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Wohnungseigentumsrecht<br />
Bauliche Verän<strong>de</strong>rung [81.1]<br />
Eventuell kann Einbau einer Vi<strong>de</strong>oanlage<br />
verlangt wer<strong>de</strong>n<br />
Der nachträgliche Einbau einer Vi<strong>de</strong>oanlage im gemeinschaftlichen<br />
Klingeltableau kann gemäß § 22 Abs. 1 WEG verlangt wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn die Kamera nur durch Betätigung <strong>de</strong>r Klingel aktiviert<br />
wird, eine Bildübertragung allein in die Wohnung erfolgt, bei <strong>de</strong>r<br />
geklingelt wur<strong>de</strong>, die Bildübertragung nach spätestens einer Minute<br />
unterbrochen wird und die Anlage nicht das dauerhafte Aufzeichnen<br />
von Bil<strong>de</strong>rn ermöglicht. Die theoretische Möglichkeit<br />
einer manipulativen Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Anlage rechtfertigt nicht<br />
die Annahme einer über das Maß <strong>de</strong>s § 14 Nr. 1 WEG hinausgehen<strong>de</strong>n<br />
Beeinträchtigung. Ein Nachteil liegt erst vor, wenn eine<br />
Manipulation aufgrund <strong>de</strong>r konkreten Umstän<strong>de</strong> hinreichend<br />
wahrscheinlich ist.<br />
BGH, Urteil vom 8.4.2011, Az.: V ZR 210/1<br />
Fakten: Zwei Wohnungseigentümer<br />
hatten auf einer<br />
Eigentümerversammlung<br />
die Genehmigung <strong>de</strong>s<br />
Einbaus einer Vi<strong>de</strong>okamera<br />
im rechten beziehungsweise<br />
linken Klingeltableau<br />
begehrt. Der entsprechen<strong>de</strong><br />
Beschlussantrag wur<strong>de</strong><br />
mehrheitlich abgelehnt. Der<br />
BGH konnte <strong>de</strong>n Rechtsstreit<br />
zwar nicht abschließend<br />
entschei<strong>de</strong>n, da das<br />
Landgericht <strong>de</strong>n Sachverhalt<br />
noch weiter aufzuklären<br />
hat. Gleichwohl hatten<br />
die Richter klargestellt,<br />
dass ein entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Einbau unter bestimmten<br />
Voraussetzungen verlangt<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Zwar stellt <strong>de</strong>r<br />
nachträgliche Einbau einer<br />
Vi<strong>de</strong>okamera am Klingeltableau<br />
<strong>de</strong>r Wohnanlage<br />
eine bauliche Verän<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>s gemeinschaft lichen<br />
Eigentums dar. Derartige<br />
Verän<strong>de</strong>rungen können<br />
also nur beschlossen o<strong>de</strong>r<br />
verlangt wer<strong>de</strong>n, wenn<br />
je<strong>de</strong>r Eigentümer zustimmt,<br />
<strong>de</strong>ssen Rechte über das bei<br />
einem geordneten Zusam-<br />
menleben unvermeidliche<br />
Maß hinaus beeinträchtigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Soweit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
Eigentümern dagegen<br />
kein <strong>de</strong>rartiger Nachteil<br />
erwächst, ist ihre Zustimmung<br />
zu <strong>de</strong>r beabsichtigten<br />
baulichen Verän<strong>de</strong>rung<br />
nicht erfor<strong>de</strong>rlich.<br />
Ob <strong>de</strong>r Einbau einer Vi<strong>de</strong>okamera<br />
einen unzulässigen<br />
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht<br />
<strong>de</strong>r Eigentümer<br />
darstellt, ist je<strong>de</strong>nfalls unter<br />
Würdigung aller Umstän<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Einzelfalls zu ermitteln.<br />
Vorliegend ist keine<br />
dauerhaft e Überwachung<br />
<strong>de</strong>s Eingangsbereichs beabsichtigt.<br />
Vielmehr soll die<br />
