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100 Fragen und Antworten zum Russland ... - IHK zu Düsseldorf

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Warum werden Joint Ventures mit großen russischen<br />

Firmen oft in Wien oder Zypern gegründet?<br />

Dafür können mehrere Gründe bestehen. Früher war dies<br />

in erster Linie damit verb<strong>und</strong>en, dass keine Vereinbarungen<br />

der Gesellschafter im Rahmen eines Joint Ventures nach russischem<br />

Recht vor dem Inkrafttreten der Änderungen <strong><strong>zu</strong>m</strong><br />

russischen GmbH-Gesetz <strong>und</strong> AG-Gesetz möglich waren.<br />

Sogar nach deren Inkrafttreten 2009 hat sich die Rechtsanwendungspraxis<br />

hinsichtlich der Durchsetzbarkeit noch<br />

nicht etabliert. Ein weiterer möglicher Gr<strong>und</strong> sind Zollpräferenzen<br />

bei der Einfuhr technischer Anlagen als Stammkapitaleinlage.<br />

Zu guter Letzt sind häufig auch steuerliche Gründe<br />

wesentlich, aus russischer Sicht auch „Asset Protection“.<br />

<strong>Russland</strong> 2012 <strong>100</strong> <strong>Fragen</strong> <strong>und</strong> <strong>Antworten</strong><br />

Statement<br />

Großzügige Subventionen für die Landwirtschaft<br />

Ekosem-Agrar produziert 215 Tonnen Milch pro Tag.<br />

Die Trockenheit in <strong>Russland</strong> hat der Landwirtschaft in den vergangenen<br />

Monaten in einigen Regionen schwer <strong>zu</strong>gesetzt. Wir<br />

sind mit einem blauen Auge davongekommen. Die Qualität<br />

unseres Futters – wir versorgen unsere Tiere überwiegend aus<br />

eigenem Anbau – ist sehr gut. In den vergangenen Monaten<br />

haben wir die Milchproduktion ordentlich gesteigert. In unserem<br />

Betrieb in Woronesh bringt jede Kuh jetzt über 20 Liter<br />

Milch pro Tag – das ist ein gutes Ergebnis. In unserer besten<br />

Herde schaffen wir es deutlich auf über 30 Liter.<br />

Wir bauen unser Unternehmen in <strong>Russland</strong> weiter kontinuierlich<br />

aus. Wir bereiten aktuell den Erwerb von zwei weiteren<br />

Betrieben mit insgesamt 5.000 Hektar Land vor, <strong>und</strong> wir wollen<br />

weiter expandieren. Gegenwärtig bauen wir drei Milchviehanlagen,<br />

eine in Nowosibirsk <strong>und</strong> zwei in Woronesh.<br />

Kürzlich haben wir in den USA 5.000 Kühe gekauft, die derzeit<br />

auf dem Weg nach <strong>Russland</strong> sind. Diese Expansion ist unter<br />

anderem durch die großzügige Förderung des russischen<br />

Staates <strong>und</strong> auch der regionalen Administ ration in Woronesh<br />

für Landwirtschaftsbetriebe möglich. Pro Färse (Kuh, die noch<br />

keine Milch gibt) erhält der Landwirt in <strong>Russland</strong> einen Investitions<strong>zu</strong>schuss<br />

zwischen 500 <strong>und</strong> 2.000 Euro, also etwa bis 60<br />

Prozent des Kaufpreises. Woronesh ist besonders großzügig,<br />

dort zahlt die Administration 2.000 Euro <strong>zu</strong>. Auch in Tjumen,<br />

Kaluga <strong>und</strong> Nowosibirsk gibt es finanzielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng.<br />

Für Melkeinrichtungen erhalten die Landwirte in <strong>Russland</strong><br />

Zuschüsse in Höhe von 20 bis 40 Prozent der Investition. Bei<br />

Stallbauten <strong>und</strong> Zuchtviehkauf gibt es Zins<strong>zu</strong>schüsse, wenn<br />

der Kredit bei einer russischen Bank aufgenommen wird.<br />

Was hat die Regierung bisher unternommen, um die<br />

Bürokratie <strong>zu</strong> zügeln?<br />

Die Verwaltungsverfahren wurden teils erheblich vereinfacht<br />

(z.B. Baugenehmigungsverfahren) <strong>und</strong> viele Vorgänge funktionieren<br />

