Grenzen ambulanter Pflege Doris Schaeffer - WZB
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Weise auszubalancieren. Im Alltag ist es jedoch eher die Ausnahme als die Regel, daß<br />
solche Lösungen durchgehalten werden können, und vielfach stellt die Tätigkeit in die<br />
sem Bereich ein permanentes Spiel mit den eigenen <strong>Grenzen</strong> dar. Nicht selten werden<br />
diese so weit ausgedehnt bis es zu den erwähnten plötzlichen Einbrüchen kommt, in de<br />
ren Folge fortan vermehrt an Stellenwechsel gedacht wird oder sich distanziertere Hal<br />
tungen und Zynismus breit machen - alles mehr oder minder hilflose Versuche, mit den<br />
Belastungen und Spannungen des Berufsalltags zurechtzukommen.<br />
Problematisch ist, wenn die <strong>Pflege</strong>dienstleitungen das explizit zum Kalkül erheben, dem<br />
zweifelsohne auch auf ihnen lastenden Druck nachgeben und ihrerseits auf die Aus<br />
dehnbarkeit psychischer <strong>Grenzen</strong> ihrer Mitarbeiter setzen. Das Zitat einer Leitung eines<br />
ambulanten <strong>Pflege</strong>dienstes verdeutlicht exemplarisch, wie im Alltag häufig verfahren<br />
wird;<br />
"Man muß halt einen <strong>Pflege</strong>r finden, dessen <strong>Grenzen</strong> an dem Punkt noch<br />
nicht angelangt sind" (Sst 8;31/22-24).<br />
Daß diese Vorgehensweise sehr problematisch ist, haben die sich in der jüngeren Ver<br />
gangenheit häufenden Skandale im (stationären) <strong>Pflege</strong>bereich hinreichend bewiesen.<br />
Wird einzig auf die Belastungsfähigkeit des einzelnen gesetzt, ist die Gefahr des Um<br />
schlagens in Aggression oder Despotismus, mithin auch der Abwehr zum Schutz der ei<br />
genen Person sehr groß. Selbst bei all den <strong>Pflege</strong>kräften ist damit zu rechnen, bei denen<br />
die Sorge um das Wohl anderer, die Hilfsbereitschaft angesichts vorhandener Not und<br />
die Belastbarkeit soeben noch unermeßlich groß und all den sich im Alltag stellenden<br />
Widrigkeiten zum Trotz weiter entfaltbar zu sein schienen.<br />
Diese Gefahr ist um so stärker, je weniger individuelles Engagement kollektiv gestützt<br />
wird - sei dieses in Form einer tragenden Ideologie/Philosophie (exemplarisch Kelln-<br />
hauser 1991), einem professionell sanktionierten Selbst- und Aufgabenverständnis oder<br />
einer institutioneilen Identität (corporate identity) und einem entsprechenden<br />
innerinstitutionellen Rückhalt. Für die <strong>Pflege</strong> im ambulanten Bereicht trifft zu, daß alle<br />
der genannten Faktoren erodierend oder nicht hinreichend ausgebildet sind. Vor allem<br />
der innerinstitutionelle Rückhalt ist unzureichend und hat nicht genügend<br />
sicherheitsstiftenden Charakter. Eine der Ursachen dafür liegt darin, daß die<br />
<strong>Pflege</strong>kräfte in der ambulanten Versorgung sehr isoliert und einzig auf sich gestellt<br />
arbeiten. Rückversicherungsmöglichkeiten bei Kollegen oder auch bei Ärzten sind