Rede - Coburger Convent
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Das jüdisch-christliche Weltbild, dass das Abendland letztlich eineinhalb Jahrtausende<br />
bestimmt hat, gibt im Schöpfungsbericht im 1. Buch Mose, dem Buch Genesis, gleich zu<br />
Beginn die Begründung dafür, warum der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist, wenn es heißt:<br />
Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, und es weiter heißt: als Mann und Frau.<br />
Der englische Philosoph und Staatstheoretiker des 17. Jahrhunderts, Thomas Hobbes,<br />
beschreibt in seinem Hauptwerk Leviathan die dunkle Seite des Menschen, die die Menschen<br />
dazu veranlasst, einen Gesellschaftsvertrag zu schließen und die Macht auf ein Souverän zu<br />
übertragen, um Anarchie und Chaos zu vermeiden. Seiner Auffassung nach ist nämlich der<br />
Mensch dem Menschen ein Wolf.<br />
Bei Nietzsche, immer etwas dunkel, ist es die Angst, die den Menschen Gemeinschaft<br />
schließen lässt.<br />
Und der Philosoph Arnold Gehlen, 1976 in Hamburg verstorben, sieht den Grund dafür,<br />
warum der Mensch Institutionen bildet, wie Familie, Staat, Rechtswesen oder Korporationen<br />
darin begründet, dass der Mensch ein Mängelwesen ist, dem die tierischen Instinkte fehlen.<br />
Diesen Mangel, der ihn und sein Überleben in der freien Wildbahn beeinträchtigt,<br />
kompensiert der Mensch mit seiner Fähigkeit zur Vergemeinschaftung in sog. Institutionen.<br />
Was hat das nun mit unserem Präsidialmotto zutun?<br />
Ich will es Ihnen sagen. Es handelt sich hierbei nur um die eine Seite der Medaille, die Frage,<br />
warum der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist. Die andere Seite ist die Frage, was die<br />
Gemeinschaft braucht, um zu funktionieren, um lebensfähig zu sein.<br />
Hier haben verschiedene Denker, ich nenne sie mal Systemtheoretiker, wie Niklas Luhmann,<br />
Ernst-Wolfgang Böckenvörde, Arnold Gehlen und Eilert Herms<br />
eine wichtige Erkenntnis gewonnen:<br />
Alle diese Institutionen leben von Voraussetzungen, die sie selbst nicht schaffen können, die<br />
ihnen gleichsam zugeführt werden müssen: Es handelt sich hierbei um die Bestimmung sog.<br />
kategorialer weltanschaulicher und religiöser Gewissheiten, mit anderen Worten, es handelt<br />
sich hierbei<br />
um Werte und Traditionen, um Kultur und Religion, um Ethik und Moral. Das sind die<br />
Grundlagen und Voraussetzungen für das Funktionieren von Gemeinschaft.<br />
Das ist das Schmieröl, welches das Getriebe am Laufen hält. Das ist das Blut, das den<br />
Organismus leben lässt. Und hieran knüpft unser Präsidialmotto an, wenn es zwar nicht die<br />
Handlungsweise, aber den Auftrag formuliert:<br />
Wahre treu, was schwer errungen<br />
Hier möchte ich daran anzuknüpfen, was der Liedschreiber im 19. Jahrhundert stellvertretend<br />
für viele Deutschen zum Ausdruck bringen wollte: