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Pyrotechnik, Leinwände,<br />
Megasound: Schon vor<br />
„The Wall“ waren Shows<br />
wie ein Rotterdam 1977<br />
ein zirzensisches Spektakel<br />
der Opener „One Of These Days“, der wie ein programmatischer Abschied<br />
von allen Hard- und Progrock-Klischees in einen neuen, unerhörten<br />
Orbit klingt. In „Fearless“, in dem die Band sich über den<br />
Antagonismus von Individuum und Gesellschaft auslässt, nimmt die<br />
Barrett-Saga ihren Anfang. Der letzte Song, der für<br />
„Meddle“ entstand, war „Brain Damage“, doch die<br />
Gruppe beschloss, diese weitere Barrett-Hommage<br />
für die nächste Platte, ein Konzeptalbum namens<br />
„The Dark Side Of The Moon“ aufzuheben. Pink<br />
Floyd hatten ihr Thema und ihren Platz in der Musikwelt<br />
gefunden.<br />
Der Rest ist Geschichte. „The Dark Side Of The<br />
Moon“ und „Wish You Were Here“ gehören nicht<br />
nur zu den großen Konsensalben der 70er Jahre,<br />
es sind zweifellos zwei Beispiele für absolut komplette<br />
Klangkunstwerke, die auch noch beim hundertsten<br />
Hören neue Schätze aus ihren unendlichen<br />
Tiefen preisgeben. Beide LPs sind letztlich<br />
zwar dem kollektiven schlechten Gewissen von<br />
vier Musikern entsprungen, die zu spät begriffen<br />
hatten, was Verantwortung bedeutet. Doch<br />
was wäre der Welt verloren gegangen, wenn sie<br />
sich immer menschlich korrekt verhalten hätten?<br />
Pink Floyd spielten sich einen Dämon von der Seele<br />
und wurden damit zu einem der erfolgreichsten<br />
Rock-Unternehmen aller Zeiten. Für kurze Zeit<br />
erwiesen sich David Gilmour, der ehemalige Dressman, der immer<br />
ein wenig zu Gefälligkeiten neigte, und Roger Waters, der problembewusste<br />
Klangphilosoph, der seinem Hörer stets eine Denkaufgabe<br />
Steve Jones (Sex Pistols) trug schon<br />
mal ein „I hate Pink Floyd“-T-Shirt<br />
mitgeben wollte, als perfektes Team. Die bewusste Vereinbarung von<br />
Experiment und kommerzieller Zugänglichkeit wurde mit „The Dark<br />
Side Of The Moon“ zum Erfolgsrezept von Pink Floyd. Warum die<br />
Platte über nunmehr fast vier Jahrzehnte so erfolgreich ist, fasst Nick<br />
Mason in lakonische Worte: „Es war die richtige<br />
Platte zur richtigen Zeit!“ Stimmt. Und trifft auch<br />
auf „Wish You Were Here“ zu.<br />
Punk Floyd oder Pink Freud?<br />
Mitte der70er Jahre hatten Pink Floyd alles erreicht,<br />
was eine Rockband erreichen kann. Dann passierte<br />
1976 etwas, womit niemand gerechnet hatte. Die sozialen<br />
Gegensätze in der einstigen Stadt der Liebe<br />
waren unerträglich geworden, eine neue Generation<br />
war herangewachsen, die mit dem Post-Hippie-Surrealismus<br />
à la Pink Floyd nicht viel am Hut<br />
hatte. Sie selbst hatten mit ihren letzten drei Alben<br />
neben Bands wie Emerson, Lake & Palmer, Yes und<br />
Genesis nicht unerheblich dazu beigetragen, dass<br />
wieder eine größere Nachfrage nach einfacheren<br />
Formaten bestand. Aus den Pionieren wurden Saurier,<br />
Feindbilder. Der Punk und Szeneheroe Johnny<br />
Rotten schmückte sich etwa mit einem „I hate<br />
Pink Floyd“-Shirt, und für Waters, Gilmour & Co.<br />
war ein Themenwechsel vonnöten. Man konnte<br />
schließlich nicht ewig auf der Barrett-Wolke weiterschweben<br />
und gab das Sujet preis, das die Band zusammenhielt.<br />
Mit „Animals“ begann der Abschied Pink Floyds von der eigenen<br />
Fabel. Die düstere Kapitalismus-Analyse „Animals“ wird nicht zu Un-<br />
9<br />
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