />

alles abhŠngen kann werde ich einfach mal drei von mindestens<br />

drei§ig mšglichen Versionen schildern, wie das Verfahren weitergehen<br />

kann. SelbstverstŠndlich ist wieder alles všllig frei erfunden und natŸr-<br />

lespress ❘ oktober 2005


innen,<br />

lich wŸrden unsere RichterInnen niemals so entscheiden.......obwohl<br />

wenn ich so recht Ÿberlege, bei der Richterin Y oder dem Richter X<br />

kšnnte ich es mir vielleicht doch schon vorstellen.......<br />

a) Version Zahnschmerzen:<br />

In dem Gerichtstermin mit der Beweisaufnahme machen alle ZeugInnen<br />

relativ klare und glaubwŸrdige Angaben.<br />

Allerdings sind sie entsetzlich langatmig und der Richter, der Zahnschmerzen<br />

hat, ist reichlich genervt.<br />

Da die zwischenzeitlich verzweifelten AnwŠltInnen durch Fragen<br />

versuchen, die gegnerischen ZeugInnen unglaubwŸrdig zu machen,<br />

dauert der Termin schon zwei Stunden, der pochende Schmerz wird<br />

immer schlimmer.<br />

Der Richter ist genervt und stellt fest: er kann nicht entscheiden, wie<br />

das Ganze jetzt abgegangen sein soll und befindet, dass er weder die eine,<br />

noch die andere Version wirklich glaubwŸrdig findet und weist<br />

dementsprechend die Klage ab, da Alexandra nicht beweisen kann,<br />

dass s’e die Vereinbarung getroffen hat.<br />

b) Version Sympathie:<br />

Diesmal ist eine ZeugIn von Alexandra schŸchtern und verschreckt und<br />

bringt nicht so recht was raus.<br />

Trotz der vorsichtigen Nachfragen durch die AnwŠltin kann sie<br />

nicht so recht Ÿberbringen, was sie sagen will, eine RŸckfrage der gegnerischen<br />

Kollegin verunsichert sie total. Eine andere ZeugIn dagegen<br />

labert ununterbrochen, ohne tatsŠchlich die wichtigen Punkte zu benennen<br />

und ist einfach nicht zu stoppen und zeigt unverhohlen, dass sie<br />

Petra einfach nicht leiden kann. Die dritte ZeugIn, eine Ex von Alexandra<br />

macht zwar gute und klare Aussagen, auf die bohrende Nachfrage<br />

der gegnerischen AnwŠltin gibt sie aber zu, doch noch reichlich verliebt<br />

in Alexandra zu sein. Die ZeugIn von Petra dagegen ist bestens<br />

prŠpariert, tritt souverŠn auf, kennt ihre Geschichte in- und auswendig,<br />

verwickelt sich nicht in WidersprŸche und schenkt der RichterIn ihr<br />

reizendstes LŠcheln. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass eine derart<br />

reizende Person doch nicht lŸgen kann, wŠhrend ihr die anderen drei<br />

ZeugInnen reichlich suspekt vorkommen, so dass sie kurzerhand mitteilt,<br />

dass sie Alexandras ZeugInnen alle drei fŸr unglaubwŸrdig hŠlt<br />

und daher die Klage abweisen wird.<br />

c) Version Heiligenschein:<br />

Die RichterIn sitzt erneut in der Beweisaufnahme und hšrt sich aufmerksam<br />

die AusfŸhrungen der ZeugInnen an, obwohl diese umfangreich<br />

sind und die AnwŠltInnen viele Nachfragen stellen.<br />

Sie hat vorher die Akten gelesen (ein Wunder) deckt den einen oder<br />

anderen Widerspruch auf und hšrt ganz genau hin.<br />

Diese RichterIn stellt dann bald bei der Aussage der ZeugIn von Petra<br />

fest, dass hier doch einige Unstimmigkeiten drin sind und entschei-<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

det zu Gunsten von Alexandra.<br />

Dies alles schreibt sie in einem grŸndlichen, umfangreichen Urteil<br />

nieder.<br />

Das Urteil, das meist nicht direkt nach der Beweisaufnahme verkŸndet<br />

wird, wird der AnwŠltin zugestellt, diese leitet es mit entsprechenden<br />

Kommentaren an die Mandantin weiter.<br />

Alexandra ist nun<br />

a) sauer<br />

b) niedergeschmettert<br />

c) glŸcklich<br />

In allen FŠllen ist es fraglich, ob eine Berufung Aussicht auf Erfolg<br />

hŠtte.<br />

So oder so ähnlich können Gerichtsverfahren<br />

ablaufen...<br />

Aber ich will euch nicht verschrecken, es gibt zum GlŸck doch einige<br />

RichterInnen ãmit HeiligenscheinÒ.<br />

Nur eines ist wichtig: es sollte immer alles bereits in der ersten Instanz<br />

am besten vor dem ersten Termin schriftlich vorgetragen sein.<br />

Bis zum nächsten Mal hofft Eure Anwältin,<br />

dass ihr nicht bei Gericht erscheinen müsst.<br />

RA Irene Schmitt (Foto von BRAXXL)<br />

RechtsanwŠltin und FachanwŠltin fŸr Familienrecht Irene Schmitt,<br />

MŸnchen bietet auf ihrer homepage www.rechtsanwaeltin-ireneschmitt.de<br />

weitere ausfŸhrliche Informationen an. Kontakt zu Irene<br />

Schmitt: 089 - 300 92 21 oder kanzlei@rechtsanwaeltin-ireneschmitt.de<br />

15


schwarz auf weiß<br />

Susanne Nadolny:<br />

Gelebte Sehnsucht<br />

Eine Hommage and Grenzgängerinnen<br />

der Moderne<br />

edition ebersbach, 25 Euro<br />

Die Ôedition ebersbachÕ feiert in diesem<br />

Jahr ihr 15jŠhriges Bestehen. Brigitte<br />

Ebersbach hat es sich zur Auf-<br />

Karen-Susan Fessel:<br />

Jenny mit O<br />

Querverlag, 17,90 Euro<br />

ãIch wei§ eigentlich nicht recht, wer<br />

ich bin. Ich hab nur so eine Ahnung.Ò<br />

Diese Ahnung ist fŸr Jenny eine<br />

wichtige Spur, der sie folgt.<br />

Mit knapp 17 Jahren haut sie aus<br />

Gro§ Klein bei Rostock, wo sie unter<br />

heftiger familiŠrer Missbilligung und<br />

Gewalt und in einem rechtsradikal geprŠgten<br />

gesellschaftlichen Umfeld ohne<br />

Ausbildungs- oder Berufsperspektiven<br />

und fast ohne Freizeitangebote<br />

aufgewachsen ist, nach Berlin ab, als<br />

sie merkt, dass sie das alles endgŸltig<br />

nicht mehr aushŠlt.<br />

In Berlin verbringt sie die ersten Tage<br />

mit Stra§enkids, dann mit einem<br />

frŸheren Schulkollegen und schlie§lich<br />

lernt sie einen schwulen Punk<br />

kennen, mit dem sie eine Art †berlebensgemeinschaft<br />

eingeht und von<br />

Angelika Scholz:<br />

Wünsch dir was<br />

Orlanda Frauenverlag<br />

Das lesbische PŠrchen Carla und Lotte<br />

lebt seit Jahren eigentlich ganz glŸcklich<br />

vor sich hin. Einzig die immer<br />

wiederkehrenden Diskriminierungen<br />

und ZwischenfŠlle aufgrund ihres Geschlechts<br />

und ihrer SexualitŠt nerven<br />

die beiden Frauen: Mal ist es der hochnŠsige<br />

AutohŠndler, mal der tŸrkische<br />

Jugendliche, der ãmit RechtÒ seine<br />

Freundin vertrimmt.<br />

Einmal ein Mann sein, den blšden<br />

Typen Respekt einflš§en kšnnen - das<br />

fŠnden Carla und Lotte ganz prima.<br />

Und eines Morgens erwacht Carla<br />

16<br />

gabe gemacht, BŸcher Ÿber Frauen zu<br />

veršffentlichen, vorzugsweise Ÿber<br />

KŸnstlerlinnen oder ungewšhnliche<br />

Frauen aus den 20er- und 30er Jahren.<br />

So verdanken wir ihr die Wiedergeburt<br />

der ãDada BaronessÒ Elsa von Freytag-Lohringhoven,<br />

einen Besuch bei<br />

den Schriftstellerinnen und KŸnstlerinnen<br />

der Pariser Left Bank in ãParis<br />

was a womanÒ oder einen Ausflug ins<br />

weibliche New York der 20er- und 30er<br />

Jahre in ãCrazy New YorkÒ. Auch<br />

die ãWilden Jahre in BerlinÒ wurden<br />

in ihrem Verlag gefeiert. Ihre neueste<br />

Edition âGelebte SehnsuchtÕ widmet<br />

sich den GrenzgŠngerinnen der Moderne<br />

- Mina Loy, Dorothy Parker, Helen<br />

Hessel, Katherine Mansfield, Claire<br />

Goll, Nancy Cunard, Elsa Triolet<br />

und Annemarie Schwarzenbach. Angefangen<br />

bei der Geburt von Mina<br />

Loy im Jahre 1882 und beendet mit<br />

dem Tod der Annemarie Schwarzenbach<br />

im Jahr 1942 werden 60 Jahre<br />

Frauengeschichte erzŠhlt, aus einer<br />

Zeit, in der sowohl die Emanzipation<br />

der Frau als auch Homo- und BisexualitŠt<br />

noch keine šffentlichen The-<br />

dem sie etliche Tipps fŸr das Leben<br />

auf der Stra§e bekommt.<br />

In dieser Zeit hat sie die ersten Kon-<br />

schlie§lich als Carl mit diesem fremdartigen<br />

Geschlechtsteil zwischen den<br />

Beinen ...<br />

Die mŠnnlichen Verhaltensweisen<br />

lernen sich jedoch schnell, weil einfach:<br />

Gro§spuriges Auftreten verhilft<br />

Carl bei seiner Karriere in der IT-<br />

Branche, die SekretŠrin ist auch<br />

schnell herumzukriegen. Einzig mit<br />

der nunmehr heterosexuellen Beziehung<br />

zu Lotte wird es schwierig. Jene<br />

nŠmlich, weil eben lesbisch, empfindet<br />

den Stoppel-behaarten Mann in ihrer<br />

gemeinsamen Wohnung verstŠndlicherweise<br />

als Fremdgegenstand. Als<br />

jedoch auch aus Lotte Ÿber Nacht ein<br />

Leo wird und die beiden eine schwule<br />

Beziehung fŸhren ã... ist das Chaos<br />

perfektÒ (Klappentext).<br />

men und gelebter Feminismus noch<br />

weit in der Zukunft lag. All diesen<br />

Frauen, ob hetero-, homo- oder bisexuell,<br />

war gemein, dass sie ihr Leben<br />

nicht im Kreise der Familie als allumsorgende<br />

Hausfrauen verbringen wollten.<br />

Sie wollten anders leben, wollten<br />

frei sein, wollten ihrer Berufung folgen.<br />

Oft mit ungeahnten Konsequenzen,<br />

wenn sie ihr gutbŸrgerliches bis<br />

gut situiertes Elternhaus verlie§en.<br />

KŸnstlerisch erfolgreich waren sie alle,<br />

aber hatten teilweise auch stark mit<br />

den Anforderungen der Zeit und ihrem<br />

persšnlichen SelbstverstŠndnis zu<br />

kŠmpfen. Manche bezahlten dafŸr mit<br />

ihrer Gesundheit. So war beispielsweise<br />

die Journalistin und Schriftstellerin<br />

Dorothy Parker dem Alkohol verfallen<br />

und die Reisejournalistin Annemarie<br />

Schwarzenbach starb 30-jŠhrig<br />

schwerkrank in einer Privatklinik,<br />

nachdem sie ihr kurzes Leben lang mit<br />

ihrer nicht erfŸllbaren Liebe zu Erika<br />

Mann und ihrer Drogensucht zu kŠmpfen<br />

hatte. Katherine Mansfield starb<br />

mit 35 Jahren an Tuberkulose und Mina<br />

Loy verbachte ihre letzten Lebens-<br />

takte zu Lesben in Berlin und fragt<br />

sich immer mehr, wo sie selbst eigentlich<br />

steht und was sie empfindet.<br />

Sie wei§, dass sie sich zu MŠdchen<br />

und Frauen hingezogen fŸhlt, sie hat<br />

auch schon einige sexuelle Erfahrungen<br />

mit MŠdchen hinter sich, fŸhlt<br />

sich aber in ihrem eigenen weiblichen<br />

Kšrper fremd und všllig unstimmig,<br />

wie eine ãMogelpackungÒ, die viel<br />

Raum bietet fŸr das, was andere in ihr<br />

sehen wollen.<br />

Immer drŠngender wird ihr Wunsch<br />

und ihr BedŸrfnis herauszufinden, wo<br />

ihr Platz ist und wie sie Klarheit in ihre<br />

GefŸhlswelt bringen kann.<br />

ãDas ist schon echt komisch: Jirko<br />

hat mich als MŠdchen gewollt. Kai<br />

wollte mich als Schwulen. Nina will<br />

mich zwar sowieso nicht, aber wenn,<br />

dann hšchstens als Lesbe. Nichts von<br />

all dem haut hin. Und was, verdammt,<br />

kommt als NŠchstes.Ò<br />

Einen Halt findet sie nach und nach<br />

bei zwei Šlteren Lesben, die sie sehr<br />

jahre in den Bowery-Slums unter<br />

SŸchtigen und Obdachlosen. Vier Autorinnen,<br />

Unda Hšrner, Alexandra Lavizzari,<br />

Susanne Nadolny und Jutta<br />

Rosenkranz, haben die Lebensgeschichten<br />

der kŠmpferischen Frauen<br />

zusammengetragen. Obwohl keine der<br />

Kurz-Biografie, die das Leben der<br />

Frauen auf bis zu 30 Seiten beschreibt,<br />

in die Tiefe geht, vermitteln die Autorinnen<br />

einen guten Einblick in den<br />

Geist der Zeit, in die Psyche und das<br />

Leben der Frauen. Reich bebildert, geschrieben<br />

mit leichter Feder und wie<br />

alle BŸcher der Herausgeberin schšn<br />

gestaltet, gibt âGelebte SehnsuchtÕ einen<br />

interessanten Einblick in das Leben<br />

von acht ungewšhnlichen Frauen -<br />

und damit Lust auf mehr: ihre Werke<br />

zu lesen, ihre Bilder zu sehen oder sich<br />

eine weiterfŸhrenden Biografie zu<br />

kaufen.<br />

Dagmar Trüpschuch<br />

unterstŸtzen und bei einem flippigen<br />

Punk in ihrem Alter.<br />

Sie erfŠhrt viel Ÿber Frauen- und<br />

Lesbengeschichte, die ersten CSDs in<br />

Berlin und die Situation von Transgendern.<br />

Und sie lernt Caroline kennen...<br />

Eine unglaublich dichte Geschichte,<br />

wie immer bei Karen-Susan Fessel<br />

gro§artig, aufwŸhlend und dabei sehr<br />

poetisch erzŠhlt.<br />

Sie beschreibt eine IdentitŠtssuche,<br />

die sich an mehreren Grenzen entlang<br />

entwickelt und die ein PlŠdoyer fŸr<br />

Toleranz und gegenseitige Akzeptanz<br />

darstellt, bei aller Vielfalt in den Facetten<br />

des individuellen Anders-Seins<br />

und dem gleichzeitigen Suchen nach<br />

Zugehšrigkeit.<br />

Ein Buch, dem es gelingt, viele Botschaften<br />

in einer packenden, sehr berŸhrenden<br />

Weise zu transportieren:<br />

keine leichte Kost, dafŸr um so gehaltvoller!<br />

Tanja Thiel<br />

Eigentlich eine schicke Idee: Geschlechterwechsel<br />

ãŸber NachtÒ kennen<br />

wir spŠtestens seit Virginia Woolfs<br />

ãOrlandoÒ. Dieser Kniff gestattet viel<br />

Raum, Geschlechter-Klischees zu<br />

schaffen und auch wieder zu brechen.<br />

Leider bestreitet Angelika Scholz dieses<br />

Thema zu kurz - und zu asexuell.<br />

Gerade die wandelnde SexualitŠt der<br />

beiden Hauptpersonen zueinander<br />

(von lesbisch zu hetero zu schwul)<br />

wŠre auch ohne allzu pornographische<br />

AusflŸge ein notwenig zu behandelndes<br />

Thema, das Die Autorin jedoch<br />

komplett ausspart. Schade.<br />

Sabine König<br />

lespress ❘ oktober 2005


Claudia<br />

Breitsprecher:<br />

Vor dem Morgen<br />

liegt die Nacht<br />

Verlag Krug & Schadenberg,<br />

19,90 Euro<br />

Der Šu§erst gelungene und hintergrŸndige<br />

Roman beginnt mit der Wiederbegegnung<br />

zwischen Maria und Nina,<br />

die sich seit 25 Jahren nicht mehr gesehen<br />

haben.<br />

Dieses zufŠllige Treffen in einem<br />

Theaterfoyer ist fŸr Nina ãder Moment,<br />

vor dem sie sich ein Leben lang<br />

gefŸrchtet und den sie doch herbeigesehnt<br />

hatte wie nichts anderes auf der<br />

WeltÒ.<br />

Maria, die frŸhere Nachbarin von<br />

Nina und deren Eltern, ist in Begleitung<br />

von Michelle, ihrer aus Ost-Berlin<br />

stammenden Nichte.<br />

Sehr raffiniert miteinander verwoben<br />

werden die Geschichten dieser<br />

drei Frauen erzŠhlt.<br />

Nina, deren Mutter zunehmend in<br />

AlkoholabhŠngigkeit glitt, je mehr sie<br />

Florian Mildenberger:<br />

Allein unter<br />

Männern.<br />

Helene Stourzh-Anderle<br />

in ihrer Zeit (1890-1966),<br />

Herbolzheim:<br />

Centaurus-Verlag 2004<br />

Helene Stourzh-Anderle (1890-1966)<br />

machte als BŸrgertochter 1910 recht<br />

selbstverstŠndlich Abitur und durfte<br />

wie ihre Schwester in Wien studieren.<br />

1914 wurde sie recht flott zu wissenschaftlichem<br />

Arbeiten angehalten. Ein<br />

Jahr spŠter promovierte sie. Es folgte<br />

eine Ausbildungsstelle, ihre Spezialisierung<br />

auf GynŠkologie, 1918 die Ernennung<br />

zur AssistenzŠrztin, eine<br />

Stellung, die nicht von langer Dauer<br />

war: Frauen fungierten nicht nur in der<br />

Medizin als Platzhalter, bis die MŠnner<br />

aus dem Krieg wiederkamen. 1920<br />

eršffnete sie - als ÔAlternativeÕ zu ihrer<br />

zwangsweise beendeten universitŠren<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

