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www.lespress.de<br />
lespress<br />
Das andere Frauenmagazin<br />
<strong>Fremde</strong><br />
<strong>Haut</strong><br />
Jasmin Tabatabai & Angelina Maccarone<br />
Queerfilmfestivals 2005<br />
oktober 2005, ausgabe 120 jahrgang 11
lespress ❘ oktober 2005<br />
Guten Tag,<br />
vielen Dank, liebe <strong>Lespress</strong>leserInnen, fŸr Ihre schon jetzt gro§e Resonanz auf unser neues<br />
Angebot, <strong>Lespress</strong> nun als e-Magazin anzubieten!<br />
Ein erstes Fazit kšnnen wir schon ziehen:<br />
Viele von Ihnen hŠtten gerne eine kleinere Datei, denn es stimmt, dass 7 MB ein 56k-Modem<br />
schnell rauchen lassen - wir arbeiten dran!<br />
Das Layout muss nun auch in Zukunft etwas umgestaltet werden, denn in der Tat lasssen<br />
sich †berschriften, die Ÿber zwei Seiten laufen, nicht so gut auf dem Bildschirm lesen.<br />
Auch das bauen wir gerade um.<br />
Den Terminkalender werden wir ab November ausschlie§lich online zur VerfŸgung stellen,<br />
so dass €nderungen und ErgŠnzungen schneller als bisher gemacht werden kšnnen. Die<br />
erste Version lŠuft schon in der Testphase, muss aber noch nach Ihren WŸnschen optimiert<br />
werden. In Zukunft wird es dann z. B. mšglich sein, online direkt alle Parties in einem speziellen<br />
Postleitzahlenbereich anzeigen zu lassen - oder alle Sporterlinnentreffen oder alle<br />
Lesungen, usw.<br />
Schauen Sie einfach immer mal wieder vorbei auf unserer Website www.lespress.de!<br />
Etliche Leserinnen mšchten nun aber weiterhin ein gedrucktes Heft bekommen - sei es,<br />
weil sie ohnehin den ganzen Tag am Rechner sitzen, sei es, weil sie zuhause gar keinen Internetanschluss<br />
haben, oder sei es, weil <strong>Lespress</strong> sich am besten in der Badewanne liest ;-)<br />
FŸr Sie entwickeln wir ebenfalls eine Lšsung, die allerdings wahrscheinlich erst im<br />
nŠchsten Jahr umgesetzt werden kann. Bis dahin ist <strong>Lespress</strong> fŸr alle kostenlos zum Ausprobieren<br />
und ãEinlesenÒ im Internet erhŠltlich. Bestehende Abos werden dann je nach gewŸnschter<br />
Aboform ab Januar 2006 fortgesetzt; die Laufzeiten werden also entsprechend<br />
verlŠngert.<br />
Nun aber erst einmal viel VergnŸgen mit der aktuellen Ausgabe von <strong>Lespress</strong>!<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeberin:<br />
lespress/Anhamm Neue Medien<br />
Dyroffstra§e 12<br />
D-53113 Bonn<br />
Tel.: 0228- 97 68 044<br />
FAX: 0228 -97 68 048<br />
e-mail: info@lespress.de<br />
www.lespress.de<br />
Titelbild: <strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong><br />
Redaktion: Ulrike Anhamm, Sabine<br />
Kšnig, Angela Schmerfeld, Dagmar<br />
TrŸpschuch<br />
Assistenz: Ulrike Jung<br />
Terminredaktion: Ulrike Küpper<br />
Service-Seiten: B. GrŠfe<br />
TV-Tipps: Dagmar TrŸpschuch<br />
Comic: Margreet de Heer<br />
Weitere MitarbeiterInnen<br />
dieser Ausgabe:<br />
Regine Anhamm, Silke Buttgereit,<br />
Susanne Ehlerding, Michaela Gšltl,<br />
Christiane Leidinger, Michael Lenz,<br />
Bernadette Repplinger, Ute Roos,<br />
Irene Schmitt, Tanja Thiel<br />
Gestaltung: Babette Dšrmer, HH<br />
Anzeigenbetreuung:<br />
0228-97 68 046, kaz@lespress.de<br />
Kleinanzeigenbetreuung:<br />
kaz@lespress.de, 0228-9768046<br />
Termine: 0228-97 68 044,<br />
termine@lespress.de<br />
Einen schšnen Oktober<br />
wŸnscht<br />
<strong>Lespress</strong>-Redaktion<br />
Anzeigenleitung<br />
Angela Schmerfeld, 030-78703094<br />
as@lespress.de<br />
Abobetreuung:<br />
0228-9768047, abo@lespress.de<br />
<strong>Lespress</strong> erscheint seit September<br />
2005 als eMagazin. Es gilt die<br />
Preisliste 8 vom 01.09.2005.<br />
Redaktionsschluss:<br />
jeweils 10. des Vormonats<br />
Anzeigenschluss:<br />
jeweils 15. des Vormonats<br />
Druckunterlagenschluss: jeweils<br />
10. des Vormonats.Namentlich ge-<br />
editorial/impressum<br />
kennzeichnete Artikel geben die<br />
Meinung der jeweiligen AutorInnen<br />
wieder. Die Abbildung oder ErwŠhnung<br />
einer Person ist kein Hinweis<br />
auf deren sexuelle Orientierung. FŸr<br />
unaufgeforderte Manuskripte und<br />
Photos Ÿbernimmt der Verlag keine<br />
Haftung. Der Nachdruck von Text,<br />
Photos und Grafik sowie die Veršffentlichung<br />
in elektronischen Medien,<br />
auch auszugsweise, bedarf der<br />
Genehmigung durch den Verlag.<br />
Veranstaltungshinweise werden kostenlos<br />
abgedruckt. FŸr die Richtigkeit<br />
wird keine GewŠhr Ÿbernommen.<br />
lespress erscheint seit November<br />
1995, ISSN: 1616-2099<br />
3
28<br />
„Weibliche Homosexualität?<br />
- darüber<br />
spricht man nicht“<br />
Jasmin Tabatabai und<br />
Angelina Maccarone<br />
im <strong>Lespress</strong>-Interview<br />
zum Film „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“<br />
35<br />
Das Leben ist eine Leinwand<br />
- Die fünfte Jahreszeit<br />
für cinephile Lesben hat Ende<br />
September mit dem<br />
Queerfilmfestival in Karlsruhe<br />
begonnen und wird<br />
Anfang Dezember mit dem<br />
verzaubert-Filmfestival in<br />
Berlin den. Alle VeranstalterInnen<br />
zeigten sich ambitioniert,<br />
sowohl preisgekrönte<br />
Kurz- und Langfilme als<br />
auch Filmpremieren auf<br />
ihren Festivals zu präsentieren.<br />
Alle Festivals und eine<br />
Übersicht über die für<br />
Lesben interessante Filme<br />
finden Sie hier.<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
26<br />
„<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“ - Nach<br />
diversen TV-Produktionen,<br />
die sich mit Coming-Out,<br />
Frauenliebe und -Freundschaft<br />
beschäftigten, erzählt<br />
„<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“, der<br />
erste Kinofilm von Angelina<br />
Maccerone, über den Verlust<br />
von Identität, auch der<br />
sexuellen, und dem Kampf<br />
um individuelle Freiheit.<br />
32<br />
Im Duden steht „ex-„ zwischen<br />
„Ewigkeit„ und „exakt„,<br />
und das trifft die Sache<br />
für Lesben meist im<br />
Kern: „Wir dachten, unsere<br />
Liebe sei für die Ewigkeit,<br />
und dann dauerte sie exakt<br />
drei Jahre, fünf Monate<br />
und zehn Tage.“ Tja, so ist<br />
das, stellte Silke Buttgereit<br />
fest und beleuchtet in<br />
ihrem gerade erschienenen<br />
Buch „Auf ewig war ich<br />
Dein. Lesben und ihre Ex-<br />
Geliebten“ eben jene.<br />
inhalt<br />
editorial/impressum 3<br />
lesmopolitan 06<br />
Informationen zum lesbischen Leben aus der ganzen Welt<br />
recht 13<br />
schwarz auf weiß 16<br />
Neue BŸcher<br />
ausstellung 19<br />
hör zu 20<br />
kling und klang 22<br />
daheim 24<br />
bewegte bilder 26<br />
<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong><br />
interview 28<br />
Jasmin Tabatabai<br />
interview 30<br />
Angelina Maccarone<br />
auszug 32<br />
Lesben und ihre Ex<br />
bewegte bilder 35<br />
Queerfilmfestivals<br />
bewegte bilder 38<br />
Anders Leben<br />
filmtipp des monats 40<br />
Die LeibwŠchterin<br />
fern sehen 42<br />
Unsere TV-Tipps<br />
5
lesmopolitan international<br />
Rom: Spendenboykott Sacramento: Arnold Schwarzenegger<br />
New Orleans Chicago<br />
Rom<br />
Spendenboykott<br />
Nur zwei Wochen nach dem katholischen<br />
Woodstock von Kšln musste<br />
sich Papst Benedikt XVI. wieder der<br />
RealitŠt stellen. Katholische Lesben<br />
und Schwule demonstrierten vor seiner<br />
HaustŸre auf dem Petersplatz in Rom<br />
gegen die Lesben- und Schwulenfeindlichkeit<br />
der Katholischen Kirche. Mitglieder<br />
der US-amerikanischen Organisation<br />
ãSoulforceÒ (www.soulforce.org)<br />
erinnerten in mit einer Mahnwache<br />
an Alfredo Ormando, der sich<br />
im Januar 1998 auf dem Petersplatz<br />
verbrannt hatte. Der Grund fŸr den<br />
Suizid: Ormandos Verzweiflung Ÿber<br />
die radikale Anti-Homosexuellenpolitik<br />
von Papst Johhanes Paul II. und<br />
dem damaligen Chef der Glaubenskongregation,<br />
Josef Kardinal Ratzinger<br />
(heute Benedikt XVI.). ãSoulforceÒ<br />
rief die GlŠubigen dazu auf, ihrem Unmut<br />
Ÿber die Lesben- und Schwulenfeindlichkeit<br />
der Kirche durch einen<br />
Spendenboykott Luft zu machen. Der<br />
ehemalige katholische Priester Ormando<br />
hatte in einem Abschiedsbrief von<br />
dem Schmerz gesprochen, den ihm die<br />
Kirche durch die Ablehnung und Verurteilung<br />
seiner SexualitŠt zugefŸgt<br />
habe. (ml)<br />
Sacramento<br />
Terminator<br />
killt Homo-Ehe<br />
Kalifornien wird der zweite Staat der<br />
USA, in dem Lesben und Schwule in<br />
Zukunft heiraten kšnnen. Mit 41 zu 35<br />
Stimmen gab das Parlament in Sacramento<br />
sein Ja-Wort. Allerdings kann<br />
das Gesetz erst in Kraft treten, wenn<br />
der Gouverneur seine Unterschrift darunter<br />
gesetzt. Amtsinhaber Arnold<br />
Schwarzenegger will aber von seinem<br />
Vetorecht Gebrauch machen. Nicht<br />
Parlamentarier, sondern die WŠhler<br />
oder die Gerichte hŠtten Ÿber die Frage<br />
der Homosexuellen-Ehe zu entscheiden,<br />
findet der ehemalige Hollywood-<br />
star. Die WŠhler haben allerdings inzwischen<br />
die Nase von ã ArnieÒ. Nach<br />
neuesten Umfragen sind 56 Prozent<br />
gegen eine zweite Amtszeit des ãTerminatorsÒ.<br />
In Massachusetts kšnnen<br />
Lesben und Schwule seit Mai dieses<br />
Jahres die Ehe eingehen. (ml)<br />
New Orleans<br />
CSD trotz Katrina<br />
Trotz der verheerenden Zerstšrungen<br />
und der menschlichen Tragšdien in<br />
New Orleans durch den Hurrican ãKatrinaÒ<br />
feierten ein paar Unentwegte den<br />
Gay Pride der Stadt. Normalerweise ist<br />
das Festival ãSouthern DecadenceÒ<br />
(www.southerndecadence.com) ein<br />
mehrtŠgiges lesbisch-schwules Fest<br />
mit vielen Tausend Besuchern. Nur etwa<br />
30 Personen zogen in bunten KostŸmen<br />
durch das French Quarter und<br />
versuchten nach eigenen Worten ãdie<br />
Menschen etwas aufzumunternÒ. Dem<br />
Vorwurf der Geschmacklosigkeit begegneten<br />
die Teilnehmer des Mini-<br />
CSD mit dem Verweis auf die Tradition<br />
in New Orleans, Tod und Beerdigungen<br />
mit Musik und Party zu begehen.<br />
ãWenn jemand stirbt, gehen die<br />
Leute auf die Stra§e und singenÒ, sagten<br />
sie gegenŸber lokalen Medien. In<br />
Houston im US-Bundesstaat Texas, in<br />
das viele Evakuierte transportiert worden<br />
sind, kŸmmert sich das ãGay and<br />
Lesbian SwitchboardÒ um heimatlos<br />
gewordene Lesben und Schwule aus<br />
New Orleans. (ml)<br />
Dublin<br />
Adoptionsrecht<br />
durch die Hintertür<br />
In Irland will Generalstaatsanwalt Rory<br />
Bradywill laut Medienberichten den<br />
Weg fŸr die Adoption von Kindern<br />
durch homosexuelle Paare freimachen.<br />
Die Regierung ist aber noch zšgerlich.<br />
Es gebe keine PlŠne, unverheirateten<br />
Paaren gleich welcher sexuellen Orientierung<br />
die Adoption von Kindern zu<br />
gestatten, wie es die Neuinterpretation<br />
des Adoptionsrechtes durch den Generalbundesanwaltes<br />
suggeriere, sagte<br />
der Minister fŸr Gesundheit und Kinder,<br />
Brian Lenihan, gegenŸber irischen<br />
Medien. Der Lesben- und Schwulenverband<br />
(GLEN) sowie irische Medien<br />
vermuten, Generalstaatsanwalt Bradywill<br />
wolle mit seinem Vorsto§ Adoptionsbehšrden<br />
durch mehr Spielraum<br />
ermutigen, auch Adoptionen durch unverheiratete<br />
Paare zu ermšglichen.<br />
Nach Bekanntgabe der liberaleren<br />
Auslegung des Adoptionsgesetztes<br />
durch den Generalstaatsanwalt starte<br />
ein lesbisches Paar Mitte September<br />
die Probe aufs Exempel: die beiden<br />
Frauen beantragten die Adoption eines<br />
Kindes, das sie seit vielen Jahren in<br />
Pflege haben. (ml)<br />
Chicago<br />
Beachvolleyballerin<br />
als frohe<br />
Botschafterin<br />
Die olympische Beachvolleyballerin<br />
Leigh-Ann Naidoo ist als erste Afrikanerin<br />
in den illustren Kreis der ãGay<br />
Games AmbassadorsÒ (www.gaygames.org)<br />
berufen worden. ãBeach-Volleyball<br />
hat in den vergangenen zehn<br />
Jahren einen unglaublichen Boom erlebt<br />
und wird im nŠchsten Jahr sein<br />
Debut bei den Gay Games in Chicago<br />
haben. Deshalb schŠtze ich mich sehr<br />
glŸcklich, dass ich dazu beitragen<br />
kann, fŸr diese Sportart zu werbenÒ,<br />
sagte 29-jŠhrige SŸdafrikanerin. Nach<br />
den Olympischen Spielen war Leigh-<br />
Ann von Kapstadt nach Chicago gezogen,<br />
weil ihre Lebenspartnerin Kelly<br />
Gillespie an der dortigen UniversitŠt<br />
ihren Doktor in Anthropologie macht.<br />
Sie selbst habe sich ein Jahr Auszeit<br />
vom Sport gegšnnt, wolle aber jetzt<br />
wieder mit dem Training anfangen,<br />
sagte Naidoo. Im ãGay Games AmbassadorsÒ-Programm<br />
der ãFederation of<br />
Gay GamesÒ sind Stars wie die ehemalige<br />
Rad-Weltmeisterin Petra Rossner,<br />
Tennislegende Billie Jean King, Rockstar<br />
Melissa Etheridge sowie die<br />
Schauspielerin und Regisseurin Amanda<br />
Bearse aktiv. (ml)<br />
6 lespress ❘ oktober 2005<br />
Genf<br />
Burma verhindert<br />
AIDS-Hilfe<br />
Der ãGlobal Fund zur BekŠmpfung<br />
von AIDS, Tuberkulose und MalariaÒ<br />
zieht sich aus Myanmar (Burma) zurŸck.<br />
Zum Jahresende werde er die Finanzierungszusagen<br />
im Wert von<br />
knapp 36 Millionen US-Dollar fŸr<br />
Hilfsprogramme in dem sŸdostasiatischen<br />
Land einstellen, kŸndigte der in<br />
Genf ansŠssige Global Fund Ende August<br />
an. Immer grš§ere EinschrŠnkungen<br />
der Bewegungsfreiheit der Mitarbeiter<br />
in humanitŠren Projekten durch<br />
die regierende MilitŠrjunta machten es<br />
unmšglich, die Projekte umzusetzen,<br />
gab die Organisation als Grund an.<br />
Nach SchŠtzungen der WHO sind<br />
mehr als 600.000 Menschen in Menschen<br />
in Burma mit HIV infiziert. Das<br />
Land leidet nicht nur unter schlimmsten<br />
AIDS-Epidemie in SŸdostasien,<br />
sondern hat auch eine der hšchsten Tuberkuloseraten<br />
der Welt. Auch andere<br />
UN-Organisationen sehen sich in Burma<br />
zunehmenden Restriktion gegenŸber.<br />
Besonders im Visier der MilitŠrs<br />
steht die ãInternational Labour OrganisationÒ<br />
(ILO) der Vereinten Nationen.<br />
(ml)<br />
Warschau<br />
Ab nach Straßburg<br />
Polens lesbisch-schwule Community<br />
will den Warschauer BŸrgereister Lech<br />
Kaczynski vor den EuropŠischen Menschenrechtsgerichtshof<br />
bringen. Nach<br />
Ansicht lesbisch-schwuler Organisa-
Wellington: Ngarimu Daniels Tokio: Kanako Otsuji<br />
tionen in Polen hat Kaczynski mit seinem<br />
Verbot der diesjŠhrigen CSD-<br />
Parade in Warschau die Menschenrechte<br />
der Lesben und Schwulen verletzt.<br />
Der Politiker hatte seine Entscheidung<br />
mit dem Umstand begrŸndet,<br />
die Parade sei fŸr den gleichen Tag<br />
geplant wie die Feiern zu Ehren des<br />
FŸhrers der polnischen Untergrundarmee<br />
gegen die Nazis. ãDie Veranstaltung<br />
einer Gay Parade an diesem Tag<br />
ist ein WitzÒ, hatte Kaczynski gesagt.<br />
Die Lesben und Schwulen finden, die<br />
Entscheidung Ÿber die Genehmigung<br />
einer Veranstaltung habe nach Recht<br />
und Gesetz zu erfolgen und nicht den<br />
persšnlichen Ansichten des BŸrgermeisters.<br />
Die Gay Community Warschaus<br />
setzte sich Ÿber das Verbot hin<br />
und hielt trotz massiver Gewalt von<br />
Rechtsradikalen einen Umzug durch<br />
Warschau ab. (ml)<br />
Wellington<br />
Werte der Maoris<br />
Eigentlich war der Fall von Ngarimu<br />
Daniels nichts Besonderes. Die offen<br />
lesbische Frau und Nachrichtensprecherin<br />
im Maori TV hatte an einer Protestveranstaltung<br />
von Maoris gegen<br />
Neuseelands Regierung teilgenommen.<br />
Das fanden die Chefs des ãMaori<br />
TVÒ jedoch nicht gut. Die Teilnahme<br />
von Mitarbeitern des Senders an Protesten<br />
kšnnte die Finanzierung des Fernsehens<br />
fŸr die neuseelŠndischen Ureinwohner<br />
durch die Regierung gefŠhrden,<br />
fand die Chefin des Senders, verbannte<br />
Daniels vom Bildschirm und<br />
zog Ÿber deren Leonie Pihama als ãdiese<br />
Lesbe LeonieÒ her. Die beiden Frauen<br />
klagten und gewannen. Daniels habe<br />
das Recht zur Teilnahme von Protestveranstaltung<br />
und die UmstŠnde,<br />
unter denen die Bemerkung Ÿber die<br />
sexuelle Orientierung Pihamas gefallen<br />
seien, legten unterschwellig nahe,<br />
HomosexualitŠt sei eine ãPerversionÒ.<br />
Der Rechtsgeschichte schaffende Satz<br />
aber in der UrteilsbegrŸndung war: der<br />
Sender habe mit seinem Verhalten gegen<br />
die ãWerte der MaorisÒ versto§en.<br />
(ml)<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
Tokio<br />
Outing in Japan<br />
Eine japanische Politikerin hat wŠhrend<br />
des ersten Gay Prides seit drei<br />
Jahren in Tokio das Coming Out gewagt.<br />
Kanako Otsuji forderte mehr<br />
ãVerstŠndnis fŸr die sexuelle VielfaltÒ<br />
in Japan. Zuviele wŸrden ihre sexuelle<br />
Orientierung aus ãAngst vor Diskriminierung<br />
und VorurteilenÒ verschweigen.<br />
ãDurch die Bekanntmachung meiner<br />
HomosexualitŠt mšchte ich auf<br />
diese Probleme aufmerksam machen<br />
und diesen Teufelskreis(...) durchbrechenÒ,<br />
sagte Otsuji. Die 30-JŠhrige ist<br />
Mitglied des Parlaments von Osaka,<br />
der zweitgrš§ten Stadt Japans. Mehr<br />
Details Ÿber ihr Lesbischsein und ihr<br />
Coming Out will die Politikerin in ihrer<br />
Autobiographie veršffentlichen, die<br />
Ende des Jahres auf den Markt kommen<br />
soll. Mehr als 3.000 Menschen<br />
hatten in dem Gay Pride in Tokios zentralem<br />
Einkaufsviertel teilgenommen.<br />
HomosexualitŠt gilt in Japan noch immer<br />
als ein Tabuthema. (ml)<br />
London<br />
Klage gegen<br />
Rückstufung<br />
Celia Kitzinger und Sue Wilkinson<br />
wollen, dass ihre Ehe in Gro§britannien<br />
rechtlich anerkannt wird. Diesen<br />
Anspruch will das lesbische Ehepaar<br />
vor dem hšchsten Gericht des Landes<br />
durchsetzen. Kitzinger und Wilkinson<br />
hatten vor zwei Jahren in Kanada geheiratet.<br />
Jetzt sind die beiden Frauen<br />
zurŸck in ihrer Heimat Yorkshire und<br />
wollen auch zu Hause als Ehepaar anerkannt<br />
werden. Das aber geht nach<br />
britischem Recht nicht. Ab Dezember<br />
tritt zwar das neue Partnerschaftsgesetz<br />
in Kraft, das eine Registrierung gleichgeschlechtlicher<br />
Partnerschaften vorsieht,<br />
nicht aber die Ehe fŸr lesbische<br />
und schwule Paare. Kitzinger und Wilkinson<br />
sehen die dadurch bevorstehende<br />
ZurŸckstufung ihrer Ehe auf eine<br />
ãEingetragene PartnerschaftÒ als<br />
Bruch der Menschenrechte. In ihrer<br />
Klageschrift verlangen die beiden<br />
Frauen von dem Gericht die Feststellung,<br />
dass ihre in Kanada geschlossene<br />
Ehe ebenso anerkannt wird wie<br />
jede im Ausland geschlossene heterosexuelle<br />
Ehe. (ml)<br />
Netherfield<br />
Brandbombenserie<br />
gegen lesbische<br />
Frau<br />
Eine lesbische Frau im englischen Netherfield<br />
ist seit Monaten das Ziel Attentaten<br />
mit Brandbomben. Carolanne<br />
Nailor ist Ÿberzeugt, dass ihre sexuelle<br />
Orientierung der Grund fŸr die Attacken<br />
ist. Bei dem vorerst letzten Angriff<br />
im August war eine Benzinbombe<br />
auf einen Teppich geworfen worden,<br />
den sie auf ihrer Veranda gelassen hatte.<br />
Zuvor war ihr Auto durch eine<br />
Brandbombe schwer beschŠdigt worden.<br />
Eine weitere Bombe war in ihr<br />
Haus geworfen worden, zŸndete zum<br />
GlŸck jedoch nicht. UnlŠngst hatten<br />
unbekannte TŠter ãTštet diese Gay<br />
BitchÒ auf ihren Wohnwagen gesprŸht.<br />
Die arbeitslose Frau sagte gegenŸber<br />
Polizei und Medien, sei habe keine Ahnung,<br />
wer hinter den AnschlŠgen stecken<br />
kšnnte. ãIch habe Angst, im Haus<br />
zu sein und ich habe Angst davor, das<br />
Haus zu verlassenÒ, sagte Nailor, die<br />
zusammen mit ihrem 17 Jahre alten<br />
Sohn, ihrer Lebenspartnerin und deren<br />
ebenfalls 17-jŠhriger Tochter lebt.<br />
Stadtverwaltung und Polizei versicherten,<br />
alles zu tun, um der Frau zu helfen<br />
und ihren Schutz zu gewŠhrleisten.<br />
(ml)<br />
Santa Ana<br />
Klagen<br />
auf Kussrecht<br />
ãA kiss is just kissÒ hei§t es in dem berŸhmten<br />
Lied aus dem Kultfilm ãCasablancaÒ.<br />
Ein Kuss zwischen zwei Frauen<br />
ist nicht einfach nur ein Kuss, son-<br />
ZÜLPICH ON TOUR:<br />
Diskussionsabend<br />
mit dem Frauenbildungshaus<br />
Zülpich und 5 Lesben/<br />
Frauen-Initiativen<br />
in 5 Städten NRW’s -<br />
im Rahmen der Reihe:<br />
Normalitäten -<br />
Vielfalt der LAG Lesben NRW<br />
Vielfalt leben lernen !<br />
Affidamento und Diversity<br />
im Frauenprojekt.<br />
Kooperationspartnerinnen<br />
und Veranstaltungsorte:<br />
■ 24.10., 19h: Dortmund,<br />
Vielfalt e.V., Hospitalstr. 16<br />
■ 2.11., 20h: Aachen,<br />
Frauenkultur Aachen e.V.,<br />
Gasborn 13<br />
■ 4.11., 19.30h: Duisburg,<br />
.LiDu, Lesben in Duisburg,<br />
Heerstr. 113<br />
■ 15.11., 20h: Münster,<br />
Livas, Am Hawerkamp 31<br />
■ 24.11., 19.30h:<br />
Meschede,<br />
Frauenberatungsstelle + Lesben<br />
im HSK, Kolpingstr. 18<br />
mit freundlicher Unterstützung<br />
des Ministeriums für<br />
Generationen, Familie, Frauen und<br />
Integration NRW.<br />
Frauenbildungshaus Zülpich<br />
Seminare und Fortbildungen<br />
für Frauen/Lesben<br />
Prälat-Franken-Str. 22<br />
53909 Zülpich<br />
Tel: 02252 - 6577<br />
Fax: 02252 - 4257<br />
www.frauenbildungshaus-zuelpich.de<br />
info@frauenbildungshaus-zuelpich<br />
7<br />
➧
lesmopolitan international<br />
Nassau: Gari McDonald Hollywood: Verliebt statt ...<br />
dern noch immer ein Skandal. Das<br />
mussten jetzt zwei SchŸlerinnen in Kalifornien<br />
erfahren. Die 17-jŠhrige<br />
Charlene Nguon wurde von der Leitung<br />
ihrer Schule in Santa Ana bestraft,<br />
weil sie ihre Freundin gekŸsst hatte.<br />
Zudem verfŸgte die Schulleitung, entweder<br />
Nguon oder ihre Freundin solle<br />
auf eine andere Schule gehen. Die<br />
Schule hat aber nicht mit der Entschlossenheit<br />
von Nguon gerechnet,<br />
fŸr ihre sexuelle Orientierung und ihre<br />
Liebe zu ihrer Freundin einzustehen.<br />
Auch nicht damit, dass die SchŸlerin<br />
UnterstŸtzer haben wŸrde. Nguon hat<br />
nŠmlich die Schule verklagt. Als NebenklŠgerinnen<br />
stehen ihr die eigene<br />
Mutter sowie das ãGay-Straight Alliance<br />
NetworkÒ zur Seite. ãIch verstehe<br />
nicht, warum meine Freundin und<br />
ich nicht unsere Zuneigung zueinander<br />
zeigen dŸrfen, wŠhrend es bei anderen<br />
kein Problem istÒ, sagte Nguon nach<br />
Einreichung der Klage gegenŸber šrtlichen<br />
Medien. (ml)<br />
8<br />
Holmdel<br />
Terror<br />
gegen Schülerin<br />
Lesbische SchŸlerinnen in den USA<br />
lassen sich nichts mehr gefallen. Nancy<br />
Wadington ist Ÿber zwei Jahre lang<br />
in ihrer Schule in Holmdel im US-<br />
Bundesstaat New Jersey wegen ihrer<br />
sexuellen Orientierung verbaler und<br />
kšrperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen.<br />
Dann verlie§ sie aus Sorge um ihre<br />
Sicherheit die Schule. Jetzt hat sie die<br />
Schule verklagt. Obwohl sie selbst und<br />
auch ihre Mutter mehrfach die Angriffe<br />
bei der Schulleitung angezeigt hŠtten,<br />
habe diese nichts dagegen unternommen.<br />
MitschŸler hŠtten sie beschimpft<br />
und beleidigt, sie mit Flaschen beworfen,<br />
die Treppe hinunter gesto§en, ihre<br />
BŸcher und Schultasche zerfetzt und<br />
einmal gar in ihren Rucksack uriniert,<br />
sagte Wadington nach Einreichung der<br />