Kamera nur durch Betätigung<br />
<strong>de</strong>r Klingel aktiviert<br />
wer<strong>de</strong>n können, wobei ein<br />
Bild <strong>de</strong>s Eingangsbereichs<br />
allein in die Wohnung<br />
übertragen wer<strong>de</strong>n soll, bei<br />
<strong>de</strong>r ein Besucher geklingelt<br />
hat. Außer<strong>de</strong>m soll die<br />
Bildübertragung nach einer<br />
Minute automatisch unterbrochen<br />
wer<strong>de</strong>n. Auf diese<br />
Weise soll <strong>de</strong>n Eigentümern<br />
die Möglichkeit verschafft<br />
wer<strong>de</strong>n, durch eine zeitlich<br />
begrenzte Bildübertragung<br />
<strong>de</strong>n bei ihr klingeln<strong>de</strong>n Besucher<br />
zu i<strong>de</strong>ntifi zieren und<br />
über <strong>de</strong>ssen Einlass in das<br />
Haus zu entschei<strong>de</strong>n.<br />
In diesen engen Grenzen bewirkt<br />
die geplante Maßnahme<br />
keine Beeinträchtigung<br />
<strong>de</strong>s Persönlichkeitsrechts<br />
<strong>de</strong>r Eigentümer. Es erfolgt<br />
we<strong>de</strong>r eine Überwachung<br />
<strong>de</strong>s Eingangsbereichs für<br />
längere Zeiträume o<strong>de</strong>r<br />
mit Regelmäßigkeit noch<br />
ist die Vi<strong>de</strong>oübertragung<br />
darauf angelegt, sämtliche<br />
Benutzer <strong>de</strong>s Hauseingangsbereichs<br />
abzubil<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>re<br />
Eigentümer wer<strong>de</strong>n nur<br />
dann bildlich erfasst, wenn<br />
sie sich zeitgleich mit einem<br />
bei <strong>de</strong>r Klägerin klingeln<strong>de</strong>n<br />
Besucher im Erfassungsbe-<br />
Ergänzung <strong>de</strong>r Tagesordnung [81.2]<br />
Ladungsfrist ist zu beachten<br />
81<br />
reich <strong>de</strong>r Kamera aufh alten.<br />
Durch eine <strong>de</strong>rart zufällige<br />
Einbeziehung eines Eigentümers<br />
in die Bildübertragung<br />
erlei<strong>de</strong>t er keinen über<br />
das unvermeidliche Maß<br />
hinausgehen<strong>de</strong>n Nachteil.<br />
Fazit: Vom Landgericht<br />
muss nun noch die auch<br />
nach Auff assung <strong>de</strong>s BGH<br />
be<strong>de</strong>utsame Frage geklärt<br />
wer<strong>de</strong>n, ob ein Fachmann<br />
allein auf Veranlassung<br />
eines Eigentümers ohne<br />
Einschaltung <strong>de</strong>r Hausverwaltung<br />
Än<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>n<br />
Einstellungen <strong>de</strong>r Anlage<br />
vornehmen könnte. Weiter<br />
ist zu klären, ob die Anlage<br />
technische Vorkehrungen<br />
gegen unbefugte Eingriff e<br />
von nicht autorisierter Seite<br />
enthält.<br />
Rigi<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen gibt es für <strong>de</strong>n Einbau einer Kamera.<br />
Ein Miteigentümer hat einen Anspruch gegen <strong>de</strong>n Verwalter<br />
auf Aufnahme eines Tagesordnungspunkts in die Einladung für<br />
die nächste Eigentümerversammlung, wenn <strong>de</strong>ssen Behandlung<br />
ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, weil sachliche<br />
Grün<strong>de</strong> für eine Erörterung und Beschlussfassung sprechen.<br />
Dieser Anspruch entfällt allerdings, wenn die Ladungsfrist <strong>de</strong>s<br />
§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht mehr gewahrt wer<strong>de</strong>n kann und<br />
auf diese Frist auch nicht ausnahmsweise verzichtet wer<strong>de</strong>n<br />
kann.<br />
LG München I, Urteil vom 16.5.2011, Az.: 1 S 5166/11<br />
www.immobilienwirtschaft.<strong>de</strong> 09 | 2011