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Koolhaas nimmt in der Reihe Theorie

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propagierte Nicht-Architektur bereits existierte, und zwar versehen sogar mit großer<br />

Macht. Zudem handelte es sich bei <strong>der</strong> „Summer Study“ ausdrücklich um e<strong>in</strong>e<br />

Bauaufnahme –, doch steckt h<strong>in</strong>ter dem Fokus auf dem Baulichen und<br />

Architektonischen schon <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er <strong>Theorie</strong>, welche <strong>in</strong> den folgenden Jahren zum<br />

Vorsche<strong>in</strong> kommen soll.<br />

Angesichts <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Mauer, <strong>der</strong>en Verlauf und bauliche Ersche<strong>in</strong>ung an den<br />

verschiedenen Abschnitten (manchmal frei stehend, manchmal von Bebauung<br />

umgeben, manchmal ignorant gegen den Kontext, manchmal devot usw.) von <strong>Koolhaas</strong><br />

genau dargelegt wird, realisiert er nach eigener Auskunft zum ersten Mal, dass im<br />

konkurrierenden Verhältnis zwischen Architektur und Stadt <strong>der</strong> Architektur nicht zu<br />

trauen ist. Weil die Architektur <strong>der</strong> Mauer, ihr Dase<strong>in</strong> als Objekt, offenbar so „marg<strong>in</strong>al“<br />

war, während ihre Bedeutung so „schwer“ wiegte, weil also architektonische Form und<br />

Bedeutung nicht das ger<strong>in</strong>gste mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu tun haben müssen, hat <strong>in</strong> <strong>Koolhaas</strong>’<br />

Analyse die „Berl<strong>in</strong>er Mauer als Architektur“ etwas zweideutiges und spezifisch<br />

h<strong>in</strong>terhältiges, das nicht auf Anhieb zu durchschauen ist. Erst nachdem er sich damit<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt hat, ist er nach eigenen Worten „e<strong>in</strong> ernster Student“ geworden.<br />

<strong>Koolhaas</strong> macht demzufolge am Anfang se<strong>in</strong>er Karriere als Architekt angesichts <strong>der</strong> 225<br />

Kilometer langen Mauer, welche den westlichen Teil <strong>der</strong> Stadt Berl<strong>in</strong> „umz<strong>in</strong>gelt“, die<br />

Erfahrung e<strong>in</strong>es Schocks, <strong>der</strong> nicht von ihren politischen Implikationen ausg<strong>in</strong>g (von<br />

denen er selbst ja auch nie betroffen war), son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie von ihrer<br />

provozierenden Nicht-Architektur, die diese schwerwiegenden politischen Implikationen<br />

ermöglichte.<br />

Se<strong>in</strong> Hauptangriff richtet sich aber vor allem gegen die romantischen Träumereien<br />

se<strong>in</strong>er Lehrer (und damit implizit auch gegen Constant), die glauben, mit dieser Art von<br />

Nicht-Architektur Freiheit für die ganze Gesellschaft erlangen zu können. Die Berl<strong>in</strong>er<br />

Mauer so <strong>Koolhaas</strong>, beweise das Gegenteil.<br />

[Bild 3: Exodus]<br />

Hier trifft <strong>Koolhaas</strong> auch auf e<strong>in</strong>en se<strong>in</strong>er ersten zentralen Begriffe: void, die Leere, aber<br />

nicht im S<strong>in</strong>ne von Abwesenheit, Mangel, son<strong>der</strong>n als etwas, was Potential hat, das<br />

erstaunliche Verhaltensweisen hervorrufen kann (davon abgeleitet se<strong>in</strong>e bekannteste<br />

These, nach <strong>der</strong> Architektur die Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von Ereignissen sei, während die Leere<br />

Möglichkeiten schaffe). Daraus ergibt sich se<strong>in</strong> Projekt Exodus, se<strong>in</strong>e<br />

Diplomarbeit an <strong>der</strong> AA, unverkennbar bee<strong>in</strong>flusst von <strong>der</strong> Mauer, aber auch von den<br />

immer pessimistischer werdenden Projekten <strong>der</strong> italienischen Gruppe Superstudio, die<br />

mit ihren Megastruktur-Entwürfen das Irrationale an sche<strong>in</strong>bar rationalen Strukturen<br />

aufdecken wollen.<br />

[Bild 4: New York]<br />

Delirious New York<br />

<strong>Koolhaas</strong> ergattert anschließend e<strong>in</strong> Stipendium an Peter Eisenmans Institute for<br />

Architecture and Urban Studies (IAUS) <strong>in</strong> New York, außerdem studiert er weiter bei O.<br />

M. Ungers an <strong>der</strong> Cornell University, Ithaca.

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