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Fotos: © Andrea Spiess<br />

38<br />

Die Ausstellungsarchitektur nimmt in<br />

Anbetracht des Irrationalen und des Grauens<br />

den Besucher fest bei der Hand und<br />

führt ihn auf gekonnt durchdachte Weise<br />

durch das Ausstellungshaus (Peichel-Bau),<br />

wie durch die Kapitel des zur Ausstellung<br />

erschienenen Ausstellungskataloges.<br />

Ausgehend von dem schwarz verspiegelten<br />

Foyer, dass dem Besucher kurz eine<br />

Reflexion mit sich selbst erlaubt, zieht sich<br />

ein schwarzer Rahmen um die beiden Etagen<br />

der Ausstellung. Der schwarze Sockel<br />

und die schwarzen Türleibungen verbinden<br />

die einzelnen Ausstellungsräume,<br />

deren Themen und Inhalte.<br />

Die Ausstellungsarchitektur, die Hängung<br />

und Präsentation der Exponate sind auf<br />

gelungene, harmonische Weise aufeinander<br />

abgestimmt.<br />

Die dezente Rhythmik der hell- und dunkelgrauen<br />

Wandfarben, die geschickte<br />

Anordnung der Räume mit eingestellten<br />

Wänden, elliptischen Räumen und Kabinetten<br />

bietet dem Besucher ein prachtvolles<br />

Seherlebnis.<br />

Als Premiere für das Städel Museum gibt<br />

es insgesamt vier Bereiche innerhalb der<br />

Ausstellung, in denen Filmausschnitte<br />

gezeigt werden, denn die Schwarze<br />

Romantik äußert sich nicht nur in Gemälden<br />

oder Skulpturen, sondern auch in<br />

filmischen Meisterwerken. Diese Bereiche<br />

sind im Gegensatz zu früheren Ausstellungen<br />

als eigenständige und mit den<br />

Ausstellungsräumen für die Kunstwerke<br />

gleichwertige Elemente in den Rundgang<br />

durch die Ausstellung integriert. Der<br />

Besucher muss die Filmkabinette durchschreiten,<br />

hat dabei aber jederzeit die<br />

Wahl, sich auf die Filme einzulassen, zu<br />

setzen und sich Zeit zu nehmen.<br />

Andreas Spiess | SPIESS Interior Design<br />

www.spiessinteriordesign.de<br />

Friedrichs Bilder sind von einer lastenden<br />

Stille durchdrungen. Eine Haltung,<br />

die in ihrer Kompromisslosigkeit Ideen<br />

des Symbolismus antizipiert, dem das<br />

folgende Kapitel des Ausstellungspanoramas<br />

gewidmet ist. Die Sprachlosigkeit<br />

wurde von diesen »Neuromantikern« zur<br />

Idealform menschlicher Kommunikation<br />

stilisiert, die zu tiefen, grundlegenden<br />

Einsichten führe. Odilon Redons Hauptwerk<br />

Geschlossene Augen formuliert<br />

diese Überzeugung eindrucksvoll. Auch<br />

in Gemälden von Böcklin, Ensor, Khnopff<br />

oder Munch wird diese Sichtweise manifest.<br />

Wie bei den Romantikern stehen<br />

diesen zurückhaltenden Werken Arbeiten<br />

gegenüber, die Ängste und unterdrückte<br />

Leidenschaften ungebremst zum Ausdruck<br />

bringen und in ihrer Radikalität noch heute<br />

irritieren. Während Gustave Moreau, Max<br />

Klinger, Franz von Stuck und Alfred Kubin<br />

zum kunstgeschichtlichen Kanon gehören,<br />

werden an dieser Stelle der Schau auch<br />

Künstler gezeigt, die es in Deutschland<br />

noch zu entdecken gilt: Jean-Joseph Carriès,<br />

Paul Dardé, Jean Delville, Julien-Adolphe<br />

Duvocelle, Léon Frédéric, Eugène<br />

Laermans und Lucien Lévy-Dhurmer.<br />

Den Abschluss der Präsentation markiert<br />

