Tagungsband Tagung ZIPP - PHZ Luzern
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<strong>ZIPP</strong> Zentrum Impulse<br />
Projektunterricht & Projektmanagement<br />
Projekte und Projektmanagement<br />
machen Schule<br />
Fachtagung, Samstag, 5. November 2011<br />
<strong><strong>Tagung</strong>sband</strong><br />
Dienstleistungen
Diese <strong>Tagung</strong>spublikation wird unterstützt durch<br />
Projektmanagement als Methode mit Arbeitsmarktbezug<br />
zur Sicherung und Entwicklung von Unterrichtsqualität<br />
in der beruflichen Bildung
Einleitung<br />
3 Fachtagung «Projekte und Projektmanagement machen Schule<br />
Peter Widmer<br />
Referate<br />
4 Bedeutung des Projektunterrichts und Projektmanagements aus Sicht der Wirtschaft<br />
Daniel Baumann<br />
9 Bedeutung des Projektunterrichts und Projektmanagements aus Sicht der Schule<br />
Erich Lipp<br />
Workshops<br />
13 Projektarbeit im Rahmen der Berufswahl<br />
Mark Batliner<br />
14 Kulturvermittlung in Projektwochen – ein Ideenmarkt<br />
Markus Kirchhofer<br />
15 PEP – Persönlicher Entwicklungsplan<br />
Hanspeter Henseler<br />
18 Schriftliche Abschlussarbeit und Betreuung<br />
Hanspeter Erni<br />
21 Die selbstständige Arbeit<br />
Charly von Graffenried<br />
23 Projektmanagement in der Berufswelt – Einblicke<br />
Heinz Scheuring<br />
26 Projektlernen im Kontext der Berufsbildungskonzeption Swisscom<br />
Josef Räber, Stefan Thöni<br />
27 Projektunterricht: Von der Vision bis zur Umsetzung<br />
Florian Brodbeck<br />
29 Projekte in der Primarschule am Beispiel Deutsch<br />
Walter Röthlin<br />
30 «Projekte begleiten» Einblick und Arbeit mit dem Lehrmittel<br />
Peter Widmer
Fachtagung «Projekte und Projektmanagement<br />
machen Schule»<br />
Seit 2003 führt der Kanton <strong>Luzern</strong> den Projektunterricht im 9. Schuljahr durch. In der<br />
Zwischenzeit haben andere Kantone nachgezogen und haben den Projektunterricht oder<br />
eine individuelle Projektarbeit eingeführt. Daher dürfen wir an der <strong>Tagung</strong> Teilnehmende,<br />
Work shopleitende und Referenten aus verschiedenen Kantonen begrüssen, was uns besonders<br />
freut.<br />
Projektunterricht bzw. projektorientierter Unterricht ermöglicht es, Kompetenzen auf zwei<br />
Ebenen aufzubauen, auf der thematisch-inhaltlichen Ebene, dem eigentlichen Projekt, in<br />
der es um Sachkompetenz geht, sowie auf der überfachlichen Ebene, dem Projektmanagement,<br />
in der es um Methodenkompetenz aber auch um Selbst- und Sozialkompetenz geht.<br />
In einem Projekt entsteht etwas, das genau in dieser Form noch nie da gewesen ist. Der<br />
Weg ist nicht vorgezeichnet und damit sind Risiken verbunden. Das Projektmanagement<br />
dient der Steuerung und Überwachung des Projektprozesses. Dabei stehen Techniken zur<br />
Verfügung, welche den Weg zum Ziel unterstützen und damit sicherer machen. Die beiden<br />
Ebenen stehen in enger Wechselwirkung und bedingen sich gegenseitig.<br />
Der Projektunterricht ermöglicht daher ein ganzheitliches Lernen, in dem es um den Aufbau<br />
und das Training von Sach-, Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenzen geht. Kompetenzen,<br />
die zu Schlüsselqualifikationen zählen und von weiterführenden Schulen und der Wirtschaft<br />
gefordert werden. Der Projektunterricht ermöglicht daher eine «Verkettung» von Schule und<br />
Wirtschaft.<br />
In zwei Referaten wollen wir diese «Verkettung» und damit verbunden die Bedeutung von<br />
Projekten und Projektmanagement in Wirtschaft und Schule aufzeigen. Anschliessend bieten<br />
Workshops die Gelegenheit, sich in einzelnen Bereichen des Projektunterrichtes zu vertiefen<br />
und sich mit Projekten und Projektmanagement in verschiedenen Bereichen und Facetten<br />
auseinander zu setzen.<br />