„online“, die meisten Behörden haben gute Internetseiten,<br />

Informationen <strong>und</strong> Auszüge können elektronisch<br />

bestellt werden, z.B. auf der Seite http://www.gosuslugi.ru.<br />

Aber es ist noch erheblicher Reformeifer nötig, um das Leben<br />

der Unternehmen <strong>zu</strong> vereinfachen, gerade im Bereich KMU.<br />

Welche rechtlichen Probleme beschäftigen deutsche<br />

Unternehmen in <strong>Russland</strong> momentan am meisten?<br />

Das gesamte Genehmigungs- <strong>und</strong> Lizenzierungswesen <strong>und</strong><br />

der dokumentenintensive Import <strong>und</strong> Export stellten ein<br />

Stefan Dürr<br />

Geschäftsführender<br />

Gesellschafter <strong>und</strong> CEO der<br />

Ekosem-Agrar GmbH<br />

Ebenfalls Zins<strong>zu</strong>schüsse gibt es<br />

beim Kauf von Betriebsmitteln<br />

wie Saatgut. Agrarbetriebe sind<br />

außerdem von der Gewinnsteuer<br />

befreit. Ursprünglich sollte diese<br />

Regelung, die 2008 verabschiedet<br />

wurde, nur bis 2013 gelten. Nun<br />

steht die Entscheidung unmittelbar<br />

bevor, dass sie bis 2018 verlängert<br />

wird.<br />

Das sind alles sehr großzügige Subventionen.<br />

Solange die Weltmarktpreise<br />

für Öl <strong>und</strong> Gas hoch sind, hat<br />

<strong>Russland</strong> auch keine Probleme, diese Politik durch<strong>zu</strong>halten.<br />

Wenn die Preise jedoch weiter fallen – <strong>und</strong> der Ölpreis liegt<br />

jetzt schon deutlich unter <strong>100</strong> US-Dollar – dann ist natürlich<br />

fraglich, woher das Geld kommen soll. Vor die Frage gestellt,<br />

ob die Löhne für Lehrer <strong>und</strong> die Renten gezahlt werden oder<br />

die Agrarbetriebe unterstützt werden, wird man sich sicher für<br />

die Lehrer <strong>und</strong> Rentner entscheiden.<br />

Ein zweiter Unsicherheitsfaktor ist die Preispolitik der großen<br />

Abnehmer unserer Produkte. Die zwei größten milchverarbeitenden<br />

Betriebe haben zweifellos eine Monopolstellung,<br />

die sich im Preisgefüge bemerkbar machen kann. Wir wollen<br />

uns langfristig deshalb von diesen Strukturen unabhängig<br />

machen <strong>und</strong> bauen gegenwärtig in Nowosibirsk einen kleinen<br />

Milchverarbeitungsbetrieb auf, um hier Erfahrungen <strong>zu</strong> sammeln.<br />

Im März dieses Jahres hat unser Unternehmen eine Anleihe<br />

emittiert. Der Start an der Börse Stuttgart ist gut gelungen.<br />

Die Ekosem-Agrar GmbH ist das erste Unternehmen, das eine<br />

solche Anleihe emittiert hat, um in <strong>Russland</strong> <strong>zu</strong> investieren.<br />

Insofern war es interessant <strong>zu</strong> erfahren, wie die Anleger reagieren.<br />

Wir haben bei der Vorbereitung dieser Aktion gelernt,<br />

dass <strong>Russland</strong> in Deutschland zwar ein haarsträubendes<br />

Image hat – aber unserem Unternehmen wurde doch großes<br />

Vertrauen entgegengebracht. Mehr als die Hälfte der Anleger<br />

kommen aus dem privaten Bereich, die eher kleinere Summen,<br />

zwischen 2.000 bis 10.000 Euro, in den Topf geworfen haben.<br />

Darüber hinaus gibt es einige institutionelle Anleger.<br />

Die Börse Stuttgart hat einen tollen Job gemacht. Am Anfang<br />

hatten natürlich auch die Stuttgarter Börsianer Mühe mit dem<br />

Thema <strong>Russland</strong> – aber wenn jetzt eine andere Firma mit <strong>Russland</strong>-Be<strong>zu</strong>g<br />

eine Anleihe hier aufnehmen will, muss man den<br />

Mitarbeitern der Börse nicht mehr erklären, was <strong>Russland</strong> ist.<br />

14 Ost-West-Contact 7/2012<br />

Fotos: Ekosem

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