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Herz heute 16-17 - Kölner Infarkt Modell

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<strong>Herz</strong>infarkt:<br />

unvermeidbares<br />

Schicksal?<br />

Deutsche<br />

<strong>Herz</strong>stiftung


Impressum<br />

<strong>Herz</strong>infarkt: unvermeidbares Schicksal?<br />

November 2005<br />

ISBN 3-9806604-6-X<br />

Herausgeber<br />

Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung e.V.<br />

Vogtstraße 50<br />

60322 Frankfurt am Main<br />

Telefon 069 955128-0<br />

Telefax 069 955128-313<br />

www.herzstiftung.de<br />

info@herzstiftung.de<br />

Redaktion<br />

Dr. Irene Oswalt (verantwortlich)<br />

Renate Horst<br />

Prof. Dr. med. Thomas Meinertz<br />

Gestaltung<br />

www.neufferdesign.de<br />

Druck<br />

apm, alpha print medien AG,<br />

Darmstadt<br />

Bildnachweis<br />

Celestino Piatti (Logo); nach Assmann (S. 18); Prof. Dr. med. Harald Klepzig: Der<br />

große TRIAS-Ratgeber <strong>Herz</strong>erkrankungen, Trias Verlag: Stuttgart, 2002, S. 18 (S. 41);<br />

nach Löllgen (S. <strong>16</strong>, 30); nach Netter (S. 20/21); Jan Neuffer (S. U1, 2, 5, 6, 7, 8/9,<br />

10/11, 13, 14, 20/21, 29, 32/33, 35, 36/37, 38/39); Lennart Nilsson (S. 24, 40, 43);<br />

Georg Schreiber (S. 19).


„Die Medizin hat enorme Fortschritte in der Vorbeugung und der<br />

Behandlung des <strong>Herz</strong>infarkts gemacht. Trotzdem erleiden immer<br />

noch jedes Jahr fast 300 000 Menschen einen <strong>Herz</strong>infarkt und<br />

über <strong>17</strong>0 000 sterben an den Folgen. Das müssen wir ändern.“<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker<br />

Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />

<strong>Herz</strong>infarkt: unvermeidbares Schicksal?<br />

Wer ist gefährdet? Risikotest 2<br />

Helmut Gohlke<br />

Auf was muss ich achten?<br />

Was ist stabile Angina pectoris? 15<br />

Christian Hamm<br />

Ein Notfall: instabile Angina pectoris 23<br />

Andreas van de Loo<br />

Christoph Bode<br />

<strong>Herz</strong>infarkt – ein Wettlauf mit der Zeit 28<br />

Hans-Jürgen Becker<br />

Was tun im Notfall? 34<br />

Die innere Blockade 36<br />

Warum wir im Notfall so lange warten<br />

Interview mit Karl-Heinz Ladwig<br />

Die Therapie des <strong>Herz</strong>infarkts 40<br />

Henrik Schneider<br />

Franz Weber<br />

Christoph A. Nienaber<br />

Was kann die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung für Sie tun? 46


Anna L. (56 ) ist wieder zu Hause. Sie hat nur einen<br />

Wunsch: mit ihren Freundinnen zu telefonieren,<br />

um darüber zu sprechen, was ihr passiert<br />

war – <strong>Herz</strong>infarkt. Mitten im gewöhnlichen Alltag<br />

während einer Geburtstagsfeier hatte sie dieser<br />

schreckliche, brennende Schmerz überfallen. Zum<br />

Glück hatte ihre Freundin Sophie den Ernst der Lage<br />

erkannt und Anna sofort mit dem Rettungswagen<br />

in die Klinik bringen lassen. So wurde sie<br />

schnell behandelt und gerettet.<br />

Aber immer noch kann sie nicht begreifen, dass sie<br />

so plötzlich zwischen Leben und Tod gestanden hat.<br />

Es war wie ein Blitz aus heiterem Himmel, sagt<br />

sie immer wieder.<br />

Wirklich? Schon seit Jahrzehnten litt Anna unter<br />

Übergewicht. Sie aß gern und viel und entsprechend<br />

sahen ihre Blutfettwerte aus. Körperliche<br />

2<br />

Wer ist gefährdet? Risikotest<br />

Prof. Dr. med. Helmut Gohlke, Chefarzt Klinische Kardiologie II, <strong>Herz</strong>-Zentrum Bad Krozingen<br />

Aktivität? Tagsüber saß Anna L. als Sekretärin am<br />

Schreibtisch, abends am liebsten vor dem Fernseher.<br />

Oder sie telefonierte stundenlang mit ihren<br />

Freundinnen, während sie rauchte. Ohne es zu wissen,<br />

lebte sie gefährlich.<br />

Wir leben in einer Gesellschaft, deren Lebensweise<br />

den <strong>Herz</strong>infarkt begünstigt. Eine Ernährung<br />

reich an tierischen Fetten, Übergewicht, Zigarettenkonsum,<br />

Bewegungsmangel, Stress, hoher Blutdruck<br />

oder Zuckerkrankheit führen dazu, dass die<br />

Innenauskleidung der <strong>Herz</strong>kranzarterien beschädigt<br />

wird. Über komplizierte Mechanismen kommt<br />

es zur Ablagerung von Cholesterin in der Gefäßwand<br />

und zur Ausbildung von Fettpolstern<br />

(Plaques), die die Arterien einengen und den Blutfluss<br />

behindern können (koronare <strong>Herz</strong>krankheit).<br />

Wenn solch ein Fettpolster in einer <strong>Herz</strong>-


kranzarterie plötzlich aufbricht, bildet sich ein<br />

Blutgerinnsel, das das Gefäß verschließt und die<br />

Blutversorgung von Teilen des <strong>Herz</strong>muskels unterbricht:<br />

Ein <strong>Herz</strong>infarkt entsteht.<br />

Die Katastrophe ist nicht unausweichlich<br />

Die Gefäßveränderungen, die dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />

oder dem Schlaganfall vorausgehen, entwickeln sich<br />

meist über viele Jahre. Aber die Katastrophe, zu der<br />

sie führen, ist nicht unausweichlich.<br />

Lesen Sie die Fragen durch und kreuzen Sie die entsprechenden<br />

Antworten an. Am Ende zählen Sie<br />

Ihre Punkte zusammen. Die erzielte Punktzahl<br />

sagt Ihnen, wie gesund Sie leben.<br />

<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen in der Familie<br />

Ist in Ihrer Familie bei Verwandten ersten<br />

Grades (Vater, Mutter, Geschwister, Kinder)<br />

ein <strong>Herz</strong>infarkt oder Schlaganfall aufgetreten?<br />

Vor dem 70. Lebensjahr<br />

❏ Ja 2<br />

❏ Nein 0<br />

Vor dem 55. Lebensjahr<br />

❏ Ja 3<br />

❏ Nein 0<br />

Rauchen<br />

❏ Ich bin Nichtraucher 0<br />

❏ Ich rauche weniger als 20 Zigaretten<br />

pro Tag 3<br />

❏ Ich rauche mehr als 20 Zigaretten pro<br />

Tag 4<br />

Test<br />

■ Sie können Ihr persönliches Risiko erkennen<br />

– mit dem Selbsttest der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung.<br />

■ Sie können Ihr persönliches Risiko günstig<br />

beeinflussen und dadurch <strong>Herz</strong>infarkt und Schlaganfall<br />

wirksam vorbeugen – häufig schon durch kleine<br />

Veränderungen.<br />

Der folgende Test hilft Ihnen, Ihr persönliches Risiko<br />

einzuschätzen.<br />

Gewicht<br />

Für den Test gilt folgende Faustregel:<br />

Normales Körpergewicht für Männer:<br />

Körpergröße in cm minus 100:<br />

(Beispiel Körpergröße = 180 cm:<br />

180 – 100 = 80 kg)<br />

Normales Körpergewicht für Frauen:<br />

Körpergröße in cm minus 100 minus 10 Prozent<br />

gleich das Gewicht in Kilogramm<br />

(Beispiel Körpergröße = <strong>16</strong>0 cm:<br />

<strong>16</strong>0 – 100 – 6 = 54 kg)<br />

❏ Ist Ihr Gewicht normal oder<br />

liegt es darunter? 0<br />

❏ Liegt Ihr Gewicht 5 bis 10 kg<br />

oberhalb des Normalgewichts? 0,5<br />

❏ Liegt Ihr Gewicht 11 bis 20 kg<br />

oberhalb des Normalgewichts? 1,0<br />

❏ Liegt Ihr Gewicht mehr als 20 kg<br />

oberhalb des Normalgewichts? 1,5<br />

Ernährung<br />

Ernähren Sie sich fettarm (wenn Fette, dann<br />

bevorzugt ungesättigte Fette wie z. B. Olivenöl)?<br />

Essen Sie Hülsenfrüchte, Vollkornproduk-<br />

3


te, täglich frisches Obst, Salate und Gemüse<br />

sowie zwei Fischmahlzeiten pro Woche?<br />

❏ Ja, praktisch immer -2<br />

❏ Häufiger -1<br />

❏ Eher nicht 0<br />

Bevorzugen Sie eher deftige Speisen wie: rotes<br />

oder verarbeitetes Fleisch, Bratwürste,<br />

Pommes frites, Vollmilchprodukte, Sahne,<br />

Kuchen, Süßigkeiten, Nachtische?<br />

❏ Ja, praktisch immer 2<br />

❏ Häufiger 1<br />

❏ Eher nicht 0<br />

Bewegung<br />

Bewegen Sie sich regelmäßig (d.h. mindestens<br />

20 Minuten hintereinander)?<br />

❏ Ja, mindestens einmal pro Woche -1<br />

❏ Ja, mindestens einmal pro Monat 0<br />

❏ Seltener als einmal pro Monat 1<br />

Blutfettwerte<br />

Was wissen Sie über Ihre Blutfette (insbesondere<br />

Cholesterin)?<br />

❏ Nichts bekannt 1<br />

❏ Stark erhöht (über 280 mg/dl<br />

bzw. 7,2 mMol/l) 3<br />

❏ Etwas erhöht (über 200 bis<br />

280 mg/dl bzw. 5,2 bis 7,2 mMol/l) 1,5<br />

❏ Normal (unter 200 mg/dl<br />

bzw. 5,2 mMol/l) 0<br />

Blutdruck<br />

Was wissen Sie über Ihren Blutdruck?<br />

❏ Nichts bekannt 1<br />

❏ Oberer (systolischer) Wert<br />

140 bis <strong>16</strong>0 mmHg 0,5<br />

❏ Oberer Wert über <strong>16</strong>0 mmHg 3<br />

❏ Unterer Wert unter 90 mmHg 0<br />

❏ Unterer Wert über 90 mmHg 2<br />

Diabetes<br />

Haben Sie erhöhten Blutzucker?<br />

❏ Nichts bekannt 1<br />

❏ Nein 0<br />

4<br />

❏ Ja, aber ich nehme noch keine<br />

Medikamente 3<br />

❏ Ich nehme Tabletten für den<br />

Blutzucker 4<br />

❏ Ich spritze Insulin 4<br />

Stress<br />

Sind Sie im Beruf unter dauerndem Zeitdruck<br />

oder Stress?<br />

❏ Nein 0<br />

❏ Gelegentlich 0<br />

❏ Häufig 1<br />

❏ Praktisch andauernd 2<br />

Warnsignale<br />

Haben Sie gelegentlich bei körperlicher Belastung<br />

oder bei Stress Missempfindungen im<br />

Brustbereich, evtl. mit Ausstrahlung in den<br />

Hals oder in einen Arm?<br />

❏ Nein 0<br />

❏ Bei körperlicher Belastung 5<br />

❏ Bei Stress 3<br />

❏ Gelegentliche kleine Missempfindungen<br />

in Ruhe oder nach<br />

Belastungen 2<br />

Haben Sie bereits einmal druckartige Beschwerden<br />

im Brustkorb verspürt, die länger<br />

als 10 Minuten angehalten haben?<br />

❏ Ja 5<br />

❏ Nein 0<br />

Müssen Sie bei zügigem Gehen gelegentlich<br />

wegen Krämpfen oder Schwächegefühl in den<br />

Waden oder Oberschenkeln stehenbleiben<br />

(Schaufensterkrankheit)?<br />

❏ Ja 3<br />

❏ Nein 0<br />

<strong>Herz</strong>infarkt<br />

Wurden Sie bereits einmal wegen eines <strong>Herz</strong>infarkts<br />

oder eines Verdachts auf <strong>Herz</strong>infarkt<br />

behandelt?<br />

❏ Ja 5<br />

❏ Nein 0


Ihre Punkte<br />

Auswertung (Ihre Punktzahl)<br />

Zählen Sie alle Ihre Punkte zusammen. Achtung:<br />

Bei Antworten, die mit einem Minuszeichen<br />

versehen sind, muss die entsprechende<br />

Punktzahl abgezogen werden. Aus der Summe<br />

ergibt sich Ihre Risikoeinschätzung.<br />

0 bis 2 Punkte<br />

<strong>Herz</strong>lichen Glückwunsch. Ihr Risiko für <strong>Herz</strong>-<br />

Kreislauf-Erkrankungen ist unterdurchschnittlich.<br />

2,5 bis 4 Punkte<br />

Ihr Risiko ist durchschnittlich. Wenn Sie beeinflussbare<br />

Risikofaktoren haben, sollten Sie versuchen<br />

diese auszuschalten.<br />

Es gibt Faktoren, die unser Risiko, eine <strong>Herz</strong>erkrankung<br />

zu entwickeln, deutlich erhöhen: die<br />

Risikofaktoren. Einige sind beeinflussbar, andere<br />

nicht wie Alter, Geschlecht, Häufigkeit der <strong>Herz</strong>krankheiten<br />

in der Familie.<br />

Familie<br />

Ein <strong>Herz</strong>infarkt oder Schlaganfall bei Verwandten<br />

ersten Grades (Eltern oder<br />

Geschwister) signalisiert, dass<br />

Sie ein erhöhtes Risiko haben,<br />

selbst eine Gefäßerkrankung<br />

zu entwickeln. Ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

des Vaters verdoppelt<br />

das eigene Risiko,<br />

ein <strong>Herz</strong>infarkt der Mutter<br />

erhöht es sogar<br />

noch etwas stärker.<br />

Je früher ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

in der Familie aufgetreten<br />

ist und je mehr<br />

Verwandte betroffen<br />

sind, umso schwerwiegender<br />

ist die erbliche<br />

Belastung. Nun kann man<br />

Risikofaktoren<br />

4,5 bis 8 Punkte<br />

Ihr Risiko ist erhöht. Besprechen Sie mit Ihrem<br />

Arzt eine Strategie zur Verminderung Ihres Risikos<br />

und achten Sie auf Ihren Lebensstil.<br />

Mehr als 8 Punkte<br />

Ihr Risiko ist deutlich überhöht. Sprechen Sie<br />

bald mit Ihrem Arzt, wie eine Verminderung Ihres<br />

erhöhten Risikos für <strong>Herz</strong>infarkt erreicht<br />

werden kann. Für Sie ist ein gesunder Lebensstil<br />

besonders wichtig.<br />

Wenn Sie nicht wissen, wie hoch Ihr Blutdruck,<br />

Ihr Blutzucker und Ihre Blutfette sind, sollten Sie<br />

sie bestimmen lassen. Nur wenn Sie diese Werte<br />

kennen, können Sie sich vor dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />

schützen.<br />

zwar an seinen Genen, dem Geschlecht und dem<br />

Lebensalter nichts ändern, dennoch sollte besonders<br />

eine familiäre Vorbelastung dazu führen, die<br />

eigenen beeinflussbaren Risikofaktoren wie Rauchen,<br />

Übergewicht, Bewegungsmangel, etc. zu<br />

überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.<br />

Nur ein kleiner Teil des gesamten Risikos ist vererbt,<br />

der größere Teil ist durch unser Verhalten<br />

beeinflussbar.<br />

Alter<br />

Mit zunehmendem Alter<br />

steigt das Risiko für<br />

<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen.<br />

Die Zunahme<br />

erfolgt umso<br />

schneller, wenn zusätzlicheRisikofaktoren<br />

vorliegen. Risikofaktorenbeschleunigen<br />

den Alterungsprozess.<br />

Wer im Test eine<br />

hohe Punktzahl erreicht<br />

hat, für den ist<br />

5


eine Verdoppelung des Risikos durch sein Alter<br />

besonders folgenschwer. Deshalb ist es für ältere<br />

Menschen wichtig, die Risikofaktoren in den Griff<br />

zu bekommen, weil dadurch das Krankheitsrisiko<br />

erheblich vermindert wird. Auch wenn jemand<br />

das 70. Lebensjahr ohne <strong>Herz</strong>- oder Gefäßerkrankungen<br />

erreicht hat, bedeutet das nicht, dass er<br />

für den Rest seines Lebens davor geschützt ist.<br />

Geschlecht<br />

Die koronare <strong>Herz</strong>erkrankung, die dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />

vorausgeht, entwickelt sich bei Frauen durchschnittlich<br />

zehn Jahre später als bei Männern. Frauen<br />

haben vor den Wechseljahren einen relativen<br />

Schutz vor dem <strong>Herz</strong>infarkt. Dieser Schutz kann jedoch<br />

durch eine hohe Ausprägung der Risikofaktoren<br />

aufgehoben werden. Besonders gefährlich ist<br />

die Kombination Rauchen und Pille. Mit Beginn<br />

der Wechseljahre sinkt die Hormonproduktion,<br />

und der relative Schutz nimmt ab. Danach steigt die<br />

Häufigkeit des <strong>Herz</strong>infarkts bei Frauen an. Nach dem<br />

70. Lebensjahr erleiden Frauen ebenso häufig <strong>Herz</strong>infarkte<br />

wie Männer.<br />

6<br />

Lebensstil<br />

Die Lebensgewohnheiten bestimmen zu einem<br />

erheblichen Anteil das Ausmaß der Veränderungen<br />

in den Arterien und damit auch den Zeitpunkt, zu<br />

dem erstmals <strong>Herz</strong>infarkt, Brustenge (Angina<br />

pectoris), Schlaganfall oder der plötzliche <strong>Herz</strong>tod<br />

eintreten.<br />

Zwei Brüder<br />

Martin und Philipp sind zwei Brüder, die manches,<br />

vor allem ihre Familiengeschichte, gemeinsam<br />

haben. Vater und Großvater starben früh am<br />

<strong>Herz</strong>infarkt. Die Mutter litt unter den Folgen eines<br />

Schlaganfalls. Martin war der Meinung, dass man<br />

gegen sein Schicksal nicht anleben kann. Schon<br />

jung fing er an zu rauchen, er liebte es, viel und<br />

fett zu essen, nach der Arbeit ging er in die Kneipe<br />

oder spielte am Computer.<br />

Philipp verstand die Familiengeschichte als Herausforderung.<br />

Schon früh zeigte sich ein hoher<br />

Blutdruck, den sein Arzt mit Medikamenten gut eingestellt<br />

hat. Er entschloss sich, gesund zu leben.<br />

Täglich fuhr er Rad und an Sonntagen wanderte<br />

er mit Familie und Freunden.


Bei Martin hat die erhebliche Vorbelastung voll<br />

durchgeschlagen: Wie er erwartet hatte, bekam<br />

er früh einen <strong>Herz</strong>infarkt und später einen mehrfachen<br />

Bypass. Jetzt war ihm sein Lebensstil erst recht<br />

egal. Er rauchte weiter und nahm weiter zu. Seine<br />

Gesundheit verschlechterte sich so, dass er in<br />

Frührente gehen musste. In letzter Zeit verlässt er<br />

das Haus kaum noch. Zum Glück hat er das Lesen<br />

für sich entdeckt, aber er ist sozial isoliert und<br />

fühlt sich einsam.<br />

Anders Philipp: Der gesunde Lebensstil hat sich<br />

gelohnt. Seine Arbeit als Informatiker, seine Familie,<br />

die Ferien und der Sport machen ihm Freude.<br />

Trotz der erblichen Belastung hat er ein erfülltes<br />

Leben.<br />

Rauchen<br />

Rauchen von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und<br />

Pfeife bringt Krankheit und frühzeitigen Tod. Das<br />

Risiko für einen <strong>Herz</strong>infarkt ist bei Rauchern auf ein<br />

Mehrfaches im Vergleich zu Nichtrauchern erhöht.<br />

Durch das Rauchen wird die Innenauskleidung<br />

der Arterien geschädigt. Raucher haben mehr Fettablagerungen<br />

in den Arterien als Nichtraucher.<br />

Darüber hinaus wird die Neigung<br />

zur Bildung von Blutgerinnseln gesteigert.<br />

Das Blut wird dickflüssiger.<br />

Die ungünstigen Auswirkungen<br />

des Rauchens führen auch<br />

zu einer Verschlechterung der<br />

Blutfettwerte, besonders zur Abnahme des HDL-<br />

Cholesterins, das einen Schutzfaktor für die Gefäße<br />

darstellt.<br />

Bei Patienten mit erhöhtem Blutdruck verdoppelt<br />

Rauchen das durch den hohen Blutdruck bereits<br />

erhöhte Risiko für <strong>Herz</strong>infarkt, <strong>Herz</strong>tod und Schlaganfall.<br />

Jeder zweite chronische Raucher stirbt an den<br />

Folgen dieser Abhängigkeit, hat eine Langzeituntersuchung<br />

an britischen Ärzten gezeigt.<br />

Nutzen Sie Raucherentwöhnungsprogramme z. B.<br />

an Volkshochschulen, Patientenbücher oder auch<br />

Nikotinpflaster oder -kaugummis, die den Ausstieg<br />

aus dem Rauchen erleichtern.<br />

Wie gefährlich ist Übergewicht?<br />

In Zeiten, in denen Nahrungsmittel nur in unregelmäßigen<br />

Zeitabständen zur Verfügung standen,<br />

sicherte die Möglichkeit, Energie in konzentrierter<br />

Form als Fett zu speichern, das Überleben. Heutzutage<br />

gefährdet Übergewicht die Gesundheit und<br />

verkürzt das Leben. Übergewicht wirkt sich besonders<br />

ungünstig auf eine Reihe von anderen Risikofaktoren<br />

aus:<br />

■ Es erhöht den Blutdruck.<br />

■ Es erhöht die ungünstigen LDL-Cholesterinwerte,<br />

die freien Fettsäuren (Triglyceride)<br />

und die Harnsäure.<br />

■ Es vermindert das günstige HDL-Cholesterin.<br />

■ Es begünstigt das Auftreten einer<br />

Zuckerkrankheit.