3<br />
Einleitung<br />
Peter Widmer<br />
Zentrum Impulse für Projektunterricht<br />
und Projektmanagement <strong>ZIPP</strong> an der<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong><br />
Projektleiter für die Weiterentwicklung<br />
der Sekundarstufe I in AVS <strong>Luzern</strong><br />
2000–2004; Dozent an der<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> in den Fachbereichen<br />
Deutsch, Mentorat und Projektunterricht<br />
2004 bis heute; Mitarbeiter <strong>ZIPP</strong><br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> 2010 bis heute.<br />
Der Projektunterricht<br />
ist für mich eine zukunftsträchtige,<br />
demokratische<br />
Art zu unterrichten, die<br />
von der Lebenswirklichkeit<br />
der Schülerinnen und<br />
Schüler ausgeht.»<br />
Markus Kirchhofer, Workshopleiter
Referate<br />
Daniel Baumann<br />
Präsident der Schweizerischen<br />
Gesellschaft für Projektmanagement<br />
spm<br />
Dr. Ing. Agr., MAS Project Management,<br />
Leiter Bildung und Vizedirektor<br />
der School of Life Sciences and Facility<br />
Management der Zürich Hochschule<br />
für Angewandte Wissenschaften,<br />
Wädenswil. Dozent für Projektmanagement<br />
an der ETH Zürich und<br />
verschiedenen anderen Hochschulen<br />
im In- und Ausland. Seit 2003 Vorstandsmitglied<br />
und derzeit Präsident<br />
der Schweizerischen Gesellschaft für<br />
Projektmanagement (spm).<br />
Bedeutung des Projektunterrichts und Projektmanagements<br />
aus Sicht der Wirtschaft<br />
Einleitung<br />
Projektmanagement gibt es, seit es Projekte gibt und solche gab es schon vor unserer<br />
Zeitrechnung. So liessen die Pharaonen im alten Ägypten rund 2500 Jahre v. Chr. in<br />
enormen Bauprojekten Pyramiden entstehen, die auch heute noch in ihren Dimensionen<br />
beeindrucken. Ohne Projektmanagement wären solche Projekte nicht erfolgreich gewesen,<br />
wir wissen aber heute nicht genau, wie das Projektmanagement zu damaliger Zeit funktionierte.<br />
Die Anwendung moderner Projektmanagement-Methoden, so wie wir sie heute noch<br />
einsetzen, geht in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. So gilt der Bau des Hoover<br />
Staudamms in den USA (1931–1935) als Ursprung des modernen Projektmanagements.<br />
Später wurden die Entwicklung der ersten Atombombe im Manhatten-Projekt (1942–1945)<br />
oder das Gemini Raumfahrt-Programm nach den heute noch anerkannten Methoden des<br />
Projektmanagements realisiert. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg erfuhr das Projektmanagement<br />
eine rasante Entwicklung und verbreitete sich vom militärischen Bereich<br />
ins Bauwesen und später in die Informatik.<br />
Gegenwärtig ist Projektmanagement nicht mehr aus Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft<br />
wegzudenken. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass mit dem Projektmanagement eine erfolgreiche<br />
Managementdisziplin etabliert wurde, auf die heute keine moderne Organisation<br />
verzichten kann. Während Letzteres wohl stimmt, steht es mit dem Erfolgsausweis von<br />
Projektmanagement nicht zum Besten. In regelmässigen Umfragen zum Erfolg von Informatikprojekten<br />
erweisen sich nur gerade rund 30 % der Projekte als erfolgreich, währen gut<br />
40 % wenigstens teilweise von Erfolg gekrönt sind. Etwa ein Viertel der Projekte muss als<br />
misslungen bezeichnet werden (Standish-Group, International, 2009). Wären moderne Fahrzeuge<br />
so unzuverlässig, kein Mensch würde sie benutzen. Was aber besonders bedenklich<br />
stimmt, ist die Tatsache, dass sich an diesen Zahlen in den letzten 15 Jahren kaum etwas<br />
geändert hat. Man darf sich also berechtigt die Frage stellen, weshalb die Wirtschaft auf eine<br />
