Herz heute 16-17 - Kölner Infarkt Modell
Herz heute 16-17 - Kölner Infarkt Modell
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<strong>Herz</strong>infarkt:<br />
unvermeidbares<br />
Schicksal?<br />
Deutsche<br />
<strong>Herz</strong>stiftung
Impressum<br />
<strong>Herz</strong>infarkt: unvermeidbares Schicksal?<br />
November 2005<br />
ISBN 3-9806604-6-X<br />
Herausgeber<br />
Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung e.V.<br />
Vogtstraße 50<br />
60322 Frankfurt am Main<br />
Telefon 069 955128-0<br />
Telefax 069 955128-313<br />
www.herzstiftung.de<br />
info@herzstiftung.de<br />
Redaktion<br />
Dr. Irene Oswalt (verantwortlich)<br />
Renate Horst<br />
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz<br />
Gestaltung<br />
www.neufferdesign.de<br />
Druck<br />
apm, alpha print medien AG,<br />
Darmstadt<br />
Bildnachweis<br />
Celestino Piatti (Logo); nach Assmann (S. 18); Prof. Dr. med. Harald Klepzig: Der<br />
große TRIAS-Ratgeber <strong>Herz</strong>erkrankungen, Trias Verlag: Stuttgart, 2002, S. 18 (S. 41);<br />
nach Löllgen (S. <strong>16</strong>, 30); nach Netter (S. 20/21); Jan Neuffer (S. U1, 2, 5, 6, 7, 8/9,<br />
10/11, 13, 14, 20/21, 29, 32/33, 35, 36/37, 38/39); Lennart Nilsson (S. 24, 40, 43);<br />
Georg Schreiber (S. 19).
„Die Medizin hat enorme Fortschritte in der Vorbeugung und der<br />
Behandlung des <strong>Herz</strong>infarkts gemacht. Trotzdem erleiden immer<br />
noch jedes Jahr fast 300 000 Menschen einen <strong>Herz</strong>infarkt und<br />
über <strong>17</strong>0 000 sterben an den Folgen. Das müssen wir ändern.“<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker<br />
Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />
<strong>Herz</strong>infarkt: unvermeidbares Schicksal?<br />
Wer ist gefährdet? Risikotest 2<br />
Helmut Gohlke<br />
Auf was muss ich achten?<br />
Was ist stabile Angina pectoris? 15<br />
Christian Hamm<br />
Ein Notfall: instabile Angina pectoris 23<br />
Andreas van de Loo<br />
Christoph Bode<br />
<strong>Herz</strong>infarkt – ein Wettlauf mit der Zeit 28<br />
Hans-Jürgen Becker<br />
Was tun im Notfall? 34<br />
Die innere Blockade 36<br />
Warum wir im Notfall so lange warten<br />
Interview mit Karl-Heinz Ladwig<br />
Die Therapie des <strong>Herz</strong>infarkts 40<br />
Henrik Schneider<br />
Franz Weber<br />
Christoph A. Nienaber<br />
Was kann die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung für Sie tun? 46
Anna L. (56 ) ist wieder zu Hause. Sie hat nur einen<br />
Wunsch: mit ihren Freundinnen zu telefonieren,<br />
um darüber zu sprechen, was ihr passiert<br />
war – <strong>Herz</strong>infarkt. Mitten im gewöhnlichen Alltag<br />
während einer Geburtstagsfeier hatte sie dieser<br />
schreckliche, brennende Schmerz überfallen. Zum<br />
Glück hatte ihre Freundin Sophie den Ernst der Lage<br />
erkannt und Anna sofort mit dem Rettungswagen<br />
in die Klinik bringen lassen. So wurde sie<br />
schnell behandelt und gerettet.<br />
Aber immer noch kann sie nicht begreifen, dass sie<br />
so plötzlich zwischen Leben und Tod gestanden hat.<br />
Es war wie ein Blitz aus heiterem Himmel, sagt<br />
sie immer wieder.<br />
Wirklich? Schon seit Jahrzehnten litt Anna unter<br />
Übergewicht. Sie aß gern und viel und entsprechend<br />
sahen ihre Blutfettwerte aus. Körperliche<br />
2<br />
Wer ist gefährdet? Risikotest<br />
Prof. Dr. med. Helmut Gohlke, Chefarzt Klinische Kardiologie II, <strong>Herz</strong>-Zentrum Bad Krozingen<br />
Aktivität? Tagsüber saß Anna L. als Sekretärin am<br />
Schreibtisch, abends am liebsten vor dem Fernseher.<br />
Oder sie telefonierte stundenlang mit ihren<br />
Freundinnen, während sie rauchte. Ohne es zu wissen,<br />
lebte sie gefährlich.<br />
Wir leben in einer Gesellschaft, deren Lebensweise<br />
den <strong>Herz</strong>infarkt begünstigt. Eine Ernährung<br />
reich an tierischen Fetten, Übergewicht, Zigarettenkonsum,<br />
Bewegungsmangel, Stress, hoher Blutdruck<br />
oder Zuckerkrankheit führen dazu, dass die<br />
Innenauskleidung der <strong>Herz</strong>kranzarterien beschädigt<br />
wird. Über komplizierte Mechanismen kommt<br />
es zur Ablagerung von Cholesterin in der Gefäßwand<br />
und zur Ausbildung von Fettpolstern<br />
(Plaques), die die Arterien einengen und den Blutfluss<br />
behindern können (koronare <strong>Herz</strong>krankheit).<br />
Wenn solch ein Fettpolster in einer <strong>Herz</strong>-
kranzarterie plötzlich aufbricht, bildet sich ein<br />
Blutgerinnsel, das das Gefäß verschließt und die<br />
Blutversorgung von Teilen des <strong>Herz</strong>muskels unterbricht:<br />
Ein <strong>Herz</strong>infarkt entsteht.<br />
Die Katastrophe ist nicht unausweichlich<br />
Die Gefäßveränderungen, die dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />
oder dem Schlaganfall vorausgehen, entwickeln sich<br />
meist über viele Jahre. Aber die Katastrophe, zu der<br />
sie führen, ist nicht unausweichlich.<br />
Lesen Sie die Fragen durch und kreuzen Sie die entsprechenden<br />
Antworten an. Am Ende zählen Sie<br />
Ihre Punkte zusammen. Die erzielte Punktzahl<br />
sagt Ihnen, wie gesund Sie leben.<br />
<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen in der Familie<br />
Ist in Ihrer Familie bei Verwandten ersten<br />
Grades (Vater, Mutter, Geschwister, Kinder)<br />
ein <strong>Herz</strong>infarkt oder Schlaganfall aufgetreten?<br />
Vor dem 70. Lebensjahr<br />
❏ Ja 2<br />
❏ Nein 0<br />
Vor dem 55. Lebensjahr<br />
❏ Ja 3<br />
❏ Nein 0<br />
Rauchen<br />
❏ Ich bin Nichtraucher 0<br />
❏ Ich rauche weniger als 20 Zigaretten<br />
pro Tag 3<br />
❏ Ich rauche mehr als 20 Zigaretten pro<br />
Tag 4<br />
Test<br />
■ Sie können Ihr persönliches Risiko erkennen<br />
– mit dem Selbsttest der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung.<br />
■ Sie können Ihr persönliches Risiko günstig<br />
beeinflussen und dadurch <strong>Herz</strong>infarkt und Schlaganfall<br />
wirksam vorbeugen – häufig schon durch kleine<br />
Veränderungen.<br />
Der folgende Test hilft Ihnen, Ihr persönliches Risiko<br />
einzuschätzen.<br />
Gewicht<br />
Für den Test gilt folgende Faustregel:<br />
Normales Körpergewicht für Männer:<br />
Körpergröße in cm minus 100:<br />
(Beispiel Körpergröße = 180 cm:<br />
180 – 100 = 80 kg)<br />
Normales Körpergewicht für Frauen:<br />
Körpergröße in cm minus 100 minus 10 Prozent<br />
gleich das Gewicht in Kilogramm<br />
(Beispiel Körpergröße = <strong>16</strong>0 cm:<br />
<strong>16</strong>0 – 100 – 6 = 54 kg)<br />
❏ Ist Ihr Gewicht normal oder<br />
liegt es darunter? 0<br />
❏ Liegt Ihr Gewicht 5 bis 10 kg<br />
oberhalb des Normalgewichts? 0,5<br />
❏ Liegt Ihr Gewicht 11 bis 20 kg<br />
oberhalb des Normalgewichts? 1,0<br />
❏ Liegt Ihr Gewicht mehr als 20 kg<br />
oberhalb des Normalgewichts? 1,5<br />
Ernährung<br />
Ernähren Sie sich fettarm (wenn Fette, dann<br />
bevorzugt ungesättigte Fette wie z. B. Olivenöl)?<br />
Essen Sie Hülsenfrüchte, Vollkornproduk-<br />
3
te, täglich frisches Obst, Salate und Gemüse<br />
sowie zwei Fischmahlzeiten pro Woche?<br />
❏ Ja, praktisch immer -2<br />
❏ Häufiger -1<br />
❏ Eher nicht 0<br />
Bevorzugen Sie eher deftige Speisen wie: rotes<br />
oder verarbeitetes Fleisch, Bratwürste,<br />
Pommes frites, Vollmilchprodukte, Sahne,<br />
Kuchen, Süßigkeiten, Nachtische?<br />
❏ Ja, praktisch immer 2<br />
❏ Häufiger 1<br />
❏ Eher nicht 0<br />
Bewegung<br />
Bewegen Sie sich regelmäßig (d.h. mindestens<br />
20 Minuten hintereinander)?<br />
❏ Ja, mindestens einmal pro Woche -1<br />
❏ Ja, mindestens einmal pro Monat 0<br />
❏ Seltener als einmal pro Monat 1<br />
Blutfettwerte<br />
Was wissen Sie über Ihre Blutfette (insbesondere<br />
Cholesterin)?<br />
❏ Nichts bekannt 1<br />
❏ Stark erhöht (über 280 mg/dl<br />
bzw. 7,2 mMol/l) 3<br />
❏ Etwas erhöht (über 200 bis<br />
280 mg/dl bzw. 5,2 bis 7,2 mMol/l) 1,5<br />
❏ Normal (unter 200 mg/dl<br />
bzw. 5,2 mMol/l) 0<br />
Blutdruck<br />
Was wissen Sie über Ihren Blutdruck?<br />
❏ Nichts bekannt 1<br />
❏ Oberer (systolischer) Wert<br />
140 bis <strong>16</strong>0 mmHg 0,5<br />
❏ Oberer Wert über <strong>16</strong>0 mmHg 3<br />
❏ Unterer Wert unter 90 mmHg 0<br />
❏ Unterer Wert über 90 mmHg 2<br />
Diabetes<br />
Haben Sie erhöhten Blutzucker?<br />
❏ Nichts bekannt 1<br />
❏ Nein 0<br />
4<br />
❏ Ja, aber ich nehme noch keine<br />
Medikamente 3<br />
❏ Ich nehme Tabletten für den<br />
Blutzucker 4<br />
❏ Ich spritze Insulin 4<br />
Stress<br />
Sind Sie im Beruf unter dauerndem Zeitdruck<br />
oder Stress?<br />
❏ Nein 0<br />
❏ Gelegentlich 0<br />
❏ Häufig 1<br />
❏ Praktisch andauernd 2<br />
Warnsignale<br />
Haben Sie gelegentlich bei körperlicher Belastung<br />
oder bei Stress Missempfindungen im<br />
Brustbereich, evtl. mit Ausstrahlung in den<br />
Hals oder in einen Arm?<br />
❏ Nein 0<br />
❏ Bei körperlicher Belastung 5<br />
❏ Bei Stress 3<br />
❏ Gelegentliche kleine Missempfindungen<br />
in Ruhe oder nach<br />
Belastungen 2<br />
Haben Sie bereits einmal druckartige Beschwerden<br />
im Brustkorb verspürt, die länger<br />
als 10 Minuten angehalten haben?<br />
❏ Ja 5<br />
❏ Nein 0<br />
Müssen Sie bei zügigem Gehen gelegentlich<br />
wegen Krämpfen oder Schwächegefühl in den<br />
Waden oder Oberschenkeln stehenbleiben<br />
(Schaufensterkrankheit)?<br />
❏ Ja 3<br />
❏ Nein 0<br />
<strong>Herz</strong>infarkt<br />
Wurden Sie bereits einmal wegen eines <strong>Herz</strong>infarkts<br />
oder eines Verdachts auf <strong>Herz</strong>infarkt<br />
behandelt?<br />
❏ Ja 5<br />
❏ Nein 0
Ihre Punkte<br />
Auswertung (Ihre Punktzahl)<br />
Zählen Sie alle Ihre Punkte zusammen. Achtung:<br />
Bei Antworten, die mit einem Minuszeichen<br />
versehen sind, muss die entsprechende<br />
Punktzahl abgezogen werden. Aus der Summe<br />
ergibt sich Ihre Risikoeinschätzung.<br />
0 bis 2 Punkte<br />
<strong>Herz</strong>lichen Glückwunsch. Ihr Risiko für <strong>Herz</strong>-<br />
Kreislauf-Erkrankungen ist unterdurchschnittlich.<br />
2,5 bis 4 Punkte<br />
Ihr Risiko ist durchschnittlich. Wenn Sie beeinflussbare<br />
Risikofaktoren haben, sollten Sie versuchen<br />
diese auszuschalten.<br />
Es gibt Faktoren, die unser Risiko, eine <strong>Herz</strong>erkrankung<br />
zu entwickeln, deutlich erhöhen: die<br />
Risikofaktoren. Einige sind beeinflussbar, andere<br />
nicht wie Alter, Geschlecht, Häufigkeit der <strong>Herz</strong>krankheiten<br />
in der Familie.<br />
Familie<br />
Ein <strong>Herz</strong>infarkt oder Schlaganfall bei Verwandten<br />
ersten Grades (Eltern oder<br />
Geschwister) signalisiert, dass<br />
Sie ein erhöhtes Risiko haben,<br />
selbst eine Gefäßerkrankung<br />
zu entwickeln. Ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />
des Vaters verdoppelt<br />
das eigene Risiko,<br />
ein <strong>Herz</strong>infarkt der Mutter<br />
erhöht es sogar<br />
noch etwas stärker.<br />
Je früher ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />
in der Familie aufgetreten<br />
ist und je mehr<br />
Verwandte betroffen<br />
sind, umso schwerwiegender<br />
ist die erbliche<br />
Belastung. Nun kann man<br />
Risikofaktoren<br />
4,5 bis 8 Punkte<br />
Ihr Risiko ist erhöht. Besprechen Sie mit Ihrem<br />
Arzt eine Strategie zur Verminderung Ihres Risikos<br />
und achten Sie auf Ihren Lebensstil.<br />
Mehr als 8 Punkte<br />
Ihr Risiko ist deutlich überhöht. Sprechen Sie<br />
bald mit Ihrem Arzt, wie eine Verminderung Ihres<br />
erhöhten Risikos für <strong>Herz</strong>infarkt erreicht<br />
werden kann. Für Sie ist ein gesunder Lebensstil<br />
besonders wichtig.<br />
Wenn Sie nicht wissen, wie hoch Ihr Blutdruck,<br />
Ihr Blutzucker und Ihre Blutfette sind, sollten Sie<br />
sie bestimmen lassen. Nur wenn Sie diese Werte<br />
kennen, können Sie sich vor dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />
schützen.<br />
zwar an seinen Genen, dem Geschlecht und dem<br />
Lebensalter nichts ändern, dennoch sollte besonders<br />
eine familiäre Vorbelastung dazu führen, die<br />
eigenen beeinflussbaren Risikofaktoren wie Rauchen,<br />
Übergewicht, Bewegungsmangel, etc. zu<br />
überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.<br />
Nur ein kleiner Teil des gesamten Risikos ist vererbt,<br />
der größere Teil ist durch unser Verhalten<br />
beeinflussbar.<br />
Alter<br />
Mit zunehmendem Alter<br />
steigt das Risiko für<br />
<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen.<br />
Die Zunahme<br />
erfolgt umso<br />
schneller, wenn zusätzlicheRisikofaktoren<br />
vorliegen. Risikofaktorenbeschleunigen<br />
den Alterungsprozess.<br />
Wer im Test eine<br />
hohe Punktzahl erreicht<br />
hat, für den ist<br />
5
eine Verdoppelung des Risikos durch sein Alter<br />
besonders folgenschwer. Deshalb ist es für ältere<br />
Menschen wichtig, die Risikofaktoren in den Griff<br />
zu bekommen, weil dadurch das Krankheitsrisiko<br />
erheblich vermindert wird. Auch wenn jemand<br />
das 70. Lebensjahr ohne <strong>Herz</strong>- oder Gefäßerkrankungen<br />
erreicht hat, bedeutet das nicht, dass er<br />
für den Rest seines Lebens davor geschützt ist.<br />
Geschlecht<br />
Die koronare <strong>Herz</strong>erkrankung, die dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />
vorausgeht, entwickelt sich bei Frauen durchschnittlich<br />
zehn Jahre später als bei Männern. Frauen<br />
haben vor den Wechseljahren einen relativen<br />
Schutz vor dem <strong>Herz</strong>infarkt. Dieser Schutz kann jedoch<br />
durch eine hohe Ausprägung der Risikofaktoren<br />
aufgehoben werden. Besonders gefährlich ist<br />
die Kombination Rauchen und Pille. Mit Beginn<br />
der Wechseljahre sinkt die Hormonproduktion,<br />
und der relative Schutz nimmt ab. Danach steigt die<br />
Häufigkeit des <strong>Herz</strong>infarkts bei Frauen an. Nach dem<br />
70. Lebensjahr erleiden Frauen ebenso häufig <strong>Herz</strong>infarkte<br />
wie Männer.<br />
6<br />
Lebensstil<br />
Die Lebensgewohnheiten bestimmen zu einem<br />
erheblichen Anteil das Ausmaß der Veränderungen<br />
in den Arterien und damit auch den Zeitpunkt, zu<br />
dem erstmals <strong>Herz</strong>infarkt, Brustenge (Angina<br />
pectoris), Schlaganfall oder der plötzliche <strong>Herz</strong>tod<br />
eintreten.<br />
Zwei Brüder<br />
Martin und Philipp sind zwei Brüder, die manches,<br />
vor allem ihre Familiengeschichte, gemeinsam<br />
haben. Vater und Großvater starben früh am<br />
<strong>Herz</strong>infarkt. Die Mutter litt unter den Folgen eines<br />
Schlaganfalls. Martin war der Meinung, dass man<br />
gegen sein Schicksal nicht anleben kann. Schon<br />
jung fing er an zu rauchen, er liebte es, viel und<br />
fett zu essen, nach der Arbeit ging er in die Kneipe<br />
oder spielte am Computer.<br />
Philipp verstand die Familiengeschichte als Herausforderung.<br />
Schon früh zeigte sich ein hoher<br />
Blutdruck, den sein Arzt mit Medikamenten gut eingestellt<br />
hat. Er entschloss sich, gesund zu leben.<br />
Täglich fuhr er Rad und an Sonntagen wanderte<br />
er mit Familie und Freunden.
Bei Martin hat die erhebliche Vorbelastung voll<br />
durchgeschlagen: Wie er erwartet hatte, bekam<br />
er früh einen <strong>Herz</strong>infarkt und später einen mehrfachen<br />
Bypass. Jetzt war ihm sein Lebensstil erst recht<br />
egal. Er rauchte weiter und nahm weiter zu. Seine<br />
Gesundheit verschlechterte sich so, dass er in<br />
Frührente gehen musste. In letzter Zeit verlässt er<br />
das Haus kaum noch. Zum Glück hat er das Lesen<br />
für sich entdeckt, aber er ist sozial isoliert und<br />
fühlt sich einsam.<br />
Anders Philipp: Der gesunde Lebensstil hat sich<br />
gelohnt. Seine Arbeit als Informatiker, seine Familie,<br />
die Ferien und der Sport machen ihm Freude.<br />
Trotz der erblichen Belastung hat er ein erfülltes<br />
Leben.<br />
Rauchen<br />
Rauchen von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und<br />
Pfeife bringt Krankheit und frühzeitigen Tod. Das<br />
Risiko für einen <strong>Herz</strong>infarkt ist bei Rauchern auf ein<br />
Mehrfaches im Vergleich zu Nichtrauchern erhöht.<br />
Durch das Rauchen wird die Innenauskleidung<br />
der Arterien geschädigt. Raucher haben mehr Fettablagerungen<br />
in den Arterien als Nichtraucher.<br />
Darüber hinaus wird die Neigung<br />
zur Bildung von Blutgerinnseln gesteigert.<br />
Das Blut wird dickflüssiger.<br />
Die ungünstigen Auswirkungen<br />
des Rauchens führen auch<br />
zu einer Verschlechterung der<br />
Blutfettwerte, besonders zur Abnahme des HDL-<br />
Cholesterins, das einen Schutzfaktor für die Gefäße<br />
darstellt.<br />
Bei Patienten mit erhöhtem Blutdruck verdoppelt<br />
Rauchen das durch den hohen Blutdruck bereits<br />
erhöhte Risiko für <strong>Herz</strong>infarkt, <strong>Herz</strong>tod und Schlaganfall.<br />
Jeder zweite chronische Raucher stirbt an den<br />
Folgen dieser Abhängigkeit, hat eine Langzeituntersuchung<br />
an britischen Ärzten gezeigt.<br />
Nutzen Sie Raucherentwöhnungsprogramme z. B.<br />
an Volkshochschulen, Patientenbücher oder auch<br />
Nikotinpflaster oder -kaugummis, die den Ausstieg<br />
aus dem Rauchen erleichtern.<br />
Wie gefährlich ist Übergewicht?<br />
In Zeiten, in denen Nahrungsmittel nur in unregelmäßigen<br />
Zeitabständen zur Verfügung standen,<br />
sicherte die Möglichkeit, Energie in konzentrierter<br />
Form als Fett zu speichern, das Überleben. Heutzutage<br />
gefährdet Übergewicht die Gesundheit und<br />
verkürzt das Leben. Übergewicht wirkt sich besonders<br />
ungünstig auf eine Reihe von anderen Risikofaktoren<br />
aus:<br />
■ Es erhöht den Blutdruck.<br />
■ Es erhöht die ungünstigen LDL-Cholesterinwerte,<br />
die freien Fettsäuren (Triglyceride)<br />
und die Harnsäure.<br />
■ Es vermindert das günstige HDL-Cholesterin.<br />
■ Es begünstigt das Auftreten einer<br />
Zuckerkrankheit.