Darüber hinaus geht Übergewicht mit einem erhöhten<br />

Risiko für verschiedene bösartige Tumore und<br />

für Gelenkerkrankungen einher.<br />

8<br />

Der Bauch muss weg<br />

Ein einfaches Maß für Übergewicht finden Sie im<br />

Test (s. S. 3). Die Zentimeter über 100 in kg entsprechen<br />

bei Männern dem Normalgewicht. Bei 180 cm<br />

Körpergröße wird das Normalgewicht mit 80 kg angegeben.<br />

Seit einigen Jahren wird das Körpergewicht auch<br />

als Body-Mass-Index (BMI) beschrieben: Gewicht<br />

in kg geteilt durch das Quadrat der Körperlänge in<br />

Meter ergibt den BMI (80:1,8 2=24,7).<br />

Body-Mass-Index (BMI)<br />

Untergewicht unter 18,5<br />

Normalgewicht 18,5 – 24,9<br />

Übergewicht 25 – 29,9<br />

Fettleibigkeit über 30<br />

(Adipositas)<br />

Mit zunehmendem BMI erhöht sich das Risiko für<br />

<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen. Generell gilt, dass<br />

das im Bauchbereich liegende Fett sich besonders<br />

ungünstig auf das <strong>Herz</strong>infarktrisiko auswirkt –<br />

mehr als das Fett, das sich im Oberschenkel- und<br />

Hüftbereich ablagert. Das heißt: Der Bauch muss<br />

weg.<br />

Wo liegen die Probleme?<br />

Eine Gewichtsabnahme lässt sich nur erreichen,<br />

wenn weniger Kalorien zugeführt als verbraucht<br />

werden. Besonders wichtig ist es, weniger fett zu<br />

essen.<br />

Aber die Umsetzung ist schwierig, weil über Jahrzehnte<br />

eingefahrene Lebensgewohnheiten schwer<br />

zu ändern sind. Die Ess- und Trinkgewohnheiten<br />

müssen ebenso wie die körperliche Aktivität überdacht<br />

und dauerhaft verbessert werden. Übergewichtige<br />

klagen oft, dass die Diät keinen Erfolg<br />

bringt. Warum?<br />

Machen Sie sich Gedanken darüber, warum Sie<br />

übergewichtig sind. Alkohol in Form von Wein<br />

oder Bier, versteckte Fette in Wurst, Käse, Fertig-


gerichten, Schokolade, Kuchen, Nüssen, Snacks zwischendurch<br />

tragen zu Ihrem Übergewicht bei. Auch<br />

der Kaloriengehalt von Saft oder Milch (1 Liter hat<br />

ungefähr 650 kcal) muss mit berechnet werden.<br />

Es gibt keine Wunderdiäten, die in wenigen Tagen<br />

große Gewichtsabnahmen erlauben – oder gar<br />

über Nacht im Schlaf das Gewicht (sprich: Fett)<br />

abbauen. Manche Übergewichtige essen einfach<br />

gern und etwas mehr als eigentlich notwendig<br />

wäre. Sie müssten vor allem den Anteil der Fette<br />

in der Nahrung reduzieren: nicht mehr als 60 g<br />

Fett pro Tag (inklusive versteckter Fette). Denn<br />

Fette enthalten pro Gramm doppelt so viele Kalorien<br />

als Kohlenhydrate (9 kcal gegenüber 4 kcal).<br />

Schwierig wird es, wenn das Essen als Belohnung<br />

oder als Mittel gegen Frust oder Langeweile angesehen<br />

wird. Hier kann eine psychologische Beratung<br />

oder ein strukturiertes Gewichtsreduktionsprogramm<br />

unterstützend wirken.<br />

Im Kampf gegen das Übergewicht ist die Zusammensetzung<br />

der Nahrung wichtig. Dafür empfiehlt<br />

sich die Küche, die <strong>heute</strong> als vorbildlich gilt: die Mittelmeerküche.<br />

Sie bringt nicht nur Gesundheit,<br />

sondern auch Lebensfreude.<br />

Mittelmeerküche<br />

Die mediterrane Küche, die in Südfrankreich, Italien,<br />

Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei<br />

verbreitet ist, hat sich seit Jahrhunderten bewährt.<br />

Dort wird viel Gemüse und Salat gegessen, die<br />

durch eine Vielzahl von Kräutern und Gewürzen<br />

reizvoll zubereitet sind. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation<br />

hat gezeigt: In Nordeuropa,<br />

wo wenig Obst und Gemüse und verhältnismäßig<br />

fett gegessen wird, leiden viermal mehr Menschen<br />

an <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Erkrankungen als in Ländern<br />

des Mittelmeerraums.<br />

Die Mittelmeerküche basiert auf:<br />

■ viel Gemüse, Salat und Obst,<br />

■ hohem Anteil an komplexen Kohlenhydraten:<br />

Brot, Pasta, Reis, Kartoffeln,<br />

■ eher Fisch, wenig Fleisch,<br />

■ Olivenöl – statt Butter, Sahne und anderen<br />

tierischen Fetten.<br />

Die Vorteile liegen in der hohen Zufuhr von Vitaminen,<br />

Ballaststoffen sowie pflanzlichen Schutzstoffen<br />

und einfach ungesättigten Fettsäuren, die<br />

alle der Gesundheit zugute kommen. Das <strong>Herz</strong>in-<br />

9


farktrisiko wird durch die Mittelmeerküche – wie<br />

große wissenschaftliche Studien gezeigt haben –<br />

erheblich gesenkt.<br />

Die Mittelmeerküche bietet eine Fülle von einfachen<br />

Rezepten, zum Beispiel Pasta oder Reis mit kurz gedünsteten<br />

frischen Gemüsen. Sie bringen die Freuden<br />

des Südens, die man gern im Urlaub genießt,<br />

auf Ihren Tisch.<br />

Übrigens: Die Einnahme von Vitaminpräparaten,<br />

gleich in welcher Form, ist zur Vorbeugung gegen<br />

den <strong>Herz</strong>infarkt nicht sinnvoll, sie kann sich sogar<br />

nachteilig auswirken.<br />

Bewegung<br />

Heutzutage gilt für die meisten: Wir bewegen uns<br />

nicht, wir werden bewegt von Autos, Rolltreppen,<br />

10<br />

Aufzügen, Flugzeugen, Bussen und Bahnen. Die<br />

meisten Arbeitsplätze erfordern keine körperliche<br />

Belastung. So fehlt unserem Alltag die Bewegung.<br />

Aber der Mensch ist auf Bewegung angelegt.<br />

Bewegungsmangel ist ein eigenständiger Risikofaktor,<br />

dessen Bedeutung erst in neuerer Zeit wissenschaftlich<br />

untermauert wurde. Bewegungsmangel<br />

ist als Risikofaktor wahrscheinlich noch schwerwiegender<br />

als Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck.<br />

Wir müssen wieder Bewegung in unseren Alltag<br />

bringen: Wer in der Freizeit körperlich sehr aktiv<br />

ist, lebt länger als Menschen, die weniger aktiv<br />

sind. Männer, die mehr als zwei Stunden Ausdauersport<br />

pro Woche betrieben, hatten ein um 60 %<br />

geringeres Risiko (im Beobachtungszeitraum von<br />

fünf Jahren), einen <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden. Auch


wer sich im Alter wieder neu körperlich betätigt,<br />

verbessert seine Lebensaussichten. Für Frauen ist<br />

körperliche Bewegung fast noch wichtiger.<br />

Vier- bis fünfmal pro Woche 30 Minuten körperliche<br />

Aktivität sind wünschenswert. Wenn Sie bisher<br />

nicht sehr aktiv waren, beginnen Sie mit zügigen<br />

Spaziergängen. Welche Bewegung Sie wählen,<br />

hängt von Ihrer persönlichen Vorliebe ab. Empfehlenswert<br />

sind Ausdauersportarten wie Nordic Walking,<br />

Joggen, Fahrradfahren, Skilanglauf und<br />

Schwimmen, aber auch Tanzen, Fußball und Tennis.<br />

Bei schlechter Witterung oder fehlender Sportmöglichkeit<br />

kann man auch den Heimtrainer oder<br />

das Laufband nutzen. Das ist langweilig? Die Zeit<br />

kann man sich mit Fernsehen oder Rundfunkhören<br />

vertreiben.<br />

Die Intensität der Belastung richtet sich nach der<br />

individuellen Leistungsfähigkeit. Die Belastung<br />

sollte als mäßig anstrengend empfunden werden.<br />

Zum Beispiel sollte man sich beim Joggen noch unterhalten<br />

können. So lässt sich ein deutlicher Trainingseffekt<br />

erzielen, ohne das <strong>Herz</strong> zu überlasten.<br />

Das ganze <strong>Herz</strong>-Kreislauf-System lernt, ökonomisch<br />

zu arbeiten, so dass sich die Leistungsfähigkeit<br />

erhöht. Ein erhöhter Blutdruck wird abgesenkt.<br />

Die Stresshormonspiegel im Blut werden<br />

vermindert. Die Blutfette werden günstig beeinflusst.<br />

Die gerinnselauflösende Aktivität im Blut<br />

wird erhöht und die Fließeigenschaften im Blut<br />

werden verbessert. Das <strong>Herz</strong> wird unempfindlicher<br />

gegen <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen. Sie fühlen<br />

sich wohler und leistungsfähiger. Auch die späte<br />

Aufnahme von mäßig anstrengender körperlicher<br />

Aktivität führt zu einem Zugewinn an Lebensjahren<br />

und Lebensqualität.<br />

Erhöhte Blutfette<br />

Cholesterin ist ein unentbehrlicher Bestandteil der<br />

menschlichen Zellen. Dennoch sind hohe Cholesterinspiegel<br />

im Blut ein wichtiger Faktor, der<br />

das frühe Auftreten von <strong>Herz</strong>infarkt oder Angina<br />

pectoris begünstigt und den weiteren Verlauf der<br />

Erkrankung wesentlich mitbestimmt. Man unterscheidet:<br />

■ Das „schlechte“, die Gefäßerkrankung mit verursachende<br />

LDL-Cholesterin und<br />

■ das „gute“ als Schutzfaktor für die Gefäße wirkende<br />

HDL-Cholesterin.<br />

Pro 50 mg/dl Cholesterinkonzentration im Blut<br />

verdoppelt sich langfristig das Risiko, einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />

zu erleiden: Personen mit einem Cholesterinspiegel<br />

von 250 mg/dl haben also ein doppelt<br />

so hohes Risiko wie Personen mit einem Spiegel<br />

von 200 mg/dl. Eine Ernährungsumstellung führt<br />

zu einer bedeutsamen Verminderung der Risiken:<br />

■ Weniger Gesamtkalorien,<br />

■ weniger Fett,<br />

■ Umstellung auf die Mittelmeerküche<br />

11


können das <strong>Herz</strong>infarktrisiko senken. Neben der<br />

Verminderung der gesättigten Fette wird den in<br />

natürlichen Nahrungsmitteln (fette Fische, Olivenöl,<br />

Rapsöl) enthaltenen Omega-3-Fettsäuren oder<br />

deren Vorstufen eine besondere Bedeutung zugemessen.<br />

Sie erhöhen das gefäßschützende HDL-<br />

Cholesterin und haben eine gerinnungshemmende<br />

Wirkung.<br />

Welche Cholesterinwerte?<br />

Die Beantwortung dieser Frage fällt unterschiedlich<br />

aus, je nachdem ob es sich um<br />

■ eine gesunde Person ohne weitere Risikofaktoren,<br />

■ eine gesunde Person mit zusätzlichen Risikofaktoren<br />

oder<br />

■ um einen Patienten mit <strong>Herz</strong>- oder Gefäßerkrankung<br />

handelt.<br />

Bei Gesunden ohne zusätzliche Risikofaktoren<br />

und ohne Hinweise auf Gefäßerkrankungen sind<br />

Gesamtcholesterinwerte bis 240 mg/dl (6,2 mMol/l)<br />

und LDL-Cholesterinwerte unter <strong>16</strong>0 mg/dl (4,1<br />

mMol/l) annehmbar. Zu beachten ist jedoch, dass<br />

Frauen vor den Wechseljahren manchmal einen<br />

hohen HDL-Cholesterinanteil haben. Falls erhöhte<br />

HDL-Cholesterinwerte für die Erhöhung des<br />

Gesamtcholesterins verantwortlich sind, ist das Risiko<br />

für Gefäßerkrankungen als eher gering anzusehen.<br />

Bei Gesunden mit weiteren Risikofaktoren (z.B.<br />

<strong>Herz</strong>- und Gefäßerkrankungen bei Verwandten<br />

ersten Grades, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel,<br />

Stress, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit)<br />

sollten nach Möglichkeit Cholesterinwerte um oder<br />

unter 200 mg/dl (5,2 mMol/l) bzw. LDL-Cholesterinwerte<br />

unter 130 mg/dl (3,4 mMol/l) erreicht<br />

werden. Neuere Empfehlungen gehen dahin, hier<br />

das LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl (2,6 mMol/l)<br />

abzusenken. Dies gilt insbesondere für Personen<br />

mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten (unter 35<br />

mg/dl; 0,9 mMol/l), die als stärker infarktgefährdet<br />

eingeschätzt werden.<br />

Patienten mit <strong>Herz</strong>- oder Gefäßerkrankung, die<br />

beispielsweise bereits einen <strong>Herz</strong>infarkt, eine Bypass-Operation<br />

oder eine Gefäßaufdehnung hin-<br />

12<br />

ter sich haben oder unter Angina pectoris-Beschwerden<br />

leiden, sollten Cholesterinwerte unter<br />

150 mg/dl (3,9 mMol/l) und LDL-Cholesterinwerte<br />

unter 70 mg/dl (1,9 mMol/l) anstreben. Das sind<br />

neue Zielwerte, die im Jahr 2004 festgelegt wurden.<br />

Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass<br />

eine drastische Senkung der LDL-Cholesterinwerte<br />

unter 70 mg/dl (1,9 mMol/l) nicht nur das Fortschreiten<br />

der Gefäßerkrankung aufhält, sondern<br />

sogar eine allmähliche Rückbildung der Verengungen<br />

in den <strong>Herz</strong>kranzgefäßen erreichen kann.<br />

Fast ebenso wichtig wie der LDL-Cholesterinwert<br />

ist das HDL-Cholesterin. Das HDL-Cholesterin stellt<br />

einen Schutzfaktor für die Gefäße dar und begünstigt<br />

die Rückbildung von Gefäßveränderungen:<br />

Dementsprechend sollte es möglichst hoch sein. Körperliche<br />

Aktivität und Gewichtsabnahme erhöhen<br />

das HDL-Cholesterin.<br />

Erhöhter Blutdruck<br />

Erhöhter Blutdruck verstärkt die Belastungen, denen<br />

unser Gefäßsystem ausgesetzt ist. Nicht nur<br />

geht auf Dauer die Elastizität der Arterien verloren,<br />

sondern es werden auch mehr Fett- und Cholesterinpartikel<br />

durch den hohen Druck in die Gefäßwand<br />

gepresst, was die Entwicklung der Arteriosklerose<br />

beschleunigt. Das Risiko für koronare<br />

<strong>Herz</strong>erkrankung, <strong>Herz</strong>schwäche und Schlaganfall<br />

steigt mit dem Blutdruck an, bei Männern ebenso<br />

wie bei Frauen. Durch die Behandlung des Bluthochdrucks<br />

wird das Schlaganfallrisiko um etwa die<br />

Hälfte vermindert. Das trifft auch zu, wenn bei älteren<br />

Patienten nur der obere Wert erhöht ist.<br />

Durch die Senkung des Blutdrucks wird nicht nur<br />

das Schlaganfallrisiko, sondern auch das Risiko<br />

für <strong>Herz</strong>infarkt bedeutsam verringert. Blutdruckwerte<br />

unter 140/85 mmHg werden angestrebt, bei<br />

jüngeren Personen und bei Zuckerkranken auch<br />

niedrigere Werte. Personen, die einen hohen Blutdruck<br />

haben, haben auch häufig hohe Cholesterinwerte<br />

und sind übergewichtig. Diese Kombination<br />

von Risikofaktoren ist besonders gefährlich.<br />

Gewichtsabnahme, Verminderung des Alkoholkonsums<br />

und regelmäßige körperliche Aktivität<br />

senken den Blutdruck. Außerdem stehen <strong>heute</strong><br />

eine Reihe von wirkungsvollen Medikamenten zur<br />

Blutdrucksenkung zur Verfügung.


Zuckerkrankheit<br />

Ein gestörter Zuckerstoffwechsel (Diabetes) erhöht<br />

das Risiko für <strong>Herz</strong>infarkt und Schlaganfall erheblich.<br />

Menschen mit Zuckerkrankheit haben<br />

ein so hohes Risiko, einen <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden<br />

wie Menschen, die bereits einen ersten <strong>Herz</strong>infarkt<br />

hinter sich haben. Bei Frauen ist das Risiko<br />

so stark erhöht, dass der natürliche Schutz<br />

durch die weiblichen Hormone fast aufgehoben<br />

wird. Deshalb müssen Zuckerkranke besonders<br />

auf ihre Risikofaktoren achten. Nicht nur die Blutzuckerwerte,<br />

sondern auch die Blutdruckwerte<br />

müssen besonders gut eingestellt sein. Die Blutdruckwerte<br />

sollten im niedrigst möglichen Bereich liegen,<br />

etwa bei 120 mmHg als oberer (systolischer)<br />

Wert.<br />

Darüber hinaus sollten die Cholesterinwerte – genauso<br />

wie bei Patienten, die bereits eine korona-<br />

re <strong>Herz</strong>erkrankung haben – in einen sehr niedrigen<br />

Bereich abgesenkt werden. Das heißt: Das<br />

LDL-Cholesterin sollte dauerhaft unter 70 mg/dl<br />

(1,9 mMol/l) liegen. Regelmäßige körperliche Aktivität<br />

und ein normales Körpergewicht sind für<br />

Zuckerkranke zum Erreichen dieser Ziele besonders<br />

wichtig.<br />

Stress<br />

Die meisten Patienten, die einen <strong>Herz</strong>infarkt erlitten<br />

haben, bringen den <strong>Infarkt</strong> mit Stress im Privatoder<br />

Berufsleben in Verbindung. Lebensverändernde<br />

Ereignisse wie der Verlust eines nahen Angehörigen<br />

oder des Partners, aber auch der Verlust<br />

des Arbeitsplatzes können die Auslösung eines<br />

<strong>Infarkt</strong>s begünstigen, vor allem wenn andere Risikofaktoren<br />

vorliegen. Es kommt jedoch nicht<br />

nur auf die belastende Lebenssituation an, sondern<br />

vielmehr darauf, wie die einzelne Person da-<br />

13


auf reagiert. Die Unterstützung durch<br />

Freunde und Verwandte bei solchen<br />

Ereignissen spielt eine große Rolle.<br />

Auch der allgemeine Stress des täglichen Lebens<br />

hat Auswirkungen. Hohe berufliche Anforderungen<br />

mit geringem Spielraum für individuelle Gestaltung<br />

des Arbeitsablaufes wirken belastend oder<br />

dauernder Termindruck sind als Risiko erhöhende<br />

Stressfaktoren anzusehen. Auch anhaltende<br />

ungerechte Behandlung durch Mitarbeiter oder<br />

Vorgesetzte (Mobbing) kann Risiko erhöhend wirkend.<br />

Psychosoziale Belastung am Arbeitsplatz<br />

und in der Familie und soziale Isolation sind mit einer<br />

Risikoerhöhung bei der Entstehung und dem<br />

Verlauf der koronaren <strong>Herz</strong>krankheit verknüpft.<br />

Auch hier kommt es darauf an, wie der Einzelne auf<br />

belastende Situationen reagiert: Wenn der Stress dazu<br />

führt, dass mehr Zigaretten geraucht werden, übermäßig<br />

viel gegessen wird, auch die letzte Möglichkeit,<br />

sich körperlich zu bewegen, aufgegeben<br />

wird, weil scheinbar keine Zeit dafür da ist – dann<br />

14<br />

kommt dem alltäglichen Stress<br />

eine zusätzlichen Bedeutung als<br />

auslösender Faktor für einen <strong>Herz</strong>infarkt zu.<br />

Um den Umgang mit Stress zu lernen, werden<br />

Trainingsprogramme für Stressmanagement empfohlen.<br />

Regelmäßige körperliche Aktivität und Entspannung<br />

im Kreis der Familie oder Freunde, Entspannungsübungen,<br />

z.B. autogenes Training oder<br />

progressive Muskelrelaxation, helfen, die Auswirkungen<br />

des Stresses zu reduzieren. Ausreichender<br />

Schlaf ist ebenfalls wichtig.<br />

Der Entschluss<br />

Entscheiden Sie sich für einen Lebensstil ohne Zigaretten,<br />

mit Mittelmeerkost, viel Bewegung, Entspannung<br />

und Geselligkeit. Achten Sie auf Ihr Gewicht,<br />

Ihren Cholesterinspiegel und Blutdruck.<br />

Damit können Sie das Risiko, eine koronare <strong>Herz</strong>erkrankung<br />

und einen <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden,<br />

entscheidend beeinflussen.