Klage Anfang September auf einer<br />
Pressekonferenz. Ihr Anwalt Alphonso<br />
David von der lesbisch-schwulen<br />
Rechtshilfeorganisation Lambda Legal<br />
sagte: ãDie Holmdel High School hat<br />
in erschreckender Weise versagt, Nancy<br />
Wadington zu schŸtzen und dafŸr<br />
gibt es keine Entschuldigung.Ò<br />
Nassau<br />
Gerichtssaal<br />
statt Laufsteg<br />
Lesben dŸrfen keine Schšnheitskšniginnen<br />
sein. Die Organisatoren eines<br />
ãMissÒ-Wettbewerbs auf den Bahamas<br />
wollen Gari McDonald den Titel ãMiss<br />
Teen BahamasÒ entziehen und mit aller<br />
Macht verhindern, dass die 18 Jahre alte<br />
Frau an einem internationalen<br />
ãMissÒ-Wettbewerb in Chicago teilnimmt.<br />
Grund: die Teenagerin hat als<br />
lesbische Frau geoutet. McDonald ist<br />
aber nicht nur schšn, sondern auch<br />
kŠmpferisch. Sie kŸndigte in Nassau<br />
an, gegen das ãMiss Teen Bahamas<br />
CommitteeÒ klagen zu wollen. Das<br />
Komitee habe sie wegen ihrer sexuellen<br />
Orientierung vor die Wahl gestellt,<br />
entweder ãin WŸrde zurŸckzutretenÒ,<br />
oder aber den Titel šffentlich aberkannt<br />
zu bekommen. Das Komitee<br />
wies die VorwŸrfe zurŸck, gab aber<br />
keine AuskŸnfte darŸber, warum sie<br />
McDonald nicht nach Chicago schicken<br />
wollen. Die Gay Community der<br />
Bahamas vermutet, die auf der Karibikinsel<br />
immer einflussreicheren evangelikalen<br />
Christen steckten hinter der<br />
Kampagne gegen McDonald. (ml)<br />
Hollywood<br />
Verliebt statt<br />
verzweifelt<br />
Nur wenige Wochen nach dem energischen<br />
Dementi, sie sei lesbisch, hat<br />
ÔDesperate HousewifeÕ-Star Marcia<br />
Cross jetzt ihre Verlobung angekŸndigt.<br />
Mit einem Mann natŸrlich. Die<br />
Schauspielerin, die in der Kultserie die<br />
neurotische Bree Van De Camp spielt,<br />
hat Mitte August den Antrag ihres<br />
Freundes Tom Mahoney angenommen.<br />
Der Hochzeitstermin steht noch nicht<br />
fest. Klar ist aber, dass es fŸr 43 Jahre<br />
alte Cross und ihren 47-jŠhrigen Verlobten,<br />
Bšrsenmakler von Beruf, die<br />
erste Ehe ist. GerŸchte, Cross sei lesbisch,<br />
kursierten seit langem. Sie selbst<br />
hatte …l ins Feuer gegossen, als sie vor<br />
wenigen Monaten bei der jŠhrlichen<br />
Gala der US-amerikanischen lesbischschwulen<br />
Organisation ãGay and Lesbian<br />
Alliance against DefamationÒ ihren<br />
Co-Star Felicity Huffman auf offener<br />
BŸhne leidenschaftlich kŸsste.<br />
Aber Cross wies Spekulationen Ÿber<br />
ihre sexuelle Orientierung energisch<br />
zurŸck. ãDas schon sehr komisch. Ich<br />
nehme an, dass kommt davon, wenn<br />
man Ÿber 40 und Single istÒ, sagte<br />
Cross in einem Interview mit der Starjournalistin<br />
Barbara Walters. (ml)<br />
London<br />
Prinzessin<br />
Margaret -<br />
Der Film<br />
Sie liebte Sex, hatte es auch mit einer<br />
Frau und rauchte Cannabis. Das jedenfalls<br />
behauptet ein englischer Fernsehfilm<br />
Ÿber das Leben der verstorbenen<br />
Prinzessin Margaret, der Schwester<br />
von Kšnigin Elisabeth II. In dem Film<br />
wird die kšnigliche Dame beim Oralsex<br />
gezeigt. Zu sehen ist auch ein leidenschaftlicher<br />
Zungenkuss zwischen<br />
der Adeligen und der Tochter eines<br />
amerikanischen Kongressabgeordneten.<br />
Auf einer Party in London taucht<br />
die Prinzessin mit einem Joint in der<br />
Hand auf. Der Fernsehsender Channel<br />
4 behauptet, diese Episoden aus dem<br />
Leben der skandaltrŠchtigen Prinzessin,<br />
die in den 50er und 60er Jahren der<br />
Liebling der High Society war, basierten<br />
auf sorgfŠltig recherchierten Fakten.<br />
Lord Snowdon, ein Ex-Ehemann<br />
von Margaret Windsor, nennt diese Behauptung<br />
ãBullshitÒ. Mit ihm habe niemand<br />
gesprochen. Die Beamten des<br />
Buckingham Palast prŸfen dem Vernehmen<br />
nach die rechtlichen Mšglichkeiten,<br />
die Ausstrahlung des Films zu<br />
verhindern. (ml)<br />
London: Prinzessin Margaret mit Nurejew<br />
London<br />
Geheimauftrag<br />
Lesbenjagd<br />
Vor fŸnf Jahren fiel das Verbot fŸr Lesben<br />
und Schwule, Ihrer MajestŠt der<br />
Kšnigin auch im britischen MilitŠr zu<br />
dienen. Das MilitŠr geht inzwischen<br />
gar soweit, an den CSD-Paraden im<br />
Vereinigten Kšnigreich teilzunehmen.<br />
Aber jetzt kommt ans Licht, wie in den<br />
Jahrzehnten der Homophobie in der<br />
Royal Air Force (RAF) systematisch<br />
Jagd auf Lesben gemacht worden war.<br />
Die RAF habe von den 50er Jahren bis<br />
Anfang 1990 Listen Ÿber ãverdŠchtige<br />
unnatŸrliche weibliche FreundschaftenÒ<br />
gefŸhrt. Das berichtete Ende August<br />
die Tagszeitung ãGuardianÒ. Den<br />
Frauen auf dieser Liste sei systematisch<br />
von der weiblichen Polizei der<br />
RAF nachspioniert worden. Die ãSpezialeinheitÒ<br />
gegen Lesben sei zu EinsŠtzen<br />
rund um die Welt geflogen worden.<br />
Die Spinde und die persšnlichen<br />
Dinge der Frauen seien auf ãHinweise<br />
auf gleichgeschlechtliche BeziehungenÒ<br />
klammheimlich durchsucht worden.<br />
Es sei nicht bei einmaligen<br />
Checks geblieben. Den ãverdŠchtigenÒ<br />
Frauen mit dem ãLesbenindexÒ habe<br />
man die Befšrderung verweigert. (ml)<br />
Townsville<br />
Sexskandal<br />
im Gefängnis<br />
Schwere VorwŸrfe sind gegen die lesbischen<br />
Insassinnen des Hochsicherheitstrakts<br />
in einem australischen GefŠngnis<br />
sowie die Leitung des GefŠngnisses<br />
erhoben worden. Eine 17 Jahre<br />
alte Strafgefangene seit mit Wissen der<br />
GefŠngnisleitung systematisch sexuell<br />
missbraucht und vergewaltigt worden,<br />
hei§t es in einer unabhŠngigen Dokumentation<br />
Ÿber die ZustŠnde im GefŠngnis<br />
von Townsville. Die WŠrter<br />
hŠtten das MŠdchen vorsŠtzlich zusammen<br />
mit lesbischen Frauen in eine<br />
Zelle gesperrt, die fŸr ãihre sexuelle<br />
AggressivitŠtÒ bekannt seien. Die Do-<br />
lespress ❘ oktober 2005
London: Prinzessin Margaret<br />
kumentation legte auch andere Skandale<br />
offen. So wurden BenzinschnŸffler<br />
bewusst zur Arbeit in der Autowerkstatt<br />
eingesetzt. Die GefŠngniswŠrter<br />
hŠtten diese Praktiken geduldet<br />
und gefšrdert, um die Gefangenen ãruhig<br />
zu haltenÒ. Die Polizei sowie die<br />
Antikorruptionseinheit der Regierung<br />
von Queensland haben Ermittlungen<br />
aufgenommen. (ml)<br />
Hollywood<br />
Portia de Rossi<br />
lehnte Sex mit<br />
Angelina Jolie ab<br />
Wenige bis gar keine MŠnner wŸrden<br />
eine Sex-Szene mit Angelina Jolie verweigern.<br />
Auch etliche Frauen wŸrde<br />
sich finden lassen, gilt Angelina doch<br />
als bisexuell. Schauspielerin Portia de<br />
Rossi lehnte jedoch genau aus diesem<br />
Grund ein intimes Stell-Dich-ein vor<br />
der Kamera ab.<br />
Die 32-jŠhrige US-Schauspielerin<br />
Portia de Rossi, bekannt aus Serien wie<br />
ãAlly McBealÒ oder dem Film<br />
ãScream 2Ò, verweigerte 1998 das Angebot,<br />
mit Angelina Jolie im Streifen<br />
ãGiaÒ eine Sex-Szene zu drehen. Der<br />
Grund: Sie wollte damals nicht als Lesbe<br />
geoutet werden.<br />
De Rossi war eifrig darauf bedacht<br />
ihr privates Sex-Geheimnis zu bewahren,<br />
als Jolie mit dem Angebot fŸr eine<br />
lesbische Szene zu ihr kam. Jolie stand<br />
schon damals zu ihrer bisexuellen Neigung,<br />
wŠhrend Portia sich erst relativ<br />
spŠt als Lesbe outete.(sk/krone.at)<br />
Salecina<br />
Internationales<br />
Ost-West-Treffen<br />
von queeren<br />
Filmschaffenden<br />
Wer schon immer Bildung mit Urlaub<br />
verbinden wollte, ist vom 6. bis 10.<br />
November 2005 eingeladen, im Fe-<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
USA: Schulverweis<br />
rien- und Kulturzentrum von Salecina/<br />
Maloja, mitten in den Schweizer Alpen,<br />
an einem Film- und Video-Workshop<br />
mit dem Schwerpunkt Ost-Westeuropa<br />
und dem Thema Menschenrechte<br />
teilzunehmen. Erwartet werden<br />
Lesben, Schwule, Bisexuelle und TransidentInnen<br />
aus unterschiedlichen ostund<br />
westeuropŠischen Regionen, insbesondere<br />
aus Polen, Russland, der<br />
Ukraine, den baltischen Staaten und<br />
den LŠndern des Balkans. Ziel des<br />
Workshops ist es, Mšglichkeiten der<br />
Zusammenarbeit zu fšrdern, die auf eine<br />
StŠrkung des politischen Filmschaffens<br />
in europŠischen ZusammenhŠngen<br />
hinauslaufen. Dabei werden<br />
sowohl Film-Projekte einzelner TeilnehmerInnen<br />
vorgestellt und besprochen<br />
als auch selber Videoprojekte realisiert.<br />
Entsprechendes Equipment<br />
steht fŸr die Filmschaffenden bereit.<br />
Im Anschluss an den Workshop findet<br />
in Bern vom 11. - 14. November<br />
das Filmfestival QUEERSICHT statt.<br />
Das Thema âOsteuropaÕ bildet in diesem<br />
Jahr den Kern des Festivals und<br />
die Salecina-Filmprojekte werden<br />
einen zentralen Teil des Programms<br />
ausmachen.<br />
Infos und Anmeldung unter<br />
www.salecina.ch oder<br />
www.queersicht.ch.<br />
(dt)<br />
USA<br />
Mutter lesbisch -<br />
Mädchen fliegt<br />
von Schule<br />
Eine 14jŠhrige SchŸlerin wurde von<br />
ihrer kalifornischen Schule verwiesen,<br />
weil sie von zwei lesbischen Frauen<br />
aufgezogen wird. Die ãOntario Christian<br />
SchoolÒ in Ontario unweit von<br />
Los Angeles begrŸndete die Verbannung<br />
damit, dass ãihre Familie nicht<br />
den Zulassungsbedingungen der SchuleÒ<br />
entsprŠche.<br />
Die Schule verlange, ãDass wenigstens<br />
ein Elternteil ein bekennender<br />
Christ istÒ, hei§t es auf einer Web-Site<br />
der Kirche (www.ocschools.org). Im<br />
Fall der betroffenen SchŸlerin sei diese<br />
Bedingung nicht erfŸllt, da die Mutter<br />
in einer homosexuellen Beziehung lebe.<br />
Die Vertreter der Schule bedauern,<br />
dass sie zum Zeitpunkt der Anmeldung<br />
nicht Ÿber diese Beziehung in Kenntnis<br />
gesetzt wurde.Ò Schuleintritt und der<br />
Anlass fŸr ein ãMissverstŠndnisÒ hŠtten<br />
so vermieden worden kšnnen.Ò<br />
Bern<br />
QUEERSICHT 2005<br />
Vom 10. bis 14 November finden in<br />
Bern zum neunten Mal das lesbischschwule<br />
Filmfestival QUEERSICHT<br />
statt. Etwa 30 nationale und internationale<br />
Produktionen aller Genres (Spiel-,<br />
Dok- und Kurzfilme) werden an fŸnft<br />
Tagen in verschiedenen KinosŠlen der<br />
Stadt gezeigt.<br />
Den diesjŠhrigen Schwerpunkt des<br />
Festivals bildet das Thema ãIm Osten<br />
nichts Neues? - Lesbisch-schwules Leben<br />
vor und nach dem fall der Mauer in<br />
den ehemaligen sozialistischen LŠndernÒ.<br />
Einerseits ermšglicht QUEER-<br />
SICHT den BesucherInnen unter dem<br />
cineastischen Blickwinkel die Situation<br />
von Lesben und Schwulen vor<br />
1999 kennen zu lernen. Anderseits<br />
zeigt es die aktuellen Tendenzen auf,<br />
welche zum Beispiel in Polen und Ungarn<br />
ganz verschieden sind: So wurde<br />
in Polen zum zweiten Mal die DurchfŸhrung<br />
des CSD verboten, wŠhrend<br />
umgekehrt in Ungarn Lesben und<br />
Schwulen eine eingetragene Partnerschaft<br />
eingehen kšnnen. QUEER-<br />
SICHT wird sich diesen Herbst damit<br />
beschŠftigen.<br />
Das Programm und alle weiteren Informationen<br />
lassen sich finden unter<br />
www.queersicht.ch<br />
9 ➧
lesmopolitan<br />
Konstanz: Fest-Organisatorinnen Konstanz: Les Prochaines Reinnes<br />
Hamburg: Tango Argentino<br />
10<br />
Konstanz<br />
belladonna<br />
feiert Jubliäum<br />
Auch zum eigenen Erstaunen kann das<br />
Konstanzer Frauenzentrum belladonna<br />
in diesem Jahr sein 25jŠhriges Bestehen<br />
feiern und gehšrt damit zu den Šltesten<br />
noch existierenden Frauen- und<br />
Lesbentreffs der Republik. Am 22. Oktober<br />
soll das bejubelt werden mit einem<br />
Konzert der Schweizer Frauenband<br />
ãLes Reines ProchainesÒ und anschlie§ender<br />
Party mit mehreren Djanes.<br />
Veranstaltungsort ist der gro§e<br />
Veranstaltungssaal im Neuwerk (Oberlohnstr.3),<br />
in dem belladonna seit 2004<br />
seine RŠumlichkeiten hat. Alles weitere<br />
zu belladonna und zur JubilŠumsparty<br />
unter www.belladonna-konstanz.de.<br />
Köln<br />
Fachtagung zum<br />
Alter(n)<br />
Die Schwulen ALTERnativen NRW<br />
laden fŸr den 22. Oktober zur ersten<br />
eigenen Fachtagung unter dem Titel<br />
ã(Un)Sichtbarkeit im AlterÒ ein. In vier<br />
Workshops wird es in den RŠumlichkeiten<br />
des RUBICON unter anderem<br />
um ãSelbstbestimmtes SterbenÒ und<br />
ãSpiritualitŠt und HomosexualitŠtÒ gehen.<br />
Anmeldungen (bis 10.10.) und<br />
weitere Informationen bei Dr. Stefan<br />
JŸngst, T: 0221-2766999, F: 0221-276<br />
6999-99, stefan.juengst@rubiconkoeln.de<br />
Hamburg<br />
Tango Argentino!<br />
Bereits zum fŸnften mal findet in Hamburg<br />
das ãInternational Queer Tango<br />
Argentino FestivalÒ statt. Vom 7. bis 9.<br />
Oktober kann dabei nicht nur bei den<br />
Abendveranstaltungen ausgiebig getanzt,<br />
sondern am Tag in zahlreichen<br />
Workshops geŸbt und neues gelernt<br />
werden. Zentraler Anlaufpunkt dabei<br />
ist das Haus3 in Altona. Alle Preise,<br />
…rtlichkeiten, Kurse und Anmeldung<br />
unter www.queer-tango.de.<br />
Bremen<br />
Leitfaden für<br />
die Jugendhilfe<br />
Der Senator fŸr Arbeit, Frauen, Gesundheit<br />
und Jugend der Freien Hansestadt<br />
Bremen und das Rat und Tat<br />
Zentrum fŸr Schwule und Lesben e.V.<br />
haben einen Leitfaden fŸr eine Fortbildung<br />
zum Thema HomosexualitŠt in<br />
der Jugendarbeit herausgegeben. Der<br />
Leitfaden ist nach dem Baukastenprinzip<br />
konstruiert, so dass danach mit pŠdagogischen<br />
FachkrŠften aus Jugendhilfe<br />
und Schule aber auch mit Jugendlichen<br />
gearbeitet werden kann. Er beinhaltet<br />
im ersten Teil Module wie ãHomosexualitŠt<br />
und GesellschaftÒ und<br />
ãComing OutÒ. Daran schlie§t im<br />
zweiten Teil ein Curriculum an, in dem<br />
Lehrinhalte, Lernziele und Methoden<br />
aufgezeigt werden.<br />
Der Leitfaden kann bei Rat und Tat<br />
gegen Zusendung von 1,65 Û in Briefmarken<br />
bestellt werden: Theodor-Kšrner-Str.<br />
1, 28203 Bremen,<br />
zentrum@ratundtat-bremen.de.<br />
Frankfurt/Main<br />
20 Jahre<br />
Kampfkunst<br />
für Frauen<br />
Der Frankfurter Verein ãFrauen in<br />
Bewegung e.V.Ò feiert am 8. Oktober<br />
sein 20. JubilŠum im ãHaus der<br />
JugendÒ (Deutschherrenufer 12).<br />
Kampfkunst und Frauenfšrderung zu<br />
verbinden war das Ziel der US-<br />
Amerikanerin Sunny Graff, einer ehemaligen<br />
Taekwondo-Weltmeisterin, als<br />
sie 1985 den Verein grŸndete.<br />
Inzwischen trainieren hier mehr als<br />
230 MŠdchen mehrmals die Woche. Im<br />
Rahmen der 20-Jahr-Feier prŠsentiert<br />
sich der Verein u.a. mit VorfŸhrungen<br />
der Little Tigers MŠdchengruppe, mit<br />
philippinischer Stockkampfkunst und<br />
einer SchwarzgŸrtelvorfŸhrung mit<br />
Schwertkampf und Bruchtest. Alles<br />
weitere dazu unter www.fib-ev.com.<br />
Köln<br />
Neues CSD-Motto<br />
gesucht<br />
The same procedure as every year ...<br />
Der CSD Kšln braucht ein Motto fŸr<br />
2006. Deshalb lŠdt der Kšlner Lesben.<br />
Und Schwulentag e.V. (KluST) als<br />
Veranstalter des CSD zu jŠhrlichen<br />
Diskussion. Ziel ist es, ein Motto zu<br />
finden, unter dessen Mantel eine mšglichst<br />
gro§e Bandbreite von Schwulen,<br />
Lesben, Bi- und Transsexuellen auf die<br />
Stra§e gehen kann, um fŸr gesellschaftliche<br />
Akzeptanz und politische<br />
Gleichstellung zu demonstrieren. Das<br />
Ganze findet statt am 13. Oktober um<br />
19.00 Uhr in den RŠumen des RUBIC-<br />
ON, Rubensstr. 8-10.<br />
Hannover<br />
Frauenkongress<br />
AnlŠsslich des 20. JubilŠums der Fraueninitiative<br />
Laatzen AnlŠsslich des 20.<br />
JubilŠums der Fraueninitiative Laatzen<br />
findet in Hannover am 8. Oktober der<br />
Frauenkongress ãZwischen Wurzeln<br />
und VisionenÒ statt. Nach 3 Impulsreferaten<br />
zu den Themen Frauenbewegung<br />
(Brigitte Siegel, Geld und Rosen),<br />
Generationen (Sigrid HŠfner Organisations-<br />
und Gender-Beraterin)<br />
und Jutta Sundermann (freie Journalistin<br />
und Attac) werden im Rahmen eines<br />
World-CafŽs Zukunftsfragen diskutiert.<br />
NŠhere Infos unter www.hanno<br />
verfrauen.de, www.slu.info. Anmeldung<br />
im Frauenzentrum Laatzen unter<br />
Tel: 05102 - 3300.<br />
Bielefeld<br />
Fundraising-<br />
Seminar<br />
Die Akzeptanzkampagne ãAndersrum<br />
ist nicht verkehrt: Lesben und Schwule<br />
in NRWÒ bietet wieder ein Seminar fŸr<br />
Ehrenamtliche aus der schwul-lesbischen<br />
Selbsthilfe zum Schwerpunkt<br />
ãPresse- und …ffentlichkeitsarbeitÒ an.<br />
Das Seminar ist in zwei Teile gegliedert:<br />
Im theoretischen Teil werden allgemeine<br />
Ausgangspunkte der Presseund<br />
…ffentlichkeitsarbeit vorgestellt,<br />
im zweiten Teil werden konkrete<br />
Handwerksinstrumente dieser Arbeit<br />
erlŠutert und anhand mitgebrachter<br />
Materialien geŸbt. Eigene Arbeitsproben<br />
- gute wie schlechte zum Vergleich<br />
- (Flyer, Plakate, Pressemeldungen<br />
oder auch geplante Projekte) sind<br />
gewŸnscht.<br />
Mit den Seminaren sollen Gruppen<br />
darin unterstŸtzt werden, ihre vorhandenen<br />
Talente und Ressourcen zu entdecken<br />
und effektiver einzusetzen, damit<br />
sie ihre Anliegen noch besser darstellen<br />
und die jeweilige Zielgruppe<br />
optimal erreichen kšnnen.<br />
Das Seminar findet am 22. Oktober<br />
im Autonomen Schwulenreferat der<br />
Uni Bielefeld (UniversitŠtsstr. 35) statt.<br />
Anmeldung Ÿber das Akzeptanz-KampagnenbŸro,<br />
T/F 0211-6801350 oder<br />
lesben-nrw@w4w.net<br />
Berlin<br />
Entweder richtig<br />
oder gar nicht<br />
Sabbatjahr für das<br />
‚Lesben Film Festival Berlin’<br />
Nachdem das âLesben Film Festival<br />
BerlinÕ im letzten Jahr seinen 20. Geburtstag<br />
feierte, nimmt es sich jetzt ein<br />
Jahr Auszeit. Die Organisatorinnen, die<br />
fŸr ihr Engagement um lesbischschwule<br />
Belange 2003 vom Regenbogenfonds<br />
e.V. mit dem Rainbow-<br />
Award ausgezeichnet wurden, wollen<br />
neue KrŠfte sammeln. ãSeit Jahren<br />
lespress ❘ oktober 2005
Bremen Frankfurt/Main: Frauen in Bewegung<br />
Inteventione.V.<br />
arbeiten wir ehrenamtlich und unterstŸtzen<br />
das Festival auch finanziell,Ò<br />
erklŠrt Dagmar Boguslawski, Mitarbeiterin<br />
beim Lesben Film Festival, die<br />
Pause. Und die Ressourcen, das alles<br />
zu leisten seien zurzeit erschšpft. ãUnd<br />
da wir keine halben Sachen machen<br />
wollen, legen wir ein Sabbatjahr ein.Ò<br />
Bislang finanzierte sich das Festival<br />
Ÿber ZuschŸsse, Spenden, private Darlehen<br />
und die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern.<br />
Um das Festival fortfŸhren<br />
zu kšnnen, ist das âLesben Film<br />
Festival BerlinÕ auf zusŠtzliche Gelder<br />
angewiesen. (dt)<br />
www.lesbenfilmfestival.de<br />
bundesweit<br />
Mehr als<br />
12.500 Lebenspartnerschaften<br />
in Deutschland<br />
In Deutschland hatten Ende 2004 Ÿber<br />
25.000 MŠnner und Frauen Lebenspartnerschaften<br />
mit einem Partner bzw.<br />
einer Partnerin desselben Geschlechts<br />
begrŸndet. Dies hat der Autor Dr. Stephan<br />
StŸber fŸr die 2. Auflage des<br />
ãHandkommentar LebenspartnerschaftsrechtÒ<br />
ermittelt, der in KŸrze im<br />
Nomos-Verlag Baden-Baden erscheinen<br />
wird.<br />
Die Zahl ist Ÿberraschend, weil<br />
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries<br />
Ende Oktober 2004 von nur<br />
5.000 Lebenspartnerschaften ausgegangen<br />
war (Deutscher Bundestag,<br />
Plenarprotokoll 15/136 der Sitzung<br />
vom 29.10.2004, S. 12483).<br />
Manfred Bruns, Sprecher des Lesben-<br />
und Schwulenverbandes: ãDie<br />
Untersuchung zeigt, dass Lesben und<br />
Schwule fŸr einander Verantwortung<br />
Ÿbernehmen wollen, selbst wenn dies<br />
zwar mit allen Pflichten verbunden ist,<br />
die Ehegatten haben, aber eine Gleichstellung<br />
insbesondere im Steuerrecht<br />
noch immer aussteht.Ò<br />
Eine offizielle Statistik Ÿber die Lebenspartnerschaften<br />
wird -anders als<br />
fŸr Ehen -in Deutschland nicht gefŸhrt.<br />
Die Zahl der Lebenspartnerschaften<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
lŠsst sich schwer ermitteln, weil in den<br />
LŠndern ganz unterschiedliche Behšrden<br />
fŸr die BegrŸndung der Lebenspartnerschaften<br />
zustŠndig sind. WŠhrend<br />
in Berlin, Bremen, Hamburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen,<br />
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt<br />
und Schleswig-Holstein die<br />
Standesbeamten zustŠndig sind, haben<br />
die Ÿbrigen LŠnder die Kreise und<br />
kreisfreien StŠdte (Baden-WŸrttemberg,<br />
Rheinland-Pfalz, ThŸringen)<br />
oder die Gemeinden (Brandenburg,<br />
Hessen, Saarland) fŸr zustŠndig erklŠrt.<br />
Die Gemeinden und kreisfreien<br />
StŠdte konnten die Aufgabe dann den<br />
Standesbeamten Ÿbertragen; sie mŸssten<br />
dies aber nicht tun. Deshalb sind<br />
sogar innerhalb dieser LŠnder wiederum<br />
unterschiedliche Stellen zustŠndig.<br />
Ganz andere Wege sind schlie§lich<br />
Sachsen und Bayern gegangen:<br />
WŠhrend in Sachsen Lebenspartnerschaften<br />
bisher nur bei den drei RegierungsprŠsidien<br />
begrŸndet werden<br />
konnten, sind in Bayern die Notare zustŠndig.<br />
Die unterschiedlichen Stellen der<br />
LŠnder sind auch melderechtlich Ÿber<br />
die Landesgrenzen hinweg nur unzureichend<br />
mit einander verknŸpft. Die<br />
Familiengerichte und Nachlassgerichte<br />
kšnnen deshalb zurzeit nicht zuverlŠssig<br />
feststellen, ob jemand in einer Lebenspartnerschaft<br />
lebt oder ob eine Lebenspartnerschaft<br />
inzwischen aufgehoben<br />
ist.<br />
Da die Lebenspartnerschaften nicht<br />
Ÿberall systematisch statistisch erfasst<br />
werden, haben einige LŠnder die Zahlen<br />
zu bestimmten Stichtagen ermittelt.<br />
Niedersachsen war das einzige Land,<br />
dass die Zahl der im Land begrŸndeten<br />
Lebenspartnerschaften nicht mitteilen<br />
konnte. Es ist aber davon auszugehen,<br />
dass sie sich mindestens in der Grš§enordnung<br />
von Rheinland-Pfalz und<br />
Schleswig-Holstein bewegt.<br />
Göttingen<br />
Bundesverdienstkreuz<br />
für<br />
Rainer Marbach<br />
Dr. Rainer Marbach, GrŸnder und Leiter<br />
der ãAkademie WaldschlšsschenÒ<br />
bei Gšttingen, ist fŸr sein vielfŠltiges<br />
ehrenamtliches gesellschaftliches und<br />
politisches Engagement mit der Verleihung<br />
des Bundesverdienstkreuzes am<br />
Bande durch den BundesprŠsidenten<br />
geehrt worden.<br />
Eine gro§e Anzahl von Gratulanten<br />
aus Politik, Erwachsenenbildung, VerbŠnden<br />
und Selbsthilfegruppen beglŸckwŸnschten<br />
Marbach zur Verleihung<br />
des Verdienstkreuzes. Prof. Dr.<br />
Rita SŸ§muth, PrŠsidentin des Deutschen<br />
Bundestages a.D. und der Arbeit<br />
Marbachs und des Waldschlšsschens<br />
seit ihrer Zeit als Bundesgesundheitsministerin<br />
verbunden, Mitglied des<br />
Beirats der Stiftung Akademie Waldschlšsschen,<br />
vermittelte ihre Freude<br />
ãŸber diese hohe Auszeichnung, auf<br />
welche Sie zu recht insbesondere im<br />
Kampf fŸr sexuelle Toleranz stolz sein<br />
kšnnenÒ, und wŸnschte Marbach ãweiterhin<br />
die Kraft und den Mut, den Sie<br />
in den vielen Jahren der Schwulen- und<br />
Lesbenarbeit, aber auch der Erwachsenenbildung<br />
eindrucksvoll bewiesen habenÒ.<br />
Volker Wei§, Vorstand des SFN erinnerte<br />
daran: dass der Verpflichtung<br />
zum Abbau der Diskriminierung homosexueller<br />