ihre TrŠume in ihrer Hausfrauenrolle<br />

gefangen sah, lebt nach dem Tod ihrer<br />

Eltern sehr zurŸckgezogen hinter einem<br />

Schutzwall, durch den sie neue<br />

Verletzungen und EnttŠuschungen verhindern<br />

will.<br />

Michelle ist eine sehr begabte, funkensprŸhende<br />

Schauspielerin, die die<br />

BŸhne und das damit verbundene<br />

Licht liebt- und Frauen, seit ihrer stŸrmischen<br />

ersten Liebe zu Vanessa, die<br />

wie sie selbst damals SchauspielschŸlerin<br />

in der DDR war.<br />

Sehr lebendig knŸpft an diese zurŸckliegende<br />

Liebesgeschichte<br />

deutsch-deutsche Vergangenheit an, da<br />

beide Frauen ihre Liebe zueinander<br />

nicht ohne sozialpolitisch bedingte<br />

Konflikte leben konnten. Michelle, die<br />

Ÿberzeugte Sozialistin war, hinterfragte-<br />

durch Vanessa ausgelšst- das kontrollierende<br />

Staatssystem der DDR<br />

immer kritischer und rebellierte<br />

schlie§lich dagegen, Vanessa wŠhlte<br />

einen fŸr sie unumgŠnglichen Ausweg.<br />

Maria reprŠsentiert mit ihren 83<br />

Jahren eine kraftvolle, sehr lebenserfahrene<br />

Frau. In ihre rŸckblickend<br />

erzŠhlten Lebensstationen flie§t ebenfalls<br />

viel Zeitgeschichte ein. Sie ist eine<br />

Figur voller zuversichtlichem Aufbegehren<br />

gegen Einengungen und mit<br />

viel Reife, die aus Herausforderungen<br />

und auch aus Fehlern entstanden ist.<br />

Und sie ist letztlich die Verbindung<br />

zwischen allen FŠden, die sich an einem<br />

fŸr alle entscheidenden Knotenpunkt<br />

zusammenfŸgen.<br />

Durch sie lernen sich Nina und Michelle<br />

kennen und wagen eine AnnŠherung<br />

in ihre GegensŠtze hinein.<br />

Ein wunderbares, unbedingt lesenswertes,<br />

tiefsinniges Buch, sehr realistisch<br />

in der Darstellung und dennoch<br />

voller Zuversicht und angefŸllt mit<br />

einer Bandbreite verschiedenster Formen<br />

der Freundschaft und Liebe.<br />

Tanja Thiel<br />

Laufbahn - eine eigene Praxis in Wien.<br />

Nebenbei publizierte sie und referierte<br />

sie u.a. Ÿber das Thema AufklŠrung in<br />

MŠdchen- und an der Volkshochschule.<br />

Politisch schloss sich die €rztin<br />

1930 der …sterreichischen Frauenpartei<br />

an, worŸber die Leserin gern mehr<br />

erfahren hŠtte. 1953 rŸckte in den Vor-<br />

17<br />


schwarz auf weiß<br />

stand der Organisation von €rztinnen<br />

…sterreichs auf und wirkte zeitweilig<br />

an der 1954 gegrŸndeten šsterreichischen<br />

Gesellschaft fŸr Sexualforschung<br />

mit.<br />

Selbst heterosexuell, billigte Helene<br />

Stourzh-Anderle Lesben und Schwulen<br />

eine vergleichbare GefŸhlsfŠhigkeit<br />

wie Heterosexuellen zu - nicht ohne<br />

aber zu betonen, dass nur das eine<br />

ãnaturgewolltÕÒ sei und HomosexualitŠt<br />

hormonell bedingt.<br />

Helene Stourzh-Anderle war und<br />

blieb Zeit ihres Lebens eine biologistische<br />

Denkerin: Auch der diesbezŸglich<br />

gleichheitsorientierte FlŸgel der<br />

Alten Frauenbewegung scheint sie<br />

nicht beeindruckt zu haben. Trotzdem<br />

favorisierte sie eine Vorstellung von<br />

Gleichberechtigung und Gleichrangigkeit<br />

von Frauen und MŠnnern. Sexuell<br />

Monika Richrath:<br />

Das kleine Singlewohlfühlbuch<br />

für<br />

Frauen<br />

mvg Verlag,<br />

Die langjŠhrige Mit-lespress-Herausgeberin<br />

Monika Richrath hat sich mit<br />

dem ãKleinen SinglewohlfŸhlbuchÒ<br />

auf das Gebiet der Ratgeber-ÒLiteraturÒ<br />

gewagt. Unter dem Motto ãLernen<br />

Sie Ihr Leben zu genie§en - auch<br />

allein!Ò nimmt sie frische und auch<br />

langjŠhrige ãSolistinnenÒ an die Hand,<br />

sah sie durchaus unterschiedliche Rollen:<br />

ãBeim Verkehre fŠllt dem Mann<br />

der tŠtige und daher komplizierte Teil<br />

zu, wŠhrend die Frau nur eine untŠtige<br />

Haltung einzunehmen hat.Ò Kein<br />

Wunder also, dass auch die Neue<br />

Frauenbewegung in ihr keine VerbŸndete<br />

sah und nicht fŸr postume Rezeption<br />

sorgte...<br />

Kritisch zu werten sind Ÿberdies ihre<br />

AusfŸhrungen Ÿber Kšrperbaulehren<br />

und rassenhygienische †berlegungen.<br />

Die Arbeiten Helene Stourzh-Anderles<br />

wurden zwar recht breit rezipiert<br />

- was nicht eben viele Autorinnen<br />

von sich sagen konnten - aber dennoch<br />

konnte sie keine ãbreitere Wirkung auf<br />

Forschung und LehreÒ erzielen.<br />

Eingangs geht Florian Mildenberger<br />

zu hart mit der bisherigen Forschung<br />

Ÿber Frauenbiographien ins<br />

um ihnen<br />

die mannigfaltigenMšglichkeitenaufzuzeigen,<br />

kreativ mit<br />

der Einsamkeitumzugehen.<br />

Der neu<br />

zu entdeckende<br />

Freundeskreis, SpaziergŠnge<br />

mit viel Zeit zum Nachsinnen oder der<br />

klassische Wellness-Abend mit Ba-<br />

Gericht: Diese folge den ãeingefahrenen<br />

Routen der GeschichtsschreibungÒ<br />

(was allerdings nicht weiter<br />

ausgefŸhrt wird) und au§erdem seien<br />

ãentweder herausragende und schon<br />

halbwegs bekannte Persšnlichkeiten<br />

biographisch untersucht worden oder<br />

aber ganze Teile der Emanzipationsbewegung<br />

ohne RŸcksicht auf Individualbiographien<br />

beleuchtetÒ worden.<br />

WŠhrend der letzten Kritik uneingeschrŠnkt<br />

zuzustimmen ist, ist die andere<br />

doch mit Blick auf den Forschungsstand<br />

zu relativieren: Es liegen nach<br />

wie vor vergleichsweise wenige Biographien<br />

von Frauen speziell aus feministischen<br />

Bewegungskontexten vor,<br />

systematischen Analyse sind weiterhin<br />

notwendig. Kritischer und spannender<br />

wŠre es gewesen, sich etwa archivund<br />

quellenkritisch mit den vielfŠlti-<br />

dewanne und gutem Buch - Alleinsein<br />

kann eben doch schšn sein.<br />

Praktisch wird es dann in den Kapiteln<br />

ãSei freundlich zu Deinem LeibÒ<br />

und ãDinner for oneÒ: es wird viel<br />

Sport empfohlen (gut fŸr den Marktwert<br />

und den Geist) und der gepflegte<br />

Umgang mit den dem Kšrper zwangslŠufig<br />

zuzufŸhrenden Nahrungsmitteln<br />

(kein einsames Fast Food vor dem<br />

Fernseher). Auch Tipps fŸr den ãBloody<br />

SundayÒ-Blues gibt Richrath: Einfach<br />

die Lieblingsmusik auflegen und<br />

dazu tanzen. Oder puzzeln. Und falls<br />

das nicht hilft: Im Kapitel ãWas Sie<br />

schon immer Ÿber Sex wissen woll-<br />

gen Problemen biographischen Arbeitens<br />

auseinanderzusetzen - und zum<br />

Beispiel aufzuzeigen, das die Rekonstruktion<br />

von Lebensgeschichten von<br />

Frauen, die keine bŸrgerliche Herkunft<br />

hatten und gar nicht oder wenig publizierten,<br />

so gut wie unmšglich ist.<br />

Nichtsdestoweniger: Die werk-biographische<br />

Analyse von Florian Mildenberger<br />

liest sich von wenigen fachwortlastigen<br />

Passagen abgesehen gut,<br />

kontextualisiert Leben und Werk der<br />

€rztin politisch-historisch mit interessanten<br />

Querverbindungen und eršffnet<br />

eine interessante sexualwissenschaftliche,<br />

medizinhistorische, speziell gynŠkologiegeschichtliche<br />

Welt und deren<br />

frauenorientierte Kritik ˆ la Helene<br />

Stourzh-Anderle aus bŸrgerlich liberal-reformerischer<br />

Sicht.<br />

Christiane Leidinger<br />

tenÒ wird Ÿber die Freuden der Selbstbefriedigung<br />

mit und ohne Hilfsmitteln<br />

aufgeklŠrt. Leider kommt das<br />

ãSinglewohlfŸhlbuchÒ nicht ohne den<br />

obligatorischen Teil Ÿber das Wieschalte-ich-das-Single-sein-wiederab?<br />

aus. Da scheint es mit dem WohlfŸhlen<br />

also doch recht schwierig zu<br />

sein ...<br />

Alles in allem hat Monika Richrath<br />

mit ihrem Ratgeber jedoch ein feines,<br />

kleines BŸchlein mit der richtigen<br />

Prise Humor geschaffen, das mindestens<br />

einen Badewannen-Abend zu einem<br />

Genuss werden lŠsst.<br />

Sabine König


ausstellung<br />

W I E N<br />

Küchengeschichten<br />

Die Küche als Ort der Heim-<br />

Arbeit oder um lustvoll<br />

ein außergewöhnliches Gericht<br />

zuzubereiten, das Kochen an<br />

sich - alltägliche Notwendigkeit<br />

oder außerhäusliche Profession?<br />

Um diese Themenbereiche kreisen die Fotoarbeiten der<br />

Wiener KŸnstlerin Christa Zauner, die im Oktober und<br />

November im neuen Kunstraum Primoartista in Guntramsdorf<br />

gezeigt werden.<br />

go home<br />

Die Politiker versuchen in den letzten Jahren wieder verstŠrkt, die steigende<br />

Arbeitslosigkeit dadurch zu verbergen, indem das ãHeimÒ wieder<br />

als wertvoller Wirkungs- und Arbeitsbereich - vor allem fŸr Frauen<br />

- angepriesen wird. Diese Tendenz war Ausgangspunkt fŸr Christa Zauner,<br />

sich in ihren Serien ãgo homeÒ und ãkŸche macht freiÒ mit dem<br />

Ort ãKŸcheÒ zu beschŠftigen. .<br />

FŸr ãgo homeÒ bat sie Bekannte, ein Lieblingsgericht pantomimisch<br />

zu kochen, also ohne Hilfsmittel die Handlungen nachzuvollziehen. Sie<br />

stellten sich das Backrohr vor, Ÿberlegten, wie sie die TŸr šffnen, wie<br />

sie den Teig ausrollen. Eine PortrŠtierte wirft mit Genuss die gehackten<br />

NŸsse in die Teigmasse, eine sitzt und schneidet Zwiebel fŸrs Gulasch<br />

- und die TrŠnen flie§en....<br />

Bei den Aufnahmen kamen die speziellen Eigenheiten der PortrŠtierten<br />

beim Kochen zu tage, was sie am liebsten kochen, welche TŠtigkeit<br />

ihnen am meisten Freude macht - und auch ihre unterschiedlichen<br />

Motivationen, sich in die KŸche zu begeben.<br />

WŠhrend Christa Zauner in dieser Serie die fehlenden Kochutensilien<br />

dadurch ergŠnzt, indem sie sie in das Negativ kratzt und so wei§e<br />

und schwarze Grafiken Ÿber den Fotos schweben, zeigt sie in der zweiten<br />

Serie ãkŸche macht freiÒ die leeren KŸchen - und zeichnet dann die<br />

fehlenden Personen auf die Negative. Durch diese Überlagerungen werden<br />

die abwesenden Handelnden ersetzt, die unterschiedlichen KŸchen<br />

bleiben somit ãfreiÒ, laden ein, sie zu benŸtzen, sollen aber in<br />

wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht Ort festgelegter Zuordnung werden.<br />

Auf dieses Paradoxon verweist auch der Titel, der eine Freiheit<br />

verspricht, die nicht eingefordert werden kann.<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

love’s rite<br />

Einen všllig anderen Zugang stellen Michaela<br />

Gšltls Arbeiten dar: sie verbindet<br />

Tortenspitzen aus der Massenproduktion<br />

mit ShakespeareÕs Sonetten, Liebesgedichten<br />

also, die er ãnebenbeiÒ fŸr eine<br />

angebetete ãschwarze DameÒ und einen<br />

jungen Adeligen schrieb.<br />

Die Gedichte geben ein breites Spektrum<br />

von Emotionen wieder, das von<br />

Verliebtheit, Verehrung und starkem Begehren<br />

bis zu Angst, Wut und Verzweiflung<br />

reicht. GlŸck und Sehnsucht, aber<br />

auch Eifersucht und Streit werden schonungslos offen beschrieben.<br />

Die Gedichte sind in einsamen, sehnsuchtsvollen Momenten entstanden<br />

und sind Ausdruck von gerade nicht auslebbaren BedŸrfnissen,<br />

die so verewigt und durch das Kunstschaffen sublimiert wurden.<br />

Indem Michaela Gšltl diese Texte von Shakespeare abfotografierte<br />

und Tortenpapier als TrŠgermaterial fŸr die Fotografien verwendete,<br />

stellt das Endprodukt eine Verbindung von Reproduktion und Original<br />

dar, von Alltagsgegenstand und hoher Kunst, von Massenprodukt und<br />

individueller €u§erung.<br />

Die Requisiten aus der KŸche spielen auf die oft fatale Verbindung<br />

von unausgelebten GefŸhlen und Essen als Ersatzbefriedigung an,<br />

schšn verziert sind die intimen und heftigen Emotionen Shakespeares<br />

verdaubare Happen.<br />

Neben diesen spielerischen und doch auch vielschichtigen Arbeiten<br />

rund um den hŠuslichen Herd werden die beiden KŸnstlerinnen gleichzeitig<br />

zur Ausstellung in Guntramsdorf weitere Fotografien in der<br />

Galerie Ariadne in Wien zeigen.<br />

Christa Zauner und Michaela Göltl<br />

Primo Artista<br />

Galerie und Kunsthandels G.m.b.H.<br />

Neudorferstrasse 114<br />

A-2353 Guntramsdorf<br />

Web: www.primoartista.com<br />

E-mail: art@primoartista.com<br />

Tel: +43 (0) 664 / 533 744 2<br />

Tel: +43 (0) 664 / 16 16 478<br />

Ausstellung: 22.10.05 bis 10.12.05<br />

…ffnungszeiten: Fr, Sa, So, 15.00 - 19.00 Uhr<br />

oder gegen telefonische Vereinbarung<br />

Weitere Arbeiten in der<br />

Galerie Ariadne, Fleischmanngasse 1, 1040 Wien<br />

Christa Zauner: 18.10.05 bis 12.11.05<br />

Michaela Gšltl: 15.11.05 bis 10.12.05<br />

19


DONNA LEON<br />

Frankfurter Buchmesse:<br />

Hörbuchtrends<br />

Rund 70 Aussteller zum Thema Hörbuch präsentieren<br />

sich in diesem Jahr vom 19. bis zum 23.<br />

Oktober auf der Frankfurter Buchmesse an einem<br />

gemeinsamen Stand (Halle 4.1, Stand B 139), soviel<br />

wie nie zuvor. Zahlreiche Lesungen, Diskussionen<br />

und Veranstaltungen rund ums Hörbuch<br />

sollen Fachpublikum und Privatbesucher informieren<br />

und unterhalten. Immerhin gibt es in<br />

Deutschland ungefähr 6 Millionen Fans des gesprochenen<br />

Wortes, rund 13 000 Titel von über<br />

500 Verlagen sind mittlerweile erhältlich. Weitere<br />

Messeinformationen und Termine finden Interessierte<br />

unter www.buchmesse.de. Dort in der Suchmaschine<br />

„Hörbuch“ eingeben.<br />

Harry Potter Band VI<br />

in Vorbereitung<br />

Während sich hierzulande noch das Harry-Potter-<br />

Fieber rund um die Printausgabe des Jugendbuchbestsellers<br />

verbreitet, steht der bewährte HP-Vorleser<br />

Rufus Beck schon für die Produktion der<br />

hörzu<br />

BEWEISE, DASS ES BÖSE IST<br />

Hörspiel mit Udo Wachtveitl, Barbara Auer u. a.<br />

2 CDs, Laufzeit 107 Minuten, Der Hörverlag<br />

Die 83-jährige Maria Battestini liegt ermordet in ihrer Wohnung. Ihre Familie ist schon lange tot und Freunde hatte<br />

die wenig liebenswerte alte Dame, die die Nachbarn mit ihrem lauten Fernseher fast in den Wahnsinn trieb, keine.<br />

Aber auch garstige Menschen darf man nicht einfach so umbringen, befindet Commissario Brunetti und macht sich<br />

auf die Suche nach Motiv und Mörder. Sein rechthaberischer, aber stets auf dem Holzweg befindlicher Vorgesetzter<br />

Patta ist ihm dabei ebenso im Weg wie die italienische Bürokratie, die der deutschen offenbar in nichts nachsteht.<br />

Glücklicherweise steht ihm die pfiffige Signora Elettra zur Seite, die die offiziellen Wege der Informationsbeschaffung<br />

elegant umgeht. Eines ist Brunetti in diesem rätselhaften Fall jedenfalls schnell klar: Maria Battestini wurde<br />

nicht wegen ihres lauten Fernsehers ermordet ...<br />

So weit und so spannend die Handlung. Auch die hervorragend ausgewählten Sprecher geben wenig Anlass zur<br />

Kritik. Die Inszenierung jedoch, genauer gesagt die atmosphärische Untermalung durch Musik und Geräusche, ist<br />

sicher originell, aber ausgesprochen geschmacksabhängig. Anhänger des hektischen Videoclip-Stils werden an der<br />

üppigen, selbst Dialoge begleitenden Musikkulisse ihre helle Freude haben. Alle anderen - so auch die Rezensentin<br />

- werden damit beschäftigt sein, mit beruhigenden Atemübungen das beginnende Herzrasen zu bekämpfen. Es<br />

scheint, als hätte auch die gute alte Hörspielkultur ein paar Modernisierungsmaßnahmen hinter sich gebracht - was<br />

nicht zwingend schlecht sein muss, nur eben geschmacksabhängig.<br />

Von allen Comissario-Brunetti-Fällen gibt es außer den Hörspielen noch die vollständig vorgelesenen Hörbücher<br />

- perfekt geeignet für alle, denen die Hörspielinszenierungen zu aufreibend sind und die es gerne ruhiger angehen<br />

lassen (die Rezensentin gesteht...). Donna-Leon-Anfängern sei an dieser Stelle wärmstens Brunettis fünfter Fall<br />