Darüber hinaus geht Übergewicht mit einem erhöhten<br />
Risiko für verschiedene bösartige Tumore und<br />
für Gelenkerkrankungen einher.<br />
8<br />
Der Bauch muss weg<br />
Ein einfaches Maß für Übergewicht finden Sie im<br />
Test (s. S. 3). Die Zentimeter über 100 in kg entsprechen<br />
bei Männern dem Normalgewicht. Bei 180 cm<br />
Körpergröße wird das Normalgewicht mit 80 kg angegeben.<br />
Seit einigen Jahren wird das Körpergewicht auch<br />
als Body-Mass-Index (BMI) beschrieben: Gewicht<br />
in kg geteilt durch das Quadrat der Körperlänge in<br />
Meter ergibt den BMI (80:1,8 2=24,7).<br />
Body-Mass-Index (BMI)<br />
Untergewicht unter 18,5<br />
Normalgewicht 18,5 – 24,9<br />
Übergewicht 25 – 29,9<br />
Fettleibigkeit über 30<br />
(Adipositas)<br />
Mit zunehmendem BMI erhöht sich das Risiko für<br />
<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen. Generell gilt, dass<br />
das im Bauchbereich liegende Fett sich besonders<br />
ungünstig auf das <strong>Herz</strong>infarktrisiko auswirkt –<br />
mehr als das Fett, das sich im Oberschenkel- und<br />
Hüftbereich ablagert. Das heißt: Der Bauch muss<br />
weg.<br />
Wo liegen die Probleme?<br />
Eine Gewichtsabnahme lässt sich nur erreichen,<br />
wenn weniger Kalorien zugeführt als verbraucht<br />
werden. Besonders wichtig ist es, weniger fett zu<br />
essen.<br />
Aber die Umsetzung ist schwierig, weil über Jahrzehnte<br />
eingefahrene Lebensgewohnheiten schwer<br />
zu ändern sind. Die Ess- und Trinkgewohnheiten<br />
müssen ebenso wie die körperliche Aktivität überdacht<br />
und dauerhaft verbessert werden. Übergewichtige<br />
klagen oft, dass die Diät keinen Erfolg<br />
bringt. Warum?<br />
Machen Sie sich Gedanken darüber, warum Sie<br />
übergewichtig sind. Alkohol in Form von Wein<br />
oder Bier, versteckte Fette in Wurst, Käse, Fertig-
gerichten, Schokolade, Kuchen, Nüssen, Snacks zwischendurch<br />
tragen zu Ihrem Übergewicht bei. Auch<br />
der Kaloriengehalt von Saft oder Milch (1 Liter hat<br />
ungefähr 650 kcal) muss mit berechnet werden.<br />
Es gibt keine Wunderdiäten, die in wenigen Tagen<br />
große Gewichtsabnahmen erlauben – oder gar<br />
über Nacht im Schlaf das Gewicht (sprich: Fett)<br />
abbauen. Manche Übergewichtige essen einfach<br />
gern und etwas mehr als eigentlich notwendig<br />
wäre. Sie müssten vor allem den Anteil der Fette<br />
in der Nahrung reduzieren: nicht mehr als 60 g<br />
Fett pro Tag (inklusive versteckter Fette). Denn<br />
Fette enthalten pro Gramm doppelt so viele Kalorien<br />
als Kohlenhydrate (9 kcal gegenüber 4 kcal).<br />
Schwierig wird es, wenn das Essen als Belohnung<br />
oder als Mittel gegen Frust oder Langeweile angesehen<br />
wird. Hier kann eine psychologische Beratung<br />
oder ein strukturiertes Gewichtsreduktionsprogramm<br />
unterstützend wirken.<br />
Im Kampf gegen das Übergewicht ist die Zusammensetzung<br />
der Nahrung wichtig. Dafür empfiehlt<br />
sich die Küche, die <strong>heute</strong> als vorbildlich gilt: die Mittelmeerküche.<br />
Sie bringt nicht nur Gesundheit,<br />
sondern auch Lebensfreude.<br />
Mittelmeerküche<br />
Die mediterrane Küche, die in Südfrankreich, Italien,<br />
Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei<br />
verbreitet ist, hat sich seit Jahrhunderten bewährt.<br />
Dort wird viel Gemüse und Salat gegessen, die<br />
durch eine Vielzahl von Kräutern und Gewürzen<br />
reizvoll zubereitet sind. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation<br />
hat gezeigt: In Nordeuropa,<br />
wo wenig Obst und Gemüse und verhältnismäßig<br />
fett gegessen wird, leiden viermal mehr Menschen<br />
an <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen als in Ländern<br />
des Mittelmeerraums.<br />
Die Mittelmeerküche basiert auf:<br />
■ viel Gemüse, Salat und Obst,<br />
■ hohem Anteil an komplexen Kohlenhydraten:<br />
Brot, Pasta, Reis, Kartoffeln,<br />
■ eher Fisch, wenig Fleisch,<br />
■ Olivenöl – statt Butter, Sahne und anderen<br />
tierischen Fetten.<br />
Die Vorteile liegen in der hohen Zufuhr von Vitaminen,<br />
Ballaststoffen sowie pflanzlichen Schutzstoffen<br />
und einfach ungesättigten Fettsäuren, die<br />
alle der Gesundheit zugute kommen. Das <strong>Herz</strong>in-<br />
9
farktrisiko wird durch die Mittelmeerküche – wie<br />
große wissenschaftliche Studien gezeigt haben –<br />
erheblich gesenkt.<br />
Die Mittelmeerküche bietet eine Fülle von einfachen<br />
Rezepten, zum Beispiel Pasta oder Reis mit kurz gedünsteten<br />
frischen Gemüsen. Sie bringen die Freuden<br />
des Südens, die man gern im Urlaub genießt,<br />
auf Ihren Tisch.<br />
Übrigens: Die Einnahme von Vitaminpräparaten,<br />
gleich in welcher Form, ist zur Vorbeugung gegen<br />
den <strong>Herz</strong>infarkt nicht sinnvoll, sie kann sich sogar<br />
nachteilig auswirken.<br />
Bewegung<br />
Heutzutage gilt für die meisten: Wir bewegen uns<br />
nicht, wir werden bewegt von Autos, Rolltreppen,<br />
10<br />
Aufzügen, Flugzeugen, Bussen und Bahnen. Die<br />
meisten Arbeitsplätze erfordern keine körperliche<br />
Belastung. So fehlt unserem Alltag die Bewegung.<br />
Aber der Mensch ist auf Bewegung angelegt.<br />
Bewegungsmangel ist ein eigenständiger Risikofaktor,<br />
dessen Bedeutung erst in neuerer Zeit wissenschaftlich<br />
untermauert wurde. Bewegungsmangel<br />
ist als Risikofaktor wahrscheinlich noch schwerwiegender<br />
als Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck.<br />
Wir müssen wieder Bewegung in unseren Alltag<br />
bringen: Wer in der Freizeit körperlich sehr aktiv<br />
ist, lebt länger als Menschen, die weniger aktiv<br />
sind. Männer, die mehr als zwei Stunden Ausdauersport<br />
pro Woche betrieben, hatten ein um 60 %<br />
geringeres Risiko (im Beobachtungszeitraum von<br />
fünf Jahren), einen <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden. Auch
wer sich im Alter wieder neu körperlich betätigt,<br />
verbessert seine Lebensaussichten. Für Frauen ist<br />
körperliche Bewegung fast noch wichtiger.<br />
Vier- bis fünfmal pro Woche 30 Minuten körperliche<br />
Aktivität sind wünschenswert. Wenn Sie bisher<br />
nicht sehr aktiv waren, beginnen Sie mit zügigen<br />
Spaziergängen. Welche Bewegung Sie wählen,<br />
hängt von Ihrer persönlichen Vorliebe ab. Empfehlenswert<br />
sind Ausdauersportarten wie Nordic Walking,<br />
Joggen, Fahrradfahren, Skilanglauf und<br />
Schwimmen, aber auch Tanzen, Fußball und Tennis.<br />
Bei schlechter Witterung oder fehlender Sportmöglichkeit<br />
kann man auch den Heimtrainer oder<br />
das Laufband nutzen. Das ist langweilig? Die Zeit<br />
kann man sich mit Fernsehen oder Rundfunkhören<br />
vertreiben.<br />
Die Intensität der Belastung richtet sich nach der<br />
individuellen Leistungsfähigkeit. Die Belastung<br />
sollte als mäßig anstrengend empfunden werden.<br />
Zum Beispiel sollte man sich beim Joggen noch unterhalten<br />
können. So lässt sich ein deutlicher Trainingseffekt<br />
erzielen, ohne das <strong>Herz</strong> zu überlasten.<br />
Das ganze <strong>Herz</strong>-Kreislauf-System lernt, ökonomisch<br />
zu arbeiten, so dass sich die Leistungsfähigkeit<br />
erhöht. Ein erhöhter Blutdruck wird abgesenkt.<br />
Die Stresshormonspiegel im Blut werden<br />
vermindert. Die Blutfette werden günstig beeinflusst.<br />
Die gerinnselauflösende Aktivität im Blut<br />
wird erhöht und die Fließeigenschaften im Blut<br />
werden verbessert. Das <strong>Herz</strong> wird unempfindlicher<br />
gegen <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen. Sie fühlen<br />
sich wohler und leistungsfähiger. Auch die späte<br />
Aufnahme von mäßig anstrengender körperlicher<br />
Aktivität führt zu einem Zugewinn an Lebensjahren<br />
und Lebensqualität.<br />
Erhöhte Blutfette<br />
Cholesterin ist ein unentbehrlicher Bestandteil der<br />
menschlichen Zellen. Dennoch sind hohe Cholesterinspiegel<br />
im Blut ein wichtiger Faktor, der<br />
das frühe Auftreten von <strong>Herz</strong>infarkt oder Angina<br />
pectoris begünstigt und den weiteren Verlauf der<br />
Erkrankung wesentlich mitbestimmt. Man unterscheidet:<br />
■ Das „schlechte“, die Gefäßerkrankung mit verursachende<br />
LDL-Cholesterin und<br />
■ das „gute“ als Schutzfaktor für die Gefäße wirkende<br />
HDL-Cholesterin.<br />
Pro 50 mg/dl Cholesterinkonzentration im Blut<br />
verdoppelt sich langfristig das Risiko, einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />
zu erleiden: Personen mit einem Cholesterinspiegel<br />
von 250 mg/dl haben also ein doppelt<br />
so hohes Risiko wie Personen mit einem Spiegel<br />
von 200 mg/dl. Eine Ernährungsumstellung führt<br />
zu einer bedeutsamen Verminderung der Risiken:<br />
■ Weniger Gesamtkalorien,<br />
■ weniger Fett,<br />
■ Umstellung auf die Mittelmeerküche<br />
11
können das <strong>Herz</strong>infarktrisiko senken. Neben der<br />
Verminderung der gesättigten Fette wird den in<br />
natürlichen Nahrungsmitteln (fette Fische, Olivenöl,<br />
Rapsöl) enthaltenen Omega-3-Fettsäuren oder<br />
deren Vorstufen eine besondere Bedeutung zugemessen.<br />
Sie erhöhen das gefäßschützende HDL-<br />
Cholesterin und haben eine gerinnungshemmende<br />
Wirkung.<br />
Welche Cholesterinwerte?<br />
Die Beantwortung dieser Frage fällt unterschiedlich<br />
aus, je nachdem ob es sich um<br />
■ eine gesunde Person ohne weitere Risikofaktoren,<br />
■ eine gesunde Person mit zusätzlichen Risikofaktoren<br />
oder<br />
■ um einen Patienten mit <strong>Herz</strong>- oder Gefäßerkrankung<br />
handelt.<br />
Bei Gesunden ohne zusätzliche Risikofaktoren<br />
und ohne Hinweise auf Gefäßerkrankungen sind<br />
Gesamtcholesterinwerte bis 240 mg/dl (6,2 mMol/l)<br />
und LDL-Cholesterinwerte unter <strong>16</strong>0 mg/dl (4,1<br />
mMol/l) annehmbar. Zu beachten ist jedoch, dass<br />
Frauen vor den Wechseljahren manchmal einen<br />
hohen HDL-Cholesterinanteil haben. Falls erhöhte<br />
HDL-Cholesterinwerte für die Erhöhung des<br />
Gesamtcholesterins verantwortlich sind, ist das Risiko<br />
für Gefäßerkrankungen als eher gering anzusehen.<br />
Bei Gesunden mit weiteren Risikofaktoren (z.B.<br />
<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen bei Verwandten<br />
ersten Grades, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel,<br />
Stress, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit)<br />
sollten nach Möglichkeit Cholesterinwerte um oder<br />
unter 200 mg/dl (5,2 mMol/l) bzw. LDL-Cholesterinwerte<br />
unter 130 mg/dl (3,4 mMol/l) erreicht<br />
werden. Neuere Empfehlungen gehen dahin, hier<br />
das LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl (2,6 mMol/l)<br />
abzusenken. Dies gilt insbesondere für Personen<br />
mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten (unter 35<br />
mg/dl; 0,9 mMol/l), die als stärker infarktgefährdet<br />
eingeschätzt werden.<br />
Patienten mit <strong>Herz</strong>- oder Gefäßerkrankung, die<br />
beispielsweise bereits einen <strong>Herz</strong>infarkt, eine Bypass-Operation<br />
oder eine Gefäßaufdehnung hin-<br />
12<br />
ter sich haben oder unter Angina pectoris-Beschwerden<br />
leiden, sollten Cholesterinwerte unter<br />
150 mg/dl (3,9 mMol/l) und LDL-Cholesterinwerte<br />
unter 70 mg/dl (1,9 mMol/l) anstreben. Das sind<br />
neue Zielwerte, die im Jahr 2004 festgelegt wurden.<br />
Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass<br />
eine drastische Senkung der LDL-Cholesterinwerte<br />
unter 70 mg/dl (1,9 mMol/l) nicht nur das Fortschreiten<br />
der Gefäßerkrankung aufhält, sondern<br />
sogar eine allmähliche Rückbildung der Verengungen<br />
in den <strong>Herz</strong>kranzgefäßen erreichen kann.<br />
Fast ebenso wichtig wie der LDL-Cholesterinwert<br />
ist das HDL-Cholesterin. Das HDL-Cholesterin stellt<br />
einen Schutzfaktor für die Gefäße dar und begünstigt<br />
die Rückbildung von Gefäßveränderungen:<br />
Dementsprechend sollte es möglichst hoch sein. Körperliche<br />
Aktivität und Gewichtsabnahme erhöhen<br />
das HDL-Cholesterin.<br />
Erhöhter Blutdruck<br />
Erhöhter Blutdruck verstärkt die Belastungen, denen<br />
unser Gefäßsystem ausgesetzt ist. Nicht nur<br />
geht auf Dauer die Elastizität der Arterien verloren,<br />
sondern es werden auch mehr Fett- und Cholesterinpartikel<br />
durch den hohen Druck in die Gefäßwand<br />
gepresst, was die Entwicklung der Arteriosklerose<br />
beschleunigt. Das Risiko für koronare<br />
<strong>Herz</strong>erkrankung, <strong>Herz</strong>schwäche und Schlaganfall<br />
steigt mit dem Blutdruck an, bei Männern ebenso<br />
wie bei Frauen. Durch die Behandlung des Bluthochdrucks<br />
wird das Schlaganfallrisiko um etwa die<br />
Hälfte vermindert. Das trifft auch zu, wenn bei älteren<br />
Patienten nur der obere Wert erhöht ist.<br />
Durch die Senkung des Blutdrucks wird nicht nur<br />
das Schlaganfallrisiko, sondern auch das Risiko<br />
für <strong>Herz</strong>infarkt bedeutsam verringert. Blutdruckwerte<br />
unter 140/85 mmHg werden angestrebt, bei<br />
jüngeren Personen und bei Zuckerkranken auch<br />
niedrigere Werte. Personen, die einen hohen Blutdruck<br />
haben, haben auch häufig hohe Cholesterinwerte<br />
und sind übergewichtig. Diese Kombination<br />
von Risikofaktoren ist besonders gefährlich.<br />
Gewichtsabnahme, Verminderung des Alkoholkonsums<br />
und regelmäßige körperliche Aktivität<br />
senken den Blutdruck. Außerdem stehen <strong>heute</strong><br />
eine Reihe von wirkungsvollen Medikamenten zur<br />
Blutdrucksenkung zur Verfügung.
Zuckerkrankheit<br />
Ein gestörter Zuckerstoffwechsel (Diabetes) erhöht<br />
das Risiko für <strong>Herz</strong>infarkt und Schlaganfall erheblich.<br />
Menschen mit Zuckerkrankheit haben<br />
ein so hohes Risiko, einen <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden<br />
wie Menschen, die bereits einen ersten <strong>Herz</strong>infarkt<br />
hinter sich haben. Bei Frauen ist das Risiko<br />
so stark erhöht, dass der natürliche Schutz<br />
durch die weiblichen Hormone fast aufgehoben<br />
wird. Deshalb müssen Zuckerkranke besonders<br />
auf ihre Risikofaktoren achten. Nicht nur die Blutzuckerwerte,<br />
sondern auch die Blutdruckwerte<br />
müssen besonders gut eingestellt sein. Die Blutdruckwerte<br />
sollten im niedrigst möglichen Bereich liegen,<br />
etwa bei 120 mmHg als oberer (systolischer)<br />
Wert.<br />
Darüber hinaus sollten die Cholesterinwerte – genauso<br />
wie bei Patienten, die bereits eine korona-<br />
re <strong>Herz</strong>erkrankung haben – in einen sehr niedrigen<br />
Bereich abgesenkt werden. Das heißt: Das<br />
LDL-Cholesterin sollte dauerhaft unter 70 mg/dl<br />
(1,9 mMol/l) liegen. Regelmäßige körperliche Aktivität<br />
und ein normales Körpergewicht sind für<br />
Zuckerkranke zum Erreichen dieser Ziele besonders<br />
wichtig.<br />
Stress<br />
Die meisten Patienten, die einen <strong>Herz</strong>infarkt erlitten<br />
haben, bringen den <strong>Infarkt</strong> mit Stress im Privatoder<br />
Berufsleben in Verbindung. Lebensverändernde<br />
Ereignisse wie der Verlust eines nahen Angehörigen<br />
oder des Partners, aber auch der Verlust<br />
des Arbeitsplatzes können die Auslösung eines<br />
<strong>Infarkt</strong>s begünstigen, vor allem wenn andere Risikofaktoren<br />
vorliegen. Es kommt jedoch nicht<br />
nur auf die belastende Lebenssituation an, sondern<br />
vielmehr darauf, wie die einzelne Person da-<br />
13
auf reagiert. Die Unterstützung durch<br />
Freunde und Verwandte bei solchen<br />
Ereignissen spielt eine große Rolle.<br />
Auch der allgemeine Stress des täglichen Lebens<br />
hat Auswirkungen. Hohe berufliche Anforderungen<br />
mit geringem Spielraum für individuelle Gestaltung<br />
des Arbeitsablaufes wirken belastend oder<br />
dauernder Termindruck sind als Risiko erhöhende<br />
Stressfaktoren anzusehen. Auch anhaltende<br />
ungerechte Behandlung durch Mitarbeiter oder<br />
Vorgesetzte (Mobbing) kann Risiko erhöhend wirkend.<br />
Psychosoziale Belastung am Arbeitsplatz<br />
und in der Familie und soziale Isolation sind mit einer<br />
Risikoerhöhung bei der Entstehung und dem<br />
Verlauf der koronaren <strong>Herz</strong>krankheit verknüpft.<br />
Auch hier kommt es darauf an, wie der Einzelne auf<br />
belastende Situationen reagiert: Wenn der Stress dazu<br />
führt, dass mehr Zigaretten geraucht werden, übermäßig<br />
viel gegessen wird, auch die letzte Möglichkeit,<br />
sich körperlich zu bewegen, aufgegeben<br />
wird, weil scheinbar keine Zeit dafür da ist – dann<br />
14<br />
kommt dem alltäglichen Stress<br />
eine zusätzlichen Bedeutung als<br />
auslösender Faktor für einen <strong>Herz</strong>infarkt zu.<br />
Um den Umgang mit Stress zu lernen, werden<br />
Trainingsprogramme für Stressmanagement empfohlen.<br />
Regelmäßige körperliche Aktivität und Entspannung<br />
im Kreis der Familie oder Freunde, Entspannungsübungen,<br />
z.B. autogenes Training oder<br />
progressive Muskelrelaxation, helfen, die Auswirkungen<br />
des Stresses zu reduzieren. Ausreichender<br />
Schlaf ist ebenfalls wichtig.<br />
Der Entschluss<br />
Entscheiden Sie sich für einen Lebensstil ohne Zigaretten,<br />
mit Mittelmeerkost, viel Bewegung, Entspannung<br />
und Geselligkeit. Achten Sie auf Ihr Gewicht,<br />
Ihren Cholesterinspiegel und Blutdruck.<br />
Damit können Sie das Risiko, eine koronare <strong>Herz</strong>erkrankung<br />
und einen <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden,<br />
entscheidend beeinflussen.