Menschen in der RegierungserklŠrung<br />
der rot-grŸnen Koalition<br />
in Niedersachsen 1990 ãauch Taten<br />
gefolgt sind, ist ganz wesentlich<br />
das Verdienst von Rainer Marbach. Er<br />
erkannte nicht nur die sich im politischen<br />
Raum eršffnende Chance, die<br />
Diskriminierung von Schwulen und<br />
Lesben abzubauen, er hatte auch eine<br />
Idee, wie diese Chance zu nutzen<br />
sei.(...)Ò<br />
Marbach, bereits mit dem ãRosa<br />
CourageÒ-Preis ausgezeichnet, ist einer<br />
der erfolgreichsten Aktiven der deutschen<br />
Schwulenbewegung. Er arbeitete<br />
seit 1972 in verschiedenen schwulenpolitischen<br />
Zusammen-hŠngen, seit<br />
Mitte der siebziger Jahre in der<br />
NARGS (Nationale Arbeitsgemein-<br />
schaft Repression gegen Schwule) und<br />
war an der Planung und DurchfŸhrung<br />
des gro§en Schwulentreffens ãHOMO-<br />
LULUÒ 1979 in Frankfurt beteiligt.<br />
Auch an der GrŸndung der Deutschen<br />
Aids-Hilfe (DAH) und des Bundesverbands<br />
HomosexualitŠt (BVH) wirkte<br />
er mit und arbeitete in dessen Beirat<br />
mit.<br />
Er grŸndete 1981 zusammen mit<br />
seinem Lebenspartner Ulli Klaum die<br />
ãAkademie WaldschlšsschenÒ und<br />
fŸhrte sie 1999 zur Anerkennung durch<br />
das Land Niedersachsen als fšrderungsberechtigteHeimvolkshochschule.<br />
Er baute die mit ihren Hauptschwerpunkten<br />
in der Lesben- und Schwulenbildung<br />
sowie der Aids-Fortbildungsund<br />
Betroffenen-Arbeit fŸr Deutschland<br />
zentrale und in Europa einzigartige<br />
Bildungseinrichtung ma§geblich 20<br />
Jahre ehrenamtlich auf, bis er ihre<br />
hauptamtliche Leitung im Jahre 2000<br />
Ÿbernahm. 2004 ŸberfŸhrte er die Einrichtung<br />
in eine gemeinnŸtzige Stiftung,<br />
der er auch die Immobilien stiftete.<br />
Sein ehrenamtliches Engagement in<br />
der Erwachsenenbildung in Niedersachsen<br />
erstreckte sich auch auf den<br />
Aufbau des VNB -Landeseinrichtung<br />
der Erwachsenenbildung, dessen langjŠhriger<br />
stellvertretender pŠdagogischer<br />
Leiter und GrŸnder der landesweiten<br />
GeschŠftsstelle des VNB fŸr<br />
Schwulen- und Lesbenbildung, Aids<br />
und Gesellschaft er war.<br />
<strong>Lespress</strong> reiht sich gerne ein in den<br />
Kreis der GartulantInnen und wŸnscht<br />
weiterhin viel Erfolg!<br />
Hamburg<br />
Der Hamburger<br />
Frauenball<br />
wird 20.<br />
Kaum zu glauben,<br />
aber es ist wahr!<br />
Wir feiern dieses besondere JubilŠum<br />
im Congress Centrum Hamburg (direkt<br />
am Fernbahnhof Dammtor), in den<br />
modernisierten tollen SŠlen 3 und 4.<br />
Wir freuen uns wie jedes Jahr auf ➧<br />
11
lesmopolitan<br />
Göttingen: Dr. Rainer Marbach<br />
gutgelaunte Frauen, die gern tanzen<br />
oder/und mit anderen Frauen ausgelassen<br />
feiern kšnnen. Au§erdem sind alle<br />
mitwirkenden KŸnstlerinnen der 19<br />
vorherigen FrauenbŠlle eingeladen.<br />
In Saal 3 fŸhrt Bettina Bšttinger<br />
durchs Programm und auf einer riesengro§en<br />
TanzflŠche kann Walzer, Tango,<br />
Foxtrott, Latein uvm. getanzt werden.<br />
Eine Hochseilartistin und eine SŠngerin<br />
sorgen in den Tanzpausen fŸr<br />
erstklassige Unterhaltung.<br />
In Saal 4 moderiert und singt Marion<br />
Scholz (von Duotica). In diesem<br />
Saal wird hauptsŠchlich Discomusik<br />
gespielt, so das auch Frauen, die Standardtanz<br />
nicht so prickelnd finden, hier<br />
die Nacht durch tanzen kšnnen.<br />
In den beiden gro§en Foyers gibts es<br />
ein gro§es Buffet und viel Platz zum<br />
Essen und Kommunizieren und au§erdem<br />
einige StŠnde, an denen Frauen ihre<br />
Projekte und Unternehmen vorstellen.<br />
Die StŠnde bitte bis zum 25. Okt<br />
05 bei uns anmelden:<br />
frauen@cafe-endlich.<br />
Aber es gibt noch viel mehr Tolles<br />
auf dem 20. Hamburger Frauenball,<br />
nachzulesen unter www.frauenball.de .<br />
Dort kšnnen auch die Eintrittskarten<br />
bestellt werden.<br />
Wir freuen uns auf Frauen aus ganz<br />
Deutschland und aus dem Ausland.<br />
Herzliche Gr٤e vom Ballvorbereitungs-Team<br />
und hoffentlich bis zum<br />
Frauenball am 05.11.05!!<br />
Bielefeld<br />
Christliche Lesben<br />
und Schwule:<br />
Erster deutschlandweiterKongress<br />
erfolgreich<br />
Vom 30.9-3.10. hat der erste deutschlandweite<br />
Kongress zur Vernetzung<br />
christlicher Lesben- und Schwulenorganisationen<br />
in Bielefeld-Sennestadt<br />
getagt. Unter dem Motto ãAm Anfang<br />
war die VielfaltÒ kamen ca. 150 TeilnehmerInnen<br />
aus dreizehn evangeli-<br />
Terre Des Femmes Basel: Helvetia am Rhein<br />
schen, katholischen und škumenischen<br />
christlichen Gruppen zusammen.<br />
Das gegenseitige Kennenlernen<br />
stand im Vordergrund, dazu gab es eine<br />
FŸlle von Workshops zu theologischen<br />
und politischen Themen.<br />
Aber auch kirchenpolitische Zusammenarbeit<br />
stand auf dem Programm:<br />
ãBisher gab es einzelne Kontakte zwischen<br />
den Gruppen, jetzt werden wir<br />
gezielter zusammenarbeiten,Ò kŸndigte<br />
Thomas Beckmann (Homosexuelle<br />
und Kirche) an. Konkrete Projekte zu<br />
Kirchen- und Katholikentagen und<br />
auch zu einzelnen Christopher-Street-<br />
Days konnten jetzt verabredet werden.<br />
Auch ein gemeinsames Internetportal<br />
sowie eine strukturierte Kommunikation<br />
zwischen den Netzwerken wurden<br />
angeschoben. Kontakte zu christlichen<br />
Lesben- und Schwulengruppen<br />
im europŠischen Kontext sollen ausgebaut<br />
werden.<br />
ãTrotz aller Unterschiede sind wir<br />
eine aktive Gemeinschaft, die zusammen<br />
etwas gestalten will. Das wurde<br />
besonders im gemeinsamen Gottesdienst<br />
deutlich,Ò fasst Tomke Ande<br />
(Lesben und Kirche) ihre EindrŸcke<br />
zusammen.<br />
Im Herbst 2008 oder im FrŸhjahr<br />
2009 soll es einen zweiten Kongress<br />
geben.<br />
In den beiden gro§en deutschen Kirchen<br />
werden lesbische und schwule<br />
Lebensweisen immer noch als Problem<br />
wahrgenommen. Dabei ist vor allem<br />
im evangelischen Bereich vielerorts eine<br />
Akzeptanz Homosexueller einfacher<br />
geworden.<br />
Fazit der Veranstalter: Es macht<br />
Sinn, dass Lesben und Schwule sich<br />
kennenlernen. Es ist gut, dass sich<br />
Menschen aus verschiedenen Konfessionen<br />
persšnlich treffen. Angesichts<br />
der schwierigen Situation, in der sich<br />
vor allem katholische Homosexuelle<br />
befinden, gibt es Kraft, miteinander in<br />
gro§er Gemeinschaft zu arbeiten und<br />
Gottesdienst zu feiern.<br />
Bundesweit<br />
Kampagne für<br />
‘Saubere’ Kleidung<br />
Tübingen. Skandal in Tchibos NŠhstube<br />
- unter diesem Motto werden die NŠherin<br />
Rina Begum und die Gewerkschafterin<br />
Shahida Sarker Ÿber Arbeitsbedingungen<br />
bei einem Zulieferbetrieb<br />
des Gro§konzerns Tchibo in Bangladesch<br />
berichten. Auf Einladung von<br />
TERRE DES FEMMES und der<br />
ãKampagne fŸr ÔSaubereÕ KleidungÒ<br />
reisen die beiden Aktivistinnen vom 12.<br />
- 30. Oktober 2005 durch 11 deutsche<br />
StŠdte und nach Wien.<br />
Tchibo gehšrt zu den so genannten<br />
Billiganbietern, die Massenware zu<br />
Niedrigstpreisen auf den Markt werfen<br />
- die Arbeitsbedingungen der vorwiegend<br />
weiblichen Mitarbeiterinnen in<br />
den Zulieferbetrieben interessieren den<br />
Discounter nicht. WŠhrend der Rundreise<br />
werden die beiden Frauen an Podiumsdiskussionen<br />
und bei Stra§enaktionen<br />
teilnehmen, sie besuchen VerbŠnde,<br />
PolitikerInnen und Gewerkschaften.<br />
Gemeinsam mit kritischen<br />
KonsumentInnen aus ganz Deutschland<br />
wollen die Frauen den Druck auf Tchibo<br />
verstŠrken. ãDer Handelsriese muss<br />
endlich seine soziale Verantwortung<br />
wahrnehmenÒ, fordert Dr. Gisela<br />
Burckhardt von der Kampagne fŸr<br />
ÔSaubereÕ Kleidung.<br />
Rina Begum verbrachte neun Tage<br />
in Haft und wurde anschlie§end fristlos<br />
entlassen, weil sie gegen eine LohnkŸrzung<br />
ihrer Fabrik, die Tchibo regelmŠ-<br />
§ig beliefert, protestiert hatte. Sie ist<br />
seitdem arbeitslos.<br />
Shahida Sarker, Vorsitzende der Gewerkschaft<br />
ãNational Garment Workers<br />
FederationÒ (NGWF), wird darŸber<br />
hinaus Ÿber die tšdliche Katastrophe in<br />
den Fabriken Spectrum und Shahariyar<br />
berichten: Am 11. April stŸrzte in<br />
Savar/Bangladesch das neunstšckige<br />
FabrikgebŠude zusammen, weil Sicherheitsstandards<br />
nicht eingehalten wurden.<br />
Das UnglŸck forderte 64 Tote und<br />
viele Verletzte. Hier lie§en auch die<br />
deutschen Unternehmen Karstadt/<br />
Quelle, Kirsten Mode, Steilmann, New<br />
Yorker, Dr. Rehfeld und Bluhmod produzieren.<br />
Ein halbes Jahr nach der Katastrophe<br />
warten die Arbeiterinnen von<br />
Spectrum / Shahariyar noch immer auf<br />
EntschŠdigungszahlungen.<br />
Die ãKampagne fŸr ÔSaubereÕ KleidungÒ<br />
(CCC) - ein TrŠgerkreis, in dem<br />
die Gewerkschaften IG Metall und Ver.<br />
di, das DGB Bildungswerk, die Kirchen<br />
und NROs wie INKOTA und die<br />
Frauenrechtsorganisation TERRE DES<br />
FEMMES vertreten sind - setzt sich seit<br />
vielen Jahren fŸr die Verbesserung der<br />
Arbeitsbedingungen der NŠherInnen in<br />
den BilliglohnlŠndern des SŸdens und<br />
Ostens und die Umsetzung von Sozialstandards<br />
bei den Zulieferern der deutschen<br />
Unternehmen ein.<br />
Die aktuelle Reiseroute unter www.<br />
frauenrechte.de<br />
12 lespress ❘ oktober 2005<br />
Basel<br />
Neues Webangebot<br />
für Lesben<br />
und Schwule<br />
Unter der Webadresse www.Gaybasel.<br />
ch finden Interessierte seit September<br />
laufend aktualisierte Veranstaltungen<br />
rund um das lesbisch-schwule Leben in<br />
Basel sowie redaktionell betreute Ausgeh-<br />
und Einkauf-Tipps. Das lesbischschwule<br />
Basel bekommt damit endlich<br />
auch im Internet ein Forum; denn seit<br />
dem 5. Juni dieses Jahres ist es amtlich:<br />
Mit 68 Prozent Ja-Stimmen zum Partnerschaftsgesetz<br />
fŸhrt Basel die Liste<br />
der BefŸrworter-Kantone an und ist somit<br />
die heimliche Gay-Metropole der<br />
Schweiz<br />
Basel beweist mit seiner FŸlle an<br />
Veranstaltungen und kulturellen Angeboten,<br />
dass sich die Gay-Kultur nicht<br />
verstecken muss. LokalitŠten wie Kaserne,<br />
BarRouge, NT-Areal, Borderline,<br />
Smalltown - um nur einige zu nennen -<br />
sind Orte, die immer wieder von<br />
Schwulen und Lesben inszeniert werden.<br />
Mehr oder weniger regelmŠssig,<br />
mehr oder weniger bestŠndig.<br />
Gaybasel.ch gibt diesem bunten<br />
Treiben ein Gesicht und reagiert mit der<br />
Online-Plattform auf den steten Wandel<br />
der lesbisch-schwulen Region. Veranstaltungs-Hinweise<br />
werden unter redak<br />
tion@gaybasel.ch entgegen genommen.<br />
URL: http://www.gaybasel.ch
diesmal werde ich keine Ausführungen zu einem bestimmten Rechtsgebiet machen, sondern<br />
möchte einfach mal anhand eines Falles schildern, wie ein Gerichtsverfahren in<br />
Zivilsachen abläuft.<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
recht<br />
LIEBE LESERINNEN,<br />
Wie immer handelt es sich selbstverstŠndlich um einen fiktiven<br />
Fall, aber einzelne VorfŠlle haben sich dennoch zumindest<br />
so Šhnlich bereits in der RealitŠt ereignet.<br />
Bei mir in der Kanzlei erscheint eines Tages Alexandra N., die mir<br />
erzŠhlt, dass sie gegen Petra X. einen Anspruch geltend machen mšchte.<br />
Sie hat Petra X zum wiederholten Male ihr Auto geliehen.<br />
Nachdem dies auch schon in der Vergangenheit ein bisschen zu Verstimmungen<br />
gefŸhrt hat, hat sie diesmal im Beisein ihrer Freundinnen<br />
Carla, Sabine und Christa, Petra laut und deutlich gesagt, dass sie ihr<br />
zwar das Auto erneut zur VerfŸgung stellt, wenn diese allerdings eine<br />
Beule hineinfahren wŸrde, dann mŸsste Petra X. die Reparaturkosten<br />
bezahlen.<br />
Petra X. ist nur froh, dass sie mit dem Auto von dannen ziehen kann,<br />
stimmt zu und fŠhrt davon.<br />
„Johnny“ (um den geht es auch noch einmal in der nächsten <strong>Lespress</strong>), Photo: Braxxl<br />
Als sie unterwegs etwas hektisch beim RŸckwŠrtsfahren einen<br />
Baum Ÿbersieht, gibt es eine richtig schšne Beule im KotflŸgel.<br />
Zum GlŸck bleibt der Baum unversehrt, Petra fŠhrt davon und stellt<br />
Alexandra das leicht demolierte Auto vor die TŸr, wobei sie noch stolz<br />
verkŸndet, dass sie es diesmal tatsŠchlich geschafft hat, das Auto<br />
pŸnktlich wieder zurŸckzugeben.<br />
Alexandra sa§ schon wie auf Kohlen und will zusammen mit ihrer<br />
Freundin Sabine sofort losfahren.<br />
Als sie zum Auto kommt, stellt sie fest, dass es eine Beule hat, Petra<br />
hat sich bereits aus dem Staub gemacht.<br />
Wutentbrannt ruft sie Petra an und fordert von dieser, dass sie dafŸr<br />
sorgen soll, dass die Beule repariert wird. Als Petra dies wiederholt ablehnt<br />
und am Schluss sogar behauptet, sie hŠtte gar keine Beule in das<br />
Auto gefahren, wird Alexandra richtig wŸtet und kommt zu mir in die<br />
Kanzlei.<br />
13<br />
➧
echt<br />
Liebe Lese<br />
Die Kosten fŸr die Reparatur belaufen sich auf 900 Û, die Vollkaskoversicherung<br />
hat eine Selbstbeteiligung von 1.000 Û, so dass Alexandra<br />
diese vernŸnftigerweise nicht in Anspruch nehmen will.<br />
Nachdem ich Petra ein erstes Mal angeschrieben und sie aufgefordert<br />
habe, den Betrag zu bezahlen und die Frist verstrichen ist, vereinbaren<br />
wir, dass die Klage bei Gericht eingereicht wird.<br />
Alexandra hat zum GlŸck eine Rechtschutzversicherung, so dass ich<br />
als erstes bei dieser die Deckungszusage fŸr die Klageeinreichung einhole.<br />
Als diese vorliegt, fertige ich einen Klage-Schriftsatz, in dem ich<br />
beantrage, dass Petra an Alexandra 900 Û plus Zinsen bezahlen muss.<br />
Au§erdem soll sie die Kosten des Verfahrens tragen, da sie die Klage<br />
verursacht hat.<br />
In meinem Schriftsatz muss ich ganz genau den Sachverhalt schildern,<br />
so dass ich diesen zuvor auch lŸckenlos von Alexandra erzŠhlt<br />
bekommen haben muss.<br />
Au§erdem muss ich fŸr alle anspruchsbegrŸndenden Tatsachen<br />
Zeuginnen und Zeugen benennen und zwar mit vollstŠndigem Namen<br />
und vollstŠndiger Anschrift.<br />
Alexandra muss die ZeugInnen vorher nicht fragen, ob sie bereits<br />
sind, Aussagen zu machen, da dies eine sogenannte BŸrgerInnenpflicht<br />
ist und die ZeugInnen gegebenenfalls bei Gericht erscheinen mŸssen.<br />
Ist eine davon aber eine heimliche Verehrerin von Petra, so empfiehlt<br />
es sich, diese als Zeugin lieber erst mal raus zu lassen.<br />
Zusammen mit der Klageeinreichung muss ein<br />
saftiger Gerichtskostenvorschuss einbezahlt werden, den aber glŸcklicherweise<br />
die Rechtschutzversicherung vorschie§t, andernfalls muss<br />
dies die Mandantin selbst machen.<br />
Die Klage kommt jetzt zunŠchst in die Einlaufstelle bei Gericht,<br />
dort wird geprŸft, welche RichterIn zustŠndig ist (unterschiedlich, bei<br />
manchen Gerichten nach einem Buchstabenverteilungssystem, bei<br />
manchen einfach nach Eingang) und die Klage wird dann an die GeschŠftsstelle<br />
der zustŠndigen RichterIn weitergeleitet.<br />
Bei dieser wird die Klage erst einmal durchgelesen und es wird geprŸft,<br />
ob irgendwelche gravierenden Fehler vorliegen oder vielleicht<br />
das verkehrte Gericht erwischt wurde.<br />
Wenn hier soweit alles in Ordnung ist, lŠsst die RichterIn die Klage<br />
an die Gegenseite zustellen und wird in der Regel dieser eine Frist zur<br />
Erwiderung setzen und gleichzeitig einen Gerichtstermin zur GŸteverhandlung<br />
und zur ersten Verhandlung ansetzen.<br />
Wenn Ihr gerade euren Urlaub fŸr die Woche geplant<br />
habt, in der der Termin liegt, oder eine wichtige berufliche Besprechung<br />
habt, so kann entweder beantragt werden, dass der Gerichtstermin<br />
vertagt wird oder dass ihr vom persšnlichen Erscheinen entbunden<br />
werdet, so dass die AnwŠltin alleine hingehen kann. Meistens werden<br />
von den Gerichten aber Nachweise fŸr die Verhinderung verlangt.<br />
14<br />
In der Zwischenzeit hat sich Petra auch eine AnwŠltIn genommen<br />
und dieser eine komplett andere Geschichte erzŠhlt.<br />
Diese Geschichte wird von der AnwŠltIn von Petra in eine sogenannte<br />
Klageerwiderung gefasst und an das Gericht geschickt, wir erhalten<br />
die Klageerwiderung in Kopie zur Stellungnahme. Ganz wichtig<br />
ist es zu wissen, dass bei Verfahren nichts ãheimlichÒ dem Gericht mitgeteilt<br />
werden kann, ohne dass die Gegenseite davon erfŠhrt.<br />
Alles was dem Gericht mitgeteilt wird, wird in Abschrift an die Gegenseite<br />
zugeleitet, ebenso natŸrlich umgekehrt.<br />
Oft werde ich gefragt, ob ich wŸsste, was sich die Gegenseite denkt<br />
oder warum die AnwŠltIn denn nicht merkt, dass die Gegenseite eine<br />
LŸgengeschichte auftischt oder aber auch, wie ich denn meine, wie das<br />
Gericht entscheiden wird.<br />
Das Dumme an der Sache ist nur: Wenn ich all diese Fragen beantworten<br />
kšnnte, wŸrde ich als Wahrsagerin auftreten und unheimlich<br />
viel Geld verdienen.<br />
Im ersten Termin, zu dem in der Regel keine ZeugInnen geladen<br />
werden, versucht das Gericht eine Einigung herbeizufŸhren.<br />
Eine Einigung bzw. ein sogenannter Vergleich ist immer etwas Freiwilliges.<br />
D.h. das Gericht kann euch nicht dazu zwingen, diese Einigung<br />
abzuschlie§en, auf der anderen Seite sagt das Gericht im Normalfall in<br />
diesem ersten Termin auch schon einmal seine vorlŠufige Rechtsmeinung,<br />
so dass es manchmal durchaus Sinn macht, einen Vergleich abzuschlie§en,<br />
wie vom Gericht vorgeschlagen.<br />
Kommt es zu keiner Einigung, hŠngt es davon ab, ob das Gericht eine<br />
Beweisaufnahme fŸr notwendig erachtet oder nicht.<br />
Nehmen wir einmal an, in diesem Fall hŠtte Petra jetzt behauptet,<br />
sie hŠtte eine ZeugIn dafŸr, dass sie Alexandra unmittelbar nach dem<br />
Unfall angerufen hat und gesagt hat, es sei doch nicht so schlimm und<br />
sie mŸsse nicht bezahlen. In diesem Fall wird das Gericht dann einen<br />
neuen Termin anberaumen, in dem dann die ZeugInnen geladen und<br />
angehšrt werden.<br />
Mit den ZeugInnen verhŠlt es sich keineswegs so, wie beim Bruchrechnen.<br />
Das hei§t, wenn ihr fŸnf ZeugInnen aufwarten kšnnt und die Gegenseite<br />
nur drei, dann seid ihr keineswegs im Vorteil, sondern es muss<br />
sich das Gericht, nachdem es alle ZeugInnen angehšrt hat, ein Bild<br />
davon machen, wen es fŸr glaubwŸrdiger hŠlt.<br />
Kann das Gericht dies nicht entscheiden, so ist mšglicherweise das,<br />
was behauptet wird, nicht bewiesen. In diesem Fall wŠre es so, dass<br />
dann Alexandra eventuell nicht bewiesen hŠtte, dass sie mit Petra vereinbart<br />
hat, dass diese den Schaden bezahlen muss.<br />
Nur damit ihr mal so ein GefŸhl dafŸr bekommt, von welchen Faktoren<br />
alles abhŠngen kann werde ich einfach mal drei von mindestens<br />
drei§ig mšglichen Versionen schildern, wie das Verfahren weitergehen<br />
kann. SelbstverstŠndlich ist wieder alles všllig frei erfunden und natŸr-<br />
lespress ❘ oktober 2005
innen,<br />
lich wŸrden unsere RichterInnen niemals so entscheiden.......obwohl<br />
wenn ich so recht Ÿberlege, bei der Richterin Y oder dem Richter X<br />
kšnnte ich es mir vielleicht doch schon vorstellen.......<br />
a) Version Zahnschmerzen:<br />
In dem Gerichtstermin mit der Beweisaufnahme machen alle ZeugInnen<br />
relativ klare und glaubwŸrdige Angaben.<br />
Allerdings sind sie entsetzlich langatmig und der Richter, der Zahnschmerzen<br />
hat, ist reichlich genervt.<br />
Da die zwischenzeitlich verzweifelten AnwŠltInnen durch Fragen<br />
versuchen, die gegnerischen ZeugInnen unglaubwŸrdig zu machen,<br />
dauert der Termin schon zwei Stunden, der pochende Schmerz wird<br />
immer schlimmer.<br />
Der Richter ist genervt und stellt fest: er kann nicht entscheiden, wie<br />
das Ganze jetzt abgegangen sein soll und befindet, dass er weder die eine,<br />
noch die andere Version wirklich glaubwŸrdig findet und weist<br />
dementsprechend die Klage ab, da Alexandra nicht beweisen kann,<br />
dass s’e die Vereinbarung getroffen hat.<br />
b) Version Sympathie:<br />
Diesmal ist eine ZeugIn von Alexandra schŸchtern und verschreckt und<br />
bringt nicht so recht was raus.<br />
Trotz der vorsichtigen Nachfragen durch die AnwŠltin kann sie<br />
nicht so recht Ÿberbringen, was sie sagen will, eine RŸckfrage der gegnerischen<br />
Kollegin verunsichert sie total. Eine andere ZeugIn dagegen<br />
labert ununterbrochen, ohne tatsŠchlich die wichtigen Punkte zu benennen<br />
und ist einfach nicht zu stoppen und zeigt unverhohlen, dass sie<br />
Petra einfach nicht leiden kann. Die dritte ZeugIn, eine Ex von Alexandra<br />
macht zwar gute und klare Aussagen, auf die bohrende Nachfrage<br />
der gegnerischen AnwŠltin gibt sie aber zu, doch noch reichlich verliebt<br />
in Alexandra zu sein. Die ZeugIn von Petra dagegen ist bestens<br />
prŠpariert, tritt souverŠn auf, kennt ihre Geschichte in- und auswendig,<br />
verwickelt sich nicht in WidersprŸche und schenkt der RichterIn ihr<br />
reizendstes LŠcheln. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass eine derart<br />
reizende Person doch nicht lŸgen kann, wŠhrend ihr die anderen drei<br />
ZeugInnen reichlich suspekt vorkommen, so dass sie kurzerhand mitteilt,<br />
dass sie Alexandras ZeugInnen alle drei fŸr unglaubwŸrdig hŠlt<br />
und daher die Klage abweisen wird.<br />
c) Version Heiligenschein:<br />
Die RichterIn sitzt erneut in der Beweisaufnahme und hšrt sich aufmerksam<br />
die AusfŸhrungen der ZeugInnen an, obwohl diese umfangreich<br />
sind und die AnwŠltInnen viele Nachfragen stellen.<br />
Sie hat vorher die Akten gelesen (ein Wunder) deckt den einen oder<br />
anderen Widerspruch auf und hšrt ganz genau hin.<br />
Diese RichterIn stellt dann bald bei der Aussage der ZeugIn von Petra<br />
fest, dass hier doch einige Unstimmigkeiten drin sind und entschei-<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
det zu Gunsten von Alexandra.<br />
Dies alles schreibt sie in einem grŸndlichen, umfangreichen Urteil<br />
nieder.<br />
Das Urteil, das meist nicht direkt nach der Beweisaufnahme verkŸndet<br />
wird, wird der AnwŠltin zugestellt, diese leitet es mit entsprechenden<br />
Kommentaren an die Mandantin weiter.<br />
Alexandra ist nun<br />
a) sauer<br />
b) niedergeschmettert<br />
c) glŸcklich<br />
In allen FŠllen ist es fraglich, ob eine Berufung Aussicht auf Erfolg<br />
hŠtte.<br />
So oder so ähnlich können Gerichtsverfahren<br />
ablaufen...<br />
Aber ich will euch nicht verschrecken, es gibt zum GlŸck doch einige<br />
RichterInnen ãmit HeiligenscheinÒ.<br />
Nur eines ist wichtig: es sollte immer alles bereits in der ersten Instanz<br />
am besten vor dem ersten Termin schriftlich vorgetragen sein.<br />
Bis zum nächsten Mal hofft Eure Anwältin,<br />
dass ihr nicht bei Gericht erscheinen müsst.<br />
RA Irene Schmitt (Foto von BRAXXL)<br />
RechtsanwŠltin und FachanwŠltin fŸr Familienrecht Irene Schmitt,<br />
MŸnchen bietet auf ihrer homepage www.rechtsanwaeltin-ireneschmitt.de<br />
weitere ausfŸhrliche Informationen an. Kontakt zu Irene<br />
Schmitt: 089 - 300 92 21 oder kanzlei@rechtsanwaeltin-ireneschmitt.de<br />
15
schwarz auf weiß<br />
Susanne Nadolny:<br />
Gelebte Sehnsucht<br />
Eine Hommage and Grenzgängerinnen<br />
der Moderne<br />
edition ebersbach, 25 Euro<br />