Managementmethode setzt, deren Erfolgsausweis nicht besser ist. Um dies zu verstehen,<br />
muss man verstehen, was Projektmanagement ist.<br />
Was ist Projektmanagement?<br />
Die Frage, was Projektmanagement ist, verleitet primär zur Suche nach einer gültigen Definition,<br />
z. B. jene der DIN Norm 69905 welche Projektmanagement als «System von Richtlinien,<br />
organisatorischen Strukturen, Prozessen und Methoden zur Planung, Überwachung<br />
und Steuerung von Projekten» umschreibt. Die International Project Management Association<br />
(IPMA), eine der globalen Projektmanagement-Organisationen, bezeichnet Projektmanagement<br />
als «Führung von Projektbeteiligten zur sicheren Erreichung der Projektziele». Während<br />
die DIN Definition von technisch-methodischen Termen geprägt ist, ist in jener der IPMA<br />
von Führung und von Projektbeteiligten die Rede. In dieser Interpretationsspanne widerspiegelt<br />
sich auch die Breite der Kompetenzen, welche erfolgreiche Projektmanager und<br />
Projektmanagerinnen beherrschen sollten. In der internationalen Zertifizierung, mit welcher<br />
die IPMA Projektmanager qualifiziert, werden diese Fähigkeiten mit nicht weniger als<br />
46 Kompetenzelementen überprüft (Abbildung 1).<br />
4
Abbildung 1: Kompetenzbereiche und -elemente in der internationalen Zertifizierung<br />
für Projektmanager (IPMA, Competence Baseline 3.0, 2006).<br />
Bei der Betrachtung der breiten Kompetenzanforderungen, liegt der Vergleich von Projektmanagern<br />
mit «eierlegenden Wollmilchschweinen» nahe. Während in der Praxis je nach<br />
Branche das Bild über Projektmanager von Administratoren über technische Planer bis zu<br />
Change-Agenten reicht, ist die Aufgabe von Projektmanagern in Wirklichkeit weitaus vielfältiger.<br />
Projekte sind per Definition einmalig und damit meist von Innovation, Unvorhersehbarem<br />
und Überraschungen geprägt. Sie sind dadurch meist komplex und risikoreich. Projekt -<br />
management vereinigt darum unter anderem Innovations- und Komplexitätsmanagement,<br />
Risikomanagement, Change-Management, natürlich Zeit- und Kostenmanagement und<br />
Führungsarbeit meist in inter- und transdisziplinären Teams. Je nach Projektart und -situation<br />
gilt die Aufmerksamkeit eher dem Projektumfeld und den Stakeholdern, liegt die Herausforderung<br />
im Umgang mit ständig ändernden Zielen oder steht die Planung und Steuerung<br />
von komplexen Abläufen und Abhängigkeiten im Zentrum. Dabei ist Projektmanagement<br />
immer nur Mittel zum Zweck, während die Aufmerksamkeit dem Projektinhalt gilt. So besteht<br />
5<br />
«Die guten Voraussetzungen,<br />
die die Schülerinnen<br />
und Schüler aus der Primar<br />
mitbringen, werden von<br />
dem enormen Wissen, das<br />
auf der Oberstufe vermittelt<br />
werden soll, erdrückt. Im<br />
Projektunterricht können<br />
diese nun wieder belebt<br />
werden.»<br />
Thomas Unternährer, Fachlehrperson
Referate<br />
die Meisterleistung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale vor allem aus dem Bau des<br />
welt weit längsten Tunnels mit seinen geologischen und technischen Herausforderungen.<br />
Ein solches Bauwerk wäre aber ohne professionelles Projektmanagement mit all seinen<br />
Facetten undenkbar.<br />
Wenn nun viele Projekte scheitern oder nur teilweise erfolgreich sind, so liegt es einerseits<br />
daran, dass Projekterfolg nicht nur an Zielerreichung, Budgeteinhaltung und Termintreue<br />
gemessen werden kann. Andererseits, und auch das bestätigen die Umfragen, sind die<br />
Rahmenbedingungen für Projektarbeit oftmals schlecht. Entweder sind die Zielsetzungen<br />
nicht klar, oder es fehlt die Unterstützung des Auftraggebers, der sich nach der Beauftragung<br />
des Projektleiters seiner Verantwortung entledigt sieht. Projekte werden gestartet, obwohl<br />
