© Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig/Wiesbaden 1998 - und ...
© Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig/Wiesbaden 1998 - und ...
© Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig/Wiesbaden 1998 - und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
38 Das ifeu-Institut<br />
nung, Energiespeicherung <strong>und</strong> Energienutzung, b) auf dem Gebiet der ökologischen Systemanalyse,<br />
insbesondere der Umweltbeeinflussung durch bisher durchgeführte oder geplante<br />
Energiegewinnung, vor allem der Radioökologie, c) auf dem Gebiet der Wirkung <strong>und</strong><br />
Verringerung von Schadstoffemissionen, der Abwasser- <strong>und</strong> der Abfallbeseitigung.“<br />
Die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse sollten nicht nur in Gutachten, Fachgesprächen<br />
<strong>und</strong> wissenschaftlichen Veröffentlichungen ihren Niederschlag finden, sondern<br />
darüber hinaus einer breiten Öffentlichkeit durch die Erarbeitung <strong>und</strong> Publikation von Bildungsmaterial,<br />
durch Vortragsveranstaltungen <strong>und</strong> Seminare sowie durch Bürgerberatung<br />
bekannt gemacht werden. Im Gegensatz zum Öko-Institut, das einige Monate zuvor in Freiburg<br />
gegründet worden war, setzte man am IFEU nicht auf einen großen Förderverein, der<br />
eine gewisse Gr<strong>und</strong>finanzierung des Institutsbetriebes hätte gewährleisten sollen. Dies unterblieb<br />
u. a. deshalb, um unnötige Konkurrenz beim Werben von Mitgliedern zu vermeiden.<br />
Die Absicht war, durch Gutachten <strong>und</strong> Beratungen die erforderliche Finanzierung<br />
herzustellen. Diesem finanziellen Risiko stand der Vorteil gegenüber, dass die Organisationsstruktur<br />
klein <strong>und</strong> übersichtlich gehalten wurde. Es gab keine externen Personen oder<br />
Institutionen, die auf die Arbeit Einfluss nehmen konnten. Das IFEU war eines der ersten<br />
selbstverwalteten <strong>und</strong> selbstbestimmten Forschungsinstitute in Deutschland.<br />
Die Anfangszeit am IFEU war davon geprägt, dass die Wissenschaftler fast ohne Gehalt arbeiteten<br />
<strong>und</strong> die Erlöse aus Projekten in den Aufbau einer Infrastruktur <strong>und</strong> in finanzielle<br />
Rücklagen flossen. Tatsächlich erhielt das Institut nach einer kurzen Anlaufzeit beachtliche<br />
staatliche Forschungsaufträge. Damit konnte es sein Überleben sichern. Der erste Auftrag<br />
war wahltaktisch geprägt: Das hessische Wirtschaftsministerium wollte vor einer Landtagswahl<br />
öffentlich dokumentieren, dass es auch mit Wissenschaftlern zusammenarbeitet,<br />
die der Kernenergie gegenüber kritisch eingestellt sind. Nach harten Verhandlungen mit den<br />
<strong>Wiesbaden</strong>er Ministerialbeamten konnten Richard Ratka <strong>und</strong> Ulrich Höpfner die erste „kritische“<br />
<strong>und</strong> staatlich finanzierte Radioökologie-Studie akquirieren (siehe z. B. Franke et al.,<br />
1978), damals zum Kernkraftwerk in Biblis. Für die Wissenschaftler waren die Verhandlungen<br />
auf Gr<strong>und</strong> der politischen Begehrlichkeiten des Ministeriums ein schmaler Pfad,<br />
letztendlich trug diese Studie aber dazu bei, das IFEU <strong>und</strong> auch die vertretenen Themen<br />
hoffähig zu machen. Schon davor hatten die IFEUler im Rahmen der Entsorgungsgespräche<br />
des niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht inhaltlich der Firma Öko-Consult<br />
zugearbeitet <strong>und</strong> das Gorleben-Hearing mit vorbereitet.<br />
Im Jahr 1979 initiierte Richard Ratka eine große Studie beim B<strong>und</strong>esminister für Forschung<br />
<strong>und</strong> Technologie über die radioaktiven Emissionen aus dem Sek<strong>und</strong>ärkreislauf von Kernkraftwerken<br />
(Ratka et al., 1982). Die Studie hatte ein Volumen von ca. 800.000 DM <strong>und</strong><br />
rief den erbitterten Protest der „Atomlobby“ hervor, der fast bis zur persönlichen Verunglimpfung<br />
der Wissenschaftler reichte (Hillerbrand, 1982). Für mehrere Jahre im Voraus<br />
musste ein professioneller Forschungsbetrieb garantiert werden, mit einer funktionierenden<br />
Buchhaltung, die die Abrechnungsmodi der Ministerien kannte, mit Mitarbeitern, die kontinuierliche<br />
<strong>und</strong> belastbare Arbeitsergebnisse lieferten. In dieser Zeit machte das IFEU seine<br />
erste Professionalisierungsphase durch, wandelte sich von einem universitären Arbeits- <strong>und</strong><br />
Aktionskreis in eine ernst zu nehmende Forschungseinrichtung.