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»Das Neue ist zu kostbar, um es nicht auszuprobieren.«<br />

Das Museum Kunstpalast als Beispiel für gelungene Unternehmenskooperationen<br />

Am 2. Oktober 2012 führten Barbara<br />

Wiench und Mechtild Julius ein Gespräch<br />

zum Thema Unternehmenskooperationen.<br />

Ziel war es, die im Museum Kunstpalast<br />

gemachten positiven Erfahrungen für<br />

andere Museen transparent und verfügbar<br />

zu machen. Das Gespräch fand im an das<br />

Museum Kunstpalast angrenzenden Bistro<br />

der Firma E.ON AG in Düsseldorf statt.<br />

Barbara Wiench studierte an der<br />

Ruhr-Universität Bochum Anglistik, Politik<br />

und Ökonomik. Seit 2006 arbeitet<br />

sie im Marketing der Stiftung Museum<br />

Kunstpalast und leitet dort seit 2008<br />

den Bereich Marketing, Sponsoring &<br />

Mäzenat. Seitdem realisierte sie mit<br />

ihrem Team aus 3 Kulturmanagerinnen<br />

die Neupositionierung der Marke<br />

Museum Kunstpalast sowie zahlreiche<br />

Kampagnen im Bereich klassische und<br />

neue Medien.<br />

Ihr Selbstverständnis: Das Neue ist zu<br />

kostbar, um es nicht auszuprobieren.<br />

MJ: Guten Tag Frau Wiench. Ich danke Ihnen, dass<br />

Sie sich die Zeit nehmen, um Ihre Erfahrungen zu<br />

Unternehmenskooperationen mit Kolleginnen und<br />

Kollegen aus anderen Museen zu teilen.<br />

BW: Sehr gern. Hier erleben Sie schon einen<br />

praktischen und angenehmen Teil unserer Partnerschaft<br />

mit E.ON: Wir Museumsmitarbeiter<br />

dürfen das Mitarbeiterbistro mitbenutzen.<br />

Stifter, Sponsoren, Mäzene und<br />

Spender bilden die finanzielle Basis.<br />

MJ: Frau Wiench, welche Kooperationen pflegt<br />

das Museum Kunstpalast mit Unternehmen aus<br />

der freien Wirtschaft?<br />

BW: Das Museum Kunstpalast verfügt über eine<br />

breitgefächerte Kooperationsstruktur. Zunächst<br />

gibt es unsere Stifter. Wir sind eine PPP, eine<br />

Public Private Partnership, das heißt eine Kooperation<br />

zwischen der öffentlichen und der privaten<br />

Hand. Unsere Stifter sind zur Zeit die E.ON<br />

AG und METRO GROUP. Eine Besonderheit ist,<br />

dass die Stifter einen Sitz im Kuratorium haben<br />

und somit die Stiftung mitgestalten, z.B. bei der<br />

Verabschiedung des Wirtschaftsplans und bei der<br />

Wahl des Vorstands.<br />

MJ: Welche Kooperationspartner gibt es neben<br />

den Stiftern?<br />

BW: Zahlreiche Sponsoren wie die UBS Bank oder<br />

die National-Bank engagieren sich für uns. Darüber<br />

hinaus wird das Museum Kunstpalast von Mäzenen<br />

und Spendern unterstützt. Das Mäzenatentum<br />

zeichnet sich dadurch aus, dass keine Gegenleistung<br />

erfolgt, dass jemand also dem Museum<br />

Vermögenswerte oder Kunst zuteil kommen lässt,<br />

ohne dafür eine Gegenleistung zu fordern.<br />

Bei »Kooperationspartnern« geht<br />

es darum, Win-Win-Situationen zu<br />

schaffen.<br />

BW: Als »Kooperationspartner« bezeichnen<br />

wir Partnerschaften, bei denen kein Geld fließt,<br />

sondern dem Museum Dienstleistungen oder<br />

Sachwerte zur Verfügung gestellt werden. So<br />

pflegen wir beispielsweise schon seit Jahren eine<br />

Partnerschaft mit der Brauerei Frankenheim, die<br />

regelmäßig Bier für Ausstellungseröffnungen zur<br />

Verfügung stellt. Oder mit dem Blumengeschäft<br />

Fiori, das uns dauerhaft mit Blumenschmuck für<br />

diverse Veranstaltungen erfreut.<br />

Im Zuge der Wiedereröffnung unserer ständigen<br />

Sammlung 2011 haben wir erstmalig systematisch<br />

ein breites Kooperationsnetzwerk aus über<br />

50 Partnern aufgebaut. Die Sammlung war zweieinhalb<br />

Jahre geschlossen und wurde im letzten<br />

Jahr mit der großen Kampagne »Kunst befreit«<br />

wiedereröffnet. Hierfür haben wir zum Beispiel<br />

mit Hotels Angebotspakete für Touristen entwickelt.<br />

Wir haben ebenfalls die Concierges der<br />

Hotels gebrieft, damit auch diese genau im Bilde<br />

darüber sind, was das Museum Kunstpalast ihren<br />

Gästen zu bieten hat.<br />

Sie müssen immer selbst hingehen.<br />

MJ: Haben Sie die Hotelvertreter und Concierges<br />

