14.01.2013 Aufrufe

Sweet about me

Sweet about me

Sweet about me

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

BÜCHER<br />

DENKEN<br />

Willensfragen<br />

Der Neurobiologe Dick Swaab <strong>me</strong>int<br />

»Wir sind unser Gehirn«<br />

er sogenannte freie Wille hinkt<br />

ständig hinterher. Unsere physi- Dschen<br />

Reaktionen setzen <strong>me</strong>istens<br />

Bruchteile von Sekunden ein, bevor<br />

wir uns ihrer bewusst werden.<br />

Der Entschluss, die Faust zu ballen<br />

oder den Arm hoch zu neh<strong>me</strong>n ist<br />

längst gefallen, bevor wir ihn getroffen<br />

haben. Der freie Wille ist nicht<br />

viel <strong>me</strong>hr als eine nachgerechte Interpretation<br />

unseres Bewusstseins.<br />

Dass er wiederum der Preis für unser<br />

Bewusstsein ist (weil wir sonst<br />

irre würden), diese Vermutung steht<br />

in Wir sind unser Gehirn - Wie wir<br />

denken, leiden und lieben des niederländischen<br />

Hirnforschers Dick<br />

Swaab. Der hat seine jahrelang gepflegte<br />

Zeitungskolumne unter gleichem<br />

Titel zu einem Buch zusam<strong>me</strong>ngefasst,<br />

dessen Aufbau zwar etwas<br />

wirr ist, das trotzdem eine faszinierende<br />

Fülle von Fakten liefert.<br />

Von der Hormonausschüttung, die<br />

die Geburt einleitet, über Pubertät,<br />

Sexualität und Krankheit präsentiert<br />

uns Swaab Fakten, die uns zu einer –<br />

zugegeben: komplizierten – Reiz-Reaktionsmaschine<br />

machen. Die sexuelle<br />

Orientierung, Intelligenz, Vorlieben<br />

– all das ist eigentlich schon entschieden,<br />

bevor wir auf die Welt kom<strong>me</strong>n.<br />

Und zwar nicht allein genetisch,<br />

sondern vor allem chemisch determiniert.<br />

Unser Gehirn und seine<br />

Reaktions<strong>me</strong>chanis<strong>me</strong>n sind bereits<br />

wesentlich geprägt, bevor sie die<br />

Arbeit im Freien aufneh<strong>me</strong>n.<br />

Mit viel Humor geschrieben und<br />

dabei sehr präzise in den Aussagen,<br />

erläutert Swaab, warum die offensichtlich<br />

determinierte Vorliebe<br />

für Religion evolutionäre Vorteile<br />

brachte (sie schweißt Gruppen zusam<strong>me</strong>n<br />

und legitimiert ihre Überlegenheit),<br />

warum wir uns verlieben,<br />

was während eines „Nahtoderlebnisses“<br />

geschieht und wieso unsere<br />

sexuelle Präferenz feststeht,<br />

bevor wir uns auch nur mit ihr<br />

auseinandersetzen.<br />

Vieles davon ist politisch inkorrekt,<br />

wahre Gut<strong>me</strong>nschen, anders<br />

Gläubige und Esoteriker werden sich<br />

entsetzt von den Fakten abwenden.<br />

Das macht das Buch umso wichtiger,<br />

das sich trotz seines eng gefassten<br />

Themas Zeit nimmt, ein Kapitel<br />

über „Intelligentes Design“ abzuliefern.Weileingutfunktionierendes<br />

Gehirn eben auch weiß: Man soll moralische<br />

Wunschvorstellung und<br />

Erkenntnis nicht durcheinanderbringen.<br />

Erich Sauer<br />

Dick Swaab: Wir sind unser Gehirn.<br />

Wie wir denken, leiden und lieben. Aus<br />

dem Niederländischen von Bärbel Jänicke<br />

und Marlene Müller-Haas. Droe<strong>me</strong>r,<br />

München 2011, 511 S. mit Register,<br />

22,99<br />

Cartesianisches Theater oder unser Hirn brät sich ein Ei<br />

JUGEND<br />

Ferien im Keller<br />

Eine feine Novelle über einen<br />

14jährigen, der nicht recht<br />

erwachsen werden will<br />

eil seine Mama im<strong>me</strong>r an ihm<br />

herumnörgelt, er habe nicht ge- Wnug<br />

Freunde, erzählt der 14jährige<br />

Lorenzo zu Hause, er sei auf einen<br />

Ski-Urlaub eingeladen worden.<br />

Weil das nicht stimmt, steht Lorenzo<br />

jetzt vor dem Problem, ein paar Tage<br />

verschwinden zu müssen, um so vorzugaukeln,<br />

er sei fröhlich mit Freunden<br />

auf der Piste – während er sich<br />

in Wahrheit in einem<br />

Keller versteckt.<br />

Den hat er<br />

gut präpariert, mit<br />

Konserven, Stephen<br />

King-Roman und einer<br />

Playstation. Lorenzo<br />

ist eben wirklich<br />

lieber allein.<br />

Der Italiener<br />

Niccolò Ammaniti<br />

hat sich diesen Jungen<br />

ausgedacht, der<br />

den Leser direkt anspricht<br />

und von den Schwierigkeiten<br />

erzählt, in einer Welt zu überleben,<br />

mit der er eigentlich gar nichts zu<br />

tun haben will. Dass er sozial ein<br />

bisschen neben der Spur ist, lernen<br />

wir dabei recht schnell. Aber Lorenzo<br />

ist anpassungsfähig, er lernt Gesten<br />

und Sprüche der wirklich coolen<br />

Jungs in der Schule, gerade so<br />

viel,dassmanihninRuhelässt.So<br />

hält er auch Mama auf Abstand, die<br />

große Beschützerin. Die zu beruhigen,<br />

dass alles in Ordnung sei, ist Lorenzos<br />

größtes Problem. Bis nach ein<br />

paar Tagen seine ältere Halbschwester<br />

Olivia an Lorenzos Kellertür<br />

klopft. Die ist drogensüchtig und eigentlich<br />

auf der Suche nach Geld für<br />

den nächsten Schuss. Und Lorenzo<br />

wird ihr auf eine Art nahekom<strong>me</strong>n,<br />

die er sich nie zugetraut hätte. Und<br />

die nichts mit Sex zu tun hat.<br />

Du und ich ist eine unaufgeregte<br />

Novelle, ohne Anspruch, ohne große<br />

Effekte und Handlungswendungen.<br />

Ammaniti macht die kleine Begebenheit,<br />

ein paar Tage im Keller des elterlichen<br />

Hauses, nicht größer, als<br />

sie ist. Dass sie traurig schließt und<br />

der jugendlich vorwitzige Tonfall des<br />

Anfangs ein erwachsenes Ende findet,<br />

stellt dabei eine perfekte, ungezwungene<br />

Verbindung von Inhalt<br />

und Form her. Victor Lachner<br />

Niccolò Ammaniti: Du und ich. Aus<br />

dem Italienischen von Ulrich Hartmann.<br />

Piper, München 2012, 150 S.,<br />

14,99<br />

ULTIMO 23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!