Aktuelles Wissen nutzen - Ärztekammer Bremen
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3Morbus 8 Morbus parkinson<br />
BREMER ÄRZTEJOURNAL 09| 1 1<br />
Morbus Parkinson<br />
Therapie und Lebensqualität<br />
Die Symptome einer Parkinsonerkrankung gehen immer mit einer Einschränkung der<br />
Lebensqualität einher. Die individuell angepasste Therapie zielt daher auf eine<br />
Reduktion der motorischen und nicht-motorischen Symptome, wobei letztere immer<br />
mehr Beachtung finden.<br />
Die motorischen Symptome wie Hypokinese,<br />
Tremor und posturale Instabilität<br />
füh ren die Patienten meist zum Arzt. Oftmals<br />
bestehen diese schon länger, werden<br />
jedoch häufig als „Alterssymptome“<br />
von den Patienten und Angehörigen lan ge<br />
Zeit toleriert. Insgesamt ist die Behandlung<br />
der motorischen Symptome – zumindest<br />
in den ersten Jahren nach Diagnosestellung<br />
– eine dankbare Aufgabe für<br />
den behandelnden Arzt. Es ist in den meisten<br />
Fällen möglich, eine ausreichende<br />
Besserung zu erreichen, die immer zum<br />
Ziel haben sollte, dass der Patient im Alltag<br />
dadurch nicht oder nur gering beeinträchtigt<br />
ist. Zu Beginn der Therapie sollte<br />
man darauf hinweisen, dass die Behandlung<br />
einer Parkinsonerkrankung immer<br />
viel Geduld erfordert – sowohl vom Patienten<br />
als auch vom Arzt. Es gilt immer:<br />
niedrig dosiert beginnen und sehr langsam<br />
die Dosis steigern, um die unerwünschten<br />
Wirkungen, die insbesondere<br />
zu Beginn auftreten können, zu minimieren.<br />
Bei Patienten unter 70 Jahren (biologisches<br />
Alter) und ohne wesentliche<br />
Begleiterkrankungen sollte dabei mit einer<br />
Dopaminagonistentherapie begonnen<br />
wer den. Dafür stehen mittlerweile<br />
Substanzen zur Therapie motorischer Symptome<br />
Tab. 1<br />
zehn verschiedene Dopaminagonisten<br />
zur Verfügung, wovon heute aus Vertraglichkeitsgründen<br />
meist die Non-Ergoline<br />
eingesetzt werden (vgl. Tab. 1) und zum<br />
Teil mittlerweile auch generisch verfügbar<br />
sind (nicht retardiert). Bei nur gering<br />
ausgeprägten Symptomen ist initial auch<br />
eine Therapie mit einem Monoaminoxydase<br />
B-Hemmer (Selegilin oder Rasagilin)<br />
oder Amantadin möglich.<br />
Bei älteren oder multimorbiden Patienten<br />
und Patienten, die einen rascheren<br />
Wirkungseintritt wünschen oder bei denen<br />
Kontraindikationen für eine Do paminago<br />
nistentherapie bestehen, ist eine<br />
initiale Therapie mit L-Dopa in Kombination<br />
mit einem Decarboxylasehemmer zu<br />
empfeh len, da darunter meist rasch eine<br />
Besserung der Symptome zu erwarten ist<br />
und die Nebenwirkungen geringer ausgeprägt<br />
sind.<br />
Lebensumstände und<br />
Erkrankungen berücksichtigen<br />
Einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl<br />
des Medikamentes haben die Lebensumstände<br />
und Begleiterkrankungen des Patienten.<br />
Einem jungen, noch berufstätigen<br />
Patienten wird man vorzugsweise eine<br />
1. L-Dopa + Decarboxylasehemmer (Benserazid oder Carbidopa)<br />
2. Dopaminagonisten: Apomorphin* (s.c), Bromocriptin, Cabergolin,<br />
Dihydroergocryptin, Lisurid, Pergolid, Piribedil*, Pramipexol*, Ropirinol*,<br />
Rotigotin* (transdermal) (*Non-Ergoline)<br />
3. COMT-Hemmer: Entacapon, Tolcapon<br />
4. Monoaminoxidase-Hemmer: Selegilin, Rasagilin<br />
5. Anticholinergika: Biperiden, Bornaprin, Metixen, Trihexphenidyl<br />
6. NMDA-Anatgonisten: Amantadin, Budipin<br />
einmal täglich anzuwendende Medikation<br />
empfehlen, wie zum Beispiel lang<br />
wirksame oder retardierte Dopaminagonisten<br />
ggf. in Kombination mit einem<br />
MAO-B-Hemmer, auch um das Risiko der<br />
langfristig zu erwartenden Wirkungsfluktuationen<br />
zu verringern oder diese zumindest<br />
hinauszuzögern. Bei älteren, multimorbiden<br />
und häufig mit vielen Medikamenten<br />
behandelten Patienten steht<br />
dagegen die Berücksichtigung der unerwünschten<br />
Wirkungen und Wechselwirkungen<br />
im Vordergrund (häufiger psychotische<br />
Phänomene unter Dopaminagonisten,<br />
Harnverhalt unter Amantadin<br />
und Selegilin, Kumulation von Amantadin<br />
bei Niereninsuffizienz und zahlreiche andere).<br />
Es ist darauf zu achten, dass die<br />
Lebensqualität der Patienten durch die<br />
Medikation nicht unnötig weiter eingeschränkt<br />
wird. Es macht zum Beispiel wenig<br />
Sinn, einen berufstätigen jungen Patienten<br />
unter allen Umständen mit einem<br />
Dopaminagonisten zu behandeln, wenn<br />
er auf das Führen eines PKWs angewiesen<br />
ist und unter den Dopaminagonisten<br />
zu einem nicht zu beherrschenden Schlafdrang<br />
mit Einschlafattacken neigt. Aufgrund<br />
des unterschiedlichen Rezeptorprofils<br />
ist bei unerwünschten Wirkungen<br />
auch der Wechsel von einem Dopaminagonisten<br />
zu einem anderen manchmal<br />
sinnvoll. Die Behandlung wird insgesamt<br />
schwieriger, wenn es im Verlauf zu Wirkungsfluktuationen<br />
kommt und andere,<br />
nicht-motorische Symptome, in den Vordergrund<br />
treten. Dann sind häufigere Einnahmezeiten,<br />
Kombination verschiedener<br />
Wirkstoffe und Zubereitungen (rasch wirksame<br />
L-Dopa-Form, retardierte L-Dopa-<br />
Gaben zur Nacht) erforderlich. Auch das<br />
Vorliegen eines ausgeprägten Tremors ist<br />
gelegentlich problematisch. Dann ist die<br />
Behandlung mit Anticholinergika zu über