hierher ins Museum eingeladen?<br />

BW: Nein, wir haben persönliche Termine gemacht<br />

und jeden Partner selbst besucht. Es waren teilweise<br />

fünf bis sechs Termine an einem Tag, und<br />

die Mittagspause ist in dieser Zeit oft ausgefallen.<br />

Es ist absolut notwendig, persönlich hinzugehen.<br />

MJ: Kollegen aus anderen Museen haben mir<br />

ebenfalls berichtet, wie wichtig die dauerhafte<br />

persönliche Kontaktpflege zu Kooperationspartnern<br />

in der Wirtschaft ist. Könnten Sie nicht Praktikanten<br />

dorthin schicken?<br />

BW: Nein, das ist nur im äußersten Notfall<br />

anzuraten. Die Verantwortlichen wünschen<br />

einen einzigen kontinuierlichen Ansprechpartner.<br />

Schon bei zweijährlich wechselnden Volontären<br />

beschweren sich die Partner: »Warum kommt<br />

schon wieder jemand Neues?« Obwohl die<br />

Arbeit nahtlos weitergeht.<br />

echte Partnerschaften entwickeln<br />

und die emotionale Bindung kontinuierlich<br />

pflegen<br />

MJ: Was glauben Sie, woran das liegt? Ist es die<br />

positive persönliche, emotionale Bindung, die<br />

entstanden ist, und die mit der vertrauten Person<br />

erst einmal verloren geht?<br />

BW: Ganz genau, das ist das A und O. Im Idealfall<br />

entwickelt sich eine vertrauensvolle Partnerschaft<br />

ähnlich wie im privaten Bereich. Wir reden<br />

offen über Dinge, konzipieren Projekte gemeinsam<br />

und lassen unseren Partnern Spielräume.<br />

MJ: Wie sieht solch eine Hotel-Partnerschaft mit<br />

Angebotspaketen praktisch aus? Inwieweit pro-<br />

fitieren davon das Hotel, das Museum und die<br />

Besucher?<br />

BW: Ein Angebotspaket enthält z.B. eine Hotelübernachtung<br />

inklusive eines Tickets in die<br />

Ausstellung und evtl. eines Katalogs, und wird<br />

zu einem Spezialpreis angeboten. So zieht das<br />

Hotel mit einem guten Produkt – der Ausstellung<br />

– Hotelgäste an, die schließlich zu uns ins<br />

Museum kommen. Für die Gäste bedeutet es<br />

weniger Aufwand und es ist für sie preiswerter,<br />

ein Angebotspaket zu buchen, als alles individuell<br />

zu vereinbaren.<br />

MJ: Sie gehen dabei offensichtlich sehr systematisch<br />

vor.<br />

BW: 2011 sind wir in dieser Hinsicht »durchgestartet«.<br />

Mit der Wiedereröffnung der Sammlung<br />

wollten wir insbesondere die Düsseldorfer selbst<br />

ansprechen und ihnen ihre eigene Sammlung<br />

wiederschenken. Am Anfang stand daher eine<br />

Analyse: Wo erreichen wir die Düsseldorfer? Wo<br />

gehen sie hin? Wo halten sie sich auf? Wo kaufen<br />

sie ein? Alle diese potenziellen Partner haben wir<br />

gezielt angesprochen: jedes einzelne für uns wichtige<br />

Hotel, den Einzelhandel, alle Einkaufscenter,<br />

Kaufhof, Karstadt, die Bäckerei Hinkel, alle Traditionsunternehmen,<br />

die »der Düsseldorfer« kennt<br />

– und es hat keiner »Nein« gesagt!<br />

MJ: Alle haben »Ja« gesagt?<br />

BW: Ja (lacht).<br />

Sie müssen ein konkretes Konzept<br />

vorstellen und genau wissen, was Sie<br />

wollen.<br />

MJ: Es sind also der Bedarf und die Bereitschaft<br />

da, und man muss nur kommen?<br />

BW: Ja so ist es. Ganz wichtig ist dabei allerdings,<br />

dass Sie genau wissen, was Sie wollen. Die<br />

Partner aus der freien Wirtschaft erwarten ein<br />

konkretes Konzept. Dieses muss klar strukturiert<br />

sein, und es muss sehr deutlich werden, was Sie<br />

erwarten und was Sie im Gegenzug bieten. Ich<br />

treffe mich zweimal im Jahr mit allen Kooperationspartnern<br />

und stelle ihnen neue Konzepte<br />

vor. Dabei habe ich mehrfach folgendes Feedback<br />

bekommen: »Uns gefällt bei Ihnen so gut,<br />

dass Sie verbindlich sind. Sie wissen genau, was<br />

Sie wollen. Sie haben für uns schon ein maßgeschneidertes<br />

Konzept dabei – und vor allem bleiben<br />

Sie dran!« Im Anschluss an jedes Gespräch<br />

versende ich eine schriftliche Bestätigung und<br />

erstelle ein Timing und eine To-Do-Liste. Das<br />

kommt bei den Kooperationspartnern sehr gut<br />

an. Und dann laufen die Projekte auch.<br />

MJ: Das klingt sehr nach professionellem Projektmanagement.<br />