die erforderlichen Ressourcen fehlen oder Projekte wachsen unter den ständig zunehmenden<br />
Interessensansprüchen der Stakeholder zu einer nicht führbaren «Mission impossible».<br />
In solchen Situationen sind oft auch erfahrene Projektleiter nicht mehr in der Lage ein Projekt<br />
zum Erfolg zu führen. Wenn Projektmanagement erfolgreicher werden soll, so braucht es<br />
nicht nur kompetente Projektmanager, sondern ein projektfreundliches Umfeld, Organisationen<br />
die projektorientiert handeln und Auftraggeber mit Projektmanagement-Verständnis.<br />
Was braucht die Wirtschaft?<br />
Die Wirtschaft, aber auch nicht profitorientierte Organisationen, sind heute geprägt von ständigen<br />
Veränderungen. «Nichts ist so beständig wie der Wandel». Dies ist nicht etwa die<br />
Erkenntnis eines von Reorganisationen geplagten Managers, sondern ein Zitat, welches<br />
Heraklit von Ephesus 500 Jahre v. Chr prägte. Schon vor gut 2500 Jahren waren die Menschen<br />
gezwungen sich den ändernden Bedingungen anzupassen, wenn sie nicht unter -<br />
gehen wollten. Dies ist heute nicht anders, einzig die zunehmende Komplexität unserer<br />
Umwelt und die Geschwindigkeit, mit der sich diese ändert, fordern uns zu immer schnellerer<br />
Anpassung. Was wir brauchen sind wirkungsvolle Methoden, um mit diesem ständigen<br />
Veränderungsbedarf umzugehen. Projektmanagement bietet diese Methoden und hat sich<br />
als Managementdisziplin zur Umsetzung von Innovation und Wandel durchgesetzt.<br />
Firmen und auch die Verwaltung investieren viel in die Ausbildung von Projektmanagern,<br />
denen sie die Verantwortung von zuweilen sehr grossen Projekten übertragen. Gleichzeitig<br />
müssen aber von den Auftraggebern geeignete Rahmenbedingungen für die Projektarbeit<br />
geschaffen werden. Nebst einem klaren Bekenntnis des Auftraggebers zu den vereinbarten<br />
Projektzielen, müssen die nötigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit die<br />
Leistungen termingerecht erbracht werden können. Projektmanager können ihre Aufgabe<br />
nur wahrnehmen, wenn ihnen nebst Aufgaben und Verantwortung auch die erforderlichen<br />
Befugnisse übertragen werden. Rollen müssen klar sein, Strukturen müssen etabliert werden<br />
und es muss eine Projektkultur geschaffen werden, welche die Projektarbeit unterstützt und<br />
begünstigt.<br />
6
Projektkultur ist ein weiter Begriff, der mit den gängigen Definitionen nur unzureichend beschrieben<br />
wird. Die Projektkultur wird von Wissen, Erfahrung aber auch von den Verhaltensweisen<br />
und Normen in einer Organisation geprägt. Dabei sind die Problemlösungsfähigkeit,<br />
das strukturierte Denken und Vorgehen, die Kooperationsbereitschaft, das Kommunikationsverhalten<br />
und Konfliktfähigkeit in einer Organisation zentrale Einflussfaktoren. Sie prägen<br />
das Selbstverständnis des Unternehmens als Projektträger und damit auch die Wertschätzung<br />
für die Projektarbeit. In einer Welt, in der die Leistung eines Unternehmens primär an<br />
kurzfristiger Ertragsmaximierung gemessen wird, dominieren aber gewinnorientierte Produktionsprozesse<br />
und es werden nur die nötigsten Ressourcen in Innovation und Wandel inves -<br />
tiert. Es braucht einen Paradigmenwechsel hin zu langfristigem Denken und einem<br />
Management, welches auch dem Wandel die nötige Aufmerksamkeit schenkt und dazu<br />
braucht es Menschen mit projektorientiertem Denken.<br />
Was kann die Schule dazu beitragen?<br />
Kompetenzen, welche morgen die Grundlagen unserer Wirtschaft und Gesellschaft bilden,<br />
werden heute in der Schule vermittelt und gelernt. Auf dem Weg von der Industrie- zur Wissensgesellschaft<br />
wird Wissensgenerierung und Wissensvermittlung von zentraler Bedeutung.<br />