Was ist stabile Angina pectoris?<br />
Koronare <strong>Herz</strong>krankheit (I.)<br />
Oft kommt der <strong>Herz</strong>infarkt nicht aus heiterem<br />
Himmel:Wenn Eva K. vom Einkaufen nach Hause<br />
kam, blieb sie immer auf dem dritten Treppenabsatz<br />
stehen, weil ein Schmerz in der Brust sie am<br />
Weitergehen hinderte. Hatte sie sich ein paar<br />
Minuten ausgeruht, hörte der Schmerz wieder<br />
auf. Ihrer Tochter Marie war das nicht geheuer. Sie<br />
drängte ihre Mutter, zum Arzt zu gehen. Aber die<br />
wehrte ab. „Wieso sollte ich? Mir geht es gut. Der<br />
Schmerz hört ja schnell wieder auf. Das kann gar<br />
nichts Schlimmes sein.“<br />
Eva irrt. Der Brustschmerz unter körperlicher Belastung,<br />
der schnell verschwindet, wenn die Belastung<br />
endet, ist typisch für die stabile Angina pectoris<br />
(lateinisch: Brustenge).<br />
Stabile Angina pectoris ist eine Phase der koronaren<br />
<strong>Herz</strong>krankheit, bei der sich durch den Prozess<br />
der Arteriosklerose, die in der Umgangssprache<br />
Gefäßverkalkung genannt wird, die <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
verengen. Aus dieser Krankheit heraus entwickelt<br />
sich der <strong>Herz</strong>infarkt.<br />
Bereits vor mehr als 4 500 Jahren wurde von den<br />
Ägyptern die Gefährlichkeit des Brustschmerzes als<br />
Signal für den nahenden Tod beschrieben. Damit<br />
schilderten sie wahrscheinlich ihre Erfahrungen<br />
mit dem <strong>Herz</strong>infarkt, der auch <strong>heute</strong> noch bei fast<br />
jedem dritten Patienten tödlich verläuft.<br />
Deshalb sollte dem Brustschmerz besondere Aufmerksamkeit<br />
geschenkt werden, da nur durch<br />
rechtzeitiges Erkennen und Behandeln Einfluss<br />
auf den sonst schicksalhaften Verlauf der Erkrankung<br />
genommen werden kann.<br />
Wodurch entsteht Angina pectoris?<br />
Das <strong>Herz</strong> ist ein besonders gut durchblutetes Organ.<br />
Ungefähr ein Viertel Liter Blut durchfließt<br />
Prof. Dr. med. Christian Hamm, Ärztlicher Direktor,<br />
Kerckhoff-<strong>Herz</strong>zentrum Bad Nauheim<br />
den <strong>Herz</strong>muskel jede Minute, um ihn mit Sauerstoff<br />
und Nährstoffen zu versorgen. Unter Belastungsbedingungen<br />
steigt der Blutfluss um das Vierfache<br />
an. Das Blut fließt durch die <strong>Herz</strong>kranzgefäße.<br />
Der Durchmesser der drei großen <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
beträgt etwa 3 bis 4 mm. Die Arteriosklerose<br />
engt den Innendurchmesser dieser Gefäße<br />
ein. An bestimmten Stellen ist die Einengung besonders<br />
ausgeprägt. Diese Stellen bezeichnet man<br />
als Stenosen (Einengungen). Die wichtigsten Ursachen<br />
für die Verengung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
sind gut bekannt: Zigarettenrauchen, hohes Cholesterin,<br />
Bluthochdruck, Diabetes. Außerdem scheinen<br />
erbliche Veranlagung eine Rolle zu spielen<br />
und entzündliche Prozesse beteiligt zu sein. Mit<br />
dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung<br />
einer <strong>Herz</strong>kranzgefäßverengung (koronare<br />
<strong>Herz</strong>krankheit), und Männer trifft es etwa<br />
zehn Jahre früher als Frauen.<br />
Die Durchblutung wird erst gestört, wenn mehr<br />
als etwa 70 % des Gefäßes eingeengt sind. Geringere<br />
Verengungen führen zu keiner Durchblutungsstörung<br />
und machen sich deshalb nicht bemerkbar.<br />
Der Angina pectoris-Schmerz entsteht,<br />
wenn der <strong>Herz</strong>muskel nicht ausreichend mit Blut<br />
versorgt wird. Er tritt zuerst unter Belastungsbedingungen<br />
auf, weil dann der Blutbedarf höher ist.<br />
Durch die Minderdurchblutung (medizinisch:<br />
Ischämie) wird in das Versorgungsgebiet des betroffenen<br />
<strong>Herz</strong>kranzgefäßes nicht genügend Sauerstoff<br />
transportiert, Abfallprodukte des Stoffwechsels<br />
werden nicht beseitigt. Die Übersäuerung löst<br />
den charakteristischen Schmerz aus.<br />
Nicht jede Durchblutungsstörung äußert sich in<br />
Angina-Beschwerden und einige Patienten entwickeln<br />
nie oder wenig Schmerzen. Man spricht<br />
dann von stummer Ischämie. Besonders häufig<br />
15
Die dunklen Flächen zeigen, wohin der Schmerz bei Angina pectoris ausstrahlen kann.<br />
findet man dieses bei Patienten mit einer Zuckerstoffwechselstörung<br />
(Diabetes). Nur in seltenen<br />
Fällen entsteht Angina pectoris bei normalen <strong>Herz</strong>kranzgefäßen<br />
dadurch, dass der Sauerstoffbedarf<br />
des <strong>Herz</strong>ens größer ist als die mögliche Sauerstoffzufuhr.<br />
Meistens liegt dann eine zusätzliche <strong>Herz</strong>klappenerkrankung<br />
oder eine Hormonstörung<br />
vor.<br />
Wie erkenne ich die stabile Angina?<br />
Herbert S. ist ein erfolgreicher Geschäftsmann.<br />
Mit 55 Jahren hat er sich durch die häufigen<br />
Geschäftsessen gut 20 kg Übergewicht angegessen,<br />
obwohl er im Tennisclub immer noch aktiv mitmischt.<br />
In letzter Zeit fiel ihm das jedoch zunehmend<br />
schwerer. Dass die Luft ihm früher knapp wird,<br />
schob er auf mangelndes Training und das Rauchen,<br />
das er trotz aller guten Vorsätze nicht aufgeben<br />
kann. Seit einem halben Jahr bemerkte er<br />
nach etwa zehn Minuten Spiel einen Druck in<br />
der Brust und in der linken Schulter. Wie von<br />
einem Reifen wurde seine Brust zusammengeschnürt.<br />
Er schaltete dann einen Gang zurück<br />
und brachte das Spiel meist zu Ende. Zehn Minuten<br />
später war der Spuk wieder vorbei. Herbert S.<br />
meinte, das hänge wohl damit zusammen, dass er<br />
gern bei offenem Fenster Auto fährt. Seine Frau schickte<br />
ihn zum Orthopäden. Der fand nichts besonderes,<br />
verschrieb ihm aber vorsichtshalber Massagen.<br />
Die aber halfen nicht viel.<br />
<strong>16</strong><br />
Dann erlitt sein zehn Jahre jüngerer Bruder plötzlich<br />
einen <strong>Herz</strong>infarkt, und er kam zu dem Entschluss,<br />
dass er wohl auch mal einen „Check-up“<br />
machen lassen sollte und ging zu seinem bis dahin<br />
nur selten gebrauchten Hausarzt. Nur beiläufig<br />
erzählte er von seinen Problemen beim Tennis.<br />
Der Arzt wurde plötzlich ganz aufmerksam, besonders<br />
als noch ein erhöhter Blutdruck und hohes Cholesterin<br />
festgestellt wurden, und ordnete ein Belastungs-EKG<br />
an. Dabei bekam er tatsächlich bei<br />
125 Watt dieselben Beschwerden wie beim Tennisspielen,<br />
und der Arzt brach die Belastung ab,<br />
obwohl Herbert S. noch hätte weitertreten können.<br />
Und dann die Diagnose: „Sie haben eine<br />
Durchblutungsstörung des <strong>Herz</strong>ens, das ist Angina<br />
pectoris.“<br />
Dieser Weg bis zur Diagnose ist typisch. Zu selten<br />
wird bei Beschwerden im Brustkorb gleich an<br />
das <strong>Herz</strong> gedacht. Grund dafür ist, dass die Durchblutungsstörungen<br />
sich sehr unterschiedlich äußern<br />
und die Beschwerden nur selten auf das <strong>Herz</strong><br />
zurückgeführt werden. Typisch ist die Beschreibung<br />
eines dumpfen, beklemmenden Engegefühls,<br />
weniger der spitze Schmerz, den man von Verletzungen<br />
kennt. Meist zieht dieser Schmerz in die<br />
linke Schulter und den linken Arm. Er kann aber<br />
auch in den Hals bzw. Unterkiefer oder den Oberbauch<br />
ausstrahlen (s. Abb. oben). Der Schmerzcharakter<br />
kann so irreleiten, dass manche Patienten erst<br />
eine Magenspiegelung erhalten oder die Zähne<br />
gezogen bekommen, bevor man an das <strong>Herz</strong> denkt.
So ist es auch für den Arzt häufig schwierig<br />
zu unterscheiden, ob es sich um banale<br />
Schmerzen handelt oder das <strong>Herz</strong><br />
dafür verantwortlich ist. In solchen<br />
Zweifelsfällen sollte darauf gedrungen<br />
werden, dass ein Belastungs-EKG durchgeführt<br />
wird, damit rechtzeitig eingegriffen<br />
werden kann.<br />
Für das <strong>Herz</strong> als Ursprungsort spricht,<br />
wenn sich der Schmerz durch körperliche Belastung<br />
oder Erregung provozieren lässt und nach<br />
Rückkehr zur Ruhe wieder verschwindet. Auch<br />
Kälte oder eine üppige Mahlzeit können zu Angina<br />
pectoris-Beschwerden führen. Für andere Ursachen<br />
spricht, wenn der Schmerz in Ruhe auftritt<br />
und nur für Sekunden anhält. Wenn durch<br />
Änderung der Körperhaltung oder Atemtechnik<br />
der Schmerz beeinflussbar ist, muss eher an den Bewegungsapparat<br />
oder die Lunge gedacht werden.<br />
Die Angina pectoris kann sich aber auch nur als<br />
Luftnot (Dyspnoe) bei körperlicher Belastung äußern.<br />
Gerade Frauen haben nicht selten nur Atemnot,<br />
wenn sie an Angina pectoris leiden.<br />
Achten Sie darauf, ob Beschwerden unter Belastung<br />
auftreten und in Ruhe wieder verschwinden.<br />
Dann sollten Sie Ihr <strong>Herz</strong> beim Internisten/Kardiologen<br />
untersuchen lassen, damit rechtzeitig<br />
eingegriffen werden kann, bevor die koronare<br />
<strong>Herz</strong>krankheit zu einem <strong>Herz</strong>infarkt führt.<br />
Welche Formen der<br />
Angina pectoris gibt es?<br />
Der Arzt unterscheidet zwischen der stabilen Form<br />
der Angina pectoris und der instabilen Form. Die<br />
instabile Form bezeichnet eine kritische Phase im<br />
Krankheitsverlauf, bei der häufig bald ein <strong>Herz</strong>-<br />
Verengte <strong>Herz</strong>kranzarterie (Pfeil).<br />
infarkt folgt. Charakteristisch für die instabile Angina<br />
ist der zunehmend schwere Schmerz in Ruhe<br />
ohne erkennbaren Grund.<br />
Bei der stabilen Angina pectoris tritt der Schmerz<br />
dagegen gewöhnlich nur unter Belastungsbedingungen<br />
auf und kann über lange Jahre bestehen,<br />
ohne dass dadurch das Risiko besonders hoch ist.<br />
Typisch für die stabile Angina pectoris ist, dass<br />
hier der Schmerz immer in derselben Situation<br />
auftritt. Beispielsweise bei einer bestimmten körperlichen<br />
Belastung (z.B. drei Etagen Treppen<br />
steigen) wird es eng in der Brust. Bleibt man stehen,<br />
d. h. hört die Belastung auf, verschwindet<br />
der Schmerz in wenigen Minuten.<br />
Neben der stabilen und der instabilen Form der Angina<br />
pectoris gibt es noch Sonderformen. Die<br />
Prinzmetal-Angina ist der Brustschmerz, der typischerweise<br />
in Ruhe auftritt und durch eine Gefäßverkrampfung<br />
entsteht. Diese Variante ist allerdings<br />
sehr selten. Die Walk-Through-Angina<br />
pectoris ist dadurch gekennzeichnet, dass, nachdem<br />
die Schmerzschwelle überwunden ist, der<br />
Patient trotz fortgesetzter körperlicher Tätigkeit<br />
keinen weiteren Brustschmerz verspürt. Der Begriff<br />
Angina decubitus bezeichnet eine Angina,<br />
die vorwiegend in Ruhe, besonders nächtlich –<br />
beim flachen Liegen – auftritt.<br />
<strong>17</strong>
Ist es wirklich Angina pectoris?<br />
Die koronare <strong>Herz</strong>erkrankung ist eine lebensbedrohliche<br />
Krankheit. Aber ihr Verlauf ist durch<br />
rechtzeitige Diagnose und Therapie gut zu beeinflussen.<br />
Der entscheidende Schritt ist, dass das<br />
Warnsignal Angina pectoris richtig gedeutet wird.<br />
Schon die genaue Schilderung der Beschwerden<br />
liefert gute Hinweise. Das Vorliegen von Risikofaktoren<br />
(Rauchen, erhöhtes Cholesterin, Bluthochdruck,<br />
Diabetes, <strong>Herz</strong>infarkte in der Familie)<br />
erleichtert die richtige Diagnosestellung. Die Aufgabe<br />
des Arztes ist es, die Beschwerden als Durchblutungsstörung<br />
des <strong>Herz</strong>ens festzustellen oder<br />
auszuschließen.<br />
Das EKG ist dazu das erste und am weitesten verbreitete<br />
Hilfsmittel. Da bei der stabilen Angina in<br />
Ruhe keine Beschwerden und damit auch keine<br />
Durchblutungsstörungen vorliegen, hilft das EKG<br />
in Ruhe meist nicht weiter. Das Belastungs-EKG,<br />
durchgeführt im Liegen oder Sitzen auf dem Fahrrad<br />
oder bei Belastung auf einem Laufband ist geeignet,<br />
eine Durchblutungsstörung zu erkennen.<br />
Wenn bedeutsame Verengungen der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
vorliegen, gelingt es, anhand von EKG-Veränderungen<br />
die Durchblutungsstörung in etwa 80 %<br />
zu sichern. In Zweifelsfällen kann durch eine nuklearmedizinische<br />
Methode (Szintigraphie) oder eine<br />
Ultraschall-Untersuchung unter Belastung (Stress-<br />
18<br />
Angina pectoris<br />
keine<br />
Arteriosklerose Arteriosklerose<br />
akuter <strong>Herz</strong>tod<br />
Jahrzehnte Minuten<br />
Normal Asymptomatische<br />
Arteriosklerose<br />
<strong>Herz</strong>infarkt<br />
Symptomatische<br />
Arteriosklerose<br />
Verlauf der koronaren <strong>Herz</strong>erkrankung von der Gefäßwandveränderung über die Gefäßeinengung (stabile<br />
Angina) bis zum Gefäßverschluss (instabile Angina, <strong>Herz</strong>infarkt)<br />
(nach Assmann)<br />
echo) oder eine Untersuchung mit der Kernspintomographie<br />
(Stress-MRT) weitere Klärung herbeigeführt<br />
werden. Leider erreicht man mit allen<br />
Methoden keine 100%ige Sicherheit. Zusätzlich<br />
gibt es auch falsch positive Befunde, d. h. ein<br />
scheinbar krankhafter Befund im Belastungs-EKG<br />
besonders bei Frauen, der sich später nicht bestätigen<br />
lässt. Die einzige Methode zur sicheren Bestätigung<br />
oder zum Ausschluss einer <strong>Herz</strong>kranzgefäßverengung<br />
ist die <strong>Herz</strong>katheteruntersuchung.<br />
Mittels neuer Computertomographiegeräte kann<br />
auch ohne <strong>Herz</strong>katheter bei einigen z. B. jüngeren<br />
Patienten die Diagnose <strong>heute</strong> sicher gestellt<br />
oder ausgeschlossen werden.<br />
Wann wird es gefährlich?<br />
Die stabile Angina selbst ist nicht akut lebensbedrohlich.<br />
Sie ist nur eine meist länger anhaltende<br />
Phase der koronaren <strong>Herz</strong>erkrankung, die aber<br />
später zum <strong>Herz</strong>infarkt oder plötzlichen <strong>Herz</strong>tod<br />
führen kann. Daher ist sie ernst zu nehmen. Bei<br />
rechtzeitiger Diagnose kann man durch Änderung<br />
des Lebensstils und durch Medikamente sowie<br />
auch durch eine Ballondilatation (PTCA) oder Bypass-Operation<br />
das Risiko günstig beeinflussen.<br />
Die Ballondilatation weitet die Engstellen auf, die<br />
Bypass-Operation überbrückt sie.
Die Therapie ist genauso wichtig für die Patienten,<br />
bei denen die Warnsignale fehlen, d. h. die eine<br />
Durchblutungsstörung ohne Angina pectoris bekommen.<br />
Besonders Patienten, die an Diabetes<br />
leiden und dadurch häufig weniger Schmerzempfindung<br />
haben, wird man sehr konsequent behandeln,<br />
da sie ein besonders hohes Risiko haben,<br />
dass ihre Erkrankung fortschreitet.<br />
Gefährlich wird es in jedem Fall, wenn der jahrelang<br />
bekannte Schmerzcharakter sich wandelt.<br />
Das heißt, wenn<br />
1. die Intensität oder<br />
2. die Dauer oder<br />
3. die Häufigkeit der Schmerzanfälle sich ändern<br />
4. oder wenn der Brustschmerz bereits bei minimaler<br />
Belastung oder in Ruhe auftritt.<br />
In den ersten drei Fällen ist eine sofortige Vorstellung<br />
beim Kardiologen oder in der Klinik notwendig.<br />
Wenn aber der Brustschmerz bei kleinsten Belastungen<br />
oder in Ruhe auftritt, ist das ein besonderes<br />
Alarmzeichen. Dann sollten Sie sofort die 112<br />
oder die örtliche Notrufnummer anrufen, damit<br />
Sie unverzüglich in ein Krankenhaus eingewiesen<br />
werden (siehe: Ein Notfall: instabile Angina<br />
pectoris, S. 23).<br />
Therapie mit Medikamenten<br />
Die Behandlung der stabilen Angina verfolgt zwei<br />
Ziele: die Beherrschung der Angina-Schmerzen<br />
und das Verhüten von Komplikationen.<br />
Die gute Wirkung von Nitroglycerin (genauer:<br />
Glyceroltrinitrat) auf die Angina pectoris ist schon<br />
seit mehr als 100 Jahren bekannt. Nitroglycerin ist<br />
sowohl für die Akutbehandlung eines Angina<br />
pectoris-Anfalls geeignet als auch zur Vorbeugung<br />
eines Anfalls.<br />
Rentner Albert P. ist 78 Jahre und noch sehr rüstig.<br />
Vor zehn Jahren hatte er nach einem kleinen<br />
<strong>Herz</strong>infarkt eine Bypass-Operation. Seitdem geht<br />
es ihm eigentlich gut. Nur wenn er den steilen<br />
Berg auf seinem täglichen Spaziergang im Winter<br />
zu schnell angeht oder wenn er eine Ansprache<br />
vor seinem Kegelclub halten soll, bekommt er<br />
wieder Angina pectoris. Er kennt diese Situation<br />
genau und hat den Rat seines Arztes befolgt, eine<br />
viertel Stunde vorher eine Nitrokapsel zu zerbeißen.<br />
Seitdem meistert er auch diese Situationen ohne<br />
Schmerzen.<br />
Die Wirkung wird erzielt über eine Gefäßerweiterung<br />
und damit Verbesserung des Blutflusses sowie<br />
eine Entlastung des <strong>Herz</strong>ens. Ein akuter Angi-<br />
19
na pectoris-Anfall lässt sich schon in wenigen Minuten<br />
durch Zerbeißen einer Nitrokapsel oder<br />
durch ein bis zwei Hub Nitrospray beherrschen. Zur<br />
Dauerbehandlung werden spezielle Nitroaufbereitungen<br />
eingesetzt, die zu einer verzögerten Freisetzung<br />
des Wirkstoffs führen (retard). Allerdings<br />
tritt sehr rasch im Körper ein Gewöhnungseffekt<br />
ein, der die Wirksamkeit einschränkt. Deshalb<br />
wird bei der Dosierung ein sogenanntes nitratfreies<br />
Intervall eingehalten, indem z. B. nur morgens<br />
und mittags Nitrate verordnet werden und auf eine<br />
Gabe am Abend verzichtet wird. Ähnlich wie Nitrate<br />
wirkt Molsidomin, ohne dass aber eine Pause<br />
eingehalten werden muss. Die häufigste Nebenwirkung<br />
von Nitroglycerinpräparaten ist der<br />
Kopfschmerz, der meist nach fortgesetzter Ein-<br />
20<br />
nahme wieder verschwindet. Ein günstiger Einfluss<br />
auf die Prognose der Erkrankung ist von Nitroglycerin<br />
nicht zu erwarten.<br />
Die zweite Substanzgruppe, die sowohl die Beschwerden<br />
lindert als auch prognostisch günstig ist,<br />
sind die Betarezeptorenblocker. Sie senken den<br />
Sauerstoffbedarf des <strong>Herz</strong>ens, indem sie die Wirkung<br />
der Stresshormone (Adrenalin, Noradrenalin)<br />
dämpfen. Dies führt gleichzeitig zu einer Senkung<br />
des Blutdrucks und der Pulsrate. Besonders unter<br />
Belastung macht sich der Therapieeffekt bemerkbar.<br />
Eingeschränkt ist der Einsatz dieser sehr<br />
gut geprüften Medikamentengruppe bei spastischer<br />
Bronchitis oder Asthma bronchiale.
