Herz heute 16-17 - Kölner Infarkt Modell
Herz heute 16-17 - Kölner Infarkt Modell
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Es war fast Mitternacht, als Klaus G. von seiner<br />
Geschäftsreise aus den USA zurückkam. Seine<br />
Frau sah sofort, dass es ihm nicht gut ging. Er<br />
sah fahl und erschöpft aus. Während er sich sonst<br />
zu ihr setzte, von seiner Reise berichtete und<br />
danach fragte, wie es ihr und den Kindern inzwischen<br />
ergangen sei, hatte er jetzt nur einen Wunsch,<br />
sich sofort hinzulegen. „Ich fühle mich nicht wohl“,<br />
sagte er, „und plötzlich habe ich scheußliche<br />
Schmerzen in der Brust und im Arm. Die Reise war<br />
anstrengend und das lange unbequeme Sitzen<br />
im Flugzeug. Es wird schon besser werden.“ Aber<br />
besser wurde es nicht, sondern beunruhigend<br />
schlechter. Gerda G. war ratlos, aber dann fiel<br />
ihr ein: Schmerzen in der Brust und im Arm,<br />
Übelkeit, fahle Hautfarbe: War das nicht ein <strong>Herz</strong>infarkt?<br />
Ihr nächster Gedanke war, den Hausarzt anzurufen.<br />
Der kannte ihren Mann. Zu ihm hatte sie<br />
volles Vertrauen. Aber inzwischen war es drei Uhr<br />
geworden – eine Zeit, in der man ihn doch unmöglich<br />
aus dem Schlaf reißen konnte. So wartete sie<br />
voller Angst bis kurz nach sechs. Auf ihren Anruf<br />
kam der Arzt sofort, aber helfen konnte er nicht<br />
mehr. Es war zu spät.<br />
Zeit ist Leben<br />
Aus diesem traurigen Fall ist eines zu lernen: Bei<br />
Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt kann man nicht zuwarten,<br />
schon gar nicht in der Nacht auf den Morgen, am<br />
Wochenende auf den Montag. Das lässt die Dramatik<br />
der Situation nicht zu.<br />
Ein <strong>Herz</strong>infarkt bedeutet, dass ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß<br />
durch ein Gerinnsel verschlossen wird. Dadurch ist<br />
ein Teil des <strong>Herz</strong>muskels von der Sauerstoffzufuhr<br />
abgeschnitten: daher die Schmerzen, daher<br />
die Übelkeit.<br />
Zwei große Gefährdungen bringt der <strong>Herz</strong>infarkt<br />
mit sich. In den ersten Stunden danach ist das <strong>Herz</strong><br />
28<br />
<strong>Herz</strong>infarkt – ein Wettlauf mit der Zeit<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker, Hanau<br />
besonders anfällig für Störungen der <strong>Herz</strong>schlagfolge.<br />
Bedrohlich ist das sogenannte Kammerflimmern,<br />
bei dem das <strong>Herz</strong> mehr als 300 mal in<br />
der Minute schlägt. Wird diese Rhythmusstörung<br />
nicht sofort behoben, kommt es zu einem totalen<br />
Kreislaufzusammenbruch. Ursache ist eine unzureichende<br />
Füllung der <strong>Herz</strong>kammern durch die<br />
schnelle <strong>Herz</strong>schlagfolge. Diese Rhythmusstörung<br />
ist unabhängig von der Größe des <strong>Herz</strong>infarkts<br />
und kann auch bei einem kleinen <strong>Infarkt</strong> vorkommen.<br />
Schnelle Hilfe bringt der Defibrillator, der<br />
die <strong>Herz</strong>rhythmusstörung elektrisch beseitigt.<br />
Sowohl dem Notarzt im Rettungswagen (112 oder<br />
örtliche Notrufnummer) wie jeder Klinik stehen<br />
Defibrillatoren zur Verfügung.<br />
Die andere Gefahr, die ein <strong>Herz</strong>infarkt mit sich<br />
bringt, ist das Pumpversagen des <strong>Herz</strong>ens. Je länger<br />
der <strong>Herz</strong>infarkt andauert, desto mehr <strong>Herz</strong>muskelgewebe<br />
geht unwiederbringlich verloren.<br />
Die heutige Medizin hat zwei Möglichkeiten, die<br />
Durchblutung im <strong>Herz</strong>en wiederherzustellen: Einmal<br />
dadurch, dass Medikamente das Gerinnsel<br />
auflösen oder dass das verstopfte Gefäß mit einem<br />
Ballonkatheter wieder geöffnet und aufgedehnt<br />
wird. Heute weiß man, dass die Kathetermaßnahmen<br />
bei akutem <strong>Infarkt</strong> besser sind als die sogenannte<br />
Lysetherapie. Die Katheterintervention ist aber<br />
in Deutschland nicht überall verfügbar. An einem<br />
flächendeckenden Angebot, bei dem Rettungswagen<br />
beim <strong>Herz</strong>infarkt nur Kliniken anfahren, die täglich<br />
eine 24-Stunden-Katheterbereitschaft haben,<br />
wird gearbeitet. Auf jeden Fall gilt – gleich welche<br />
Behandlungsmethode eingesetzt wird – je früher<br />
eingegriffen wird, desto größer sind die Lebenschancen<br />
des Patienten.<br />
Die beiden großen Risiken des <strong>Herz</strong>infarkts, Kammerflimmern<br />
und Untergang von <strong>Herz</strong>muskelgewebe,<br />
erfordern, dass der Patient so schnell wie möglich<br />
in eine Klinik eingeliefert wird.