Angesichts der wachsenden Informationsmenge, die uns zur Verfügung steht, wird die Aufgabe<br />
aus dieser Informationsflut neues Wissen zu generieren, immer anspruchsvoller. Wichtiger<br />
als Wissen zu sammeln ist dabei vernetztes Denken, Systemverständnis und die<br />
Fähigkeit, Wissen in kontext- und zielorientiertes Handeln umsetzen zu können. Es sind<br />
genau diese Kompetenzen, die von einem erfolgreichen Projektmanager erwartet werden.<br />
Wie wir gesehen haben, sind dies unter anderem der Umgang mit Komplexität, die Problemlösungsfähigkeit<br />
und ein Führungsverständnis, das Menschen in Teams zu zielorientiertem<br />
Handeln motiviert. All dies sind Kompetenzen, die man sich nicht primär durch<br />
7<br />
«Für mich sind die Ziele<br />
des Projektunterrichts auf<br />
zwei Ebenen angesiedelt.<br />
Auf der persönlich individuellen<br />
Ebene soll die<br />
Selbstwirksamkeit gefördert<br />
werden und auf der gesellschaftlichen<br />
Ebene wird<br />
auf das gemeinsame<br />
Zusammenleben der<br />
Gesellschaft vorbereitet.»<br />
Barbara Gysel, <strong>PHZ</strong> Zug,<br />
aus dem Projekt «Treibstoff»
Referate<br />
«Der Projektunterricht<br />
ist sehr wichtig, denn<br />
die Jugendlichen lernen<br />
auf eine Art und Weise<br />
zu arbeiten, wie es<br />
in der Berufswelt von<br />
ihnen verlangt wird.<br />
Die Selbstständigkeit<br />
aber auch die Fähigkeit<br />
zur Zusammenarbeit<br />
kann entwickelt werden.»<br />
Florian Imhof, Oberstufenlehrperson<br />
kognitives Lernen aneignen kann. Sie müssen vielmehr erfahren werden und erfordern die<br />
Möglichkeit zum Üben. Diese können durch projektorientiertes Arbeiten geschaffen werden.<br />
Die Projektarbeit wird darum in der Schule eine zunehmende Bedeutung erhalten und das<br />
disziplinen- und themenorientierte Lernen ergänzen. Dabei ist es wichtig, Projektunterricht<br />
auf fundierte Grundlagen zu stellen. Wenn durch die Lernkultur und Arbeitsmethodik in den<br />
Schulen projektorientiertes Arbeiten für die Schüler selbstverständlich ist, wird strukturiertes<br />
Vorgehen, Problemlösung, Teamführung und zielorientiertes Handeln in ihrem späteren Arbeits-<br />
und Berufsleben ebenso üblich sein, wie Lesen, Schreiben oder Rechnen. Die Bestrebungen<br />
des <strong>ZIPP</strong> (Zentrum Impulse Projektunterricht & Projektmanagement der<br />
Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz <strong>Luzern</strong>), Projektarbeit und Projektmanagement<br />
in der Schule zu fördern und zu verbreiten, sind in diesem Zusammenhang sehr begrüssenswert.<br />
Fazit<br />
Obwohl wir uns alle gelegentlich die «gute alte Zeit» zurückwünschen, in der alles vermeintlich<br />
überschaubar und geordnet war, wissen wir genau, dass damals wie heute Veränderung<br />
und nicht Stabilität unseren Alltag bestimmen. Einzig die Geschwindigkeit mit der wir uns<br />
anpassen müssen, nimmt ständig zu. In unserer Wissensgesellschaft hat das Zusammenwirken<br />
eine systemische Komplexität erreicht, welche von einem Einzelnen nicht mehr<br />
durchschaut werden kann. Die Fähigkeiten vernetzt zu denken, strukturiert zu arbeiten und<br />
im Team zielorientiert Lösungen zu entwickeln, werden darum zu Schlüsselkompetenzen.<br />
Die Basis für dieses Denken und Handeln sollten junge Leute bereits aus der Schule in die<br />
Berufsausbildung oder ins Studium mitbringen. Was in kleinen und grösseren Projekten in<br />
der Schule gelernt, entwickelt, erfahren und geübt werden kann, bildet die Grundlage für<br />
die künftige Fähigkeit der Gesellschaft, ihre Zukunft zu gestalten. Dem Projektunterricht in<br />
der Schule kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu.<br />
8
Bedeutung des Projektunterrichts und<br />
Projektmanagements aus Sicht der Schule<br />