„Aqua alta“ empfohlen. Im Mittelpunkt stehen die berühmte Opernsängerin Flavia Petrelli und ihre Lebensgefährtin,<br />

die Archäologin Brett Lynch, die eines Tages scheinbar ohne Motiv zusammengeschlagen wird. Mit viel Feingefühl<br />

für die beiden verbandelten Frauen, aber auch mit unerbittlicher Härte untersucht Brunetti diesen Fall, der sich zu<br />

einem stadtweiten Kunstfälschungsskandal ausweitet.<br />

Diesen Brunetti-Fall und viele weitere Hörbücher liest auf höchst eingängige und angenehme Art der aus verschiedenen<br />

Fernsehproduktionen bekannte Schauspieler Christoph Lindert, der vor kurzem freiwillig aus dem Leben<br />

schied, da er den Krebstod seiner Frau, der Lindenstraßen-Darstellerin Ute Moira, nicht verkraften konnte.<br />

Ute Roos<br />

HÖRNEWS UND TERMINE<br />

Hörbuch-Version in den Startlöchern. Wer lieber<br />

vorlesen lässt statt selbst zu lesen, muss sich aber<br />

noch bis zum nächsten Jahr gedulden: Vorraussichtlicher<br />

Erscheinungstermin für das Hörbuch<br />

ist der 17. Februar 2006. A propos Harry Potter,<br />

wer andere gerne ärgern möchte, kann sich im Internet<br />

unter http: //www.tshirthell.com/ ein T-<br />

Shirt mit folgender Aufschrift bestellen: „xxx<br />

(hier steht der Name einer beliebten Figur aus<br />

dem Harry-Potter-Universum, der den sechsten<br />

Band nicht überlebt) dies on page 596. I just<br />

saved you 4 hours and 30 $“. Die Rezensentin bittet<br />

um Verständnis: Die (Selbst-)Zensur an dieser<br />

Stelle erfolgte zur Wahrung der Sympathie ihrer<br />

geneigten Leserinnen.<br />

Hörspiel unterm<br />

Sternenhimmel<br />

Ab 8. Oktober veranstaltet das Planetarium<br />

Mannheim (Wilhelm-Varnholt-Allee 1, 68165<br />

Mannheim) wieder Hör-Events unter Sternen. An<br />

jedem zweiten Samstag von 19.30 bis 22.00 Uhr<br />

kommen Krimifreunde für 7 Euro (ermäßigt 5 Euro)<br />

auf ihre Kosten. Zu hören sind etwa Krimistar-<br />

autoren wie Patricia Highsmith mit ihrem zwielichten,<br />

bisexuellen Helden Ripley („Der Junge,<br />

der Ripley folgte“), Frankreichs Georges Simenon<br />

(„Die Brüder Rico“, „Die Ehe der Bébé Donge“),<br />

Ernest Tidyman mit seinem schwarzen Kultdetektiv<br />

Shaft („Shaft und das Mordkomplott“)<br />

und viele weitere. Karten kann man unter 0621/<br />

41 56 92 oder im Internet unter www.planetarium-mannheim.de<br />

reservieren, das vollständige<br />

Programm findet sich unter www.swr2.de/hoerspiel.<br />

Toolbar für Hörbuchfans<br />

Mit nur wenigen Mausklicks können sich Freundinnen<br />

und Freunde des gesprochenen Wortes<br />

eine so genannte Toolbar auf ihrem Computer instalieren.<br />

Nach der Installation erscheinen im Internet-Browser<br />

verschiedene Icons, die mit einem<br />

Klick hörbuchspezifische Webseiten aufrufen, Internetradio<br />

abspielen und vieles mehr. Mehr Informationen<br />

dazu findet sich bei den Anbietern<br />

der Toolbar auf deren Website www.hoerothek.de,<br />

eine der bekanntesten und meistbesuchten Internetseiten<br />

zum Thema Hörbuch.<br />

20 lespress ❘ oktober 2005


HÖRNEWS UND TERMINE<br />

Zum Verschenken:<br />

Spannende Hörbuch<br />

“truhen“<br />

Spätestens mit dem Erscheinen der Lebkuchenbrezeln<br />

in den Supermarktregalen taucht auch die<br />

Frage nach Weihnachtsgeschenken auf für alle,<br />

die einem lieb und teuer sind. Zwei frühe Empfehlungen<br />

seien an dieser Stelle schon einmal<br />

ausgesprochen: Random House Audio hat eine<br />

feine Auswahl der spannendsten John-Grisham-<br />

Bestseller (Die Firma, Die Bruderschaft, Das Urteil,<br />

Die Schuld etc.) zusammengepackt und verkauft<br />

„Die Truhe“, die 36 CDs mit insgesamt rund<br />

40 Stunden Laufzeit enthält, für 89,50 Euro.<br />

Wer statt nervenzerfetzender Action mehr auf<br />

Klassiker der Weltliteratur steht, der sei die Hörbibliothek<br />

von Weltbild wärmstens empfohlen. 30<br />

CDs mit einer Laufzeit von ungefähr 33 Stunden<br />

sind für 49,90 Euro zu haben. Bekannte, aber<br />

auch weniger bekannte Romane, Theaterstücke,<br />

Erzählungen und Balladen von Goethe, Schiller,<br />

Balzac, Dostojewski, Dickens, Puschkin, Wilde<br />

und anderen locken zum Anhören.<br />

Neue Download-Portale<br />

für Hörbücher<br />

Immer mehr Anbieter kommen auf den Geschmack.<br />

Nach den beiden Erstlingen www.soforthoeren.de<br />

des süddeutschen Diderot-Verlages<br />

und www.audible.de starten in Kürze mehrere<br />

Portale im Internet, bei denen sich Interessierte<br />

Hörbücher kaufen und gleich herunterladen können.<br />

Unter www.claudio.de will die Claudio<br />

Medien AG, an der unter anderem der Hörverlag<br />

und der Focus-Magazin-Verlag beteiligt sind, in<br />

Kürze ein Portal anbieten, bei dem alle<br />

Beteiligten - Autoren, Sprecher, Verlage, Käufer<br />

etc. - auf ihre Kosten kommen. Start soll die<br />

Frankfurter Buchmesse sein, bei der vermutlich<br />

mehr Details zu erfahren sind.<br />

Speziell für Kinder soll das Portal des Münchner<br />

Terzio-Verlags www.hoerbie.de sein. Bis zu tausend<br />

kindertauglichen Titeln will Terzio anbieten.<br />

Ein in Zusammenarbeit mit Soforthoeren.de entwickeltes,<br />

kinderfreundliches Zugangsprogramm<br />

soll ermöglichen, dass Kinder sich für ein<br />

bestimmtes, von den Eltern genehmigtes<br />

kling und klang<br />

Guthaben Hörspiele nach eigenem Gusto herunterladen<br />

können. Start ist voraussichtlich Ende<br />

Oktober.<br />

Umfassende<br />

Studie zu Hörbüchern<br />

Das Portal Echthörbuch.de veröffentlichte kürzlich<br />

die wichtigsten Ergebnisse einer Studie zum<br />

Thema Hörbücher, an der 1800 Interessierte teilgenommen<br />

hatten. Beliebte Genres, so die Studie,<br />

sind Krimis und Horror. Erwachsene hören gerne<br />

Kinderhörbücher und bei den Vorlieben gibt es<br />

geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen<br />

bevorzugen Hörbücher, während Männer mehr<br />

auf Hörspiele stehen. Die weiteren Ergebnisse<br />

finden sich auf der Website des Portals<br />

(www.echthoerbuch.de).<br />

Ute Roos


22<br />

CHAKA KHAN<br />

KEELY SMITH<br />

DEBBY BOONE<br />

kling und klang<br />

FEAT. THE LONDON SYMPHONY ORCHESTRA: CLASSIKAHN<br />

Earthsong (Import-CD)<br />

„I’m every Woman“ war einer ihrer Hits in den achtziger Jahren, der erst so richtig bekannt wurde durch das Remake<br />

von Whitney Houston in den Neunzigern. Leider, leider war es Chaka Khan nie vergönnt, den absoluten Hit direkt<br />

zu landen. Dabei kann die Dame so wahnsinnig viel, dass jede Durchschnittssängerin im Genrespektrum Pop-Rock-<br />

Soul-Jazz sofort Ihr Notenbüchlein (wenn sie es denn überhaupt lesen kann) sofort zuklappen müsste, um fürderhin<br />

zu schweigen und sich einen anderen Job zu besorgen. Allein die Wahnsinnsoktavsprünge Chaka Khans sind - in<br />

welchem Song auch immer - das Zuhören wert. Nun hat sich Chaka Khan mit ihrem aktuellen Album ein wenig von<br />

Pop-Versuchen abgewandt und sich Jazz-Klassikern gewidmet, mit denen sie nach eigener Aussage groß geworden<br />

ist. Das Ergebnis ist nicht nur für Fans umwerfend. Schließlich begleitet hier nicht ein Plastikorchester mit allerlei<br />

lustigen Features aus dem Studio die Sängerin, sondern das London Symphony Orchestra. Es ist schon erstaunlich,<br />

dass Chaka Khan selbst so abgenudelten Jazz-Songs wie „Crazy“ (kennen Sie spätestens auch aus „Desert Hearts“)<br />

oder „Stormy Weather“ immer noch eine eigene ‘Note’ zu geben weiß. Und spätestens bei Interpretationen von<br />

„Goldfinger“ oder „Diamonds Are Forever“ kann man sich Chaka Khan auch sehr, sehr gut als Sängerin des nächsten<br />

Bond-Films vorstellen.<br />

Unbedingt reinhören!<br />

❤❤❤❤❤❤<br />

ufa<br />

VEGAS 58 - TODAY<br />

Concord Music<br />

Keely Smith, Jahrgang 1932 (!) gehört zu den hierzulande leider nicht so bekannten Diven des Jazz. Gemeinsam mit<br />

ihrem Partner Louis Prima war sie ein Top-Act im Las-Vegas der Fünfziger; die beiden traten bis zu fünf Mal an<br />

einem Tag in der legendären Sahara’s Casbar Lounge auf, und im Publikum saßen Celebrities wie Frank Sinatra,<br />

Dean Martin, Sammy Davis, Jr., Spencer Tracy, Gary Cooper, Natalie Wood oder auch der junge damals noch Senator<br />

J.F. Kennedy. In Erinnerung an ihren 1978 verstorbenen Partner entstand das Programm „Vegas 58 -Today“,<br />

das im New Yorker Feinstein’s aufgenommen wurde. Die Live-Aufnahme ist technisch und atmosphärisch wunderbar<br />

gelungen; Keely Smith singt immer noch voller Esprit und mit einer Verve, dass man sich beim Zuhören<br />

wünscht, dabei gewesen zu sein. Einen großen Anteil an diesem Erfolg hat allerdings auch die Begleitband mit einer<br />

fetzig aufspielenden Bläsersection und dem sagenhaften Drummer Joe Cucozzo. Live-Musik at ist best!<br />

❤❤❤❤❤❤<br />

ufa<br />

REFLECTIONS OF ROSEMARY<br />

Concord Records<br />

Ihren ersten Hit hatte Debby Boone, eine Tochter von Pat Boone, bereits 1978 mit „You Light Up My Life“; die<br />

Platte wurde übrigens vier Millionen Mal verkauft, ohne dass Debby Boone (nach eigener Aussage) auch nur einen<br />

Penny daran verdiente. Pech im Spiel, Glück in der Liebe: Debby Boone heiratete zwei Jahre später Gabriel Ferrer,<br />

den Sohn der legendären Sängerin Rosemary Clooney, mit der sie sich nicht nur musikalisch ausgezeichnet verstand.<br />

Als Rosemary Clooney 2002 starb, vererbte sie ihrer Schwiegertochter all ihre musikalischen Arrangements. Und<br />

so entstand nun das Album „Reflections of Rosemary“, das zum Glück so gar nicht kitschig daher kommt, sondern<br />

durch die eigenen Interpretationen von Debby Boone ähnlich beeindruckend ist wie das 2003 erschienene Album<br />

und Rosemary Clooney gewidmete Album von Bette Midler. Sehr charmant erzählt gibt es zu jedem Song im Booklet<br />

eine kleine Geschichte oder eine Erinnerung aus dem Leben von Clooney. Und als kleine Überraschung zum<br />

Schluss einen hidden Track, auf dem Clooney selbst noch einmal ganz privat und a capella zu hören ist.<br />

Ein ruhiges, aber schönes Album, das die Qualitäten einer inzwischen ja nun erwachsenen Debby Boone zeigt und<br />

hoffen lässt auf mehr; nicht also nur etwas für Rosemary-Clooney -Fans.<br />

❤❤❤❤❤❤<br />

ufa<br />

lespress ❘ oktober 2005


SARAH JANE MORRIS<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

ALEXANDRA<br />

IN CONCERT<br />

in-akustik/SWR DVD<br />

Eigentlich wollte Sarah Jane Morris bei der Schauspielerei bleiben, aber dann kam es auf Umwegen zu einem Zu-<br />

sammentreffen mit den Communards, mit denen Sie das Remake des Donna-Summer-Hits „Don’t Leave Me This<br />

Way“ aufnahm. Ihre leicht rauchige, dunkle Stimme passte einfach wunderbar zu Jimmy Summervilles Falsett-<br />

Stimmchen. Und so wurde „Don’t Leave Me This Way“ 1986 nicht nur zu einem Megahit, sondern auch zu einem<br />

Meilenstein in ihrer Karriere als Sängerin. Mitte der Achtziger war es längst noch nicht schick, schwul zu sein und<br />

fast schon gefährlich für die Karriere, sich gemeinsam mit einem Schwulen auf die Bühne zu stellen, aber Sarah Ja-<br />

ne Morris hatte damit keine Probleme - im Gegenteil: Sie setzte noch eins drauf, indem sie ihre Version von „Me<br />

And Ms Jones“ herausbrachte. Der Song wurde prompt von den britischen Radiosendern boykottiert und mit umso<br />

mehr Interesse von Lesben gehört...<br />

Die in diesem Jahr erschienene DVD ist ein Mitschnitt der „Ohne-Filter“-Sendungen des SWR von 1990 und ent-<br />

hält auch den legendären Titel „Ms-Jones“-Song sowie eine harsche Abrechnung mit der damaligen<br />

Regierungschefin Maggie Thatcher, die von Sarah Jane Morris in ihrer Ankündigung als „Diktatorin“ bezeichnet<br />

wird. Nun sind die Songs eben schon so alt wie sie sind, nämlich mindestens 15 Jahre, und ein wenig altbacken<br />

kommt auch der Mitschnitt daher, aber those were the days. Dennoch: eine hübsche Zeitreise ins vorige Jahrzehnt<br />

- die Extras sind allerdings nur etwas für Freaks und fast schon eine Lachnummer.<br />

❤❤❤❤❤❤<br />

DIE LEGENDE EINER SÄNGERIN<br />

Film von Marc Boettcher (ARD Video), DVD<br />

„Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot“ - das ist eine der Zeilen eines Liedchens, das viele Kin-<br />

der einer gewissen Generation geprägt hat. Eigentlich hat Alexandra mit diesem wie auch anderen „kritischen“<br />

Songs im Schlagerkontext der Sechziger und Siebziger einen großen Anteil an der späteren grünen Bewegung - rich-<br />

tig zugeben will es natürlich keine(r). Und ganz so richtig ist diese Behauptung auch nicht, denn die Sängerin selbst<br />

hat sich (außer in ein, zwei Songs) zu Lebzeiten kaum zu gesellschaftspolitischen Themen geäußert, sondern eher<br />

ganz brav versucht, als „besondere“ Künstlerin ihren Weg durch die Hitparaden zu machen. Das ist ihr wohl gelun-<br />

gen, der Preis allerdings war hoch: ihr Privatleben ging schlichtweg dabei drauf. Alexandras mysteriöser Tod, der<br />

bis heute nicht geklärt ist, markiert den Schlusspunkt einer Karriere, die gerade erst begonnen hatte. Die „Legende<br />

einer Sängerin“ ist eine eher brave Dokumentation, die wenig überraschende Neuigkeiten bietet, aber immerhin ein<br />

interessanter Spiegel jener Jahre ist.<br />

❤❤❤❤ ❤ ❤<br />

ufa<br />

ufa<br />

23


daheim<br />

Die Geister, die ich rief ...<br />

„Tante Bella?“, fragte das zarte<br />

Stimmchen meiner Nichte Marie auf<br />

mein unhöflich ins Telefon gebellte<br />

„Hallo?“. Aus dem Stand mutierte ich<br />

zur lieben und lustigen Tante. „Ja<br />

Marie, was rufst Du mich denn an?“,<br />

fragte ich ziemlich dämlich. „Tante<br />

Bella, die Magdalena und ich, wir wollen<br />

Dich nächsten Freitag besuchen.<br />

Und mit Dir zum Oktoberfest gehen.<br />

Du hast mir doch zur Taufe einen<br />

Gutschein fürs Oktoberfest<br />

geschenkt.“. Ich konnte mich nicht<br />

recht erinnern, schließlich war das 10<br />

Jahre her. Solche Gutscheine kommen<br />

wie Bumerangs immer wieder zurück.<br />

Der ganze Besuchsplan war auf dem Mist meines<br />

Bruders, seines Zeichens Vater der MŠdchen, gewachsen.<br />

Er war auch fŸr die Anrede ãTante BellaÒ<br />

verantwortlich, weil er, fŸnf Jahre jŸnger als ich, als<br />

Kind meinen Vornamen nie hatte aussprechen kšnnen<br />

und einfach ãBellaÒ zu mir gesagt hatte. Mein Bruder wollte sich<br />

mit seiner Frau ein schšnes Wochenende im Voralpenland machen, zu<br />

diesem Behufe seinen JŸngsten, Markus, bei dessen Taufpaten abgeben<br />

und die beiden MŠdchen, Magdalena und Marie, Ÿbers Wochenende zu<br />

uns bringen. Da kam ihm der alte Gutschein zum Oktoberfestbesuch<br />

gerade recht. Als gute Tante und bewŠhrte ãgro§e SchwesterÒ zeigte ich<br />

mich zŠhneknirschend mit allem einverstanden.<br />

Meine Frau gab die BedenkentrŠgerin: ãDie sind doch alle furchtbar<br />

katholisch - wundern die MŠdchen sich nicht, dass wir beide in einem<br />

Bett schlafen? Am Ende mŸssen wir mit denen in die Kirche, ich wei§<br />

gar nicht, ob in der kleinen Kirche am Friedhof Ÿberhaupt AuffŸhrungen<br />

sind ...Ò. ãDas hei§t Gottesdienst oder Messe, das wei§t du genau!Ò,<br />

tadelte ich meine ungetaufte Frau. ã†brigens: meine Nichten<br />

wissen doch, dass wir Lesben sind.Ò ãMit allen Konsequenzen?Ò, fragte<br />

meine Frau. ãKonsequenzen? Maries Definition geht so: ÔLesben<br />

sind Frauen, die keine MŠnner brauchen.ÕÒ. ãDann sind aber viele<br />

Frauen Lesben.Ò, murmelte meine Frau.<br />

Ein bisschen enttŠuscht waren Magdalena und Marie schon, als wir<br />

Freitagabend ãwegen der LichterÒ nur einmal mit dem Auto um das<br />

24 lespress ❘ oktober 2005


Oktoberfest herum fuhren und nicht gleich auf die Wiesn gingen.<br />

ãTagsŸber ist es besserÒ, betonte ich ein ums andre Mal, ãda ist es nicht<br />

so voll und weniger Betrunkene sind unterwegs!Ò. Wie zum Beweis<br />

torkelten, wŠhrend wir im Auto an der roten Ampel warteten, zwei Besoffene<br />

zielstrebig auf unseren Wagen zu und kotzten synchron auf die<br />

Motorhaube. Gut, dass es gleich danach zu regnen begann.<br />

Der nŠchste Vormittag brachte einen sonnig-bayrischen, wei§-blauen<br />

Himmel. Oktoberfest-Wetter! Schlag 12 Uhr brachen wir auf. Auf<br />

wundersame Weise ergatterten wir gleich an der Theresienwiese einen<br />

Parkplatz.<br />

ãWir machen das jetzt soÒ, erklŠrte ich, einem pŠdagogisch wertvollen<br />

Vorschlag meines Bruders folgend, ãwir gehen jetzt Ÿber den<br />

ganzen Platz und Ihr schaut euch alles an. Dann dŸrft Ihr euch drei Sachen<br />

aussuchen, mit denen Ihr fahren wollt.Ò Sehr zum Erstaunen meiner<br />

Frau - deren Nichte erst vor kurzem unter ihrer Aufsicht siebenmal<br />

hintereinander Achterbahn gefahren war, um dann den folgenden Tag<br />

mit Drehschwindel im Bett bleiben zu mŸssen - erklŠrten sich Magdalena<br />

und Marie mit dem Plan ohne Murren einverstanden. Gelobt sei<br />

die katholische Erziehung!<br />

Meine Nichten standen mit glŠnzenden Augen da und sagten: ãWir<br />

haben uns im Internet schon informiert, wir wollen zuerst zu den lebenden<br />

Geistern!Ò Von denen hatte ich auch schon gelesen. Irgendwelche<br />

Studenten oder 1-Euro-Jobber verdienten sich in den dunklen Tunneln<br />

einer Geisterbahn wŠhrend des Oktoberfests ihr Geld, indem sie den<br />

Nervenkitzel suchende FahrgŠste ãin echtÒ zwickten. WerÕs mag! ãHaben<br />

Sie lebende Geister?Ò, war nun meine Standardfrage an den Geisterbahn-Kassen.<br />

