Zehnter Tätigkeitsbericht - 2011 (PDF, 5MB, Datei ist nicht - BStU
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Erschließung der archivierten Ablagen gearbeitet. Grundlage<br />
sind die einschlägigen Erfahrungen aus Pilotprojekten,<br />
wie der Erschließung der Operativen Hauptablage<br />
der BV Schwerin (siehe Dritter bis Neunter <strong>Tätigkeitsbericht</strong>),<br />
der Erschließung der Allgemeinen Sachablage von<br />
BV und MfS (siehe Dritter <strong>Tätigkeitsbericht</strong>) sowie seit<br />
2001 der Erschließung der vom MfS archivierten Untersuchungsvorgänge<br />
der 1950er-Jahre aus der Operativen<br />
Hauptablage in der Zentralstelle (siehe Sechster bis Achter<br />
<strong>Tätigkeitsbericht</strong>).<br />
Im Berichtszeitraum <strong>ist</strong> in dieser Hinsicht der Archivbestand<br />
5 des MfS, Geheime Ablage, analysiert worden.<br />
Daraus resultierende Erkenntnisse sowie punktuelle Erschließungsergebnisse<br />
dieser Ablage aus den Vorjahren<br />
(siehe Siebenter und Achter <strong>Tätigkeitsbericht</strong>) fließen in<br />
die Konzeption ein.<br />
Darüber hinaus wurde die Erschließung der archivierten<br />
Ablagen der HA IX/11 (Aufklärung von Nazi- und<br />
Kriegsverbrechen) fortgesetzt.<br />
Im Folgenden werden die Ergebnisse der archivischen<br />
Bearbeitung an der Überlieferung des MfS, unterteilt<br />
nach archivierten Ablagen und den Unterlagen der<br />
Diensteinheiten, anhand einiger Beispiele beschrieben.<br />
3.2.1.1 Archivierte Ablagen<br />
Geheime Ablage, Archivbestand 5<br />
Die Geheime Ablage (GH) <strong>ist</strong> eine Mischung verschiedener<br />
Erfassungsarten (Aktenkategorien), wie Vorgänge inoffizieller<br />
Mitarbeiter, Untersuchungs- und Operative<br />
Vorgänge, Personalakten und Material aus Personenüberprüfungen,<br />
deren Bearbeitung im MfS zentralisiert war<br />
und dort als gesperrte Ablage in der Abteilung XII (Zentrale<br />
Auskunft/Speicher) gesondert verwahrt wurde. Die<br />
Bezirksverwaltungen hatten keine GH. Das Reg<strong>ist</strong>rierungsverfahren<br />
und der Ablageort der in der GH kategorisierten<br />
Unterlagen standen im MfS unter strenger Geheimhaltung.<br />
Die überlieferten Unterlagen sind in der Regel formierte<br />
und geordnete Aktenvorgänge. Der Zugriff auf sie war ursprünglich<br />
nur über personenbezogene Findmittel (Karteien)<br />
möglich.<br />
Die GH umfasst 348 lfd. M. Unterlagen mit 2 685 Vorgängen<br />
aus den Jahren 1955 bis 1989 zu 3 369 vom MfS<br />
reg<strong>ist</strong>rierten Personen. Weitere 337 Vorgänge wurden<br />
vom MfS „gelöscht“, das heißt ver<strong>nicht</strong>et.<br />
Von Juli 2009 bis April 2010 erfolgte eine Grobsichtung<br />
aller GH-Vorgänge. Ziel war es, sich einen Überblick<br />
über deren Inhalte zu verschaffen. Aktueller Anlass für<br />
die Grobsichtung der Unterlagen war der Fall des ehemaligen<br />
Westberliner Polizeibeamten Karl-Heinz Kurras,<br />
der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschoss und<br />
viele Jahre lang inoffiziell für das MfS arbeitete, was<br />
2009 durch einen Aktenfund in der Behörde bekannt<br />
wurde (siehe Kapi-tel 4.3.1.3 und 5.2.2).<br />
Nach der Grobsichtung wird seit April 2010 die GH auch<br />
in den Prozess der Sachrecherchen einbezogen. Folgende<br />