Was ist stabile Angina pectoris?<br />

Koronare <strong>Herz</strong>krankheit (I.)<br />

Oft kommt der <strong>Herz</strong>infarkt nicht aus heiterem<br />

Himmel:Wenn Eva K. vom Einkaufen nach Hause<br />

kam, blieb sie immer auf dem dritten Treppenabsatz<br />

stehen, weil ein Schmerz in der Brust sie am<br />

Weitergehen hinderte. Hatte sie sich ein paar<br />

Minuten ausgeruht, hörte der Schmerz wieder<br />

auf. Ihrer Tochter Marie war das nicht geheuer. Sie<br />

drängte ihre Mutter, zum Arzt zu gehen. Aber die<br />

wehrte ab. „Wieso sollte ich? Mir geht es gut. Der<br />

Schmerz hört ja schnell wieder auf. Das kann gar<br />

nichts Schlimmes sein.“<br />

Eva irrt. Der Brustschmerz unter körperlicher Belastung,<br />

der schnell verschwindet, wenn die Belastung<br />

endet, ist typisch für die stabile Angina pectoris<br />

(lateinisch: Brustenge).<br />

Stabile Angina pectoris ist eine Phase der koronaren<br />

<strong>Herz</strong>krankheit, bei der sich durch den Prozess<br />

der Arteriosklerose, die in der Umgangssprache<br />

Gefäßverkalkung genannt wird, die <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

verengen. Aus dieser Krankheit heraus entwickelt<br />

sich der <strong>Herz</strong>infarkt.<br />

Bereits vor mehr als 4 500 Jahren wurde von den<br />

Ägyptern die Gefährlichkeit des Brustschmerzes als<br />

Signal für den nahenden Tod beschrieben. Damit<br />

schilderten sie wahrscheinlich ihre Erfahrungen<br />

mit dem <strong>Herz</strong>infarkt, der auch <strong>heute</strong> noch bei fast<br />

jedem dritten Patienten tödlich verläuft.<br />

Deshalb sollte dem Brustschmerz besondere Aufmerksamkeit<br />

geschenkt werden, da nur durch<br />

rechtzeitiges Erkennen und Behandeln Einfluss<br />

auf den sonst schicksalhaften Verlauf der Erkrankung<br />

genommen werden kann.<br />

Wodurch entsteht Angina pectoris?<br />

Das <strong>Herz</strong> ist ein besonders gut durchblutetes Organ.<br />

Ungefähr ein Viertel Liter Blut durchfließt<br />

Prof. Dr. med. Christian Hamm, Ärztlicher Direktor,<br />

Kerckhoff-<strong>Herz</strong>zentrum Bad Nauheim<br />

den <strong>Herz</strong>muskel jede Minute, um ihn mit Sauerstoff<br />

und Nährstoffen zu versorgen. Unter Belastungsbedingungen<br />

steigt der Blutfluss um das Vierfache<br />

an. Das Blut fließt durch die <strong>Herz</strong>kranzgefäße.<br />

Der Durchmesser der drei großen <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

beträgt etwa 3 bis 4 mm. Die Arteriosklerose<br />

engt den Innendurchmesser dieser Gefäße<br />

ein. An bestimmten Stellen ist die Einengung besonders<br />

ausgeprägt. Diese Stellen bezeichnet man<br />

als Stenosen (Einengungen). Die wichtigsten Ursachen<br />

für die Verengung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

sind gut bekannt: Zigarettenrauchen, hohes Cholesterin,<br />

Bluthochdruck, Diabetes. Außerdem scheinen<br />

erbliche Veranlagung eine Rolle zu spielen<br />

und entzündliche Prozesse beteiligt zu sein. Mit<br />

dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung<br />

einer <strong>Herz</strong>kranzgefäßverengung (koronare<br />

<strong>Herz</strong>krankheit), und Männer trifft es etwa<br />

zehn Jahre früher als Frauen.<br />

Die Durchblutung wird erst gestört, wenn mehr<br />

als etwa 70 % des Gefäßes eingeengt sind. Geringere<br />

Verengungen führen zu keiner Durchblutungsstörung<br />

und machen sich deshalb nicht bemerkbar.<br />

Der Angina pectoris-Schmerz entsteht,<br />

wenn der <strong>Herz</strong>muskel nicht ausreichend mit Blut<br />

versorgt wird. Er tritt zuerst unter Belastungsbedingungen<br />

auf, weil dann der Blutbedarf höher ist.<br />

Durch die Minderdurchblutung (medizinisch:<br />

Ischämie) wird in das Versorgungsgebiet des betroffenen<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäßes nicht genügend Sauerstoff<br />

transportiert, Abfallprodukte des Stoffwechsels<br />

werden nicht beseitigt. Die Übersäuerung löst<br />

den charakteristischen Schmerz aus.<br />

Nicht jede Durchblutungsstörung äußert sich in<br />

Angina-Beschwerden und einige Patienten entwickeln<br />

nie oder wenig Schmerzen. Man spricht<br />

dann von stummer Ischämie. Besonders häufig<br />

15


Die dunklen Flächen zeigen, wohin der Schmerz bei Angina pectoris ausstrahlen kann.<br />

findet man dieses bei Patienten mit einer Zuckerstoffwechselstörung<br />

(Diabetes). Nur in seltenen<br />

Fällen entsteht Angina pectoris bei normalen <strong>Herz</strong>kranzgefäßen<br />

dadurch, dass der Sauerstoffbedarf<br />

des <strong>Herz</strong>ens größer ist als die mögliche Sauerstoffzufuhr.<br />

Meistens liegt dann eine zusätzliche <strong>Herz</strong>klappenerkrankung<br />

oder eine Hormonstörung<br />

vor.<br />

Wie erkenne ich die stabile Angina?<br />

Herbert S. ist ein erfolgreicher Geschäftsmann.<br />

Mit 55 Jahren hat er sich durch die häufigen<br />

Geschäftsessen gut 20 kg Übergewicht angegessen,<br />

obwohl er im Tennisclub immer noch aktiv mitmischt.<br />

In letzter Zeit fiel ihm das jedoch zunehmend<br />

schwerer. Dass die Luft ihm früher knapp wird,<br />

schob er auf mangelndes Training und das Rauchen,<br />

das er trotz aller guten Vorsätze nicht aufgeben<br />

kann. Seit einem halben Jahr bemerkte er<br />

nach etwa zehn Minuten Spiel einen Druck in<br />

der Brust und in der linken Schulter. Wie von<br />

einem Reifen wurde seine Brust zusammengeschnürt.<br />

Er schaltete dann einen Gang zurück<br />

und brachte das Spiel meist zu Ende. Zehn Minuten<br />

später war der Spuk wieder vorbei. Herbert S.<br />

meinte, das hänge wohl damit zusammen, dass er<br />

gern bei offenem Fenster Auto fährt. Seine Frau schickte<br />

ihn zum Orthopäden. Der fand nichts besonderes,<br />

verschrieb ihm aber vorsichtshalber Massagen.<br />

Die aber halfen nicht viel.<br />

<strong>16</strong><br />

Dann erlitt sein zehn Jahre jüngerer Bruder plötzlich<br />

einen <strong>Herz</strong>infarkt, und er kam zu dem Entschluss,<br />

dass er wohl auch mal einen „Check-up“<br />

machen lassen sollte und ging zu seinem bis dahin<br />

nur selten gebrauchten Hausarzt. Nur beiläufig<br />

erzählte er von seinen Problemen beim Tennis.<br />

Der Arzt wurde plötzlich ganz aufmerksam, besonders<br />

als noch ein erhöhter Blutdruck und hohes Cholesterin<br />

festgestellt wurden, und ordnete ein Belastungs-EKG<br />

an. Dabei bekam er tatsächlich bei<br />

125 Watt dieselben Beschwerden wie beim Tennisspielen,<br />

und der Arzt brach die Belastung ab,<br />

obwohl Herbert S. noch hätte weitertreten können.<br />

Und dann die Diagnose: „Sie haben eine<br />

Durchblutungsstörung des <strong>Herz</strong>ens, das ist Angina<br />

pectoris.“<br />

Dieser Weg bis zur Diagnose ist typisch. Zu selten<br />

wird bei Beschwerden im Brustkorb gleich an<br />

das <strong>Herz</strong> gedacht. Grund dafür ist, dass die Durchblutungsstörungen<br />

sich sehr unterschiedlich äußern<br />

und die Beschwerden nur selten auf das <strong>Herz</strong><br />

zurückgeführt werden. Typisch ist die Beschreibung<br />

eines dumpfen, beklemmenden Engegefühls,<br />

weniger der spitze Schmerz, den man von Verletzungen<br />

kennt. Meist zieht dieser Schmerz in die<br />

linke Schulter und den linken Arm. Er kann aber<br />

auch in den Hals bzw. Unterkiefer oder den Oberbauch<br />

ausstrahlen (s. Abb. oben). Der Schmerzcharakter<br />

kann so irreleiten, dass manche Patienten erst<br />

eine Magenspiegelung erhalten oder die Zähne<br />

gezogen bekommen, bevor man an das <strong>Herz</strong> denkt.


So ist es auch für den Arzt häufig schwierig<br />

zu unterscheiden, ob es sich um banale<br />

Schmerzen handelt oder das <strong>Herz</strong><br />

dafür verantwortlich ist. In solchen<br />

Zweifelsfällen sollte darauf gedrungen<br />

werden, dass ein Belastungs-EKG durchgeführt<br />

wird, damit rechtzeitig eingegriffen<br />

werden kann.<br />

Für das <strong>Herz</strong> als Ursprungsort spricht,<br />

wenn sich der Schmerz durch körperliche Belastung<br />

oder Erregung provozieren lässt und nach<br />

Rückkehr zur Ruhe wieder verschwindet. Auch<br />

Kälte oder eine üppige Mahlzeit können zu Angina<br />

pectoris-Beschwerden führen. Für andere Ursachen<br />

spricht, wenn der Schmerz in Ruhe auftritt<br />

und nur für Sekunden anhält. Wenn durch<br />

Änderung der Körperhaltung oder Atemtechnik<br />

der Schmerz beeinflussbar ist, muss eher an den Bewegungsapparat<br />

oder die Lunge gedacht werden.<br />

Die Angina pectoris kann sich aber auch nur als<br />

Luftnot (Dyspnoe) bei körperlicher Belastung äußern.<br />

Gerade Frauen haben nicht selten nur Atemnot,<br />

wenn sie an Angina pectoris leiden.<br />

Achten Sie darauf, ob Beschwerden unter Belastung<br />

auftreten und in Ruhe wieder verschwinden.<br />

Dann sollten Sie Ihr <strong>Herz</strong> beim Internisten/Kardiologen<br />

untersuchen lassen, damit rechtzeitig<br />

eingegriffen werden kann, bevor die koronare<br />

<strong>Herz</strong>krankheit zu einem <strong>Herz</strong>infarkt führt.<br />

Welche Formen der<br />

Angina pectoris gibt es?<br />

Der Arzt unterscheidet zwischen der stabilen Form<br />

der Angina pectoris und der instabilen Form. Die<br />

instabile Form bezeichnet eine kritische Phase im<br />

Krankheitsverlauf, bei der häufig bald ein <strong>Herz</strong>-<br />

Verengte <strong>Herz</strong>kranzarterie (Pfeil).<br />

infarkt folgt. Charakteristisch für die instabile Angina<br />

ist der zunehmend schwere Schmerz in Ruhe<br />

ohne erkennbaren Grund.<br />

Bei der stabilen Angina pectoris tritt der Schmerz<br />

dagegen gewöhnlich nur unter Belastungsbedingungen<br />

auf und kann über lange Jahre bestehen,<br />

ohne dass dadurch das Risiko besonders hoch ist.<br />

Typisch für die stabile Angina pectoris ist, dass<br />

hier der Schmerz immer in derselben Situation<br />

auftritt. Beispielsweise bei einer bestimmten körperlichen<br />

Belastung (z.B. drei Etagen Treppen<br />

steigen) wird es eng in der Brust. Bleibt man stehen,<br />

d. h. hört die Belastung auf, verschwindet<br />

der Schmerz in wenigen Minuten.<br />

Neben der stabilen und der instabilen Form der Angina<br />

pectoris gibt es noch Sonderformen. Die<br />

Prinzmetal-Angina ist der Brustschmerz, der typischerweise<br />

in Ruhe auftritt und durch eine Gefäßverkrampfung<br />

entsteht. Diese Variante ist allerdings<br />

sehr selten. Die Walk-Through-Angina<br />

pectoris ist dadurch gekennzeichnet, dass, nachdem<br />

die Schmerzschwelle überwunden ist, der<br />

Patient trotz fortgesetzter körperlicher Tätigkeit<br />

keinen weiteren Brustschmerz verspürt. Der Begriff<br />

Angina decubitus bezeichnet eine Angina,<br />

die vorwiegend in Ruhe, besonders nächtlich –<br />

beim flachen Liegen – auftritt.<br />

<strong>17</strong>


Ist es wirklich Angina pectoris?<br />

Die koronare <strong>Herz</strong>erkrankung ist eine lebensbedrohliche<br />

Krankheit. Aber ihr Verlauf ist durch<br />

rechtzeitige Diagnose und Therapie gut zu beeinflussen.<br />

Der entscheidende Schritt ist, dass das<br />

Warnsignal Angina pectoris richtig gedeutet wird.<br />

Schon die genaue Schilderung der Beschwerden<br />

liefert gute Hinweise. Das Vorliegen von Risikofaktoren<br />

(Rauchen, erhöhtes Cholesterin, Bluthochdruck,<br />

Diabetes, <strong>Herz</strong>infarkte in der Familie)<br />

erleichtert die richtige Diagnosestellung. Die Aufgabe<br />

des Arztes ist es, die Beschwerden als Durchblutungsstörung<br />

des <strong>Herz</strong>ens festzustellen oder<br />

auszuschließen.<br />

Das EKG ist dazu das erste und am weitesten verbreitete<br />

Hilfsmittel. Da bei der stabilen Angina in<br />

Ruhe keine Beschwerden und damit auch keine<br />

Durchblutungsstörungen vorliegen, hilft das EKG<br />

in Ruhe meist nicht weiter. Das Belastungs-EKG,<br />

durchgeführt im Liegen oder Sitzen auf dem Fahrrad<br />

oder bei Belastung auf einem Laufband ist geeignet,<br />

eine Durchblutungsstörung zu erkennen.<br />

Wenn bedeutsame Verengungen der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

vorliegen, gelingt es, anhand von EKG-Veränderungen<br />

die Durchblutungsstörung in etwa 80 %<br />

zu sichern. In Zweifelsfällen kann durch eine nuklearmedizinische<br />

Methode (Szintigraphie) oder eine<br />

Ultraschall-Untersuchung unter Belastung (Stress-<br />

18<br />

Angina pectoris<br />

keine<br />

Arteriosklerose Arteriosklerose<br />

akuter <strong>Herz</strong>tod<br />

Jahrzehnte Minuten<br />

Normal Asymptomatische<br />

Arteriosklerose<br />

<strong>Herz</strong>infarkt<br />

Symptomatische<br />

Arteriosklerose<br />

Verlauf der koronaren <strong>Herz</strong>erkrankung von der Gefäßwandveränderung über die Gefäßeinengung (stabile<br />

Angina) bis zum Gefäßverschluss (instabile Angina, <strong>Herz</strong>infarkt)<br />

(nach Assmann)<br />

echo) oder eine Untersuchung mit der Kernspintomographie<br />

(Stress-MRT) weitere Klärung herbeigeführt<br />

werden. Leider erreicht man mit allen<br />

Methoden keine 100%ige Sicherheit. Zusätzlich<br />

gibt es auch falsch positive Befunde, d. h. ein<br />

scheinbar krankhafter Befund im Belastungs-EKG<br />

besonders bei Frauen, der sich später nicht bestätigen<br />

lässt. Die einzige Methode zur sicheren Bestätigung<br />

oder zum Ausschluss einer <strong>Herz</strong>kranzgefäßverengung<br />

ist die <strong>Herz</strong>katheteruntersuchung.<br />

Mittels neuer Computertomographiegeräte kann<br />

auch ohne <strong>Herz</strong>katheter bei einigen z. B. jüngeren<br />

Patienten die Diagnose <strong>heute</strong> sicher gestellt<br />

oder ausgeschlossen werden.<br />

Wann wird es gefährlich?<br />

Die stabile Angina selbst ist nicht akut lebensbedrohlich.<br />

Sie ist nur eine meist länger anhaltende<br />

Phase der koronaren <strong>Herz</strong>erkrankung, die aber<br />

später zum <strong>Herz</strong>infarkt oder plötzlichen <strong>Herz</strong>tod<br />

führen kann. Daher ist sie ernst zu nehmen. Bei<br />

rechtzeitiger Diagnose kann man durch Änderung<br />

des Lebensstils und durch Medikamente sowie<br />

auch durch eine Ballondilatation (PTCA) oder Bypass-Operation<br />

das Risiko günstig beeinflussen.<br />

Die Ballondilatation weitet die Engstellen auf, die<br />

Bypass-Operation überbrückt sie.


Die Therapie ist genauso wichtig für die Patienten,<br />

bei denen die Warnsignale fehlen, d. h. die eine<br />

Durchblutungsstörung ohne Angina pectoris bekommen.<br />

Besonders Patienten, die an Diabetes<br />

leiden und dadurch häufig weniger Schmerzempfindung<br />

haben, wird man sehr konsequent behandeln,<br />

da sie ein besonders hohes Risiko haben,<br />

dass ihre Erkrankung fortschreitet.<br />

Gefährlich wird es in jedem Fall, wenn der jahrelang<br />

bekannte Schmerzcharakter sich wandelt.<br />

Das heißt, wenn<br />

1. die Intensität oder<br />

2. die Dauer oder<br />

3. die Häufigkeit der Schmerzanfälle sich ändern<br />

4. oder wenn der Brustschmerz bereits bei minimaler<br />

Belastung oder in Ruhe auftritt.<br />

In den ersten drei Fällen ist eine sofortige Vorstellung<br />

beim Kardiologen oder in der Klinik notwendig.<br />

Wenn aber der Brustschmerz bei kleinsten Belastungen<br />

oder in Ruhe auftritt, ist das ein besonderes<br />

Alarmzeichen. Dann sollten Sie sofort die 112<br />

oder die örtliche Notrufnummer anrufen, damit<br />

Sie unverzüglich in ein Krankenhaus eingewiesen<br />

werden (siehe: Ein Notfall: instabile Angina<br />

pectoris, S. 23).<br />

Therapie mit Medikamenten<br />

Die Behandlung der stabilen Angina verfolgt zwei<br />

Ziele: die Beherrschung der Angina-Schmerzen<br />

und das Verhüten von Komplikationen.<br />

Die gute Wirkung von Nitroglycerin (genauer:<br />

Glyceroltrinitrat) auf die Angina pectoris ist schon<br />

seit mehr als 100 Jahren bekannt. Nitroglycerin ist<br />

sowohl für die Akutbehandlung eines Angina<br />

pectoris-Anfalls geeignet als auch zur Vorbeugung<br />

eines Anfalls.<br />

Rentner Albert P. ist 78 Jahre und noch sehr rüstig.<br />

Vor zehn Jahren hatte er nach einem kleinen<br />

<strong>Herz</strong>infarkt eine Bypass-Operation. Seitdem geht<br />

es ihm eigentlich gut. Nur wenn er den steilen<br />

Berg auf seinem täglichen Spaziergang im Winter<br />

zu schnell angeht oder wenn er eine Ansprache<br />

vor seinem Kegelclub halten soll, bekommt er<br />

wieder Angina pectoris. Er kennt diese Situation<br />

genau und hat den Rat seines Arztes befolgt, eine<br />

viertel Stunde vorher eine Nitrokapsel zu zerbeißen.<br />

Seitdem meistert er auch diese Situationen ohne<br />

Schmerzen.<br />

Die Wirkung wird erzielt über eine Gefäßerweiterung<br />

und damit Verbesserung des Blutflusses sowie<br />

eine Entlastung des <strong>Herz</strong>ens. Ein akuter Angi-<br />

19


na pectoris-Anfall lässt sich schon in wenigen Minuten<br />

durch Zerbeißen einer Nitrokapsel oder<br />

durch ein bis zwei Hub Nitrospray beherrschen. Zur<br />

Dauerbehandlung werden spezielle Nitroaufbereitungen<br />

eingesetzt, die zu einer verzögerten Freisetzung<br />

des Wirkstoffs führen (retard). Allerdings<br />

tritt sehr rasch im Körper ein Gewöhnungseffekt<br />

ein, der die Wirksamkeit einschränkt. Deshalb<br />

wird bei der Dosierung ein sogenanntes nitratfreies<br />

Intervall eingehalten, indem z. B. nur morgens<br />

und mittags Nitrate verordnet werden und auf eine<br />

Gabe am Abend verzichtet wird. Ähnlich wie Nitrate<br />

wirkt Molsidomin, ohne dass aber eine Pause<br />

eingehalten werden muss. Die häufigste Nebenwirkung<br />

von Nitroglycerinpräparaten ist der<br />

Kopfschmerz, der meist nach fortgesetzter Ein-<br />

20<br />

nahme wieder verschwindet. Ein günstiger Einfluss<br />

auf die Prognose der Erkrankung ist von Nitroglycerin<br />

nicht zu erwarten.<br />

Die zweite Substanzgruppe, die sowohl die Beschwerden<br />

lindert als auch prognostisch günstig ist,<br />

sind die Betarezeptorenblocker. Sie senken den<br />

Sauerstoffbedarf des <strong>Herz</strong>ens, indem sie die Wirkung<br />

der Stresshormone (Adrenalin, Noradrenalin)<br />

dämpfen. Dies führt gleichzeitig zu einer Senkung<br />

des Blutdrucks und der Pulsrate. Besonders unter<br />

Belastung macht sich der Therapieeffekt bemerkbar.<br />

Eingeschränkt ist der Einsatz dieser sehr<br />

gut geprüften Medikamentengruppe bei spastischer<br />

Bronchitis oder Asthma bronchiale.