Die Ôedition ebersbachÕ feiert in diesem<br />
Jahr ihr 15jŠhriges Bestehen. Brigitte<br />
Ebersbach hat es sich zur Auf-<br />
Karen-Susan Fessel:<br />
Jenny mit O<br />
Querverlag, 17,90 Euro<br />
ãIch wei§ eigentlich nicht recht, wer<br />
ich bin. Ich hab nur so eine Ahnung.Ò<br />
Diese Ahnung ist fŸr Jenny eine<br />
wichtige Spur, der sie folgt.<br />
Mit knapp 17 Jahren haut sie aus<br />
Gro§ Klein bei Rostock, wo sie unter<br />
heftiger familiŠrer Missbilligung und<br />
Gewalt und in einem rechtsradikal geprŠgten<br />
gesellschaftlichen Umfeld ohne<br />
Ausbildungs- oder Berufsperspektiven<br />
und fast ohne Freizeitangebote<br />
aufgewachsen ist, nach Berlin ab, als<br />
sie merkt, dass sie das alles endgŸltig<br />
nicht mehr aushŠlt.<br />
In Berlin verbringt sie die ersten Tage<br />
mit Stra§enkids, dann mit einem<br />
frŸheren Schulkollegen und schlie§lich<br />
lernt sie einen schwulen Punk<br />
kennen, mit dem sie eine Art †berlebensgemeinschaft<br />
eingeht und von<br />
Angelika Scholz:<br />
Wünsch dir was<br />
Orlanda Frauenverlag<br />
Das lesbische PŠrchen Carla und Lotte<br />
lebt seit Jahren eigentlich ganz glŸcklich<br />
vor sich hin. Einzig die immer<br />
wiederkehrenden Diskriminierungen<br />
und ZwischenfŠlle aufgrund ihres Geschlechts<br />
und ihrer SexualitŠt nerven<br />
die beiden Frauen: Mal ist es der hochnŠsige<br />
AutohŠndler, mal der tŸrkische<br />
Jugendliche, der ãmit RechtÒ seine<br />
Freundin vertrimmt.<br />
Einmal ein Mann sein, den blšden<br />
Typen Respekt einflš§en kšnnen - das<br />
fŠnden Carla und Lotte ganz prima.<br />
Und eines Morgens erwacht Carla<br />
16<br />
gabe gemacht, BŸcher Ÿber Frauen zu<br />
veršffentlichen, vorzugsweise Ÿber<br />
KŸnstlerlinnen oder ungewšhnliche<br />
Frauen aus den 20er- und 30er Jahren.<br />
So verdanken wir ihr die Wiedergeburt<br />
der ãDada BaronessÒ Elsa von Freytag-Lohringhoven,<br />
einen Besuch bei<br />
den Schriftstellerinnen und KŸnstlerinnen<br />
der Pariser Left Bank in ãParis<br />
was a womanÒ oder einen Ausflug ins<br />
weibliche New York der 20er- und 30er<br />
Jahre in ãCrazy New YorkÒ. Auch<br />
die ãWilden Jahre in BerlinÒ wurden<br />
in ihrem Verlag gefeiert. Ihre neueste<br />
Edition âGelebte SehnsuchtÕ widmet<br />
sich den GrenzgŠngerinnen der Moderne<br />
- Mina Loy, Dorothy Parker, Helen<br />
Hessel, Katherine Mansfield, Claire<br />
Goll, Nancy Cunard, Elsa Triolet<br />
und Annemarie Schwarzenbach. Angefangen<br />
bei der Geburt von Mina<br />
Loy im Jahre 1882 und beendet mit<br />
dem Tod der Annemarie Schwarzenbach<br />
im Jahr 1942 werden 60 Jahre<br />
Frauengeschichte erzŠhlt, aus einer<br />
Zeit, in der sowohl die Emanzipation<br />
der Frau als auch Homo- und BisexualitŠt<br />
noch keine šffentlichen The-<br />
dem sie etliche Tipps fŸr das Leben<br />
auf der Stra§e bekommt.<br />
In dieser Zeit hat sie die ersten Kon-<br />
schlie§lich als Carl mit diesem fremdartigen<br />
Geschlechtsteil zwischen den<br />
Beinen ...<br />
Die mŠnnlichen Verhaltensweisen<br />
lernen sich jedoch schnell, weil einfach:<br />
Gro§spuriges Auftreten verhilft<br />
Carl bei seiner Karriere in der IT-<br />
Branche, die SekretŠrin ist auch<br />
schnell herumzukriegen. Einzig mit<br />
der nunmehr heterosexuellen Beziehung<br />
zu Lotte wird es schwierig. Jene<br />
nŠmlich, weil eben lesbisch, empfindet<br />
den Stoppel-behaarten Mann in ihrer<br />
gemeinsamen Wohnung verstŠndlicherweise<br />
als Fremdgegenstand. Als<br />
jedoch auch aus Lotte Ÿber Nacht ein<br />
Leo wird und die beiden eine schwule<br />
Beziehung fŸhren ã... ist das Chaos<br />
perfektÒ (Klappentext).<br />
men und gelebter Feminismus noch<br />
weit in der Zukunft lag. All diesen<br />
Frauen, ob hetero-, homo- oder bisexuell,<br />
war gemein, dass sie ihr Leben<br />
nicht im Kreise der Familie als allumsorgende<br />
Hausfrauen verbringen wollten.<br />
Sie wollten anders leben, wollten<br />
frei sein, wollten ihrer Berufung folgen.<br />
Oft mit ungeahnten Konsequenzen,<br />
wenn sie ihr gutbŸrgerliches bis<br />
gut situiertes Elternhaus verlie§en.<br />
KŸnstlerisch erfolgreich waren sie alle,<br />
aber hatten teilweise auch stark mit<br />
den Anforderungen der Zeit und ihrem<br />
persšnlichen SelbstverstŠndnis zu<br />
kŠmpfen. Manche bezahlten dafŸr mit<br />
ihrer Gesundheit. So war beispielsweise<br />
die Journalistin und Schriftstellerin<br />
Dorothy Parker dem Alkohol verfallen<br />
und die Reisejournalistin Annemarie<br />
Schwarzenbach starb 30-jŠhrig<br />
schwerkrank in einer Privatklinik,<br />
nachdem sie ihr kurzes Leben lang mit<br />
ihrer nicht erfŸllbaren Liebe zu Erika<br />
Mann und ihrer Drogensucht zu kŠmpfen<br />
hatte. Katherine Mansfield starb<br />
mit 35 Jahren an Tuberkulose und Mina<br />
Loy verbachte ihre letzten Lebens-<br />
takte zu Lesben in Berlin und fragt<br />
sich immer mehr, wo sie selbst eigentlich<br />
steht und was sie empfindet.<br />
Sie wei§, dass sie sich zu MŠdchen<br />
und Frauen hingezogen fŸhlt, sie hat<br />
auch schon einige sexuelle Erfahrungen<br />
mit MŠdchen hinter sich, fŸhlt<br />
sich aber in ihrem eigenen weiblichen<br />
Kšrper fremd und všllig unstimmig,<br />
wie eine ãMogelpackungÒ, die viel<br />
Raum bietet fŸr das, was andere in ihr<br />
sehen wollen.<br />
Immer drŠngender wird ihr Wunsch<br />
und ihr BedŸrfnis herauszufinden, wo<br />
ihr Platz ist und wie sie Klarheit in ihre<br />
GefŸhlswelt bringen kann.<br />
ãDas ist schon echt komisch: Jirko<br />
hat mich als MŠdchen gewollt. Kai<br />
wollte mich als Schwulen. Nina will<br />
mich zwar sowieso nicht, aber wenn,<br />
dann hšchstens als Lesbe. Nichts von<br />
all dem haut hin. Und was, verdammt,<br />
kommt als NŠchstes.Ò<br />
Einen Halt findet sie nach und nach<br />
bei zwei Šlteren Lesben, die sie sehr<br />
jahre in den Bowery-Slums unter<br />
SŸchtigen und Obdachlosen. Vier Autorinnen,<br />
Unda Hšrner, Alexandra Lavizzari,<br />
Susanne Nadolny und Jutta<br />
Rosenkranz, haben die Lebensgeschichten<br />
der kŠmpferischen Frauen<br />
zusammengetragen. Obwohl keine der<br />
Kurz-Biografie, die das Leben der<br />
Frauen auf bis zu 30 Seiten beschreibt,<br />
in die Tiefe geht, vermitteln die Autorinnen<br />
einen guten Einblick in den<br />
Geist der Zeit, in die Psyche und das<br />
Leben der Frauen. Reich bebildert, geschrieben<br />
mit leichter Feder und wie<br />
alle BŸcher der Herausgeberin schšn<br />
gestaltet, gibt âGelebte SehnsuchtÕ einen<br />
interessanten Einblick in das Leben<br />
von acht ungewšhnlichen Frauen -<br />
und damit Lust auf mehr: ihre Werke<br />
zu lesen, ihre Bilder zu sehen oder sich<br />
eine weiterfŸhrenden Biografie zu<br />
kaufen.<br />
Dagmar Trüpschuch<br />
unterstŸtzen und bei einem flippigen<br />
Punk in ihrem Alter.<br />
Sie erfŠhrt viel Ÿber Frauen- und<br />
Lesbengeschichte, die ersten CSDs in<br />
Berlin und die Situation von Transgendern.<br />
Und sie lernt Caroline kennen...<br />
Eine unglaublich dichte Geschichte,<br />
wie immer bei Karen-Susan Fessel<br />
gro§artig, aufwŸhlend und dabei sehr<br />
poetisch erzŠhlt.<br />
Sie beschreibt eine IdentitŠtssuche,<br />
die sich an mehreren Grenzen entlang<br />
entwickelt und die ein PlŠdoyer fŸr<br />
Toleranz und gegenseitige Akzeptanz<br />
darstellt, bei aller Vielfalt in den Facetten<br />
des individuellen Anders-Seins<br />
und dem gleichzeitigen Suchen nach<br />
Zugehšrigkeit.<br />
Ein Buch, dem es gelingt, viele Botschaften<br />
in einer packenden, sehr berŸhrenden<br />
Weise zu transportieren:<br />
keine leichte Kost, dafŸr um so gehaltvoller!<br />
Tanja Thiel<br />
Eigentlich eine schicke Idee: Geschlechterwechsel<br />
ãŸber NachtÒ kennen<br />
wir spŠtestens seit Virginia Woolfs<br />
ãOrlandoÒ. Dieser Kniff gestattet viel<br />
Raum, Geschlechter-Klischees zu<br />
schaffen und auch wieder zu brechen.<br />
Leider bestreitet Angelika Scholz dieses<br />
Thema zu kurz - und zu asexuell.<br />
Gerade die wandelnde SexualitŠt der<br />
beiden Hauptpersonen zueinander<br />
(von lesbisch zu hetero zu schwul)<br />
wŠre auch ohne allzu pornographische<br />
AusflŸge ein notwenig zu behandelndes<br />
Thema, das Die Autorin jedoch<br />
komplett ausspart. Schade.<br />
Sabine König<br />
lespress ❘ oktober 2005
Claudia<br />
Breitsprecher:<br />
Vor dem Morgen<br />
liegt die Nacht<br />
Verlag Krug & Schadenberg,<br />
19,90 Euro<br />
Der Šu§erst gelungene und hintergrŸndige<br />
Roman beginnt mit der Wiederbegegnung<br />
zwischen Maria und Nina,<br />
die sich seit 25 Jahren nicht mehr gesehen<br />
haben.<br />
Dieses zufŠllige Treffen in einem<br />
Theaterfoyer ist fŸr Nina ãder Moment,<br />
vor dem sie sich ein Leben lang<br />
gefŸrchtet und den sie doch herbeigesehnt<br />
hatte wie nichts anderes auf der<br />
WeltÒ.<br />
Maria, die frŸhere Nachbarin von<br />
Nina und deren Eltern, ist in Begleitung<br />
von Michelle, ihrer aus Ost-Berlin<br />
stammenden Nichte.<br />
Sehr raffiniert miteinander verwoben<br />
werden die Geschichten dieser<br />
drei Frauen erzŠhlt.<br />
Nina, deren Mutter zunehmend in<br />
AlkoholabhŠngigkeit glitt, je mehr sie<br />
Florian Mildenberger:<br />
Allein unter<br />
Männern.<br />
Helene Stourzh-Anderle<br />
in ihrer Zeit (1890-1966),<br />
Herbolzheim:<br />
Centaurus-Verlag 2004<br />
Helene Stourzh-Anderle (1890-1966)<br />
machte als BŸrgertochter 1910 recht<br />
selbstverstŠndlich Abitur und durfte<br />
wie ihre Schwester in Wien studieren.<br />
1914 wurde sie recht flott zu wissenschaftlichem<br />
Arbeiten angehalten. Ein<br />
Jahr spŠter promovierte sie. Es folgte<br />
eine Ausbildungsstelle, ihre Spezialisierung<br />
auf GynŠkologie, 1918 die Ernennung<br />
zur AssistenzŠrztin, eine<br />
Stellung, die nicht von langer Dauer<br />
war: Frauen fungierten nicht nur in der<br />
Medizin als Platzhalter, bis die MŠnner<br />
aus dem Krieg wiederkamen. 1920<br />
eršffnete sie - als ÔAlternativeÕ zu ihrer<br />
zwangsweise beendeten universitŠren<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
ihre TrŠume in ihrer Hausfrauenrolle<br />
gefangen sah, lebt nach dem Tod ihrer<br />
Eltern sehr zurŸckgezogen hinter einem<br />
Schutzwall, durch den sie neue<br />
Verletzungen und EnttŠuschungen verhindern<br />
will.<br />
Michelle ist eine sehr begabte, funkensprŸhende<br />
Schauspielerin, die die<br />
BŸhne und das damit verbundene<br />
Licht liebt- und Frauen, seit ihrer stŸrmischen<br />
ersten Liebe zu Vanessa, die<br />
wie sie selbst damals SchauspielschŸlerin<br />
in der DDR war.<br />
Sehr lebendig knŸpft an diese zurŸckliegende<br />
Liebesgeschichte<br />
deutsch-deutsche Vergangenheit an, da<br />
beide Frauen ihre Liebe zueinander<br />
nicht ohne sozialpolitisch bedingte<br />
Konflikte leben konnten. Michelle, die<br />
Ÿberzeugte Sozialistin war, hinterfragte-<br />
durch Vanessa ausgelšst- das kontrollierende<br />
Staatssystem der DDR<br />
immer kritischer und rebellierte<br />
schlie§lich dagegen, Vanessa wŠhlte<br />
einen fŸr sie unumgŠnglichen Ausweg.<br />
Maria reprŠsentiert mit ihren 83<br />
Jahren eine kraftvolle, sehr lebenserfahrene<br />
Frau. In ihre rŸckblickend<br />
erzŠhlten Lebensstationen flie§t ebenfalls<br />
viel Zeitgeschichte ein. Sie ist eine<br />
Figur voller zuversichtlichem Aufbegehren<br />
gegen Einengungen und mit<br />
viel Reife, die aus Herausforderungen<br />
und auch aus Fehlern entstanden ist.<br />
Und sie ist letztlich die Verbindung<br />
zwischen allen FŠden, die sich an einem<br />
fŸr alle entscheidenden Knotenpunkt<br />
zusammenfŸgen.<br />
Durch sie lernen sich Nina und Michelle<br />
kennen und wagen eine AnnŠherung<br />
in ihre GegensŠtze hinein.<br />
Ein wunderbares, unbedingt lesenswertes,<br />
tiefsinniges Buch, sehr realistisch<br />
in der Darstellung und dennoch<br />
voller Zuversicht und angefŸllt mit<br />
einer Bandbreite verschiedenster Formen<br />
der Freundschaft und Liebe.<br />
Tanja Thiel<br />
Laufbahn - eine eigene Praxis in Wien.<br />
Nebenbei publizierte sie und referierte<br />
sie u.a. Ÿber das Thema AufklŠrung in<br />
MŠdchen- und an der Volkshochschule.<br />
Politisch schloss sich die €rztin<br />
1930 der …sterreichischen Frauenpartei<br />
an, worŸber die Leserin gern mehr<br />
erfahren hŠtte. 1953 rŸckte in den Vor-<br />
17<br />
➧
schwarz auf weiß<br />
stand der Organisation von €rztinnen<br />
…sterreichs auf und wirkte zeitweilig<br />
an der 1954 gegrŸndeten šsterreichischen<br />
Gesellschaft fŸr Sexualforschung<br />
mit.<br />
Selbst heterosexuell, billigte Helene<br />
Stourzh-Anderle Lesben und Schwulen<br />
eine vergleichbare GefŸhlsfŠhigkeit<br />
wie Heterosexuellen zu - nicht ohne<br />
aber zu betonen, dass nur das eine<br />
ãnaturgewolltÕÒ sei und HomosexualitŠt<br />
hormonell bedingt.<br />
Helene Stourzh-Anderle war und<br />
blieb Zeit ihres Lebens eine biologistische<br />
Denkerin: Auch der diesbezŸglich<br />
gleichheitsorientierte FlŸgel der<br />
Alten Frauenbewegung scheint sie<br />
nicht beeindruckt zu haben. Trotzdem<br />
favorisierte sie eine Vorstellung von<br />
Gleichberechtigung und Gleichrangigkeit<br />
von Frauen und MŠnnern. Sexuell<br />
Monika Richrath:<br />
Das kleine Singlewohlfühlbuch<br />
für<br />
Frauen<br />
mvg Verlag,<br />
Die langjŠhrige Mit-lespress-Herausgeberin<br />
Monika Richrath hat sich mit<br />
dem ãKleinen SinglewohlfŸhlbuchÒ<br />
auf das Gebiet der Ratgeber-ÒLiteraturÒ<br />
gewagt. Unter dem Motto ãLernen<br />
Sie Ihr Leben zu genie§en - auch<br />
allein!Ò nimmt sie frische und auch<br />
langjŠhrige ãSolistinnenÒ an die Hand,<br />
sah sie durchaus unterschiedliche Rollen:<br />
ãBeim Verkehre fŠllt dem Mann<br />
der tŠtige und daher komplizierte Teil<br />
zu, wŠhrend die Frau nur eine untŠtige<br />
Haltung einzunehmen hat.Ò Kein<br />
Wunder also, dass auch die Neue<br />
Frauenbewegung in ihr keine VerbŸndete<br />
sah und nicht fŸr postume Rezeption<br />
sorgte...<br />
Kritisch zu werten sind Ÿberdies ihre<br />
AusfŸhrungen Ÿber Kšrperbaulehren<br />
und rassenhygienische †berlegungen.<br />
Die Arbeiten Helene Stourzh-Anderles<br />
wurden zwar recht breit rezipiert<br />
- was nicht eben viele Autorinnen<br />
von sich sagen konnten - aber dennoch<br />
konnte sie keine ãbreitere Wirkung auf<br />
Forschung und LehreÒ erzielen.<br />
Eingangs geht Florian Mildenberger<br />
zu hart mit der bisherigen Forschung<br />
Ÿber Frauenbiographien ins<br />
um ihnen<br />
die mannigfaltigenMšglichkeitenaufzuzeigen,<br />
kreativ mit<br />
der Einsamkeitumzugehen.<br />
Der neu<br />
zu entdeckende<br />
Freundeskreis, SpaziergŠnge<br />
mit viel Zeit zum Nachsinnen oder der<br />
klassische Wellness-Abend mit Ba-<br />
Gericht: Diese folge den ãeingefahrenen<br />
Routen der GeschichtsschreibungÒ<br />
(was allerdings nicht weiter<br />
ausgefŸhrt wird) und au§erdem seien<br />
ãentweder herausragende und schon<br />
halbwegs bekannte Persšnlichkeiten<br />
biographisch untersucht worden oder<br />
aber ganze Teile der Emanzipationsbewegung<br />
ohne RŸcksicht auf Individualbiographien<br />
beleuchtetÒ worden.<br />
WŠhrend der letzten Kritik uneingeschrŠnkt<br />
zuzustimmen ist, ist die andere<br />
doch mit Blick auf den Forschungsstand<br />
zu relativieren: Es liegen nach<br />
wie vor vergleichsweise wenige Biographien<br />
von Frauen speziell aus feministischen<br />
Bewegungskontexten vor,<br />
systematischen Analyse sind weiterhin<br />
notwendig. Kritischer und spannender<br />
wŠre es gewesen, sich etwa archivund<br />
quellenkritisch mit den vielfŠlti-<br />
dewanne und gutem Buch - Alleinsein<br />
kann eben doch schšn sein.<br />
Praktisch wird es dann in den Kapiteln<br />
ãSei freundlich zu Deinem LeibÒ<br />
und ãDinner for oneÒ: es wird viel<br />
Sport empfohlen (gut fŸr den Marktwert<br />
und den Geist) und der gepflegte<br />
Umgang mit den dem Kšrper zwangslŠufig<br />
zuzufŸhrenden Nahrungsmitteln<br />
(kein einsames Fast Food vor dem<br />
Fernseher). Auch Tipps fŸr den ãBloody<br />
SundayÒ-Blues gibt Richrath: Einfach<br />
die Lieblingsmusik auflegen und<br />
dazu tanzen. Oder puzzeln. Und falls<br />
das nicht hilft: Im Kapitel ãWas Sie<br />
schon immer Ÿber Sex wissen woll-<br />
gen Problemen biographischen Arbeitens<br />
auseinanderzusetzen - und zum<br />
Beispiel aufzuzeigen, das die Rekonstruktion<br />
von Lebensgeschichten von<br />
Frauen, die keine bŸrgerliche Herkunft<br />
hatten und gar nicht oder wenig publizierten,<br />
so gut wie unmšglich ist.<br />
Nichtsdestoweniger: Die werk-biographische<br />
Analyse von Florian Mildenberger<br />
liest sich von wenigen fachwortlastigen<br />
Passagen abgesehen gut,<br />
kontextualisiert Leben und Werk der<br />
€rztin politisch-historisch mit interessanten<br />
Querverbindungen und eršffnet<br />
eine interessante sexualwissenschaftliche,<br />
medizinhistorische, speziell gynŠkologiegeschichtliche<br />
Welt und deren<br />
frauenorientierte Kritik ˆ la Helene<br />
Stourzh-Anderle aus bŸrgerlich liberal-reformerischer<br />
Sicht.<br />
Christiane Leidinger<br />
tenÒ wird Ÿber die Freuden der Selbstbefriedigung<br />
mit und ohne Hilfsmitteln<br />
aufgeklŠrt. Leider kommt das<br />
ãSinglewohlfŸhlbuchÒ nicht ohne den<br />
obligatorischen Teil Ÿber das Wieschalte-ich-das-Single-sein-wiederab?<br />
aus. Da scheint es mit dem WohlfŸhlen<br />
also doch recht schwierig zu<br />
sein ...<br />
Alles in allem hat Monika Richrath<br />
mit ihrem Ratgeber jedoch ein feines,<br />
kleines BŸchlein mit der richtigen<br />
Prise Humor geschaffen, das mindestens<br />
einen Badewannen-Abend zu einem<br />
Genuss werden lŠsst.<br />
Sabine König
ausstellung<br />
W I E N<br />
Küchengeschichten<br />
Die Küche als Ort der Heim-<br />
Arbeit oder um lustvoll<br />
ein außergewöhnliches Gericht<br />
zuzubereiten, das Kochen an<br />
sich - alltägliche Notwendigkeit<br />
oder außerhäusliche Profession?<br />
Um diese Themenbereiche kreisen die Fotoarbeiten der<br />
Wiener KŸnstlerin Christa Zauner, die im Oktober und<br />
November im neuen Kunstraum Primoartista in Guntramsdorf<br />
gezeigt werden.<br />
go home<br />
Die Politiker versuchen in den letzten Jahren wieder verstŠrkt, die steigende<br />
Arbeitslosigkeit dadurch zu verbergen, indem das ãHeimÒ wieder<br />
als wertvoller Wirkungs- und Arbeitsbereich - vor allem fŸr Frauen<br />
- angepriesen wird. Diese Tendenz war Ausgangspunkt fŸr Christa Zauner,<br />
sich in ihren Serien ãgo homeÒ und ãkŸche macht freiÒ mit dem<br />
Ort ãKŸcheÒ zu beschŠftigen. .<br />
FŸr ãgo homeÒ bat sie Bekannte, ein Lieblingsgericht pantomimisch<br />
zu kochen, also ohne Hilfsmittel die Handlungen nachzuvollziehen. Sie<br />
stellten sich das Backrohr vor, Ÿberlegten, wie sie die TŸr šffnen, wie<br />
sie den Teig ausrollen. Eine PortrŠtierte wirft mit Genuss die gehackten<br />
NŸsse in die Teigmasse, eine sitzt und schneidet Zwiebel fŸrs Gulasch<br />
- und die TrŠnen flie§en....<br />
Bei den Aufnahmen kamen die speziellen Eigenheiten der PortrŠtierten<br />
beim Kochen zu tage, was sie am liebsten kochen, welche TŠtigkeit<br />
ihnen am meisten Freude macht - und auch ihre unterschiedlichen<br />
Motivationen, sich in die KŸche zu begeben.<br />
WŠhrend Christa Zauner in dieser Serie die fehlenden Kochutensilien<br />
dadurch ergŠnzt, indem sie sie in das Negativ kratzt und so wei§e<br />
und schwarze Grafiken Ÿber den Fotos schweben, zeigt sie in der zweiten<br />
Serie ãkŸche macht freiÒ die leeren KŸchen - und zeichnet dann die<br />
fehlenden Personen auf die Negative. Durch diese Überlagerungen werden<br />
die abwesenden Handelnden ersetzt, die unterschiedlichen KŸchen<br />
bleiben somit ãfreiÒ, laden ein, sie zu benŸtzen, sollen aber in<br />
wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht Ort festgelegter Zuordnung werden.<br />
Auf dieses Paradoxon verweist auch der Titel, der eine Freiheit<br />
verspricht, die nicht eingefordert werden kann.<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
love’s rite<br />
Einen všllig anderen Zugang stellen Michaela<br />
Gšltls Arbeiten dar: sie verbindet<br />
Tortenspitzen aus der Massenproduktion<br />
mit ShakespeareÕs Sonetten, Liebesgedichten<br />
also, die er ãnebenbeiÒ fŸr eine<br />
angebetete ãschwarze DameÒ und einen<br />
jungen Adeligen schrieb.<br />
Die Gedichte geben ein breites Spektrum<br />
von Emotionen wieder, das von<br />
Verliebtheit, Verehrung und starkem Begehren<br />
bis zu Angst, Wut und Verzweiflung<br />
reicht. GlŸck und Sehnsucht, aber<br />
auch Eifersucht und Streit werden schonungslos offen beschrieben.<br />
Die Gedichte sind in einsamen, sehnsuchtsvollen Momenten entstanden<br />
und sind Ausdruck von gerade nicht auslebbaren BedŸrfnissen,<br />
die so verewigt und durch das Kunstschaffen sublimiert wurden.<br />
Indem Michaela Gšltl diese Texte von Shakespeare abfotografierte<br />
und Tortenpapier als TrŠgermaterial fŸr die Fotografien verwendete,<br />
stellt das Endprodukt eine Verbindung von Reproduktion und Original<br />
dar, von Alltagsgegenstand und hoher Kunst, von Massenprodukt und<br />
individueller €u§erung.<br />
Die Requisiten aus der KŸche spielen auf die oft fatale Verbindung<br />
von unausgelebten GefŸhlen und Essen als Ersatzbefriedigung an,<br />
schšn verziert sind die intimen und heftigen Emotionen Shakespeares<br />
verdaubare Happen.<br />
Neben diesen spielerischen und doch auch vielschichtigen Arbeiten<br />
rund um den hŠuslichen Herd werden die beiden KŸnstlerinnen gleichzeitig<br />
zur Ausstellung in Guntramsdorf weitere Fotografien in der<br />
Galerie Ariadne in Wien zeigen.<br />
Christa Zauner und Michaela Göltl<br />
Primo Artista<br />
Galerie und Kunsthandels G.m.b.H.<br />
Neudorferstrasse 114<br />
A-2353 Guntramsdorf<br />
Web: www.primoartista.com<br />
E-mail: art@primoartista.com<br />
Tel: +43 (0) 664 / 533 744 2<br />
Tel: +43 (0) 664 / 16 16 478<br />
Ausstellung: 22.10.05 bis 10.12.05<br />
…ffnungszeiten: Fr, Sa, So, 15.00 - 19.00 Uhr<br />
oder gegen telefonische Vereinbarung<br />
Weitere Arbeiten in der<br />
Galerie Ariadne, Fleischmanngasse 1, 1040 Wien<br />
Christa Zauner: 18.10.05 bis 12.11.05<br />
Michaela Gšltl: 15.11.05 bis 10.12.05<br />
19
DONNA LEON<br />
Frankfurter Buchmesse:<br />
Hörbuchtrends<br />
Rund 70 Aussteller zum Thema Hörbuch präsentieren<br />
sich in diesem Jahr vom 19. bis zum 23.<br />
Oktober auf der Frankfurter Buchmesse an einem<br />
gemeinsamen Stand (Halle 4.1, Stand B 139), soviel<br />
wie nie zuvor. Zahlreiche Lesungen, Diskussionen<br />
und Veranstaltungen rund ums Hörbuch<br />
sollen Fachpublikum und Privatbesucher informieren<br />
und unterhalten. Immerhin gibt es in<br />
Deutschland ungefähr 6 Millionen Fans des gesprochenen<br />
Wortes, rund 13 000 Titel von über<br />
500 Verlagen sind mittlerweile erhältlich. Weitere<br />
Messeinformationen und Termine finden Interessierte<br />
unter www.buchmesse.de. Dort in der Suchmaschine<br />
„Hörbuch“ eingeben.<br />
Harry Potter Band VI<br />
in Vorbereitung<br />
Während sich hierzulande noch das Harry-Potter-<br />
Fieber rund um die Printausgabe des Jugendbuchbestsellers<br />
verbreitet, steht der bewährte HP-Vorleser<br />
Rufus Beck schon für die Produktion der<br />
hörzu<br />
BEWEISE, DASS ES BÖSE IST<br />
Hörspiel mit Udo Wachtveitl, Barbara Auer u. a.<br />