der von André Breton begründete<br />

Surrealismus. Breton motivierte Künstler<br />

wie Ernst, Brassaœä oder Dalì, aus dem<br />

Reservoir des Unbewussten ihre seltsamen<br />

Bildwelten zu schöpfen, die er als Sieg der<br />

Fantasie über die »faktische Welt« feierte.<br />

Vehement forderte Max Ernst, »die Grenzen<br />

zwischen der sogenannten Innenwelt<br />

und der Außenwelt« zu verwischen. Das<br />

Städel Museum zeigt in der Ausstellung<br />

vier Beispiele seiner Waldbilder, darunter<br />

das Hauptwerk Vom nächtlichen Anblick<br />

der Porte Saint-Denis ausgelöste Vision.<br />

Julien Adolphe Duvocelle (1873–1961)<br />

Totenschädel mit hervortretenden Augen, 1904<br />

Bleistift und Kohle auf Papier, 36 × 25 cm<br />

© Musée d’Orsay, Paris<br />

Der Kunsthistoriker Carl Einstein sah<br />

in den Surrealisten die Nachfolger der<br />

Romantiker und prägte den Begriff der<br />

»romantischen Generation«. Trotz dieser<br />

historischen Bezugnahme verharrten<br />

die Surrealisten keineswegs im Blick<br />

zurück: Keine andere Bewegung war so<br />

offen für die neuen Medien; Fotografie<br />

und Film waren absolut gleichberechtigt.<br />

Besonders der Film war im 20. Jahrhundert<br />

– neben der Literatur – zum zentralen<br />

Schauplatz der schwarzen Romantik<br />

geworden. Hier hatten das Böse, der<br />

Kitzel der Angst genau wie die Lust am<br />

Schrecken und Abgründigen ihr Zuhause<br />

gefunden. In Kooperation mit dem Deutschen<br />

Filmmuseum können erstmals<br />

innerhalb einer Ausstellung im Städel<br />

Ausschnitte von Filmklassikern wie Frankenstein<br />

(1931), Vampyr (1931/32) , Dracula<br />

(1931), Faust (1926), oder Der Fuhrmann<br />

des Todes (1921) gezeigt werden.<br />

Städel Museum<br />

Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt<br />

26. September 2012 bis 20. Januar 2013<br />

Kurator:<br />

Dr. Felix Krämer, Leiter der Kunst der<br />

Moderne, Städel Museum<br />

Projektleitung:<br />

Ingo Borges, Städel Museum<br />

Ausstellungsarchitektur:<br />

Andreas Spiess (Dresden)<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag, Freitag bis Sonntag 10–18 Uhr,<br />

Mittwoch und Donnerstag 10–21 Uhr<br />

Gefördert durch:<br />

Kulturfonds Frankfurt RheinMain im Rahmen<br />

des Schwerpunktprojektes »Impuls<br />

Romantik«, mit Unterstützung der Stadt<br />

Frankfurt am Main<br />

Medien- und Marketingpartner:<br />

Süddeutsche Zeitung, AD Architectural<br />

Digest, Brigitte Woman, Verkehrsgesellschaft<br />

Frankfurt am Main, Radio Bob,<br />

Wacker‘s Kaffee, Teehaus Ronnefeldt,<br />

Nerdindustries<br />

Das Projekt wird von einem umfassenden<br />

Rahmenprogramm begleitet.<br />

www.staedelmuseum.de<br />

Die Ausstellung »Schwarze Romantik.<br />

Von Goya bis Max Ernst« wird nach ihrer<br />

Präsentation in Frankfurt vom Pariser<br />

Musée d‘Orsay übernommen<br />

(4. März bis 9. Juni 2013).<br />

unten: Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931)<br />

Faust – Eine deutsche Volkssage, Deutschland 1926,<br />

Filmstill<br />

Stummfilm, schwarz-weiß, deutsche Zwischentitel<br />

© Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung<br />

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