Wiener Festwochen - Österreich Journal
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Foto: BKA/HBF / Andy Wenzel<br />
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 107 / 03. 05. 2012<br />
<strong>Österreich</strong>, Europa und die Welt<br />
<strong>Österreich</strong> hat aus seiner<br />
Geschichte gelernt<br />
Staatssekretär Josef Ostermayer empfing AuslandsösterreicherInnen<br />
des Jewish Welcome Service-Vienna im Bundeskanzleramt.<br />
Staatssekretär Josef Ostermayer begrüßt die AuslandsösterreicherInnen des Jewish Welcome Service im Bundeskanzleramt.<br />
Wir sind verpflichtet, jeden Tag aufs<br />
Neue für Demokratie, soziale Gerechtigkeit<br />
und Rechtsstaatlichkeit einzutreten<br />
und autoritäre und antidemokratische Ideologien<br />
zu verhindern“, sagte Staatssekretär<br />
Josef Ostermayer am 25. April anläßlich des<br />
Empfangs des Jewish Welcome Service im<br />
Bundeskanzleramt.<br />
„Viele <strong>Österreich</strong>erinnen und <strong>Österreich</strong>er<br />
waren aktiv am Holocaust beteiligt oder<br />
haben ihre Augen vor den Greueltaten des<br />
Nazi-Regimes verschlossen. Niemals zuvor<br />
gab es in der Geschichte <strong>Österreich</strong>s eine<br />
ähnliche Hetzjagd und systematische Ermordung<br />
Andersgläubiger oder Minderheiten“,<br />
sagte der Staatssekretär. Viele der heute Anwesenden<br />
hätten selbst Familienangehörige<br />
und Freunde verloren oder hätten nahe Verwandte,<br />
die von den schrecklichen Erlebnissen<br />
dieser Zeit berichtet hätten. „Wir wollen<br />
jedoch auch nicht jene Frauen und Männer<br />
vergessen, die den Verfolgten geholfen, für<br />
die Demokratie gekämpft und Widerstand<br />
geleistet haben. Tausende haben dafür sogar<br />
ihr Leben gelassen“, so Ostermayer.<br />
„Wir sind uns unserer historischen Verantwortung<br />
bewußt, denn <strong>Österreich</strong> hat aus<br />
seiner Geschichte gelernt. Das Land, in dem<br />
wir heute leben, ist weltoffen und stolz auf<br />
seine Demokratie und soziale Gerechtigkeit.<br />
Ich möchte nicht verschweigen, daß es auch<br />
heute noch rassistische und ausländerfeindliche<br />
Tendenzen gibt. Doch es ist unsere Aufgabe,<br />
diese Anzeichen rechtzeitig zu erkennen<br />
und dagegen vorzugehen. Nicht nur in<br />
<strong>Österreich</strong>, sondern auch auf europäischer<br />
Ebene“, so der Staatssekretär. <strong>Österreich</strong> hätte<br />
in der Zeit nach 1945 verabsäumt, die TäterInnen<br />
sowie die Gründe für den Aufstieg<br />
des nationalsozialistischen Gedankenguts<br />
genauer zu beleuchten und aufzuarbeiten.<br />
„In Anbetracht unserer Geschichte sind<br />
wir stolz darauf, Teil der Europäischen Union,<br />
einem noch nie da gewesenen Friedensprojekt,<br />
zu sein. Wir wollen dabei auch eine<br />
aktive Rolle übernehmen und den europäischen<br />
Integrationsprozeß vorantreiben. Dabei<br />
einen uns Grundprinzipien wie Demokratie<br />
und Freiheit. Und ich weiß, daß die<br />
Mehrheit der <strong>Österreich</strong>erinnen und <strong>Österreich</strong>er<br />
das genauso sieht und unterstützt“,<br />
so der Staatssekretär abschließend.<br />
Das Besuchsprogramm wird von der Republik<br />
<strong>Österreich</strong> und der Stadt Wien unterstützt.<br />
Verpflichtung der Stadt Wien vor dem<br />
Hintergrund seiner historischen und<br />
moralischen Verantwortung…<br />
„Fast 50 Jahre hat <strong>Österreich</strong> gebraucht“,<br />
sagt Wiens Bürgermeister und Präsident des<br />
Jewish Welcome Service, Michael Häupl, „um<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
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seinen Anteil und seine Mitschuld an den<br />
Verbrechen des Nationalsozialismus zu bekennen.<br />
Während der nationalsozialistischen<br />
Diktatur wurden mehr als 130.000 österreichische<br />
Jüdinnen und Juden vertrieben;<br />
mehr als 65.000 wurden während der Shoah<br />
ermordet. Nach dem Kriegsende bestand die<br />
einst blühende <strong>Wiener</strong> Jüdische Gemeinde<br />
nur mehr aus einigen hundert Mitgliedern.<br />
Die heutige Gemeinde wurde vor allem von<br />
,Displaced Persons‘ gegründet, denn sehr<br />
wenige der <strong>Wiener</strong> Jüdinnen und Juden<br />
konnten oder wollten sich zu einer Rückkehr<br />
entschließen. Auch waren weder damalige<br />
Regierung noch <strong>Wiener</strong> Stadtverwaltung<br />
sehr interessiert, den vertriebenen Jüdinnen<br />
und Juden eine Heimkehr zu ermöglichen.“<br />
Vor dem Hintergrund ihrer historischen<br />
und moralischen Verantwortung, fühle sich<br />
die Stadt Wien dem großen kulturellen Erbe<br />
des Judentums ebenso verpflichtet wie der<br />
Aufgabe des modernen Wien als Ort der internationalen<br />
Begegnung. Im Jahre 1980 sei<br />
daher auf Initiative des damaligen Bürgermeisters<br />
Leopold Gratz und Stadtrats Heinz<br />
Nittel gemeinsam mit Leon Zelman der Jewish<br />
Welcome Service Vienna gegründet<br />
worden, mit dem Ziel, die Präsenz einer aktiven<br />
und selbstbewußten jüdischen Gemeinde<br />
nach der Shoah zu dokumentieren. �<br />
http://www.jewish-welcome.at