BW: Es ist natürlich ein logistischer Kraftakt.<br />

Wenn Sie 50 Kooperationspartner haben …<br />

MJ: Was wollten Sie bei den Kooperationspartnern<br />

für das Museum erreichen?<br />

BW: Bei den Einzelhändlern wollten wir zum<br />

Beispiel die Ausstellungsprojekte in die Schaufenster<br />

und Geschäftsräume tragen. Zudem war<br />

unser Ziel, dass unsere Flyer mit in die Einkaufstüten<br />

gegeben werden, was alles andere als<br />

selbstverständlich ist.<br />

MJ: Da könnte ja jeder kommen …<br />

BW: Richtig. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir<br />

als Kulturbetrieb einen großen Vorteil gegenüber<br />

kommerziellen Anbietern haben. Wir kommen<br />

aus dem Non-Profit-Bereich, und wir haben eine<br />

Bildungsmission.<br />

MJ: Bildungsauftrag und nicht kommerziell –<br />

und Sie sind als Museum ideologiefrei. Könnte<br />

das auch wichtig sein? Ein Museum ist wertfrei.<br />

Als Kooperationspartner legt man sich also nicht<br />

fest in einer Richtung und verärgert dadurch<br />

möglicherweise andere. Mit einem Museum kann<br />

sich jeder »schmücken«.<br />

Aus unserer Vielfalt schnüren wir für<br />

jeden Kooperationspartner gezielt<br />

ein maßgeschneidertes Paket.<br />

BW: Ja, das stimmt, das ist ein interessanter<br />

Gedanke. Außerdem können wir aus unserem<br />

breiten Programm für jeden etwas Maßgeschneidertes<br />

zusammenstellen. Wir haben unsere<br />

Sammlung und die Ausstellungen, die pädagogischen<br />

Programme und darüber hinaus unseren<br />

Konzertsaal. Die Frage ist, was man mit dieser<br />

Fülle anfängt.<br />

MJ: Sie gehen also so vor, dass Sie zunächst<br />

genau analysieren: Was braucht dieser potenzielle<br />

Partner? Auf dieser Basis werden Sie<br />

kreativ und entwickeln aus der Vielfalt, die das<br />

Museum bietet, maßgeschneiderte Pakete, die<br />

Sie dem Partner dann vorstellen.<br />

BW: Genau. Und wir suchen Anknüpfungspunkte.<br />

Wichtige Anknüpfungspunkte für Unternehmen<br />

sind Standortaspekte, also Projekte, um die Stadt<br />

oder die Region attraktiver zu gestalten. Auch das<br />

Produkt kann ein Anknüpfungspunkt sein. Wir zeigen<br />

2014 zum Beispiel eine Alchemie-Ausstellung<br />

und haben hierfür die Bereiche Chemie, Stahl und<br />

Pharma im Auge. Eine Kooperation sollte immer<br />

einen thematischen Bezug haben, wenn es um<br />

solche speziellen Themen geht.<br />

es ist wichtig, die Zielgruppe für<br />

eine Kampagne genau zu definieren.<br />

Darauf baut alles auf.<br />

MJ: Als Sie die ständige Sammlung wiedereröffnet<br />

haben, haben sie als Allererstes Ihre Zielgruppe<br />

definiert: »Wir wollen die Düsseldorfer<br />

ansprechen.«<br />

BW: Genau.<br />

MJ: Sie haben dann analysiert: Wo sind denn die<br />

Düsseldorfer? Wo können wir sie finden? Und<br />

haben schließlich die entsprechenden Lokalitäten<br />

bzw. Unternehmen mit fertigen Konzepten konkret<br />

angesprochen. Also ein sehr strategisches<br />

Vorgehen mit Business Plan und Projektplanung.<br />

Mechtild Julius absolvierte an der<br />

Universität Konstanz ihr Studium der<br />

Germanistik und Geschichte. Anschließend<br />

machte sie 6 Jahre Karriere im<br />

Konsumgütermarketing eines namhaften<br />

internationalen Unternehmens. Seit<br />

15 Jahren ist Frau Julius selbstständige<br />

Unternehmensberaterin und Coach<br />

mit den Schwerpunkten Marketing,<br />

Kommunikation und Teamentwicklung.<br />

Seit 2011 verbindet sie im Bereich<br />

Kulturmarketing ihre Erfahrungen aus<br />

Wirtschaft und Kultur. Für die Akademie<br />

museum.de konzipiert und realisiert<br />

Frau Julius Workshops für MuseumsexpertInnen.<br />

www.mj-beratung.com<br />

Ihr Selbstverständnis: Grenzgängerin<br />

zwischen den Welten<br />

BW: So arbeiten wir immer. Anders funktioniert<br />

es nicht.<br />

Die Leute können sich nichts vorstellen.<br />

Sie müssen immer zeigen, wie<br />

etwas aussehen könnte.<br />

MJ: Was ist sonst noch wichtig? Welche Tipps<br />

können Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in<br />

anderen Museen geben?<br />

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