Die fŸnfte Geisterbahn endlich war die richtige. Eine<br />

aufgeregte Menschentraube stand mehr oder weniger Schlange, Marie<br />

und Magdalena reihten sich geschickt ganz vorne ein, ein bisschen enttŠuscht,<br />

dass ich nicht mitfahren und mich Zwicken lassen wollte. Ich<br />

lasse mich ungern im Dunkeln von fremden MŠnnern begrapschen,<br />

aber das wollte ich den MŠdchen so nicht erklŠren. ãDie lebenden Geister<br />

haben nur buhu geschrien und nur gekitzelt!Ò, beschwerte sich Marie<br />

nach der Geisterbahn-Fahrt. ãNa, wenn euch nach deftigem Kšrperkontakt<br />

ist, da wei§ ich was!Ò Lebenserfahren schlug ich das Teufelsrad<br />

vor. ãDas FahrgeschŠft hat eine lange Tradition, es<br />

ist Ÿber hundert Jahre alt, als ich in eurem Alter war,<br />

bin ich mal als letzte auf dem Teufelsrad gesessen,<br />

ganz toll war das!Ò dozierte ich. Meine Frau und die<br />

beiden MŠdchen schauten mich unglŠubig an.<br />

Drinnen im stickigen Teufelsrad-Zelt ging es zur<br />

Sache. Das Prinzip ist einfach: Ein Schmierlappen<br />

von Anheizer fordert Ÿber sein Mikrophon bestimmte<br />

Zielgruppen auf, auf das ebenerdig angebrachte<br />

Teufelsrad zu springen. In Windeseile ist die gro§e<br />

runde Holzscheibe gefŸllt, beginnt sich erst langsam,<br />

dann immer schneller zu drehen. Die ersten purzeln,<br />

von der Schleuderkraft getrieben, vom Teufelsrad in<br />

die weich gepolsterte Absperrung. Nur wer genau in<br />

der Mitte des riesigen Holztellers sitzt, kann sich lŠnger<br />

halten. Der Letzte wird dann von oben von einer<br />

Art Medizinball an der Angel attackiert, verliert auch<br />

irgendwann das Gleichgewicht und wird unter dem<br />

hŠmischen GelŠchter der Zuschauer vom Teufelsrad<br />

verscheucht.<br />

ãJetzt Sšhne und ihre VŠter!Ò, rief der Anheizer,<br />

und Pulks von kleinen Buben mit ihren Papas stŸrmten<br />

aufs Teufelsrad. Marie und Magdalena staunten,<br />

wie grauhaarige Herren rotgesichtig in die Banden<br />

geschleudert wurden. Freiwillig. ãTante Bella, Du<br />

musst auch mit uns aufs Teufelsrad!Ò, forderte mich<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

Marie auf. ãDa kšnnen wir nicht so einfach raufÒ, erklŠrte ich besserwisserisch,<br />

ãda muss der Mann am Mikrofon schon die richtige Ansage<br />

machen.Ò.<br />

Meine Frau blickte mich streng an. ãFeigling!Ò, las ich in ihren<br />

Augen. Gšttin sei Dank wurden jetzt ãAlle Madeln, die noch in die<br />

Schule gehen!Ò, aufs Teufelsrad gebeten, ich nickte meinen Nichten zu,<br />

und sie stŸrmten aufs Rad. Sie hielten sich ganz gut, hatten aber nicht<br />

die guten PlŠtze in der Mitte der Scheibe ergattert.<br />

Irgendwann bekamen die MŠdchen Durst, und wir verlie§en das<br />

Teufelsrad-Zelt, um etwas zu Trinken zu besorgen. ãWenn wir uns<br />

verlieren, treffen wir uns hier, hier ist es lustig!Ò, schlug Magdalena im<br />

Gehen vor.<br />

ãDu musst endlich mal was mit den Kindern mitfahren, die sind<br />

sonst ganz enttŠuscht von ihrer Tante BellaÒ, flŸsterte mir meine Frau<br />

ins Ohr. Ich entschied mich fŸr die Wildwasserbahn. Wasser ist immer<br />

gut, aber leider las ich erst in der Warteschlange das Schild, das Menschen<br />

mit RŸcken- oder Herzbeschwerden vor der Mitfahrt warnte.<br />

Auch war die Bahn mitnichten ebenerdig, frau sa§ in einer Art Kanu<br />

auf Schienen und wurde ein ums andre Mal viele Meter hochgezogen,<br />

um im freien Fall durch WasserfontŠnen zu Boden zu stŸrzen. Meine<br />

Nichten, die vor mir im Kanu sa§en, johlten begeistert, ich kauerte hinten<br />

geduckt, mir war schlecht.<br />

Meine Frau erwartete uns am Ausgang des FahrgeschŠfts. Sie umarmte<br />

mich und flŸsterte stolz: ãDu warst so tapfer!Ò. Ich genoss den<br />

Trost.<br />

Plštzlich waren die MŠdchen verschwunden. Panik kroch in mir<br />

hoch. Meine einzigen Nichten! Verschwunden, nur, weil ich bei der<br />

Wildwasserbahn schwŠchelte!<br />

ãWo werden sie schon seinÒ, meinte meine Frau ãbeim Teufelsrad,<br />

wo sonst!Ò. Wir stŸrmten durch die Massen zurŸck zum Teufelsrad-<br />

Zelt. Drinnen sahen wir sie gleich, sie standen beide beim Ansager.<br />

Marie und Magdalena winkten mir zu. Der Ansager grinste hŠmisch<br />

und nahm sein Mikrophon: ãSo, auf gehtÕs. Jetzt alle Tanten und ihre<br />

Nichten. Das gilt auch fŸr Tante Bella!Ò<br />

Bernadette Repplinger<br />

25


ewegte bilder<br />

Ü B E R D E N W O L K E N . . .<br />

FREMDE HAUT<br />

Anne und Fariba<br />

Nach diversen TV-Produktionen,<br />

die sich mit Coming-Out, Frauenliebe<br />

und -Freundschaft beschäftigten,<br />

erzählt „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“, der erste<br />

Kinofilm von Angelina Maccerone,<br />

über den Verlust von Identität,<br />

auch der sexuellen, und dem Kampf<br />

um individuelle Freiheit.<br />

Die Frauen nehmen sich den Tschador ab, eine steht auf,<br />

geht in die Flugzeugtoilette, verdeckt den Rauchmelder<br />

mit ihrem Kopftuch und zŸndet sich eine Zigarette an.<br />

Die ersten Gesten von Freiheit, als das Flugzeug aus Teheran<br />

die Grenze nach Deutschland passiert. Fariba<br />

zieht hektisch an ihrer Zigarette, der junge Iraner Siamak zappelt nervšs<br />

mit den FŸ§en, die ersten Anzeichen dafŸr, dass diese FluggŠste<br />

keine Touristen auf einem Erholungsurlaub in die Bundesrepublik sind.<br />

Siamak wird im Iran politisch verfolgt, Fariba muss wegen ihrer Liebe<br />

zu einer Frau das Land verlassen. Doch es ist nur ein kurzer Ausflug in<br />

die Freiheit. Im Auffanglager kreuzt sich das Schicksal der beiden<br />

FlŸchtlinge. Als Siamak den emotionalen Druck nicht mehr aushŠlt,<br />

bringt er sich um - zwei Tage vor seiner Anhšrung und der Genehmigung<br />

des Asylantrages. Fariba hingegen soll abgeschoben werden, weil<br />

sie wegen widersprŸchlicher Aussagen unglaubwŸrdig geworden ist.<br />

Kurzerhand schlŸpft sie in die <strong>Haut</strong> von Siamak und darf in die Bundesrepublik<br />

der gro§en Freiheit einreisen. Als Mann, als Asylsuchender,<br />

in ein FlŸchtlingsheim, ohne Arbeitserlaubnis.<br />

Schwer hat es Siamak, seine ãfremde <strong>Haut</strong>Ò zu schŸtzen<br />

- nach getaner, durchaus illegaler Arbeit kann er nicht mit den anderen<br />

MŠnnern duschen und macht sich zum Gespštt. Und Ÿberhaupt, er ist<br />

anders als die anderen. ZurŸckhaltend, aufmerksam, feinfŸhlig. Gro§artig<br />

wie Ÿberzeugend Jasmin Tabatabai ihre mŠnnliche Rolle spielt.<br />

Kleidung, Gestik, Mimik und Gang - alles wirkt Ÿberzeugend und nie<br />

Ÿbertrieben ge-drag-kingt. Und als sie sich zurecht macht, um ihre Kollegin<br />

Anne zu einem ersten Date zu treffen, knšpft sie sich den obersten<br />

Hemdknopf zu - kšnnte der fehlende Adamsapfel sie doch verraten<br />

- und klopft sich ganz fachmŠnnisch Rasierwasser auf Hals und<br />

Wangenpartie.<br />

Kein Wunder, dass sich Anne, gespielt von der gro§artigen Anneke<br />

Kim Sarnau (Die Polizistin, Ich liebe das Leben), von dem smarten<br />

Fremdarbeiter angezogen fŸhlt. Im Grunde ihres Herzens ein freiheits-<br />

26 lespress ❘ oktober 2005


liebender Mensch, fŸhlt sie sich in der engen schwŠbischen Welt eingesperrt,<br />

kontrolliert und in Zaum gehalten von ihren Freunden, einer<br />

angepassten Frau und zwei horizontbeschrŠnkten MŠnnern.<br />

Irgendwie hat es Angelina Maccerone drauf,<br />

die Enge von Provinzen Ÿberzeugend darzustellen, ohne ins †bertriebene<br />

abzugleiten. Die einschnŸrende Enge der Provinz mit ihren toleranzarmen<br />

Bewohnern hat sie schon mit ihrer ersten Arbeit ãKommt<br />

Mausi rausÒ beschrieben, als die gerade geoutete Kati in ihr kleines<br />

Dorf zurŸckkehrt. Das €ngstliche allem <strong>Fremde</strong>n gegenŸber, das<br />

Kleinkarierte, die Bewahrung des dšrflichen Status quo und der Ausbruch<br />

einzelner aus dieser Enge sind ihre Themen - neben dem gro§en<br />

Thema weibliche HomosexualitŠt, das sie auch in ã<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>Ò<br />

ebenso wie in den Fernsehproduktionen ãKommt Mausi rausÒ und<br />

ãAlles wird gutÒ unverkrampft behandelt. NatŸrlich gibt es in ihren<br />

Filmen auch immer die, die HomosexualitŠt absto§end finden - aber<br />

das ist leider unsere RealitŠt. Aber da gibt es auch immer die anderen,<br />

die sie als so selbstverstŠndlich wahrnehmen, dass sie nicht thematisiert<br />

werden muss. So lŠsst Anne sich auf Siamak bzw. Fariba ein, ohne<br />

auch nur einmal ãOh Gott, du bist eine FrauÒ oder ãHilfe bin ich jetzt<br />

lesbisch?Ò Ÿber ihre Lippen kommen zu lassen. Sie hat sich verliebt, in<br />

etwas ihr fremdes, das hat sie irritiert - aber, dass das <strong>Fremde</strong> in Gestalt<br />

einer Frau daher kommt, ist ihr vollkommen unwichtig. Ein schšner<br />

Zug in dem Film.<br />

Das Drehbuch hat Angelina Maccerone zusammen<br />

mit Kamerafrau Judith Kaufmann geschrieben, mit der<br />

sie auch schon in ihren TV-Produktionen zusammenarbeitete. Die<br />

Bilder von Judith Kaufmann zeigen wirklichkeitsnahe Aufnahmen aus<br />

dem FlŸchtlingslager, dem Wohnheim, der falschen Dorfidylle. Zeigen<br />

Aufnahmen vom Wunsch nach der gro§en Freiheit in Form von VogelschwŠrmen,<br />

die Angst vor Abschiebung in Form von ins Nirgendwo<br />

startenden Flugzeugen. Die Cutterin Bettina Bšhler, deren Arbeit gerade<br />

bei Christian Petzolds ãGespensterÒ zu sehen ist, arrangiert Handlung<br />

und Bilder zu einem ruhigen ErzŠhlfluss - die Bilder gewinnen<br />

nur an Fahrt, als Anne und Siamak ihren ersten gemeinsamen Ausflug<br />

auf Annes alter Vespa unternehmen.<br />

Doch die Zukunft, der sie hier entgegenfahren kšnnten, erweist<br />

sich als Trugschluss.<br />

Angelina Maccerone erzŠhlt die Geschichte mit einem dramatischen<br />

Einbruch zu Ende. Das GlŸck war fŸr den Moment und ein Happy-End<br />

gibt es schon gar nicht. Aber das ist leider durchaus realistisch.<br />

Angelina Maccerone sagt dazu in einem Interview, dass sie es vorgezogen<br />

habe zu zeigen, dass unser System unerbittlich zugreife, bei auch<br />

nur dem kleinsten Fehler. Und sie zeigt, dass ein Happy-End nicht unbedingt<br />

ein gutes Filmende ausmacht. Der Anblick einer kŠmpferischen<br />

Frau, die nicht aufgeben wird, ist eines der schšnsten Enden in<br />

einem der erwachsensten Filme von Angelina Maccerone.<br />

Dagmar Trüpschuch<br />

<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong><br />

Von Angelina Maccarone<br />

Mit Jasmin Tabatabai und Anneke Kim Sarnau<br />

BRD, 2005<br />

Deutsch/Farsi mit Untertiteln<br />

Filmstart 20.10.05<br />

Queerfestivals:<br />

Esslingen: Mo. 3.10. 05 um 19 Uhr und Fr. 7.10.05 um 17 Uhr<br />

Hannover: Sa. 29.10.05 um 19 Uhr mit Angelina Maccerone<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

Fariba und Anne<br />

Fariba vor einer Bäckerei<br />

Fariba in der Sauerkrautfabrik<br />

27


interview<br />

Weibliche Homosexualität? -<br />

darüber spricht man nicht<br />

Interview mit Jasmin Tabatabai<br />

Zwei Jahre nach der Geburt ihres Kindes ist<br />

Jasmin Tabatabai wieder zurück auf der<br />

Leinwand. In dem Spielfilm „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“<br />

spielt sie die Rolle der Fariba, die wegen<br />

ihrer Homosexualität aus dem Iran fliehen<br />

muss und im Schwäbischen landet. Jasmin<br />

Tabatabai selber war 12 Jahre alt, als sie<br />

zusammen mit ihrer deutschen Mutter und<br />

ihren drei Geschwistern von Teheran nach<br />

Bayern kam. Im Interview spricht sie über<br />

Doppelkultur, Homosexualität im Iran und<br />

über die Dreharbeiten zu „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“.<br />

? Wurdest du für die Rolle gecastet, weil deine Wurzeln im Iran liegen?<br />

! Es geht nicht explizit um den Iran in diesem Film. Es geht um eine<br />

Frau, die aus einem Land kommt, wo es halt nicht so tolerant zugeht<br />

wie bei uns. Das kšnnte auch der Irak sein, andere arabische LŠnder<br />

und sogar SŸditalien oder SŸdspanien. Es geht einfach um diese Frau,<br />

die anders ist und was anderes lebt, als das, was in der Gesellschaft anerkannt<br />

ist. Und was faszinierend ist, nicht resigniert, sondern sich gegen<br />

ihr Schicksal auflehnt.<br />

? In wie weit hast du - gerade mit deinem Wissen um die iranische<br />

Kultur - auf das Drehbuch Einfluss genommen?<br />

! Ab dem Punkt, wo ich dabei war, habe ich viel Input gegeben. Und<br />

mir war es extrem wichtig, dass es von der MentalitŠt einigerma§en<br />

stimmt. Zum Beispiel gibt es in der Drehbuchfassung eine Szene, in der<br />

Fariba von einem Grenzbeamten interviewt wird, der fragt, warum sie<br />

denn nach Deutschland ausreisen wolle. Und sie so rumdruckst und<br />

dann sagt: aus politischen GrŸnden. Dann fragt er aber nach und dann<br />

sagt sie: Ja ok, ich war halt mit âÕner Frau zusammen. Und da habe ich<br />

gesagt, das ist UNM…GLICH, dass eine Iranerin, egal wie modern sie<br />

ist, Ÿber ihre SexualitŠt redet und dann noch mit einem fremden Mann<br />

und dann auch noch darŸber, dass sie homosexuell ist - da ist gar nicht<br />

dran zu denken. Der Iran ist ja ein Land, in dem im allgemeinen nicht<br />

so Ÿber SexualitŠt gesprochen wird wie hier und im speziellen geht es<br />

hier ja auch noch mal um weibliche SexualitŠt. Und in dieser Kultur<br />

28 lespress ❘ oktober 2005


haben Frauen sowieso schon mal keine SexualitŠt zu haben. Die haben<br />

nur MŠnner. Von Anfang an werden Jungs und MŠdchen auch komplett<br />

anders erzogen. Jungs kommen auf die Welt und dann singt man Lieder<br />

darŸber ãOh mein Goldpimmelchen, oh wie tollÒ und dann spŠter gibt<br />

man damit an wie viele Freundinnen er schon hatte - also immer irgendwie<br />

positiv. Und bei Frauen ist es genau das Gegenteil. Da wird<br />

immer gesagt, bedeck dich, schŠm dich, schŸtze deine JungfrŠulichkeit,<br />

die ja letztlich das einzige ist, was sie haben, um verheiratet werden<br />

zu kšnnen.<br />

? Wie werden Lesben im Iran wahrgenommen?<br />

! Ich habe im Vorfeld im Internet recherchiert, um zu erfahren wie<br />

die Lesben im Iran so leben, aber ich habe nichts gefunden. Die einzige<br />

lesbische Iranerin, mit der ich gesprochen habe, kam Ÿber die Regisseurin<br />

und die lebt auch schon seit 28 Jahren in Deutschland. Und auch<br />

hier erst offen, im Iran war sie verheiratet. Und wenn ich an meine<br />

Kindheit denke, habe ich eigentlich immer nur Witze Ÿber Schwule gehšrt.<br />

Aber weibliche HomosexualitŠt É? Wie gesagt, das ist etwas,<br />

worŸber nicht gesprochen wird.<br />

? Steht auf Homosexualität die Todesstrafe?<br />

! Laut Gesetz ja, aber vollzogen wird sie bis jetzt praktisch nur an<br />

MŠnnern, weil die weibliche gibtÕs ja nicht É<br />

Aber ich war seit 1987 nicht mehr im Iran. Es ist das Land meiner<br />

Kindheit und ich kann auch nur als Au§enstehende berichten.<br />

? Der Film handelt vom Verlust von Identität und davon als <strong>Fremde</strong><br />

in einem neuen Land anzukommen. Wie war es damals für dich, als 12-<br />

Jährige von Teheran nach Deutschland zu kommen? Hast du dich da<br />

auch in „fremder <strong>Haut</strong>“ gefühlt?<br />

! Ja, am Anfang sicherlich, weil ich mich unwohl gefŸhlt habe, einfach<br />

fremd. Das hatte aber sicherlich bei mir damit zu tun, dass ich 12<br />

war, vorpubertŠr und dann ist es sowieso ganz schrecklich, wenn man<br />

seinen Freundeskreis zurŸcklŠsst. Ich hatte gro§e Anpassungsschwierigkeiten.<br />