2 CDs, Laufzeit 107 Minuten, Der Hörverlag<br />
Die 83-jährige Maria Battestini liegt ermordet in ihrer Wohnung. Ihre Familie ist schon lange tot und Freunde hatte<br />
die wenig liebenswerte alte Dame, die die Nachbarn mit ihrem lauten Fernseher fast in den Wahnsinn trieb, keine.<br />
Aber auch garstige Menschen darf man nicht einfach so umbringen, befindet Commissario Brunetti und macht sich<br />
auf die Suche nach Motiv und Mörder. Sein rechthaberischer, aber stets auf dem Holzweg befindlicher Vorgesetzter<br />
Patta ist ihm dabei ebenso im Weg wie die italienische Bürokratie, die der deutschen offenbar in nichts nachsteht.<br />
Glücklicherweise steht ihm die pfiffige Signora Elettra zur Seite, die die offiziellen Wege der Informationsbeschaffung<br />
elegant umgeht. Eines ist Brunetti in diesem rätselhaften Fall jedenfalls schnell klar: Maria Battestini wurde<br />
nicht wegen ihres lauten Fernsehers ermordet ...<br />
So weit und so spannend die Handlung. Auch die hervorragend ausgewählten Sprecher geben wenig Anlass zur<br />
Kritik. Die Inszenierung jedoch, genauer gesagt die atmosphärische Untermalung durch Musik und Geräusche, ist<br />
sicher originell, aber ausgesprochen geschmacksabhängig. Anhänger des hektischen Videoclip-Stils werden an der<br />
üppigen, selbst Dialoge begleitenden Musikkulisse ihre helle Freude haben. Alle anderen - so auch die Rezensentin<br />
- werden damit beschäftigt sein, mit beruhigenden Atemübungen das beginnende Herzrasen zu bekämpfen. Es<br />
scheint, als hätte auch die gute alte Hörspielkultur ein paar Modernisierungsmaßnahmen hinter sich gebracht - was<br />
nicht zwingend schlecht sein muss, nur eben geschmacksabhängig.<br />
Von allen Comissario-Brunetti-Fällen gibt es außer den Hörspielen noch die vollständig vorgelesenen Hörbücher<br />
- perfekt geeignet für alle, denen die Hörspielinszenierungen zu aufreibend sind und die es gerne ruhiger angehen<br />
lassen (die Rezensentin gesteht...). Donna-Leon-Anfängern sei an dieser Stelle wärmstens Brunettis fünfter Fall<br />
„Aqua alta“ empfohlen. Im Mittelpunkt stehen die berühmte Opernsängerin Flavia Petrelli und ihre Lebensgefährtin,<br />
die Archäologin Brett Lynch, die eines Tages scheinbar ohne Motiv zusammengeschlagen wird. Mit viel Feingefühl<br />
für die beiden verbandelten Frauen, aber auch mit unerbittlicher Härte untersucht Brunetti diesen Fall, der sich zu<br />
einem stadtweiten Kunstfälschungsskandal ausweitet.<br />
Diesen Brunetti-Fall und viele weitere Hörbücher liest auf höchst eingängige und angenehme Art der aus verschiedenen<br />
Fernsehproduktionen bekannte Schauspieler Christoph Lindert, der vor kurzem freiwillig aus dem Leben<br />
schied, da er den Krebstod seiner Frau, der Lindenstraßen-Darstellerin Ute Moira, nicht verkraften konnte.<br />
Ute Roos<br />
HÖRNEWS UND TERMINE<br />
Hörbuch-Version in den Startlöchern. Wer lieber<br />
vorlesen lässt statt selbst zu lesen, muss sich aber<br />
noch bis zum nächsten Jahr gedulden: Vorraussichtlicher<br />
Erscheinungstermin für das Hörbuch<br />
ist der 17. Februar 2006. A propos Harry Potter,<br />
wer andere gerne ärgern möchte, kann sich im Internet<br />
unter http: //www.tshirthell.com/ ein T-<br />
Shirt mit folgender Aufschrift bestellen: „xxx<br />
(hier steht der Name einer beliebten Figur aus<br />
dem Harry-Potter-Universum, der den sechsten<br />
Band nicht überlebt) dies on page 596. I just<br />
saved you 4 hours and 30 $“. Die Rezensentin bittet<br />
um Verständnis: Die (Selbst-)Zensur an dieser<br />
Stelle erfolgte zur Wahrung der Sympathie ihrer<br />
geneigten Leserinnen.<br />
Hörspiel unterm<br />
Sternenhimmel<br />
Ab 8. Oktober veranstaltet das Planetarium<br />
Mannheim (Wilhelm-Varnholt-Allee 1, 68165<br />
Mannheim) wieder Hör-Events unter Sternen. An<br />
jedem zweiten Samstag von 19.30 bis 22.00 Uhr<br />
kommen Krimifreunde für 7 Euro (ermäßigt 5 Euro)<br />
auf ihre Kosten. Zu hören sind etwa Krimistar-<br />
autoren wie Patricia Highsmith mit ihrem zwielichten,<br />
bisexuellen Helden Ripley („Der Junge,<br />
der Ripley folgte“), Frankreichs Georges Simenon<br />
(„Die Brüder Rico“, „Die Ehe der Bébé Donge“),<br />
Ernest Tidyman mit seinem schwarzen Kultdetektiv<br />
Shaft („Shaft und das Mordkomplott“)<br />
und viele weitere. Karten kann man unter 0621/<br />
41 56 92 oder im Internet unter www.planetarium-mannheim.de<br />
reservieren, das vollständige<br />
Programm findet sich unter www.swr2.de/hoerspiel.<br />
Toolbar für Hörbuchfans<br />
Mit nur wenigen Mausklicks können sich Freundinnen<br />
und Freunde des gesprochenen Wortes<br />
eine so genannte Toolbar auf ihrem Computer instalieren.<br />
Nach der Installation erscheinen im Internet-Browser<br />
verschiedene Icons, die mit einem<br />
Klick hörbuchspezifische Webseiten aufrufen, Internetradio<br />
abspielen und vieles mehr. Mehr Informationen<br />
dazu findet sich bei den Anbietern<br />
der Toolbar auf deren Website www.hoerothek.de,<br />
eine der bekanntesten und meistbesuchten Internetseiten<br />
zum Thema Hörbuch.<br />
20 lespress ❘ oktober 2005
HÖRNEWS UND TERMINE<br />
Zum Verschenken:<br />
Spannende Hörbuch<br />
“truhen“<br />
Spätestens mit dem Erscheinen der Lebkuchenbrezeln<br />
in den Supermarktregalen taucht auch die<br />
Frage nach Weihnachtsgeschenken auf für alle,<br />
die einem lieb und teuer sind. Zwei frühe Empfehlungen<br />
seien an dieser Stelle schon einmal<br />
ausgesprochen: Random House Audio hat eine<br />
feine Auswahl der spannendsten John-Grisham-<br />
Bestseller (Die Firma, Die Bruderschaft, Das Urteil,<br />
Die Schuld etc.) zusammengepackt und verkauft<br />
„Die Truhe“, die 36 CDs mit insgesamt rund<br />
40 Stunden Laufzeit enthält, für 89,50 Euro.<br />
Wer statt nervenzerfetzender Action mehr auf<br />
Klassiker der Weltliteratur steht, der sei die Hörbibliothek<br />
von Weltbild wärmstens empfohlen. 30<br />
CDs mit einer Laufzeit von ungefähr 33 Stunden<br />
sind für 49,90 Euro zu haben. Bekannte, aber<br />
auch weniger bekannte Romane, Theaterstücke,<br />
Erzählungen und Balladen von Goethe, Schiller,<br />
Balzac, Dostojewski, Dickens, Puschkin, Wilde<br />
und anderen locken zum Anhören.<br />
Neue Download-Portale<br />
für Hörbücher<br />
Immer mehr Anbieter kommen auf den Geschmack.<br />
Nach den beiden Erstlingen www.soforthoeren.de<br />
des süddeutschen Diderot-Verlages<br />
und www.audible.de starten in Kürze mehrere<br />
Portale im Internet, bei denen sich Interessierte<br />
Hörbücher kaufen und gleich herunterladen können.<br />
Unter www.claudio.de will die Claudio<br />
Medien AG, an der unter anderem der Hörverlag<br />
und der Focus-Magazin-Verlag beteiligt sind, in<br />
Kürze ein Portal anbieten, bei dem alle<br />
Beteiligten - Autoren, Sprecher, Verlage, Käufer<br />
etc. - auf ihre Kosten kommen. Start soll die<br />
Frankfurter Buchmesse sein, bei der vermutlich<br />
mehr Details zu erfahren sind.<br />
Speziell für Kinder soll das Portal des Münchner<br />
Terzio-Verlags www.hoerbie.de sein. Bis zu tausend<br />
kindertauglichen Titeln will Terzio anbieten.<br />
Ein in Zusammenarbeit mit Soforthoeren.de entwickeltes,<br />
kinderfreundliches Zugangsprogramm<br />
soll ermöglichen, dass Kinder sich für ein<br />
bestimmtes, von den Eltern genehmigtes<br />
kling und klang<br />
Guthaben Hörspiele nach eigenem Gusto herunterladen<br />
können. Start ist voraussichtlich Ende<br />
Oktober.<br />
Umfassende<br />
Studie zu Hörbüchern<br />
Das Portal Echthörbuch.de veröffentlichte kürzlich<br />
die wichtigsten Ergebnisse einer Studie zum<br />
Thema Hörbücher, an der 1800 Interessierte teilgenommen<br />
hatten. Beliebte Genres, so die Studie,<br />
sind Krimis und Horror. Erwachsene hören gerne<br />
Kinderhörbücher und bei den Vorlieben gibt es<br />
geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen<br />
bevorzugen Hörbücher, während Männer mehr<br />
auf Hörspiele stehen. Die weiteren Ergebnisse<br />
finden sich auf der Website des Portals<br />
(www.echthoerbuch.de).<br />
Ute Roos
22<br />
CHAKA KHAN<br />
KEELY SMITH<br />
DEBBY BOONE<br />
kling und klang<br />
FEAT. THE LONDON SYMPHONY ORCHESTRA: CLASSIKAHN<br />
Earthsong (Import-CD)<br />
„I’m every Woman“ war einer ihrer Hits in den achtziger Jahren, der erst so richtig bekannt wurde durch das Remake<br />
von Whitney Houston in den Neunzigern. Leider, leider war es Chaka Khan nie vergönnt, den absoluten Hit direkt<br />
zu landen. Dabei kann die Dame so wahnsinnig viel, dass jede Durchschnittssängerin im Genrespektrum Pop-Rock-<br />
Soul-Jazz sofort Ihr Notenbüchlein (wenn sie es denn überhaupt lesen kann) sofort zuklappen müsste, um fürderhin<br />
zu schweigen und sich einen anderen Job zu besorgen. Allein die Wahnsinnsoktavsprünge Chaka Khans sind - in<br />
welchem Song auch immer - das Zuhören wert. Nun hat sich Chaka Khan mit ihrem aktuellen Album ein wenig von<br />
Pop-Versuchen abgewandt und sich Jazz-Klassikern gewidmet, mit denen sie nach eigener Aussage groß geworden<br />
ist. Das Ergebnis ist nicht nur für Fans umwerfend. Schließlich begleitet hier nicht ein Plastikorchester mit allerlei<br />
lustigen Features aus dem Studio die Sängerin, sondern das London Symphony Orchestra. Es ist schon erstaunlich,<br />
dass Chaka Khan selbst so abgenudelten Jazz-Songs wie „Crazy“ (kennen Sie spätestens auch aus „Desert Hearts“)<br />
oder „Stormy Weather“ immer noch eine eigene ‘Note’ zu geben weiß. Und spätestens bei Interpretationen von<br />
„Goldfinger“ oder „Diamonds Are Forever“ kann man sich Chaka Khan auch sehr, sehr gut als Sängerin des nächsten<br />
Bond-Films vorstellen.<br />
Unbedingt reinhören!<br />
❤❤❤❤❤❤<br />
ufa<br />
VEGAS 58 - TODAY<br />
Concord Music<br />
Keely Smith, Jahrgang 1932 (!) gehört zu den hierzulande leider nicht so bekannten Diven des Jazz. Gemeinsam mit<br />
ihrem Partner Louis Prima war sie ein Top-Act im Las-Vegas der Fünfziger; die beiden traten bis zu fünf Mal an<br />
einem Tag in der legendären Sahara’s Casbar Lounge auf, und im Publikum saßen Celebrities wie Frank Sinatra,<br />
Dean Martin, Sammy Davis, Jr., Spencer Tracy, Gary Cooper, Natalie Wood oder auch der junge damals noch Senator<br />
J.F. Kennedy. In Erinnerung an ihren 1978 verstorbenen Partner entstand das Programm „Vegas 58 -Today“,<br />
das im New Yorker Feinstein’s aufgenommen wurde. Die Live-Aufnahme ist technisch und atmosphärisch wunderbar<br />
gelungen; Keely Smith singt immer noch voller Esprit und mit einer Verve, dass man sich beim Zuhören<br />
wünscht, dabei gewesen zu sein. Einen großen Anteil an diesem Erfolg hat allerdings auch die Begleitband mit einer<br />
fetzig aufspielenden Bläsersection und dem sagenhaften Drummer Joe Cucozzo. Live-Musik at ist best!<br />
❤❤❤❤❤❤<br />
ufa<br />
REFLECTIONS OF ROSEMARY<br />
Concord Records<br />
Ihren ersten Hit hatte Debby Boone, eine Tochter von Pat Boone, bereits 1978 mit „You Light Up My Life“; die<br />
Platte wurde übrigens vier Millionen Mal verkauft, ohne dass Debby Boone (nach eigener Aussage) auch nur einen<br />
Penny daran verdiente. Pech im Spiel, Glück in der Liebe: Debby Boone heiratete zwei Jahre später Gabriel Ferrer,<br />
den Sohn der legendären Sängerin Rosemary Clooney, mit der sie sich nicht nur musikalisch ausgezeichnet verstand.<br />
Als Rosemary Clooney 2002 starb, vererbte sie ihrer Schwiegertochter all ihre musikalischen Arrangements. Und<br />
so entstand nun das Album „Reflections of Rosemary“, das zum Glück so gar nicht kitschig daher kommt, sondern<br />
durch die eigenen Interpretationen von Debby Boone ähnlich beeindruckend ist wie das 2003 erschienene Album<br />
und Rosemary Clooney gewidmete Album von Bette Midler. Sehr charmant erzählt gibt es zu jedem Song im Booklet<br />
eine kleine Geschichte oder eine Erinnerung aus dem Leben von Clooney. Und als kleine Überraschung zum<br />
Schluss einen hidden Track, auf dem Clooney selbst noch einmal ganz privat und a capella zu hören ist.<br />
Ein ruhiges, aber schönes Album, das die Qualitäten einer inzwischen ja nun erwachsenen Debby Boone zeigt und<br />
hoffen lässt auf mehr; nicht also nur etwas für Rosemary-Clooney -Fans.<br />
❤❤❤❤❤❤<br />
ufa<br />
lespress ❘ oktober 2005
SARAH JANE MORRIS<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
ALEXANDRA<br />
IN CONCERT<br />
in-akustik/SWR DVD<br />
Eigentlich wollte Sarah Jane Morris bei der Schauspielerei bleiben, aber dann kam es auf Umwegen zu einem Zu-<br />
sammentreffen mit den Communards, mit denen Sie das Remake des Donna-Summer-Hits „Don’t Leave Me This<br />
Way“ aufnahm. Ihre leicht rauchige, dunkle Stimme passte einfach wunderbar zu Jimmy Summervilles Falsett-<br />
Stimmchen. Und so wurde „Don’t Leave Me This Way“ 1986 nicht nur zu einem Megahit, sondern auch zu einem<br />
Meilenstein in ihrer Karriere als Sängerin. Mitte der Achtziger war es längst noch nicht schick, schwul zu sein und<br />
fast schon gefährlich für die Karriere, sich gemeinsam mit einem Schwulen auf die Bühne zu stellen, aber Sarah Ja-<br />
ne Morris hatte damit keine Probleme - im Gegenteil: Sie setzte noch eins drauf, indem sie ihre Version von „Me<br />
And Ms Jones“ herausbrachte. Der Song wurde prompt von den britischen Radiosendern boykottiert und mit umso<br />
mehr Interesse von Lesben gehört...<br />
Die in diesem Jahr erschienene DVD ist ein Mitschnitt der „Ohne-Filter“-Sendungen des SWR von 1990 und ent-<br />
hält auch den legendären Titel „Ms-Jones“-Song sowie eine harsche Abrechnung mit der damaligen<br />
Regierungschefin Maggie Thatcher, die von Sarah Jane Morris in ihrer Ankündigung als „Diktatorin“ bezeichnet<br />
wird. Nun sind die Songs eben schon so alt wie sie sind, nämlich mindestens 15 Jahre, und ein wenig altbacken<br />
kommt auch der Mitschnitt daher, aber those were the days. Dennoch: eine hübsche Zeitreise ins vorige Jahrzehnt<br />
- die Extras sind allerdings nur etwas für Freaks und fast schon eine Lachnummer.<br />
❤❤❤❤❤❤<br />
DIE LEGENDE EINER SÄNGERIN<br />
Film von Marc Boettcher (ARD Video), DVD<br />
„Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot“ - das ist eine der Zeilen eines Liedchens, das viele Kin-<br />
der einer gewissen Generation geprägt hat. Eigentlich hat Alexandra mit diesem wie auch anderen „kritischen“<br />
Songs im Schlagerkontext der Sechziger und Siebziger einen großen Anteil an der späteren grünen Bewegung - rich-<br />
tig zugeben will es natürlich keine(r). Und ganz so richtig ist diese Behauptung auch nicht, denn die Sängerin selbst<br />
hat sich (außer in ein, zwei Songs) zu Lebzeiten kaum zu gesellschaftspolitischen Themen geäußert, sondern eher<br />
ganz brav versucht, als „besondere“ Künstlerin ihren Weg durch die Hitparaden zu machen. Das ist ihr wohl gelun-<br />
gen, der Preis allerdings war hoch: ihr Privatleben ging schlichtweg dabei drauf. Alexandras mysteriöser Tod, der<br />
bis heute nicht geklärt ist, markiert den Schlusspunkt einer Karriere, die gerade erst begonnen hatte. Die „Legende<br />
einer Sängerin“ ist eine eher brave Dokumentation, die wenig überraschende Neuigkeiten bietet, aber immerhin ein<br />
interessanter Spiegel jener Jahre ist.<br />
❤❤❤❤ ❤ ❤<br />
ufa<br />
ufa<br />
23
daheim<br />
Die Geister, die ich rief ...<br />
„Tante Bella?“, fragte das zarte<br />
Stimmchen meiner Nichte Marie auf<br />
mein unhöflich ins Telefon gebellte<br />
„Hallo?“. Aus dem Stand mutierte ich<br />
zur lieben und lustigen Tante. „Ja<br />
Marie, was rufst Du mich denn an?“,<br />
fragte ich ziemlich dämlich. „Tante<br />
Bella, die Magdalena und ich, wir wollen<br />
Dich nächsten Freitag besuchen.<br />
Und mit Dir zum Oktoberfest gehen.<br />
Du hast mir doch zur Taufe einen<br />
Gutschein fürs Oktoberfest<br />
geschenkt.“. Ich konnte mich nicht<br />
recht erinnern, schließlich war das 10<br />
Jahre her. Solche Gutscheine kommen<br />
wie Bumerangs immer wieder zurück.<br />
Der ganze Besuchsplan war auf dem Mist meines<br />
Bruders, seines Zeichens Vater der MŠdchen, gewachsen.<br />
Er war auch fŸr die Anrede ãTante BellaÒ<br />
verantwortlich, weil er, fŸnf Jahre jŸnger als ich, als<br />
Kind meinen Vornamen nie hatte aussprechen kšnnen<br />
und einfach ãBellaÒ zu mir gesagt hatte. Mein Bruder wollte sich<br />
mit seiner Frau ein schšnes Wochenende im Voralpenland machen, zu<br />
diesem Behufe seinen JŸngsten, Markus, bei dessen Taufpaten abgeben<br />
und die beiden MŠdchen, Magdalena und Marie, Ÿbers Wochenende zu<br />
uns bringen. Da kam ihm der alte Gutschein zum Oktoberfestbesuch<br />
gerade recht. Als gute Tante und bewŠhrte ãgro§e SchwesterÒ zeigte ich<br />
mich zŠhneknirschend mit allem einverstanden.<br />
Meine Frau gab die BedenkentrŠgerin: ãDie sind doch alle furchtbar<br />
katholisch - wundern die MŠdchen sich nicht, dass wir beide in einem<br />
Bett schlafen? Am Ende mŸssen wir mit denen in die Kirche, ich wei§<br />
gar nicht, ob in der kleinen Kirche am Friedhof Ÿberhaupt AuffŸhrungen<br />
sind ...Ò. ãDas hei§t Gottesdienst oder Messe, das wei§t du genau!Ò,<br />
tadelte ich meine ungetaufte Frau. ã†brigens: meine Nichten<br />
wissen doch, dass wir Lesben sind.Ò ãMit allen Konsequenzen?Ò, fragte<br />
meine Frau. ãKonsequenzen? Maries Definition geht so: ÔLesben<br />
sind Frauen, die keine MŠnner brauchen.ÕÒ. ãDann sind aber viele<br />
Frauen Lesben.Ò, murmelte meine Frau.<br />
Ein bisschen enttŠuscht waren Magdalena und Marie schon, als wir<br />
Freitagabend ãwegen der LichterÒ nur einmal mit dem Auto um das<br />
24 lespress ❘ oktober 2005
Oktoberfest herum fuhren und nicht gleich auf die Wiesn gingen.<br />
ãTagsŸber ist es besserÒ, betonte ich ein ums andre Mal, ãda ist es nicht<br />
so voll und weniger Betrunkene sind unterwegs!Ò. Wie zum Beweis<br />
torkelten, wŠhrend wir im Auto an der roten Ampel warteten, zwei Besoffene<br />
zielstrebig auf unseren Wagen zu und kotzten synchron auf die<br />
Motorhaube. Gut, dass es gleich danach zu regnen begann.<br />
Der nŠchste Vormittag brachte einen sonnig-bayrischen, wei§-blauen<br />
Himmel. Oktoberfest-Wetter! Schlag 12 Uhr brachen wir auf. Auf<br />
wundersame Weise ergatterten wir gleich an der Theresienwiese einen<br />
Parkplatz.<br />
ãWir machen das jetzt soÒ, erklŠrte ich, einem pŠdagogisch wertvollen<br />
Vorschlag meines Bruders folgend, ãwir gehen jetzt Ÿber den<br />
ganzen Platz und Ihr schaut euch alles an. Dann dŸrft Ihr euch drei Sachen<br />
aussuchen, mit denen Ihr fahren wollt.Ò Sehr zum Erstaunen meiner<br />
Frau - deren Nichte erst vor kurzem unter ihrer Aufsicht siebenmal<br />
hintereinander Achterbahn gefahren war, um dann den folgenden Tag<br />
mit Drehschwindel im Bett bleiben zu mŸssen - erklŠrten sich Magdalena<br />
und Marie mit dem Plan ohne Murren einverstanden. Gelobt sei<br />
die katholische Erziehung!<br />
Meine Nichten standen mit glŠnzenden Augen da und sagten: ãWir<br />
haben uns im Internet schon informiert, wir wollen zuerst zu den lebenden<br />
Geistern!Ò Von denen hatte ich auch schon gelesen. Irgendwelche<br />
Studenten oder 1-Euro-Jobber verdienten sich in den dunklen Tunneln<br />
einer Geisterbahn wŠhrend des Oktoberfests ihr Geld, indem sie den<br />
Nervenkitzel suchende FahrgŠste ãin echtÒ zwickten. WerÕs mag! ãHaben<br />
Sie lebende Geister?Ò, war nun meine Standardfrage an den Geisterbahn-Kassen.<br />
Die fŸnfte Geisterbahn endlich war die richtige. Eine<br />
aufgeregte Menschentraube stand mehr oder weniger Schlange, Marie<br />
und Magdalena reihten sich geschickt ganz vorne ein, ein bisschen enttŠuscht,<br />
dass ich nicht mitfahren und mich Zwicken lassen wollte. Ich<br />
lasse mich ungern im Dunkeln von fremden MŠnnern begrapschen,<br />
aber das wollte ich den MŠdchen so nicht erklŠren. ãDie lebenden Geister<br />
haben nur buhu geschrien und nur gekitzelt!Ò, beschwerte sich Marie<br />
nach der Geisterbahn-Fahrt. ãNa, wenn euch nach deftigem Kšrperkontakt<br />
ist, da wei§ ich was!Ò Lebenserfahren schlug ich das Teufelsrad<br />
vor. ãDas FahrgeschŠft hat eine lange Tradition, es<br />
ist Ÿber hundert Jahre alt, als ich in eurem Alter war,<br />
bin ich mal als letzte auf dem Teufelsrad gesessen,<br />
ganz toll war das!Ò dozierte ich. Meine Frau und die<br />
beiden MŠdchen schauten mich unglŠubig an.<br />
Drinnen im stickigen Teufelsrad-Zelt ging es zur<br />
Sache. Das Prinzip ist einfach: Ein Schmierlappen<br />
von Anheizer fordert Ÿber sein Mikrophon bestimmte<br />
Zielgruppen auf, auf das ebenerdig angebrachte<br />
Teufelsrad zu springen. In Windeseile ist die gro§e<br />
runde Holzscheibe gefŸllt, beginnt sich erst langsam,<br />
dann immer schneller zu drehen. Die ersten purzeln,<br />
von der Schleuderkraft getrieben, vom Teufelsrad in<br />
die weich gepolsterte Absperrung. Nur wer genau in<br />
der Mitte des riesigen Holztellers sitzt, kann sich lŠnger<br />
halten. Der Letzte wird dann von oben von einer<br />
Art Medizinball an der Angel attackiert, verliert auch<br />
irgendwann das Gleichgewicht und wird unter dem<br />
hŠmischen GelŠchter der Zuschauer vom Teufelsrad<br />
verscheucht.<br />
ãJetzt Sšhne und ihre VŠter!Ò, rief der Anheizer,<br />
und Pulks von kleinen Buben mit ihren Papas stŸrmten<br />
aufs Teufelsrad. Marie und Magdalena staunten,<br />
wie grauhaarige Herren rotgesichtig in die Banden<br />
geschleudert wurden. Freiwillig. ãTante Bella, Du<br />
musst auch mit uns aufs Teufelsrad!Ò, forderte mich<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
Marie auf. ãDa kšnnen wir nicht so einfach raufÒ, erklŠrte ich besserwisserisch,<br />
ãda muss der Mann am Mikrofon schon die richtige Ansage<br />
machen.Ò.<br />
Meine Frau blickte mich streng an. ãFeigling!Ò, las ich in ihren<br />
Augen. Gšttin sei Dank wurden jetzt ãAlle Madeln, die noch in die<br />
Schule gehen!Ò, aufs Teufelsrad gebeten, ich nickte meinen Nichten zu,<br />
und sie stŸrmten aufs Rad. Sie hielten sich ganz gut, hatten aber nicht<br />
die guten PlŠtze in der Mitte der Scheibe ergattert.<br />
Irgendwann bekamen die MŠdchen Durst, und wir verlie§en das<br />
Teufelsrad-Zelt, um etwas zu Trinken zu besorgen. ãWenn wir uns<br />
verlieren, treffen wir uns hier, hier ist es lustig!Ò, schlug Magdalena im<br />
Gehen vor.<br />
ãDu musst endlich mal was mit den Kindern mitfahren, die sind<br />
sonst ganz enttŠuscht von ihrer Tante BellaÒ, flŸsterte mir meine Frau<br />
ins Ohr. Ich entschied mich fŸr die Wildwasserbahn. Wasser ist immer<br />
gut, aber leider las ich erst in der Warteschlange das Schild, das Menschen<br />
mit RŸcken- oder Herzbeschwerden vor der Mitfahrt warnte.<br />
Auch war die Bahn mitnichten ebenerdig, frau sa§ in einer Art Kanu<br />
auf Schienen und wurde ein ums andre Mal viele Meter hochgezogen,<br />
um im freien Fall durch WasserfontŠnen zu Boden zu stŸrzen. Meine<br />
Nichten, die vor mir im Kanu sa§en, johlten begeistert, ich kauerte hinten<br />
geduckt, mir war schlecht.<br />
Meine Frau erwartete uns am Ausgang des FahrgeschŠfts. Sie umarmte<br />
mich und flŸsterte stolz: ãDu warst so tapfer!Ò. Ich genoss den<br />
Trost.<br />
Plštzlich waren die MŠdchen verschwunden. Panik kroch in mir<br />
hoch. Meine einzigen Nichten! Verschwunden, nur, weil ich bei der<br />
Wildwasserbahn schwŠchelte!<br />
ãWo werden sie schon seinÒ, meinte meine Frau ãbeim Teufelsrad,<br />
wo sonst!Ò. Wir stŸrmten durch die Massen zurŸck zum Teufelsrad-<br />