Die dritte Substanzgruppe, die zum Einsatz kommt,<br />
sind die Calciumantagonisten. Die Wirkung wird<br />
erreicht durch eine direkte Weitstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
und Senkung des Blutdrucks. Obwohl<br />
diese Substanzen in letzter Zeit zurückhaltender<br />
gegeben werden, eignen sie sich gut zur Kombination<br />
mit Betablockern. Andere Calciumantagonisten,<br />
die ähnlich wie Betablocker die Pulsrate<br />
senken, werden bei Patienten eingesetzt, bei denen<br />
Betablocker wegen Lungenerkrankungen<br />
nicht gegeben werden können. Die häufigste Nebenwirkung<br />
ist das Anschwellen der Knöchel<br />
(Ödeme). Eine Verbesserung der Prognose ist für<br />
Calciumantagonisten nicht erwiesen.<br />
Neben diesen drei Substanzgruppen, die die Beschwerden<br />
bessern, gibt es Medikamente, die sich<br />
Warum hat dieser Mann einen<br />
Angina pectoris-Anfall? Hier<br />
kommt alles zusammen, was<br />
schon einzeln einen Anfall auslösen<br />
kann: Er hat gerade üppig<br />
gegessen, er geht hinaus in die<br />
Kälte, muss sich anstrengen, steht<br />
unter Stress.<br />
günstig auf das Fortschreiten der Erkrankung und<br />
damit die Prognose auswirken. Zur Standardtherapie<br />
aller Patienten mit koronarer <strong>Herz</strong>erkrankung<br />
gehört <strong>heute</strong> die Gabe von niedrig dosierter<br />
(100 mg) Acetylsalicylsäure (ASS), die eine Blutverdünnung<br />
bewirkt, indem sie eine Verklebung<br />
der Blutplättchen unterdrückt. Immer wichtiger<br />
werden die Cholesterinsynthese-Hemmer (sogenannte<br />
Statine), die nicht nur das schädliche Cholesterin<br />
senken, sondern auch noch direkt positive<br />
Effekte auf die arteriosklerotischen Veränderungen<br />
der Gefäßwand ausüben. Eine Wirkung<br />
auf die Gefäßwand, die die Prognose verbessert,<br />
ist auch bei den sogenannten ACE-Hemmern nachgewiesen.<br />
21
Welche Medikamente im Einzelnen für den individuellen<br />
Patienten geeignet sind, muss jeweils<br />
der behandelnde Arzt entscheiden.<br />
Als optimale Therapie gilt <strong>heute</strong>, wenn die Patienten<br />
mit allen vier Medikamenten ASS, Betablockern,<br />
Statinen und ACE-Hemmern behandelt werden.<br />
Eine Wirkung von Vitaminen und Knoblauch auf<br />
das Fortschreiten der Erkrankung ist wissenschaftlich<br />
nicht gesichert. Fischöl (Omega-3-Fettsäuren<br />
in einer Dosierung von rund 900 mg/pro Tag)<br />
scheint dagegen den Verlauf der koronaren <strong>Herz</strong>krankheit<br />
günstig zu beeinflussen.<br />
22<br />
Aufdehnen oder operieren?<br />
Es gibt zwei Möglichkeiten, Engstellen in den<br />
<strong>Herz</strong>kranzgefäßen, die die Durchblutung beeinträchtigen,<br />
zu beseitigen:<br />
■ die Ballondilatation (Aufdehnung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße,<br />
auch PTCA oder PCI genannt),<br />
gewöhnlich mit Einsetzen einer Gefäßstütze<br />
(Stent),<br />
■ die Bypass-Operation.<br />
Bei der Ballondilatation wird ein millimeterdünner,<br />
biegsamer Schlauch von der rechten Leistenarterie<br />
oder von der Armarterie aus ins <strong>Herz</strong> geschoben.<br />
Mit Hilfe von Kontrastmitteln werden die<br />
<strong>Herz</strong>kranzgefäße mit ihren Verästelungen röntgenologisch<br />
dargestellt. Die Engstellen werden sichtbar.<br />
Dann wird über einen Führungsdraht ein zusammengefalteter<br />
Ballon in die Engstelle gebracht<br />
und dort mit hohem Druck aufgeblasen. Er drückt<br />
die Ablagerungen in die Gefäßwand und dehnt<br />
das Gefäß auf, so dass das <strong>Herz</strong> wieder ausreichend<br />
durchblutet wird. Heute wird meist ein feines<br />
Metallgeflecht, eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt,<br />
um den Behandlungserfolg zu sichern.<br />
Ein Risiko besteht darin, dass die Gefäßinnenwand<br />
einreißt und eine sofortige Bypass-Operation<br />
notwendig wird (tödliche Komplikationen der<br />
Ballondilatation deutlich unter 1 %).<br />
Ein weiteres Problem ist die Gefahr, dass das Gefäß<br />
in den ersten sechs Monaten sich wieder verengt<br />
und eine erneute Ballondilatation oder eine<br />
Bypass-Operation notwendig wird. Durch das Einsetzen<br />
von Stents, die mit Medikamenten beschichtet<br />
sind, ist dieses Risiko deutlich verringert worden<br />
(unter 10 %).<br />
Bei der Bypass-Operation wird der Brustkorb geöffnet<br />
und die <strong>Herz</strong>chirurgen überbrücken meist<br />
unter Einsatz der <strong>Herz</strong>-Lungen-Maschine die Engstelle<br />
durch andere körpereigene Adern. Dafür<br />
werden Arterien aus der Brustwand oder den Armen<br />
oder Venen aus den Beinen genutzt. Die Offenheitsrate<br />
der arteriellen Bypässe ist entscheidend<br />
besser als die der Venenbypässe.<br />
Die Operation ist relativ sicher: Die Sterblichkeit<br />
liegt bei Patienten unter 75 Jahren, deren <strong>Herz</strong><br />
nicht vorgeschädigt ist, bei etwa 1 %. In 90 bis 95 %<br />
der Fälle gelingt es, die Blutversorgung wiederherzustellen,<br />
von der die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität<br />
der Patienten abhängen.<br />
In jedem einzelnen Fall muss der Vorteil der Ballondilatation<br />
gegenüber der medikamentösen Behandlung<br />
oder einer eventuellen Operation abgewogen<br />
werden.<br />
Fazit<br />
Die stabile Angina ist – wie der Name schon sagt<br />
– ein stabiler Zustand im Arterioskleroseprozess der<br />
<strong>Herz</strong>kranzgefäße. Damit sich daraus keine lebensbedrohliche<br />
Situation entwickelt, ist der wichtigste<br />
Schritt die richtige Deutung der Beschwerden.<br />
Zu häufig werden die Warnsignale falsch gedeutet,<br />
sie werden auf die Bronchien oder das Alter geschoben,<br />
weil man es natürlich nicht wahrhaben<br />
will, herzkrank zu sein. Nur wenn die Signale richtig<br />
verstanden werden, kann dem <strong>Herz</strong>infarkt entgegengewirkt<br />
werden. Es gibt <strong>heute</strong> gute Möglichkeiten,<br />
den schicksalhaften Verlauf zu beeinflussen<br />
und ein (fast) normales Leben zu führen.<br />
Das beginnt aber mit dem Arztbesuch, gefolgt von<br />
einer Umstellung der Lebensweise, die einen entscheidenden<br />
Einfluss auf den Fortgang der Krankheit<br />
hat. Medikamente und Eingriffe am <strong>Herz</strong>en<br />
(Operation, Ballondilatation) unterstützen diese<br />
Maßnahmen, heilen aber nicht die Erkrankung.
Ein Notfall: instabile Angina pectoris<br />
Koronare <strong>Herz</strong>krankheit (II.)<br />
PD Dr. med. Andreas van de Loo, Prof. Dr. med. Christoph Bode, Abteilung Innere Medizin III, Kardiologie<br />
und Angiologie, Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik Freiburg<br />
Angina pectoris ist gekennzeichnet<br />
durch Schmerzen,<br />
die die Patienten als drückend,<br />
brennend, im Brustkorb<br />
ziehend oder wie ein<br />
Stein lastend empfinden.<br />
Wichtig ist der Unterschied<br />
zwischen stabiler und instabiler<br />
Angina pectoris.<br />
Während die stabile Angina<br />
pectoris ernst zu nehmen<br />
ist, aber nicht unmittelbar<br />
das Leben bedroht, kann<br />
sich aus der instabilen Angina<br />
in kurzer Zeit ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />
entwickeln. Die instabile<br />
Angina pectoris ist einer<br />
der häufigsten Notfälle in<br />
der Medizin. Dabei kommt<br />
es darauf an, dass der Patient<br />
und seine Umgebung<br />
sehr schnell reagieren. Das<br />
können sie nur, wenn sie<br />
die instabile Angina pectoris<br />
erkennen.<br />
Wie erkenne ich die<br />
instabile Angina pectoris?<br />
Die Schmerzorte sind bei beiden Formen der Angina<br />
pectoris gleich: Die Schmerzen treten im<br />
Brustkorb auf. Sie können in beide Arme, den<br />
Bauch, zwischen die Schulterblätter und in den<br />
Unterkiefer ausstrahlen (s. S. <strong>16</strong>).<br />
Eine stabile Angina pectoris ist dadurch charakterisiert,<br />
dass die Schmerzen bei einer bestimmten<br />
Belastung (z. B. immer nach Treppensteigen über<br />
Abb. 1: EKG bei instabiler Angina pectoris.<br />
Die Hinterwand der linken <strong>Herz</strong>kammer<br />
ist von der Minderversorgung betroffen.<br />
zwei Etagen) auftreten. Wenn<br />
ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß stark verengt<br />
ist, nämlich zu mehr als<br />
70 %, wird der <strong>Herz</strong>muskel bei<br />
Belastung nicht mehr ausreichend<br />
durchblutet: daher die<br />
Beschwerden. In Ruhe verschwinden<br />
sie bei der stabilen<br />
Angina pectoris nach wenigen<br />
Minuten.<br />
Dagegen handelt es sich um<br />
eine instabile Angina pectoris,<br />
wenn<br />
1. die Intensität<br />
2. oder die Dauer<br />
3. oder die Häufigkeit der<br />
Schmerzanfälle zunimmt<br />
4. oder wenn der Brustschmerz<br />
bereits bei kleinsten<br />
Belastungen oder in<br />
Ruhe auftritt.<br />
In den ersten drei Fällen ist<br />
eine sofortige Vorstellung beim<br />
Kardiologen oder in der Klinik<br />
notwendig.<br />
Wenn aber der Brustschmerz bei kleinsten Belastungen<br />
oder in Ruhe auftritt, ist das ein besonderes<br />
Alarmzeichen, das die sofortige Einweisung<br />
ins Krankenhaus erforderlich macht. Ein solcher<br />
Zustand kann sich nicht nur aus einer stabilen Angina<br />
heraus entwickeln, sondern bei bisher Gesunden<br />
neu auftreten.<br />
Dann darf man nicht zögern, sondern sofort den<br />
Notruf 112 oder örtliche Notrufnummer wählen<br />
(s. S. 34).<br />
23
Ein Beispiel: Das hatte Christian L. noch nie erlebt:<br />
Er saß wie jeden Morgen an seinem Schreibtisch,<br />
aber in seiner Brust drückte ein brennender<br />
Schmerz, der bis in die Fingerspitzen ausstrahlte.<br />
Christian L. war ratlos, bisher hatte er sich für<br />
gesund gehalten. Obwohl er Angst hatte, dachte er:<br />
„Am besten warten, das kann ja nur besser werden.“<br />
Aber seine Sekretärin, die seine Schmerzen beobachtet<br />
hatte, handelte: Sie rief den Rettungswagen.<br />
Das war richtig. Der Rettungswagen war in<br />
wenigen Minuten da und brachte Christian L. in<br />
die Klinik, wo durch schnelles Eingreifen der Ärzte<br />
ein <strong>Herz</strong>infarkt verhindert werden konnte.<br />
Auch wenn bei einer bisher stabilen Angina pectoris<br />
Häufigkeit, Dauer oder Intensität der Anfälle<br />
deutlich zunehmen, ist das nicht leicht zu nehmen:<br />
Es bedarf einer sofortigen Abklärung beim Kardiologen<br />
oder in der Klinik.<br />
Wie entsteht eine<br />
instabile Angina pectoris?<br />
Die Grundkrankheit der <strong>Herz</strong>kranzgefäße, die zur<br />
Entwicklung einer instabilen Angina pectoris führt,<br />
ist die Arteriosklerose. Dieser Begriff beschreibt<br />
einen Prozess, bei dem – begünstigt durch Risikofaktoren<br />
(Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel,<br />
erhöhte Cholesterinspiegel, Bluthochdruck<br />
u. a.) – Cholesterin sich in die Gefäßwand<br />
einlagert und die Wand sich örtlich entzündet. So<br />
entsteht eine sogenannte Plaque, die zunehmend<br />
den Innendurchmesser einer Arterie verengt.<br />
Die örtliche Zunahme der Entzündungsreaktion<br />
24<br />
Beginnende Gerinnselbildung auf einer Plaque, die eingerissen ist.<br />
in der Gefäßwand kann dann zu einem Riss in der<br />
membrandünnen Schicht führen, welche die cholesterinreiche<br />
Plaque, die als instabil bezeichnet wird,<br />
vom strömenden Blut trennt. Die nun freiliegende<br />
Gefäßoberfläche aktiviert das Gerinnungssystem<br />
des strömenden Bluts. Blutplättchen (Thrombozyten)<br />
lagern sich der geschädigten Gefäßinnenhaut<br />
(Endothel) an. Durch dieses Haften der Thrombozyten<br />
an der Gefäßinnenwand kommt es zu einer<br />
zunehmenden Verstärkung der Aktivierung<br />
des Gerinnungssystems mit rascher Anlagerung<br />
weiterer Thrombozyten und der Ausbildung eines<br />
blättchenreichen Gerinnsels in der <strong>Herz</strong>kranzarterie.<br />
Diese Gerinnselbildung führt zum teilweisen<br />
Verschluss des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes, zur instabilen<br />
Angina pectoris, oder zum vollständigen Verschluss<br />
des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes, zum <strong>Herz</strong>infarkt.<br />
In der Folge kommt es zur Ausschwemmung kleinerer<br />
Teile in die nachgeordneten Äste des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes.<br />
Der Gefäßabschnitt, in dem die<br />
Plaque reißt, ist nicht notwendigerweise höhergradig<br />
verengt. Der Nachweis einer solchen Plaque<br />
mit drohendem Einriss (instabile Plaque) ist mit<br />
den Möglichkeiten der Koronarangiographie (d. h.<br />
der röntgenologischen Darstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße)<br />
nicht möglich. Neue Verfahren wie die Ultraschalluntersuchung<br />
im <strong>Herz</strong>kranzgefäß (intravaskulärer<br />
Ultraschall, IVUS) oder die Kernspintomographie<br />
(MRT) vermögen es in Einzelfällen, instabile<br />
Plaques zu erkennen.<br />
Da der Übergang zwischen der instabilen Angina<br />
pectoris und dem <strong>Herz</strong>infarkt fließend ist, spricht<br />
die Medizin <strong>heute</strong> in beiden Fällen von akutem<br />
Koronarsyndrom.