– 32 –<br />
Erkenntnisse können nach einer ersten Auswertung der<br />
Grobsichtung festgehalten werden:<br />
Die GH-Vorgänge betreffen mehrheitlich hauptamtliche<br />
und inoffizielle Mitarbeiter des MfS, darüber hinaus auch<br />
Mitarbeiter im Partei- und Staatsapparat, Funktionäre,<br />
Angehörige der Nationalen Volksarmee (NVA), der Deutschen<br />
Volkspolizei (DVP) sowie der Zollverwaltung. Ferner<br />
sind in der DDR lebende Ausländer, Bundesbürger<br />
und Einwohner aus Westberlin erfasst. Ungefähr ein Drittel<br />
der in den Vorgängen der GH bearbeiteten Personen<br />
war <strong>nicht</strong> für das MfS tätig.<br />
Die Vorgänge beinhalten Tatbestände beispielsweise zu<br />
politischen und militärischen Straftaten, Gewalt- und<br />
Sexualverbrechen, Eigentumsdelikten, Wirtschaftsverbrechen,<br />
Straftaten im Dienstalltag (Amtsmissbrauch, Betrug,<br />
Diebstahl) und besondere operative Personenüberprüfungen,<br />
u. a. von Generälen der DVP. In diesem<br />
Zusammenhang werden Delikte wie staatsgefährdende<br />
Hetze, Beihilfe zur Republikflucht, Verdacht auf NS- und<br />
Kriegsverbrechen, unerlaubter Waffenbesitz, Passvergehen<br />
oder Brandstiftung ebenfalls abgebildet.<br />
Die Grobsichtung offenbarte, dass die besondere Geheimhaltung<br />
vieler Vorgänge eher weniger operativ-geheimdienstliche<br />
Gründe hatte. Vielmehr ging es me<strong>ist</strong> um<br />
Dienstvergehen oder moralisches Fehlverhalten von MfS-<br />
Mitarbeitern. Zudem finden sich in der Geheimen Ablage<br />
beispielsweise ca. 270 Vorgänge zu Suiziden von Mitarbeitern<br />
des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Hauptabteilung IX/11<br />
Eine Besonderheit hinsichtlich des Evidenz- und Informationswertes<br />
stellen die in einem Umfang von etwa<br />
740 lfd. M. überlieferten Unterlagen der Hauptabteilung<br />
(HA) IX/11 zur Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen,<br />
zur Ermittlung der NS-Vergangenheit von Personen<br />
des öffentlichen Lebens aus der Bundesrepublik, zur propagand<strong>ist</strong>ischen<br />
bzw. nachrichtendienstlichen Nutzung<br />
sowie zu ausgewählten Themen des antifasch<strong>ist</strong>ischen<br />
Widerstandes dar. Diese Unterlagen sind das Ergebnis geheimdienstlicher<br />
Auswertung der seinerzeit wesentlich<br />
umfassenderen, allgemein als „NS-Archiv“ bezeichneten<br />
archivierten Ablagen der Abteilung 11 der HA IX mit<br />
Schriftgut aus der Zeit vor 1945. Sie kamen im Februar<br />
1990 zunächst in die Obhut des Zentralen Staatsarchivs<br />
der DDR. Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober<br />
1990 wurden sie dem Bundesarchiv zugeordnet. Die Unterlagen,<br />
die die Handschrift des MfS trugen, wurden<br />
nach Inkrafttreten des StUG sukzessive an die <strong>BStU</strong> zurückgeführt.<br />
Zunächst war der Zugang nur über eine in<br />
der HA IX/11 angelegte und überlieferte Personenkartei<br />
möglich.<br />
Die archivierten Ablagen der HA IX/11 sind zu<br />
82 Prozent thematisch recherchierbar. Im Berichtszeitraum<br />
wurden die drei Aktenkategorien Rechtshilfeersuchen<br />
(RHE), Personenauskünfte (PA) und Allgemeiner<br />
Schriftverkehr/Allgemeine Vorgänge/Forschungsvorgänge<br />
(AS/AV/FV) bearbeitet.