Die dritte Substanzgruppe, die zum Einsatz kommt,<br />

sind die Calciumantagonisten. Die Wirkung wird<br />

erreicht durch eine direkte Weitstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

und Senkung des Blutdrucks. Obwohl<br />

diese Substanzen in letzter Zeit zurückhaltender<br />

gegeben werden, eignen sie sich gut zur Kombination<br />

mit Betablockern. Andere Calciumantagonisten,<br />

die ähnlich wie Betablocker die Pulsrate<br />

senken, werden bei Patienten eingesetzt, bei denen<br />

Betablocker wegen Lungenerkrankungen<br />

nicht gegeben werden können. Die häufigste Nebenwirkung<br />

ist das Anschwellen der Knöchel<br />

(Ödeme). Eine Verbesserung der Prognose ist für<br />

Calciumantagonisten nicht erwiesen.<br />

Neben diesen drei Substanzgruppen, die die Beschwerden<br />

bessern, gibt es Medikamente, die sich<br />

Warum hat dieser Mann einen<br />

Angina pectoris-Anfall? Hier<br />

kommt alles zusammen, was<br />

schon einzeln einen Anfall auslösen<br />

kann: Er hat gerade üppig<br />

gegessen, er geht hinaus in die<br />

Kälte, muss sich anstrengen, steht<br />

unter Stress.<br />

günstig auf das Fortschreiten der Erkrankung und<br />

damit die Prognose auswirken. Zur Standardtherapie<br />

aller Patienten mit koronarer <strong>Herz</strong>erkrankung<br />

gehört <strong>heute</strong> die Gabe von niedrig dosierter<br />

(100 mg) Acetylsalicylsäure (ASS), die eine Blutverdünnung<br />

bewirkt, indem sie eine Verklebung<br />

der Blutplättchen unterdrückt. Immer wichtiger<br />

werden die Cholesterinsynthese-Hemmer (sogenannte<br />

Statine), die nicht nur das schädliche Cholesterin<br />

senken, sondern auch noch direkt positive<br />

Effekte auf die arteriosklerotischen Veränderungen<br />

der Gefäßwand ausüben. Eine Wirkung<br />

auf die Gefäßwand, die die Prognose verbessert,<br />

ist auch bei den sogenannten ACE-Hemmern nachgewiesen.<br />

21


Welche Medikamente im Einzelnen für den individuellen<br />

Patienten geeignet sind, muss jeweils<br />

der behandelnde Arzt entscheiden.<br />

Als optimale Therapie gilt <strong>heute</strong>, wenn die Patienten<br />

mit allen vier Medikamenten ASS, Betablockern,<br />

Statinen und ACE-Hemmern behandelt werden.<br />

Eine Wirkung von Vitaminen und Knoblauch auf<br />

das Fortschreiten der Erkrankung ist wissenschaftlich<br />

nicht gesichert. Fischöl (Omega-3-Fettsäuren<br />

in einer Dosierung von rund 900 mg/pro Tag)<br />

scheint dagegen den Verlauf der koronaren <strong>Herz</strong>krankheit<br />

günstig zu beeinflussen.<br />

22<br />

Aufdehnen oder operieren?<br />

Es gibt zwei Möglichkeiten, Engstellen in den<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäßen, die die Durchblutung beeinträchtigen,<br />

zu beseitigen:<br />

■ die Ballondilatation (Aufdehnung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße,<br />

auch PTCA oder PCI genannt),<br />

gewöhnlich mit Einsetzen einer Gefäßstütze<br />

(Stent),<br />

■ die Bypass-Operation.<br />

Bei der Ballondilatation wird ein millimeterdünner,<br />

biegsamer Schlauch von der rechten Leistenarterie<br />

oder von der Armarterie aus ins <strong>Herz</strong> geschoben.<br />

Mit Hilfe von Kontrastmitteln werden die<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäße mit ihren Verästelungen röntgenologisch<br />

dargestellt. Die Engstellen werden sichtbar.<br />

Dann wird über einen Führungsdraht ein zusammengefalteter<br />

Ballon in die Engstelle gebracht<br />

und dort mit hohem Druck aufgeblasen. Er drückt<br />

die Ablagerungen in die Gefäßwand und dehnt<br />

das Gefäß auf, so dass das <strong>Herz</strong> wieder ausreichend<br />

durchblutet wird. Heute wird meist ein feines<br />

Metallgeflecht, eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt,<br />

um den Behandlungserfolg zu sichern.<br />

Ein Risiko besteht darin, dass die Gefäßinnenwand<br />

einreißt und eine sofortige Bypass-Operation<br />

notwendig wird (tödliche Komplikationen der<br />

Ballondilatation deutlich unter 1 %).<br />

Ein weiteres Problem ist die Gefahr, dass das Gefäß<br />

in den ersten sechs Monaten sich wieder verengt<br />

und eine erneute Ballondilatation oder eine<br />

Bypass-Operation notwendig wird. Durch das Einsetzen<br />

von Stents, die mit Medikamenten beschichtet<br />

sind, ist dieses Risiko deutlich verringert worden<br />

(unter 10 %).<br />

Bei der Bypass-Operation wird der Brustkorb geöffnet<br />

und die <strong>Herz</strong>chirurgen überbrücken meist<br />

unter Einsatz der <strong>Herz</strong>-Lungen-Maschine die Engstelle<br />

durch andere körpereigene Adern. Dafür<br />

werden Arterien aus der Brustwand oder den Armen<br />

oder Venen aus den Beinen genutzt. Die Offenheitsrate<br />

der arteriellen Bypässe ist entscheidend<br />

besser als die der Venenbypässe.<br />

Die Operation ist relativ sicher: Die Sterblichkeit<br />

liegt bei Patienten unter 75 Jahren, deren <strong>Herz</strong><br />

nicht vorgeschädigt ist, bei etwa 1 %. In 90 bis 95 %<br />

der Fälle gelingt es, die Blutversorgung wiederherzustellen,<br />

von der die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität<br />

der Patienten abhängen.<br />

In jedem einzelnen Fall muss der Vorteil der Ballondilatation<br />

gegenüber der medikamentösen Behandlung<br />

oder einer eventuellen Operation abgewogen<br />

werden.<br />

Fazit<br />

Die stabile Angina ist – wie der Name schon sagt<br />

– ein stabiler Zustand im Arterioskleroseprozess der<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäße. Damit sich daraus keine lebensbedrohliche<br />

Situation entwickelt, ist der wichtigste<br />

Schritt die richtige Deutung der Beschwerden.<br />

Zu häufig werden die Warnsignale falsch gedeutet,<br />

sie werden auf die Bronchien oder das Alter geschoben,<br />

weil man es natürlich nicht wahrhaben<br />

will, herzkrank zu sein. Nur wenn die Signale richtig<br />

verstanden werden, kann dem <strong>Herz</strong>infarkt entgegengewirkt<br />

werden. Es gibt <strong>heute</strong> gute Möglichkeiten,<br />

den schicksalhaften Verlauf zu beeinflussen<br />

und ein (fast) normales Leben zu führen.<br />

Das beginnt aber mit dem Arztbesuch, gefolgt von<br />

einer Umstellung der Lebensweise, die einen entscheidenden<br />

Einfluss auf den Fortgang der Krankheit<br />

hat. Medikamente und Eingriffe am <strong>Herz</strong>en<br />

(Operation, Ballondilatation) unterstützen diese<br />

Maßnahmen, heilen aber nicht die Erkrankung.


Ein Notfall: instabile Angina pectoris<br />

Koronare <strong>Herz</strong>krankheit (II.)<br />

PD Dr. med. Andreas van de Loo, Prof. Dr. med. Christoph Bode, Abteilung Innere Medizin III, Kardiologie<br />

und Angiologie, Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik Freiburg<br />

Angina pectoris ist gekennzeichnet<br />

durch Schmerzen,<br />

die die Patienten als drückend,<br />

brennend, im Brustkorb<br />

ziehend oder wie ein<br />

Stein lastend empfinden.<br />

Wichtig ist der Unterschied<br />

zwischen stabiler und instabiler<br />

Angina pectoris.<br />

Während die stabile Angina<br />

pectoris ernst zu nehmen<br />

ist, aber nicht unmittelbar<br />

das Leben bedroht, kann<br />

sich aus der instabilen Angina<br />

in kurzer Zeit ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

entwickeln. Die instabile<br />

Angina pectoris ist einer<br />

der häufigsten Notfälle in<br />

der Medizin. Dabei kommt<br />

es darauf an, dass der Patient<br />

und seine Umgebung<br />

sehr schnell reagieren. Das<br />

können sie nur, wenn sie<br />

die instabile Angina pectoris<br />

erkennen.<br />

Wie erkenne ich die<br />

instabile Angina pectoris?<br />

Die Schmerzorte sind bei beiden Formen der Angina<br />

pectoris gleich: Die Schmerzen treten im<br />

Brustkorb auf. Sie können in beide Arme, den<br />

Bauch, zwischen die Schulterblätter und in den<br />

Unterkiefer ausstrahlen (s. S. <strong>16</strong>).<br />

Eine stabile Angina pectoris ist dadurch charakterisiert,<br />

dass die Schmerzen bei einer bestimmten<br />

Belastung (z. B. immer nach Treppensteigen über<br />

Abb. 1: EKG bei instabiler Angina pectoris.<br />

Die Hinterwand der linken <strong>Herz</strong>kammer<br />

ist von der Minderversorgung betroffen.<br />

zwei Etagen) auftreten. Wenn<br />

ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß stark verengt<br />

ist, nämlich zu mehr als<br />

70 %, wird der <strong>Herz</strong>muskel bei<br />

Belastung nicht mehr ausreichend<br />

durchblutet: daher die<br />

Beschwerden. In Ruhe verschwinden<br />

sie bei der stabilen<br />

Angina pectoris nach wenigen<br />

Minuten.<br />

Dagegen handelt es sich um<br />

eine instabile Angina pectoris,<br />

wenn<br />

1. die Intensität<br />

2. oder die Dauer<br />

3. oder die Häufigkeit der<br />

Schmerzanfälle zunimmt<br />

4. oder wenn der Brustschmerz<br />

bereits bei kleinsten<br />

Belastungen oder in<br />

Ruhe auftritt.<br />

In den ersten drei Fällen ist<br />

eine sofortige Vorstellung beim<br />

Kardiologen oder in der Klinik<br />

notwendig.<br />

Wenn aber der Brustschmerz bei kleinsten Belastungen<br />

oder in Ruhe auftritt, ist das ein besonderes<br />

Alarmzeichen, das die sofortige Einweisung<br />

ins Krankenhaus erforderlich macht. Ein solcher<br />

Zustand kann sich nicht nur aus einer stabilen Angina<br />

heraus entwickeln, sondern bei bisher Gesunden<br />

neu auftreten.<br />

Dann darf man nicht zögern, sondern sofort den<br />

Notruf 112 oder örtliche Notrufnummer wählen<br />

(s. S. 34).<br />

23


Ein Beispiel: Das hatte Christian L. noch nie erlebt:<br />

Er saß wie jeden Morgen an seinem Schreibtisch,<br />

aber in seiner Brust drückte ein brennender<br />

Schmerz, der bis in die Fingerspitzen ausstrahlte.<br />

Christian L. war ratlos, bisher hatte er sich für<br />

gesund gehalten. Obwohl er Angst hatte, dachte er:<br />

„Am besten warten, das kann ja nur besser werden.“<br />

Aber seine Sekretärin, die seine Schmerzen beobachtet<br />

hatte, handelte: Sie rief den Rettungswagen.<br />

Das war richtig. Der Rettungswagen war in<br />

wenigen Minuten da und brachte Christian L. in<br />

die Klinik, wo durch schnelles Eingreifen der Ärzte<br />

ein <strong>Herz</strong>infarkt verhindert werden konnte.<br />

Auch wenn bei einer bisher stabilen Angina pectoris<br />

Häufigkeit, Dauer oder Intensität der Anfälle<br />

deutlich zunehmen, ist das nicht leicht zu nehmen:<br />

Es bedarf einer sofortigen Abklärung beim Kardiologen<br />

oder in der Klinik.<br />

Wie entsteht eine<br />

instabile Angina pectoris?<br />

Die Grundkrankheit der <strong>Herz</strong>kranzgefäße, die zur<br />

Entwicklung einer instabilen Angina pectoris führt,<br />

ist die Arteriosklerose. Dieser Begriff beschreibt<br />

einen Prozess, bei dem – begünstigt durch Risikofaktoren<br />

(Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel,<br />

erhöhte Cholesterinspiegel, Bluthochdruck<br />

u. a.) – Cholesterin sich in die Gefäßwand<br />

einlagert und die Wand sich örtlich entzündet. So<br />

entsteht eine sogenannte Plaque, die zunehmend<br />

den Innendurchmesser einer Arterie verengt.<br />

Die örtliche Zunahme der Entzündungsreaktion<br />

24<br />

Beginnende Gerinnselbildung auf einer Plaque, die eingerissen ist.<br />

in der Gefäßwand kann dann zu einem Riss in der<br />

membrandünnen Schicht führen, welche die cholesterinreiche<br />

Plaque, die als instabil bezeichnet wird,<br />

vom strömenden Blut trennt. Die nun freiliegende<br />

Gefäßoberfläche aktiviert das Gerinnungssystem<br />

des strömenden Bluts. Blutplättchen (Thrombozyten)<br />

lagern sich der geschädigten Gefäßinnenhaut<br />

(Endothel) an. Durch dieses Haften der Thrombozyten<br />

an der Gefäßinnenwand kommt es zu einer<br />

zunehmenden Verstärkung der Aktivierung<br />

des Gerinnungssystems mit rascher Anlagerung<br />

weiterer Thrombozyten und der Ausbildung eines<br />

blättchenreichen Gerinnsels in der <strong>Herz</strong>kranzarterie.<br />

Diese Gerinnselbildung führt zum teilweisen<br />

Verschluss des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes, zur instabilen<br />

Angina pectoris, oder zum vollständigen Verschluss<br />

des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes, zum <strong>Herz</strong>infarkt.<br />

In der Folge kommt es zur Ausschwemmung kleinerer<br />

Teile in die nachgeordneten Äste des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes.<br />

Der Gefäßabschnitt, in dem die<br />

Plaque reißt, ist nicht notwendigerweise höhergradig<br />

verengt. Der Nachweis einer solchen Plaque<br />

mit drohendem Einriss (instabile Plaque) ist mit<br />

den Möglichkeiten der Koronarangiographie (d. h.<br />

der röntgenologischen Darstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße)<br />

nicht möglich. Neue Verfahren wie die Ultraschalluntersuchung<br />

im <strong>Herz</strong>kranzgefäß (intravaskulärer<br />

Ultraschall, IVUS) oder die Kernspintomographie<br />

(MRT) vermögen es in Einzelfällen, instabile<br />

Plaques zu erkennen.<br />

Da der Übergang zwischen der instabilen Angina<br />

pectoris und dem <strong>Herz</strong>infarkt fließend ist, spricht<br />

die Medizin <strong>heute</strong> in beiden Fällen von akutem<br />

Koronarsyndrom.


Diagnose<br />

Wenn typische Beschwerden den Verdacht auf<br />

eine instabile Angina pectoris nahelegen, kann<br />

der Arzt in der Regel mit Hilfe der typischen Veränderungen<br />

des Elektrokardiogramms (EKG) die<br />

Diagnose sichern (Abb. 1). Neue biochemische<br />

Marker, die eine Schädigung des <strong>Herz</strong>muskels zeigen<br />

(z. B. Troponin T/I), haben sich dabei als hilfreich<br />

erwiesen. Sie dienen <strong>heute</strong> nicht nur zur Sicherung<br />

der Diagnose, sondern auch zur Planung<br />

der Behandlungsstrategie.<br />

Therapie<br />

Das Ziel der Behandlung einer instabilen Angina<br />

pectoris ist es,<br />

■ zu verhindern, dass die instabile Angina pectoris<br />

sich zu einem <strong>Herz</strong>infarkt entwickelt,<br />

■ die Beschwerden möglichst schnell zu lindern,<br />

■ den Schaden am <strong>Herz</strong>muskel möglichst gering<br />

zu halten.<br />

Das heißt: Die medikamentöse Therapie zielt einerseits<br />

darauf, das Missverhältnis von Sauerstoffangebot<br />

und Sauerstoffbedarf am <strong>Herz</strong>en zu verbessern,<br />

andererseits die Gerinnselbildung in der<br />

<strong>Herz</strong>kranzader zu verhindern.<br />

Wenn die Diagnose einer instabilen Angina pectoris<br />

gestellt wird, so muss der Arzt den Patienten<br />

informieren und ihm mitteilen, dass eine Krankenhauseinweisung<br />

umgehend notwendig ist, um<br />

einen drohenden <strong>Herz</strong>infarkt abzuwenden. Er<br />

wird den betroffenen Patienten bequem lagern<br />

und eine venöse Kanüle plazieren, so dass die<br />

Gabe von wirksamen Medikamenten über Infusionen<br />

möglich wird.<br />

Medikamentöse Behandlung<br />

Die Substanzgruppe der Betablocker (Bisoprolol,<br />

Metroprolol, Atenolol) wird seit Jahren in der Therapie<br />

der instabilen Angina pectoris eingesetzt.<br />

Ihr Nutzen in der Behandlung gilt als gesichert.<br />

Sie senken den Sauerstoffverbrauch des <strong>Herz</strong>ens<br />

und lindern häufig auch die Schmerzen.<br />

Eine weitere, bei instabiler Angina pectoris wirksame<br />

Medikamentengruppe sind die Nitrate. Ihr Ein-<br />

satz beruht im wesentlichen auf der guten klinischen<br />

Erfahrung mit dieser Medikamentengruppe. Wissenschaftlich<br />

überzeugende Studien über Form<br />

und Dauer der Anwendung der Nitrate bei instabiler<br />

Angina pectoris liegen nicht vor.<br />

Calciumantagonisten sollten in der Regel nicht<br />

gegeben werden. In Spezialfällen kommen sie in<br />

Frage, wenn Betablocker wegen Begleiterkrankungen,<br />

wie z. B. Asthma bronchiale, nicht gegeben<br />

werden können.<br />

Da die Gerinnselbildung in der <strong>Herz</strong>kranzader fatale<br />

Folgen hat, muss die Therapie in das Gerinnungssystem<br />

eingreifen, um den <strong>Herz</strong>infarkt zu<br />

verhindern:<br />

Für Acetylsalicylsäure (ASS) konnte gezeigt werden,<br />

dass die Zahl der <strong>Herz</strong>infarkte bei Patienten<br />

mit instabiler Angina pectoris deutlich gesenkt<br />

werden konnte, wenn den Patienten frühzeitig<br />

ASS gegeben worden war. Die Dosis lag zwischen<br />

75 und 325 mg pro Tag. Aufgrund dieser Erfahrungen<br />

wird allen Patienten mit der Verdachtsdiagnose<br />

instabile Angina pectoris Acetylsalicylsäure<br />

so früh wie möglich verabreicht. Sie hemmt das<br />

Zusammenklumpen der Blutplättchen und verhindert<br />

so das Fortschreiten der Gerinnselbildung.<br />

Patienten, die eine Unverträglichkeit gegenüber<br />

Acetylsalicylsäure haben, erhalten ersatzweise<br />

Clopidogrel. Der Wirkungsmechanismus ist dem<br />

des ASS ähnlich, jedoch nicht gleich. Neue Studien<br />

beschreiben eine Kombination von Aspirin<br />

und Clopidogrel als besonders wirkungsvoll.<br />

Eine neue Substanzgruppe, die das Verklumpen der<br />

Blutplättchen verhindert, hat die Behandlung der<br />

instabilen Angina pectoris in den letzten Jahren<br />

ganz entscheidend beeinflusst. Diese neuen Medikamente<br />

blockieren gezielt die Oberflächenstruktur<br />

der Blutplättchen, welche für das Verklumpen<br />

verantwortlich sind (Glykoprotein IIb/IIIa-<br />

Rezeptor-Antagonisten). Drei Substanzen sind zur<br />

Zeit in Deutschland zugelassen und in der klinischen<br />

Anwendung: Abciximab, Tirofiban und Eptifibatide.<br />

Medikamente dieser Substanzgruppe sind in zahlreichen<br />

Untersuchungen bei der instabilen Angina<br />

pectoris geprüft worden. Insbesondere als zusätzliche<br />

Therapie bei Ballondilatation und/oder<br />

beim Einsetzen eines Stents, d. h. mit einer Ge-<br />

25


fäßstütze, konnte ihre herausragende<br />

Bedeutung nachgewiesen werden.<br />

Man kann <strong>heute</strong> davon ausgehen, dass<br />

ihr Einsatz die Häufigkeit von Komplikationen<br />

(Entwicklung eines <strong>Herz</strong>infarkts,<br />

Notwendigkeit erneuter Eingriffe oder<br />

Operationen) halbiert. Vor allem diejenigen Patienten,<br />

bei denen erhöhte Werte des Markers Troponin<br />

I oder Troponin T im Blut nachgewiesen<br />

wurden, sollten <strong>heute</strong> nach den Empfehlungen<br />

der amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften<br />

mit einer dieser Substanzen behandelt<br />

werden. Dies gilt gerade dann, wenn ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß<br />