Klimatisch sowieso. Ich hatte auch einen anderen Entwicklungsstand.<br />

Im Iran war ich noch Kind und dann kam ich hier in eine<br />

sechste Klasse. Da haben halt alle schon geraucht und rumgeknutscht,<br />

was ganz normal ist - aber fŸr mich war das der všllige Schock. Und<br />

obwohl ich deutsch sprach, zweisprachig aufgewachsen war, eine deutsche<br />

Schule besucht hatte und jedes Jahr in den Ferien in Deutschland<br />

war, war es enorm schwer fŸr mich, hier Fu§ zu fassen. Deutschland ist<br />

ja auch nicht unbedingt das Land, wo man mit offenen Armen <strong>Fremde</strong><br />

empfŠngt. Wenn das Eis mal gebrochen ist, dann ist gut. Ich wollte eigentlich<br />

die ersten vier, fŸnf Jahre nur zurŸck.<br />

? Du trägst beide Kulturen, iranische und deutsche, in dir. Was würdest<br />

du sagen ist eher der iranische und was der deutsche Anteil in dir?<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

! Ich denke iranisch ist sicherlich alles in mir, was ums Temperament<br />

geht - cholerisch und emotional aus mir rauszugehen. Das ist sicherlich<br />

etwas, was Iranern zugeschrieben wird. Dann habe ich natŸrlich<br />

auch deutsche Seiten, auf die ich sehr viel Wert lege. Eine bestimme<br />

ZuverlŠssigkeit, eine bestimmte Ernsthaftigkeit. Und ich mag auch<br />

die deutsche Sprache sehr gerne.<br />

? Obwohl Fariba/Siamak in dem Film nicht so temperamentvoll<br />

und überschäumend sonder eher zurückhaltend rüberkommt …<br />

! Das hat den Grund, dass sie sich nicht verraten darf und deswegen<br />

auch wenig spricht. Und dann gibt es natŸrlich auch die gro§e melancholische<br />

Seite bei den Iranern.<br />

? Was hat dich daran gereizt, die Rolle von Fariba/Siamak zu spielen?<br />

! Das ist eine klassische Hosenrolle. Das ist die totale Herausforderung,<br />

dass meine eine absolute Fremdfigur spielen muss. Aber fŸr mich<br />

war einfach die Figur sehr spannend, diese Zerrissenheit, der †berlebensdrang,<br />

dass sie nicht aufgibt. Fariba ist ja wahnsinnig zŠh, und so etwas<br />

ist immer spannend fŸr mich. Gerade bei Frauenrollen, die ja traditionell<br />

eher mit Opfergeschichten besetzt sind und meistens dann auch resignieren.<br />

Und gerade fŸr mein Alter sind gute Frauenrollen eher dŸnn gesŠt.<br />

? Wie hast du dich auf deine männliche Rolle<br />

vorbereitet? Gerade auch, weil sie ziemlich detailgenau<br />

auf den Verkleidungsritus eingeht: Brust abbinden,<br />

Hemd zuknöpfen damit man den Adamsapfel<br />

nicht sieht, Bart stylen, Gang, Habitus - alles<br />

Dinge, die man in einem Drag-King-Workshop erlernen<br />

kann.<br />

! Ich kšnnte jetzt ja Legendenbildung machen.<br />

Es wŠre wahrscheinlich schlauer ich kšnnte jetzt<br />

sagen ãIch habe als Drag King gelebt und so weiterÒ.<br />

Aber es ist ganz einfach. Ich habe einen Bruder,<br />

der ist ein Jahr Šlter, und im Prinzip habe ich<br />

einfach den kopiert und ein bisschen meinen Vater.<br />

Obwohl die Regisseurin mich manchmal korrigieren<br />

musste, wenn ich zu weiblich war. Dann kamen<br />

wir darauf, dass MŠnner einen fester ansehen,<br />

wenn sie sprechen, weniger mit dem Blick ausweichen<br />

als wir Frauen es tun. Und es funktioniert.<br />

Sobald du fester guckst, wirkst du mŠnnlicher.<br />

Aber die Rolle war eine uneitle Rolle, denn mir<br />

die Haare abzuschneiden war schon ein gro§es<br />

Opfer fŸr mich. Ich bin ein richtiges Hippiekind.<br />

? Die Regisseurin Angelina Maccarone hat<br />

sechs Jahre für den Film recherchiert. Wie lange<br />

hast du daran gearbeitet?<br />

! Also ich bin zwei Jahre dabei gewesen. Habe immer wieder rumgemeckert<br />

an dem Buch, wir haben uns viel zu Proben getroffen, viele<br />

Probeaufnahmen gemacht, viel improvisiert. Es ist immer gut, wenn<br />

Schauspieler so frŸh zu einem Film kommen. Man beschŠftigt sich<br />

zwei Jahre lang mit dieser Person und einem wird die Rolle immer<br />

mehr auf den Leib geschrieben.<br />

? Was waren für dich die schwierigsten Momente und die schönsten<br />

Momente im Film?<br />

! Was ich allgemein immer wahnsinnig schwierig finde, weil es anstrengend<br />

ist, sind Heulszenen, wenn jemand begraben wird oder wenn<br />

du einen Toten findest. Das finde ich wahnsinnig unangenehm, weil<br />

man sich ja da reinbegeben muss und das macht ja kein Mensch gerne.<br />

Und das kostet sehr viel Energie. Und ich hatte fast jeden Tag eine<br />

superdramatische Szene zu drehen. Was ich sehr schšn finde, sind die<br />

Szenen zwischen Anneke und mir. Und es war sehr fraglich, ob wir das<br />

hinbekommen wŸrden, zumal wir uns bei den Proben eigentlich Ÿberhaupt<br />

nicht verstanden haben. Aber das ist jetzt wieder das Tolle, denn<br />

ich habe selten in meinem Leben mit so einer begabten Kollegin<br />

gespielt. Und man muss nicht unbedingt beste Freunde sein, um trotzdem<br />

gut zusammen spielen zu kšnnen. Sie ist einfach eine ganz tolle<br />

Schauspielerin. Man muss ihr nur in die Augen gucken und reagieren,<br />

denn es ist alles wahrhaftig, was sie macht. Das ist fŸr mich besonders<br />

spannend an dem Film, wie sich das mit uns entwickelt.<br />

Dagmar Trüpschuch<br />

29


interview<br />

Angelina ist zurück<br />

Interview mit Angelina Maccarone, der Regisseurin von ‚<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>’<br />

Sieben Jahre war Ruhe im Kasten. Der<br />

letzte Film von Angelina Maccarone ‚Ein<br />

Engel schlägt zurück’ wurde 1998 im<br />

Fernsehen ausgestrahlt. Der Film über<br />

eine Frauenfreundschaft war ebenso ein<br />

Publikumserfolg wie der im selben Jahr<br />

fertiggedrehte Film ‚Alles wird gut’ und<br />

der Dauerbrenner aus dem Jahre ‘94<br />

‚Kommt Mausi raus’. Jetzt ist Angelina<br />

Maccarone zurück. Sie hat sich nicht etwa sieben Jahre Kreativpause gegönnt, sondern an<br />

ihrem neuen Film ‚<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>’ gearbeitet, einem Kinofilm, der im Oktober sowohl bundesweit<br />

im Kino als auch auf den Hamburger Filmfestspielen und diversen Queerfilmfestivals läuft.<br />

(siehe Besprechung). Zurzeit dreht Angelina Maccarone in Hamburg ihren neuen Film. Einen<br />

Tag Drehpause nutzte sie zu einem Heimaturlaub in Berlin und einem Interview mit lespress:<br />

? Was hat dich dazu bewogen, einen Film über eine Frau zu schreiben und<br />

zu drehen, die aufgrund ihrer Homosexualität ihre Heimat verlassen muss?<br />

! Judith und mich hat die Frage beschŠftigt: Was macht die IdentitŠt eines<br />

Menschen aus? Was bleibt, wenn jemand alles verliert, worŸber wir uns definieren?<br />

Familie, Freunde, Zuhause, Kultur, Beruf, Sprache... Das passiert jeden<br />

Tag ganz vielen Menschen, die ihre Heimat verlassen mŸssen. Das Thema sexuelle<br />

IdentitŠt spielt auch eine gro§e Rolle. Fariba muss den Iran verlassen, weil<br />

30 lespress ❘ oktober 2005


HomosexualitŠt dort nicht nur ein gro§es Tabu darstellt, sondern sogar<br />

unter Todesstrafe steht. Dass sie eine MŠnnerrolle annehmen muss, um<br />

in Deutschland bleiben zu kšnnen ist eine weitere Zuspitzung.<br />

? Du hast schon in deinen anderen Filmen mit Kamerafrau Judith<br />

Kaufmann gearbeitet, nun habt ihr auch zusammen das Drehbuch geschrieben.<br />

Was hat es für Vorteile mit der Frau, die die „Augen des<br />

Films“ hat, zusammen am Drehbuch zu arbeiten?<br />

! Wir haben bei den anderen Filmen viel Ÿber die Geschichten gesprochen,<br />

als es um die filmische Umsetzung ging. Dabei ist mir Judiths<br />

dramaturgische Klugheit aufgefallen und ich hatte Lust, etwas<br />

von Anfang an mit ihr gemeinsam zu entwickeln. Das hat gro§en Spa§<br />

gemacht. Beim Schreiben ist der Fokus allerdings ein anderer. Die Geschichte<br />

diktiert wichtige Elemente. Wir haben irgendwann entsetzt<br />

festgestellt, dass wir uns eine ganze Reihe ãunattraktiverÒ und schwieriger<br />

Drehorte hineingeschrieben haben: BŸros, Auffanglager, FlŸchtlingsheim.<br />

Nicht gerade der Traum fŸr szenische Auflšsung, aber unerlŠsslich<br />

fŸr die Geschichte.<br />

? Hattest du beim Schreiben des Drehbuchs schon im Kopf, mit Jasmin<br />

Tabatabai zu drehen, weil sie im Iran geboren wurde und Farsi<br />

spricht? Oder wieso hast du dir den Iran ausgesucht?<br />

! Iran ist eines von vier LŠndern, in denen auf HomosexualitŠt die<br />

Todesstrafe steht. Jasmin tauchte ziemlich bald als Mšglichkeit auf,<br />

aber nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sie in Teheran geboren ist.<br />

Ich wollte schon bei âEin Engel schlŠgt zurŸckÕ mit ihr arbeiten, das<br />

ging aus zeitlichen GrŸnden nicht. Dass sie Farsi spricht kam als weiterer<br />

Vorteil dazu.<br />

? Wie hast du die Geschichte von Fariba recherchiert? Auf welche<br />

Erfahrungen, welches Wissen konntest du zurückgreifen?<br />

! Ich habe alles gelesen, was ich zum Thema finden konnte. â<strong>Fremde</strong><br />

<strong>Haut</strong>Õ ist ja auch ein Film Ÿber Deutschland und deutsche Asylpolitik.<br />

Die Quellen widersprechen sich teilweise, Gesetze und Regelungen<br />

verŠndern sich, manches ist Bund-, anderes LŠndersache. Es ist ein Paragraphendschungel.<br />

Selbst die BGS-Beamten, mit denen wir natŸrlich<br />

auch gesprochen haben, mussten zugeben, dass es kompliziert ist, da<br />

durchzublicken. Ich habe fast den Eindruck, das ist Absicht. Es war<br />

auch nicht so leicht, eine iranische Lesbe zu finden, aber durch den einen<br />

Kontakt kamen dann weitere. Diese GesprŠche waren sehr wichtig<br />

und aufschlussreich.<br />

? Du hast ein gutes Gespür dafür, die Enge der Provinz darzustellen<br />

- in diesem wie auch in deinen anderen Filmen. Was verbindet dich<br />

damit?<br />

! Ich komme selber aus der Provinz und hatte so lange ich denken<br />

kann Fluchttendenzen.<br />

? Deine Filme handeln alle in irgendeiner Art von Fremdsein. Am<br />

vordergründigsten in ‚Ein Engel schlägt zurück’ und jetzt in ‚<strong>Fremde</strong><br />

<strong>Haut</strong>’. Warum ist das so ein Thema für dich?<br />

! Vielleicht ist das Thema eher Zugehšrigkeit. Dazugehšren wollen.<br />

Aber dann doch nicht ganz, eben der Enge der Provinz entfliehen zu<br />

wollen. Das kennen bestimmt viele Menschen. Als ãGastarbeiterkindÒ<br />

habe ich mich zusŠtzlich immer als irgendwie anders empfunden. Der<br />

Name war das sichere Indiz, auch wenn ich hier geboren bin und nicht<br />

mal Italienisch spreche, wurde ich oft fŸr meine deutschen Sprach-<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

kenntnisse gelobt.<br />

? Ich finde es gibt einen sehr großen Schritt zwischen deinen vorherigen<br />

Filmen, die Produktionen fürs Fernsehen waren, und deinem<br />

ersten Kinofilm „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“.<br />

! FŸr mich spielt â<strong>Fremde</strong> HauÕÒ in einer ganz anderen Liga als die<br />

TV-Produktionen. Was ist passiert? Sowohl ãKommt Mausi rausÒ als<br />

auch ãAlles wird gutÒ sind Geschichten Ÿber Coming-Out und gro§e<br />

Lieben im Jugendwahn.<br />

ã<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>Ò dagegen ist erwachsen, politisch und nicht mehr so<br />

locker-leicht wie die anderen Filme É<br />

NatŸrlich ist mein Bestreben, mich weiterzuentwickeln, und wenn<br />

du das so empfindest, freut mich das. Ich war ja nicht auf der Filmschule.<br />

Mein ã†benÒ fand šffentlich statt. âMausiÕ war eine gro§e Chance.<br />

Das war damals der Film, den ich gerne gesehen hŠtte. Da war ich 27<br />

und das Thema Coming-Out war wichtig. Ich habe die Komšdienform<br />

gewŠhlt, um zu zeigen, wie absurd dieser ganze Bekenntnis-Vorgang<br />

ist. Lesben, die als tragische Figuren durch die Filmgeschichte geistern<br />

und ihr Begehren mit dem Leben bezahlen, brauchten meiner Meinung<br />

nach dringend ein positives Gegengewicht. Das habe ich durchaus auch<br />

als politisch empfunden. Der politische Fokus und ernstere Ton in<br />

â<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>Õ sollen ja andererseits die Schaulust nicht mindern. GefŸhle,<br />

emotionale Identifikationsangebote, sind im Kino das Wichtigste<br />

fŸr mich.<br />

? Du hast großartige Schauspielerinnen für den Film gewählt. Warum<br />

die Wahl auf Jasmin Tabatabai fiel, hast du eben erklärt. Was hat<br />

dich dazu inspiriert, Anneke Kim Sarnau zu casten?<br />

! Auch Anneke hatte ich schon fŸr eine Rolle in einem anderen Film<br />

vorgesehen, der sich dann aber auf unbestimmte Zeit verschoben hat.<br />

Die Vorstellung, sie und Jasmin als Paar zu besetzen fand ich aufregend.<br />

? Was war für dich die größte Herausforderung am Dreh zu „<strong>Fremde</strong><br />