Diagnose<br />
Wenn typische Beschwerden den Verdacht auf<br />
eine instabile Angina pectoris nahelegen, kann<br />
der Arzt in der Regel mit Hilfe der typischen Veränderungen<br />
des Elektrokardiogramms (EKG) die<br />
Diagnose sichern (Abb. 1). Neue biochemische<br />
Marker, die eine Schädigung des <strong>Herz</strong>muskels zeigen<br />
(z. B. Troponin T/I), haben sich dabei als hilfreich<br />
erwiesen. Sie dienen <strong>heute</strong> nicht nur zur Sicherung<br />
der Diagnose, sondern auch zur Planung<br />
der Behandlungsstrategie.<br />
Therapie<br />
Das Ziel der Behandlung einer instabilen Angina<br />
pectoris ist es,<br />
■ zu verhindern, dass die instabile Angina pectoris<br />
sich zu einem <strong>Herz</strong>infarkt entwickelt,<br />
■ die Beschwerden möglichst schnell zu lindern,<br />
■ den Schaden am <strong>Herz</strong>muskel möglichst gering<br />
zu halten.<br />
Das heißt: Die medikamentöse Therapie zielt einerseits<br />
darauf, das Missverhältnis von Sauerstoffangebot<br />
und Sauerstoffbedarf am <strong>Herz</strong>en zu verbessern,<br />
andererseits die Gerinnselbildung in der<br />
<strong>Herz</strong>kranzader zu verhindern.<br />
Wenn die Diagnose einer instabilen Angina pectoris<br />
gestellt wird, so muss der Arzt den Patienten<br />
informieren und ihm mitteilen, dass eine Krankenhauseinweisung<br />
umgehend notwendig ist, um<br />
einen drohenden <strong>Herz</strong>infarkt abzuwenden. Er<br />
wird den betroffenen Patienten bequem lagern<br />
und eine venöse Kanüle plazieren, so dass die<br />
Gabe von wirksamen Medikamenten über Infusionen<br />
möglich wird.<br />
Medikamentöse Behandlung<br />
Die Substanzgruppe der Betablocker (Bisoprolol,<br />
Metroprolol, Atenolol) wird seit Jahren in der Therapie<br />
der instabilen Angina pectoris eingesetzt.<br />
Ihr Nutzen in der Behandlung gilt als gesichert.<br />
Sie senken den Sauerstoffverbrauch des <strong>Herz</strong>ens<br />
und lindern häufig auch die Schmerzen.<br />
Eine weitere, bei instabiler Angina pectoris wirksame<br />
Medikamentengruppe sind die Nitrate. Ihr Ein-<br />
satz beruht im wesentlichen auf der guten klinischen<br />
Erfahrung mit dieser Medikamentengruppe. Wissenschaftlich<br />
überzeugende Studien über Form<br />
und Dauer der Anwendung der Nitrate bei instabiler<br />
Angina pectoris liegen nicht vor.<br />
Calciumantagonisten sollten in der Regel nicht<br />
gegeben werden. In Spezialfällen kommen sie in<br />
Frage, wenn Betablocker wegen Begleiterkrankungen,<br />
wie z. B. Asthma bronchiale, nicht gegeben<br />
werden können.<br />
Da die Gerinnselbildung in der <strong>Herz</strong>kranzader fatale<br />
Folgen hat, muss die Therapie in das Gerinnungssystem<br />
eingreifen, um den <strong>Herz</strong>infarkt zu<br />
verhindern:<br />
Für Acetylsalicylsäure (ASS) konnte gezeigt werden,<br />
dass die Zahl der <strong>Herz</strong>infarkte bei Patienten<br />
mit instabiler Angina pectoris deutlich gesenkt<br />
werden konnte, wenn den Patienten frühzeitig<br />
ASS gegeben worden war. Die Dosis lag zwischen<br />
75 und 325 mg pro Tag. Aufgrund dieser Erfahrungen<br />
wird allen Patienten mit der Verdachtsdiagnose<br />
instabile Angina pectoris Acetylsalicylsäure<br />
so früh wie möglich verabreicht. Sie hemmt das<br />
Zusammenklumpen der Blutplättchen und verhindert<br />
so das Fortschreiten der Gerinnselbildung.<br />
Patienten, die eine Unverträglichkeit gegenüber<br />
Acetylsalicylsäure haben, erhalten ersatzweise<br />
Clopidogrel. Der Wirkungsmechanismus ist dem<br />
des ASS ähnlich, jedoch nicht gleich. Neue Studien<br />
beschreiben eine Kombination von Aspirin<br />
und Clopidogrel als besonders wirkungsvoll.<br />
Eine neue Substanzgruppe, die das Verklumpen der<br />
Blutplättchen verhindert, hat die Behandlung der<br />
instabilen Angina pectoris in den letzten Jahren<br />
ganz entscheidend beeinflusst. Diese neuen Medikamente<br />
blockieren gezielt die Oberflächenstruktur<br />
der Blutplättchen, welche für das Verklumpen<br />
verantwortlich sind (Glykoprotein IIb/IIIa-<br />
Rezeptor-Antagonisten). Drei Substanzen sind zur<br />
Zeit in Deutschland zugelassen und in der klinischen<br />
Anwendung: Abciximab, Tirofiban und Eptifibatide.<br />
Medikamente dieser Substanzgruppe sind in zahlreichen<br />
Untersuchungen bei der instabilen Angina<br />
pectoris geprüft worden. Insbesondere als zusätzliche<br />
Therapie bei Ballondilatation und/oder<br />
beim Einsetzen eines Stents, d. h. mit einer Ge-<br />
25
fäßstütze, konnte ihre herausragende<br />
Bedeutung nachgewiesen werden.<br />
Man kann <strong>heute</strong> davon ausgehen, dass<br />
ihr Einsatz die Häufigkeit von Komplikationen<br />
(Entwicklung eines <strong>Herz</strong>infarkts,<br />
Notwendigkeit erneuter Eingriffe oder<br />
Operationen) halbiert. Vor allem diejenigen Patienten,<br />
bei denen erhöhte Werte des Markers Troponin<br />
I oder Troponin T im Blut nachgewiesen<br />
wurden, sollten <strong>heute</strong> nach den Empfehlungen<br />
der amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften<br />
mit einer dieser Substanzen behandelt<br />
werden. Dies gilt gerade dann, wenn ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß<br />
aufgedehnt (Ballondilatation) oder ein<br />
Stent eingesetzt wird.<br />
Eine weitere Substanzgruppe gegen die Gerinnselbildung<br />
sind die Heparine. Die sogenannten niedermolekulären<br />
Heparine sind in der Klinik einfacher<br />
zu steuern, da ihre Wirksamkeit nicht regelmäßig<br />
kontrolliert werden muss. Sie entspricht der<br />
der sogenannten unfraktionierten Heparine, welche<br />
in die Venen als Dauerinfusion verabreicht<br />
werden müssen.<br />
Wahrscheinlich ist eine frühzeitige Therapie mit<br />
Lipidsenkern (Statine) ebenfalls sehr wirkungsvoll,<br />
wobei der Effekt dieser Medikamentengruppe<br />
über die Cholesterinsenkung hinausgeht.<br />
Die Thrombolysetherapie, die eine entscheidende<br />
Rolle in der Behandlung des akuten <strong>Herz</strong>infarkts<br />
spielt, wird bei Patienten mit instabiler Angina<br />
pectoris grundsätzlich nicht eingesetzt, weil sie<br />
sich in großen Studien nachteilig für die Patienten<br />
erwies.<br />
26<br />
Abb. 2: Darstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
eines Patienten mit instabiler Angina. Man<br />
sieht eine hochgradige, exzentrische Verengung<br />
der rechten <strong>Herz</strong>kranzader im mittleren<br />
Drittel des Gefäßverlaufs. Rechts im<br />
Kreis: vergrößerter Ausschnitt.<br />
Abb. 3: Acht Monate vor dem Auftreten der instabilen<br />
Angina pectoris konnte man keine bedeutsamen<br />
Wandveränderungen erkennen.<br />
Abb. 4: Darstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
nach einer Aufdehnung<br />
der Gefäße (Ballondilatation)<br />
und Einsetzen einer<br />
Gefäßstütze (Stent).<br />
Eingriffe mit<br />
<strong>Herz</strong>katheter<br />
Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass Patienten<br />
mit instabiler Angina pectoris in besonderem<br />
Maße von einer frühzeitigen <strong>Herz</strong>katheteruntersuchung<br />
profitieren. Dann kann sofort mit<br />
Hilfe der Ballondilatation und/oder dem Einsetzen<br />
eines Stents die Verengung im betroffenen Koronargefäß<br />
beseitigt werden. Die Vorteile dieses<br />
Verfahrens konnten in großen Studien (FRISC II,<br />
Tactics) eindrucksvoll belegt werden. Insbesondere<br />
die Patienten mit erhöhten Werten von Troponin<br />
I oder Troponin T sollten kurzfristig einer<br />
<strong>Herz</strong>katheteruntersuchung zugeführt werden. Besonders<br />
günstig erwies sich zudem die frühzeitige<br />
Behandlung mit einem Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten,<br />
kombiniert mit einer anschließenden<br />
baldigen Ballondilatation mit Einsetzen<br />
eines Stents.<br />
Dabei wird wie folgt verfahren: Über eine Arterie<br />
in der Leiste oder am Handgelenk wird zunächst<br />
eine Sonde (Katheter) zum <strong>Herz</strong>en geführt und<br />
Kontrastmittel eingespritzt. Es lässt sich nun beurteilen,<br />
wo eine Verengung im Koronargefäßsystem<br />
vorliegt. Darüber hinaus kann man die Form<br />
(kurzstreckig, sanduhrförmig, Anhalt für Wandeinriss<br />
oder Gerinnselbildung), die Lagebeziehung<br />
zu Teilungsstellen (abgangsnah) und die<br />
Größe des betroffenen Gefäßes abschätzen (Abb. 2<br />
und 3).
Abb. 5: Ein Patient mit instabiler<br />
Angina: Der Hauptstamm der<br />
linken <strong>Herz</strong>kranzader ist hochgradig<br />
eingeengt (Pfeil). Dieser<br />
Patient muss operiert werden.<br />
Weiterhin werden die nicht betroffenen<br />
<strong>Herz</strong>kranzadern und die Funktion<br />
der linken <strong>Herz</strong>kammer beurteilt.<br />
Aufgrund dieser Befunde plant der erfahrene<br />
Untersucher seinen Eingriff. Ziel ist es, die Verengung,<br />
die für die instabile Angina pectoris<br />
verantwortlich ist, so weit wie möglich zu beseitigen.<br />
Unmittelbar im Anschluss an die Diagnostik<br />
kann in den meisten Fällen die kritische Verengung<br />
geweitet werden. Hierfür wird ein Führungskatheter<br />
im Abgang der <strong>Herz</strong>kranzader aus der<br />
Hauptschlagader plaziert. Durch diesen führt man<br />
einen feinen Draht im Gefäß über die Engstelle<br />
hinaus. Der Draht dient als Schiene für den Ballon,<br />
der <strong>heute</strong> in vielen Fällen bereits an der Spitze<br />
eine Gefäßstütze (Stent) trägt. Durch Dehnen des<br />
Ballons wird der Stent in die Gefäßwand eingedrückt<br />
und hält diese offen (direct stenting), (Abb.<br />
4). Die Qualität des Ergebnisses hängt stark von der<br />
Erfahrung des Untersuchers und seines Teams mit<br />
diesen Eingriffen ab.<br />
Patienten mit instabiler Angina pectoris, die so<br />
versorgt sind, können in der Regel bald wieder<br />
aus der stationären Behandlung entlassen werden.<br />
Bypass-Operation<br />
Wenn dieses Verfahren nicht möglich ist, wird oft<br />
eine Bypass-Operation notwendig. Das betrifft<br />
insbesondere Patienten, bei denen die Koronarangiographie<br />
eine hochgradige Verengung des<br />
Hauptstammes des linken Koronarsystems (Abb. 5)<br />
gezeigt hat.<br />
Auch Patienten, bei denen mehrere <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
schon längere Zeit verschlossen sind, werden<br />
die Ärzte oft eine rasche Bypass-Operation<br />
empfehlen.<br />
Den Rückfall verhindern<br />
Wie kann man einem erneuten<br />
Auftreten einer instabilen Angina<br />
pectoris vorbeugen?<br />
Neben der medikamentösen<br />
Therapie, welche mindestens<br />
aus ASS (100 mg/Tag) besteht,<br />
wird die Einnahme eines Medikamentes<br />
zur Senkung des<br />
Blutfettspiegels empfohlen (Lipidsenker,<br />
Statine). Neuere Daten<br />
zeigen, dass ACE-Hemmer<br />
(Ramipril) sich positiv auf den Verlauf der Krankheit<br />
auswirken. Die bekannten Risikofaktoren<br />
(Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, erhöhte<br />
Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, fette Ernährung,<br />
Zuckerkrankheit u. a.) müssen für den einzelnen<br />
Patienten erkannt und soweit möglich behandelt<br />
werden. Wir wissen <strong>heute</strong>, dass durch<br />
konsequente Beeinflussung dieser Faktoren ein<br />
Fortschreiten der Arteriosklerose so verlangsamt<br />
oder aufgehalten werden kann, dass eine erneute<br />
instabile Angina pectoris in vielen Fällen vermieden<br />
wird.<br />
Was ist ein Akutes<br />
Koronarsyndrom (ACS)?<br />
Ein <strong>Herz</strong>infarkt entsteht, wenn ein Blutgerinnsel<br />
ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß vollständig verschließt,<br />
so dass Teile des <strong>Herz</strong>muskels nicht mehr mit<br />
Blut versorgt werden können und absterben.<br />
Heute verwendet die Medizin einen neuen Begriff:<br />
Akutes Koronarsyndrom. Dazu gehört der<br />
<strong>Herz</strong>infarkt, ebenso wie die instabile Angina<br />
pectoris. Beide sind dadurch verursacht, dass<br />
eine Plaque (eine fetthaltige Ablagerung) aufbricht,<br />
sich ein Blutgerinnsel bildet und das Gefäß<br />
vollständig (<strong>Herz</strong>infarkt) oder teilweise (instabile<br />
Angina) verschließt.<br />
Die Übergänge zwischen der instabilen Angina<br />
und dem <strong>Herz</strong>infarkt sind fließend. Aus der instabilen<br />
Angina kann sich jederzeit ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />
entwickeln. Deshalb darf keine Zeit verloren<br />
werden.<br />
27
Es war fast Mitternacht, als Klaus G. von seiner<br />
Geschäftsreise aus den USA zurückkam. Seine<br />
Frau sah sofort, dass es ihm nicht gut ging. Er<br />
sah fahl und erschöpft aus. Während er sich sonst<br />
zu ihr setzte, von seiner Reise berichtete und<br />
danach fragte, wie es ihr und den Kindern inzwischen<br />
ergangen sei, hatte er jetzt nur einen Wunsch,<br />
sich sofort hinzulegen. „Ich fühle mich nicht wohl“,<br />
sagte er, „und plötzlich habe ich scheußliche<br />
Schmerzen in der Brust und im Arm. Die Reise war<br />
anstrengend und das lange unbequeme Sitzen<br />
im Flugzeug. Es wird schon besser werden.“ Aber<br />
besser wurde es nicht, sondern beunruhigend<br />
schlechter. Gerda G. war ratlos, aber dann fiel<br />
ihr ein: Schmerzen in der Brust und im Arm,<br />
Übelkeit, fahle Hautfarbe: War das nicht ein <strong>Herz</strong>infarkt?<br />
Ihr nächster Gedanke war, den Hausarzt anzurufen.<br />
Der kannte ihren Mann. Zu ihm hatte sie<br />
volles Vertrauen. Aber inzwischen war es drei Uhr<br />
geworden – eine Zeit, in der man ihn doch unmöglich<br />
aus dem Schlaf reißen konnte. So wartete sie<br />
voller Angst bis kurz nach sechs. Auf ihren Anruf<br />
kam der Arzt sofort, aber helfen konnte er nicht<br />
mehr. Es war zu spät.<br />
Zeit ist Leben<br />
Aus diesem traurigen Fall ist eines zu lernen: Bei<br />
Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt kann man nicht zuwarten,<br />
schon gar nicht in der Nacht auf den Morgen, am<br />
Wochenende auf den Montag. Das lässt die Dramatik<br />
der Situation nicht zu.<br />
Ein <strong>Herz</strong>infarkt bedeutet, dass ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß<br />
durch ein Gerinnsel verschlossen wird. Dadurch ist<br />
ein Teil des <strong>Herz</strong>muskels von der Sauerstoffzufuhr<br />
abgeschnitten: daher die Schmerzen, daher<br />
die Übelkeit.<br />
Zwei große Gefährdungen bringt der <strong>Herz</strong>infarkt<br />
mit sich. In den ersten Stunden danach ist das <strong>Herz</strong><br />
28<br />
<strong>Herz</strong>infarkt – ein Wettlauf mit der Zeit<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker, Hanau<br />
besonders anfällig für Störungen der <strong>Herz</strong>schlagfolge.<br />
Bedrohlich ist das sogenannte Kammerflimmern,<br />
bei dem das <strong>Herz</strong> mehr als 300 mal in<br />
der Minute schlägt. Wird diese Rhythmusstörung<br />
nicht sofort behoben, kommt es zu einem totalen<br />
Kreislaufzusammenbruch. Ursache ist eine unzureichende<br />
Füllung der <strong>Herz</strong>kammern durch die<br />
schnelle <strong>Herz</strong>schlagfolge. Diese Rhythmusstörung<br />
ist unabhängig von der Größe des <strong>Herz</strong>infarkts<br />
und kann auch bei einem kleinen <strong>Infarkt</strong> vorkommen.<br />
Schnelle Hilfe bringt der Defibrillator, der<br />
die <strong>Herz</strong>rhythmusstörung elektrisch beseitigt.<br />
Sowohl dem Notarzt im Rettungswagen (112 oder<br />
örtliche Notrufnummer) wie jeder Klinik stehen<br />
Defibrillatoren zur Verfügung.<br />
Die andere Gefahr, die ein <strong>Herz</strong>infarkt mit sich<br />
bringt, ist das Pumpversagen des <strong>Herz</strong>ens. Je länger<br />
der <strong>Herz</strong>infarkt andauert, desto mehr <strong>Herz</strong>muskelgewebe<br />
geht unwiederbringlich verloren.<br />
Die heutige Medizin hat zwei Möglichkeiten, die<br />
Durchblutung im <strong>Herz</strong>en wiederherzustellen: Einmal<br />
dadurch, dass Medikamente das Gerinnsel<br />
auflösen oder dass das verstopfte Gefäß mit einem<br />
Ballonkatheter wieder geöffnet und aufgedehnt<br />
wird. Heute weiß man, dass die Kathetermaßnahmen<br />
bei akutem <strong>Infarkt</strong> besser sind als die sogenannte<br />
Lysetherapie. Die Katheterintervention ist aber<br />
in Deutschland nicht überall verfügbar. An einem<br />
flächendeckenden Angebot, bei dem Rettungswagen<br />
beim <strong>Herz</strong>infarkt nur Kliniken anfahren, die täglich<br />
eine 24-Stunden-Katheterbereitschaft haben,<br />
wird gearbeitet. Auf jeden Fall gilt – gleich welche<br />
Behandlungsmethode eingesetzt wird – je früher<br />
eingegriffen wird, desto größer sind die Lebenschancen<br />
des Patienten.<br />
Die beiden großen Risiken des <strong>Herz</strong>infarkts, Kammerflimmern<br />
und Untergang von <strong>Herz</strong>muskelgewebe,<br />
erfordern, dass der Patient so schnell wie möglich<br />
in eine Klinik eingeliefert wird.