aufgedehnt (Ballondilatation) oder ein<br />

Stent eingesetzt wird.<br />

Eine weitere Substanzgruppe gegen die Gerinnselbildung<br />

sind die Heparine. Die sogenannten niedermolekulären<br />

Heparine sind in der Klinik einfacher<br />

zu steuern, da ihre Wirksamkeit nicht regelmäßig<br />

kontrolliert werden muss. Sie entspricht der<br />

der sogenannten unfraktionierten Heparine, welche<br />

in die Venen als Dauerinfusion verabreicht<br />

werden müssen.<br />

Wahrscheinlich ist eine frühzeitige Therapie mit<br />

Lipidsenkern (Statine) ebenfalls sehr wirkungsvoll,<br />

wobei der Effekt dieser Medikamentengruppe<br />

über die Cholesterinsenkung hinausgeht.<br />

Die Thrombolysetherapie, die eine entscheidende<br />

Rolle in der Behandlung des akuten <strong>Herz</strong>infarkts<br />

spielt, wird bei Patienten mit instabiler Angina<br />

pectoris grundsätzlich nicht eingesetzt, weil sie<br />

sich in großen Studien nachteilig für die Patienten<br />

erwies.<br />

26<br />

Abb. 2: Darstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

eines Patienten mit instabiler Angina. Man<br />

sieht eine hochgradige, exzentrische Verengung<br />

der rechten <strong>Herz</strong>kranzader im mittleren<br />

Drittel des Gefäßverlaufs. Rechts im<br />

Kreis: vergrößerter Ausschnitt.<br />

Abb. 3: Acht Monate vor dem Auftreten der instabilen<br />

Angina pectoris konnte man keine bedeutsamen<br />

Wandveränderungen erkennen.<br />

Abb. 4: Darstellung der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

nach einer Aufdehnung<br />

der Gefäße (Ballondilatation)<br />

und Einsetzen einer<br />

Gefäßstütze (Stent).<br />

Eingriffe mit<br />

<strong>Herz</strong>katheter<br />

Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass Patienten<br />

mit instabiler Angina pectoris in besonderem<br />

Maße von einer frühzeitigen <strong>Herz</strong>katheteruntersuchung<br />

profitieren. Dann kann sofort mit<br />

Hilfe der Ballondilatation und/oder dem Einsetzen<br />

eines Stents die Verengung im betroffenen Koronargefäß<br />

beseitigt werden. Die Vorteile dieses<br />

Verfahrens konnten in großen Studien (FRISC II,<br />

Tactics) eindrucksvoll belegt werden. Insbesondere<br />

die Patienten mit erhöhten Werten von Troponin<br />

I oder Troponin T sollten kurzfristig einer<br />

<strong>Herz</strong>katheteruntersuchung zugeführt werden. Besonders<br />

günstig erwies sich zudem die frühzeitige<br />

Behandlung mit einem Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten,<br />

kombiniert mit einer anschließenden<br />

baldigen Ballondilatation mit Einsetzen<br />

eines Stents.<br />

Dabei wird wie folgt verfahren: Über eine Arterie<br />

in der Leiste oder am Handgelenk wird zunächst<br />

eine Sonde (Katheter) zum <strong>Herz</strong>en geführt und<br />

Kontrastmittel eingespritzt. Es lässt sich nun beurteilen,<br />

wo eine Verengung im Koronargefäßsystem<br />

vorliegt. Darüber hinaus kann man die Form<br />

(kurzstreckig, sanduhrförmig, Anhalt für Wandeinriss<br />

oder Gerinnselbildung), die Lagebeziehung<br />

zu Teilungsstellen (abgangsnah) und die<br />

Größe des betroffenen Gefäßes abschätzen (Abb. 2<br />

und 3).


Abb. 5: Ein Patient mit instabiler<br />

Angina: Der Hauptstamm der<br />

linken <strong>Herz</strong>kranzader ist hochgradig<br />

eingeengt (Pfeil). Dieser<br />

Patient muss operiert werden.<br />

Weiterhin werden die nicht betroffenen<br />

<strong>Herz</strong>kranzadern und die Funktion<br />

der linken <strong>Herz</strong>kammer beurteilt.<br />

Aufgrund dieser Befunde plant der erfahrene<br />

Untersucher seinen Eingriff. Ziel ist es, die Verengung,<br />

die für die instabile Angina pectoris<br />

verantwortlich ist, so weit wie möglich zu beseitigen.<br />

Unmittelbar im Anschluss an die Diagnostik<br />

kann in den meisten Fällen die kritische Verengung<br />

geweitet werden. Hierfür wird ein Führungskatheter<br />

im Abgang der <strong>Herz</strong>kranzader aus der<br />

Hauptschlagader plaziert. Durch diesen führt man<br />

einen feinen Draht im Gefäß über die Engstelle<br />

hinaus. Der Draht dient als Schiene für den Ballon,<br />

der <strong>heute</strong> in vielen Fällen bereits an der Spitze<br />

eine Gefäßstütze (Stent) trägt. Durch Dehnen des<br />

Ballons wird der Stent in die Gefäßwand eingedrückt<br />

und hält diese offen (direct stenting), (Abb.<br />

4). Die Qualität des Ergebnisses hängt stark von der<br />

Erfahrung des Untersuchers und seines Teams mit<br />

diesen Eingriffen ab.<br />

Patienten mit instabiler Angina pectoris, die so<br />

versorgt sind, können in der Regel bald wieder<br />

aus der stationären Behandlung entlassen werden.<br />

Bypass-Operation<br />

Wenn dieses Verfahren nicht möglich ist, wird oft<br />

eine Bypass-Operation notwendig. Das betrifft<br />

insbesondere Patienten, bei denen die Koronarangiographie<br />

eine hochgradige Verengung des<br />

Hauptstammes des linken Koronarsystems (Abb. 5)<br />

gezeigt hat.<br />

Auch Patienten, bei denen mehrere <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

schon längere Zeit verschlossen sind, werden<br />

die Ärzte oft eine rasche Bypass-Operation<br />

empfehlen.<br />

Den Rückfall verhindern<br />

Wie kann man einem erneuten<br />

Auftreten einer instabilen Angina<br />

pectoris vorbeugen?<br />

Neben der medikamentösen<br />

Therapie, welche mindestens<br />

aus ASS (100 mg/Tag) besteht,<br />

wird die Einnahme eines Medikamentes<br />

zur Senkung des<br />

Blutfettspiegels empfohlen (Lipidsenker,<br />

Statine). Neuere Daten<br />

zeigen, dass ACE-Hemmer<br />

(Ramipril) sich positiv auf den Verlauf der Krankheit<br />

auswirken. Die bekannten Risikofaktoren<br />

(Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, erhöhte<br />

Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, fette Ernährung,<br />

Zuckerkrankheit u. a.) müssen für den einzelnen<br />

Patienten erkannt und soweit möglich behandelt<br />

werden. Wir wissen <strong>heute</strong>, dass durch<br />

konsequente Beeinflussung dieser Faktoren ein<br />

Fortschreiten der Arteriosklerose so verlangsamt<br />

oder aufgehalten werden kann, dass eine erneute<br />

instabile Angina pectoris in vielen Fällen vermieden<br />

wird.<br />

Was ist ein Akutes<br />

Koronarsyndrom (ACS)?<br />

Ein <strong>Herz</strong>infarkt entsteht, wenn ein Blutgerinnsel<br />

ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß vollständig verschließt,<br />

so dass Teile des <strong>Herz</strong>muskels nicht mehr mit<br />

Blut versorgt werden können und absterben.<br />

Heute verwendet die Medizin einen neuen Begriff:<br />

Akutes Koronarsyndrom. Dazu gehört der<br />

<strong>Herz</strong>infarkt, ebenso wie die instabile Angina<br />

pectoris. Beide sind dadurch verursacht, dass<br />

eine Plaque (eine fetthaltige Ablagerung) aufbricht,<br />

sich ein Blutgerinnsel bildet und das Gefäß<br />

vollständig (<strong>Herz</strong>infarkt) oder teilweise (instabile<br />

Angina) verschließt.<br />

Die Übergänge zwischen der instabilen Angina<br />

und dem <strong>Herz</strong>infarkt sind fließend. Aus der instabilen<br />

Angina kann sich jederzeit ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

entwickeln. Deshalb darf keine Zeit verloren<br />

werden.<br />

27


Es war fast Mitternacht, als Klaus G. von seiner<br />

Geschäftsreise aus den USA zurückkam. Seine<br />

Frau sah sofort, dass es ihm nicht gut ging. Er<br />

sah fahl und erschöpft aus. Während er sich sonst<br />

zu ihr setzte, von seiner Reise berichtete und<br />

danach fragte, wie es ihr und den Kindern inzwischen<br />

ergangen sei, hatte er jetzt nur einen Wunsch,<br />

sich sofort hinzulegen. „Ich fühle mich nicht wohl“,<br />

sagte er, „und plötzlich habe ich scheußliche<br />

Schmerzen in der Brust und im Arm. Die Reise war<br />

anstrengend und das lange unbequeme Sitzen<br />

im Flugzeug. Es wird schon besser werden.“ Aber<br />

besser wurde es nicht, sondern beunruhigend<br />

schlechter. Gerda G. war ratlos, aber dann fiel<br />

ihr ein: Schmerzen in der Brust und im Arm,<br />

Übelkeit, fahle Hautfarbe: War das nicht ein <strong>Herz</strong>infarkt?<br />

Ihr nächster Gedanke war, den Hausarzt anzurufen.<br />

Der kannte ihren Mann. Zu ihm hatte sie<br />

volles Vertrauen. Aber inzwischen war es drei Uhr<br />

geworden – eine Zeit, in der man ihn doch unmöglich<br />

aus dem Schlaf reißen konnte. So wartete sie<br />

voller Angst bis kurz nach sechs. Auf ihren Anruf<br />

kam der Arzt sofort, aber helfen konnte er nicht<br />

mehr. Es war zu spät.<br />

Zeit ist Leben<br />

Aus diesem traurigen Fall ist eines zu lernen: Bei<br />

Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt kann man nicht zuwarten,<br />

schon gar nicht in der Nacht auf den Morgen, am<br />

Wochenende auf den Montag. Das lässt die Dramatik<br />

der Situation nicht zu.<br />

Ein <strong>Herz</strong>infarkt bedeutet, dass ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß<br />

durch ein Gerinnsel verschlossen wird. Dadurch ist<br />

ein Teil des <strong>Herz</strong>muskels von der Sauerstoffzufuhr<br />

abgeschnitten: daher die Schmerzen, daher<br />

die Übelkeit.<br />

Zwei große Gefährdungen bringt der <strong>Herz</strong>infarkt<br />

mit sich. In den ersten Stunden danach ist das <strong>Herz</strong><br />

28<br />

<strong>Herz</strong>infarkt – ein Wettlauf mit der Zeit<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker, Hanau<br />

besonders anfällig für Störungen der <strong>Herz</strong>schlagfolge.<br />

Bedrohlich ist das sogenannte Kammerflimmern,<br />

bei dem das <strong>Herz</strong> mehr als 300 mal in<br />

der Minute schlägt. Wird diese Rhythmusstörung<br />

nicht sofort behoben, kommt es zu einem totalen<br />

Kreislaufzusammenbruch. Ursache ist eine unzureichende<br />

Füllung der <strong>Herz</strong>kammern durch die<br />

schnelle <strong>Herz</strong>schlagfolge. Diese Rhythmusstörung<br />

ist unabhängig von der Größe des <strong>Herz</strong>infarkts<br />

und kann auch bei einem kleinen <strong>Infarkt</strong> vorkommen.<br />

Schnelle Hilfe bringt der Defibrillator, der<br />

die <strong>Herz</strong>rhythmusstörung elektrisch beseitigt.<br />

Sowohl dem Notarzt im Rettungswagen (112 oder<br />

örtliche Notrufnummer) wie jeder Klinik stehen<br />

Defibrillatoren zur Verfügung.<br />

Die andere Gefahr, die ein <strong>Herz</strong>infarkt mit sich<br />

bringt, ist das Pumpversagen des <strong>Herz</strong>ens. Je länger<br />

der <strong>Herz</strong>infarkt andauert, desto mehr <strong>Herz</strong>muskelgewebe<br />

geht unwiederbringlich verloren.<br />

Die heutige Medizin hat zwei Möglichkeiten, die<br />

Durchblutung im <strong>Herz</strong>en wiederherzustellen: Einmal<br />

dadurch, dass Medikamente das Gerinnsel<br />

auflösen oder dass das verstopfte Gefäß mit einem<br />

Ballonkatheter wieder geöffnet und aufgedehnt<br />

wird. Heute weiß man, dass die Kathetermaßnahmen<br />

bei akutem <strong>Infarkt</strong> besser sind als die sogenannte<br />

Lysetherapie. Die Katheterintervention ist aber<br />

in Deutschland nicht überall verfügbar. An einem<br />

flächendeckenden Angebot, bei dem Rettungswagen<br />

beim <strong>Herz</strong>infarkt nur Kliniken anfahren, die täglich<br />

eine 24-Stunden-Katheterbereitschaft haben,<br />

wird gearbeitet. Auf jeden Fall gilt – gleich welche<br />

Behandlungsmethode eingesetzt wird – je früher<br />

eingegriffen wird, desto größer sind die Lebenschancen<br />

des Patienten.<br />

Die beiden großen Risiken des <strong>Herz</strong>infarkts, Kammerflimmern<br />

und Untergang von <strong>Herz</strong>muskelgewebe,<br />

erfordern, dass der Patient so schnell wie möglich<br />

in eine Klinik eingeliefert wird.


Der schnellste Weg<br />

Der Notarzt-Rettungswagen ist der schnellste Weg<br />

ins Krankenhaus. Er ist auf Notfälle spezialisiert, ist<br />

mit den Beschwerden und Risiken des <strong>Herz</strong>infarkts<br />

vertraut. Der Rettungswagen steht Tag und<br />

Nacht auch an Sonn- und Feiertagen zur Verfügung<br />

und er ist mit einem Defibrillator ausgerüstet,<br />

der eine lebensbedrohende <strong>Herz</strong>rhythmusstörung<br />

beenden kann. Wichtig ist, den Verdacht<br />

auf <strong>Herz</strong>infarkt deutlich zu äußern und die Beschwerden<br />

klar zu beschreiben, damit die Leitstelle weiß,<br />

dass es sich wirklich um einen Notfall handelt.<br />

Mit einem Funkgerät kann vom Rettungswagen<br />

aus die Klinik schon benachrichtigt werden, so<br />

dass dort ein Kathetereingriff oder eine Lyse vorbereitet<br />

werden kann. In günstigen Fällen kann<br />

auf diese Weise schon in einer Stunde das Gerinnsel<br />

aufgelöst werden.<br />

Gerda G. aber hatte beim <strong>Herz</strong>infarkt ihres Mannes<br />

nur an den Hausarzt gedacht. Hätte sie den<br />

Rettungswagen angerufen, wäre er wahrscheinlich<br />

gerettet worden. Aber genauso hätten viele<br />

andere gehandelt, denn der Hausarzt ist der wichtigste<br />

Ansprechpartner besonders für Patienten,<br />

die an einer chronischen Krankheit wie Angina<br />

pectoris leiden.<br />

Aber wenn keine Zeit zu verlieren ist, steht der<br />

Hausarzt nicht immer zur Verfügung. Das gilt nicht<br />

nur in der Nacht. Auch am Tag wird der Patient nicht<br />

erwarten können, dass der Arzt seine Sprechstunde<br />

unterbricht. Oft gelangt der Patient oder seine<br />

Angehörigen nur bis zur Sprechstundenhilfe. Für<br />

die Sprechstundenhilfe ist es bei den vielen Telefonaten<br />

pro Tag sehr schwer, die Dringlichkeit<br />

der Situation zu erkennen. Es kann z. B. vorkommen,<br />

dass sie sagt: „Der Doktor ist gerade in einer<br />

Untersuchung. Ab 15.00 Uhr beginnt unsere Mittagssprechstunde,<br />

ab 18.00 Uhr macht der Doktor<br />

Hausbesuche.“ Auf diese Art gehen viele Stunden<br />

verloren, in denen die verheerenden Folgen des<br />

<strong>Herz</strong>infarkts sich entwickeln und das Leben kosten<br />

können. Selbst wenn der Hausarzt kommt,<br />

kann er nichts anderes tun, als die 112 anzurufen.<br />

Ein ähnliches Problem besteht mit dem ärztlichen<br />

Notdienst/Bereitschaftsdienst, der oft mit dem<br />

Notarztwagen/Rettungswagen verwechselt wird.<br />

Der ärztliche Notdienst ist nachts und an Feiertagen<br />

für alle medizinischen Probleme – vom Blinddarm<br />

bis zur Migräne zuständig. Die Ärzte sind<br />

überlastet. Sie müssen deshalb viel per Telefon<br />

erledigen. Wenn ein solcher Arzt im Notdienst<br />

dann doch zu einem <strong>Herz</strong>infarktpatienten kommt,<br />

wird er den Rettungswagen rufen, um den Patien-<br />

29


ten in die Klinik zu bringen. Der Anruf beim ärztlichen<br />

Notdienst/Bereitschaftsdienst, ebenso wie<br />

der Anruf beim Hausarzt ist ein Umweg, der wertvolle<br />

Zeit verbraucht. Daher gilt es, bei Verdacht<br />

auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Rettungswagen/Notarztwagen<br />

zu rufen: 112 oder die örtliche Notrufnummer.<br />

Denn<br />

■ dann können lebensbedrohliche <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />

sofort beendet werden, und<br />

■ der Rettungswagen ist der schnellste Weg zu<br />

einer wirkungsvollen Behandlung des <strong>Infarkt</strong>s.<br />

Jede Minute zählt.<br />

30<br />

Das sind Alarmzeichen!<br />

■ schwere, länger als 5 Minuten anhaltende Schmerzen im<br />

Brustkorb, die in Arme, Schulterblätter, Hals, Kiefer, Oberbauch<br />

ausstrahlen können<br />

■ starkes Engegefühl,<br />

heftiger Druck im<br />

Brustkorb, Angst<br />

■ zusätzlich zum<br />

Brustschmerz:<br />

Luftnot, Übelkeit,<br />

Erbrechen<br />

Zu Fuß ins Krankenhaus?<br />

Immer wieder beobachten wir in der Notaufnahme<br />

Patienten, die mit einem <strong>Herz</strong>infarkt selbst in<br />

die Klinik gehen oder gar ihren eigenen Wagen<br />

gefahren haben. Davor kann nur gewarnt werden.<br />

Die körperliche Belastung verschlimmert die<br />

Folgen des <strong>Infarkt</strong>s und durch Autofahren setzt<br />

der vom <strong>Herz</strong>infarkt Betroffene nicht nur sein eige-<br />

■ Schwächeanfall<br />

(auch ohne<br />

Schmerz), evtl.<br />

Bewusstlosigkeit<br />

■ blasse, fahle<br />

Gesichtsfarbe,<br />

kalter Schweiß<br />

Achtung:<br />

Bei Frauen sind<br />

■ Luftnot, Übelkeit,<br />

Schmerzen im<br />

Oberbauch,<br />

Erbrechen nicht<br />

selten alleinige<br />

Alarmzeichen<br />

nes Leben, sondern auch das von anderen aufs<br />

Spiel.<br />

Von Ausnahmefällen abgesehen muss auch davon<br />

abgeraten werden, dass Angehörige oder Freunde<br />

mit ihrem Auto den Patienten in die Klinik fahren,<br />

weil während des Transports Kammerflimmern<br />

auftreten kann.<br />

Unbedingt EKG<br />

Oft kommt der Patient nicht selbst auf den Verdacht<br />

<strong>Herz</strong>infarkt – besonders wenn er vorher nie<br />

Probleme mit dem <strong>Herz</strong>en gehabt hat.<br />

Ruth L. (58) spürte plötzlich Schmerzen im Brustkorb<br />

und im Rücken zwischen den Schulterblättern.<br />

Außerdem war ihr übel. Sie hat bisher noch<br />

nie eine ernsthafte Krankheit gehabt und einen großen<br />

Haushalt versorgt. Da sie manchmal – wie<br />

die meisten Leute – mit den Bandscheiben Probleme<br />

hatte, ging sie zum Orthopäden, der die<br />

Beschwerden für harmlos hielt. Sie bekam Rheumamittel<br />

verordnet, die jedoch nicht halfen. Sie fühl-


te sich auch in der Nacht und am nächsten Tag<br />

nicht gut und konnte nicht arbeiten, was für sie<br />

ungewöhnlich war. Nochmals rief sie den Orthopäden<br />

an, der aber zu keiner anderen Entscheidung<br />

kam. Inzwischen hatte sie immer wieder<br />

Brustkorbbeschwerden und allgemeine Schwäche.<br />

Nach zwei Tagen suchte sie ihren Hausarzt<br />

auf, der sofort mit Hilfe des EKGs einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />

feststellte. Mit dem Krankenwagen wurde<br />

sie in die Klinik gebracht. Da schon zu viel Zeit abgelaufen<br />

war, hatte der <strong>Infarkt</strong> schon großen Schaden<br />

angerichtet.<br />

Was wäre in diesem Fall richtig gewesen? Die<br />

Erfahrung sagt, dass bei neu auftretenden Brustschmerzen<br />

immer auch an den <strong>Herz</strong>infarkt zu denken<br />

ist, und das muss immer sofort abgeklärt werden.<br />

Der Orthopäde hätte gleich veranlassen sollen,<br />

dass ein EKG beim Hausarzt, beim Internisten<br />

oder in der Klinik geschrieben wird. Auch wenn<br />

die Brustschmerzen mit Magenschmerzen oder<br />

Übelkeit verbunden sind, gilt, es muss darauf gedrungen<br />

werden, dass ein EKG geschrieben wird.<br />

Ärzte und Patienten müssen lernen, ein Auge auf<br />

das <strong>Herz</strong> zu haben.<br />

Jede Minute zählt<br />

Paul G. kegelte, als ihn plötzlich ein starker Brustschmerz<br />

überfiel. Er fühlte sich wie in einem<br />

Schraubstock und in ihm breitete sich das Gefühl<br />

der Bedrohung aus. Seine Freunde versuchten<br />

ihn zu beruhigen: „Leg‘ dich hin und lass‘ dir<br />

heißen Tee geben.“ Aber Paul G. erinnerte sich<br />

an eine Radiosendung, in der die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung<br />

