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echt als Antwort der Rockgiganten auf den Punk bewertet (was sich<br />
freilich nicht auf die Länge der Stücke beziehen kann). Musikalisch<br />
ist „Animals“ ein monumentales Bluesalbum, vielleicht die Gilmour-<br />
Platte im Pink-Floyd-Gesamtwerk schlechthin. Nie zuvor und nie<br />
wieder waren so viele Gitarren zu hören. Bezüge zu Allen Ginsberg<br />
und George Orwell sind unüberhörbar. Viele Floyd-Fans allerdings<br />
lehnen bis heute „Animals“ als flüchtig produzierten Ausrutscher<br />
ab, was sicher durch abfällige Aussagen der Bandmitglieder angefeuert<br />
wird. Für eine Minderheit ist es indes eine kraftvolle Abkehr<br />
vom Kommerz, die auf ihre Rehabilitation vor der Geschichte wartet.<br />
Und wenn man einen Song wie „Dogs“ genau hört, dann setzt er sich<br />
eben doch aus vielen kleinen Formaten zusammen, die nur ohne Pause<br />
aneinandergefügt sind. „Musikalisch haben Pink Floyd noch nie<br />
so kompromisslos und mit größerer Überzeugungskraft abgerockt“,<br />
findet Biograf Nicholas Schaffner. Die Punk- und New-Wave-Presse<br />
überschlug sich, für ihre Fans<br />
waren Pink Floyd aber nicht<br />
mehr Pink Floyd, sondern<br />
Mason, Waters, Gilmour in der eine amorphe Erbmasse der<br />
Londoner O2-Arena im Mai 2011: früheren Größe.<br />
Kurz-Reunion für zwei Stücke<br />
Der interne Zusammenhalt<br />
wurde nach „Animals“<br />
aufgekündigt. Roger Waters<br />
verstand die Band von nun an<br />
als Vehikel zur Verkündigung<br />
seiner Visionen und Traumata.<br />
Abgründe taten sich zwischen<br />
ihm und Gilmour auf,<br />
unter denen die Produktion<br />
von „The Wall“ litt. Genau genommen<br />
war „The Wall“ als<br />
Soloprojekt von Waters angelegt,<br />
musste aber aus finanziellen<br />
Gründen – Pink Floyd<br />
waren wegen eines großangelegten<br />
Betruges pleite – als<br />
Bandalbum aufgenommen<br />
werden. Waters erzählt eine<br />
rührselige, zu großen Teilen<br />
autobiographisch gefärbte<br />
Geschichte, in der auch die Barrett-Saga noch einmal aufgewärmt<br />
wird. Auf „The Wall“ sind Pink Floyd letztmalig als Quartett zu hören,<br />
Rick Wright ertrug die Spannungen nicht mehr, verweigerte sich<br />
und wurde noch während der Aufnahmen gefeuert. Doch all diese<br />
Geschichten sind nur Nebensache. Das Doppelalbum verkaufte sich<br />
30 Millionen Mal. Die einstigen Avantgardisten Pink Floyd waren<br />
mit dieser Hochglanz-Produktion nicht nur weltweit im Mainstream<br />
angekommen, schlimmer noch, sie definierten den Mainstream. Der<br />
Mythos war erloschen.<br />
Coda<br />
„The Wall“ war das inoffizielle Ende von Pink Floyd. Alles, was danach<br />
passierte, waren Episoden, die nur noch unter dem Logo der Band firmierten.<br />
Was immer das Etikett „Pink Floyd“ trug, verkaufte<br />
sich gut, und dabei hilft die Legende, die<br />
sich Schritt für Schritt verfestigte:<br />
die psychedelischen Anfänge<br />
mit dem durchgeknallten Syd<br />
Barrett, das Frühlingserwachen<br />
10<br />
plus<br />
Gigantomanisches<br />
Marionettentheater: „The Wall“<br />
ist das Ende der Barrett-Saga<br />
auf „Meddle“, die großen Klangepen „The Dark Side Of The Moon“<br />
und „Wish You Were Here“ sowie der apokalyptische Schwanengesang<br />
auf „Animals“. So bleibt es eine Entdeckungsreise ins Innere der<br />
Rockmusik, Bedeutung und Einfluss von Pink Floyd alle paar Jahre<br />
neu zu justieren. Je mehr emotionalen Abstand wir zu den Dinosauriern<br />
des Klangbombasts finden, desto besser erkennen wir wieder ihre<br />
wahre Größe – und ihre großen Schwächen.<br />
P i n k F l oy d „ d i s cov e ry “<br />
Keine Weltraummission, sondern eine CD-Box<br />
Sammler bekommen in diesem Herbst leuchtende Augen. Denn nachdem<br />
bereits „Dark Side Of The Moon“ in einer reich bestückten „Immersion“-<br />
Box mit diversen Mixen, Fan-Artikeln und Bildmaterialien erschienen ist, folgen<br />
in ähnlich opulenter Ausstattung noch „Wish you Were Here“ (4.11.) und<br />
„The Wall“ (24.2.). Für Puristen hingegen ist die „Discovery“-Box mit allen<br />
14 digital remasterten Studioalben und Fotobuch die wahrscheinlichere Wahl.<br />
Darüber hinaus erscheinen von allen Editionen auch abgespeckte Varianten<br />
mit weni ger Bonusmaterial. Und wer einfach<br />
nur die Hits der Band auf einer CD haben will, kann<br />
sich „A Foot In The Door“ leisten. Viel Stoff<br />
für die Ohren in bril lantem Sound.<br />
Foto: Getty Images