Der schnellste Weg<br />
Der Notarzt-Rettungswagen ist der schnellste Weg<br />
ins Krankenhaus. Er ist auf Notfälle spezialisiert, ist<br />
mit den Beschwerden und Risiken des <strong>Herz</strong>infarkts<br />
vertraut. Der Rettungswagen steht Tag und<br />
Nacht auch an Sonn- und Feiertagen zur Verfügung<br />
und er ist mit einem Defibrillator ausgerüstet,<br />
der eine lebensbedrohende <strong>Herz</strong>rhythmusstörung<br />
beenden kann. Wichtig ist, den Verdacht<br />
auf <strong>Herz</strong>infarkt deutlich zu äußern und die Beschwerden<br />
klar zu beschreiben, damit die Leitstelle weiß,<br />
dass es sich wirklich um einen Notfall handelt.<br />
Mit einem Funkgerät kann vom Rettungswagen<br />
aus die Klinik schon benachrichtigt werden, so<br />
dass dort ein Kathetereingriff oder eine Lyse vorbereitet<br />
werden kann. In günstigen Fällen kann<br />
auf diese Weise schon in einer Stunde das Gerinnsel<br />
aufgelöst werden.<br />
Gerda G. aber hatte beim <strong>Herz</strong>infarkt ihres Mannes<br />
nur an den Hausarzt gedacht. Hätte sie den<br />
Rettungswagen angerufen, wäre er wahrscheinlich<br />
gerettet worden. Aber genauso hätten viele<br />
andere gehandelt, denn der Hausarzt ist der wichtigste<br />
Ansprechpartner besonders für Patienten,<br />
die an einer chronischen Krankheit wie Angina<br />
pectoris leiden.<br />
Aber wenn keine Zeit zu verlieren ist, steht der<br />
Hausarzt nicht immer zur Verfügung. Das gilt nicht<br />
nur in der Nacht. Auch am Tag wird der Patient nicht<br />
erwarten können, dass der Arzt seine Sprechstunde<br />
unterbricht. Oft gelangt der Patient oder seine<br />
Angehörigen nur bis zur Sprechstundenhilfe. Für<br />
die Sprechstundenhilfe ist es bei den vielen Telefonaten<br />
pro Tag sehr schwer, die Dringlichkeit<br />
der Situation zu erkennen. Es kann z. B. vorkommen,<br />
dass sie sagt: „Der Doktor ist gerade in einer<br />
Untersuchung. Ab 15.00 Uhr beginnt unsere Mittagssprechstunde,<br />
ab 18.00 Uhr macht der Doktor<br />
Hausbesuche.“ Auf diese Art gehen viele Stunden<br />
verloren, in denen die verheerenden Folgen des<br />
<strong>Herz</strong>infarkts sich entwickeln und das Leben kosten<br />
können. Selbst wenn der Hausarzt kommt,<br />
kann er nichts anderes tun, als die 112 anzurufen.<br />
Ein ähnliches Problem besteht mit dem ärztlichen<br />
Notdienst/Bereitschaftsdienst, der oft mit dem<br />
Notarztwagen/Rettungswagen verwechselt wird.<br />
Der ärztliche Notdienst ist nachts und an Feiertagen<br />
für alle medizinischen Probleme – vom Blinddarm<br />
bis zur Migräne zuständig. Die Ärzte sind<br />
überlastet. Sie müssen deshalb viel per Telefon<br />
erledigen. Wenn ein solcher Arzt im Notdienst<br />
dann doch zu einem <strong>Herz</strong>infarktpatienten kommt,<br />
wird er den Rettungswagen rufen, um den Patien-<br />
29
ten in die Klinik zu bringen. Der Anruf beim ärztlichen<br />
Notdienst/Bereitschaftsdienst, ebenso wie<br />
der Anruf beim Hausarzt ist ein Umweg, der wertvolle<br />
Zeit verbraucht. Daher gilt es, bei Verdacht<br />
auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Rettungswagen/Notarztwagen<br />
zu rufen: 112 oder die örtliche Notrufnummer.<br />
Denn<br />
■ dann können lebensbedrohliche <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />
sofort beendet werden, und<br />
■ der Rettungswagen ist der schnellste Weg zu<br />
einer wirkungsvollen Behandlung des <strong>Infarkt</strong>s.<br />
Jede Minute zählt.<br />
30<br />
Das sind Alarmzeichen!<br />
■ schwere, länger als 5 Minuten anhaltende Schmerzen im<br />
Brustkorb, die in Arme, Schulterblätter, Hals, Kiefer, Oberbauch<br />
ausstrahlen können<br />
■ starkes Engegefühl,<br />
heftiger Druck im<br />
Brustkorb, Angst<br />
■ zusätzlich zum<br />
Brustschmerz:<br />
Luftnot, Übelkeit,<br />
Erbrechen<br />
Zu Fuß ins Krankenhaus?<br />
Immer wieder beobachten wir in der Notaufnahme<br />
Patienten, die mit einem <strong>Herz</strong>infarkt selbst in<br />
die Klinik gehen oder gar ihren eigenen Wagen<br />
gefahren haben. Davor kann nur gewarnt werden.<br />
Die körperliche Belastung verschlimmert die<br />
Folgen des <strong>Infarkt</strong>s und durch Autofahren setzt<br />
der vom <strong>Herz</strong>infarkt Betroffene nicht nur sein eige-<br />
■ Schwächeanfall<br />
(auch ohne<br />
Schmerz), evtl.<br />
Bewusstlosigkeit<br />
■ blasse, fahle<br />
Gesichtsfarbe,<br />
kalter Schweiß<br />
Achtung:<br />
Bei Frauen sind<br />
■ Luftnot, Übelkeit,<br />
Schmerzen im<br />
Oberbauch,<br />
Erbrechen nicht<br />
selten alleinige<br />
Alarmzeichen<br />
nes Leben, sondern auch das von anderen aufs<br />
Spiel.<br />
Von Ausnahmefällen abgesehen muss auch davon<br />
abgeraten werden, dass Angehörige oder Freunde<br />
mit ihrem Auto den Patienten in die Klinik fahren,<br />
weil während des Transports Kammerflimmern<br />
auftreten kann.<br />
Unbedingt EKG<br />
Oft kommt der Patient nicht selbst auf den Verdacht<br />
<strong>Herz</strong>infarkt – besonders wenn er vorher nie<br />
Probleme mit dem <strong>Herz</strong>en gehabt hat.<br />
Ruth L. (58) spürte plötzlich Schmerzen im Brustkorb<br />
und im Rücken zwischen den Schulterblättern.<br />
Außerdem war ihr übel. Sie hat bisher noch<br />
nie eine ernsthafte Krankheit gehabt und einen großen<br />
Haushalt versorgt. Da sie manchmal – wie<br />
die meisten Leute – mit den Bandscheiben Probleme<br />
hatte, ging sie zum Orthopäden, der die<br />
Beschwerden für harmlos hielt. Sie bekam Rheumamittel<br />
verordnet, die jedoch nicht halfen. Sie fühl-
te sich auch in der Nacht und am nächsten Tag<br />
nicht gut und konnte nicht arbeiten, was für sie<br />
ungewöhnlich war. Nochmals rief sie den Orthopäden<br />
an, der aber zu keiner anderen Entscheidung<br />
kam. Inzwischen hatte sie immer wieder<br />
Brustkorbbeschwerden und allgemeine Schwäche.<br />
Nach zwei Tagen suchte sie ihren Hausarzt<br />
auf, der sofort mit Hilfe des EKGs einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />
feststellte. Mit dem Krankenwagen wurde<br />
sie in die Klinik gebracht. Da schon zu viel Zeit abgelaufen<br />
war, hatte der <strong>Infarkt</strong> schon großen Schaden<br />
angerichtet.<br />
Was wäre in diesem Fall richtig gewesen? Die<br />
Erfahrung sagt, dass bei neu auftretenden Brustschmerzen<br />
immer auch an den <strong>Herz</strong>infarkt zu denken<br />
ist, und das muss immer sofort abgeklärt werden.<br />
Der Orthopäde hätte gleich veranlassen sollen,<br />
dass ein EKG beim Hausarzt, beim Internisten<br />
oder in der Klinik geschrieben wird. Auch wenn<br />
die Brustschmerzen mit Magenschmerzen oder<br />
Übelkeit verbunden sind, gilt, es muss darauf gedrungen<br />
werden, dass ein EKG geschrieben wird.<br />
Ärzte und Patienten müssen lernen, ein Auge auf<br />
das <strong>Herz</strong> zu haben.<br />
Jede Minute zählt<br />
Paul G. kegelte, als ihn plötzlich ein starker Brustschmerz<br />
überfiel. Er fühlte sich wie in einem<br />
Schraubstock und in ihm breitete sich das Gefühl<br />
der Bedrohung aus. Seine Freunde versuchten<br />
ihn zu beruhigen: „Leg‘ dich hin und lass‘ dir<br />
heißen Tee geben.“ Aber Paul G. erinnerte sich<br />
an eine Radiosendung, in der die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung<br />
über den <strong>Herz</strong>infarkt aufgeklärt hatte,<br />
und verlangte, dass sofort ein Arzt geholt wurde.<br />
Der Arzt fand die Situation nicht bedrohlich.<br />
Paul G. aber hatte Angst und erinnerte sich an den<br />
Slogan der <strong>Herz</strong>stiftung: <strong>Herz</strong>infarkt – jede Minute<br />
zählt. So bestand er darauf, dass seine Frau<br />
ihn sofort in die Klinik fuhr. Dort stellte sich heraus,<br />
dass er recht hatte: <strong>Herz</strong>infarkt. Eine Bal-<br />
londilatation, die das Gefäß öffnete, wurde sofort<br />
eingeleitet. Es war so wenig Zeit seit dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />
vergangen, dass es möglich war, den <strong>Herz</strong>muskel<br />
fast vollständig zu retten. Paul G. kann weiter<br />
voll als Marketingleiter arbeiten, er segelt und<br />
fährt Ski. Durch sein konsequentes Handeln hat<br />
der <strong>Herz</strong>infarkt ihm nichts anhaben können.<br />
Damit das so bleibt, achtet er auf einen gesunden<br />
Lebensstil.<br />
Hilfe durch die Nächsten<br />
Nicht immer sind Patienten, die einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />
erleiden, in der Lage, energisch zu handeln wie<br />
Paul G. Oft sind sie so von Schmerzen gepeinigt<br />
und von Schwäche übermannt, dass sie zu Entscheidungen<br />
nicht mehr fähig sind und nur in<br />
Ruhe gelassen werden wollen. Dann müssen die<br />
Lebensgefährten, die Familie, die Freunde oder<br />
wer gerade anwesend ist, sich für die schnelle Rettung<br />
des Patienten einsetzen.<br />
Nach der Erfahrung der Ärzte sind Frauen meistens<br />
besser in der Lage, die Gefährdung ihres Partners<br />
zu erkennen. Allerdings kommt es auch immer<br />
wieder vor, dass Frauen sich von dem Wunsch<br />
ihres Partners „Ich will keinen Arzt“ einschüchtern<br />
lassen und dadurch die Chance für eine schnelle<br />
Rettung versäumt wird.<br />
Ein großes Problem ist es, dass viele Patienten<br />
Warnzeichen schon Wochen und Monate vor<br />
einem <strong>Infarkt</strong> nicht wahrnehmen. Oft haben Patienten,<br />
die ihren <strong>Herz</strong>infarkt als Blitz aus heiterem<br />
Himmel schildern, wenn man sie genau befragt, schon<br />
längst vorher beim Treppensteigen, Bergwandern,<br />
Rennen zum abfahrenden Zug Schmerzen im<br />
Brustkorb oder Brustenge gespürt (s. S. 15). Sie<br />
haben diese <strong>Herz</strong>beschwerden verdrängt, sie auf<br />
„die Bronchien“ oder „das Alter“ geschoben, weil<br />
sie sie als <strong>Herz</strong>schmerzen nicht wahrnehmen wollten.<br />
Wenn wir lernen, auf diese Warnzeichen aufmerksam<br />
zu achten, könnte ein großer Teil der<br />
<strong>Herz</strong>infarkte vermieden werden.<br />
31
32<br />
Warum so spät?<br />
Noch immer zögern viele Patienten beim <strong>Herz</strong>infarkt<br />
viel zu lange, bis sie den Rettungswagen anfordern.<br />
Viele warten Stunden, manche bis zu drei<br />
Tagen. Die mittlere Zeit liegt bei mehr als drei<br />
Stunden.<br />
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />
Emnid, die die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung in Auftrag<br />
gegeben hatte, gaben zwar 78 % der Befragten<br />
an, bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Notruf<br />
zu alarmieren. Aber die Wirklichkeit sieht anders<br />
aus. Die Patienten warten oft Stunden. Offenbar<br />
besteht zwischen Wollen und Tun eine große<br />
Kluft, die vielen Patienten das Leben kostet.<br />
Wie lässt sich das erklären? Um dieser Frage auf den<br />
Grund zu gehen, hat die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung<br />
die Arbeitsgemeinschaft Leitender Kardiologischer<br />
Krankenhausärzte e.V. (ALKK) befragt. Die dort behandelnden<br />
Ärzte halten zwei Gründe für ausschlaggebend:<br />
Natürlich haben wir uns<br />
gründliche Gedanken gemacht,<br />
wie wir unsere zentrale<br />
Botschaft am besten und eindrücklichsten<br />
vermitteln. Hier<br />
ein paar Varianten aus den<br />
<strong>Herz</strong>wochen 2003 und 2005,<br />
die wir durchgespielt haben.<br />
■ Die Patienten verdrängen die Beschwerden<br />
und hoffen, dass diese von selbst besser werden.<br />
■ Und die Betroffenen wollen den Arzt/Notarzt/Rettungsdienst<br />
nicht stören.<br />
Warum so spät? Dieser Frage ist Dr. Michael Kentsch,<br />
Itzehoe, mit seiner Arbeitsgruppe nachgegangen.<br />
Sie befragten in einer Studie 739 <strong>Infarkt</strong>patienten.<br />
Das mittlere Alter dieser Patienten betrug 65,3 Jahre,<br />
30 % der Patienten waren Frauen. Die Ergebnisse<br />
dieser Befragung zeigen, welche Verhaltensweisen<br />
beim <strong>Herz</strong>infarkt so lange zögern lassen.<br />
Zwar wussten 93,3 % der Patienten, dass ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />
tödlich sein kann. Aber 43,9 % der Patienten,<br />
die dachten, es könnte ein <strong>Herz</strong>infarkt sein, entschieden<br />
sich trotz dieses Wissens zu spät, nämlich<br />
nach mehr als einer Stunde, medizinische Hilfe<br />
zu rufen. Das zeigt, wie sehr eine innere Blockade<br />
verhindert, theoretisches Wissen über den <strong>Herz</strong>infarkt<br />
in Handeln umzusetzen.<br />
Als besonders gefährlich erwies sich die Einstellung<br />
Ich wollte erst einmal abwarten. Eine weitere fol-
genschwere Hemmung, den Rettungswagen zu<br />
holen, war der Gedanke Ich wollte niemanden<br />
belästigen. Auch wer die Beschwerden nicht ernst<br />
nahm oder glaubte, dass sich die Beschwerden<br />
besserten, handelte meist zu spät. Überraschend war,<br />
dass jene Patienten, die bereits einen <strong>Infarkt</strong> hinter<br />
sich hatten, nicht rascher reagierten als Patienten<br />
mit dem ersten <strong>Infarkt</strong>. Steigerten sich die<br />
Beschwerden nur langsam, rafften sich die Patienten<br />
besonders spät dazu auf Hilfe anzufordern.<br />
Sehr starke Schmerzen brachten nicht alle Patienten<br />
dazu, sich schnell zu entscheiden. Stark verzögernd<br />
wirkte die Einnahme von Schmerzmitteln.<br />
Oft wurde die Entscheidung, in die Klinik zu<br />
gehen, verschleppt, wenn die Patienten glaubten,<br />
dass die Beschwerden sich vorübergehend besserten.<br />
Insgesamt zeigt diese Studie, dass die Einstellung<br />
zu Beschwerden sehr stark die Chancen<br />
des Patienten, einen <strong>Herz</strong>infarkt zu überleben,<br />
beeinflusst.<br />
Zum Hintergrund schreibt der Psychosomatiker<br />
Dr. Andreas Werner: „Die unbewusste Verzögerung<br />
für die Inanspruchnahme medizinischer Hilfe<br />
wird bei jedem einzelnen Patienten aus unterschiedlichen<br />
Quellen gespeist. Wichtigste Quelle<br />
ist die Angst. Je größer die Angst vor der Bedrohung<br />
des <strong>Herz</strong>infarkts ist, umso stärker ist die unbewusste<br />
Verleugnungshaltung ausgeprägt. Ursachen<br />
der Angst beim <strong>Herz</strong>infarkt sind die Angst<br />
vorm Sterben, die Angst vor Invalidität, die Angst<br />
um den Arbeitsplatz, den Lebensunterhalt oder<br />
die Angst, sozial isoliert zu werden.<br />
In diesem Bereich psychischer Prozesse hilft Aufklärung<br />
der verschiedenen Medien nur unzureichend.<br />
In vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem<br />
behandelnden Arzt kann der Versuch zum Angstabbau<br />
gemacht werden, wenn dies der Arzt rechtzeitig<br />
erkennt. Dieser Prozess ist sicher nicht einfach.“<br />
(Mehr dazu S. 36: Die innere Blockade)<br />
(ot.)<br />
33
<strong>Herz</strong>infarkt bedeutet Lebensgefahr. Alarmieren<br />
Sie bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Rettungsdienst<br />
mit Notarzt (112). Der <strong>Infarkt</strong> kann lebensbedrohliche<br />
<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen auslösen<br />
und führt zum Untergang von <strong>Herz</strong>gewebe.<br />
Jeder dritte Mensch mit einem <strong>Herz</strong>infarkt stirbt, bevor<br />
er die rettende Klinik erreicht. Deshalb muss<br />
sofort reagiert werden.<br />
Die schnelle Behandlung in der Klinik bewahrt<br />
das <strong>Herz</strong> vor schweren Schäden. Vorausgesetzt:<br />
Betroffene oder Angehörige alarmieren umgehend<br />
den Rettungsdienst.<br />
Keine Scheu vor Fehlalarm<br />
Niemand ruft gern den Rettungsdienst. Deshalb<br />
warten viele Menschen erst einmal ab, ob die Beschwerden<br />
wieder von allein verschwinden. Doch<br />
genau das ist beim Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt falsch.<br />
Warten hat in dieser lebensgefährlichen Situation<br />
nichts zu suchen! Bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt gibt<br />
es nur eins:<br />
Sofort den Rettungswagen rufen!<br />
Fehler vermeiden<br />
In dieser Situation Ruhe zu bewahren, ist leichter<br />
gesagt als getan. Auf Folgendes sollten Sie achten:<br />
Nicht warten<br />
Viele Patienten zögern vor allem in der Nacht und<br />
am Wochenende, den Rettungsdienst zu rufen.<br />
Niemals in der Nacht auf den Morgen warten, niemals<br />
am Samstag oder Sonntag auf den Montag.<br />
Rettungswagen alarmieren und Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt<br />
äußern<br />
Bei einem <strong>Herz</strong>infarkt geht es nicht um einen ärztlichen<br />
Rat oder eine normale Behandlung, die<br />
34<br />
Was tun im Notfall?<br />
Stunden Zeit hat. Beim <strong>Herz</strong>infarkt zählt jede Minute.<br />
Ohne Zeitverzögerung müssen Betroffene<br />
ins rettende Krankenhaus gebracht werden. Sie<br />
verlieren wertvolle Zeit, wenn Sie zunächst beim<br />
Hausarzt oder bei Verwandten oder Nachbarn anrufen.<br />
Wählen Sie 112<br />
Wählen Sie die 112 oder die örtliche Notrufnummer.<br />
Wichtig ist, dass Sie sofort den Verdacht auf<br />
<strong>Herz</strong>infarkt deutlich äußern, dann wird Ihnen umgehend<br />
ein Rettungswagen geschickt. Dieser ist<br />
mit einem Defibrillator ausgestattet, mit dem die lebensbedrohlichen<br />
<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen (Kammerflimmern)<br />
beendet werden können.<br />
Sagen Sie Ihren Namen, Ihre Adresse und hinterlassen<br />
Sie Ihre Telefonnummer für Rückfragen.<br />
Beim Notruf nicht vorzeitig auflegen<br />
Immer wieder gehen bei Leitstellen Notrufe ein<br />
wie: „Kommen Sie sofort, mein Mann/meine Frau<br />
ist zusammengebrochen“, und ohne die Adresse<br />
anzugeben, wird der Hörer eingehängt. Folglich weiß<br />
der Rettungswagen nicht, wohin er fahren soll.<br />
Warten Sie daher immer ab, ob noch Rückfragen<br />
kommen. Das Gespräch beendet die Leitstelle.<br />
Ärztlicher Notdienst ist kein Rettungsdienst<br />
Immer wieder führt der Name „ärztlicher Not- bzw.<br />
Bereitschaftsdienst“ zu Missverständnissen. Dabei<br />
handelt es sich nicht, wie viele annehmen, um<br />
den Notarzt im Rettungswagen, sondern um einen<br />
Dienst, der an Wochenenden und Feiertagen<br />
oder auch nachts den Hausarzt ersetzt, z.B. wenn<br />
bei Grippe oder schwerer Migräne ärztliche Hilfe<br />
benötigt wird. Es dauert oft lange, bis der ärztliche<br />
Bereitschaftsdienst kommen kann und wenn<br />
er eintrifft, kann er nur die 112 alarmieren. Deshalb<br />
diesen Umweg meiden und direkt die 112 wählen.
Dieses Motiv machte schließlich das Rennen, in erster Linie,<br />
da hier die richtige Handlung – den Notruf zu wählen – am<br />
markantesten formuliert ist.<br />
Nicht mit dem Auto in die Klinik<br />
Menschen mit einem <strong>Herz</strong>infarkt lassen sich immer<br />
wieder von Freunden, Bekannten oder Verwandten<br />
ins Krankenhaus fahren. Mancher Betroffene<br />
setzt sich sogar selbst ans Steuer. Das sollte man auf<br />
keinen Fall tun! Tritt das lebensbedrohliche Kammerflimmern<br />
auf, kann nur der Defibrillator helfen,<br />
mit dem jeder Rettungswagen ausgestattet ist.<br />
Außerdem: Bereits zu Hause wird der Patient vom<br />
Rettungsdienst versorgt und wenn er im Rettungswagen<br />
eingeliefert wird, setzt in der Regel die Therapie<br />
schon im Rettungswagen, spätestens aber<br />
in der Klinik wesentlich schneller ein. Nur die Patienten,<br />
die schnell kommen, profitieren von den<br />
Fortschritten der modernen <strong>Infarkt</strong>therapie mit<br />
Ballondilatation oder Lyse.<br />
Notrufnummern<br />
Ein Problem: Die 112 ist in Deutschland nicht<br />
flächendeckend mit den Rettungsleitstellen<br />
verbunden. In Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg<br />
und Bayern ist die Notrufnummer<br />
die 19222. Ruft man die 112 an, gelangt<br />
man zur Feuerwehr oder zur Polizei<br />
und wird dann sofort weiterverbunden.<br />
Was viele jedoch nicht wissen: Mit dem Handy<br />
sollte man immer die 112 anrufen, denn die<br />
19222 ohne Ortsvorwahl führt ins Leere. Dagegen<br />
ist, wenn man die 112 mit dem Handy<br />
wählt, bundesweit keine Vorwahl nötig. Wer<br />
unterwegs ist, kennt im Notfall die richtige<br />
Ortsvorwahl oft nicht. Auch ist die Ortsvorwahl<br />
nicht einheitlich geregelt: Im Saarland, gleich<br />
wo man ist, muss man mit dem Handy immer<br />
die Vorwahl von Saarbrücken (0681)<br />
wählen.<br />
Unser Rat: Vom Handy aus nur die 112.<br />
35
Die Fortschritte der Medizin sind spektakulär. Das<br />
gilt auch für die Behandlung des <strong>Herz</strong>infarkts.<br />
Allerdings: Erfolgreich sind die neuen Verfahren<br />
nur, wenn die Patienten rechtzeitig in die Klinik<br />
kommen. <strong>Herz</strong>infarkt – Jede Minute zählt! Obwohl<br />
die <strong>Herz</strong>stiftung seit langem große Aufklärungsaktionen<br />
durchführt, hat sich die Zeit von Beginn der<br />
Beschwerden bis zum Erreichen der Klinik (Prähospitalzeit)<br />
nicht verkürzt. Im Gegenteil: Sie ist seit<br />
1995 im Durchschnitt von <strong>16</strong>6 Minuten auf 190<br />
Minuten angestiegen.<br />
Interessant ist folgendes: Die <strong>Herz</strong>stiftung hat<br />
durch eine repräsentative Umfrage (EMNID) ermittelt,<br />
dass die meisten nicht nur die Symptome des<br />
<strong>Herz</strong>infarkts kennen, sie behaupten auch (78 %),<br />
bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Notarzt (112)<br />
anrufen zu wollen. Aber die Wirklichkeit sieht<br />
anders aus. Die Patienten warten meist Stunden.<br />
Zwischen Wissen und Handeln im Notfall besteht<br />
eine Kluft, die vielen das Leben kostet.<br />
■ Mit Wissen ist es eben nicht getan. Das sieht<br />
man an Patienten, die schon einmal einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />
gehabt haben. Sie brauchen oft länger als<br />
die Patienten, die der <strong>Herz</strong>infarkt zum ersten<br />
Mal trifft.<br />
Kenne Deine <strong>Infarkt</strong>zeichen! Ein Patient, der<br />
den zweiten <strong>Infarkt</strong> erleidet, kennt sie mit Sicherheit.<br />
Wenn er es nicht am eigenen Leib gemerkt<br />
hat, so weiß er es von anderen Patienten, z. B.<br />
in der Reha, von den tausend Gesprächen, die<br />
nachher geführt werden. An der Unkenntnis<br />
der <strong>Infarkt</strong>symptome kann es also nicht liegen,<br />
dass zu lange gewartet wird. Dieses Zögern<br />
lässt sich möglicherweise dadurch erklären,<br />
dass ein Ereignis, das massiv lebensbedrohend<br />
36<br />
Die innere Blockade<br />
Warum wir im Notfall so lange warten<br />
Interview mit Karl-Heinz Ladwig,<br />
Professor am Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie<br />
und Medizinische Psychologie der Technischen Universität München<br />
ist, so weit es geht, verleugnet wird. Die <strong>Infarkt</strong>patienten<br />
haben alle eine Geschichte. Aber es<br />
gibt unterschiedliche Geschichten.<br />
Wie meinen Sie das?<br />
■ Da gibt es die Patienten, bei denen bereits eine<br />
koronare <strong>Herz</strong>krankheit bekannt ist. Aber das<br />
ist die Minderheit. Die machen etwa 35 % der<br />
<strong>Infarkt</strong>fälle aus. Bei den anderen scheint es, als<br />
ob der <strong>Herz</strong>infarkt aus heiterem Himmel gekommen<br />
wäre. Aber das ist ein Ammenmärchen.<br />
Wenn man die Leute genau fragt, ...