Zelt. Drinnen sahen wir sie gleich, sie standen beide beim Ansager.<br />
Marie und Magdalena winkten mir zu. Der Ansager grinste hŠmisch<br />
und nahm sein Mikrophon: ãSo, auf gehtÕs. Jetzt alle Tanten und ihre<br />
Nichten. Das gilt auch fŸr Tante Bella!Ò<br />
Bernadette Repplinger<br />
25
ewegte bilder<br />
Ü B E R D E N W O L K E N . . .<br />
FREMDE HAUT<br />
Anne und Fariba<br />
Nach diversen TV-Produktionen,<br />
die sich mit Coming-Out, Frauenliebe<br />
und -Freundschaft beschäftigten,<br />
erzählt „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“, der erste<br />
Kinofilm von Angelina Maccerone,<br />
über den Verlust von Identität,<br />
auch der sexuellen, und dem Kampf<br />
um individuelle Freiheit.<br />
Die Frauen nehmen sich den Tschador ab, eine steht auf,<br />
geht in die Flugzeugtoilette, verdeckt den Rauchmelder<br />
mit ihrem Kopftuch und zŸndet sich eine Zigarette an.<br />
Die ersten Gesten von Freiheit, als das Flugzeug aus Teheran<br />
die Grenze nach Deutschland passiert. Fariba<br />
zieht hektisch an ihrer Zigarette, der junge Iraner Siamak zappelt nervšs<br />
mit den FŸ§en, die ersten Anzeichen dafŸr, dass diese FluggŠste<br />
keine Touristen auf einem Erholungsurlaub in die Bundesrepublik sind.<br />
Siamak wird im Iran politisch verfolgt, Fariba muss wegen ihrer Liebe<br />
zu einer Frau das Land verlassen. Doch es ist nur ein kurzer Ausflug in<br />
die Freiheit. Im Auffanglager kreuzt sich das Schicksal der beiden<br />
FlŸchtlinge. Als Siamak den emotionalen Druck nicht mehr aushŠlt,<br />
bringt er sich um - zwei Tage vor seiner Anhšrung und der Genehmigung<br />
des Asylantrages. Fariba hingegen soll abgeschoben werden, weil<br />
sie wegen widersprŸchlicher Aussagen unglaubwŸrdig geworden ist.<br />
Kurzerhand schlŸpft sie in die <strong>Haut</strong> von Siamak und darf in die Bundesrepublik<br />
der gro§en Freiheit einreisen. Als Mann, als Asylsuchender,<br />
in ein FlŸchtlingsheim, ohne Arbeitserlaubnis.<br />
Schwer hat es Siamak, seine ãfremde <strong>Haut</strong>Ò zu schŸtzen<br />
- nach getaner, durchaus illegaler Arbeit kann er nicht mit den anderen<br />
MŠnnern duschen und macht sich zum Gespštt. Und Ÿberhaupt, er ist<br />
anders als die anderen. ZurŸckhaltend, aufmerksam, feinfŸhlig. Gro§artig<br />
wie Ÿberzeugend Jasmin Tabatabai ihre mŠnnliche Rolle spielt.<br />
Kleidung, Gestik, Mimik und Gang - alles wirkt Ÿberzeugend und nie<br />
Ÿbertrieben ge-drag-kingt. Und als sie sich zurecht macht, um ihre Kollegin<br />
Anne zu einem ersten Date zu treffen, knšpft sie sich den obersten<br />
Hemdknopf zu - kšnnte der fehlende Adamsapfel sie doch verraten<br />
- und klopft sich ganz fachmŠnnisch Rasierwasser auf Hals und<br />
Wangenpartie.<br />
Kein Wunder, dass sich Anne, gespielt von der gro§artigen Anneke<br />
Kim Sarnau (Die Polizistin, Ich liebe das Leben), von dem smarten<br />
Fremdarbeiter angezogen fŸhlt. Im Grunde ihres Herzens ein freiheits-<br />
26 lespress ❘ oktober 2005
liebender Mensch, fŸhlt sie sich in der engen schwŠbischen Welt eingesperrt,<br />
kontrolliert und in Zaum gehalten von ihren Freunden, einer<br />
angepassten Frau und zwei horizontbeschrŠnkten MŠnnern.<br />
Irgendwie hat es Angelina Maccerone drauf,<br />
die Enge von Provinzen Ÿberzeugend darzustellen, ohne ins †bertriebene<br />
abzugleiten. Die einschnŸrende Enge der Provinz mit ihren toleranzarmen<br />
Bewohnern hat sie schon mit ihrer ersten Arbeit ãKommt<br />
Mausi rausÒ beschrieben, als die gerade geoutete Kati in ihr kleines<br />
Dorf zurŸckkehrt. Das €ngstliche allem <strong>Fremde</strong>n gegenŸber, das<br />
Kleinkarierte, die Bewahrung des dšrflichen Status quo und der Ausbruch<br />
einzelner aus dieser Enge sind ihre Themen - neben dem gro§en<br />
Thema weibliche HomosexualitŠt, das sie auch in ã<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>Ò<br />
ebenso wie in den Fernsehproduktionen ãKommt Mausi rausÒ und<br />
ãAlles wird gutÒ unverkrampft behandelt. NatŸrlich gibt es in ihren<br />
Filmen auch immer die, die HomosexualitŠt absto§end finden - aber<br />
das ist leider unsere RealitŠt. Aber da gibt es auch immer die anderen,<br />
die sie als so selbstverstŠndlich wahrnehmen, dass sie nicht thematisiert<br />
werden muss. So lŠsst Anne sich auf Siamak bzw. Fariba ein, ohne<br />
auch nur einmal ãOh Gott, du bist eine FrauÒ oder ãHilfe bin ich jetzt<br />
lesbisch?Ò Ÿber ihre Lippen kommen zu lassen. Sie hat sich verliebt, in<br />
etwas ihr fremdes, das hat sie irritiert - aber, dass das <strong>Fremde</strong> in Gestalt<br />
einer Frau daher kommt, ist ihr vollkommen unwichtig. Ein schšner<br />
Zug in dem Film.<br />
Das Drehbuch hat Angelina Maccerone zusammen<br />
mit Kamerafrau Judith Kaufmann geschrieben, mit der<br />
sie auch schon in ihren TV-Produktionen zusammenarbeitete. Die<br />
Bilder von Judith Kaufmann zeigen wirklichkeitsnahe Aufnahmen aus<br />
dem FlŸchtlingslager, dem Wohnheim, der falschen Dorfidylle. Zeigen<br />
Aufnahmen vom Wunsch nach der gro§en Freiheit in Form von VogelschwŠrmen,<br />
die Angst vor Abschiebung in Form von ins Nirgendwo<br />
startenden Flugzeugen. Die Cutterin Bettina Bšhler, deren Arbeit gerade<br />
bei Christian Petzolds ãGespensterÒ zu sehen ist, arrangiert Handlung<br />
und Bilder zu einem ruhigen ErzŠhlfluss - die Bilder gewinnen<br />
nur an Fahrt, als Anne und Siamak ihren ersten gemeinsamen Ausflug<br />
auf Annes alter Vespa unternehmen.<br />
Doch die Zukunft, der sie hier entgegenfahren kšnnten, erweist<br />
sich als Trugschluss.<br />
Angelina Maccerone erzŠhlt die Geschichte mit einem dramatischen<br />
Einbruch zu Ende. Das GlŸck war fŸr den Moment und ein Happy-End<br />
gibt es schon gar nicht. Aber das ist leider durchaus realistisch.<br />
Angelina Maccerone sagt dazu in einem Interview, dass sie es vorgezogen<br />
habe zu zeigen, dass unser System unerbittlich zugreife, bei auch<br />
nur dem kleinsten Fehler. Und sie zeigt, dass ein Happy-End nicht unbedingt<br />
ein gutes Filmende ausmacht. Der Anblick einer kŠmpferischen<br />
Frau, die nicht aufgeben wird, ist eines der schšnsten Enden in<br />
einem der erwachsensten Filme von Angelina Maccerone.<br />
Dagmar Trüpschuch<br />
<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong><br />
Von Angelina Maccarone<br />
Mit Jasmin Tabatabai und Anneke Kim Sarnau<br />
BRD, 2005<br />
Deutsch/Farsi mit Untertiteln<br />
Filmstart 20.10.05<br />
Queerfestivals:<br />
Esslingen: Mo. 3.10. 05 um 19 Uhr und Fr. 7.10.05 um 17 Uhr<br />
Hannover: Sa. 29.10.05 um 19 Uhr mit Angelina Maccerone<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
Fariba und Anne<br />
Fariba vor einer Bäckerei<br />
Fariba in der Sauerkrautfabrik<br />
27
interview<br />
Weibliche Homosexualität? -<br />
darüber spricht man nicht<br />
Interview mit Jasmin Tabatabai<br />
Zwei Jahre nach der Geburt ihres Kindes ist<br />
Jasmin Tabatabai wieder zurück auf der<br />
Leinwand. In dem Spielfilm „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“<br />
spielt sie die Rolle der Fariba, die wegen<br />
ihrer Homosexualität aus dem Iran fliehen<br />
muss und im Schwäbischen landet. Jasmin<br />
Tabatabai selber war 12 Jahre alt, als sie<br />
zusammen mit ihrer deutschen Mutter und<br />
ihren drei Geschwistern von Teheran nach<br />
Bayern kam. Im Interview spricht sie über<br />
Doppelkultur, Homosexualität im Iran und<br />
über die Dreharbeiten zu „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“.<br />
? Wurdest du für die Rolle gecastet, weil deine Wurzeln im Iran liegen?<br />
! Es geht nicht explizit um den Iran in diesem Film. Es geht um eine<br />
Frau, die aus einem Land kommt, wo es halt nicht so tolerant zugeht<br />
wie bei uns. Das kšnnte auch der Irak sein, andere arabische LŠnder<br />
und sogar SŸditalien oder SŸdspanien. Es geht einfach um diese Frau,<br />
die anders ist und was anderes lebt, als das, was in der Gesellschaft anerkannt<br />
ist. Und was faszinierend ist, nicht resigniert, sondern sich gegen<br />
ihr Schicksal auflehnt.<br />
? In wie weit hast du - gerade mit deinem Wissen um die iranische<br />
Kultur - auf das Drehbuch Einfluss genommen?<br />
! Ab dem Punkt, wo ich dabei war, habe ich viel Input gegeben. Und<br />
mir war es extrem wichtig, dass es von der MentalitŠt einigerma§en<br />
stimmt. Zum Beispiel gibt es in der Drehbuchfassung eine Szene, in der<br />
Fariba von einem Grenzbeamten interviewt wird, der fragt, warum sie<br />
denn nach Deutschland ausreisen wolle. Und sie so rumdruckst und<br />
dann sagt: aus politischen GrŸnden. Dann fragt er aber nach und dann<br />
sagt sie: Ja ok, ich war halt mit âÕner Frau zusammen. Und da habe ich<br />
gesagt, das ist UNM…GLICH, dass eine Iranerin, egal wie modern sie<br />
ist, Ÿber ihre SexualitŠt redet und dann noch mit einem fremden Mann<br />
und dann auch noch darŸber, dass sie homosexuell ist - da ist gar nicht<br />
dran zu denken. Der Iran ist ja ein Land, in dem im allgemeinen nicht<br />
so Ÿber SexualitŠt gesprochen wird wie hier und im speziellen geht es<br />
hier ja auch noch mal um weibliche SexualitŠt. Und in dieser Kultur<br />
28 lespress ❘ oktober 2005
haben Frauen sowieso schon mal keine SexualitŠt zu haben. Die haben<br />
nur MŠnner. Von Anfang an werden Jungs und MŠdchen auch komplett<br />
anders erzogen. Jungs kommen auf die Welt und dann singt man Lieder<br />
darŸber ãOh mein Goldpimmelchen, oh wie tollÒ und dann spŠter gibt<br />
man damit an wie viele Freundinnen er schon hatte - also immer irgendwie<br />
positiv. Und bei Frauen ist es genau das Gegenteil. Da wird<br />
immer gesagt, bedeck dich, schŠm dich, schŸtze deine JungfrŠulichkeit,<br />
die ja letztlich das einzige ist, was sie haben, um verheiratet werden<br />
zu kšnnen.<br />
? Wie werden Lesben im Iran wahrgenommen?<br />
! Ich habe im Vorfeld im Internet recherchiert, um zu erfahren wie<br />
die Lesben im Iran so leben, aber ich habe nichts gefunden. Die einzige<br />
lesbische Iranerin, mit der ich gesprochen habe, kam Ÿber die Regisseurin<br />
und die lebt auch schon seit 28 Jahren in Deutschland. Und auch<br />
hier erst offen, im Iran war sie verheiratet. Und wenn ich an meine<br />
Kindheit denke, habe ich eigentlich immer nur Witze Ÿber Schwule gehšrt.<br />
Aber weibliche HomosexualitŠt É? Wie gesagt, das ist etwas,<br />
worŸber nicht gesprochen wird.<br />
? Steht auf Homosexualität die Todesstrafe?<br />
! Laut Gesetz ja, aber vollzogen wird sie bis jetzt praktisch nur an<br />
MŠnnern, weil die weibliche gibtÕs ja nicht É<br />
Aber ich war seit 1987 nicht mehr im Iran. Es ist das Land meiner<br />
Kindheit und ich kann auch nur als Au§enstehende berichten.<br />
? Der Film handelt vom Verlust von Identität und davon als <strong>Fremde</strong><br />
in einem neuen Land anzukommen. Wie war es damals für dich, als 12-<br />
Jährige von Teheran nach Deutschland zu kommen? Hast du dich da<br />
auch in „fremder <strong>Haut</strong>“ gefühlt?<br />
! Ja, am Anfang sicherlich, weil ich mich unwohl gefŸhlt habe, einfach<br />
fremd. Das hatte aber sicherlich bei mir damit zu tun, dass ich 12<br />
war, vorpubertŠr und dann ist es sowieso ganz schrecklich, wenn man<br />
seinen Freundeskreis zurŸcklŠsst. Ich hatte gro§e Anpassungsschwierigkeiten.<br />
Klimatisch sowieso. Ich hatte auch einen anderen Entwicklungsstand.<br />
Im Iran war ich noch Kind und dann kam ich hier in eine<br />
sechste Klasse. Da haben halt alle schon geraucht und rumgeknutscht,<br />
was ganz normal ist - aber fŸr mich war das der všllige Schock. Und<br />
obwohl ich deutsch sprach, zweisprachig aufgewachsen war, eine deutsche<br />
Schule besucht hatte und jedes Jahr in den Ferien in Deutschland<br />
war, war es enorm schwer fŸr mich, hier Fu§ zu fassen. Deutschland ist<br />
ja auch nicht unbedingt das Land, wo man mit offenen Armen <strong>Fremde</strong><br />
empfŠngt. Wenn das Eis mal gebrochen ist, dann ist gut. Ich wollte eigentlich<br />
die ersten vier, fŸnf Jahre nur zurŸck.<br />
? Du trägst beide Kulturen, iranische und deutsche, in dir. Was würdest<br />
du sagen ist eher der iranische und was der deutsche Anteil in dir?<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
! Ich denke iranisch ist sicherlich alles in mir, was ums Temperament<br />
geht - cholerisch und emotional aus mir rauszugehen. Das ist sicherlich<br />
etwas, was Iranern zugeschrieben wird. Dann habe ich natŸrlich<br />
auch deutsche Seiten, auf die ich sehr viel Wert lege. Eine bestimme<br />
ZuverlŠssigkeit, eine bestimmte Ernsthaftigkeit. Und ich mag auch<br />
die deutsche Sprache sehr gerne.<br />
? Obwohl Fariba/Siamak in dem Film nicht so temperamentvoll<br />
und überschäumend sonder eher zurückhaltend rüberkommt …<br />
! Das hat den Grund, dass sie sich nicht verraten darf und deswegen<br />
auch wenig spricht. Und dann gibt es natŸrlich auch die gro§e melancholische<br />
Seite bei den Iranern.<br />
? Was hat dich daran gereizt, die Rolle von Fariba/Siamak zu spielen?<br />
! Das ist eine klassische Hosenrolle. Das ist die totale Herausforderung,<br />
dass meine eine absolute Fremdfigur spielen muss. Aber fŸr mich<br />
war einfach die Figur sehr spannend, diese Zerrissenheit, der †berlebensdrang,<br />
dass sie nicht aufgibt. Fariba ist ja wahnsinnig zŠh, und so etwas<br />
ist immer spannend fŸr mich. Gerade bei Frauenrollen, die ja traditionell<br />
eher mit Opfergeschichten besetzt sind und meistens dann auch resignieren.<br />
Und gerade fŸr mein Alter sind gute Frauenrollen eher dŸnn gesŠt.<br />
? Wie hast du dich auf deine männliche Rolle<br />
vorbereitet? Gerade auch, weil sie ziemlich detailgenau<br />
auf den Verkleidungsritus eingeht: Brust abbinden,<br />
Hemd zuknöpfen damit man den Adamsapfel<br />
nicht sieht, Bart stylen, Gang, Habitus - alles<br />
Dinge, die man in einem Drag-King-Workshop erlernen<br />
kann.<br />
! Ich kšnnte jetzt ja Legendenbildung machen.<br />
Es wŠre wahrscheinlich schlauer ich kšnnte jetzt<br />
sagen ãIch habe als Drag King gelebt und so weiterÒ.<br />
Aber es ist ganz einfach. Ich habe einen Bruder,<br />
der ist ein Jahr Šlter, und im Prinzip habe ich<br />
einfach den kopiert und ein bisschen meinen Vater.<br />
Obwohl die Regisseurin mich manchmal korrigieren<br />
musste, wenn ich zu weiblich war. Dann kamen<br />
wir darauf, dass MŠnner einen fester ansehen,<br />
wenn sie sprechen, weniger mit dem Blick ausweichen<br />
als wir Frauen es tun. Und es funktioniert.<br />
Sobald du fester guckst, wirkst du mŠnnlicher.<br />
Aber die Rolle war eine uneitle Rolle, denn mir<br />
die Haare abzuschneiden war schon ein gro§es<br />
Opfer fŸr mich. Ich bin ein richtiges Hippiekind.<br />
? Die Regisseurin Angelina Maccarone hat<br />
sechs Jahre für den Film recherchiert. Wie lange<br />
hast du daran gearbeitet?<br />
! Also ich bin zwei Jahre dabei gewesen. Habe immer wieder rumgemeckert<br />
an dem Buch, wir haben uns viel zu Proben getroffen, viele<br />
Probeaufnahmen gemacht, viel improvisiert. Es ist immer gut, wenn<br />
Schauspieler so frŸh zu einem Film kommen. Man beschŠftigt sich<br />
zwei Jahre lang mit dieser Person und einem wird die Rolle immer<br />
mehr auf den Leib geschrieben.<br />
? Was waren für dich die schwierigsten Momente und die schönsten<br />
Momente im Film?<br />
! Was ich allgemein immer wahnsinnig schwierig finde, weil es anstrengend<br />
ist, sind Heulszenen, wenn jemand begraben wird oder wenn<br />
du einen Toten findest. Das finde ich wahnsinnig unangenehm, weil<br />
man sich ja da reinbegeben muss und das macht ja kein Mensch gerne.<br />
Und das kostet sehr viel Energie. Und ich hatte fast jeden Tag eine<br />
superdramatische Szene zu drehen. Was ich sehr schšn finde, sind die<br />
Szenen zwischen Anneke und mir. Und es war sehr fraglich, ob wir das<br />
hinbekommen wŸrden, zumal wir uns bei den Proben eigentlich Ÿberhaupt<br />
nicht verstanden haben. Aber das ist jetzt wieder das Tolle, denn<br />
ich habe selten in meinem Leben mit so einer begabten Kollegin<br />
gespielt. Und man muss nicht unbedingt beste Freunde sein, um trotzdem<br />
gut zusammen spielen zu kšnnen. Sie ist einfach eine ganz tolle<br />
Schauspielerin. Man muss ihr nur in die Augen gucken und reagieren,<br />
denn es ist alles wahrhaftig, was sie macht. Das ist fŸr mich besonders<br />
spannend an dem Film, wie sich das mit uns entwickelt.<br />
Dagmar Trüpschuch<br />
29
interview<br />
Angelina ist zurück<br />
Interview mit Angelina Maccarone, der Regisseurin von ‚<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>’<br />
Sieben Jahre war Ruhe im Kasten. Der<br />
letzte Film von Angelina Maccarone ‚Ein<br />
Engel schlägt zurück’ wurde 1998 im<br />
Fernsehen ausgestrahlt. Der Film über<br />
eine Frauenfreundschaft war ebenso ein<br />
Publikumserfolg wie der im selben Jahr<br />
fertiggedrehte Film ‚Alles wird gut’ und<br />
der Dauerbrenner aus dem Jahre ‘94<br />
‚Kommt Mausi raus’. Jetzt ist Angelina<br />
Maccarone zurück. Sie hat sich nicht etwa sieben Jahre Kreativpause gegönnt, sondern an<br />
ihrem neuen Film ‚<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>’ gearbeitet, einem Kinofilm, der im Oktober sowohl bundesweit<br />
im Kino als auch auf den Hamburger Filmfestspielen und diversen Queerfilmfestivals läuft.<br />
(siehe Besprechung). Zurzeit dreht Angelina Maccarone in Hamburg ihren neuen Film. Einen<br />
Tag Drehpause nutzte sie zu einem Heimaturlaub in Berlin und einem Interview mit lespress:<br />
? Was hat dich dazu bewogen, einen Film über eine Frau zu schreiben und<br />
zu drehen, die aufgrund ihrer Homosexualität ihre Heimat verlassen muss?<br />
! Judith und mich hat die Frage beschŠftigt: Was macht die IdentitŠt eines<br />
Menschen aus? Was bleibt, wenn jemand alles verliert, worŸber wir uns definieren?<br />
Familie, Freunde, Zuhause, Kultur, Beruf, Sprache... Das passiert jeden<br />
Tag ganz vielen Menschen, die ihre Heimat verlassen mŸssen. Das Thema sexuelle<br />
IdentitŠt spielt auch eine gro§e Rolle. Fariba muss den Iran verlassen, weil<br />
30 lespress ❘ oktober 2005
HomosexualitŠt dort nicht nur ein gro§es Tabu darstellt, sondern sogar<br />
unter Todesstrafe steht. Dass sie eine MŠnnerrolle annehmen muss, um<br />
in Deutschland bleiben zu kšnnen ist eine weitere Zuspitzung.<br />
? Du hast schon in deinen anderen Filmen mit Kamerafrau Judith<br />
Kaufmann gearbeitet, nun habt ihr auch zusammen das Drehbuch geschrieben.<br />
Was hat es für Vorteile mit der Frau, die die „Augen des<br />
Films“ hat, zusammen am Drehbuch zu arbeiten?<br />
! Wir haben bei den anderen Filmen viel Ÿber die Geschichten gesprochen,<br />
als es um die filmische Umsetzung ging. Dabei ist mir Judiths<br />
dramaturgische Klugheit aufgefallen und ich hatte Lust, etwas<br />
von Anfang an mit ihr gemeinsam zu entwickeln. Das hat gro§en Spa§<br />
gemacht. Beim Schreiben ist der Fokus allerdings ein anderer. Die Geschichte<br />
diktiert wichtige Elemente. Wir haben irgendwann entsetzt<br />
festgestellt, dass wir uns eine ganze Reihe ãunattraktiverÒ und schwieriger<br />
Drehorte hineingeschrieben haben: BŸros, Auffanglager, FlŸchtlingsheim.<br />
Nicht gerade der Traum fŸr szenische Auflšsung, aber unerlŠsslich<br />
fŸr die Geschichte.<br />
? Hattest du beim Schreiben des Drehbuchs schon im Kopf, mit Jasmin<br />
Tabatabai zu drehen, weil sie im Iran geboren wurde und Farsi<br />
spricht? Oder wieso hast du dir den Iran ausgesucht?<br />
! Iran ist eines von vier LŠndern, in denen auf HomosexualitŠt die<br />
Todesstrafe steht. Jasmin tauchte ziemlich bald als Mšglichkeit auf,<br />
aber nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sie in Teheran geboren ist.<br />
Ich wollte schon bei âEin Engel schlŠgt zurŸckÕ mit ihr arbeiten, das<br />
ging aus zeitlichen GrŸnden nicht. Dass sie Farsi spricht kam als weiterer<br />
Vorteil dazu.<br />
? Wie hast du die Geschichte von Fariba recherchiert? Auf welche<br />
Erfahrungen, welches Wissen konntest du zurückgreifen?<br />
! Ich habe alles gelesen, was ich zum Thema finden konnte. â<strong>Fremde</strong><br />
<strong>Haut</strong>Õ ist ja auch ein Film Ÿber Deutschland und deutsche Asylpolitik.<br />
Die Quellen widersprechen sich teilweise, Gesetze und Regelungen<br />
verŠndern sich, manches ist Bund-, anderes LŠndersache. Es ist ein Paragraphendschungel.<br />
Selbst die BGS-Beamten, mit denen wir natŸrlich<br />
auch gesprochen haben, mussten zugeben, dass es kompliziert ist, da<br />
durchzublicken. Ich habe fast den Eindruck, das ist Absicht. Es war<br />
auch nicht so leicht, eine iranische Lesbe zu finden, aber durch den einen<br />
Kontakt kamen dann weitere. Diese GesprŠche waren sehr wichtig<br />
und aufschlussreich.<br />
? Du hast ein gutes Gespür dafür, die Enge der Provinz darzustellen<br />
- in diesem wie auch in deinen anderen Filmen. Was verbindet dich<br />
damit?<br />
! Ich komme selber aus der Provinz und hatte so lange ich denken<br />
kann Fluchttendenzen.<br />
? Deine Filme handeln alle in irgendeiner Art von Fremdsein. Am<br />
vordergründigsten in ‚Ein Engel schlägt zurück’ und jetzt in ‚<strong>Fremde</strong><br />
<strong>Haut</strong>’. Warum ist das so ein Thema für dich?<br />
! Vielleicht ist das Thema eher Zugehšrigkeit. Dazugehšren wollen.<br />
Aber dann doch nicht ganz, eben der Enge der Provinz entfliehen zu<br />
wollen. Das kennen bestimmt viele Menschen. Als ãGastarbeiterkindÒ<br />
habe ich mich zusŠtzlich immer als irgendwie anders empfunden. Der<br />
Name war das sichere Indiz, auch wenn ich hier geboren bin und nicht<br />
mal Italienisch spreche, wurde ich oft fŸr meine deutschen Sprach-<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
kenntnisse gelobt.<br />
? Ich finde es gibt einen sehr großen Schritt zwischen deinen vorherigen<br />
Filmen, die Produktionen fürs Fernsehen waren, und deinem<br />
ersten Kinofilm „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“.<br />
! FŸr mich spielt â<strong>Fremde</strong> HauÕÒ in einer ganz anderen Liga als die<br />
TV-Produktionen. Was ist passiert? Sowohl ãKommt Mausi rausÒ als<br />
auch ãAlles wird gutÒ sind Geschichten Ÿber Coming-Out und gro§e<br />
Lieben im Jugendwahn.<br />
ã<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>Ò dagegen ist erwachsen, politisch und nicht mehr so<br />
locker-leicht wie die anderen Filme É<br />
NatŸrlich ist mein Bestreben, mich weiterzuentwickeln, und wenn<br />
du das so empfindest, freut mich das. Ich war ja nicht auf der Filmschule.<br />
Mein ã†benÒ fand šffentlich statt. âMausiÕ war eine gro§e Chance.<br />
Das war damals der Film, den ich gerne gesehen hŠtte. Da war ich 27<br />
und das Thema Coming-Out war wichtig. Ich habe die Komšdienform<br />
gewŠhlt, um zu zeigen, wie absurd dieser ganze Bekenntnis-Vorgang<br />
ist. Lesben, die als tragische Figuren durch die Filmgeschichte geistern<br />
und ihr Begehren mit dem Leben bezahlen, brauchten meiner Meinung<br />
nach dringend ein positives Gegengewicht. Das habe ich durchaus auch<br />
als politisch empfunden. Der politische Fokus und ernstere Ton in<br />
â<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>Õ sollen ja andererseits die Schaulust nicht mindern. GefŸhle,<br />
emotionale Identifikationsangebote, sind im Kino das Wichtigste<br />
fŸr mich.<br />
? Du hast großartige Schauspielerinnen für den Film gewählt. Warum<br />
