Zehnter Tätigkeitsbericht - 2011 (PDF, 5MB, Datei ist nicht - BStU
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Über die Abgeordneten sowie die Angehörigen kommunaler<br />
Vertretungskörperschaften hinaus wurde außerdem<br />
die Personengruppe der kommunalen Wahlbeamten ausdrücklich<br />
in die Klauseln der §§ 20/21 Absatz 1<br />
Nummer 6b) StUG aufgenommen. Diese Erweiterung des<br />
Verwendungszwecks hat sich als sehr sinnvoll erwiesen.<br />
Der neu eingeführte Verwendungszweck zur Überprüfung<br />
von hauptberuflichen wie ehrenamtlichen Richtern wird<br />
nur in eingeschränktem Umfang genutzt. In der praktischen<br />
Anwendung <strong>ist</strong> diese Vorschrift unproblematisch.<br />
Von der Möglichkeit der Überprüfung von ausgewählten<br />
Soldaten und Offizieren <strong>ist</strong> bisher <strong>nicht</strong> Gebrauch gemacht<br />
worden.<br />
Der neu eingeführte Verwendungszweck zur Überprüfung<br />
im Sportbereich hat sich als sinnvoll und auch praktikabel<br />
erwiesen. Auf diesem Weg sind – im Gegensatz zur Gesetzeslage<br />
bis zum 28. Dezember 2006 – wichtige Mitglieder<br />
der deutschen Mannschaften für die Olympischen<br />
Spiele überprüfbar. Der Deutsche Olympische Sportbund,<br />
der sich sehr für die Aufnahme dieses Punktes in das Gesetz<br />
eingesetzt hatte, hat diese Zugangsnorm auch genutzt.<br />
Auch im Bereich der persönlichen Akteneinsicht haben<br />
sich mit der letzten Novellierung des StUG Zugangsrechte<br />
erweitert: Als nahe Angehörige im Sinne des § 15<br />
StUG gelten nun hinsichtlich der leiblichen Eltern auch<br />
adoptierte Kinder sowie die leiblichen Eltern hinsichtlich<br />
adoptierter Kinder, wenn <strong>nicht</strong> auszuschließen <strong>ist</strong>, dass<br />
der Staatssicherheitsdienst auf die Adoption oder auf das<br />
Schicksal der leiblichen Eltern Einfluss genommen hat.<br />
Mit dieser Regelung wurde das Gesetz den Vorgaben der<br />
Rechtsprechung angepasst. Demgemäß können adoptierte<br />
Kinder nunmehr Anträge auch zu ihren leiblichen Eltern<br />
stellen und umgekehrt, wenn die gesetzlich genannten<br />
Voraussetzungen vorliegen.<br />
Außerdem wurde der Kreis derjenigen Personen, die als<br />
nahe Angehörige Vermisster oder Verstorbener einen Antrag<br />
auf Aktenzugang stellen können, auf die Verwandten<br />
dritten Grades (Onkel, Tanten, Nichten, Neffen) erweitert,<br />
die antragsberechtigt sind, wenn keine näheren Verwandten<br />
mehr leben. Die tatsächliche Inanspruchnahme<br />
dieser Regelung beschränkt sich allerdings auf eine sehr<br />
begrenzte Zahl von Fällen.<br />
Im Zuge der siebten Novellierung des StUG schuf der neu<br />
eingefügte § 39a die Institution eines Wissenschaftlichen<br />
Beratungsgremiums, das die Behörde bei der wissenschaftlichen<br />
Aufarbeitung der Tätigkeit des MfS und bei<br />
der Konzeption der Forschungsarbeit berät. Dieses Gremium<br />
hat sich im Januar 2008 konstituiert und arbeitet<br />
seitdem sehr erfolgreich (siehe Kapitel 5.1).<br />
Durch Anpassung des StUG an den technischen Fortschritt<br />
wurden insbesondere Internetveröffentlichungen<br />
von ausgewählten Dokumenten möglich. Diese Neuerung<br />
stieß auf positive Resonanz in der Praxis und wird vor allem<br />
durch die Abteilung Bildung und Forschung, die Öffentlichkeitsarbeit<br />
und die Archive der <strong>BStU</strong> genutzt.<br />
– 16 –<br />
Der Beirat der Behörde hat sich im Berichtszeitraum unter<br />
