Koolhaas nimmt in der Reihe Theorie

Auseinandersetzung mit Koolhaas bedeutet immer, dass man sich mit seiner Person
und seinem Charakter auseinandersetzen muss, und der ist, um es freundlich
auszudrücken, nicht eben einfach.
Geb. 1944 in Rotterdam
Die Familie zieht für einige Jahre (1952-56) von Koolhaas’ Kindheit nach Indonesien
(nachdem Indonesien unabhängig wurde) der Vater ist Autor von Kinderbüchern
Koolhaas beginnt nach der Schulausbildung (jetzt wieder in Rotterdam, Mitte bis Ende
der 60er Jahre) für die Haagse Post als Journalist zu arbeiten. Tatsächlich verfasst er
eine Reihe von Artikeln bzw. macht Interviews über und mit einigen interessanten
Persönlichkeiten, darunter Le Corbusier, Frederico Fellini, Constant.
Die Haagse Post ist eine eigenwillige Tageszeitung: konservativ-liberal in der gesamten
Ausrichtung, der Feuilleton wird aber von jeden Einmischungen frei gehalten, so dass
sich dort eine Gruppe bildet, die zwar beeinflusst ist von den Bewegungen der sechziger
Jahre – Studentenbewegung, Protest gegen den Vietnamkrieg usw. –, sich zugleich
aber auch davon absetzt. Eher dandyhaft treten die Mitglieder dieser Gruppe auf; sie
partizipieren nicht an den Demonstrationen auf der Straße, aber sie profitieren von der
Freiheitsidee, welche sich auf vielen Ebenen, insbesondere natürlich im kulturellen und
sozialen Bereich, durchzusetzen beginnt, und die sie auch dazu nutzen, politisch nicht
ganz korrekt zu schreiben und sich z.B. auch zu kleiden (in Anzügen).
[Bild 2: Constant + Berliner Mauer]
Koolhaas dürfte von dieser Zeit stark beeinflusst sein, wobei die Frage, was ihn am
meisten und vor allem in welcher Form beeindruckt hat, nicht so ohne weiteres zu klären
ist.
In diesem Zusammenhang sei auf zweierlei verwiesen.
1. Bart Lootsma hat einen Text gerade über diese Zeit bei der Haagse Post
geschrieben: „Koolhaas, Constant, und die niederländische Kultur der 60er Jahre“. Dort
geht er u.a. der Frage nach, ob die auffälligen Gemeinsamkeiten zwischen dem
Aussehen von bestimmten Projekten von Constant, der lose den Situationisten
assoziiert war, und denen von Koolhaas, beabsichtigt ist oder nicht. Da Bart vermutlich
in seinen Vorlesungen im Sommer bereits darauf eingegangen ist, beschränke ich mich
jetzt nur auf einen kleinen Ausschnitt dieser Frage.
2. Wie bereits gesagt, spielen autobiographische Bezüge bei Koolhaas immer eine
Rolle, gleichwohl steuert Koolhaas viel davon selbst. Das heißt, er selektiert das
Informationsmaterial, das über ihn als Person im Umlauf ist, und er bereitet es auch so
auf, dass eine gewisse Neigung zum Legendenhaften nicht zu übersehen ist. Ich will
daher nur bemerken, dass diese frühe Phase seines intellektuellen Werdegangs
bestimmt von großer Wichtigkeit ist, aber manches vielleicht auch nicht überbewertet
werden sollte. Immerhin war Koolhaas noch ein blutjunger Journalist, wenngleich es
offenkundig ist, dass er sehr schnell „dazugehörte“: zu der Szene, die sich selber für
wichtig hielt.