Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker
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Ethel Leginska, am 13. April 1886 als Ethel Liggins<br />
im englischen Hall geboren und am 26. Februar<br />
1970 in Los Angeles gestorben, machte Karriere<br />
zu einer Zeit, als komponierenden und dirigierenden<br />
Frauen noch ein gehöriges Maß an Skepsis,<br />
ja Ablehnung von ihren männlichen Kollegen, der<br />
Kritikerzunft und dem Publikum entgegengebracht<br />
wurde. Wie exzellent die Ausbildung der hochbegabten<br />
jungen Frau war, beweisen die Namen ihrer<br />
Lehrer. So studierte sie zunächst Klavier bei<br />
James Kwast und Theodor Leschetizky, etwas später<br />
Komposition bei Rubin Goldmark und Ernest<br />
Bloch, schließlich Dirigieren bei Eugène Aynsley<br />
Goossens und Robert Heger. Als Konzertpianistin<br />
wurde Ethel Leginska in ganz Europa und den USA<br />
begeistert gefeiert. – Den slawisch klingenden<br />
Namen hatte sich die charismatische Musikerin,<br />
die stets in einem schwarzen Gewand mit weißer<br />
Bluse auftrat, auf Anraten einer wohlmeinenden<br />
Sängerin zugelegt. – „The Paderewski of woman<br />
pianists“, so einstens die New Yorker „Herald Tribune“,<br />
aber griff ab 1923 neben ihrem Klavierspiel<br />
zum Taktstock, um auch in einer absoluten<br />
Männerdomäne zu reüssieren. Im Herbst 1924<br />
machte sie bei den maßgeblichen Orchestern in<br />
Paris, Berlin, London und München Station. Schon<br />
die Ankündigung am 6. Oktober in den „<strong>Münchner</strong><br />
Neuesten Nachrichten“ weckte große Neugierde.<br />
Da wollte sich eine Pianistin mit dem „verstärkten<br />
Konzertvereins-Orchester“ an zwei Abenden sogar<br />
als Dirigentin und Komponistin vorstellen. Für<br />
ihren ersten Auftritt am 7. Oktober hatte Ethel<br />
Orchestergeschichte<br />
Ethel Leginska, erste Dirigentin bei den<br />
<strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>n<br />
Gabriele E. Meyer<br />
Philharmonische<br />
Blätter<br />
29<br />
Leginska Webers „Oberon“-Ouvertüre, Beethovens<br />
7. Symphonie, Bachs Klavierkonzert f-moll<br />
und zwei „Poème nach Tagore“ aus ihrer eigenen<br />
Feder gewählt. Den zweiten Abend bestritt sie<br />
mit Mozarts „Haffner“-Symphonie, Webers Klavierkonzert<br />
Nr. 1, Strauss’ „Till Eulenspiegel“ und<br />
wiederum einem eigenen Werk. Die beiden Klavierkonzerte<br />
leitete Ethel Leginska, damals kaum<br />
mehr üblich, vom Flügel aus. Drei Tage später gab<br />
sie noch einen Klavierabend mit Werken von Frédéric<br />
Chopin und Franz Liszt. Wahrlich ein Mammutprogramm,<br />
das vollen Einsatz erforderte und<br />
für das sie sehr anerkennenden bis stürmischen<br />
Beifall erhielt. Furios begann auch Alfred Einstein<br />
von der sozialdemokratischen „<strong>Münchner</strong> Post“:<br />
„Mit einem Sturmangriff von drei Konzerten, zwei<br />
Orchesterabenden und einem Klavierabend, und<br />
in dreifacher Eigenschaft als Pianistin, Dirigentin<br />
und Komponistin, hat Ethel Leginska München zu<br />
erobern gesucht.“ Einstein zollte der „tapferen Pionierin<br />
eines neuen Frauenberufes“, gemeint war<br />
die Dirigentin, ein großes Lob, wobei er auch das<br />
Orchester und dessen wohlwollende Aufmerksamkeit<br />
erwähnte. Die „<strong>Münchner</strong> Neuesten Nachrichten“<br />
rühmten die „unzweifelhaft vielseitige Begabung“<br />
der „Temperamentmusikerin“. Jedoch sprach<br />
der Rezensent der Komponistin „die spezifi sch musikalische<br />
Substanz, Erfi ndungs- und Phantasiekraft“<br />
mit der Begründung ab, daß diese nur im Manne<br />
läge. Ethel Leginska aber ging mutig und unbeirrt<br />
ihren eigenen Weg weiter.