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Rede - Coburger Convent

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<strong>Coburger</strong> <strong>Convent</strong><br />

Presseinformation<br />

Dachverband von 100 akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften<br />

Konfessionell, politisch und weltanschaulich ungebunden<br />

Pressesprecher<br />

Norman Rönz<br />

presseamt@coburger-convent.de<br />

Fon +49 (0) 9131 – 9234 407<br />

Fax +49 (0) 9131 – 9234 408<br />

Sperrvermerk: Montag, 13. Juni 2011 – 11.30 Uhr<br />

13.06.2011<br />

<strong>Rede</strong> zum Gedenkgottesdienst<br />

- Es zählt das gesprochene Wort -<br />

Sehr geehrte Verbandsbrüder, verehrte Damen, sehr geehrte<br />

Gäste,<br />

vor 2 Jahren, einen Tag nach dem Pfingstkongress 2009, las ich auf<br />

der Gedenktafel für die Kriegstoten des 1. Weltkrieges in der<br />

Klosterkirche von Dießen am Ammersee folgenden Spruch:<br />

„Besser wir fallen im Kampf als wir sehen unseres Volkes Unglück“<br />

Es ist die Aussage der Anfang des vorigen Jahrhunderts üblichen<br />

Heldenverklärung.<br />

Noch ganz unter dem Eindruck unseres einen Tag zurückliegenden<br />

Totengedenkens in Coburg fragte ich mich: Wie bewerten wir es<br />

heute<br />

Kontakt<br />

Kanzlei des <strong>Coburger</strong> <strong>Convent</strong>s<br />

Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Triftstraße 1<br />

80538 München<br />

Amtsleitung<br />

Norman Rönz<br />

presseamt@coburger-convent.de<br />

Fon +49 (0) 9131 – 9234 407<br />

Fax +49 (0) 9131 – 9234 408<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.coburger-convent.de