<strong>Haut</strong>“?<br />

! Ich hatte vorher Bedenken, einen Teil des Films in einer Sprache<br />

zu drehen, die ich selber nicht spreche. Trotzdem war es dann beim<br />

Drehen fŸr mich sehr klar nachvollziehbar, wann welcher Satz gesprochen<br />

wurde, weil Jasmin und Navid (der den Siamak spielt, dessen<br />

IdentitŠt sie nach seinem Selbstmord annimmt) tolle Schauspieler sind,<br />

und ich den Emotionen folgen konnte. Die mŠnnliche Verkleidung hat<br />

mich auch lange beschŠftigt. Wie wir das glaubhaft machen kšnnen.<br />

Welches KostŸm, welche Maske, welcher Habitus. Das war eine Gratwanderung.<br />

? Du drehst jetzt gerade in Hamburg an einem neuen Film. Was ist<br />

sein Thema?<br />

! Der Titel ist âVerfolgtÕ. Das Buch hat Susanne Billig geschrieben.<br />

Es geht um eine 50-jŠhrige BewŠhrungshelferin die sich auf eine S/M-<br />

AffŠre mit ihrem minderjŠhrigen Probanden einlŠsst. Sie fŸgt ihm<br />

Schmerzen zu und entdeckt darin ihre eigene Verletzlichkeit. FŸr diese<br />

IntensitŠt und diesen Aufbruch riskiert sie ihr gesichertes Leben.<br />

Dagmar Trüpschuch<br />

31


auszug<br />

Lesben und ihre Ex-Geliebten<br />

- nun auch als Buch<br />

Im Duden steht „ex-“ zwischen<br />

„Ewigkeit“ und „exakt“, und das trifft<br />

die Sache für Lesben meist im Kern:<br />

„Wir dachten, unsere Liebe sei für<br />

die Ewigkeit, und dann dauerte sie<br />

exakt drei Jahre, fünf Monate und<br />

zehn Tage.“ Wir haben die serielle<br />

Monogamie vielleicht nicht erfunden,<br />

aber zur Hochkultur entwickelt und<br />

glauben jedesmal aufs neue nicht<br />

an die Endlichkeit der Liebe. In der<br />

Folge ist die Spur unserer Liebesbiographie<br />

gesäumt von den vielen, die<br />

einmal auf ewig unser waren - die Ex<br />

ist aus dem lesbischen Leben und<br />

Lieben nicht wegzudenken. Sie wird<br />

innig geliebt, umhegt, gepflegt und<br />

von der neuen Geliebten oft verwünscht<br />

und gefürchtet. Doch was ist<br />

es, das zwei Frauen verbindet, die<br />

erst die Liebe und dann das Drama<br />

einer Trennung miteinander durchlebt<br />

haben? Ist es sentimentale<br />

Nostalgie, Freundschaft oder immer<br />

noch Liebe?<br />

32 lespress ❘ oktober 2005


Silke Buttgereit beleuchtet in ihrem gerade erschienenen<br />

Buch ãAuf ewig war ich Dein. Lesben und ihre<br />

Ex-GeliebtenÒ die enorme Bandbreite der Beziehungen<br />

zur ehemals geliebten Frau und macht eine lebendige<br />

Ex-Kultur sichtbar: Modern und zeitgemŠ§ knŸpfen<br />

lesbische Frauen Beziehungsnetze, in denen vielfŠltige<br />

LebensentwŸrfe ihren Raum finden.<br />

Silke Buttgereit, Jahrgang 1966, schreibt fŸr diverse Medien Ÿber<br />

Schlager, Autos, Frauen und andere Leidenschaften. In den 90er Jahren<br />

war sie Mitherausgeberin des Berliner FemZines BLAU, verlegte sich<br />

spŠter aufs Internet und grŸndete die Webagentur TXT. Sie lebt und arbeitet<br />

als Webagentin und freie Autorin in Berlin.<br />

Aus dem Kapitel: Ex-Geliebte und neue Geliebte<br />

(leicht gekürzter Text)<br />

Ein Ex-Telefonat<br />

(Etwas aufgeregt.) - Wie findest du sie denn?<br />

(Schweigen.) - Warum fragst du das?<br />

(Leichte Panik.) - Na, einfach so, du hast sie doch jetzt kennengelernt.<br />

(Pause.) - Ja, aber was willst du hšren?<br />

(Ruhig bleiben.) - Gar nichts, ich dachte nur, wir hatten einen netten<br />

Nachmittag miteinander und du fandest das vielleicht auch.<br />

(Enerviert.) - Ach, ich soll dir jetzt sagen, dass sie nett ist?<br />

(Stottern.) - Ja. Nein. Aber du warst doch so neugierig, wie sie ist. Und<br />

jetzt hast du sie kennengelernt.<br />

(Vernünftig.) - Ich habe sie kennengelernt, aber was willst du nach den<br />

zwei Stunden schon wissen?<br />

(Ganz ruhig.) - Es hŠtte mich einfach interessiert, wie du sie findest.<br />

(Aus dem Hinterhalt.) - Was mich Ÿberrascht hat, war, dass du dich seit<br />

neuestem fŸr Standardtanz interessierst. Das fandest du doch bisher immer<br />

albern.<br />

(Achtung!) - Man kann sich ja auch Šndern.<br />

(Weisheit.) - Man muss aber auch aufpassen, dass man sich nicht zu<br />

sehr anpasst oder gar verliert.<br />

(Paroli bieten.) - Was du gleich wieder in den Dingen siehst.<br />

(Aha.) - So habe ich mir das gedacht. Du mšchtest etwas von mir wissen<br />

und wenn ich dann tatsŠchlich etwas sage, ist es auch wieder nicht<br />

recht.<br />

(Raffiniert ausweichen.) - Ich habe dich auch nicht gefragt, wie du<br />

mich findest, sondern wie du sie findest.<br />

(Denkste.) - Das kann man ja nicht immer voneinander trennen.<br />

(Bitte!) - Kannst du nicht einfach auf meine Frage antworten? Wie findest<br />

du sie denn?<br />

(Bitte ausgeschlagen.) - Ich soll ja doch nur sagen, dass ich sie nett finde.<br />

Ich glaube, ich bin nicht die richtige fŸr diese Frage.<br />

(Langsam reicht’s.) - Hšr mal, du kennst mich einfach sehr gut, wir<br />

sind befreundet, dann kann ich dich doch wohl mal fragen, wie du meine<br />

neue Freundin findest.<br />

(Mir auch.) - Eben, wir sind befreundet, und ich mšchte das auch gern<br />

bleiben. Ich kann doch jetzt nur was Falsches sagen.<br />

(Jetzt geht’s los.) - Was hei§t denn hier falsch? Du kannst doch einfach<br />

sagen, ich finde sie sympathisch, unsympathisch, hŸbsch, hŠsslich,<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

pfiffig, still, geschwŠtzig, was auch immer, irgendwas musst du doch<br />

gedacht haben.<br />

(Lieber nicht.) - Ach, ich wei§ nicht.<br />

(Freundlich.) - Jetzt sag doch!<br />

(Entwaffnend.) - Ich glaube, die ist sehr kompliziert.<br />

Klugheit und Phantome<br />

ãWir kšnnen Ÿber alles reden, nur nicht Ÿber Exen.Ò Diese Ansage, aufgestšbert<br />

in einer Frau-sucht-Frau-Kontaktanzeige eines einschlŠgigen<br />

MŸnchner Magazins, spricht wohl vielen Frauen aus dem Herzen, erweist<br />

sich im wahren Leben aber meist als frommer Wunsch.<br />

Ein gewisser Erfahrungsgrad in Liebesangelegenheiten bedingt,<br />

dass man keine Frau mehr ohne Vergangenheit und einen ganzen Tross<br />

von Exen im Gefolge kennenlernen wird.<br />

Die erste Liebe wird frau ab einem gewissen Alter sowieso nie wieder<br />

sein. Dass das auch fŸr das geliebte GegenŸber gilt, mag tršsten.<br />

Anfangs lŠsst sich noch behaupten, die andere sei zwar nicht die erste,<br />

aber die erste gro§e Liebe, und die nŠchste ist die erste wahre Liebe,<br />

hernach kommt die, mit der alles ganz anders ist, und schlie§lich vielleicht<br />

noch die, mit der man endlich und ganz erwachsen all das lebt,<br />

was man in den Beziehungen zuvor gelernt hat. Aber die Superlative<br />

erschšpfen sich, und auch das bemŸhte Ringen um Einzigartigkeit<br />

kommt in die Jahre. Es geschieht nichts Neues unter der Sonne, und das<br />

Wunder der Liebe beschrŠnkt sich dann auf die immerhin erstaunliche<br />

Tatsache, dass man immer wieder einen neuen Versuch geschenkt bekommt.<br />

NatŸrlich haben die Exen fŸr die Nachfolgerinnen auch ihre TŸcken.<br />

Mit etwas GlŸck kann sich eine die Geliebte selbstbestimmt aussuchen<br />

und fŠllt nicht nur jedesmal aufs neue auf das von der anderen<br />

benutzte ParfŸm, das dem vŠterlichen Rasierwasser so sehr gleicht, herein<br />

oder folgt den immer gleichen Reflexen, die ein markantes Profil<br />

kombiniert mit der prŠferierten Haarfarbe bei ihr auslšst. Die Exen<br />

aber wŠhlt man nicht, die sind schon da und machen sich nach GutdŸnken<br />

breit.<br />

Dass man im Liebesfalle die ganze Kindheit mitsamt den Eltern der<br />

anderen gleich mitgeliefert bekommt und auch die eigenen Eltern auf<br />

dem Buckel trŠgt, ist den meisten spŠtestens seit der ersten Therapie<br />

kein Geheimnis. Als Gespenster durchdringen sie die WŠnde des<br />

Schlafzimmers, reisen mit in jeden Urlaub, lassen beim Zeltaufbau HŠringe<br />

verschwinden, stellen bei jeder Autofahrt falsche Stra§enschilder<br />

auf, versalzen das Essen und schlagen beim anschlie§enden Streit krŠftig<br />

auf die Pauke. Wenn aber vergangene gro§e Lieben sich gleichfalls<br />

in Phantome verwandeln und allgegenwŠrtig die neue Beziehung belagern,<br />

kann die Sache unŸbersichtlich werden.<br />

Was die real existierenden Exen aus Fleisch und Blut angeht, so gebieten<br />

Vernunft und Diplomatie eine bedingungslose Adoption - man<br />

wird sie als neue Geliebte allemal nicht los. Manchmal nŸtzt es schon,<br />

sich darŸber im Klaren zu sein, um diese unumstš§liche Tatsache lebbar<br />

zu machen. Wenn sie wieder genau dann am Telefon ist, genau<br />

dann vor der TŸr steht, justamente dann eine Krise, die ja so viel Aufmerksamkeit<br />

verlangt, einlegt, wenn endlich einmal Zeit sein kšnnte,<br />

es richtig nett miteinander zu haben. Wenn sie ihren Jahresurlaub in der ➧<br />

33


auszug<br />

Lesben und ihre Ex-Geliebten<br />

Wohnung der Ex verbringt, wenn sie an jedem Geburtstag auf den<br />

Punkt genau um Mitternacht anruft und die SektglŠser klanglos in der<br />

Luft stehen bleiben.<br />

Eine Gebrauchsanweisung<br />

Merke - die ganz gro§en Lieben hinterlassen immer Spuren, und die<br />

Exen sind die lebende Inkarnation dieser Spuren. Doch die Liebesbeziehung,<br />

die die beiden verband, ist Vergangenheit. Alles, was nicht<br />

mehr Wirklichkeit ist, gehšrt in die SphŠre der Nostalgie und der Phantome.<br />

Phantome jedoch lassen sich nicht mit Argumenten und Wahrheiten<br />

verjagen; gegen sie anzukŠmpfen ist sinnlos - wer sie greifen will, langt<br />

immer daneben. Gegen Phantome hilft entweder nichts oder die Zeit<br />

oder viel Humor. Und ein wenig auch die gelassene Erkenntnis, dass<br />

alles erstens nicht zu haben und zweitens auch meist zuviel des Guten<br />

wŠre. Alles, das wŠre eine Person mit <strong>Haut</strong> und Haar und Vergangenheit<br />

und Zukunft. Dieses ãAllesÒ wird mit Fortschreiten der Lebenszeit<br />

allemal immer weniger, weil ãAllesÒ einen starken zeitlichen Aspekt<br />

hat. Mit vierzig kann man nicht mehr ãAllesÒ<br />

mit einer Frau leben, denn von dem ãAllesÒ,<br />

das eine andere Frau bekommen kšnnte, ist<br />

vieles schon gewesen - mit anderen geliebten<br />

Frauen. Das erste graue Haar, das sich im<br />

mediterranen Sonnenlicht eines wunderschšnen<br />

Urlaubs zeigt, wird eine spŠtere Geliebte<br />

nicht mehr entdecken kšnnen, wenn eine<br />

schon seit Jahren grau ist. Auf das erste eigene<br />

Auto wird man nicht mehr zusammen<br />

ansto§en, wenn dieses lŠngst verschrottet ist.<br />

Eifersucht auf gewesenen Lieben ist auch<br />

immer Trauer Ÿber die fortschreitende<br />

Lebenszeit. Dieses Bedauern ist der ureigenste<br />

Ursprung menschlicher Melancholie, und<br />

nichts spricht dagegen, sich ihr zuweilen hinzugeben.<br />

Sie sollte aber besser an milden<br />

Herbstabenden bei einem Glas Wein und nicht<br />

im Umgang mit den Ex-Geliebten der aktuellen<br />

Geliebten kultiviert werden.<br />

Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall.<br />

Dann solidarisieren sich Ex und neue Liebe,<br />

und schon hat man den Schlamassel. Die eine<br />

Ÿbertrifft die andere in der spitzfindigen<br />

Formulierung von SchwŠchen und Charaktereigenschaften<br />

der Ex-Frau beziehungsweise neuen Geliebten. Sie entdecken<br />

ihre Seelenverwandtschaft, gemeinsame Hobbys, gehen zusammen<br />

zum Yoga und lesen die gleichen BŸcher. In Konflikten machen<br />

die beiden fŸrderhin gemeinsam Front, weil die eine immer meint,<br />

schon zu kennen, was die andere gerade erlebt. Die andere heult sich<br />

ihrerseits gern und ausfŸhrlich bei der VorgŠngerin aus und findet dort<br />

ach so viel VerstŠndnis. Jetzt wei§ die neue Liebe, dass frau schon<br />

immer so bockig, so unsensibel, so begriffsstutzig war, wie ja diese und<br />

jene Geschichte aus der Liebes-Vergangenheit mit der Ex beweist. So<br />

war die Sache mit der bedingungslosen Adoption nicht gemeint. Bitte -<br />

im Zusammentreffen von Ex und neuer Geliebter ist Reden Silber und<br />

Schweigen Gold. Es gibt bessere Tršsterinnen als die Ex der anderen ...<br />

Silke Buttgereit<br />

Auf ewig war ich Dein.<br />

Lesben und ihre Ex-Geliebten.<br />

160 Seiten, gebunden, Verlag Krug & Schadenberg<br />

16.00 EUR - 28.60 sFr, ISBN 3-930041-49-9<br />

Book Release Party im Oktober in Berlin (s. Terminkalender)<br />

34 lespress ❘ oktober 2005


Das Leben ist eine Leinwand<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

bewegte bilder<br />

Die fünfte Jahreszeit für cinephile Lesben hat Ende September mit<br />

dem Queerfilmfestival in Karlsruhe begonnen und wird voraussichtlich<br />

Anfang Dezember mit dem verzaubert-Filmfestival in Berlin<br />

enden. Alle VeranstalterInnen zeigten sich ambitioniert, sowohl<br />

preisgekrönte Kurz- und Langfilme als auch Filmpremieren auf ihren<br />

in ehrenamtlicher Arbeit organisierten Festivals zu präsentieren. Der<br />

Spielfilm „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“ von Angelina Maccarone, der auf allen<br />

Festivals laufen wird, feiert bei einigen Festivals sogar Premiere vor<br />

dem eigentlichen Filmstart am 20. Oktober. Zu sehen sein werden aber auch<br />

viele kleinere Produktionen, die einfach Festivalperlen bleiben, wie der mit dem<br />

Teddy ausgezeichnete Film ‚Katzenball’ von Veronika Minder, in dem sechs ältere<br />

Schweizer Lesben recht amüsant aus ihrem Leben plaudern oder der mit<br />

dem Berlinale-Publikumspreis geehrte Kurzfilm der Schweizerin Claudia<br />

Lorenz ‚Hoi Maya’, der sowohl im gemischten Kurzfilmprogramm Bremen und<br />

den gemischten Kurzperlen in Hannover das Festival eröffnen wird. Der Film<br />

zeigt zwei ältere Damen, die sich in einem Frisörsalon treffen und ihre Liebe<br />

füreinander wieder entdecken.<br />

Die Queerfilm-Saison bietet die einmalige Gelegenheit, sich ein Bild über das<br />

internationale, lesbische und schwule Filmschaffen des letzen Jahres zu<br />

machen. Alle Festivals bieten interessante Rahmenveranstaltungen an, wie zum<br />

Beispiel die Ausstellung der Fotokünstlerin Anja Müller in Bremen oder<br />

Rahmenveranstaltungen zu ‚Transgender und Intersexualität’ in Hamburg.<br />

Im Folgenden geben wir eine Übersicht aller lesbischen Festivalfilme und über<br />

die Veranstaltungsorte in den verschiedenen Städten. Im Heft selber finden Sie<br />

die Besprechungen zu zwei Festivalperlen: ‚<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>’ von Angelina<br />

Maccarone und ‚anders leben - Lesben im Alter’, eine Dokumentation von Isabel<br />

Rodde, Mitveranstalterin des Perlen-Festivals in Hannover und Autorin von lespress.<br />