über den <strong>Herz</strong>infarkt aufgeklärt hatte,<br />

und verlangte, dass sofort ein Arzt geholt wurde.<br />

Der Arzt fand die Situation nicht bedrohlich.<br />

Paul G. aber hatte Angst und erinnerte sich an den<br />

Slogan der <strong>Herz</strong>stiftung: <strong>Herz</strong>infarkt – jede Minute<br />

zählt. So bestand er darauf, dass seine Frau<br />

ihn sofort in die Klinik fuhr. Dort stellte sich heraus,<br />

dass er recht hatte: <strong>Herz</strong>infarkt. Eine Bal-<br />

londilatation, die das Gefäß öffnete, wurde sofort<br />

eingeleitet. Es war so wenig Zeit seit dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />

vergangen, dass es möglich war, den <strong>Herz</strong>muskel<br />

fast vollständig zu retten. Paul G. kann weiter<br />

voll als Marketingleiter arbeiten, er segelt und<br />

fährt Ski. Durch sein konsequentes Handeln hat<br />

der <strong>Herz</strong>infarkt ihm nichts anhaben können.<br />

Damit das so bleibt, achtet er auf einen gesunden<br />

Lebensstil.<br />

Hilfe durch die Nächsten<br />

Nicht immer sind Patienten, die einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />

erleiden, in der Lage, energisch zu handeln wie<br />

Paul G. Oft sind sie so von Schmerzen gepeinigt<br />

und von Schwäche übermannt, dass sie zu Entscheidungen<br />

nicht mehr fähig sind und nur in<br />

Ruhe gelassen werden wollen. Dann müssen die<br />

Lebensgefährten, die Familie, die Freunde oder<br />

wer gerade anwesend ist, sich für die schnelle Rettung<br />

des Patienten einsetzen.<br />

Nach der Erfahrung der Ärzte sind Frauen meistens<br />

besser in der Lage, die Gefährdung ihres Partners<br />

zu erkennen. Allerdings kommt es auch immer<br />

wieder vor, dass Frauen sich von dem Wunsch<br />

ihres Partners „Ich will keinen Arzt“ einschüchtern<br />

lassen und dadurch die Chance für eine schnelle<br />

Rettung versäumt wird.<br />

Ein großes Problem ist es, dass viele Patienten<br />

Warnzeichen schon Wochen und Monate vor<br />

einem <strong>Infarkt</strong> nicht wahrnehmen. Oft haben Patienten,<br />

die ihren <strong>Herz</strong>infarkt als Blitz aus heiterem<br />

Himmel schildern, wenn man sie genau befragt, schon<br />

längst vorher beim Treppensteigen, Bergwandern,<br />

Rennen zum abfahrenden Zug Schmerzen im<br />

Brustkorb oder Brustenge gespürt (s. S. 15). Sie<br />

haben diese <strong>Herz</strong>beschwerden verdrängt, sie auf<br />

„die Bronchien“ oder „das Alter“ geschoben, weil<br />

sie sie als <strong>Herz</strong>schmerzen nicht wahrnehmen wollten.<br />

Wenn wir lernen, auf diese Warnzeichen aufmerksam<br />

zu achten, könnte ein großer Teil der<br />

<strong>Herz</strong>infarkte vermieden werden.<br />

31


32<br />

Warum so spät?<br />

Noch immer zögern viele Patienten beim <strong>Herz</strong>infarkt<br />

viel zu lange, bis sie den Rettungswagen anfordern.<br />

Viele warten Stunden, manche bis zu drei<br />

Tagen. Die mittlere Zeit liegt bei mehr als drei<br />

Stunden.<br />

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />

Emnid, die die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung in Auftrag<br />

gegeben hatte, gaben zwar 78 % der Befragten<br />

an, bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Notruf<br />

zu alarmieren. Aber die Wirklichkeit sieht anders<br />

aus. Die Patienten warten oft Stunden. Offenbar<br />

besteht zwischen Wollen und Tun eine große<br />

Kluft, die vielen Patienten das Leben kostet.<br />

Wie lässt sich das erklären? Um dieser Frage auf den<br />

Grund zu gehen, hat die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung<br />

die Arbeitsgemeinschaft Leitender Kardiologischer<br />

Krankenhausärzte e.V. (ALKK) befragt. Die dort behandelnden<br />

Ärzte halten zwei Gründe für ausschlaggebend:<br />

Natürlich haben wir uns<br />

gründliche Gedanken gemacht,<br />

wie wir unsere zentrale<br />

Botschaft am besten und eindrücklichsten<br />

vermitteln. Hier<br />

ein paar Varianten aus den<br />

<strong>Herz</strong>wochen 2003 und 2005,<br />

die wir durchgespielt haben.<br />

■ Die Patienten verdrängen die Beschwerden<br />

und hoffen, dass diese von selbst besser werden.<br />

■ Und die Betroffenen wollen den Arzt/Notarzt/Rettungsdienst<br />

nicht stören.<br />

Warum so spät? Dieser Frage ist Dr. Michael Kentsch,<br />

Itzehoe, mit seiner Arbeitsgruppe nachgegangen.<br />

Sie befragten in einer Studie 739 <strong>Infarkt</strong>patienten.<br />

Das mittlere Alter dieser Patienten betrug 65,3 Jahre,<br />

30 % der Patienten waren Frauen. Die Ergebnisse<br />

dieser Befragung zeigen, welche Verhaltensweisen<br />

beim <strong>Herz</strong>infarkt so lange zögern lassen.<br />

Zwar wussten 93,3 % der Patienten, dass ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

tödlich sein kann. Aber 43,9 % der Patienten,<br />

die dachten, es könnte ein <strong>Herz</strong>infarkt sein, entschieden<br />

sich trotz dieses Wissens zu spät, nämlich<br />

nach mehr als einer Stunde, medizinische Hilfe<br />

zu rufen. Das zeigt, wie sehr eine innere Blockade<br />

verhindert, theoretisches Wissen über den <strong>Herz</strong>infarkt<br />

in Handeln umzusetzen.<br />

Als besonders gefährlich erwies sich die Einstellung<br />

Ich wollte erst einmal abwarten. Eine weitere fol-


genschwere Hemmung, den Rettungswagen zu<br />

holen, war der Gedanke Ich wollte niemanden<br />

belästigen. Auch wer die Beschwerden nicht ernst<br />

nahm oder glaubte, dass sich die Beschwerden<br />

besserten, handelte meist zu spät. Überraschend war,<br />

dass jene Patienten, die bereits einen <strong>Infarkt</strong> hinter<br />

sich hatten, nicht rascher reagierten als Patienten<br />

mit dem ersten <strong>Infarkt</strong>. Steigerten sich die<br />

Beschwerden nur langsam, rafften sich die Patienten<br />

besonders spät dazu auf Hilfe anzufordern.<br />

Sehr starke Schmerzen brachten nicht alle Patienten<br />

dazu, sich schnell zu entscheiden. Stark verzögernd<br />

wirkte die Einnahme von Schmerzmitteln.<br />

Oft wurde die Entscheidung, in die Klinik zu<br />

gehen, verschleppt, wenn die Patienten glaubten,<br />

dass die Beschwerden sich vorübergehend besserten.<br />

Insgesamt zeigt diese Studie, dass die Einstellung<br />

zu Beschwerden sehr stark die Chancen<br />

des Patienten, einen <strong>Herz</strong>infarkt zu überleben,<br />

beeinflusst.<br />

Zum Hintergrund schreibt der Psychosomatiker<br />

Dr. Andreas Werner: „Die unbewusste Verzögerung<br />

für die Inanspruchnahme medizinischer Hilfe<br />

wird bei jedem einzelnen Patienten aus unterschiedlichen<br />

Quellen gespeist. Wichtigste Quelle<br />

ist die Angst. Je größer die Angst vor der Bedrohung<br />

des <strong>Herz</strong>infarkts ist, umso stärker ist die unbewusste<br />

Verleugnungshaltung ausgeprägt. Ursachen<br />

der Angst beim <strong>Herz</strong>infarkt sind die Angst<br />

vorm Sterben, die Angst vor Invalidität, die Angst<br />

um den Arbeitsplatz, den Lebensunterhalt oder<br />

die Angst, sozial isoliert zu werden.<br />

In diesem Bereich psychischer Prozesse hilft Aufklärung<br />

der verschiedenen Medien nur unzureichend.<br />

In vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem<br />

behandelnden Arzt kann der Versuch zum Angstabbau<br />

gemacht werden, wenn dies der Arzt rechtzeitig<br />

erkennt. Dieser Prozess ist sicher nicht einfach.“<br />

(Mehr dazu S. 36: Die innere Blockade)<br />

(ot.)<br />

33


<strong>Herz</strong>infarkt bedeutet Lebensgefahr. Alarmieren<br />

Sie bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Rettungsdienst<br />

mit Notarzt (112). Der <strong>Infarkt</strong> kann lebensbedrohliche<br />

<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen auslösen<br />

und führt zum Untergang von <strong>Herz</strong>gewebe.<br />

Jeder dritte Mensch mit einem <strong>Herz</strong>infarkt stirbt, bevor<br />

er die rettende Klinik erreicht. Deshalb muss<br />

sofort reagiert werden.<br />

Die schnelle Behandlung in der Klinik bewahrt<br />

das <strong>Herz</strong> vor schweren Schäden. Vorausgesetzt:<br />

Betroffene oder Angehörige alarmieren umgehend<br />

den Rettungsdienst.<br />

Keine Scheu vor Fehlalarm<br />

Niemand ruft gern den Rettungsdienst. Deshalb<br />

warten viele Menschen erst einmal ab, ob die Beschwerden<br />

wieder von allein verschwinden. Doch<br />

genau das ist beim Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt falsch.<br />

Warten hat in dieser lebensgefährlichen Situation<br />

nichts zu suchen! Bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt gibt<br />

es nur eins:<br />

Sofort den Rettungswagen rufen!<br />

Fehler vermeiden<br />

In dieser Situation Ruhe zu bewahren, ist leichter<br />

gesagt als getan. Auf Folgendes sollten Sie achten:<br />

Nicht warten<br />

Viele Patienten zögern vor allem in der Nacht und<br />

am Wochenende, den Rettungsdienst zu rufen.<br />

Niemals in der Nacht auf den Morgen warten, niemals<br />

am Samstag oder Sonntag auf den Montag.<br />

Rettungswagen alarmieren und Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt<br />

äußern<br />

Bei einem <strong>Herz</strong>infarkt geht es nicht um einen ärztlichen<br />

Rat oder eine normale Behandlung, die<br />

34<br />

Was tun im Notfall?<br />

Stunden Zeit hat. Beim <strong>Herz</strong>infarkt zählt jede Minute.<br />

Ohne Zeitverzögerung müssen Betroffene<br />

ins rettende Krankenhaus gebracht werden. Sie<br />

verlieren wertvolle Zeit, wenn Sie zunächst beim<br />

Hausarzt oder bei Verwandten oder Nachbarn anrufen.<br />

Wählen Sie 112<br />

Wählen Sie die 112 oder die örtliche Notrufnummer.<br />

Wichtig ist, dass Sie sofort den Verdacht auf<br />

<strong>Herz</strong>infarkt deutlich äußern, dann wird Ihnen umgehend<br />

ein Rettungswagen geschickt. Dieser ist<br />

mit einem Defibrillator ausgestattet, mit dem die lebensbedrohlichen<br />

<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen (Kammerflimmern)<br />

beendet werden können.<br />

Sagen Sie Ihren Namen, Ihre Adresse und hinterlassen<br />

Sie Ihre Telefonnummer für Rückfragen.<br />

Beim Notruf nicht vorzeitig auflegen<br />

Immer wieder gehen bei Leitstellen Notrufe ein<br />

wie: „Kommen Sie sofort, mein Mann/meine Frau<br />

ist zusammengebrochen“, und ohne die Adresse<br />

anzugeben, wird der Hörer eingehängt. Folglich weiß<br />

der Rettungswagen nicht, wohin er fahren soll.<br />

Warten Sie daher immer ab, ob noch Rückfragen<br />

kommen. Das Gespräch beendet die Leitstelle.<br />

Ärztlicher Notdienst ist kein Rettungsdienst<br />

Immer wieder führt der Name „ärztlicher Not- bzw.<br />

Bereitschaftsdienst“ zu Missverständnissen. Dabei<br />

handelt es sich nicht, wie viele annehmen, um<br />

den Notarzt im Rettungswagen, sondern um einen<br />

Dienst, der an Wochenenden und Feiertagen<br />

oder auch nachts den Hausarzt ersetzt, z.B. wenn<br />

bei Grippe oder schwerer Migräne ärztliche Hilfe<br />

benötigt wird. Es dauert oft lange, bis der ärztliche<br />

Bereitschaftsdienst kommen kann und wenn<br />

er eintrifft, kann er nur die 112 alarmieren. Deshalb<br />

diesen Umweg meiden und direkt die 112 wählen.


Dieses Motiv machte schließlich das Rennen, in erster Linie,<br />

da hier die richtige Handlung – den Notruf zu wählen – am<br />

markantesten formuliert ist.<br />

Nicht mit dem Auto in die Klinik<br />

Menschen mit einem <strong>Herz</strong>infarkt lassen sich immer<br />

wieder von Freunden, Bekannten oder Verwandten<br />

ins Krankenhaus fahren. Mancher Betroffene<br />

setzt sich sogar selbst ans Steuer. Das sollte man auf<br />

keinen Fall tun! Tritt das lebensbedrohliche Kammerflimmern<br />

auf, kann nur der Defibrillator helfen,<br />

mit dem jeder Rettungswagen ausgestattet ist.<br />

Außerdem: Bereits zu Hause wird der Patient vom<br />

Rettungsdienst versorgt und wenn er im Rettungswagen<br />

eingeliefert wird, setzt in der Regel die Therapie<br />

schon im Rettungswagen, spätestens aber<br />

in der Klinik wesentlich schneller ein. Nur die Patienten,<br />

die schnell kommen, profitieren von den<br />

Fortschritten der modernen <strong>Infarkt</strong>therapie mit<br />

Ballondilatation oder Lyse.<br />

Notrufnummern<br />

Ein Problem: Die 112 ist in Deutschland nicht<br />

flächendeckend mit den Rettungsleitstellen<br />

verbunden. In Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg<br />

und Bayern ist die Notrufnummer<br />

die 19222. Ruft man die 112 an, gelangt<br />

man zur Feuerwehr oder zur Polizei<br />

und wird dann sofort weiterverbunden.<br />

Was viele jedoch nicht wissen: Mit dem Handy<br />

sollte man immer die 112 anrufen, denn die<br />

19222 ohne Ortsvorwahl führt ins Leere. Dagegen<br />

ist, wenn man die 112 mit dem Handy<br />

wählt, bundesweit keine Vorwahl nötig. Wer<br />

unterwegs ist, kennt im Notfall die richtige<br />

Ortsvorwahl oft nicht. Auch ist die Ortsvorwahl<br />

nicht einheitlich geregelt: Im Saarland, gleich<br />

wo man ist, muss man mit dem Handy immer<br />

die Vorwahl von Saarbrücken (0681)<br />

wählen.<br />

Unser Rat: Vom Handy aus nur die 112.<br />

35


Die Fortschritte der Medizin sind spektakulär. Das<br />

gilt auch für die Behandlung des <strong>Herz</strong>infarkts.<br />

Allerdings: Erfolgreich sind die neuen Verfahren<br />

nur, wenn die Patienten rechtzeitig in die Klinik<br />

kommen. <strong>Herz</strong>infarkt – Jede Minute zählt! Obwohl<br />

die <strong>Herz</strong>stiftung seit langem große Aufklärungsaktionen<br />

durchführt, hat sich die Zeit von Beginn der<br />

Beschwerden bis zum Erreichen der Klinik (Prähospitalzeit)<br />

nicht verkürzt. Im Gegenteil: Sie ist seit<br />

1995 im Durchschnitt von <strong>16</strong>6 Minuten auf 190<br />

Minuten angestiegen.<br />

Interessant ist folgendes: Die <strong>Herz</strong>stiftung hat<br />

durch eine repräsentative Umfrage (EMNID) ermittelt,<br />

dass die meisten nicht nur die Symptome des<br />

<strong>Herz</strong>infarkts kennen, sie behaupten auch (78 %),<br />

bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort den Notarzt (112)<br />

anrufen zu wollen. Aber die Wirklichkeit sieht<br />

anders aus. Die Patienten warten meist Stunden.<br />

Zwischen Wissen und Handeln im Notfall besteht<br />

eine Kluft, die vielen das Leben kostet.<br />

■ Mit Wissen ist es eben nicht getan. Das sieht<br />

man an Patienten, die schon einmal einen <strong>Herz</strong>infarkt<br />

gehabt haben. Sie brauchen oft länger als<br />

die Patienten, die der <strong>Herz</strong>infarkt zum ersten<br />

Mal trifft.<br />

Kenne Deine <strong>Infarkt</strong>zeichen! Ein Patient, der<br />

den zweiten <strong>Infarkt</strong> erleidet, kennt sie mit Sicherheit.<br />

Wenn er es nicht am eigenen Leib gemerkt<br />

hat, so weiß er es von anderen Patienten, z. B.<br />

in der Reha, von den tausend Gesprächen, die<br />

nachher geführt werden. An der Unkenntnis<br />

der <strong>Infarkt</strong>symptome kann es also nicht liegen,<br />

dass zu lange gewartet wird. Dieses Zögern<br />

lässt sich möglicherweise dadurch erklären,<br />

dass ein Ereignis, das massiv lebensbedrohend<br />

36<br />

Die innere Blockade<br />

Warum wir im Notfall so lange warten<br />

Interview mit Karl-Heinz Ladwig,<br />

Professor am Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie<br />

und Medizinische Psychologie der Technischen Universität München<br />

ist, so weit es geht, verleugnet wird. Die <strong>Infarkt</strong>patienten<br />

haben alle eine Geschichte. Aber es<br />

gibt unterschiedliche Geschichten.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

■ Da gibt es die Patienten, bei denen bereits eine<br />

koronare <strong>Herz</strong>krankheit bekannt ist. Aber das<br />

ist die Minderheit. Die machen etwa 35 % der<br />

<strong>Infarkt</strong>fälle aus. Bei den anderen scheint es, als<br />

ob der <strong>Herz</strong>infarkt aus heiterem Himmel gekommen<br />

wäre. Aber das ist ein Ammenmärchen.<br />

Wenn man die Leute genau fragt, ...