die Wahl auf Jasmin Tabatabai fiel, hast du eben erklärt. Was hat<br />
dich dazu inspiriert, Anneke Kim Sarnau zu casten?<br />
! Auch Anneke hatte ich schon fŸr eine Rolle in einem anderen Film<br />
vorgesehen, der sich dann aber auf unbestimmte Zeit verschoben hat.<br />
Die Vorstellung, sie und Jasmin als Paar zu besetzen fand ich aufregend.<br />
? Was war für dich die größte Herausforderung am Dreh zu „<strong>Fremde</strong><br />
<strong>Haut</strong>“?<br />
! Ich hatte vorher Bedenken, einen Teil des Films in einer Sprache<br />
zu drehen, die ich selber nicht spreche. Trotzdem war es dann beim<br />
Drehen fŸr mich sehr klar nachvollziehbar, wann welcher Satz gesprochen<br />
wurde, weil Jasmin und Navid (der den Siamak spielt, dessen<br />
IdentitŠt sie nach seinem Selbstmord annimmt) tolle Schauspieler sind,<br />
und ich den Emotionen folgen konnte. Die mŠnnliche Verkleidung hat<br />
mich auch lange beschŠftigt. Wie wir das glaubhaft machen kšnnen.<br />
Welches KostŸm, welche Maske, welcher Habitus. Das war eine Gratwanderung.<br />
? Du drehst jetzt gerade in Hamburg an einem neuen Film. Was ist<br />
sein Thema?<br />
! Der Titel ist âVerfolgtÕ. Das Buch hat Susanne Billig geschrieben.<br />
Es geht um eine 50-jŠhrige BewŠhrungshelferin die sich auf eine S/M-<br />
AffŠre mit ihrem minderjŠhrigen Probanden einlŠsst. Sie fŸgt ihm<br />
Schmerzen zu und entdeckt darin ihre eigene Verletzlichkeit. FŸr diese<br />
IntensitŠt und diesen Aufbruch riskiert sie ihr gesichertes Leben.<br />
Dagmar Trüpschuch<br />
31
auszug<br />
Lesben und ihre Ex-Geliebten<br />
- nun auch als Buch<br />
Im Duden steht „ex-“ zwischen<br />
„Ewigkeit“ und „exakt“, und das trifft<br />
die Sache für Lesben meist im Kern:<br />
„Wir dachten, unsere Liebe sei für<br />
die Ewigkeit, und dann dauerte sie<br />
exakt drei Jahre, fünf Monate und<br />
zehn Tage.“ Wir haben die serielle<br />
Monogamie vielleicht nicht erfunden,<br />
aber zur Hochkultur entwickelt und<br />
glauben jedesmal aufs neue nicht<br />
an die Endlichkeit der Liebe. In der<br />
Folge ist die Spur unserer Liebesbiographie<br />
gesäumt von den vielen, die<br />
einmal auf ewig unser waren - die Ex<br />
ist aus dem lesbischen Leben und<br />
Lieben nicht wegzudenken. Sie wird<br />
innig geliebt, umhegt, gepflegt und<br />
von der neuen Geliebten oft verwünscht<br />
und gefürchtet. Doch was ist<br />
es, das zwei Frauen verbindet, die<br />
erst die Liebe und dann das Drama<br />
einer Trennung miteinander durchlebt<br />
haben? Ist es sentimentale<br />
Nostalgie, Freundschaft oder immer<br />
noch Liebe?<br />
32 lespress ❘ oktober 2005
Silke Buttgereit beleuchtet in ihrem gerade erschienenen<br />
Buch ãAuf ewig war ich Dein. Lesben und ihre<br />
Ex-GeliebtenÒ die enorme Bandbreite der Beziehungen<br />
zur ehemals geliebten Frau und macht eine lebendige<br />
Ex-Kultur sichtbar: Modern und zeitgemŠ§ knŸpfen<br />
lesbische Frauen Beziehungsnetze, in denen vielfŠltige<br />
LebensentwŸrfe ihren Raum finden.<br />
Silke Buttgereit, Jahrgang 1966, schreibt fŸr diverse Medien Ÿber<br />
Schlager, Autos, Frauen und andere Leidenschaften. In den 90er Jahren<br />
war sie Mitherausgeberin des Berliner FemZines BLAU, verlegte sich<br />
spŠter aufs Internet und grŸndete die Webagentur TXT. Sie lebt und arbeitet<br />
als Webagentin und freie Autorin in Berlin.<br />
Aus dem Kapitel: Ex-Geliebte und neue Geliebte<br />
(leicht gekürzter Text)<br />
Ein Ex-Telefonat<br />
(Etwas aufgeregt.) - Wie findest du sie denn?<br />
(Schweigen.) - Warum fragst du das?<br />
(Leichte Panik.) - Na, einfach so, du hast sie doch jetzt kennengelernt.<br />
(Pause.) - Ja, aber was willst du hšren?<br />
(Ruhig bleiben.) - Gar nichts, ich dachte nur, wir hatten einen netten<br />
Nachmittag miteinander und du fandest das vielleicht auch.<br />
(Enerviert.) - Ach, ich soll dir jetzt sagen, dass sie nett ist?<br />
(Stottern.) - Ja. Nein. Aber du warst doch so neugierig, wie sie ist. Und<br />
jetzt hast du sie kennengelernt.<br />
(Vernünftig.) - Ich habe sie kennengelernt, aber was willst du nach den<br />
zwei Stunden schon wissen?<br />
(Ganz ruhig.) - Es hŠtte mich einfach interessiert, wie du sie findest.<br />
(Aus dem Hinterhalt.) - Was mich Ÿberrascht hat, war, dass du dich seit<br />
neuestem fŸr Standardtanz interessierst. Das fandest du doch bisher immer<br />
albern.<br />
(Achtung!) - Man kann sich ja auch Šndern.<br />
(Weisheit.) - Man muss aber auch aufpassen, dass man sich nicht zu<br />
sehr anpasst oder gar verliert.<br />
(Paroli bieten.) - Was du gleich wieder in den Dingen siehst.<br />
(Aha.) - So habe ich mir das gedacht. Du mšchtest etwas von mir wissen<br />
und wenn ich dann tatsŠchlich etwas sage, ist es auch wieder nicht<br />
recht.<br />
(Raffiniert ausweichen.) - Ich habe dich auch nicht gefragt, wie du<br />
mich findest, sondern wie du sie findest.<br />
(Denkste.) - Das kann man ja nicht immer voneinander trennen.<br />
(Bitte!) - Kannst du nicht einfach auf meine Frage antworten? Wie findest<br />
du sie denn?<br />
(Bitte ausgeschlagen.) - Ich soll ja doch nur sagen, dass ich sie nett finde.<br />
Ich glaube, ich bin nicht die richtige fŸr diese Frage.<br />
(Langsam reicht’s.) - Hšr mal, du kennst mich einfach sehr gut, wir<br />
sind befreundet, dann kann ich dich doch wohl mal fragen, wie du meine<br />
neue Freundin findest.<br />
(Mir auch.) - Eben, wir sind befreundet, und ich mšchte das auch gern<br />
bleiben. Ich kann doch jetzt nur was Falsches sagen.<br />
(Jetzt geht’s los.) - Was hei§t denn hier falsch? Du kannst doch einfach<br />
sagen, ich finde sie sympathisch, unsympathisch, hŸbsch, hŠsslich,<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
pfiffig, still, geschwŠtzig, was auch immer, irgendwas musst du doch<br />
gedacht haben.<br />
(Lieber nicht.) - Ach, ich wei§ nicht.<br />
(Freundlich.) - Jetzt sag doch!<br />
(Entwaffnend.) - Ich glaube, die ist sehr kompliziert.<br />
Klugheit und Phantome<br />
ãWir kšnnen Ÿber alles reden, nur nicht Ÿber Exen.Ò Diese Ansage, aufgestšbert<br />
in einer Frau-sucht-Frau-Kontaktanzeige eines einschlŠgigen<br />
MŸnchner Magazins, spricht wohl vielen Frauen aus dem Herzen, erweist<br />
sich im wahren Leben aber meist als frommer Wunsch.<br />
Ein gewisser Erfahrungsgrad in Liebesangelegenheiten bedingt,<br />
dass man keine Frau mehr ohne Vergangenheit und einen ganzen Tross<br />
von Exen im Gefolge kennenlernen wird.<br />
Die erste Liebe wird frau ab einem gewissen Alter sowieso nie wieder<br />
sein. Dass das auch fŸr das geliebte GegenŸber gilt, mag tršsten.<br />
Anfangs lŠsst sich noch behaupten, die andere sei zwar nicht die erste,<br />
aber die erste gro§e Liebe, und die nŠchste ist die erste wahre Liebe,<br />
hernach kommt die, mit der alles ganz anders ist, und schlie§lich vielleicht<br />
noch die, mit der man endlich und ganz erwachsen all das lebt,<br />
was man in den Beziehungen zuvor gelernt hat. Aber die Superlative<br />
erschšpfen sich, und auch das bemŸhte Ringen um Einzigartigkeit<br />
kommt in die Jahre. Es geschieht nichts Neues unter der Sonne, und das<br />
Wunder der Liebe beschrŠnkt sich dann auf die immerhin erstaunliche<br />
Tatsache, dass man immer wieder einen neuen Versuch geschenkt bekommt.<br />
NatŸrlich haben die Exen fŸr die Nachfolgerinnen auch ihre TŸcken.<br />
Mit etwas GlŸck kann sich eine die Geliebte selbstbestimmt aussuchen<br />
und fŠllt nicht nur jedesmal aufs neue auf das von der anderen<br />
benutzte ParfŸm, das dem vŠterlichen Rasierwasser so sehr gleicht, herein<br />
oder folgt den immer gleichen Reflexen, die ein markantes Profil<br />
kombiniert mit der prŠferierten Haarfarbe bei ihr auslšst. Die Exen<br />
aber wŠhlt man nicht, die sind schon da und machen sich nach GutdŸnken<br />
breit.<br />
Dass man im Liebesfalle die ganze Kindheit mitsamt den Eltern der<br />
anderen gleich mitgeliefert bekommt und auch die eigenen Eltern auf<br />
dem Buckel trŠgt, ist den meisten spŠtestens seit der ersten Therapie<br />
kein Geheimnis. Als Gespenster durchdringen sie die WŠnde des<br />
Schlafzimmers, reisen mit in jeden Urlaub, lassen beim Zeltaufbau HŠringe<br />
verschwinden, stellen bei jeder Autofahrt falsche Stra§enschilder<br />
auf, versalzen das Essen und schlagen beim anschlie§enden Streit krŠftig<br />
auf die Pauke. Wenn aber vergangene gro§e Lieben sich gleichfalls<br />
in Phantome verwandeln und allgegenwŠrtig die neue Beziehung belagern,<br />
kann die Sache unŸbersichtlich werden.<br />
Was die real existierenden Exen aus Fleisch und Blut angeht, so gebieten<br />
Vernunft und Diplomatie eine bedingungslose Adoption - man<br />
wird sie als neue Geliebte allemal nicht los. Manchmal nŸtzt es schon,<br />
sich darŸber im Klaren zu sein, um diese unumstš§liche Tatsache lebbar<br />
zu machen. Wenn sie wieder genau dann am Telefon ist, genau<br />
dann vor der TŸr steht, justamente dann eine Krise, die ja so viel Aufmerksamkeit<br />
verlangt, einlegt, wenn endlich einmal Zeit sein kšnnte,<br />
es richtig nett miteinander zu haben. Wenn sie ihren Jahresurlaub in der ➧<br />
33
auszug<br />
Lesben und ihre Ex-Geliebten<br />
Wohnung der Ex verbringt, wenn sie an jedem Geburtstag auf den<br />
Punkt genau um Mitternacht anruft und die SektglŠser klanglos in der<br />
Luft stehen bleiben.<br />
Eine Gebrauchsanweisung<br />
Merke - die ganz gro§en Lieben hinterlassen immer Spuren, und die<br />
Exen sind die lebende Inkarnation dieser Spuren. Doch die Liebesbeziehung,<br />
die die beiden verband, ist Vergangenheit. Alles, was nicht<br />
mehr Wirklichkeit ist, gehšrt in die SphŠre der Nostalgie und der Phantome.<br />
Phantome jedoch lassen sich nicht mit Argumenten und Wahrheiten<br />
verjagen; gegen sie anzukŠmpfen ist sinnlos - wer sie greifen will, langt<br />
immer daneben. Gegen Phantome hilft entweder nichts oder die Zeit<br />
oder viel Humor. Und ein wenig auch die gelassene Erkenntnis, dass<br />
alles erstens nicht zu haben und zweitens auch meist zuviel des Guten<br />
wŠre. Alles, das wŠre eine Person mit <strong>Haut</strong> und Haar und Vergangenheit<br />
und Zukunft. Dieses ãAllesÒ wird mit Fortschreiten der Lebenszeit<br />
allemal immer weniger, weil ãAllesÒ einen starken zeitlichen Aspekt<br />
hat. Mit vierzig kann man nicht mehr ãAllesÒ<br />
mit einer Frau leben, denn von dem ãAllesÒ,<br />
das eine andere Frau bekommen kšnnte, ist<br />
vieles schon gewesen - mit anderen geliebten<br />
Frauen. Das erste graue Haar, das sich im<br />
mediterranen Sonnenlicht eines wunderschšnen<br />
Urlaubs zeigt, wird eine spŠtere Geliebte<br />
nicht mehr entdecken kšnnen, wenn eine<br />
schon seit Jahren grau ist. Auf das erste eigene<br />
Auto wird man nicht mehr zusammen<br />
ansto§en, wenn dieses lŠngst verschrottet ist.<br />
Eifersucht auf gewesenen Lieben ist auch<br />
immer Trauer Ÿber die fortschreitende<br />
Lebenszeit. Dieses Bedauern ist der ureigenste<br />
Ursprung menschlicher Melancholie, und<br />
nichts spricht dagegen, sich ihr zuweilen hinzugeben.<br />
Sie sollte aber besser an milden<br />
Herbstabenden bei einem Glas Wein und nicht<br />
im Umgang mit den Ex-Geliebten der aktuellen<br />
Geliebten kultiviert werden.<br />
Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall.<br />
Dann solidarisieren sich Ex und neue Liebe,<br />
und schon hat man den Schlamassel. Die eine<br />
Ÿbertrifft die andere in der spitzfindigen<br />
Formulierung von SchwŠchen und Charaktereigenschaften<br />
der Ex-Frau beziehungsweise neuen Geliebten. Sie entdecken<br />
ihre Seelenverwandtschaft, gemeinsame Hobbys, gehen zusammen<br />
zum Yoga und lesen die gleichen BŸcher. In Konflikten machen<br />
die beiden fŸrderhin gemeinsam Front, weil die eine immer meint,<br />
schon zu kennen, was die andere gerade erlebt. Die andere heult sich<br />
ihrerseits gern und ausfŸhrlich bei der VorgŠngerin aus und findet dort<br />
ach so viel VerstŠndnis. Jetzt wei§ die neue Liebe, dass frau schon<br />
immer so bockig, so unsensibel, so begriffsstutzig war, wie ja diese und<br />
jene Geschichte aus der Liebes-Vergangenheit mit der Ex beweist. So<br />
war die Sache mit der bedingungslosen Adoption nicht gemeint. Bitte -<br />
im Zusammentreffen von Ex und neuer Geliebter ist Reden Silber und<br />
Schweigen Gold. Es gibt bessere Tršsterinnen als die Ex der anderen ...<br />
Silke Buttgereit<br />
Auf ewig war ich Dein.<br />
Lesben und ihre Ex-Geliebten.<br />
160 Seiten, gebunden, Verlag Krug & Schadenberg<br />
16.00 EUR - 28.60 sFr, ISBN 3-930041-49-9<br />
Book Release Party im Oktober in Berlin (s. Terminkalender)<br />
34 lespress ❘ oktober 2005
Das Leben ist eine Leinwand<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
bewegte bilder<br />
Die fünfte Jahreszeit für cinephile Lesben hat Ende September mit<br />
dem Queerfilmfestival in Karlsruhe begonnen und wird voraussichtlich<br />
Anfang Dezember mit dem verzaubert-Filmfestival in Berlin<br />
enden. Alle VeranstalterInnen zeigten sich ambitioniert, sowohl<br />
preisgekrönte Kurz- und Langfilme als auch Filmpremieren auf ihren<br />
in ehrenamtlicher Arbeit organisierten Festivals zu präsentieren. Der<br />
Spielfilm „<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>“ von Angelina Maccarone, der auf allen<br />
Festivals laufen wird, feiert bei einigen Festivals sogar Premiere vor<br />
dem eigentlichen Filmstart am 20. Oktober. Zu sehen sein werden aber auch<br />
viele kleinere Produktionen, die einfach Festivalperlen bleiben, wie der mit dem<br />
Teddy ausgezeichnete Film ‚Katzenball’ von Veronika Minder, in dem sechs ältere<br />
Schweizer Lesben recht amüsant aus ihrem Leben plaudern oder der mit<br />
dem Berlinale-Publikumspreis geehrte Kurzfilm der Schweizerin Claudia<br />
Lorenz ‚Hoi Maya’, der sowohl im gemischten Kurzfilmprogramm Bremen und<br />
den gemischten Kurzperlen in Hannover das Festival eröffnen wird. Der Film<br />
zeigt zwei ältere Damen, die sich in einem Frisörsalon treffen und ihre Liebe<br />
füreinander wieder entdecken.<br />
Die Queerfilm-Saison bietet die einmalige Gelegenheit, sich ein Bild über das<br />
internationale, lesbische und schwule Filmschaffen des letzen Jahres zu<br />
machen. Alle Festivals bieten interessante Rahmenveranstaltungen an, wie zum<br />
Beispiel die Ausstellung der Fotokünstlerin Anja Müller in Bremen oder<br />
Rahmenveranstaltungen zu ‚Transgender und Intersexualität’ in Hamburg.<br />
Im Folgenden geben wir eine Übersicht aller lesbischen Festivalfilme und über<br />
die Veranstaltungsorte in den verschiedenen Städten. Im Heft selber finden Sie<br />
die Besprechungen zu zwei Festivalperlen: ‚<strong>Fremde</strong> <strong>Haut</strong>’ von Angelina<br />
Maccarone und ‚anders leben - Lesben im Alter’, eine Dokumentation von Isabel<br />
Rodde, Mitveranstalterin des Perlen-Festivals in Hannover und Autorin von lespress.<br />
(dt)<br />
Savin Face<br />
➧<br />
35
ewegte bilder<br />
36<br />
Alle lesbischen Filme<br />
der Queerfilmfestivals<br />
auf einen Blick<br />
A KNOCK OUT<br />
Die mitreißende Dokumentation beleuchtet den<br />
Abstieg der erfolgreichen Profiboxerin<br />
Michele Aboro.<br />
Vorfilm: 100% WOMAN<br />
Die Dokumentation folgt den<br />
halsbrecherischen Fahrten der<br />
erfolgreichsten kanadischen<br />
„Downhill-Mountainbikerin“.<br />
Michelle Dumaresque, die<br />
früher Michael war.<br />
Hamburg: So, 16.10.<br />
um 15:00, Studio 1<br />
ANDERS LEBEN -<br />
LESBEN IM ALTER<br />
Ein Film über drei selbstbewusste,<br />
unkonventionelle Frauen.<br />
Hamburg: Fr, 14.10.<br />
um 18 Uhr, Studio<br />
Hannover: Sa, 29.10.<br />
um 17 Uhr<br />
Annemonenherz Hardcore Ginger Snaps<br />
The Journey<br />
WAS - WANN - WO<br />
ANEMONENHERZ<br />
… aus Freundschaft wird Liebe, doch schon<br />
bald bekommt das Traumland Risse...<br />
EIN NEUES LAND<br />
Das Filmteam begleitet die Berlinerin Astrid<br />
und Larissa aus Sibirien über 3 Monate in St.<br />
Petersburg und Berlin und zeichnet ein nahes,<br />
unspektakuläres Portrait der beiden jungen<br />
Frauen und ihrer ungewöhnlich-gewöhnlichen<br />
Liebesgeschichte.<br />
LUCIE & VERA<br />
… es entstehen Eifersucht und Konkurrenz und<br />
in einer tragischen Nacht eskalieren die Gefühle...<br />
Hamburg: Sa, 15.10<br />
um 13:00, Metropolis<br />
Hannover: Fr, 28.10.<br />
um 19 Uhr<br />
BUTTERFLY<br />
In einem Supermarkt trifft die Lehrerin Flavia<br />
auf Yip, eine junge Sängerin, die unbeschwert<br />
durchs Leben zu gehen scheint. Eine folgenschwere<br />
Entscheidung liegt vor Flavia...<br />
Bremen: Sa, 15.10. um 18 Uhr<br />
Hamburg: So, 16.10.<br />
um 15:00, CinemaxX 8<br />
Karlsruhe: So, 2.10. um 20.45<br />
DOMINATRIX WAITRIX<br />
Abgefahrene, kurze, erotischen Clips<br />
- Dominatrix Waitrix<br />
- Feetish<br />
- Der Hammer<br />
- Bonne Fete!,<br />
- Sarania<br />
- Drag Kings On Tour<br />
Hamburg: Do, 13.10. 22:30, B-Movie<br />
Drag Kings On Tour Keep Not Silent<br />
FREMDE HAUT<br />
Spielfilm über eine Iranerin, die aufgrund ihrer<br />
Homosexualität ihr Land verlassen muss.<br />
Bremen: Sa, 15.10. um 20:30<br />
Esslingen: Mo, 3.10. um 19 Uhr /<br />
Fr,7.10. um 17 Uhr<br />
Hannover: Sa, 29.10. um 19 Uhr,<br />
Gast: Angelina Maccerone<br />
Hamburg: Sa, 15.10. um 20:15,<br />
Metropolis<br />
Karlsruhe: Fr, 1.10. um 23 Uhr<br />
FUCKING DIFFERENT<br />
Lesbische Filmemacherinnen zeigen ihre Vorstellungen<br />
von schwuler Liebe, schwule Regisseure<br />
zeigen Kurzfilme über lesbische Sexualität.<br />
Ein kurzweiliges,<br />
spannendes<br />
Projekt.<br />
Bremen:<br />
Fr, 14.10.<br />
um 23 Uhr<br />
Esslingen:<br />
So 2.10<br />
um 21 Uhr<br />
GINGER SNAPS<br />
Die Teenagerinnen Ginger und Brigitte haben<br />
ein morbides Hobby: Sie stellen blutige<br />
Todesfälle nach und halten dies auf Fotos fest.<br />
Der lesbische Subtext in dem Film ist eher versteckt.<br />
Ein Film für gute Nerven.<br />
Hamburg: Sa, 15.10. um 22:30, Studio 1<br />
HARDCORE<br />
Die beiden Minderjährigen Martha und Nadia<br />
arbeiten als Prostituierte bei einer kleinen dreckigen<br />
Untergrund-Agentur. Nach zögerlichem<br />
Kennenlernen verlieben sich die beiden ineinander<br />
und ziehen zusammen. Doch ihre Beziehung<br />
ist zum Scheitern verurteilt.<br />
Eine Milieustudie, die nur<br />
einen kleinen Funken Hoffnung<br />
lässt für glückliche Momente<br />
am Rande der Gesellschaft.<br />
Hamburg: Fr, 14.10.<br />
um 22:30, Studio 1<br />
HIGH TENSION<br />
An einem lauschigen Sommertag<br />
sind Alex und ihre beste<br />
Freundin Marie auf dem Weg<br />
zum Landgut ihrer Eltern. Diesen<br />
Ausflug möchte Marie nutzen<br />
um Alex ihre heimlichen<br />
Gefühle zu gestehen. Als die<br />
Nacht hereinbricht, hält auch<br />
das Grauen Einzug in die friedvolle<br />
Umgebung. Splatter-<br />
Movie.<br />
Hamburg: Do, 13. 10<br />
um 22:30, CinemaxX 8<br />
HOI MAYA<br />
Kurzgeschichte über zwei ältere Damen, die<br />
sich in einem Frisiersalon begegnen und sich<br />
ineinander verlieben. Panorama-<br />
Publikumspreis, Berlinale 2005.<br />
Bremen: Di, 11.10. um 20.30<br />
Hannover: Di, 25.10. um 20 Uhr<br />
KATZENBALL<br />
Fünf Lesben aus der Schweiz verschiedener<br />
Generationen geben Einblick in ihr Leben.<br />
Teddy 2005 für den besten Dokumentarfilm:<br />
Bremen: Mi, 12.10. um 20:30,<br />
Gast: Regisseurin Veronika Minder<br />
Esslingen: Mi, 5.10. um 21 Uhr<br />
Hamburg: So, 16.10.<br />
Joy Of Live Well...<br />
lespress ❘ oktober 2005
um 20 Uhr, Metropolis<br />
Hannover: Mi, 26.10. um 21 Uhr<br />
Karlsruhe: Sa, 1.10. um 18:30<br />
KEEP NOT SILENT<br />
Der preisgekrönte Film dokumentiert drei lesbische<br />
Jüdinnen in Jerusalem.<br />
Hamburg: So, 16.10. um 17:30, Studio 1<br />
LESBIAN’S SHORTS<br />
Esslingen: Sa, 8.10. um19 Uhr<br />
Hannover: Di, 25.10. 20 Uhr<br />
MAKE A WISHL<br />
… ist eine Genreparodie, die mit Klischees und<br />
Effekten spielt und sich dabei selbst nicht so<br />
ernst nimmt. Gruselthriller.<br />
Hannover: So, 30.10. um 19 Uhr,<br />
NACHBARINNEN<br />
Ein präzises und durchaus humorvolles Porträt<br />
einer Frau, die sich von der Welt zurückgezogen<br />
hat, bis ihre lebenslustige Nachbarin auf<br />
der Flucht vor der Polizei bei ihr Unterschlupf<br />
sucht.<br />
Esslingen: Do 6.10. um 19 Uhr<br />
Karlsruhe: So, 2.10. um 16 Uhr<br />
ROUND TRIP<br />
„Round Trip ist eine ungewöhnliche<br />
Liebesgeschichte, die viel vom Alltag und<br />
Überlebenskampf in Israel erzählt. Ein Film<br />
mit zwei beeindruckenden Schauspielerinnen,<br />
der soziale Themen direkt, unsentimental und<br />
doch leichtfüßig anpackt.“ Bester Film beim<br />
Lesbisch-schwulen Filmfestival Turin 2004<br />
Hannover: Do, 27.10. um 21 Uhr<br />
SAVING FACE<br />
Die chinesischstämmige New Yorkerin Wil verliebt<br />
sich in die Balletttänzerin Vivian, was sie<br />
vor den Augen der Gesellschaft verborgen halten<br />
muss. Doch plötzlich steht ihre Mutter,<br />
unehelich schwanger und von der community<br />
geächtet, vor der Tür und sucht Unterschlupf.<br />
Hamburg, Di 11.10. 19:30 Eröffnungsfilm<br />
SÉVIGNÉ<br />
Für die angesehene Theaterregisseurin Júlia<br />
Berkowitz wird die neue Produktion mit der<br />
unbekannten Autorin Marina zu einem Wendepunkt<br />
in ihrem Leben. Ihre bestehenden Beziehungen<br />
geraten ins Wanken und Marina zieht<br />
sie immer mehr in ihren Bann<br />
Hamburg: 12.10. um 20:15, CinemaxX 8<br />
SOME REAL HEAT<br />
Wunschfilm:<br />
Sechs Frauen vom Fire-Department San<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
Francisco erzählen über ihren Alltag als<br />
Feuerwehrfrau.<br />
Hamburg: Sa, 15.10. um 17:30, B-Movie,<br />
THE AGGRESSIVES<br />
Im Jahr 1999 traf Daniel Peedle auf eine<br />
Gruppe von schwarzen Lesben, die sich selbst<br />
„The Aggressives“ nannten. Peedle begleitete<br />
die einzelnen Frauen fünf Jahre lang mit der<br />
Kamera.<br />
Hamburg: Mi, 12.10. 22:30, Metropolis<br />
THE JOURNEY - SANCHARAM<br />
Aus der langen Freundschaft der<br />
Nachbarsmädchen Kiran und Delilah entsteht<br />
eine heimliche Liebe, die zahlreiche<br />
Hindernisse zu überwinden hat. Ein Film von<br />
der Kraft und Macht indischer Frauen inmitten<br />
gesellschaftlicher Zwänge.<br />
Bremen: Do, 13.10. um 18 Uhr<br />
Hamburg: Mi, 11.10.<br />
um 18:00, CinemaxX 8<br />
THE JOY OF LIFE<br />
Vom Vergnügen wie auch von der Verzweiflung<br />
am Leben handeln die zwei Erzählungen dieses<br />
Films. Zuerst berichtet Harriet „Harry“ Dodge<br />
über das Leben als butch dyke in San Francisco,<br />
im zweiten Teil steht die Geschichte der<br />
Golden Gate Bridge, einer der bekanntesten<br />
Suicide Spots der USA, im Mittelpunkt..<br />
Hamburg: Sa, 15.10. um 20:15, B-Movie<br />
TRANSFAMILY<br />
Ein sensibles und humorvolles Portrait zweier<br />
Männer, die als Frauen geboren wurden.<br />
HALBES LEBEN<br />
Vor der Kamera berichten drei Schwule, eine<br />
Lesbe und eine Transsexuelle offen über ihre<br />
Erfahrungen im Alltag.<br />
Hannover: So, 30.10. um 15 Uhr<br />
WEIBLICHE JUNGEGESELLEN<br />
Norrtullsligan ist das schwedische Wort für<br />
„weibliche Junggesellen“ und ein sprachlich<br />
etwas verdrehter Begriff für Frauen, die sich<br />
in den 20er und 30er Jahren selbstständig<br />
durchs Leben schlugen. Stummfilm von 1923<br />