anderem ausführlich mit weiteren Möglichkeiten zur<br />
Novellierung des StUG befasst. Die Ergebnisse der Diskussion<br />
flossen in einen Brief der Bundesbeauftragten an<br />
die Berichterstatter der Fraktionen im Ausschuss für Kultur<br />
und Medien des Deutschen Bundestages ein, in dem<br />
sie Anregungen zu einer Novellierung gab.<br />
Aus diesem Grund unterstützt die Bundesbeauftragte die<br />
Initiative aus dem Deutschen Bundestag, dem unverändert<br />
großen öffentlichen Interesse an der Aufarbeitung<br />
der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch eine<br />
weitere Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes gerecht<br />
zu werden. Ein wesentliches Ziel der von den Koalitionsfraktionen<br />
getragenen Gesetzesinitiative besteht darin,<br />
Überprüfungen auch über den derzeit gesetzlich<br />
festgelegten Zeitraum hinaus zu ermöglichen und den Zugang<br />
zu solchen Unterlagen zu erleichtern, bei denen eine<br />
Verletzung von Persönlichkeitsrechten <strong>nicht</strong> bzw. <strong>nicht</strong><br />
mehr in Betracht kommt.<br />
Vorgesehen <strong>ist</strong> danach, die Überprüfung der in §§ 20/21<br />
Absatz 1 Nummer 6 StUG genannten Personengruppen,<br />
die u. a. Regierungsmitglieder, Abgeordnete und Behördenleiter<br />
umfassen, bis zum Jahr 2019 möglich zu machen.<br />
Außerdem wird von den Fraktionen eine Erweiterung<br />
des überprüfbaren Personenkreises um diejenigen<br />
Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die eine leitende<br />
Position – auch unterhalb der Ebene des Behördenleiters<br />
und seines Stellvertreters – innehaben, befürwortet. Dies<br />
gilt auch für solche Personen, die in privaten Einrichtungen<br />
beschäftigt sind, die sich mehrheitlich in öffentlicher<br />
Hand befinden.<br />
Weiterhin <strong>ist</strong> eine Erweiterung des Akteneinsichtsrechts<br />
für nahe Angehörige nach § 15 StUG um den Auskunftszweck<br />
der „sonstigen berechtigten Interessen“ beabsichtigt.<br />
Darunter würde beispielsweise auch die Familienforschung<br />
fallen, die nach derzeitiger Gesetzeslage ein<br />
Einsichtsrecht <strong>nicht</strong> begründet. Unabdingbar wäre es allerdings,<br />
im Falle einer solchen Erweiterung des Zugangsrechts<br />
eine Schutzklausel aufzunehmen, die einen<br />
Zugang nur soweit ermöglicht, wie keine überwiegenden<br />
schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt werden.<br />
Der Gesetzgeber <strong>ist</strong> zudem bestrebt, Zugangserleichterungen<br />
zu solchen Unterlagen einzuführen, die unter persönlichkeitsrechtlichen<br />
Gesichtspunkten <strong>nicht</strong> schutzwürdig<br />
sind. In diesem Zusammenhang <strong>ist</strong> vorgesehen, die<br />
Zugangsmöglichkeiten nach § 26 StUG insgesamt auf<br />
solche Unterlagen auszudehnen, die <strong>nicht</strong> zu einer natürlichen<br />
Person angelegt wurden, sondern die typischerweise<br />
ganz überwiegend Sachinformationen enthalten.<br />
Über die in der derzeitigen Gesetzesfassung beispielhaft<br />
genannten Unterlagen wie Dienstanweisungen, Organisations-<br />
und Stellenpläne hinaus wäre damit für andere<br />
sachbezogene MfS-Unterlagen ein Wegfall der Zweckbindung<br />
möglich, soweit darin keine schutzwürdigen personenbezogenen<br />
Informationen enthalten sind.<br />
Daneben werden von den Fraktionen weitere Zugangserleichterungen<br />
für die politische und h<strong>ist</strong>orische Aufar-