■ ... dann kommt oft heraus, dass Tage und<br />

Wochen vor dem <strong>Infarkt</strong> typische Angina pectoris-Beschwerden<br />

auftraten, z. B. Brustschmerzen,<br />

wenn man Treppen hinaufging, Atemnot<br />

beim Wandern, Brennen hinter der Brust, wenn<br />

man in die Kälte hinaustrat – aber das alles wurde<br />

aufs Alter oder die schwachen Bronchien<br />

geschoben.<br />

Neben diesen typischen Beschwerden gibt es<br />

etwas, was ich für fast noch wichtiger halte:<br />

die vitale Erschöpfung.<br />

Was ist darunter zu verstehen?<br />

■ Schon Anfang der 80er Jahre hat der Psychosomatiker<br />

Adrian Appels aus Maastricht eine Arbeit<br />

im European Heart Journal publiziert zu dem<br />

Thema Vitale Erschöpfung. Diese vitale Erschöpfung<br />

sehen wir bei vielen Patienten in den letzten<br />

Monaten vor einem <strong>Infarkt</strong> sehr deutlich.<br />

Appels fragte damals: „Was haben die Frauen bei<br />

ihren Männern vor einem <strong>Infarkt</strong> beobachtet, was<br />

wir mit unseren technischen Untersuchungs-<br />

methoden nicht sehen konnten?“ Die Antwort<br />

lautete: Sie bemerkten einen allgemeinen Leistungsabfall<br />

und damit einen Knick in der Lebenslinie.<br />

Wie zeigt sich diese Veränderung?<br />

■ Besonders gut kann man es bei Persönlichkeiten<br />

sehen, die nach einem Verhaltensmuster<br />

leben, das man früher Typ A genannt hat. Das<br />

ist dieses aggressive, ehrgeizige, leistungsorientierte<br />

Verhalten. Diese Menschen erleben aufgrund<br />

ihrer Persönlichkeit in der Zusammenarbeit<br />

und im Zusammensein mit anderen viel<br />

Reibung sowohl im Beruf als auch im Alltag<br />

und in der Familie. Dieser Reibung müssen sie<br />

standhalten.<br />

Zu irgendeinem Zeitpunkt haben sie die Energie<br />

nicht mehr, bauen ab, fühlen sich wie ausgebrannt,<br />

sie sind zukunftspessimistisch, verlieren<br />

ihre Interessen, sehen Dinge, die ihnen<br />

früher Spaß gemacht haben, als nicht mehr<br />

erstrebenswert an. Auffallend ist, dass Gefühlskälte<br />

entsteht, ein Zustand, den wir Psychosomatiker<br />

emotional freezing nennen. Sie können<br />

mit anderen nicht mehr mitschwingen, sie halten<br />

Nähe nicht mehr aus und haben Schwierigkeiten,<br />

persönliche Beziehungen aufrechtzuerhalten.<br />

Wie gehen solche Menschen mit Krankheit um?<br />

■ Sie sind sehr auf sich konzentriert, das einzige,<br />

auf das sie sich noch verlassen, ist ihr Körper.<br />

Wenn der sie auch noch verlässt, sind sie<br />

ganz allein. Deshalb werden die Warnsymptome<br />

vor einem <strong>Herz</strong>infarkt nicht erkannt und zugelassen.<br />

Der Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt wäre noch eine<br />

weitere Kränkung des Ichs (in der Fachsprache:<br />

narzisstische Kränkung).<br />

Den Typ, den Sie da beschreiben, stelle ich mir<br />

als Banker, Managerin, Arzt, Anwältin, Architekt<br />

vor.<br />

■ So einfach ist das nicht. Diese Art von Verhalten<br />

finden wir in allen sozialen Schichten.<br />

37


Der Druck in der Arbeitswelt ist ja in den letzten<br />

Jahren ständig gewachsen. Das heißt: Immer<br />

mehr Menschen können es nicht zulassen, dass<br />

sie ernsthaft krank sind, denn sie fürchten, ihren<br />

Arbeitsplatz und vielleicht – tiefergehend – ihre<br />

Jugendlichkeit und Unverletzbarkeit zu verlieren.<br />

Diese Angst führt zur Verleugnung der<br />

<strong>Infarkt</strong>symptome.<br />

Aber es gibt in unserer Gesellschaft auch viele Leute,<br />

die nicht unter Stress stehen. Ihr Leben plätschert<br />

dahin. Sie leben ganz ruhig mit ihren Risikofaktoren,<br />

z. B. Übergewicht, Rauchen,<br />

Bewegungsmangel. Auch die warten beim <strong>Herz</strong>infarkt<br />

viel zu lange.<br />

■ Selbst bei diesen ganz normalen Leuten steckt<br />

dahinter die Verleugnung: Ich darf nicht krank<br />

sein. Ich will nicht krank sein und ich kann<br />

es mir nicht leisten krank zu sein. Das ist ein psychologischer<br />

Mechanismus, der zur Nachlässigkeit<br />

oder Achtlosigkeit mit dem eigenen Körper<br />

führt.<br />

Haben Sie auch bei diesen Menschen vor dem<br />

<strong>Infarkt</strong> eine vitale Erschöpfung beobachtet?<br />

■ Allerdings. Ich habe schon vor vielen Jahren<br />

im Bereich Ingolstadt dazu eine Untersuchung<br />

gemacht. Es waren hunderttausend Daten der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung. Wir haben<br />

aus diesen Daten herausgesucht, wer zum ersten<br />

Mal einen <strong>Infarkt</strong> erlitten hat. Diese Gruppe<br />

haben wir uns genau angesehen im Vergleich<br />

mit Patienten, die keinen <strong>Infarkt</strong> hatten.<br />

Was stellte sich heraus? Keine Rede vom <strong>Infarkt</strong><br />

als Blitz aus heiterem Himmel. Viele dieser<br />

Patienten waren in den Monaten vor dem <strong>Infarkt</strong><br />

beim Arzt, besonders in den letzten Tagen davor.<br />

Und was haben sie verschrieben bekommen?<br />

Vorwiegend Schlafmittel und Beruhigungsmittel.<br />

Was blieb den Ärzten in dieser Situation<br />

auch anderes übrig, denn diese Patienten waren<br />

in einem Zustand vitaler Erschöpfung. Sie waren<br />

energielos, niedergeschlagen, depressiv.<br />

38<br />

Wie soll der Arzt darauf reagieren?<br />

■ Der Arzt sollte bei seinen Hochrisikopatienten<br />

darauf achten, ob sich ihre seelische Verfassung<br />

deutlich ändert und sie dann kardiologisch<br />

genau untersuchen.<br />

Wichtig ist auch, dass die Familie des Hochrisikopatienten<br />

ein Auge darauf hat, ob sich eine<br />

depressive Niedergeschlagenheit entwickelt<br />

und dafür sorgt, dass der Patient zum Arzt geht.<br />

Der Arzt kann noch mehr tun: Er kann im Gespräch<br />

den Patienten auf den Notfall vorbereiten und<br />

mit ihm durchsprechen, was zu tun ist.<br />

■ Ja, der Hausarzt, Internist oder Kardiologe sollte<br />

mit Hochrisikopatienten darüber sprechen,<br />

wie sie reagieren sollen, wenn ein <strong>Herz</strong>infarkt<br />

eintritt.


Wenn das ausführlich besprochen ist, und der<br />

Arzt das Problem der Verleugnung, und alles,<br />

was damit zusammenhängt, deutlich gemacht<br />

hat, sind die Chancen größer, dass der Patient<br />

im Notfall sich auf dieses Gespräch besinnt und<br />

gestützt von den Ratschlägen und der Autorität<br />

des Arztes richtig handelt.<br />

Was kann die <strong>Herz</strong>stiftung tun, dass die Menschen<br />

beim <strong>Herz</strong>infarkt die innere Blockade überwinden<br />

und schnell die 112 rufen?<br />

■ Ich sehe immer die großen Plakate der <strong>Herz</strong>stiftung.<br />

Was ich vorschlage: Die <strong>Herz</strong>stiftung sollte<br />

die Kampagne nicht auf die bekannten<br />

Beschwerden wie Brustschmerz und Atemnot<br />

beschränken. Die vitale Erschöpfung, die bei vielen<br />

Menschen dem <strong>Herz</strong>infarkt vorausgeht,<br />

sollte auch angesprochen werden.<br />

Wissen ist wichtig. Gerade ist eine Studie erschienen<br />

über die Bedeutung von Wissen beim Schlaganfall.<br />

Dabei zeigte sich: Je besser die Patienten informiert<br />

waren, desto schneller kamen sie in die<br />

Klinik.<br />

Das Problem ist nur: Viele Leute, die Krankheit<br />

sowieso nicht zulassen können, lassen Informationen<br />

gar nicht erst an sich herankommen.<br />

■ Das sollte die <strong>Herz</strong>stiftung aufgreifen, z. B. mit<br />

einer Kampagne in der <strong>Herz</strong>woche: Der <strong>Herz</strong>infarkt<br />

geht mich nichts an, betrifft mich sowieso<br />

nicht. Ich gehöre zu denen, die das garantiert<br />

nicht kriegen. Die Verleugnung muss zum<br />

Thema gemacht werden.<br />

Das ist eine wichtige Anregung. Sie haben uns<br />

jetzt gesagt, was die <strong>Herz</strong>stiftung tun kann und was<br />

die Ärzte tun sollen.<br />

Aber was würden Sie dem Patienten, der sich über<br />

den Notfall Gedanken macht, direkt raten? Der<br />

fragt sich: „Ich bin zwar informiert, dass ich bei<br />

Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt sofort die 112 anrufen<br />

soll, aber werde ich im Notfall nicht alles verdrängen<br />

und zuwarten, bis es zu spät ist? Was kann ich<br />

tun, um für den Notfall besser gerüstet zu sein?“<br />

■ Da gibt es ein altbewährtes Mittel: darüber<br />

reden. Sprechen Sie mit einem Menschen, dem<br />

Sie vertrauen, darüber, was Sie hemmt.<br />

Zum Beispiel mit dem Ehepartner?<br />

■ Mit der eigenen Frau oder dem eigenen Mann<br />

zu sprechen, ist infolge der großen Nähe oft<br />

nicht leicht. Das kann schief gehen. Mit einem<br />

Freund oder einer guten Freundin ist es vielleicht<br />

einfacher.<br />

Wer weiß, dass er besondere Probleme mit Verleugnung<br />

hat, der sollte fachliche Hilfe suchen.<br />

Das muss keine Psychoanalyse sein, das kann<br />

in einer Gesprächstherapie geschehen. Da kann<br />

dieses Problem aufgearbeitet werden, und man<br />

ist für den <strong>Herz</strong>infarkt besser gerüstet.<br />

Interview: Irene Oswalt<br />

39


Ein <strong>Herz</strong>infarkt bedeutet, dass<br />

ein <strong>Herz</strong>kranzgefäß durch ein<br />

Gerinnsel verschlossen wird.<br />

Dadurch ist ein Teil des <strong>Herz</strong>muskels<br />

von der Sauerstoffzufuhr<br />

abgeschlossen. Der <strong>Herz</strong>infarkt<br />

entsteht, wenn eine<br />

Plaque (s. S. 2 und 24) in den<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäßen reißt, sich<br />

an der offenen Stelle Blutplättchen<br />

anlagern und sich ein<br />

Gerinnsel bildet, das das Gefäß<br />

komplett verschließt. Interessant<br />

ist, dass die Mehrheit<br />

aller <strong>Herz</strong>infarkte im Bereich flacher Gefäßplaques<br />

ohne hochgradige Einengungen entsteht.<br />

Daher erleben viele Patienten auch vor dem <strong>Herz</strong>infarkt<br />

keine Angina pectoris. Bei 62 % der Männer<br />

und 45 % der Frauen wird die koronare <strong>Herz</strong>krankheit<br />

erst durch den <strong>Herz</strong>infarkt entdeckt. Häufig sind<br />

dem eigentlichen <strong>Infarkt</strong> in den letzten Stunden<br />

oder Tagen kurze Schmerzattacken unter geringer<br />

Belastung oder sogar im Ruhezustand vorausgegangen.<br />

Sie wurden aber von den Patienten<br />

übergangen oder fehlgedeutet.<br />

40<br />

Die Therapie des <strong>Herz</strong>infarkts<br />

Dr. med. Henrik Schneider, PD Dr. med. Franz Weber, Prof. Dr. med. Christoph A. Nienaber<br />

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Abteilung Kardiologie und Vaskularmedizin,<br />

Universität Rostock<br />

Blick in die <strong>Herz</strong>kranzarterie mit einem frischen Blutpropf,<br />

der die Ader vollständig verschließt. So entsteht ein <strong>Herz</strong>infarkt.<br />

Die Folgen<br />

des <strong>Infarkt</strong>s<br />

Welche Folgen der <strong>Infarkt</strong><br />

hat, hängt überwiegend<br />

davon ab, an welcher<br />

Stelle der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />

der Verschluss<br />

auftritt. In der<br />

Regel ist der <strong>Infarkt</strong>bereich<br />

umso größer und<br />

der Verlauf umso komplizierter, je näher der Verschluss<br />

am Ursprung des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes liegt.<br />

Verschließt ein Gerinnsel die rechte <strong>Herz</strong>kranzarterie,<br />

stirbt der <strong>Herz</strong>muskel an der Hinterwand ab;<br />

es entsteht ein Hinterwandinfarkt. Die linke <strong>Herz</strong>kranzarterie<br />

versorgt die Vorder- und Seitenwand<br />

des <strong>Herz</strong>ens mit je einem Ast. Wird einer der beiden<br />

Äste betroffen, entsteht ein Vorderwandinfarkt.<br />

Das ist ungünstig, besonders, wenn es sich<br />

um RIVA (Ramus Interventricularis Anterior, s.<br />

S. 41) handelt.


RCA<br />

Gerade in den ersten Stunden nach dem <strong>Infarkt</strong> kann<br />

es zu schweren <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen kommen,<br />

dem Kammerflimmern. Das <strong>Herz</strong> schlägt mehr als<br />

300mal in der Minute, deswegen kann der <strong>Herz</strong>muskel<br />

nur noch flimmern statt pumpen. Es kommt<br />

in wenigen Minuten zum Tod, wenn diese <strong>Herz</strong>rhythmusstörung<br />

nicht sofort dadurch behoben<br />

wird, dass ein elektrischer Schock (Defibrillation)<br />

das <strong>Herz</strong> wieder anwirft. Die Gefährdung durch<br />

Kammerflimmern ist ein Grund für die große Eile,<br />

die bei einem <strong>Herz</strong>infarkt geboten ist.<br />

Die andere Folge des <strong>Infarkt</strong>s ist der Untergang<br />

von <strong>Herz</strong>muskelzellen. Dieser Untergang zieht<br />

sich über viele Stunden hin. Die Pumpleistung<br />

des <strong>Herz</strong>ens wird beeinträchtigt. Chronische <strong>Herz</strong>schwäche<br />

ist die Folge. Als weitere Komplikationen<br />

kann der <strong>Herz</strong>infarkt einen Riss des <strong>Herz</strong>muskels,<br />

Defekte an den <strong>Herz</strong>klappen oder einen kardiogenen<br />

Schock mit sich bringen. In der Regel<br />

werden Folgen und Komplikationen eines <strong>Herz</strong>infarkts<br />

umso schwerwiegender, je später eine effiziente<br />

Therapie eingeleitet wird.<br />

Aorta<br />

LCA<br />

RIVA<br />

RCX<br />

Die Blutversorgung des <strong>Herz</strong>muskels erfolgt<br />

über Äste der rechten und linken <strong>Herz</strong>kranzgefäße:<br />

RCA = rechte <strong>Herz</strong>kranzarterie,<br />

LCA = linke <strong>Herz</strong>kranzarterie, RIVA =<br />

vorderer absteigender Ast der linken<br />

<strong>Herz</strong>kranzarterie, RCX = umschlingender<br />

Ast der linken <strong>Herz</strong>kranzarterie.<br />

Wie erlebt der Patient den <strong>Infarkt</strong>?<br />

Ein <strong>Herz</strong>infarkt kann den Betroffenen im Schlaf, bei<br />

normaler körperlicher Belastung oder beruflicher<br />

Tätigkeit und zu jeder Tages- und Nachtzeit ereilen.<br />

Gehäuft treten <strong>Herz</strong>infarkte in den frühen<br />

Morgen- sowie frühen Nachmittagsstunden auf.<br />

Ein starker, anhaltender Brustschmerz, der sich<br />

weder durch Hinlegen noch durch Nitrate beenden<br />

lässt, ist das typische Zeichen für einen <strong>Herz</strong>infarkt.<br />

Die Patienten sprechen von einem Stein auf<br />

der Brust oder von dem Gefühl, durch eiserne<br />

Banden oder einen zu engen Gürtel eingeschnürt<br />

zu sein. Sie haben ein heftiges Vernichtungsgefühl<br />

mit Brennen, Brustenge, Druck auf der Brust<br />

– meist hinter dem Brustbein. In 40 % der Fälle<br />

sind die Brustschmerzen linksseitig, in 20 % auf<br />

der rechten Seite. Oft kommt es dabei zur Schmerzausstrahlung<br />

in den linken (30 %) oder rechten<br />

Arm (20 %), in Rücken, Hals und Unterkiefer (je<br />

10 %). In der Hälfte der Fälle tritt Luftnot auf oder<br />

auch Oberbauchschmerzen (25 – 30 %). Begleitet<br />

41


wird der <strong>Herz</strong>infarkt oft von Angst, Unruhe,<br />

Schweißausbruch und gelegentlicher Übelkeit.<br />

Bei Frauen sind Luftnot, Übelkeit, Schmerzen im<br />

Oberbauch, Erbrechen nicht selten alleinige Alarmzeichen.<br />

(Alarmzeichen: s. S. 30)<br />

Die hier geschilderten Beschwerden können jedoch<br />

auch weniger eindrucksvoll auftreten oder sogar<br />

ganz fehlen. Bis zu 20 % der <strong>Infarkt</strong>patienten,<br />

häufig Diabetiker, zeigen keine typischen Beschwerden,<br />

sondern nur ein vorübergehendes Unwohlsein<br />

(Kreislaufschwäche).<br />

Was ist zu tun?<br />

Bei Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt ist keine Zeit zu verlieren.<br />

Der Patient, seine Angehörigen, Freunde<br />

oder wer immer zugegen ist, sollten nicht den<br />

Hausarzt anrufen, der für diesen Notfall nicht die<br />

richtige Adresse ist, sondern sofort die Notrufnummer<br />

112. Der Verdacht auf <strong>Herz</strong>infarkt muss gegenüber<br />

der Leitstelle klar ausgesprochen werden,<br />

damit ein Notarzt mit Rettungswagen ge-<br />

42<br />

Das EKG zeigt einen ST-Hebungsinfarkt (STEMI) der <strong>Herz</strong>hinterwand.<br />

schickt wird, der den Patienten vor dem plötzlichen<br />

<strong>Herz</strong>tod mit seinem Defibrillator schützen<br />

kann und so ausgerüstet ist, dass Diagnose und<br />

Behandlung des <strong>Infarkt</strong>s sofort eingeleitet werden.<br />

Schon in der Wohnung, am Arbeitsplatz oder wo<br />

immer der <strong>Herz</strong>infarkt auftritt, wird der Notarzt<br />

ein EKG anfertigen und zusammen mit der Beurteilung<br />

der Beschwerden und der Risikofaktoren,<br />

die einen <strong>Herz</strong>infarkt wahrscheinlich machen, einen<br />

<strong>Herz</strong>infarkt ausschließen oder sofort den Transport<br />

ins Krankenhaus veranlassen. Wesentlich ist<br />

dabei die Auswahl eines Krankenhauses, das in<br />

der Lage ist, die bestmögliche Therapie zu realisieren<br />

(s. S. 45).<br />

Schon jetzt gibt der Notarzt dem Patienten Medikamente:<br />

z.B. Heparin, ASS, Schmerz- und Beruhigungsmittel.<br />

Kommt es vor Eintreffen des Notarztes<br />

zum Stillstand von <strong>Herz</strong> und Atmung, soll sofort<br />

mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen<br />

werden. Das kann unter Umständen das Leben<br />

des Betroffenen retten.