COBURGER CONVENT<br />

der akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften<br />

Das Bild vom „ Heldentod“ kommt in unserem Denken, in unserer<br />

politischen wie auch gesellschaftlichen Landschaft nicht mehr vor.<br />

Zu bitter waren die Erfahrungen zweier Weltkriege, zu groß die<br />

Zahl der Gefallenen und der zivilen Opfer. Krieg bedeutet immer<br />

Unglück für ein Land, ob an der Front oder im Landesinnern.<br />

Der zitierte Spruch missachtet besonders das große Leid, die<br />

übergroße Trauer, die die Hinterbliebenen, die Familien der Opfer<br />

erleiden müssen, wenn ein geliebter Mensch nicht mehr nach Haus<br />

zurückkommt.<br />

Anhand persönlicher Betroffenheit möchte ich das aufzeigen.<br />

Kurz bevor ich 4 Jahre alt wurde, sah ich meinen Vater zum letzten<br />

Mal während seines Fronturlaubs. Ein halbes Jahr später war er in<br />

den Kriegswirren im heutigen Moldawien, das bis 1945 noch zu<br />

Rumänien gehörte, vermisst. Jahrelang konnten meine Mutter und<br />

ich nicht glauben, dass wir ihn nie mehr Wiedersehen würden.<br />

Selbst 10 Jahre nach Kriegsende, als der damalige Bundeskanzler<br />

Adenauer die letzten Kriegsgefangenen aus Russland heimholte,<br />

klammerten wir uns immer noch so die Hoffnung, er könnte doch<br />

noch irgendwo überlebt haben.<br />

Es dauerte noch Jahre, bis wir die Realität zur Kenntnis nahmen.<br />

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COBURGER CONVENT<br />

der akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften<br />

So wie meiner Familie ging es aber tausenden von Familien, die Ihr<br />

Leid nicht fassen konnten, das der 2. Weltkrieg über sie gebracht<br />

hatte.<br />

Wie sehr die Erinnerung an die verlorene Generation die<br />

betroffenen Familien noch nach Jahrzehnten beschäftigt, zeigt ein<br />

weiteres Beispiel.<br />

Im Jahr 2005 unternahm ich eine Reise zur Einweihung des<br />

Soldatenfriedhofs bei Kischinew, der Hauptstadt Moldawiens. Dort<br />

war im August 1944 die Südfront zusammengebrochen und eine<br />

ganze Armee eingekesselt und vernichtet worden. Noch mehr<br />

Soldaten als in Stalingrad verloren ihr Leben.<br />

Mit mir fuhren viele Menschen aus meiner wie auch aus der<br />

jüngeren Generation durch das Land, die wissen wollten, wo ihre<br />

Väter und Großväter, Onkel und Großonkel umgekommen waren.<br />

Die Hoffnung trieb uns alle an, dass bei den immer noch<br />

stattfindenden Gräbersuchen und Umbettungsarbeiten doch noch<br />

einige sterbliche Überreste der vermissten Lieben gefunden und<br />

anhand der Erkennungsmarke identifiziert würden. Die Aussichten<br />

sind gering, sind doch viele Grablagen durch Straßen und<br />

Bahnanlagen überbaut worden.<br />

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COBURGER CONVENT<br />

der akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften<br />

Von einem Mitfahrer erhielt ich 2 Jahre später die Nachricht, dass<br />

die Gebeine seines Onkels gefunden und auf dem Soldatenfriedhof<br />

begraben wurden. Der Bürgermeister einer kleinen moldawischen<br />

Stadt hatte ihn informiert. Dass der Mann diese Nachricht<br />

weitergeleitet hat, zeigt, wie viel es ihm bedeutet, nun einen fixen<br />

Punkt für Trauer und Gedenken zu haben.<br />

Warum erzähle ich heute aus diesem persönlichen Erleben<br />

Weil das Leid, dass mit 10 Millionen Tote und 21 Millionen<br />

Kriegsversehrte im Ersten und 55 Millionen Tote und 35 Millionen<br />

Kriegsversehrte im Zweiten Weltkrieg ausgelöst wurde,<br />

offensichtlich nicht ausgereicht hat, neue Kriege auf dieser Erde zu<br />

verhindern.<br />

Die Völker Europas haben nach dem hohen Blutzoll aus diesen<br />

schrecklichen Kriegen gefolgt von Jahrzehnten des Kalten Krieges<br />

erreicht, in Frieden zu leben. Die Einigung Europas ist mit der<br />

Europäischen Union weitgehend erreicht, die Freiheit ist hier<br />

mittlerweile grenzenlos geworden. Wie schnell allerdings ein<br />

Friede auch in Europa brüchig werden kann, haben vor 1 1/2<br />

Jahrzehnten die Kriegswirren im ehemaligen Jugoslawien gezeigt.<br />

Für die Welt außerhalb Europas gilt offensichtlich das Streben nach<br />

Frieden nicht. Seit dem 2. Weltkrieg vergeht kaum ein Jahr in dem<br />

nicht neue Kriege oder kriegsähnliche Ereignisse ausbrechen. Im<br />

Friedensmuseum in der Brücke von Remagen sind allein zwischen<br />

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der akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften<br />

Kriegsende 1945 und dem Jahr 2002 255 Kriege bzw. kriegerische<br />

Ereignisse aufgeführt.<br />

Hier zeigt sich zweierlei:<br />

Ein großer Teil der Menschheit lernt trotz der vielen Opfer wenig<br />

dazu, aber auch, dass Krieg und Verfolgung dort möglich sind, wo<br />

Freiheit und Menschenrecht nicht viel gelten, wo<br />

Staatsoberhäupter oder ihre Rivalen wegen der Macht oder<br />

finanzieller Vorteile das Wohl ihrer Völker nicht schätzen, wo<br />

religiöser Rigorismus schreckliche Taten vollbringt.<br />

Und in der Gegenwart sind wir wie auch unsere westlichen<br />

Verbündeten wieder mit Soldaten im Auslandseinsatz.<br />

Soldatinnen und Soldaten riskieren ihr Leben bei Missionen z. B. in<br />

Afghanistan, die damit - nicht nur dort - Frieden wieder schaffen<br />

sollen.<br />

Es ist heute unser Aufgabe, mit der Totenehrung unserer<br />

gefallenen Verbandsbrüder zu gedenken, aber auch aller Opfer, die<br />

durch Krieg und Gewaltherrschaft zu Tode gekommen sind, die<br />

Gefallenen und Vermissten, die in der Kriegsgefangenschaft<br />

Verstorbenen, die zivilen Opfer der im Bombenkrieg Getöteten wie<br />

auch die Vielzahl der Opfer aus politischen und rassistischen oder<br />

religiöser Verfolgung, viele Millionen Tote.<br />

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der akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften<br />

Wir sagen auch das deutlich: Die Fähigkeit und Bereitschaft, um die<br />

Toten zu trauern, ist untrennbar mit der Würde des Menschen<br />

verbunden. Dazu gehört auch die Trauer um die, die wir nicht<br />

persönlich kennen gelernt haben und auch um die Opfer<br />

derjenigen, die ehemals als Feinde bezeichnet wurden.<br />

Sie alle sind uns Verpflichtung, in Gegenwart und Zukunft dafür<br />

einzusetzen, nicht gegeneinander zu kämpfen, sondern<br />

miteinander zu leben. Ohne die Erinnerung an die Irrwege der<br />

Vergangenheit gibt es keine Versöhnung und keine friedliche<br />

Zukunft.<br />

Wir treten dafür ein, dass endlich die richtigen Lehren gezogen<br />

werden, nur dann sind die Toten nicht sinnlos gestorben!<br />

Deshalb ist es das Vermächtnis, dass die Toten uns Lebenden<br />

geben, nämlich Toleranz zu üben, den Frieden herzustellen, zu<br />

verteidigen und zu bewahren.<br />

Wir trauern heute um die Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft.<br />

Doch unser Wirken gilt der Versöhnung unter den Menschen und<br />

den Völkern, unsere große Hoffnung ist, dass endlich Frieden<br />

herrscht auf der gesamten Welt!<br />

Ulrich Martin, L. Pomerania Halle-Aachen<br />

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