■ ... dann kommt oft heraus, dass Tage und<br />
Wochen vor dem <strong>Infarkt</strong> typische Angina pectoris-Beschwerden<br />
auftraten, z. B. Brustschmerzen,<br />
wenn man Treppen hinaufging, Atemnot<br />
beim Wandern, Brennen hinter der Brust, wenn<br />
man in die Kälte hinaustrat – aber das alles wurde<br />
aufs Alter oder die schwachen Bronchien<br />
geschoben.<br />
Neben diesen typischen Beschwerden gibt es<br />
etwas, was ich für fast noch wichtiger halte:<br />
die vitale Erschöpfung.<br />
Was ist darunter zu verstehen?<br />
■ Schon Anfang der 80er Jahre hat der Psychosomatiker<br />
Adrian Appels aus Maastricht eine Arbeit<br />
im European Heart Journal publiziert zu dem<br />
Thema Vitale Erschöpfung. Diese vitale Erschöpfung<br />
sehen wir bei vielen Patienten in den letzten<br />
Monaten vor einem <strong>Infarkt</strong> sehr deutlich.<br />
Appels fragte damals: „Was haben die Frauen bei<br />
ihren Männern vor einem <strong>Infarkt</strong> beobachtet, was<br />
wir mit unseren technischen Untersuchungs-<br />
methoden nicht sehen konnten?“ Die Antwort<br />
lautete: Sie bemerkten einen allgemeinen Leistungsabfall<br />
und damit einen Knick in der Lebenslinie.<br />
Wie zeigt sich diese Veränderung?<br />
■ Besonders gut kann man es bei Persönlichkeiten<br />
sehen, die nach einem Verhaltensmuster<br />
leben, das man früher Typ A genannt hat. Das<br />
ist dieses aggressive, ehrgeizige, leistungsorientierte<br />
Verhalten. Diese Menschen erleben aufgrund<br />
ihrer Persönlichkeit in der Zusammenarbeit<br />
und im Zusammensein mit anderen viel<br />
Reibung sowohl im Beruf als auch im Alltag<br />
und in der Familie. Dieser Reibung müssen sie<br />
standhalten.<br />
Zu irgendeinem Zeitpunkt haben sie die Energie<br />
nicht mehr, bauen ab, fühlen sich wie ausgebrannt,<br />
sie sind zukunftspessimistisch, verlieren<br />
ihre Interessen, sehen Dinge, die ihnen<br />
früher Spaß gemacht haben, als nicht mehr<br />
erstrebenswert an. Auffallend ist, dass Gefühlskälte<br />
entsteht, ein Zustand, den wir Psychosomatiker<br />
emotional freezing nennen. Sie können<br />
mit anderen nicht mehr mitschwingen, sie halten<br />
Nähe nicht mehr aus und haben Schwierigkeiten,<br />
persönliche Beziehungen aufrechtzuerhalten.<br />
Wie gehen solche Menschen mit Krankheit um?<br />
■ Sie sind sehr auf sich konzentriert, das einzige,<br />
auf das sie sich noch verlassen, ist ihr Körper.<br />
Wenn der sie auch noch verlässt, sind sie<br />
ganz allein. Deshalb werden die Warnsymptome<br />
vor einem <strong>Herz</strong>infarkt nicht erkannt und zugelassen.<br />
Der Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt wäre noch eine<br />
weitere Kränkung des Ichs (in der Fachsprache:<br />
narzisstische Kränkung).<br />
Den Typ, den Sie da beschreiben, stelle ich mir<br />
als Banker, Managerin, Arzt, Anwältin, Architekt<br />
vor.<br />
■ So einfach ist das nicht. Diese Art von Verhalten<br />
finden wir in allen sozialen Schichten.<br />
37
Der Druck in der Arbeitswelt ist ja in den letzten<br />
Jahren ständig gewachsen. Das heißt: Immer<br />
mehr Menschen können es nicht zulassen, dass<br />
sie ernsthaft krank sind, denn sie fürchten, ihren<br />
Arbeitsplatz und vielleicht – tiefergehend – ihre<br />
Jugendlichkeit und Unverletzbarkeit zu verlieren.<br />
Diese Angst führt zur Verleugnung der<br />
<strong>Infarkt</strong>symptome.<br />
Aber es gibt in unserer Gesellschaft auch viele Leute,<br />
die nicht unter Stress stehen. Ihr Leben plätschert<br />
dahin. Sie leben ganz ruhig mit ihren Risikofaktoren,<br />
z. B. Übergewicht, Rauchen,<br />
Bewegungsmangel. Auch die warten beim <strong>Herz</strong>infarkt<br />
viel zu lange.<br />
■ Selbst bei diesen ganz normalen Leuten steckt<br />
dahinter die Verleugnung: Ich darf nicht krank<br />
sein. Ich will nicht krank sein und ich kann<br />
es mir nicht leisten krank zu sein. Das ist ein psychologischer<br />
Mechanismus, der zur Nachlässigkeit<br />
oder Achtlosigkeit mit dem eigenen Körper<br />
führt.<br />
Haben Sie auch bei diesen Menschen vor dem<br />
<strong>Infarkt</strong> eine vitale Erschöpfung beobachtet?<br />
■ Allerdings. Ich habe schon vor vielen Jahren<br />
im Bereich Ingolstadt dazu eine Untersuchung<br />
gemacht. Es waren hunderttausend Daten der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung. Wir haben<br />
aus diesen Daten herausgesucht, wer zum ersten<br />
Mal einen <strong>Infarkt</strong> erlitten hat. Diese Gruppe<br />
haben wir uns genau angesehen im Vergleich<br />
mit Patienten, die keinen <strong>Infarkt</strong> hatten.<br />
Was stellte sich heraus? Keine Rede vom <strong>Infarkt</strong><br />
als Blitz aus heiterem Himmel. Viele dieser<br />
Patienten waren in den Monaten vor dem <strong>Infarkt</strong><br />
beim Arzt, besonders in den letzten Tagen davor.<br />
Und was haben sie verschrieben bekommen?<br />
Vorwiegend Schlafmittel und Beruhigungsmittel.<br />
Was blieb den Ärzten in dieser Situation<br />
auch anderes übrig, denn diese Patienten waren<br />
in einem Zustand vitaler Erschöpfung. Sie waren<br />
energielos, niedergeschlagen, depressiv.<br />
38<br />
Wie soll der Arzt darauf reagieren?<br />
■ Der Arzt sollte bei seinen Hochrisikopatienten<br />
darauf achten, ob sich ihre seelische Verfassung<br />
deutlich ändert und sie dann kardiologisch<br />
genau untersuchen.<br />
Wichtig ist auch, dass die Familie des Hochrisikopatienten<br />
ein Auge darauf hat, ob sich eine<br />
depressive Niedergeschlagenheit entwickelt<br />
und dafür sorgt, dass der Patient zum Arzt geht.<br />
Der Arzt kann noch mehr tun: Er kann im Gespräch<br />
den Patienten auf den Notfall vorbereiten und<br />
mit ihm durchsprechen, was zu tun ist.<br />
■ Ja, der Hausarzt, Internist oder Kardiologe sollte<br />
mit Hochrisikopatienten darüber sprechen,<br />
wie sie reagieren sollen, wenn ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />
eintritt.
Wenn das ausführlich besprochen ist, und der<br />
Arzt das Problem der Verleugnung, und alles,<br />
was damit zusammenhängt, deutlich gemacht<br />
hat, sind die Chancen größer, dass der Patient<br />
im Notfall sich auf dieses Gespräch besinnt und<br />
gestützt von den Ratschlägen und der Autorität<br />
des Arztes richtig handelt.<br />
Was kann die <strong>Herz</strong>stiftung tun, dass die Menschen<br />
beim <strong>Herz</strong>infarkt die innere Blockade überwinden<br />
und schnell die 112 rufen?<br />
■ Ich sehe immer die großen Plakate der <strong>Herz</strong>stiftung.<br />
Was ich vorschlage: Die <strong>Herz</strong>stiftung sollte<br />
die Kampagne nicht auf die bekannten<br />
Beschwerden wie Brustschmerz und Atemnot<br />
beschränken. Die vitale Erschöpfung, die bei vielen<br />
Menschen dem <strong>Herz</strong>infarkt vorausgeht,<br />
sollte auch angesprochen werden.<br />
Wissen ist wichtig. Gerade ist eine Studie erschienen<br />
über die Bedeutung von Wissen beim Schlaganfall.<br />
Dabei zeigte sich: Je besser die Patienten informiert<br />
waren, desto schneller kamen sie in die<br />
Klinik.<br />
Das Problem ist nur: Viele Leute, die Krankheit<br />
sowieso nicht zulassen können, lassen Informationen<br />
gar nicht erst an sich herankommen.<br />
■ Das sollte die <strong>Herz</strong>stiftung aufgreifen, z. B. mit<br />
einer Kampagne in der <strong>Herz</strong>woche: Der <strong>Herz</strong>infarkt<br />
geht mich nichts an, betrifft mich sowieso<br />
nicht. Ich gehöre zu denen, die das garantiert<br />
nicht kriegen. Die Verleugnung muss zum<br />
Thema gemacht werden.<br />
Das ist eine wichtige Anregung. Sie haben uns<br />
jetzt gesagt, was die <strong>Herz</strong>stiftung tun kann und was<br />
die Ärzte tun sollen.<br />
Aber was würden Sie dem Patienten, der sich über<br />
den Notfall Gedanken macht, direkt raten? Der<br />
fragt sich: „Ich bin zwar informiert, dass ich bei<br />
Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort die 112 anrufen<br />
soll, aber werde ich im Notfall nicht alles verdrängen<br />
und zuwarten, bis es zu spät ist? Was kann ich<br />
tun, um für den Notfall besser gerüstet zu sein?“<br />
■ Da gibt es ein altbewährtes Mittel: darüber<br />
reden. Sprechen Sie mit einem Menschen, dem<br />
Sie vertrauen, darüber, was Sie hemmt.<br />
Zum Beispiel mit dem Ehepartner?<br />
■ Mit der eigenen Frau oder dem eigenen Mann<br />
zu sprechen, ist infolge der großen Nähe oft<br />
nicht leicht. Das kann schief gehen. Mit einem<br />
Freund oder einer guten Freundin ist es vielleicht<br />
einfacher.<br />
Wer weiß, dass er besondere Probleme mit Verleugnung<br />
hat, der sollte fachliche Hilfe suchen.<br />
Das muss keine Psychoanalyse sein, das kann<br />
in einer Gesprächstherapie geschehen. Da kann<br />
dieses Problem aufgearbeitet werden, und man<br />
ist für den <strong>Herz</strong>infarkt besser gerüstet.<br />
Interview: Irene Oswalt<br />
39
Ein <strong>Herz</strong>infarkt bedeutet, dass<br />
ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß durch ein<br />
Gerinnsel verschlossen wird.<br />
Dadurch ist ein Teil des <strong>Herz</strong>muskels<br />
von der Sauerstoffzufuhr<br />
abgeschlossen. Der <strong>Herz</strong>infarkt<br />
entsteht, wenn eine<br />
Plaque (s. S. 2 und 24) in den<br />
<strong>Herz</strong>kranzgefäßen reißt, sich<br />
an der offenen Stelle Blutplättchen<br />
anlagern und sich ein<br />
Gerinnsel bildet, das das Gefäß<br />
komplett verschließt. Interessant<br />
ist, dass die Mehrheit<br />
aller <strong>Herz</strong>infarkte im Bereich flacher Gefäßplaques<br />
ohne hochgradige Einengungen entsteht.<br />
Daher erleben viele Patienten auch vor dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />
keine Angina pectoris. Bei 62 % der Männer<br />
und 45 % der Frauen wird die koronare <strong>Herz</strong>krankheit<br />
erst durch den <strong>Herz</strong>infarkt entdeckt. Häufig sind<br />
dem eigentlichen <strong>Infarkt</strong> in den letzten Stunden<br />
oder Tagen kurze Schmerzattacken unter geringer<br />
Belastung oder sogar im Ruhezustand vorausgegangen.<br />
Sie wurden aber von den Patienten<br />
übergangen oder fehlgedeutet.<br />
40<br />
Die Therapie des <strong>Herz</strong>infarkts<br />
Dr. med. Henrik Schneider, PD Dr. med. Franz Weber, Prof. Dr. med. Christoph A. Nienaber<br />
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Abteilung Kardiologie und Vaskularmedizin,<br />
Universität Rostock<br />
Blick in die <strong>Herz</strong>kranzarterie mit einem frischen Blutpropf,<br />
der die Ader vollständig verschließt. So entsteht ein <strong>Herz</strong>infarkt.<br />
Die Folgen<br />
des <strong>Infarkt</strong>s<br />
Welche Folgen der <strong>Infarkt</strong><br />
hat, hängt überwiegend<br />
davon ab, an welcher<br />
Stelle der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
der Verschluss<br />
auftritt. In der<br />
Regel ist der <strong>Infarkt</strong>bereich<br />
umso größer und<br />
der Verlauf umso komplizierter, je näher der Verschluss<br />
am Ursprung des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes liegt.<br />
Verschließt ein Gerinnsel die rechte <strong>Herz</strong>kranzarterie,<br />
stirbt der <strong>Herz</strong>muskel an der Hinterwand ab;<br />
es entsteht ein Hinterwandinfarkt. Die linke <strong>Herz</strong>kranzarterie<br />
versorgt die Vorder- und Seitenwand<br />
des <strong>Herz</strong>ens mit je einem Ast. Wird einer der beiden<br />
Äste betroffen, entsteht ein Vorderwandinfarkt.<br />
Das ist ungünstig, besonders, wenn es sich<br />
um RIVA (Ramus Interventricularis Anterior, s.<br />
S. 41) handelt.
RCA<br />
Gerade in den ersten Stunden nach dem <strong>Infarkt</strong> kann<br />
es zu schweren <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen kommen,<br />
dem Kammerflimmern. Das <strong>Herz</strong> schlägt mehr als<br />
300mal in der Minute, deswegen kann der <strong>Herz</strong>muskel<br />
nur noch flimmern statt pumpen. Es kommt<br />
in wenigen Minuten zum Tod, wenn diese <strong>Herz</strong>rhythmusstörung<br />
nicht sofort dadurch behoben<br />
wird, dass ein elektrischer Schock (Defibrillation)<br />
das <strong>Herz</strong> wieder anwirft. Die Gefährdung durch<br />
Kammerflimmern ist ein Grund für die große Eile,<br />
die bei einem <strong>Herz</strong>infarkt geboten ist.<br />
Die andere Folge des <strong>Infarkt</strong>s ist der Untergang<br />
von <strong>Herz</strong>muskelzellen. Dieser Untergang zieht<br />
sich über viele Stunden hin. Die Pumpleistung<br />
des <strong>Herz</strong>ens wird beeinträchtigt. Chronische <strong>Herz</strong>schwäche<br />
ist die Folge. Als weitere Komplikationen<br />
kann der <strong>Herz</strong>infarkt einen Riss des <strong>Herz</strong>muskels,<br />
Defekte an den <strong>Herz</strong>klappen oder einen kardiogenen<br />
Schock mit sich bringen. In der Regel<br />
werden Folgen und Komplikationen eines <strong>Herz</strong>infarkts<br />
umso schwerwiegender, je später eine effiziente<br />
Therapie eingeleitet wird.<br />
Aorta<br />
LCA<br />
RIVA<br />
RCX<br />
Die Blutversorgung des <strong>Herz</strong>muskels erfolgt<br />
über Äste der rechten und linken <strong>Herz</strong>kranzgefäße:<br />
RCA = rechte <strong>Herz</strong>kranzarterie,<br />
LCA = linke <strong>Herz</strong>kranzarterie, RIVA =<br />
vorderer absteigender Ast der linken<br />
<strong>Herz</strong>kranzarterie, RCX = umschlingender<br />
Ast der linken <strong>Herz</strong>kranzarterie.<br />
Wie erlebt der Patient den <strong>Infarkt</strong>?<br />
Ein <strong>Herz</strong>infarkt kann den Betroffenen im Schlaf, bei<br />
normaler körperlicher Belastung oder beruflicher<br />
Tätigkeit und zu jeder Tages- und Nachtzeit ereilen.<br />
Gehäuft treten <strong>Herz</strong>infarkte in den frühen<br />
Morgen- sowie frühen Nachmittagsstunden auf.<br />
Ein starker, anhaltender Brustschmerz, der sich<br />
weder durch Hinlegen noch durch Nitrate beenden<br />
lässt, ist das typische Zeichen für einen <strong>Herz</strong>infarkt.<br />
Die Patienten sprechen von einem Stein auf<br />
der Brust oder von dem Gefühl, durch eiserne<br />
Banden oder einen zu engen Gürtel eingeschnürt<br />
zu sein. Sie haben ein heftiges Vernichtungsgefühl<br />
mit Brennen, Brustenge, Druck auf der Brust<br />
– meist hinter dem Brustbein. In 40 % der Fälle<br />
sind die Brustschmerzen linksseitig, in 20 % auf<br />
der rechten Seite. Oft kommt es dabei zur Schmerzausstrahlung<br />
in den linken (30 %) oder rechten<br />
Arm (20 %), in Rücken, Hals und Unterkiefer (je<br />
10 %). In der Hälfte der Fälle tritt Luftnot auf oder<br />
auch Oberbauchschmerzen (25 – 30 %). Begleitet<br />
41
wird der <strong>Herz</strong>infarkt oft von Angst, Unruhe,<br />
Schweißausbruch und gelegentlicher Übelkeit.<br />
Bei Frauen sind Luftnot, Übelkeit, Schmerzen im<br />
Oberbauch, Erbrechen nicht selten alleinige Alarmzeichen.<br />
(Alarmzeichen: s. S. 30)<br />
Die hier geschilderten Beschwerden können jedoch<br />
auch weniger eindrucksvoll auftreten oder sogar<br />
ganz fehlen. Bis zu 20 % der <strong>Infarkt</strong>patienten,<br />
häufig Diabetiker, zeigen keine typischen Beschwerden,<br />
sondern nur ein vorübergehendes Unwohlsein<br />
(Kreislaufschwäche).<br />
Was ist zu tun?<br />
Bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt ist keine Zeit zu verlieren.<br />
Der Patient, seine Angehörigen, Freunde<br />
oder wer immer zugegen ist, sollten nicht den<br />
Hausarzt anrufen, der für diesen Notfall nicht die<br />
richtige Adresse ist, sondern sofort die Notrufnummer<br />
112. Der Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt muss gegenüber<br />
der Leitstelle klar ausgesprochen werden,<br />
damit ein Notarzt mit Rettungswagen ge-<br />
42<br />
Das EKG zeigt einen ST-Hebungsinfarkt (STEMI) der <strong>Herz</strong>hinterwand.<br />
schickt wird, der den Patienten vor dem plötzlichen<br />
<strong>Herz</strong>tod mit seinem Defibrillator schützen<br />
kann und so ausgerüstet ist, dass Diagnose und<br />
Behandlung des <strong>Infarkt</strong>s sofort eingeleitet werden.<br />
Schon in der Wohnung, am Arbeitsplatz oder wo<br />
immer der <strong>Herz</strong>infarkt auftritt, wird der Notarzt<br />
ein EKG anfertigen und zusammen mit der Beurteilung<br />
der Beschwerden und der Risikofaktoren,<br />
die einen <strong>Herz</strong>infarkt wahrscheinlich machen, einen<br />
<strong>Herz</strong>infarkt ausschließen oder sofort den Transport<br />
ins Krankenhaus veranlassen. Wesentlich ist<br />
dabei die Auswahl eines Krankenhauses, das in<br />
der Lage ist, die bestmögliche Therapie zu realisieren<br />
(s. S. 45).<br />
Schon jetzt gibt der Notarzt dem Patienten Medikamente:<br />
z.B. Heparin, ASS, Schmerz- und Beruhigungsmittel.<br />
Kommt es vor Eintreffen des Notarztes<br />
zum Stillstand von <strong>Herz</strong> und Atmung, soll sofort<br />
mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen<br />
werden. Das kann unter Umständen das Leben<br />
des Betroffenen retten.
Wie wird der <strong>Herz</strong>infarkt erkannt?<br />
Notarzt und Klinik stützen ihre Diagnose des <strong>Herz</strong>infarkts<br />
auf typische Veränderungen des EKGs,<br />
auf die typischen Beschwerden des Patienten und<br />
bestimmte Laborbefunde.<br />
Labor: Labortests können den Untergang von <strong>Herz</strong>muskelzellen<br />
belegen und dadurch den Nachweis<br />
für die Diagnose <strong>Herz</strong>infarkt (in der Fachsprache:<br />
akutes Koronarsyndrom) erbringen. Zum<br />
Einsatz kommen biochemische Marker wie Myoglobin,<br />
Troponin T, Troponin I, CKMB. Ergebnisse<br />
dieser Tests sind erst zwei bis vier Stunden nach<br />
Beginn des <strong>Infarkt</strong>s zu erhalten. So lange kann<br />
man nicht warten, weil die Entscheidung für die Therapie<br />
sofort fallen muss. Deswegen orientiert sich<br />
diese Entscheidung vor allem am EKG und an den<br />
Beschwerden des Patienten.<br />
EKG: Das EKG dient der Diagnosesicherung des<br />
<strong>Infarkt</strong>s und gibt häufig Hinweise darauf, welches<br />
<strong>Herz</strong>kranzgefäß betroffen ist. Darüber hinaus sind<br />
Aussagen zur Ausdehnung und zum Alter des In-<br />
Das Bild zeigt, wie die Lyse ein Blutgerinnsel auflöst. Die äußere<br />
Fibrinschicht des Gerinnsels im oberen Bildteil ist schon aufgelöst.<br />
farkts möglich. Heute wird unterschieden zwischen<br />
<strong>Infarkt</strong>en mit und ohne ST-Streckenhebung<br />
(STEMI oder NSTEMI). 50 – 70 % der <strong>Infarkt</strong>patienten<br />
zeigen bereits von Beginn an typische, die<br />
Diagnose sichernde EKG-Veränderungen; bei 10 %<br />
der Patienten finden sich hingegen keine EKG-<br />
Veränderungen, weil z. B. kleinere Koronargefäße<br />
betroffen sind. Wenn ein bestimmter Abschnitt im<br />
EKG, die sogenannte ST-Strecke, eine Hebung<br />
zeigt, dann handelt es sich um einen STEMI, d. h.<br />
ein ST-Streckenhebungsinfarkt. Das ist der klassische<br />
<strong>Herz</strong>infarkt.<br />
Schwieriger ist die Diagnose des <strong>Herz</strong>infarkts ohne<br />
ST-Streckenhebung (NSTEMI), wobei z. B. ST-Streckensenkungen<br />
oder Veränderungen der T-Welle<br />
im EKG vorliegen. Hier ist die <strong>Infarkt</strong>diagnose nur<br />
in der Zusammenschau aller Befunde (Beschwerden,<br />
EKG, Labor, <strong>Herz</strong>katheter) zu stellen.<br />
Die Therapie<br />
Ziel der Therapie ist es, so schnell wie möglich<br />
das verschlossene <strong>Herz</strong>kranzgefäß wieder zu er-<br />
43
öffnen und damit den Untergang von <strong>Herz</strong>gewebe<br />
zu verhindern oder wenigstens so klein wie<br />
möglich zu halten. Dafür stehen <strong>heute</strong> zwei Verfahren<br />
zur Verfügung:<br />
Lyse: Mit Hilfe von Medikamenten (z. B. Streptokinase,<br />
Alteplase, Reteplase) wird versucht, das Gerinnsel,<br />
das das Gefäß verstopft, aufzulösen. Dieses<br />
Verfahren wird bis zu zwölf Stunden nach Beginn<br />
der Beschwerden eingesetzt. Aber die Wirkung<br />
ist zeitabhängig. Je mehr Zeit verstreicht, bis die Behandlung<br />
einsetzt, desto weniger erreicht sie. Am<br />
wirksamsten ist die Therapie unmittelbar nach<br />
dem Verschluss des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes. Deswegen<br />
spricht man von der goldenen ersten Stunde nach<br />
dem <strong>Infarkt</strong>, die für die Behandlung ideal ist. Im Verlauf<br />
der folgenden Stunden kann die Behandlung<br />
immer weniger ausrichten.<br />
Ballonaufdehnung: Nach dem Fachausdruck Perkutane<br />
Transluminale Coronare Angioplastie wird<br />
dieses Verfahren PTCA genannt. Von der Leiste<br />
oder vom Arm aus wird ein biegsamer, millimeterdünner<br />
Schlauch über die Arterie ins <strong>Herz</strong> geschoben.<br />
Mit Hilfe von Kontrastmitteln können<br />
44<br />
A B<br />
die <strong>Herz</strong>kranzgefäße im Röntgenbild dargestellt<br />
und der Ort des Gefäßverschlusses ermittelt werden.<br />
Danach wird versucht, mit einem Führungsdraht<br />
die verschlossene Stelle zu passieren. Mit<br />
Hilfe eines unter hohem Druck stehenden Ballons<br />
kann man das Gerinnsel und zugleich die Gefäßverengung<br />
beseitigen. Meist wird, um das Behandlungsergebnis<br />
zu sichern, eine Gefäßstütze aus<br />
Metall (Stent) eingelegt. Die PTCA kann noch bis<br />
zu 24 Stunden nach dem <strong>Infarkt</strong> eingesetzt werden.<br />
Aber da die Energiereserven des <strong>Herz</strong>muskelgewebes<br />
für maximal 20 – 60 Minuten reichen, hängen<br />
<strong>Infarkt</strong>größe und Prognose des Patienten davon<br />
ab, wieviel Zeit bis zur PTCA verstreicht.<br />
Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass die PTCA<br />
der Lyse überlegen ist. In 90 % der Fälle gelingt<br />
es, mit der PTCA den Blutfluss wiederherzustellen.<br />
Bei der Lyse ist das nur in 40 – 50 % der Fälle<br />
möglich. Die <strong>Infarkt</strong>sterblichkeit ist deutlich geringer<br />
(25 %), wie auch die Gefahr, einen Schlaganfall<br />
oder einen erneuten <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden<br />
(50%). Diese positiven Effekte bleiben auch<br />
im Zeitverlauf erhalten.
Optimale Versorgung<br />
C<br />
Die PTCA setzt voraus, dass ein <strong>Herz</strong>katheterlabor<br />
mit einem erfahrenen Team 24 Stunden an jedem<br />
Tag der Woche zur Verfügung steht. Das ist in<br />
Deutschland gerade in ländlichen Regionen nicht<br />
der Fall. Wie kann man trotzdem dem <strong>Herz</strong>infarktpatienten<br />
bestmöglich helfen?<br />
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt,<br />
mit dem Rettungswagen nicht das nächstbeste<br />
Krankenhaus anzufahren, sondern das nächste<br />
Zentrum, das für eine Notfall-PTCA ausgerüstet<br />
ist. Transportzeiten bis zu 90 Minuten können in<br />
Kauf genommen werden.<br />
Kann diese Zeit nicht eingehalten werden, wird<br />
empfohlen, eine Lyse-Therapie – möglichst schon<br />
im Notarztwagen – zu beginnen. Wenn die Lyse-<br />
Therapie nicht zu einem befriedigenden Ergebnis<br />
führt, kann der Patient nachträglich in ein Zentrum<br />
mit PTCA verlegt werden.<br />
Um das Überleben nach dem <strong>Herz</strong>infarkt zu verbessern,<br />
geht die Strategie <strong>heute</strong> dahin Netzwerke<br />
zu bilden. Der Rettungswagen fährt nicht mehr<br />
automatisch das nächste Krankenhaus an, son-<br />
Ein <strong>Infarkt</strong> hatte den vorderen absteigenden Ast der linken<br />
<strong>Herz</strong>kranzarterie verschlossen (A). Durch eine <strong>Infarkt</strong>-<br />
PTCA wurde das Gefäß wieder eröffnet (B). Dann wurde<br />
eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt (C).<br />
dern Rettungsleitstelle, Kliniken und PTCA-Zentren<br />
kooperieren, so dass der Patient routinemäßig<br />
ohne Zeitverluste eine möglichst gute Therapie<br />
erhält. Später kann er dann in das Krankenhaus vor<br />
Ort verlegt werden. Solche Netzwerke sind schon<br />
an vielen Orten, auch auf dem Lande, zu finden.<br />
Nach dem Eingriff sollte der Patient für 24 – 72<br />
Stunden auf der Intensivstation überwacht werden.<br />
In der Regel beginnt man schon am Tag nach<br />
dem <strong>Infarkt</strong>, ihn durch Krankengymnastik zu aktivieren.<br />
Nach 3 – 8 Tagen kann der <strong>Infarkt</strong>patient<br />
in der Regel nach Hause gehen oder sich in die<br />
Anschlussheilbehandlung begeben.<br />
Wie der Patient seinen <strong>Herz</strong>infarkt übersteht, hängt<br />
weitgehend davon ab, wie schnell die rettende<br />
112 alarmiert wurde. Hier muss sich viel ändern.<br />
Die Zahl derer, die in der ersten Stunde nach dem<br />
<strong>Infarkt</strong> in die Klinik kommen, ist in den letzten<br />
zehn Jahren von 12,5 % auf 11,2 % zurückgegangen.<br />
Wenn die Patienten nicht lernen, schneller<br />
zu reagieren, werden sie nicht im vollen Umfang<br />
von den Fortschritten der modernen Medizin profitieren.<br />
45
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung hilft Ihnen, gesund zu<br />
bleiben – oder wenn Sie krank sind, mit Ihrer<br />
Krankheit besser fertig zu werden:<br />
■ Sprechstunde<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung bietet ihren Mitgliedern<br />
eine telefonische Arztsprechstunde mit <strong>Herz</strong>spezialisten<br />
und <strong>Herz</strong>chirurgen zweimal im Monat<br />
an. Außerdem können sich die Mitglieder jederzeit<br />
schriftlich an die „Sprechstunde“ der Zeitschrift<br />
der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung wenden oder die Fragen<br />
online stellen. Jedes Jahr werden Tausende<br />
von Anfragen bearbeitet.<br />
■ Zeitschrift<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung gibt für ihre Mitglieder<br />
viermal im Jahr die Zeitschrift <strong>Herz</strong> <strong>heute</strong> heraus,<br />
in der Spezialisten über neue Entwicklungen auf<br />
allen Gebieten der Medizin informieren: über koronare<br />
<strong>Herz</strong>krankheit und <strong>Herz</strong>infarkt, über Bypassund<br />
Klappenoperationen, über Rhythmusstörungen<br />
und Schrittmacher, über neue Behandlungsmethoden,<br />
Medikamente und ihre Nebenwirkungen,<br />
über Ernährung und Cholesterin, auch über<br />
alternative Medizin. Zusätzlich berichten Patienten<br />
über ihre Erfahrungen.<br />
Auf den Internetseiten der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />
können Mitglieder auch auf Artikel aus früheren<br />
Ausgaben der Zeitschrift und Sprechstunden<br />
zurückgreifen.<br />
■ Informationsdienst<br />
Besonders wichtige Themen haben wir für unsere<br />
Mitglieder als Sonderdrucke zusammengefasst:<br />
<strong>Herz</strong>untersuchungen, <strong>Herz</strong>infarkt, Ballondilatation,<br />
<strong>Herz</strong>klappe, Stress usw. Darüber hinaus informieren<br />
wir über Warnsignale vor <strong>Herz</strong>infarkt<br />
und Schlaganfall, Reisetipps für <strong>Herz</strong>kranke, En-<br />
46<br />
Was kann die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung<br />
für Sie tun?<br />
dokarditis-Prophylaxe, Selbstkontrolle des Gerinnungswertes<br />
und vieles andere. Jedem Mitglied<br />
steht der Notfallausweis für <strong>Herz</strong>patienten zur Verfügung.<br />
Das Informationsmaterial kann ebenfalls<br />
online bestellt werden.<br />
■ <strong>Herz</strong>-Seminare und Vorträge<br />
Warum muss ich welche Medikamente regelmäßig<br />
einnehmen? Was geschieht bei einer Bypass-Operation?<br />
Was ist <strong>Herz</strong>schutzkost? – Wie ist sie im<br />
Alltag zu erreichen? Wie stark soll ich mich körperlich<br />
belasten? Antworten auf diese und andere<br />
Fragen geben Ihnen nicht nur unsere Informationsschriften,<br />
sondern auch <strong>Herz</strong>spezialisten auf unseren<br />
<strong>Herz</strong>-Seminaren und Vortragsveranstaltungen.<br />
Eine vollständige Übersicht der Termine finden<br />
Sie auf den Internetseiten der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung.<br />
■ <strong>Herz</strong>woche/<strong>Herz</strong>monat<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung führt jedes Jahr eine<br />
bundesweite Aufklärungsaktion durch: die <strong>Herz</strong>woche<br />
z.B. zur Früherkennung des <strong>Herz</strong>infarkts oder<br />
den <strong>Herz</strong>monat z.B. zum Thema <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />
oder <strong>Herz</strong>klappenerkrankungen.<br />
■ Wiederbelebungskurse<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung führt in Zusammenarbeit<br />
mit Rettungsorganisationen und Krankenhäusern<br />
<strong>Herz</strong>-Lungen-Wiederbelebungs-Kurse durch.<br />
■ Reisen für <strong>Herz</strong>kranke<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung bietet gemeinsam mit<br />
Reiseveranstaltern fachärztlich und sporttherapeutisch<br />
betreute Reisen an, die auf die Wünsche und<br />
Bedürfnisse chronisch kranker Menschen abgestimmt<br />
sind.
■ Gesprächs- und<br />
Selbsthilfegruppen<br />
Unter dem Dach der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung haben<br />
sich über 90 Gruppen für Bypass-, Schrittmacher-<br />
und <strong>Herz</strong>klappen-Patienten gegründet.<br />
Hier treffen sich Patienten und ihre Angehörigen<br />
zum Erfahrungsaustausch.<br />
■ Kinderherzstiftung<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung engagiert sich mit ihrer<br />
Kinderherzstiftung für herzkranke Kinder und<br />
unterstützt ihre Familien durch Information und<br />
Rat. Mit der Zeitschrift <strong>Herz</strong>blatt erhalten Eltern<br />
eines herzkranken Kindes viermal im Jahr wichtige<br />
Informationen über angeborene <strong>Herz</strong>fehler<br />
und ihre Behandlung. Kinderkardiologen, <strong>Herz</strong>chirurgen<br />
und Psychologen schreiben in <strong>Herz</strong>blatt,<br />
aber auch Eltern selbst. Sie vermitteln Erfahrungen<br />
über ihr Leben mit einem herzkranken Kind<br />
und berichten über Probleme, die sie bewältigen<br />
müssen.<br />
■ Forschung<br />
Im Kampf gegen die <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Krankheiten<br />
ist die Forschung von besonderer Bedeutung.<br />
Alle wesentlichen Fortschritte der letzten<br />
Jahrzehnte wurden durch die Förderung der Wissenschaft<br />
erzielt. Die Förderung der Forschung ist<br />
ein besonderes Anliegen der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />
in Verbindung mit der Deutschen Stiftung<br />
für <strong>Herz</strong>forschung.<br />
Die Stärke der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung ist ihre<br />
enge Bindung zur Wissenschaft: Sie ist nicht nur<br />
mit der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie –<br />
<strong>Herz</strong>- und Kreislaufforschung eng verbunden,<br />
sie ist auch die offizielle Vertretung Deutschlands<br />
in der internationalen Gemeinschaft der <strong>Herz</strong>stiftungen.<br />
Ihrem Wissenschaftlichen Beirat gehören<br />
fast alle führenden Kliniker und<br />
Wissenschaftler an, die auf dem Gebiet der <strong>Herz</strong>-<br />
Kreislauf-Erkrankungen arbeiten.<br />
■ Wir setzen uns für Ihre<br />
Gesundheit und Ihr Leben ein<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung kämpft für eine bessere<br />
Versorgung der <strong>Herz</strong>patienten. Sie hat ihren<br />
Einfluss erfolgreich geltend gemacht gegen<br />
die lebensgefährlichen Wartelisten in der <strong>Herz</strong>chirurgie.<br />
Sie setzt sich energisch für eine einheitliche<br />
medizinische Notrufnummer in Deutschland<br />
und gegen den Pflegenotstand ein. Sie vertritt<br />
auf politischer Ebene die Interessen der Patienten<br />
gegenüber Krankenkassen und dem Gesetzgeber,<br />
was <strong>heute</strong> von besonderer Wichtigkeit ist.<br />
■ Mehr als 52 000 Mitglieder<br />
Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung wurde 1979 von bedeutenden<br />
Medizinern gegründet. Sie ist ein gemeinnütziger<br />
Verein, der sich ausschließlich aus<br />
Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Die<br />
Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung steht unter der Schirmherrschaft<br />
von Barbara Genscher.<br />
Immer mehr <strong>Herz</strong>patienten und Gesunde werden<br />
Mitglied in der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung, weil sie<br />
ihnen hilft, gesund zu bleiben oder, wenn sie<br />
krank sind, mit ihrer Krankheit besser fertig zu werden.<br />
Zur Zeit hat die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung mehr<br />
als 52 000 Mitglieder. Und jeden Tag kommen<br />
neue dazu.<br />
Werden Sie Mitglied der<br />
Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung!<br />
Der Weg zur Mitgliedschaft ist denkbar einfach:<br />
Sie brauchen nur den umseitigen Aufnahmeantrag<br />
auszufüllen und an die Deutsche<br />
<strong>Herz</strong>stiftung zu senden.<br />
Den Mitgliedsbeitrag (36 Euro) können Sie<br />
beim Finanzamt steuerlich absetzen.<br />
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Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung e.V.<br />
Vogtstraße 50, 60322 Frankfurt am Main<br />
Telefon 069 955128-0 • Telefax 069 955128-313<br />
www.herzstiftung.de • info@herzstiftung.de<br />
Schirmherrin<br />
Barbara Genscher, Bonn<br />
Geschäftsführung<br />
Martin Vestweber<br />
Vorstand<br />
Gunter Anders, Rechtsanwalt, Dreieich (Schatzmeister)<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker, Hanau (Vorsitzender)<br />
Harald C. Bieler, Seelbach (stv. Vorsitzender)<br />
Prof. Dr. med. Helmut Gohlke, Bad Krozingen<br />
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Hamburg<br />
Dipl.-Ing. Gerhard Müller, Mainz<br />
Prof. Dr. med. Hellmut Oelert, Mainz<br />
Dr. rer. pol. Irene Oswalt, Frankfurt am Main<br />
Prof. Dr. med. Hans-Joachim Trappe, Herne<br />
Ehrenmitglieder:<br />
Prof. Dr. med. Konrad Bühlmeyer, Schondorf<br />
Prof. Dr. med. Martin Kaltenbach, Dreieich<br />
Beratendes Mitglied:<br />
Prof. Dr. med. Ingeborg Aßmann, Erfurt<br />
Sprecherin der Beauftragten: Ulrike Umlauff, Berlin<br />
Assoziierte Mitglieder: Der jeweilige Präsident der Deutschen<br />
Gesellschaft für Kardiologie – <strong>Herz</strong>- und Kreislaufforschung,<br />
der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, <strong>Herz</strong>- und<br />
Gefäßchirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische<br />
Kardiologie, der jeweilige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft<br />
leitender kardiologischer Krankenhausärzte e.V. und des<br />
Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen e.V.<br />
48<br />
Spendenkonten<br />
Commerzbank AG<br />
BLZ 500 400 00<br />
Nr. 311 011 100<br />
Deutsche Bank AG<br />
BLZ 500 700 24<br />
Nr. 921 692<br />
Dresdner Bank AG<br />
BLZ 500 800 00<br />
Nr. 90 003 500<br />
IBAN DE82 5008 0000 0090 0035 00<br />
BIC/SWIFT-Code DRES DE FF<br />
Frankfurter Sparkasse<br />
BLZ 500 502 01<br />
Nr. 903 000<br />
An dieser Stelle sollte ein Aufnahmeantrag kleben,<br />
mit dem Sie Mitglied in der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />
werden können.<br />
Wenn er fehlt, und Sie Mitglied werden wollen, rufen Sie uns einfach an:<br />
Telefon 069 955128-0 oder<br />
online unter www.herzstiftung.de.<br />
Natürlich können Sie uns auch schreiben.
Das hilft Ihnen weiter<br />
Wichtige Informationen können Sie den folgenden Sonderdrucken entnehmen, die hervorragende<br />
<strong>Herz</strong>experten für Sie geschrieben haben:<br />
■ Unterschätzt: die Effekte von Bewegung. Bewegung und Sport bei koronarer <strong>Herz</strong>krankheit<br />
Dieser Artikel bringt Patienten mit koronarer <strong>Herz</strong>krankheit neue Forschungsergebnisse.<br />
■ Slí – das Geheimnis des Gehens<br />
■ Wieviel Bewegung braucht der Mensch?<br />
■ Nitrospray im Alltag<br />
■ Gesundheit aus dem Süden<br />
■ Länger leben durch Mittelmeerkost<br />
■ Seele kränkt <strong>Herz</strong>. Körperliche oder psychische Krankheit?<br />
■ <strong>Herz</strong>infarkt bei Frauen – das unterschätzte Risiko<br />
■ Nach dem <strong>Herz</strong>infarkt – wie geht es weiter?<br />
Diese Sonderdrucke erhalten Sie als Mitglied kostenlos, ansonsten gegen eine Versandkostenpauschale<br />
von 2,20 Euro in Briefmarken.<br />
Ihre Anforderung schicken Sie an die Geschäftsstelle: Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung e.V., Vogtstraße 50, 60322<br />
Frankfurt am Main.
ERZSTIFTUNG<br />
ISBN 3-9806604-6-X