(dt)<br />

Savin Face<br />

➧<br />

35


ewegte bilder<br />

36<br />

Alle lesbischen Filme<br />

der Queerfilmfestivals<br />

auf einen Blick<br />

A KNOCK OUT<br />

Die mitreißende Dokumentation beleuchtet den<br />

Abstieg der erfolgreichen Profiboxerin<br />

Michele Aboro.<br />

Vorfilm: 100% WOMAN<br />

Die Dokumentation folgt den<br />

halsbrecherischen Fahrten der<br />

erfolgreichsten kanadischen<br />

„Downhill-Mountainbikerin“.<br />

Michelle Dumaresque, die<br />

früher Michael war.<br />

Hamburg: So, 16.10.<br />

um 15:00, Studio 1<br />

ANDERS LEBEN -<br />

LESBEN IM ALTER<br />

Ein Film über drei selbstbewusste,<br />

unkonventionelle Frauen.<br />

Hamburg: Fr, 14.10.<br />

um 18 Uhr, Studio<br />

Hannover: Sa, 29.10.<br />

um 17 Uhr<br />

Annemonenherz Hardcore Ginger Snaps<br />

The Journey<br />

WAS - WANN - WO<br />

ANEMONENHERZ<br />

… aus Freundschaft wird Liebe, doch schon<br />

bald bekommt das Traumland Risse...<br />

EIN NEUES LAND<br />

Das Filmteam begleitet die Berlinerin Astrid<br />

und Larissa aus Sibirien über 3 Monate in St.<br />

Petersburg und Berlin und zeichnet ein nahes,<br />

unspektakuläres Portrait der beiden jungen<br />

Frauen und ihrer ungewöhnlich-gewöhnlichen<br />

Liebesgeschichte.<br />

LUCIE & VERA<br />

… es entstehen Eifersucht und Konkurrenz und<br />

in einer tragischen Nacht eskalieren die Gefühle...<br />

Hamburg: Sa, 15.10<br />

um 13:00, Metropolis<br />

Hannover: Fr, 28.10.<br />

um 19 Uhr<br />

BUTTERFLY<br />

In einem Supermarkt trifft die Lehrerin Flavia<br />

auf Yip, eine junge Sängerin, die unbeschwert<br />

durchs Leben zu gehen scheint. Eine folgenschwere<br />

Entscheidung liegt vor Flavia...<br />

Bremen: Sa, 15.10. um 18 Uhr<br />

Hamburg: So, 16.10.<br />

um 15:00, CinemaxX 8<br />

Karlsruhe: So, 2.10. um 20.45<br />

DOMINATRIX WAITRIX<br />

Abgefahrene, kurze, erotischen Clips<br />

- Dominatrix Waitrix<br />

- Feetish<br />

- Der Hammer<br />

- Bonne Fete!,<br />

- Sarania<br />

- Drag Kings On Tour<br />

Hamburg: Do, 13.10. 22:30, B-Movie<br />

Drag Kings On Tour Keep Not Silent<br />

FREMDE HAUT<br />

Spielfilm über eine Iranerin, die aufgrund ihrer<br />

Homosexualität ihr Land verlassen muss.<br />

Bremen: Sa, 15.10. um 20:30<br />

Esslingen: Mo, 3.10. um 19 Uhr /<br />

Fr,7.10. um 17 Uhr<br />

Hannover: Sa, 29.10. um 19 Uhr,<br />

Gast: Angelina Maccerone<br />

Hamburg: Sa, 15.10. um 20:15,<br />

Metropolis<br />

Karlsruhe: Fr, 1.10. um 23 Uhr<br />

FUCKING DIFFERENT<br />

Lesbische Filmemacherinnen zeigen ihre Vorstellungen<br />

von schwuler Liebe, schwule Regisseure<br />

zeigen Kurzfilme über lesbische Sexualität.<br />

Ein kurzweiliges,<br />

spannendes<br />

Projekt.<br />

Bremen:<br />

Fr, 14.10.<br />

um 23 Uhr<br />

Esslingen:<br />

So 2.10<br />

um 21 Uhr<br />

GINGER SNAPS<br />

Die Teenagerinnen Ginger und Brigitte haben<br />

ein morbides Hobby: Sie stellen blutige<br />

Todesfälle nach und halten dies auf Fotos fest.<br />

Der lesbische Subtext in dem Film ist eher versteckt.<br />

Ein Film für gute Nerven.<br />

Hamburg: Sa, 15.10. um 22:30, Studio 1<br />

HARDCORE<br />

Die beiden Minderjährigen Martha und Nadia<br />

arbeiten als Prostituierte bei einer kleinen dreckigen<br />

Untergrund-Agentur. Nach zögerlichem<br />

Kennenlernen verlieben sich die beiden ineinander<br />

und ziehen zusammen. Doch ihre Beziehung<br />

ist zum Scheitern verurteilt.<br />

Eine Milieustudie, die nur<br />

einen kleinen Funken Hoffnung<br />

lässt für glückliche Momente<br />

am Rande der Gesellschaft.<br />

Hamburg: Fr, 14.10.<br />

um 22:30, Studio 1<br />

HIGH TENSION<br />

An einem lauschigen Sommertag<br />

sind Alex und ihre beste<br />

Freundin Marie auf dem Weg<br />

zum Landgut ihrer Eltern. Diesen<br />

Ausflug möchte Marie nutzen<br />

um Alex ihre heimlichen<br />

Gefühle zu gestehen. Als die<br />

Nacht hereinbricht, hält auch<br />

das Grauen Einzug in die friedvolle<br />

Umgebung. Splatter-<br />

Movie.<br />

Hamburg: Do, 13. 10<br />

um 22:30, CinemaxX 8<br />

HOI MAYA<br />

Kurzgeschichte über zwei ältere Damen, die<br />

sich in einem Frisiersalon begegnen und sich<br />

ineinander verlieben. Panorama-<br />

Publikumspreis, Berlinale 2005.<br />

Bremen: Di, 11.10. um 20.30<br />

Hannover: Di, 25.10. um 20 Uhr<br />

KATZENBALL<br />

Fünf Lesben aus der Schweiz verschiedener<br />

Generationen geben Einblick in ihr Leben.<br />

Teddy 2005 für den besten Dokumentarfilm:<br />

Bremen: Mi, 12.10. um 20:30,<br />

Gast: Regisseurin Veronika Minder<br />

Esslingen: Mi, 5.10. um 21 Uhr<br />

Hamburg: So, 16.10.<br />

Joy Of Live Well...<br />

lespress ❘ oktober 2005


um 20 Uhr, Metropolis<br />

Hannover: Mi, 26.10. um 21 Uhr<br />

Karlsruhe: Sa, 1.10. um 18:30<br />

KEEP NOT SILENT<br />

Der preisgekrönte Film dokumentiert drei lesbische<br />

Jüdinnen in Jerusalem.<br />

Hamburg: So, 16.10. um 17:30, Studio 1<br />

LESBIAN’S SHORTS<br />

Esslingen: Sa, 8.10. um19 Uhr<br />

Hannover: Di, 25.10. 20 Uhr<br />

MAKE A WISHL<br />

… ist eine Genreparodie, die mit Klischees und<br />

Effekten spielt und sich dabei selbst nicht so<br />

ernst nimmt. Gruselthriller.<br />

Hannover: So, 30.10. um 19 Uhr,<br />

NACHBARINNEN<br />

Ein präzises und durchaus humorvolles Porträt<br />

einer Frau, die sich von der Welt zurückgezogen<br />

hat, bis ihre lebenslustige Nachbarin auf<br />

der Flucht vor der Polizei bei ihr Unterschlupf<br />

sucht.<br />

Esslingen: Do 6.10. um 19 Uhr<br />

Karlsruhe: So, 2.10. um 16 Uhr<br />

ROUND TRIP<br />

„Round Trip ist eine ungewöhnliche<br />

Liebesgeschichte, die viel vom Alltag und<br />

Überlebenskampf in Israel erzählt. Ein Film<br />

mit zwei beeindruckenden Schauspielerinnen,<br />

der soziale Themen direkt, unsentimental und<br />

doch leichtfüßig anpackt.“ Bester Film beim<br />

Lesbisch-schwulen Filmfestival Turin 2004<br />

Hannover: Do, 27.10. um 21 Uhr<br />

SAVING FACE<br />

Die chinesischstämmige New Yorkerin Wil verliebt<br />

sich in die Balletttänzerin Vivian, was sie<br />

vor den Augen der Gesellschaft verborgen halten<br />

muss. Doch plötzlich steht ihre Mutter,<br />

unehelich schwanger und von der community<br />

geächtet, vor der Tür und sucht Unterschlupf.<br />

Hamburg, Di 11.10. 19:30 Eröffnungsfilm<br />

SÉVIGNÉ<br />

Für die angesehene Theaterregisseurin Júlia<br />

Berkowitz wird die neue Produktion mit der<br />

unbekannten Autorin Marina zu einem Wendepunkt<br />

in ihrem Leben. Ihre bestehenden Beziehungen<br />

geraten ins Wanken und Marina zieht<br />

sie immer mehr in ihren Bann<br />

Hamburg: 12.10. um 20:15, CinemaxX 8<br />

SOME REAL HEAT<br />

Wunschfilm:<br />

Sechs Frauen vom Fire-Department San<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

Francisco erzählen über ihren Alltag als<br />

Feuerwehrfrau.<br />

Hamburg: Sa, 15.10. um 17:30, B-Movie,<br />

THE AGGRESSIVES<br />

Im Jahr 1999 traf Daniel Peedle auf eine<br />

Gruppe von schwarzen Lesben, die sich selbst<br />

„The Aggressives“ nannten. Peedle begleitete<br />

die einzelnen Frauen fünf Jahre lang mit der<br />

Kamera.<br />

Hamburg: Mi, 12.10. 22:30, Metropolis<br />

THE JOURNEY - SANCHARAM<br />

Aus der langen Freundschaft der<br />

Nachbarsmädchen Kiran und Delilah entsteht<br />

eine heimliche Liebe, die zahlreiche<br />

Hindernisse zu überwinden hat. Ein Film von<br />

der Kraft und Macht indischer Frauen inmitten<br />

gesellschaftlicher Zwänge.<br />

Bremen: Do, 13.10. um 18 Uhr<br />

Hamburg: Mi, 11.10.<br />

um 18:00, CinemaxX 8<br />

THE JOY OF LIFE<br />

Vom Vergnügen wie auch von der Verzweiflung<br />

am Leben handeln die zwei Erzählungen dieses<br />

Films. Zuerst berichtet Harriet „Harry“ Dodge<br />

über das Leben als butch dyke in San Francisco,<br />

im zweiten Teil steht die Geschichte der<br />

Golden Gate Bridge, einer der bekanntesten<br />

Suicide Spots der USA, im Mittelpunkt..<br />

Hamburg: Sa, 15.10. um 20:15, B-Movie<br />

TRANSFAMILY<br />

Ein sensibles und humorvolles Portrait zweier<br />

Männer, die als Frauen geboren wurden.<br />

HALBES LEBEN<br />

Vor der Kamera berichten drei Schwule, eine<br />

Lesbe und eine Transsexuelle offen über ihre<br />

Erfahrungen im Alltag.<br />

Hannover: So, 30.10. um 15 Uhr<br />

WEIBLICHE JUNGEGESELLEN<br />

Norrtullsligan ist das schwedische Wort für<br />

„weibliche Junggesellen“ und ein sprachlich<br />

etwas verdrehter Begriff für Frauen, die sich<br />

in den 20er und 30er Jahren selbstständig<br />

durchs Leben schlugen. Stummfilm von 1923<br />

mit Klavierbegleitung Bremen: So, 16.10. um<br />

18 Uhr<br />

Hamburg: So, 16.10.<br />

um 11 Uhr, Metropolis<br />

ZERO DEGREES OF SEPERATION<br />

Flanders dokumentiert den Alltag zweier<br />

homosexueller israelisch-palästinensischer<br />

Paare in Israel und zeigt dabei, wie sehr das<br />

Private politisch wird, wenn Beziehungen die<br />

Erwartungen der<br />

Gesellschaft nicht<br />

einhalten.<br />

Hamburg:<br />

Sa,15.10. um<br />

20:15, Studio 1<br />

Zero Degrees Sevigné<br />

(dt)<br />

FESTIVAL-<br />

ADRESSEN:<br />

BREMEN:<br />

12. queer film festival<br />

11. - 16. Oktober<br />

www.queerfilm.de<br />

Kino 46<br />

Waller Heerstrafle 46<br />

28217 Bremen<br />

ESSLINGEN:<br />

18. QueerFilmFestival<br />

2. 8. Oktober<br />

www.koki-es.de<br />

Kommunales Kino Esslingen<br />

Maille 4 9<br />

78728 Esslingen<br />

HAMBURG:<br />

16. Lesbisch Schwule Filmtage<br />

11. 16. Oktober<br />

www.lsf-hamburg.de<br />

Metropolis<br />

Dammtorstr. 20a<br />

20354 Hamburg<br />

Passage<br />

Mönckebergstr. 17<br />

20095 Hamburg<br />

b-movie<br />

Brigittenstr. 5<br />

20359 Hamburg<br />

CinemaxX<br />

Dammtorplatz 1<br />

20354 Hamburg<br />

HANNOVER:<br />

8. Perlen 2005<br />

25. 30. Oktober<br />

www.filmfest-perlen.de<br />

Kommunales Kino<br />

Sophienstr. 2<br />

30159 Hannover<br />

KARLSRUHE<br />

12. lesbisch-schwule Filmtage<br />

27. September - 2. Oktober<br />

www.filmtage-karlsruhe.de<br />

Prinz-Max-Palais<br />

Akademiestr. 38a<br />

76133 Karlsruhe<br />

37


ewegte bilder<br />

E I N E H O M M A G E A N S Ä L T E R W E R D E N<br />

Eigentlich ist es klar, dass frau im Alter anders leben muss,<br />

wenn sie schon ihr ganzes Leben lang anders war. Aber so<br />

anders ist ihr Leben im Alter<br />

halt auch nicht, oder nur in<br />

dem Maße, wie sie es selber<br />

als anders empfindet<br />

oder wie es sich an das<br />

Leben anschließt, das frau<br />

Ein Dokumentarfilm von Isabel Rodde<br />

vorher geführt hat.<br />

ANDERS LEBEN -<br />

LESBEN IM ALTER<br />

FŸr alle von uns eine gro§e Frage, wie es wohl im Alter aussehen<br />

wird, welche Lebensform wir wŠhlen werden. Wahrscheinlich<br />

eine noch grš§ere Herausforderung fŸr diejenigen,<br />

die nicht mit der SelbstverstŠndlichkeit der Andersartigkeit,<br />

der HomosexualitŠt in ihrer Jugend leben konnten, wie<br />

die nach 1980 geborenen. Die Filmemacherin Isabel Rodde hat drei<br />

lesbische Frauen zwischen 60 und 80 zu ihrem Leben interviewt, sie<br />

zeigt, wie sie heute leben und wie sie frŸher gelebt haben. Mit Fotos<br />

und Home-Videos begibt sie sich gemeinsam mit ihren Interviewpartnerinnen<br />

auf Zeitreise.<br />

Christel Rieseberg aus Berlin war die erste Frau, die<br />

in Berlin eine Frauenkneipe eršffnet hat. Schon Anfang der 70er Jahre.<br />

Danach bewirtschaftete sie die legendŠre Frauendisco ãDie ZweiÒ und<br />

spŠter die Frauenkneipe ãDineloÒ, die sie gemeinsam mit ihrer LebensgefŠhrtin<br />

fŸhrte. Nun ist sei nicht mehr im Berliner Nachtleben zu<br />

Hause, sondern ist mit ihren weit Ÿber 70 Jahren an die NordseekŸste<br />

gezogen, wo sie seit Jahren mit ihrer Freundin eine Frauenpension leitet.<br />

Somit ist sie dem Gastro-Gewerbe treu geblieben. Allerdings kann<br />

sie es sich auch nicht leisten, sich auf ihr Altenteil zurŸckzuziehen.<br />

Arbeiten bis ans Lebensende ist die Konsequenz immer ein anderes Leben<br />

und sich nicht um die BŸrokratie in Form von Renteneinzahlungen<br />

gekŸmmert zu haben. Aber auch wiederum Zukunftscredo fŸr viele von<br />

uns, ob KŸnstlerin, selbststŠndig, geringfŸgig beschŠftigt oder arbeitslos,<br />

nicht genŸgend fŸr das Alter vorgesorgt zu haben.<br />

Auch Hannelore Keydel war schon immer anders, sagt<br />

sie. Als Bundestrainerin sowieso und als lesbische Bundestrainerin besonders.<br />

Die ehemalige DDR-Leistungssportlerin hatte mit Mitte 30 ihr<br />

Coming-Out, lernte ihre gro§e Liebe kennen und zog mit ihr in ein Reihenhaus<br />

auf dem Land mit Blumenbeet, TanzvergnŸgen und Dorffesten.<br />

Gar nicht so anders wie die anderen, die auch dort leben, anders<br />

nur aufgrund ihrer SexualitŠt und mutig genug ãesÒ mittenmang in der<br />

Provinz zu tun.<br />

Wirklich anders und mit einem starken Bruch<br />

in ihrem Leben lebt Wienke Zitzlaff. Sie war eigentlich schon immer<br />

lesbisch. Nur zwischendurch mal nicht, weil sie keine Frau zum lieben<br />

fand, aber einen netten Mann. Aber irgendwann kam die Trennung und<br />

damit auch das Frauenliebenleben wieder. Aber nur versteckt, denn die<br />

Direktorin einer Sonderschule konnte und wollte ihren Job nicht riskieren.<br />

HŠtte es sie wahrscheinlich auch gekostet - in den Zeiten vor<br />

Wowereit, Westerwelle und Co. Nun aber ist sie auf Rente und lebt in<br />

Hannover in einem Lesbenprojekt. Ganz offen, ganz lesbisch, ganz<br />

glŸcklich. Und sie hat noch einiges mehr aus ihrem Leben zu erzŠhlen.<br />

Obwohl sie den Schritt zum Coming-Out nicht wagte, war sie ihr<br />

Leben lang politische Aktivistin. Aber das liegt in der Familie - doch<br />

das, das will sie Ihnen selber erzŠhlen.<br />

Dagmar Trüpschuch<br />

Vorführungen<br />

Queerfilmfestivals in Hamburg und Hannover<br />

und<br />

13.10.05 in Verden<br />

23./24.10.05 in Weiterstadt<br />

05.11.05 in Münster<br />

DVD<br />

Stiftung Leben und Umwelt,<br />

Heinrich-Bšll-Stiftung Niedersachsen<br />

Schuhstr. 4<br />

30159 Hannover<br />

Tel.: 0511 / 301857-11<br />

E-Mail: info@slu-boell.de<br />

Ankauf fŸr ausschließlich private Verwendung:<br />

15,00 EUR plus 1,50 EUR Porto<br />

38 lespress ❘ oktober 2005


filmtipp des monats<br />

Die Frau an ihrer Seite<br />

Ulrike Folkerts ist „Die Leibwächterin“<br />

Als Mona unbeobachtet ist, fotografiert sie<br />

Johannas Unterlagen. Endlich kann sie sich<br />

bei dem Erpresser freikaufen.<br />

Die Ankündigung klingt gut:<br />

Barbara Rudnik und Ulrike<br />

Folkerts als Liebespaar in<br />

einem Politthriller. Rudnik als<br />

mutige EU-Politikerin, die gegen<br />

Tabaksubventionen kämpft,<br />

Folkerts als ihre Leibwächterin.<br />

Tatsächlich gelungen ist die<br />

Besetzung gegen den Strich: Die<br />

Leibwächterin ist hetero und geschiedene<br />

Mutter eines Sohnes,<br />

die Politikerin eine Lesbe, die in<br />

Scheinehe<br />

lebt. Und<br />

sich in die<br />

Leibwächterinverliebt.<br />

Mona (Ulrike Folkerts) und ihr Sohn Philip (Marco Bretscher-Coschignano)<br />

40 lespress ❘ oktober 2005


Leider fŸhrt der Aspekt, unter dem dieser ZDF-Fernsehfilm,<br />

vermarktet wird, in die Irre. ErzŠhlt wird zuallererst die<br />

Geschichte von Mona Dengler, der LeibwŠchterin. Sie war<br />

frŸher beim BKA und hat sich aus der Asservatenkammer<br />

Heroin beschafft, um an reinen Stoff fŸr ihren sŸchtigen<br />

Sohn zu kommen. Das macht sie erpressbar. Monas schwachen<br />

Punkt nutzen dunkle HintermŠnner der Tabakmafia<br />

aus. Die LeibwŠchterin soll ein Attentat auf die Politikerin ermšglichen.<br />

Die Figur der verschlossenen, verunsicherten Mona hat Tatort-Autor<br />

Harald Gšckeritz eigens fŸr Ulrike Folkerts entwickelt. ãDie Rolle<br />

bietet mir endlich die Chance, eine andere Seite von mir zu zeigen. Ich<br />

bin es diesmal, die sich mit eigenen Konflikten auseinandersetzen<br />

muss, und begegne nicht Menschen mit Konflikten, wie es Lena Odenthal<br />

im Tatort dauernd passiertÒ, sagt sie. Dass Mona Dengler die Probleme<br />

meistert, ist genrebedingt vorhersehbar, aber spannend zu verfolgen,<br />

sowohl der Kampf um ihr Kind und die Auseinandersetzung<br />

mit dem Ex-Mann als auch das Ringen mit dem absto§enden Handlanger<br />

der Tabakindustrie.<br />

Dagegen ist ãDie LeibwŠchterinÒ definitiv ãkein Film Ÿber Frauenlie<br />

beÒ, sagt Ulrike Folkerts, auch wenn sie es spannend fand, ãeine<br />

Frau zu spielen, die plštzlich damit konfrontiert wird, dass eine andere<br />

Frau etwas fŸr sie empfindet, und die zunŠchst gar nicht damit umgehen<br />

kann.Ò. Diese Liebesgeschichte aber wird nur nebenbei erzŠhlt.<br />

ãWir wollten das Thema nicht skandalisieren, sondern es sollte NormalitŠt<br />

seinÒ, erklŠrt Produzent Christian Granderath. So weit einverstanden.<br />

Zum Nebenaspekt wird aber auch das, was anfangs der Motor des<br />

Films zu sein scheint, der mutige Kampf gegen die Tabakindustrie. Die<br />

Politikerin Johanna Sieber ist auf ein paar Statements reduziert, die realitŠtsnah<br />

recht formelhaft ausfallen. Vor dem gro§en Essen mit den<br />

Landwirtschaftslobbyisten beschŠftigt Johanna Sieber vor allem, warum<br />

Mona plštzlich so kŸhl ist. Den entscheidenden Verhandlungserfolg<br />

um die Mehrheit im Ausschuss erzielt dann ein smarter Mitarbeiter<br />

der Politikerin. Wie Kai aus der Kiste sind ãdie FranzosenÒ plštzlich<br />

doch fŸr die Streichung der Subventionen.<br />

ãDie Geschichte mit der Politik kommt zu kurzÒ, rŠumt Regisseur<br />

Markus Imboden ein. Gern hŠtte er den Film noch zehn Minuten lŠnger<br />

gemacht. ãAber das geht nicht, denn um 21.45 Uhr kommt die<br />

nŠchste Sendung.Ò Es war dann eine bewusste Entscheidung, sich auf<br />

den LoyalitŠtskonflikt der LeibwŠchterin zu konzentrieren.<br />

Schšn erfasst ist auch die Seelenlage ihres GegenŸbers, einer mŠchtigen<br />

Frau, die HŠrte gelernt hat, aber nicht hart sein will. Die keine<br />

Kompromisse macht, aber NŠhe braucht. Den schšnsten Moment hat<br />

der Film, wenn ihr Scheinehemann bemerkt: ãDu magst sie. Wei§t<br />

ganz genau, von wem ich rede.Ò Da wird Barbara Rudniks Blick ganz<br />

weich und ihr LŠcheln leuchtet.<br />

Susanne Ehlerding<br />

ZDF, 17. Oktober, 20.15 Uhr<br />

Photos: ZDF/Hermann Ebling<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

41<br />

Mona muss geschockt mitansehen, wie ihre<br />

Klientin Johanna attackiert wird.<br />

Die Politikerin Johanna Sieber (B.Rudnik) ahnt<br />

nicht, in welche Gefahr sie ihre Forderung zur<br />

Abschaffung der EU-Tabaksubventionen bringen.<br />

Sie geht weiter ihren Geschäften nach.<br />

Mona gesteht Johanna ihren Verrat. Doch diese<br />

schwebt noch immer in Lebensgefahr.<br />

Mona und Johanna verbringen ein gemeinsames<br />

Wochenende in einer kleinen Pension.<br />

Dort kommen sich die beiden Frauen näher.