mit Klavierbegleitung Bremen: So, 16.10. um<br />
18 Uhr<br />
Hamburg: So, 16.10.<br />
um 11 Uhr, Metropolis<br />
ZERO DEGREES OF SEPERATION<br />
Flanders dokumentiert den Alltag zweier<br />
homosexueller israelisch-palästinensischer<br />
Paare in Israel und zeigt dabei, wie sehr das<br />
Private politisch wird, wenn Beziehungen die<br />
Erwartungen der<br />
Gesellschaft nicht<br />
einhalten.<br />
Hamburg:<br />
Sa,15.10. um<br />
20:15, Studio 1<br />
Zero Degrees Sevigné<br />
(dt)<br />
FESTIVAL-<br />
ADRESSEN:<br />
BREMEN:<br />
12. queer film festival<br />
11. - 16. Oktober<br />
www.queerfilm.de<br />
Kino 46<br />
Waller Heerstrafle 46<br />
28217 Bremen<br />
ESSLINGEN:<br />
18. QueerFilmFestival<br />
2. 8. Oktober<br />
www.koki-es.de<br />
Kommunales Kino Esslingen<br />
Maille 4 9<br />
78728 Esslingen<br />
HAMBURG:<br />
16. Lesbisch Schwule Filmtage<br />
11. 16. Oktober<br />
www.lsf-hamburg.de<br />
Metropolis<br />
Dammtorstr. 20a<br />
20354 Hamburg<br />
Passage<br />
Mönckebergstr. 17<br />
20095 Hamburg<br />
b-movie<br />
Brigittenstr. 5<br />
20359 Hamburg<br />
CinemaxX<br />
Dammtorplatz 1<br />
20354 Hamburg<br />
HANNOVER:<br />
8. Perlen 2005<br />
25. 30. Oktober<br />
www.filmfest-perlen.de<br />
Kommunales Kino<br />
Sophienstr. 2<br />
30159 Hannover<br />
KARLSRUHE<br />
12. lesbisch-schwule Filmtage<br />
27. September - 2. Oktober<br />
www.filmtage-karlsruhe.de<br />
Prinz-Max-Palais<br />
Akademiestr. 38a<br />
76133 Karlsruhe<br />
37
ewegte bilder<br />
E I N E H O M M A G E A N S Ä L T E R W E R D E N<br />
Eigentlich ist es klar, dass frau im Alter anders leben muss,<br />
wenn sie schon ihr ganzes Leben lang anders war. Aber so<br />
anders ist ihr Leben im Alter<br />
halt auch nicht, oder nur in<br />
dem Maße, wie sie es selber<br />
als anders empfindet<br />
oder wie es sich an das<br />
Leben anschließt, das frau<br />
Ein Dokumentarfilm von Isabel Rodde<br />
vorher geführt hat.<br />
ANDERS LEBEN -<br />
LESBEN IM ALTER<br />
FŸr alle von uns eine gro§e Frage, wie es wohl im Alter aussehen<br />
wird, welche Lebensform wir wŠhlen werden. Wahrscheinlich<br />
eine noch grš§ere Herausforderung fŸr diejenigen,<br />
die nicht mit der SelbstverstŠndlichkeit der Andersartigkeit,<br />
der HomosexualitŠt in ihrer Jugend leben konnten, wie<br />
die nach 1980 geborenen. Die Filmemacherin Isabel Rodde hat drei<br />
lesbische Frauen zwischen 60 und 80 zu ihrem Leben interviewt, sie<br />
zeigt, wie sie heute leben und wie sie frŸher gelebt haben. Mit Fotos<br />
und Home-Videos begibt sie sich gemeinsam mit ihren Interviewpartnerinnen<br />
auf Zeitreise.<br />
Christel Rieseberg aus Berlin war die erste Frau, die<br />
in Berlin eine Frauenkneipe eršffnet hat. Schon Anfang der 70er Jahre.<br />
Danach bewirtschaftete sie die legendŠre Frauendisco ãDie ZweiÒ und<br />
spŠter die Frauenkneipe ãDineloÒ, die sie gemeinsam mit ihrer LebensgefŠhrtin<br />
fŸhrte. Nun ist sei nicht mehr im Berliner Nachtleben zu<br />
Hause, sondern ist mit ihren weit Ÿber 70 Jahren an die NordseekŸste<br />
gezogen, wo sie seit Jahren mit ihrer Freundin eine Frauenpension leitet.<br />
Somit ist sie dem Gastro-Gewerbe treu geblieben. Allerdings kann<br />
sie es sich auch nicht leisten, sich auf ihr Altenteil zurŸckzuziehen.<br />
Arbeiten bis ans Lebensende ist die Konsequenz immer ein anderes Leben<br />
und sich nicht um die BŸrokratie in Form von Renteneinzahlungen<br />
gekŸmmert zu haben. Aber auch wiederum Zukunftscredo fŸr viele von<br />
uns, ob KŸnstlerin, selbststŠndig, geringfŸgig beschŠftigt oder arbeitslos,<br />
nicht genŸgend fŸr das Alter vorgesorgt zu haben.<br />
Auch Hannelore Keydel war schon immer anders, sagt<br />
sie. Als Bundestrainerin sowieso und als lesbische Bundestrainerin besonders.<br />
Die ehemalige DDR-Leistungssportlerin hatte mit Mitte 30 ihr<br />
Coming-Out, lernte ihre gro§e Liebe kennen und zog mit ihr in ein Reihenhaus<br />
auf dem Land mit Blumenbeet, TanzvergnŸgen und Dorffesten.<br />
Gar nicht so anders wie die anderen, die auch dort leben, anders<br />
nur aufgrund ihrer SexualitŠt und mutig genug ãesÒ mittenmang in der<br />
Provinz zu tun.<br />
Wirklich anders und mit einem starken Bruch<br />
in ihrem Leben lebt Wienke Zitzlaff. Sie war eigentlich schon immer<br />
lesbisch. Nur zwischendurch mal nicht, weil sie keine Frau zum lieben<br />
fand, aber einen netten Mann. Aber irgendwann kam die Trennung und<br />
damit auch das Frauenliebenleben wieder. Aber nur versteckt, denn die<br />
Direktorin einer Sonderschule konnte und wollte ihren Job nicht riskieren.<br />
HŠtte es sie wahrscheinlich auch gekostet - in den Zeiten vor<br />
Wowereit, Westerwelle und Co. Nun aber ist sie auf Rente und lebt in<br />
Hannover in einem Lesbenprojekt. Ganz offen, ganz lesbisch, ganz<br />
glŸcklich. Und sie hat noch einiges mehr aus ihrem Leben zu erzŠhlen.<br />
Obwohl sie den Schritt zum Coming-Out nicht wagte, war sie ihr<br />
Leben lang politische Aktivistin. Aber das liegt in der Familie - doch<br />
das, das will sie Ihnen selber erzŠhlen.<br />
Dagmar Trüpschuch<br />
Vorführungen<br />
Queerfilmfestivals in Hamburg und Hannover<br />
und<br />
13.10.05 in Verden<br />
23./24.10.05 in Weiterstadt<br />
05.11.05 in Münster<br />
DVD<br />
Stiftung Leben und Umwelt,<br />
Heinrich-Bšll-Stiftung Niedersachsen<br />
Schuhstr. 4<br />
30159 Hannover<br />
Tel.: 0511 / 301857-11<br />
E-Mail: info@slu-boell.de<br />
Ankauf fŸr ausschließlich private Verwendung:<br />
15,00 EUR plus 1,50 EUR Porto<br />
38 lespress ❘ oktober 2005
filmtipp des monats<br />
Die Frau an ihrer Seite<br />
Ulrike Folkerts ist „Die Leibwächterin“<br />
Als Mona unbeobachtet ist, fotografiert sie<br />
Johannas Unterlagen. Endlich kann sie sich<br />
bei dem Erpresser freikaufen.<br />
Die Ankündigung klingt gut:<br />
Barbara Rudnik und Ulrike<br />
Folkerts als Liebespaar in<br />
einem Politthriller. Rudnik als<br />
mutige EU-Politikerin, die gegen<br />
Tabaksubventionen kämpft,<br />
Folkerts als ihre Leibwächterin.<br />
Tatsächlich gelungen ist die<br />
Besetzung gegen den Strich: Die<br />
Leibwächterin ist hetero und geschiedene<br />
Mutter eines Sohnes,<br />
die Politikerin eine Lesbe, die in<br />
Scheinehe<br />
lebt. Und<br />
sich in die<br />
Leibwächterinverliebt.<br />
Mona (Ulrike Folkerts) und ihr Sohn Philip (Marco Bretscher-Coschignano)<br />
40 lespress ❘ oktober 2005
Leider fŸhrt der Aspekt, unter dem dieser ZDF-Fernsehfilm,<br />
vermarktet wird, in die Irre. ErzŠhlt wird zuallererst die<br />
Geschichte von Mona Dengler, der LeibwŠchterin. Sie war<br />
frŸher beim BKA und hat sich aus der Asservatenkammer<br />
Heroin beschafft, um an reinen Stoff fŸr ihren sŸchtigen<br />
Sohn zu kommen. Das macht sie erpressbar. Monas schwachen<br />
Punkt nutzen dunkle HintermŠnner der Tabakmafia<br />
aus. Die LeibwŠchterin soll ein Attentat auf die Politikerin ermšglichen.<br />
Die Figur der verschlossenen, verunsicherten Mona hat Tatort-Autor<br />
Harald Gšckeritz eigens fŸr Ulrike Folkerts entwickelt. ãDie Rolle<br />
bietet mir endlich die Chance, eine andere Seite von mir zu zeigen. Ich<br />
bin es diesmal, die sich mit eigenen Konflikten auseinandersetzen<br />
muss, und begegne nicht Menschen mit Konflikten, wie es Lena Odenthal<br />
im Tatort dauernd passiertÒ, sagt sie. Dass Mona Dengler die Probleme<br />
meistert, ist genrebedingt vorhersehbar, aber spannend zu verfolgen,<br />
sowohl der Kampf um ihr Kind und die Auseinandersetzung<br />
mit dem Ex-Mann als auch das Ringen mit dem absto§enden Handlanger<br />
der Tabakindustrie.<br />
Dagegen ist ãDie LeibwŠchterinÒ definitiv ãkein Film Ÿber Frauenlie<br />
beÒ, sagt Ulrike Folkerts, auch wenn sie es spannend fand, ãeine<br />
Frau zu spielen, die plštzlich damit konfrontiert wird, dass eine andere<br />
Frau etwas fŸr sie empfindet, und die zunŠchst gar nicht damit umgehen<br />
kann.Ò. Diese Liebesgeschichte aber wird nur nebenbei erzŠhlt.<br />
ãWir wollten das Thema nicht skandalisieren, sondern es sollte NormalitŠt<br />
seinÒ, erklŠrt Produzent Christian Granderath. So weit einverstanden.<br />
Zum Nebenaspekt wird aber auch das, was anfangs der Motor des<br />
Films zu sein scheint, der mutige Kampf gegen die Tabakindustrie. Die<br />
Politikerin Johanna Sieber ist auf ein paar Statements reduziert, die realitŠtsnah<br />
recht formelhaft ausfallen. Vor dem gro§en Essen mit den<br />
Landwirtschaftslobbyisten beschŠftigt Johanna Sieber vor allem, warum<br />
Mona plštzlich so kŸhl ist. Den entscheidenden Verhandlungserfolg<br />
um die Mehrheit im Ausschuss erzielt dann ein smarter Mitarbeiter<br />
der Politikerin. Wie Kai aus der Kiste sind ãdie FranzosenÒ plštzlich<br />
doch fŸr die Streichung der Subventionen.<br />
ãDie Geschichte mit der Politik kommt zu kurzÒ, rŠumt Regisseur<br />
Markus Imboden ein. Gern hŠtte er den Film noch zehn Minuten lŠnger<br />
gemacht. ãAber das geht nicht, denn um 21.45 Uhr kommt die<br />
nŠchste Sendung.Ò Es war dann eine bewusste Entscheidung, sich auf<br />
den LoyalitŠtskonflikt der LeibwŠchterin zu konzentrieren.<br />
Schšn erfasst ist auch die Seelenlage ihres GegenŸbers, einer mŠchtigen<br />
Frau, die HŠrte gelernt hat, aber nicht hart sein will. Die keine<br />
Kompromisse macht, aber NŠhe braucht. Den schšnsten Moment hat<br />
der Film, wenn ihr Scheinehemann bemerkt: ãDu magst sie. Wei§t<br />
ganz genau, von wem ich rede.Ò Da wird Barbara Rudniks Blick ganz<br />
weich und ihr LŠcheln leuchtet.<br />
Susanne Ehlerding<br />
ZDF, 17. Oktober, 20.15 Uhr<br />
Photos: ZDF/Hermann Ebling<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
41<br />
Mona muss geschockt mitansehen, wie ihre<br />
Klientin Johanna attackiert wird.<br />
Die Politikerin Johanna Sieber (B.Rudnik) ahnt<br />
nicht, in welche Gefahr sie ihre Forderung zur<br />
Abschaffung der EU-Tabaksubventionen bringen.<br />
Sie geht weiter ihren Geschäften nach.<br />
Mona gesteht Johanna ihren Verrat. Doch diese<br />
schwebt noch immer in Lebensgefahr.<br />
Mona und Johanna verbringen ein gemeinsames<br />
Wochenende in einer kleinen Pension.<br />
Dort kommen sich die beiden Frauen näher.
fern sehen<br />
schule und benštigt dringend Geld, schaft erfrischend neu. ãJulies So., 23. Okt., 23.45 Uhr, K 1<br />
durch ein Dutzend SchŸsse getštet.<br />
Nicht nur Jacky BrŠutigam, der die<br />
Toten gefunden hat, auch Lena und<br />
ihr Team sind von dem Anblick erschŸttert.<br />
Die Waffen liegen neben<br />
dem SchŸler Paul Cordes. Damit<br />
scheint offensichtlich, wer der<br />
AmokschŸtze war.<br />
Lena Odenthal hšrt nicht auf, nach<br />
Motiven und HintergrŸnden zu fragen.<br />
Sie ist sicher, dass etwas vertuscht<br />
werden soll und fragt sich, ob<br />
Paul wirklich der einzige TŠter gewesen<br />
ist. Zu Koppers †berraschung<br />
gibt eine weitere Untersuchung<br />
der Spuren ihr recht: Paul<br />
Cordes ist ermordet worden.<br />
Fr., 21. Okt., 00.35 Uhr, VOX<br />
Julies Geist<br />
Thriller<br />
Deutschland/Schweiz 2001<br />
Julie besucht eine Modeschšpfer-<br />
um sich Stoffe fŸr eine wichtige<br />
Modenschau zu kaufen. Natascha,<br />
eine verwšhnte Studentin, will nach<br />
New York ziehen. Da ihre Mutter<br />
ihr kein Geld geben will, stiehlt Natascha<br />
zu Hause eine wertvolle<br />
Ikone.<br />
Mit gestohlenen Stoffen auf der<br />
Flucht, rennt Julie zeitgleich mit<br />
Natascha Ÿber die Stra§e. Ein Auto<br />
weicht Julie notgedrungen aus, trifft<br />
dafŸr Natascha tšdlich. Im Sterben<br />
bittet Natascha Julie, die Ikone zurŸckzubringen.<br />
Julie sieht in der<br />
Ikone jedoch die Rettung fŸr ihre<br />
Modeschau und beschlie§t, sie zu<br />
versetzen.<br />
Aus Angst um ihren Seelenfrieden<br />
mischt sich Natascha nun als Geist<br />
in Julies Leben ein. ZunŠchst ist Julie<br />
nur wenig begeistert von ihrer<br />
neuen stŠndigen Begleiterin. Doch<br />
schon bald entwickelt sich eine<br />
Freundschaft und die beiden merken,<br />
dass sie als Team unschlagbar<br />
sind...<br />
Drehbuchautorin, Produzentin und<br />
Regisseurin Bettina Wilhelm<br />
erzŠhlt mit ihrem au§ergewšhnlichen<br />
Film Ÿber die Seelenverwandtschaft<br />
von Julie und Natascha<br />
die Geschichte einer Frauenfreund-<br />
GeistÒ wurde 2002 beim WorldFest<br />
Houston, dem drittŠltesten Filmfestival<br />
Nordamerikas, als bester<br />
Spielfilm ausgezeichnet<br />
Sa., 22. Okt., 22.40 Uhr, Arte<br />
Die Dirigentin<br />
Simone Young<br />
Von Australien an die Alster<br />
Simone Young ist 1961 in Sydney<br />
geboren und studierte bereits mit 15<br />
Jahren Komposition und Klavier<br />
am Sydney Conservatorium. 1987<br />
ging sie nach Deutschland, um zunŠchst<br />
als Korepetitorin an der Kšlner<br />
Oper zu arbeiten. In Berlin,<br />
Bayreuth und Paris assistierte sie<br />
dann Daniel Barenboim, der ihr<br />
zum kŸnstlerischen Durchbruch<br />
verhalf. Von 2001 bis 2003 war sie<br />
Generalmusikdirektorin des Opernhauses<br />
Sydney. Seit der Spielzeit<br />
2005/2006 ist sie Intendantin und<br />
Generalmusikdirektorin der Hamburgischen<br />
Staatsoper und damit<br />
Chefdirigentin der Philharmoniker<br />
Hamburg. Das Pendeln zwischen<br />
den Kontinenten gehšrt fŸr die temperamentvolle<br />
Musikerin zum Beruf.<br />
Der Film begleitet Simone<br />
Young auf einer Reise von Europa<br />
nach Australien und wieder zurŸck.<br />
An berŸhmten OpernhŠusern wie<br />
der Wiener Staatsoper, der Berliner<br />
Staatsoper Unter den Linden und<br />
der Sydney Opera beobachtet das<br />
Kamerateam die Arbeit der vielseitigen<br />
KŸnstlerin vor und hinter den<br />
Thelma & Louise<br />
Road Movie, USA, 1991<br />
Thelma fŸhrt mit ihrem Mann Darryl<br />
ein ziemlich unbefriedigendes<br />
Leben als Ehe- und Hausfrau. Zusammen<br />
mit ihrer Freundin, der<br />
Kellnerin Louise, will sie nun ihrem<br />
frustrierenden Alltag auf einem Wochenendtrip<br />
in die Berge entfliehen.<br />
Doch der Ausflug wird zum<br />
schrecklichen Albtraum: Als ein<br />
Betrunkener versucht, Thelma auf<br />
einem Parkplatz zu vergewaltigen,<br />
erschie§t Louise den Mann. Beide<br />
fliehen in Richtung Mexiko - doch<br />
die Polizei sitzt ihnen bereits im<br />
Nacken.<br />
Do., 27. Oktober, 20.15 Uhr,<br />
WDR<br />
Tatort - Die Zärtlichkeit<br />
des Monsters<br />
Diesmal ist Lena Odenthal nicht nur<br />
JŠgerin, sondern auch Gejagte. Der<br />
Mann, der sie tšten will: Hans-Martin<br />
Carsdorff. Carsdorff, einst erfolgreicher<br />
Schauspieler und Publikumsliebling,<br />
sitzt nach dem Mord<br />
an seiner Freundin hinter Gittern.<br />
Lena Odenthal ist fŸr seine Verhaftung<br />
und Verurteilung verantwortlich.<br />
Durch sie hat er Ruhm, Ansehen<br />
und Karriere verloren. Jetzt will<br />
er Rache.<br />
Kulissen. Ob auf dem Podium oder<br />
im Interview - ihre Ausdruckskraft<br />
ist bezwingend, ihre Begeisterung<br />
ansteckend. Im Film erzŠhlt sie von<br />
Do., 27. Okt., 20.40 Uhr, Arte<br />
Themenabend:<br />
Was uns auf den<br />
ihrer Arbeit mit Orchestern und<br />
SŠngern, von den Herausforderungen<br />
ihres Dreifachpostens als<br />
Intendantin, Generalmusikdirekto-<br />
Nägeln brennt<br />
Was bin ich,<br />
Mann oder Frau?<br />
rin und Chefdirigentin in Hamburg, Dokumentation<br />
27.10., Line Hatland von den Geheimnissen der Dirigierkunst<br />
und von ihrer Heimat Australien.<br />
Wenn die Superstars der Klassikszene<br />
Ÿber ihre Erfahrungen mit<br />
Simone Young berichten, geraten<br />
sie schnell ins SchwŠrmen. Das<br />
Filmteam trifft Daniel Barenboim<br />
und Pl‡cido Domingo, die der<br />
KŸnstlerin nicht nur ihre Bewunderung<br />
aussprechen, sondern auch<br />
Ÿberraschende Einblicke in das Dirigierhandwerk<br />
gewŠhren. DarŸber<br />
hinaus kommen Persšnlichkeiten<br />
zu Wort, die in Simone Youngs<br />
kŸnstlerischem und privatem Leben<br />
eine wichtige Rolle spielen: die El-<br />
Frankreich 2005<br />
Der Film erzŠhlt die Geschichte<br />
einer Frau, die in einem MŠnnerkšrper,<br />
und die eines Mannes, der<br />
in einem Frauenkšrper geboren<br />
wurde. Was spielte sich in ihrem<br />
Inneren ab, bevor sie ihr seelisches<br />
mit ihrem anatomischen Geschlecht<br />
in Einklang brachten? Die beiden<br />
au§ergewšhnlichen Schicksale<br />
werden vorurteilslos geschildert,<br />
denn es geht hier in erster Linie um<br />
allgemein menschliche Fragen.<br />
tern in Sydney, Orchestermusiker<br />
und SŠnger. Der Film zeigt, dass<br />
man bei Simone Young vor †berra-<br />
Do., 27. Okt., 22.15 Uhr, Arte<br />
Anleitung zum<br />
schungen nicht sicher ist: So erfŠhrt<br />
man unter anderem, warum in ihrer<br />
Mozart-Interpretation plštzlich eine<br />
Glücklichsein<br />
Dokumentarfilm<br />
Norwegen 2003<br />
Melodie von den Beatles auftaucht. Regie: Line Hatland<br />
42<br />
Frauengruppe um Dorothee von Gagern ( Mitte, Hexenname: Sirilya ):<br />
Zurück zur Natur, Kräuterweisheiten, Tanz und feministische Ideale, 30.10.)<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
Donnerstag, 20. Oktober<br />
2005, 20.15 Uhr, WDR<br />
TV-TIPPS<br />
Tatort - Gewaltfieber<br />
OKTO<br />
Eine Tat wie im Gewaltrausch: Im<br />
Lehrerzimmer eines Gymnasiums<br />
werden die Leichen von drei Lehrern<br />
und einem SchŸler gefunden,
LŠsst sich GlŸck messen? Kann<br />
man den Grad der eigenen GlŸckse-<br />
OBER<br />
ligkeit oder der eines anderen Men-<br />
2005<br />
schen auf einer Skala abbilden? Die<br />
norwegische Filmemacherin Line<br />
Hatland versucht in ihrer ãAnleitung<br />
zum GlŸcklichseinÒ zu ergrŸn-<br />
den, warum manche Menschen mit<br />
ihrem Leben offenkundig zufriedener<br />
sind als andere. Dabei stŸtzt sie<br />
sich sowohl auf spezielle wissenschaftliche<br />
Forschungen, die dieser<br />
Frage seit langem nachgehen, als<br />
auch auf ihre eigenen Erfahrungen<br />
und GefŸhle. Das Ergebnis ist ein<br />
subjektiver und kritischer Film, der<br />
sich - mit einem Schuss Ironie -<br />
durchaus als ãLeitfaden des<br />
GlŸcksÒ verstehen lŠsst.<br />
Sa., 29. Okt., 01.55 Uhr, MDR<br />
Full of Grace<br />
Kurzfilm, Belgien 1987<br />
Buch + Regie:<br />
Nicole von Goethem<br />
Ein Film Ÿber das geheimnisvolle<br />
Leben der Karyatiden. Eine Allegorie<br />
Ÿber Frauen, die die sexuelle<br />
Last loswerden wollen, die ihnen<br />
von den mŠnnlich geprŠgten Traditionen<br />
der westlichen Zivilisation<br />
aufgebŸrdet wurde.<br />
lespress ❘ oktober 2005<br />
Sa., 29. Okt., 13.30 Uhr, ARD<br />
Rita Süßmuth<br />
höchstpersönlich<br />
Film von Thorsten Jeß<br />
ãRita SŸssmuth ist heute eine eigenstŠndige<br />
politische InstanzÒ, sagt<br />
eine gute Freundin Ÿber sie und ãals<br />
wir uns zu Zeiten der Studentenrevolte<br />
kennen lernten, war sie Ÿberhaupt<br />
nicht politisch aktivÒ. Die<br />
ARD-Reihe ãhšchstpersšnlichÒ<br />
portrŠtiert die ehemalige Familienund<br />
Frauenministerin und BundestagsvizeprŠsidentin<br />
und kommt dabei<br />
bisweilen zu Ÿberraschenden<br />
Einsichten.<br />
Rita SŸssmuth hat sich in der Politik<br />
nie verbiegen lassen und bei aller<br />
LoyalitŠt zu ihrer politischen<br />
Heimat, der CDU, ihr eigenstŠndiges<br />
Profil bewahrt. Die Anliegen<br />
von Frauen, Familien, Migranten<br />
hat sie in den Mittelpunkt ihres politischen<br />
Handelns gestellt und wirkungsvoll<br />
vertreten. ãWer nicht<br />
kŠmpft, hat schon verlorenÒ, hei§t<br />
ein Buchtitel von ihr, es ist gleichzeitig<br />
ihr politisches Motto.<br />
HR-Autor Thorsten Je§ hat die beliebte<br />
Politikerin auf Reisen durch<br />
Deutschland und …sterreich aber<br />
auch daheim in Neuss mit der Kamera<br />
begleitet. Dabei sind ihm einige<br />
Beobachtungen gelungen, die es<br />
in der politischen Berichterstattung<br />
nicht zu sehen gibt: Rita SŸssmuth<br />
als Tour-Guide durch den Berliner<br />
Reichstag, beim Turnen auf dem<br />
Assistentinnen-Kongress und beim<br />
Ausspannen in den eigenen vier<br />
WŠnden.<br />
So., 30. Okt., 15.40 Uhr, WDR<br />
Hexen -<br />
Die Rückkehr der<br />
magischen Frauen<br />
Die Welt der magischen Frauen ist<br />
eigentlich eine verborgene. Die<br />
22.10., Simone Young<br />
meisten organisieren sich in geheimen<br />
Zirkeln - ãCovensÒ genannt.<br />
Autor Wolfgang Luck ist es dennoch<br />
gelungen, Einblick in ihre Rituale<br />
zu bekommen. Es ist eine<br />
Spurensuche durch die verschiedensten<br />
Spielarten: Esoterik und<br />
Okkultismus gehšren dazu, aber<br />
auch die Sehnsucht, die Natur neu<br />
zu erleben. Da ist zum Beispiel die<br />
schwŠbische Hexengruppe um die<br />
Ritualleiterin Syrilia, die im stršmenden<br />
Regen um einen Kraftplatz<br />
tanzt, um in Kontakt zu kommen<br />
mit den ãSeelen der AhninnenÒ. Die<br />
modernen Hexen wollen das fast<br />
verloren gegangene KrŠuter- und<br />
Heilwissen der verfolgten Frauen<br />
aus dem Mittelalter wieder aufleben<br />
lassen. Und ein rein mŠnnliches Kamerateam<br />
ist deshalb unterwegs im<br />
Wald mit einer ško-feministischen<br />
Frauengruppe... Wir treffen aber<br />
auch ganz junge Hexen. Carina und<br />
Isabelle sind gerade mal 15 und die<br />
Hexen-Serie ãCharmedÒ hat sie auf<br />
die Idee gebracht, es selbst einmal<br />
mit dem Zaubern zu versuchen. In<br />
der Walpurgisnacht haben sie einen<br />
Liebeszauber ausprobiert, geklappt<br />
hat es nicht so recht: ãWir mŸssen<br />
halt noch einiges dazulernenÒ. Sektenbeauftragte<br />
finden den neuen<br />
Magie-Boom gar nicht lustig. Labile<br />
Menschen kšnnten in AbhŠngigkeiten<br />
geraten und psychische<br />
Mechanismen in Gang gesetzt werden,<br />
die sich schwer kontrollieren<br />
lassen, warnt die Hexen-Expertin<br />
der evangelischen Landeskirche<br />
Hamburg Lademann-Priemer.<br />
Di., 01. Nov., 14.05 Uhr, 3sat<br />
Clever und ganz<br />
schön cool -<br />
Frauen in Shanghai<br />
Film von Jochen Graebert<br />
700 Frauen aus Shanghai hat die<br />
Hobbyfotografin He Zhaoya fotografiert.<br />
AnfŠnglich ging es ihr nur<br />
um die Kunst, doch dann interessierte<br />
sie sich immer mehr fŸr die<br />
Charaktere der fotografierten Frauen,<br />
so dass sie ein Buch Ÿber die<br />
Bewohnerinnen Shanghais schrieb.<br />
Der Film zeigt einige dieser Frauen<br />
und wie verschieden ihre Lebensvorstellungen<br />
sind: Gu Wenying gehšrt<br />
mit ihren 22 Jahren zur ãmodernen<br />
GenerationÒ, Zou Shi ist 95<br />
Jahre alt, und als sie geboren wurde,<br />
regierte in China noch der Kaiser.<br />
Mi., 02. Nov., 02.15 Uhr, 3sat<br />
Shanghai<br />
Mon Amour<br />
Die Pop-Poetin<br />
Mian Mian<br />
Film von<br />
Francesco Conversano<br />
und Nene Grignaffini<br />
Sex, Drugs & Rock ÔnÕ Roll in China:<br />
Die Schriftstellerin Mian Mian<br />
beschreibt in ihren BŸchern das<br />
neue, wilde China. Ihr DebŸt ãLalalaÒ<br />
zog die chinesische Zensur drei<br />
Tage nach Erscheinen aus dem Verkehr,<br />
danach kursierte es in Raubkopien<br />
und wurde zum Kultbuch<br />
der Jugendlichen.<br />
Mian Mian, Pop-Poetin und Szenestar<br />
Shanghais, fŸhrt durch die unbekannte<br />
Seite ihrer Stadt und stellt<br />
KŸnstler und Kreative vor und<br />
zeigt, was es offiziell im Reich der<br />
Mitte gar nicht gibt: das Nachtleben,<br />
die Welt der Drogen, die Lesben-<br />
und Schwulen-Szene.<br />
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