Wie wird der <strong>Herz</strong>infarkt erkannt?<br />

Notarzt und Klinik stützen ihre Diagnose des <strong>Herz</strong>infarkts<br />

auf typische Veränderungen des EKGs,<br />

auf die typischen Beschwerden des Patienten und<br />

bestimmte Laborbefunde.<br />

Labor: Labortests können den Untergang von <strong>Herz</strong>muskelzellen<br />

belegen und dadurch den Nachweis<br />

für die Diagnose <strong>Herz</strong>infarkt (in der Fachsprache:<br />

akutes Koronarsyndrom) erbringen. Zum<br />

Einsatz kommen biochemische Marker wie Myoglobin,<br />

Troponin T, Troponin I, CKMB. Ergebnisse<br />

dieser Tests sind erst zwei bis vier Stunden nach<br />

Beginn des <strong>Infarkt</strong>s zu erhalten. So lange kann<br />

man nicht warten, weil die Entscheidung für die Therapie<br />

sofort fallen muss. Deswegen orientiert sich<br />

diese Entscheidung vor allem am EKG und an den<br />

Beschwerden des Patienten.<br />

EKG: Das EKG dient der Diagnosesicherung des<br />

<strong>Infarkt</strong>s und gibt häufig Hinweise darauf, welches<br />

<strong>Herz</strong>kranzgefäß betroffen ist. Darüber hinaus sind<br />

Aussagen zur Ausdehnung und zum Alter des In-<br />

Das Bild zeigt, wie die Lyse ein Blutgerinnsel auflöst. Die äußere<br />

Fibrinschicht des Gerinnsels im oberen Bildteil ist schon aufgelöst.<br />

farkts möglich. Heute wird unterschieden zwischen<br />

<strong>Infarkt</strong>en mit und ohne ST-Streckenhebung<br />

(STEMI oder NSTEMI). 50 – 70 % der <strong>Infarkt</strong>patienten<br />

zeigen bereits von Beginn an typische, die<br />

Diagnose sichernde EKG-Veränderungen; bei 10 %<br />

der Patienten finden sich hingegen keine EKG-<br />

Veränderungen, weil z. B. kleinere Koronargefäße<br />

betroffen sind. Wenn ein bestimmter Abschnitt im<br />

EKG, die sogenannte ST-Strecke, eine Hebung<br />

zeigt, dann handelt es sich um einen STEMI, d. h.<br />

ein ST-Streckenhebungsinfarkt. Das ist der klassische<br />

<strong>Herz</strong>infarkt.<br />

Schwieriger ist die Diagnose des <strong>Herz</strong>infarkts ohne<br />

ST-Streckenhebung (NSTEMI), wobei z. B. ST-Streckensenkungen<br />

oder Veränderungen der T-Welle<br />

im EKG vorliegen. Hier ist die <strong>Infarkt</strong>diagnose nur<br />

in der Zusammenschau aller Befunde (Beschwerden,<br />

EKG, Labor, <strong>Herz</strong>katheter) zu stellen.<br />

Die Therapie<br />

Ziel der Therapie ist es, so schnell wie möglich<br />

das verschlossene <strong>Herz</strong>kranzgefäß wieder zu er-<br />

43


öffnen und damit den Untergang von <strong>Herz</strong>gewebe<br />

zu verhindern oder wenigstens so klein wie<br />

möglich zu halten. Dafür stehen <strong>heute</strong> zwei Verfahren<br />

zur Verfügung:<br />

Lyse: Mit Hilfe von Medikamenten (z. B. Streptokinase,<br />

Alteplase, Reteplase) wird versucht, das Gerinnsel,<br />

das das Gefäß verstopft, aufzulösen. Dieses<br />

Verfahren wird bis zu zwölf Stunden nach Beginn<br />

der Beschwerden eingesetzt. Aber die Wirkung<br />

ist zeitabhängig. Je mehr Zeit verstreicht, bis die Behandlung<br />

einsetzt, desto weniger erreicht sie. Am<br />

wirksamsten ist die Therapie unmittelbar nach<br />

dem Verschluss des <strong>Herz</strong>kranzgefäßes. Deswegen<br />

spricht man von der goldenen ersten Stunde nach<br />

dem <strong>Infarkt</strong>, die für die Behandlung ideal ist. Im Verlauf<br />

der folgenden Stunden kann die Behandlung<br />

immer weniger ausrichten.<br />

Ballonaufdehnung: Nach dem Fachausdruck Perkutane<br />

Transluminale Coronare Angioplastie wird<br />

dieses Verfahren PTCA genannt. Von der Leiste<br />

oder vom Arm aus wird ein biegsamer, millimeterdünner<br />

Schlauch über die Arterie ins <strong>Herz</strong> geschoben.<br />

Mit Hilfe von Kontrastmitteln können<br />

44<br />

A B<br />

die <strong>Herz</strong>kranzgefäße im Röntgenbild dargestellt<br />

und der Ort des Gefäßverschlusses ermittelt werden.<br />

Danach wird versucht, mit einem Führungsdraht<br />

die verschlossene Stelle zu passieren. Mit<br />

Hilfe eines unter hohem Druck stehenden Ballons<br />

kann man das Gerinnsel und zugleich die Gefäßverengung<br />

beseitigen. Meist wird, um das Behandlungsergebnis<br />

zu sichern, eine Gefäßstütze aus<br />

Metall (Stent) eingelegt. Die PTCA kann noch bis<br />

zu 24 Stunden nach dem <strong>Infarkt</strong> eingesetzt werden.<br />

Aber da die Energiereserven des <strong>Herz</strong>muskelgewebes<br />

für maximal 20 – 60 Minuten reichen, hängen<br />

<strong>Infarkt</strong>größe und Prognose des Patienten davon<br />

ab, wieviel Zeit bis zur PTCA verstreicht.<br />

Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass die PTCA<br />

der Lyse überlegen ist. In 90 % der Fälle gelingt<br />

es, mit der PTCA den Blutfluss wiederherzustellen.<br />

Bei der Lyse ist das nur in 40 – 50 % der Fälle<br />

möglich. Die <strong>Infarkt</strong>sterblichkeit ist deutlich geringer<br />

(25 %), wie auch die Gefahr, einen Schlaganfall<br />

oder einen erneuten <strong>Herz</strong>infarkt zu erleiden<br />

(50%). Diese positiven Effekte bleiben auch<br />

im Zeitverlauf erhalten.


Optimale Versorgung<br />

C<br />

Die PTCA setzt voraus, dass ein <strong>Herz</strong>katheterlabor<br />

mit einem erfahrenen Team 24 Stunden an jedem<br />

Tag der Woche zur Verfügung steht. Das ist in<br />

Deutschland gerade in ländlichen Regionen nicht<br />

der Fall. Wie kann man trotzdem dem <strong>Herz</strong>infarktpatienten<br />

bestmöglich helfen?<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt,<br />

mit dem Rettungswagen nicht das nächstbeste<br />

Krankenhaus anzufahren, sondern das nächste<br />

Zentrum, das für eine Notfall-PTCA ausgerüstet<br />

ist. Transportzeiten bis zu 90 Minuten können in<br />

Kauf genommen werden.<br />

Kann diese Zeit nicht eingehalten werden, wird<br />

empfohlen, eine Lyse-Therapie – möglichst schon<br />

im Notarztwagen – zu beginnen. Wenn die Lyse-<br />

Therapie nicht zu einem befriedigenden Ergebnis<br />

führt, kann der Patient nachträglich in ein Zentrum<br />

mit PTCA verlegt werden.<br />

Um das Überleben nach dem <strong>Herz</strong>infarkt zu verbessern,<br />

geht die Strategie <strong>heute</strong> dahin Netzwerke<br />

zu bilden. Der Rettungswagen fährt nicht mehr<br />

automatisch das nächste Krankenhaus an, son-<br />

Ein <strong>Infarkt</strong> hatte den vorderen absteigenden Ast der linken<br />

<strong>Herz</strong>kranzarterie verschlossen (A). Durch eine <strong>Infarkt</strong>-<br />

PTCA wurde das Gefäß wieder eröffnet (B). Dann wurde<br />

eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt (C).<br />

dern Rettungsleitstelle, Kliniken und PTCA-Zentren<br />

kooperieren, so dass der Patient routinemäßig<br />

ohne Zeitverluste eine möglichst gute Therapie<br />

erhält. Später kann er dann in das Krankenhaus vor<br />

Ort verlegt werden. Solche Netzwerke sind schon<br />

an vielen Orten, auch auf dem Lande, zu finden.<br />

Nach dem Eingriff sollte der Patient für 24 – 72<br />

Stunden auf der Intensivstation überwacht werden.<br />

In der Regel beginnt man schon am Tag nach<br />

dem <strong>Infarkt</strong>, ihn durch Krankengymnastik zu aktivieren.<br />

Nach 3 – 8 Tagen kann der <strong>Infarkt</strong>patient<br />

in der Regel nach Hause gehen oder sich in die<br />

Anschlussheilbehandlung begeben.<br />

Wie der Patient seinen <strong>Herz</strong>infarkt übersteht, hängt<br />

weitgehend davon ab, wie schnell die rettende<br />

112 alarmiert wurde. Hier muss sich viel ändern.<br />

Die Zahl derer, die in der ersten Stunde nach dem<br />

<strong>Infarkt</strong> in die Klinik kommen, ist in den letzten<br />

zehn Jahren von 12,5 % auf 11,2 % zurückgegangen.<br />

Wenn die Patienten nicht lernen, schneller<br />

zu reagieren, werden sie nicht im vollen Umfang<br />

von den Fortschritten der modernen Medizin profitieren.<br />

45


Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung hilft Ihnen, gesund zu<br />

bleiben – oder wenn Sie krank sind, mit Ihrer<br />

Krankheit besser fertig zu werden:<br />

■ Sprechstunde<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung bietet ihren Mitgliedern<br />

eine telefonische Arztsprechstunde mit <strong>Herz</strong>spezialisten<br />

und <strong>Herz</strong>chirurgen zweimal im Monat<br />

an. Außerdem können sich die Mitglieder jederzeit<br />

schriftlich an die „Sprechstunde“ der Zeitschrift<br />

der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung wenden oder die Fragen<br />

online stellen. Jedes Jahr werden Tausende<br />

von Anfragen bearbeitet.<br />

■ Zeitschrift<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung gibt für ihre Mitglieder<br />

viermal im Jahr die Zeitschrift <strong>Herz</strong> <strong>heute</strong> heraus,<br />

in der Spezialisten über neue Entwicklungen auf<br />

allen Gebieten der Medizin informieren: über koronare<br />

<strong>Herz</strong>krankheit und <strong>Herz</strong>infarkt, über Bypassund<br />

Klappenoperationen, über Rhythmusstörungen<br />

und Schrittmacher, über neue Behandlungsmethoden,<br />

Medikamente und ihre Nebenwirkungen,<br />

über Ernährung und Cholesterin, auch über<br />

alternative Medizin. Zusätzlich berichten Patienten<br />

über ihre Erfahrungen.<br />

Auf den Internetseiten der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />

können Mitglieder auch auf Artikel aus früheren<br />

Ausgaben der Zeitschrift und Sprechstunden<br />

zurückgreifen.<br />

■ Informationsdienst<br />

Besonders wichtige Themen haben wir für unsere<br />

Mitglieder als Sonderdrucke zusammengefasst:<br />

<strong>Herz</strong>untersuchungen, <strong>Herz</strong>infarkt, Ballondilatation,<br />

<strong>Herz</strong>klappe, Stress usw. Darüber hinaus informieren<br />

wir über Warnsignale vor <strong>Herz</strong>infarkt<br />

und Schlaganfall, Reisetipps für <strong>Herz</strong>kranke, En-<br />

46<br />

Was kann die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung<br />

für Sie tun?<br />

dokarditis-Prophylaxe, Selbstkontrolle des Gerinnungswertes<br />

und vieles andere. Jedem Mitglied<br />

steht der Notfallausweis für <strong>Herz</strong>patienten zur Verfügung.<br />

Das Informationsmaterial kann ebenfalls<br />

online bestellt werden.<br />

■ <strong>Herz</strong>-Seminare und Vorträge<br />

Warum muss ich welche Medikamente regelmäßig<br />

einnehmen? Was geschieht bei einer Bypass-Operation?<br />

Was ist <strong>Herz</strong>schutzkost? – Wie ist sie im<br />

Alltag zu erreichen? Wie stark soll ich mich körperlich<br />

belasten? Antworten auf diese und andere<br />

Fragen geben Ihnen nicht nur unsere Informationsschriften,<br />

sondern auch <strong>Herz</strong>spezialisten auf unseren<br />

<strong>Herz</strong>-Seminaren und Vortragsveranstaltungen.<br />

Eine vollständige Übersicht der Termine finden<br />

Sie auf den Internetseiten der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung.<br />

■ <strong>Herz</strong>woche/<strong>Herz</strong>monat<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung führt jedes Jahr eine<br />

bundesweite Aufklärungsaktion durch: die <strong>Herz</strong>woche<br />

z.B. zur Früherkennung des <strong>Herz</strong>infarkts oder<br />

den <strong>Herz</strong>monat z.B. zum Thema <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />

oder <strong>Herz</strong>klappenerkrankungen.<br />

■ Wiederbelebungskurse<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung führt in Zusammenarbeit<br />

mit Rettungsorganisationen und Krankenhäusern<br />

<strong>Herz</strong>-Lungen-Wiederbelebungs-Kurse durch.<br />

■ Reisen für <strong>Herz</strong>kranke<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung bietet gemeinsam mit<br />

Reiseveranstaltern fachärztlich und sporttherapeutisch<br />

betreute Reisen an, die auf die Wünsche und<br />

Bedürfnisse chronisch kranker Menschen abgestimmt<br />

sind.


■ Gesprächs- und<br />

Selbsthilfegruppen<br />

Unter dem Dach der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung haben<br />

sich über 90 Gruppen für Bypass-, Schrittmacher-<br />

und <strong>Herz</strong>klappen-Patienten gegründet.<br />

Hier treffen sich Patienten und ihre Angehörigen<br />

zum Erfahrungsaustausch.<br />

■ Kinderherzstiftung<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung engagiert sich mit ihrer<br />

Kinderherzstiftung für herzkranke Kinder und<br />

unterstützt ihre Familien durch Information und<br />

Rat. Mit der Zeitschrift <strong>Herz</strong>blatt erhalten Eltern<br />

eines herzkranken Kindes viermal im Jahr wichtige<br />

Informationen über angeborene <strong>Herz</strong>fehler<br />

und ihre Behandlung. Kinderkardiologen, <strong>Herz</strong>chirurgen<br />

und Psychologen schreiben in <strong>Herz</strong>blatt,<br />

aber auch Eltern selbst. Sie vermitteln Erfahrungen<br />

über ihr Leben mit einem herzkranken Kind<br />

und berichten über Probleme, die sie bewältigen<br />

müssen.<br />

■ Forschung<br />

Im Kampf gegen die <strong>Herz</strong>-Kreislauf-Krankheiten<br />

ist die Forschung von besonderer Bedeutung.<br />

Alle wesentlichen Fortschritte der letzten<br />

Jahrzehnte wurden durch die Förderung der Wissenschaft<br />

erzielt. Die Förderung der Forschung ist<br />

ein besonderes Anliegen der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />

in Verbindung mit der Deutschen Stiftung<br />

für <strong>Herz</strong>forschung.<br />

Die Stärke der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung ist ihre<br />

enge Bindung zur Wissenschaft: Sie ist nicht nur<br />

mit der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie –<br />

<strong>Herz</strong>- und Kreislaufforschung eng verbunden,<br />

sie ist auch die offizielle Vertretung Deutschlands<br />

in der internationalen Gemeinschaft der <strong>Herz</strong>stiftungen.<br />

Ihrem Wissenschaftlichen Beirat gehören<br />

fast alle führenden Kliniker und<br />

Wissenschaftler an, die auf dem Gebiet der <strong>Herz</strong>-<br />

Kreislauf-Erkrankungen arbeiten.<br />

■ Wir setzen uns für Ihre<br />

Gesundheit und Ihr Leben ein<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung kämpft für eine bessere<br />

Versorgung der <strong>Herz</strong>patienten. Sie hat ihren<br />

Einfluss erfolgreich geltend gemacht gegen<br />

die lebensgefährlichen Wartelisten in der <strong>Herz</strong>chirurgie.<br />

Sie setzt sich energisch für eine einheitliche<br />

medizinische Notrufnummer in Deutschland<br />

und gegen den Pflegenotstand ein. Sie vertritt<br />

auf politischer Ebene die Interessen der Patienten<br />

gegenüber Krankenkassen und dem Gesetzgeber,<br />

was <strong>heute</strong> von besonderer Wichtigkeit ist.<br />

■ Mehr als 52 000 Mitglieder<br />

Die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung wurde 1979 von bedeutenden<br />

Medizinern gegründet. Sie ist ein gemeinnütziger<br />

Verein, der sich ausschließlich aus<br />

Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Die<br />

Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung steht unter der Schirmherrschaft<br />

von Barbara Genscher.<br />

Immer mehr <strong>Herz</strong>patienten und Gesunde werden<br />

Mitglied in der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung, weil sie<br />

ihnen hilft, gesund zu bleiben oder, wenn sie<br />

krank sind, mit ihrer Krankheit besser fertig zu werden.<br />

Zur Zeit hat die Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung mehr<br />

als 52 000 Mitglieder. Und jeden Tag kommen<br />

neue dazu.<br />

Werden Sie Mitglied der<br />

Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung!<br />

Der Weg zur Mitgliedschaft ist denkbar einfach:<br />

Sie brauchen nur den umseitigen Aufnahmeantrag<br />

auszufüllen und an die Deutsche<br />

<strong>Herz</strong>stiftung zu senden.<br />

Den Mitgliedsbeitrag (36 Euro) können Sie<br />

beim Finanzamt steuerlich absetzen.<br />

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Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung e.V.<br />

Vogtstraße 50, 60322 Frankfurt am Main<br />

Telefon 069 955128-0 • Telefax 069 955128-313<br />

www.herzstiftung.de • info@herzstiftung.de<br />

Schirmherrin<br />

Barbara Genscher, Bonn<br />

Geschäftsführung<br />

Martin Vestweber<br />

Vorstand<br />

Gunter Anders, Rechtsanwalt, Dreieich (Schatzmeister)<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker, Hanau (Vorsitzender)<br />

Harald C. Bieler, Seelbach (stv. Vorsitzender)<br />

Prof. Dr. med. Helmut Gohlke, Bad Krozingen<br />

Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Hamburg<br />

Dipl.-Ing. Gerhard Müller, Mainz<br />

Prof. Dr. med. Hellmut Oelert, Mainz<br />

Dr. rer. pol. Irene Oswalt, Frankfurt am Main<br />

Prof. Dr. med. Hans-Joachim Trappe, Herne<br />

Ehrenmitglieder:<br />

Prof. Dr. med. Konrad Bühlmeyer, Schondorf<br />

Prof. Dr. med. Martin Kaltenbach, Dreieich<br />

Beratendes Mitglied:<br />

Prof. Dr. med. Ingeborg Aßmann, Erfurt<br />

Sprecherin der Beauftragten: Ulrike Umlauff, Berlin<br />

Assoziierte Mitglieder: Der jeweilige Präsident der Deutschen<br />

Gesellschaft für Kardiologie – <strong>Herz</strong>- und Kreislaufforschung,<br />

der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, <strong>Herz</strong>- und<br />

Gefäßchirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Kardiologie, der jeweilige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft<br />

leitender kardiologischer Krankenhausärzte e.V. und des<br />

Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen e.V.<br />

48<br />

Spendenkonten<br />

Commerzbank AG<br />

BLZ 500 400 00<br />

Nr. 311 011 100<br />

Deutsche Bank AG<br />

BLZ 500 700 24<br />

Nr. 921 692<br />

Dresdner Bank AG<br />

BLZ 500 800 00<br />

Nr. 90 003 500<br />

IBAN DE82 5008 0000 0090 0035 00<br />

BIC/SWIFT-Code DRES DE FF<br />

Frankfurter Sparkasse<br />

BLZ 500 502 01<br />

Nr. 903 000<br />

An dieser Stelle sollte ein Aufnahmeantrag kleben,<br />

mit dem Sie Mitglied in der Deutschen <strong>Herz</strong>stiftung<br />

werden können.<br />

Wenn er fehlt, und Sie Mitglied werden wollen, rufen Sie uns einfach an:<br />

Telefon 069 955128-0 oder<br />

online unter www.herzstiftung.de.<br />

Natürlich können Sie uns auch schreiben.


Das hilft Ihnen weiter<br />

Wichtige Informationen können Sie den folgenden Sonderdrucken entnehmen, die hervorragende<br />

<strong>Herz</strong>experten für Sie geschrieben haben:<br />

■ Unterschätzt: die Effekte von Bewegung. Bewegung und Sport bei koronarer <strong>Herz</strong>krankheit<br />

Dieser Artikel bringt Patienten mit koronarer <strong>Herz</strong>krankheit neue Forschungsergebnisse.<br />

■ Slí – das Geheimnis des Gehens<br />

■ Wieviel Bewegung braucht der Mensch?<br />

■ Nitrospray im Alltag<br />

■ Gesundheit aus dem Süden<br />

■ Länger leben durch Mittelmeerkost<br />

■ Seele kränkt <strong>Herz</strong>. Körperliche oder psychische Krankheit?<br />

■ <strong>Herz</strong>infarkt bei Frauen – das unterschätzte Risiko<br />

■ Nach dem <strong>Herz</strong>infarkt – wie geht es weiter?<br />

Diese Sonderdrucke erhalten Sie als Mitglied kostenlos, ansonsten gegen eine Versandkostenpauschale<br />

von 2,20 Euro in Briefmarken.<br />

Ihre Anforderung schicken Sie an die Geschäftsstelle: Deutsche <strong>Herz</strong>stiftung e.V., Vogtstraße 50, 60322<br />

Frankfurt am Main.


ERZSTIFTUNG<br />

ISBN 3-9806604-6-X

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