fern sehen<br />

schule und benštigt dringend Geld, schaft erfrischend neu. ãJulies So., 23. Okt., 23.45 Uhr, K 1<br />

durch ein Dutzend SchŸsse getštet.<br />

Nicht nur Jacky BrŠutigam, der die<br />

Toten gefunden hat, auch Lena und<br />

ihr Team sind von dem Anblick erschŸttert.<br />

Die Waffen liegen neben<br />

dem SchŸler Paul Cordes. Damit<br />

scheint offensichtlich, wer der<br />

AmokschŸtze war.<br />

Lena Odenthal hšrt nicht auf, nach<br />

Motiven und HintergrŸnden zu fragen.<br />

Sie ist sicher, dass etwas vertuscht<br />

werden soll und fragt sich, ob<br />

Paul wirklich der einzige TŠter gewesen<br />

ist. Zu Koppers †berraschung<br />

gibt eine weitere Untersuchung<br />

der Spuren ihr recht: Paul<br />

Cordes ist ermordet worden.<br />

Fr., 21. Okt., 00.35 Uhr, VOX<br />

Julies Geist<br />

Thriller<br />

Deutschland/Schweiz 2001<br />

Julie besucht eine Modeschšpfer-<br />

um sich Stoffe fŸr eine wichtige<br />

Modenschau zu kaufen. Natascha,<br />

eine verwšhnte Studentin, will nach<br />

New York ziehen. Da ihre Mutter<br />

ihr kein Geld geben will, stiehlt Natascha<br />

zu Hause eine wertvolle<br />

Ikone.<br />

Mit gestohlenen Stoffen auf der<br />

Flucht, rennt Julie zeitgleich mit<br />

Natascha Ÿber die Stra§e. Ein Auto<br />

weicht Julie notgedrungen aus, trifft<br />

dafŸr Natascha tšdlich. Im Sterben<br />

bittet Natascha Julie, die Ikone zurŸckzubringen.<br />

Julie sieht in der<br />

Ikone jedoch die Rettung fŸr ihre<br />

Modeschau und beschlie§t, sie zu<br />

versetzen.<br />

Aus Angst um ihren Seelenfrieden<br />

mischt sich Natascha nun als Geist<br />

in Julies Leben ein. ZunŠchst ist Julie<br />

nur wenig begeistert von ihrer<br />

neuen stŠndigen Begleiterin. Doch<br />

schon bald entwickelt sich eine<br />

Freundschaft und die beiden merken,<br />

dass sie als Team unschlagbar<br />

sind...<br />

Drehbuchautorin, Produzentin und<br />

Regisseurin Bettina Wilhelm<br />

erzŠhlt mit ihrem au§ergewšhnlichen<br />

Film Ÿber die Seelenverwandtschaft<br />

von Julie und Natascha<br />

die Geschichte einer Frauenfreund-<br />

GeistÒ wurde 2002 beim WorldFest<br />

Houston, dem drittŠltesten Filmfestival<br />

Nordamerikas, als bester<br />

Spielfilm ausgezeichnet<br />

Sa., 22. Okt., 22.40 Uhr, Arte<br />

Die Dirigentin<br />

Simone Young<br />

Von Australien an die Alster<br />

Simone Young ist 1961 in Sydney<br />

geboren und studierte bereits mit 15<br />

Jahren Komposition und Klavier<br />

am Sydney Conservatorium. 1987<br />

ging sie nach Deutschland, um zunŠchst<br />

als Korepetitorin an der Kšlner<br />

Oper zu arbeiten. In Berlin,<br />

Bayreuth und Paris assistierte sie<br />

dann Daniel Barenboim, der ihr<br />

zum kŸnstlerischen Durchbruch<br />

verhalf. Von 2001 bis 2003 war sie<br />

Generalmusikdirektorin des Opernhauses<br />

Sydney. Seit der Spielzeit<br />

2005/2006 ist sie Intendantin und<br />

Generalmusikdirektorin der Hamburgischen<br />

Staatsoper und damit<br />

Chefdirigentin der Philharmoniker<br />

Hamburg. Das Pendeln zwischen<br />

den Kontinenten gehšrt fŸr die temperamentvolle<br />

Musikerin zum Beruf.<br />

Der Film begleitet Simone<br />

Young auf einer Reise von Europa<br />

nach Australien und wieder zurŸck.<br />

An berŸhmten OpernhŠusern wie<br />

der Wiener Staatsoper, der Berliner<br />

Staatsoper Unter den Linden und<br />

der Sydney Opera beobachtet das<br />

Kamerateam die Arbeit der vielseitigen<br />

KŸnstlerin vor und hinter den<br />

Thelma & Louise<br />

Road Movie, USA, 1991<br />

Thelma fŸhrt mit ihrem Mann Darryl<br />

ein ziemlich unbefriedigendes<br />

Leben als Ehe- und Hausfrau. Zusammen<br />

mit ihrer Freundin, der<br />

Kellnerin Louise, will sie nun ihrem<br />

frustrierenden Alltag auf einem Wochenendtrip<br />

in die Berge entfliehen.<br />

Doch der Ausflug wird zum<br />

schrecklichen Albtraum: Als ein<br />

Betrunkener versucht, Thelma auf<br />

einem Parkplatz zu vergewaltigen,<br />

erschie§t Louise den Mann. Beide<br />

fliehen in Richtung Mexiko - doch<br />

die Polizei sitzt ihnen bereits im<br />

Nacken.<br />

Do., 27. Oktober, 20.15 Uhr,<br />

WDR<br />

Tatort - Die Zärtlichkeit<br />

des Monsters<br />

Diesmal ist Lena Odenthal nicht nur<br />

JŠgerin, sondern auch Gejagte. Der<br />

Mann, der sie tšten will: Hans-Martin<br />

Carsdorff. Carsdorff, einst erfolgreicher<br />

Schauspieler und Publikumsliebling,<br />

sitzt nach dem Mord<br />

an seiner Freundin hinter Gittern.<br />

Lena Odenthal ist fŸr seine Verhaftung<br />

und Verurteilung verantwortlich.<br />

Durch sie hat er Ruhm, Ansehen<br />

und Karriere verloren. Jetzt will<br />

er Rache.<br />

Kulissen. Ob auf dem Podium oder<br />

im Interview - ihre Ausdruckskraft<br />

ist bezwingend, ihre Begeisterung<br />

ansteckend. Im Film erzŠhlt sie von<br />

Do., 27. Okt., 20.40 Uhr, Arte<br />

Themenabend:<br />

Was uns auf den<br />

ihrer Arbeit mit Orchestern und<br />

SŠngern, von den Herausforderungen<br />

ihres Dreifachpostens als<br />

Intendantin, Generalmusikdirekto-<br />

Nägeln brennt<br />

Was bin ich,<br />

Mann oder Frau?<br />

rin und Chefdirigentin in Hamburg, Dokumentation<br />

27.10., Line Hatland von den Geheimnissen der Dirigierkunst<br />

und von ihrer Heimat Australien.<br />

Wenn die Superstars der Klassikszene<br />

Ÿber ihre Erfahrungen mit<br />

Simone Young berichten, geraten<br />

sie schnell ins SchwŠrmen. Das<br />

Filmteam trifft Daniel Barenboim<br />

und Pl‡cido Domingo, die der<br />

KŸnstlerin nicht nur ihre Bewunderung<br />

aussprechen, sondern auch<br />

Ÿberraschende Einblicke in das Dirigierhandwerk<br />

gewŠhren. DarŸber<br />

hinaus kommen Persšnlichkeiten<br />

zu Wort, die in Simone Youngs<br />

kŸnstlerischem und privatem Leben<br />

eine wichtige Rolle spielen: die El-<br />

Frankreich 2005<br />

Der Film erzŠhlt die Geschichte<br />

einer Frau, die in einem MŠnnerkšrper,<br />

und die eines Mannes, der<br />

in einem Frauenkšrper geboren<br />

wurde. Was spielte sich in ihrem<br />

Inneren ab, bevor sie ihr seelisches<br />

mit ihrem anatomischen Geschlecht<br />

in Einklang brachten? Die beiden<br />

au§ergewšhnlichen Schicksale<br />

werden vorurteilslos geschildert,<br />

denn es geht hier in erster Linie um<br />

allgemein menschliche Fragen.<br />

tern in Sydney, Orchestermusiker<br />

und SŠnger. Der Film zeigt, dass<br />

man bei Simone Young vor †berra-<br />

Do., 27. Okt., 22.15 Uhr, Arte<br />

Anleitung zum<br />

schungen nicht sicher ist: So erfŠhrt<br />

man unter anderem, warum in ihrer<br />

Mozart-Interpretation plštzlich eine<br />

Glücklichsein<br />

Dokumentarfilm<br />

Norwegen 2003<br />

Melodie von den Beatles auftaucht. Regie: Line Hatland<br />

42<br />

Frauengruppe um Dorothee von Gagern ( Mitte, Hexenname: Sirilya ):<br />

Zurück zur Natur, Kräuterweisheiten, Tanz und feministische Ideale, 30.10.)<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

Donnerstag, 20. Oktober<br />

2005, 20.15 Uhr, WDR<br />

TV-TIPPS<br />

Tatort - Gewaltfieber<br />

OKTO<br />

Eine Tat wie im Gewaltrausch: Im<br />

Lehrerzimmer eines Gymnasiums<br />

werden die Leichen von drei Lehrern<br />

und einem SchŸler gefunden,


LŠsst sich GlŸck messen? Kann<br />

man den Grad der eigenen GlŸckse-<br />

OBER<br />

ligkeit oder der eines anderen Men-<br />

2005<br />

schen auf einer Skala abbilden? Die<br />

norwegische Filmemacherin Line<br />

Hatland versucht in ihrer ãAnleitung<br />

zum GlŸcklichseinÒ zu ergrŸn-<br />

den, warum manche Menschen mit<br />

ihrem Leben offenkundig zufriedener<br />

sind als andere. Dabei stŸtzt sie<br />

sich sowohl auf spezielle wissenschaftliche<br />

Forschungen, die dieser<br />

Frage seit langem nachgehen, als<br />

auch auf ihre eigenen Erfahrungen<br />

und GefŸhle. Das Ergebnis ist ein<br />

subjektiver und kritischer Film, der<br />

sich - mit einem Schuss Ironie -<br />

durchaus als ãLeitfaden des<br />

GlŸcksÒ verstehen lŠsst.<br />

Sa., 29. Okt., 01.55 Uhr, MDR<br />

Full of Grace<br />

Kurzfilm, Belgien 1987<br />

Buch + Regie:<br />

Nicole von Goethem<br />

Ein Film Ÿber das geheimnisvolle<br />

Leben der Karyatiden. Eine Allegorie<br />

Ÿber Frauen, die die sexuelle<br />

Last loswerden wollen, die ihnen<br />

von den mŠnnlich geprŠgten Traditionen<br />

der westlichen Zivilisation<br />

aufgebŸrdet wurde.<br />

lespress ❘ oktober 2005<br />

Sa., 29. Okt., 13.30 Uhr, ARD<br />

Rita Süßmuth<br />

höchstpersönlich<br />

Film von Thorsten Jeß<br />

ãRita SŸssmuth ist heute eine eigenstŠndige<br />

politische InstanzÒ, sagt<br />

eine gute Freundin Ÿber sie und ãals<br />

wir uns zu Zeiten der Studentenrevolte<br />

kennen lernten, war sie Ÿberhaupt<br />

nicht politisch aktivÒ. Die<br />

ARD-Reihe ãhšchstpersšnlichÒ<br />

portrŠtiert die ehemalige Familienund<br />

Frauenministerin und BundestagsvizeprŠsidentin<br />

und kommt dabei<br />

bisweilen zu Ÿberraschenden<br />

Einsichten.<br />

Rita SŸssmuth hat sich in der Politik<br />

nie verbiegen lassen und bei aller<br />

LoyalitŠt zu ihrer politischen<br />

Heimat, der CDU, ihr eigenstŠndiges<br />

Profil bewahrt. Die Anliegen<br />

von Frauen, Familien, Migranten<br />

hat sie in den Mittelpunkt ihres politischen<br />

Handelns gestellt und wirkungsvoll<br />

vertreten. ãWer nicht<br />

kŠmpft, hat schon verlorenÒ, hei§t<br />

ein Buchtitel von ihr, es ist gleichzeitig<br />

ihr politisches Motto.<br />

HR-Autor Thorsten Je§ hat die beliebte<br />

Politikerin auf Reisen durch<br />

Deutschland und …sterreich aber<br />

auch daheim in Neuss mit der Kamera<br />

begleitet. Dabei sind ihm einige<br />

Beobachtungen gelungen, die es<br />

in der politischen Berichterstattung<br />

nicht zu sehen gibt: Rita SŸssmuth<br />

als Tour-Guide durch den Berliner<br />

Reichstag, beim Turnen auf dem<br />

Assistentinnen-Kongress und beim<br />

Ausspannen in den eigenen vier<br />

WŠnden.<br />

So., 30. Okt., 15.40 Uhr, WDR<br />

Hexen -<br />

Die Rückkehr der<br />

magischen Frauen<br />

Die Welt der magischen Frauen ist<br />

eigentlich eine verborgene. Die<br />

22.10., Simone Young<br />

meisten organisieren sich in geheimen<br />

Zirkeln - ãCovensÒ genannt.<br />

Autor Wolfgang Luck ist es dennoch<br />

gelungen, Einblick in ihre Rituale<br />

zu bekommen. Es ist eine<br />

Spurensuche durch die verschiedensten<br />

Spielarten: Esoterik und<br />

Okkultismus gehšren dazu, aber<br />

auch die Sehnsucht, die Natur neu<br />

zu erleben. Da ist zum Beispiel die<br />

schwŠbische Hexengruppe um die<br />

Ritualleiterin Syrilia, die im stršmenden<br />

Regen um einen Kraftplatz<br />

tanzt, um in Kontakt zu kommen<br />

mit den ãSeelen der AhninnenÒ. Die<br />

modernen Hexen wollen das fast<br />

verloren gegangene KrŠuter- und<br />

Heilwissen der verfolgten Frauen<br />

aus dem Mittelalter wieder aufleben<br />

lassen. Und ein rein mŠnnliches Kamerateam<br />

ist deshalb unterwegs im<br />

Wald mit einer ško-feministischen<br />

Frauengruppe... Wir treffen aber<br />

auch ganz junge Hexen. Carina und<br />

Isabelle sind gerade mal 15 und die<br />

Hexen-Serie ãCharmedÒ hat sie auf<br />

die Idee gebracht, es selbst einmal<br />

mit dem Zaubern zu versuchen. In<br />

der Walpurgisnacht haben sie einen<br />

Liebeszauber ausprobiert, geklappt<br />

hat es nicht so recht: ãWir mŸssen<br />

halt noch einiges dazulernenÒ. Sektenbeauftragte<br />

finden den neuen<br />

Magie-Boom gar nicht lustig. Labile<br />

Menschen kšnnten in AbhŠngigkeiten<br />

geraten und psychische<br />

Mechanismen in Gang gesetzt werden,<br />

die sich schwer kontrollieren<br />

lassen, warnt die Hexen-Expertin<br />

der evangelischen Landeskirche<br />

Hamburg Lademann-Priemer.<br />

Di., 01. Nov., 14.05 Uhr, 3sat<br />

Clever und ganz<br />

schön cool -<br />

Frauen in Shanghai<br />

Film von Jochen Graebert<br />

700 Frauen aus Shanghai hat die<br />

Hobbyfotografin He Zhaoya fotografiert.<br />

AnfŠnglich ging es ihr nur<br />

um die Kunst, doch dann interessierte<br />

sie sich immer mehr fŸr die<br />

Charaktere der fotografierten Frauen,<br />

so dass sie ein Buch Ÿber die<br />

Bewohnerinnen Shanghais schrieb.<br />

Der Film zeigt einige dieser Frauen<br />

und wie verschieden ihre Lebensvorstellungen<br />

sind: Gu Wenying gehšrt<br />

mit ihren 22 Jahren zur ãmodernen<br />

GenerationÒ, Zou Shi ist 95<br />

Jahre alt, und als sie geboren wurde,<br />

regierte in China noch der Kaiser.<br />

Mi., 02. Nov., 02.15 Uhr, 3sat<br />

Shanghai<br />

Mon Amour<br />

Die Pop-Poetin<br />

Mian Mian<br />

Film von<br />

Francesco Conversano<br />

und Nene Grignaffini<br />

Sex, Drugs & Rock ÔnÕ Roll in China:<br />

Die Schriftstellerin Mian Mian<br />

beschreibt in ihren BŸchern das<br />

neue, wilde China. Ihr DebŸt ãLalalaÒ<br />

zog die chinesische Zensur drei<br />

Tage nach Erscheinen aus dem Verkehr,<br />

danach kursierte es in Raubkopien<br />

und wurde zum Kultbuch<br />

der Jugendlichen.<br />

Mian Mian, Pop-Poetin und Szenestar<br />

Shanghais, fŸhrt durch die unbekannte<br />

Seite ihrer Stadt und stellt<br />

KŸnstler und Kreative vor und<br />

zeigt, was es offiziell im Reich der<br />

Mitte gar nicht gibt: das Nachtleben,<br />

die Welt der Drogen, die Lesben-<br />

und Schwulen-Szene.<br />

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