In meinem Referat erlaube ich mir eine subjektive Einschätzung nach acht Jahren Projektunterricht<br />
im Kanton <strong>Luzern</strong> zu ziehen. Aus dieser Einschätzung werde ich Handlungsbedarf<br />
für die weiteren Jahre skizzieren. Zudem werde ich auf die Angebote sowie Visionen unseres<br />
Zentrums zu sprechen kommen.<br />
Bilanz und Handlungsbedarf<br />
Aus meiner Sicht sind sehr viele Schulen gut unterwegs, dies zeigt sich auch darin, dass<br />
viele Schulen qualitativ gute Projektarbeiten ihrer Lernenden bei unserem Wettbewerb<br />
Projekt9 (www.schulverlag.ch/projekt9) eingeben. Zudem sind auch einige Workshops des<br />
heutigen Tages Zeuge davon, dass im Projektunterricht gut gearbeitet wird. Ich bin überzeugt,<br />
dass viele Schulen qualitativ guten Projektunterricht erteilen. Trotzdem sind nicht alle Schulen<br />
gleich gut unterwegs. Nach einer Anfangsbegeisterung und viel Engagement in der Einführung<br />
des Projektunterrichtes hat sich in den letzten Jahren eine gewisse Stagnation breit -<br />
gemacht, es fehlt teilweise an innovativen Problemstellungen, an konsequentem Durch -<br />
greifen und an einem hohen Anspruch bei den Projekten. Auch in Abschlussprojekten ist<br />
die Qualität stagnierend, es gab sogar in den letzten Jahren bei schriftlichen und gestalterischen<br />
Arbeiten eine Zunahme von Plagiaten zu verzeichnen. Diese Aspekte zeigen, dass<br />
sich einige Schulen mit dem Gefäss Projektunterricht noch immer schwer tun. Hier sind<br />
neue Schübe und neue Anregungen vonnöten, eine Aufgabe, die sich das <strong>ZIPP</strong> vorgenommen<br />
hat und zu der auch diese <strong>Tagung</strong> zu zählen ist. In verschiedenen Workshops sollen<br />
Möglichkeiten für neue Ideen und Unterstützung angeboten werden, so im Bereich der<br />
Initiierung und Betreuung von Ab schluss arbeiten aber auch von Gruppenprojekten oder der<br />
Öffnung thematischer Ideen für Projekte. Bei der Betreuung von Masterarbeiten an der<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> beobachte ich, dass Studierende Mühe haben, ihr Thema zu finden, sich konkrete<br />
Ziele zu setzen, ein schlüssiges Konzept zu erstellen, gut zu planen und somit ihr Zeitmanagement,<br />
nebst allen anderen Arbei ten, in den Griff zu bekommen. Eine ähnliche<br />
Fest stellung machte ich als Sekundarlehrperson bei der Betreuung und Begleitung von<br />
Projekt - arbeiten im 9. Schuljahr. Sicher bringen unsere Studierenden mehr mit, vor allem<br />
können unsere Studierenden der <strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> besser reflektieren als die Lernenden des<br />
9. Schuljahres. Trotzdem muss es uns gelingen, Studierenden ein Fundament, das sich dann<br />
für ihre Masterarbeiten auszahlt, geben zu können. Aber nicht nur Studierende haben eine<br />
Masterarbeit zu schreiben, nein, auch während der Berufslehre ist eine Vertiefungsarbeit zu<br />
schreiben. Auch fordert die Wirtschaft von der Volksschule mehr Selbstständigkeit und Teamfähigkeit,<br />
allgemein mehr Selbst- und Sozialkompetenzen. Es stellt sich dabei die Frage: Wo<br />
können wir die abnehmenden Schulen sowie Betriebe in dieser Hinsicht noch mehr unterstützen?<br />
Projektmanagement ist eine Möglichkeit. Denn komplexe Themen, die Problemlöseverfahren<br />
verlangen, erfordern Projektmanagement oder eben projektartiges Arbeiten. Damit aber<br />
die Projektmethode erfolgreich bewältigt werden kann, benötigt es Voraussetzungen. In meinen<br />
Augen wird zu wenig abgeklärt, welche überfachlichen Kompetenzen die Jugendlichen<br />
von der Primarschule mitbringen und in welchen Bereichen weiter trainiert werden kann<br />
bzw. neu trainiert werden muss. So wird den Jugendlichen keine Möglichkeiten des Trainings<br />
9<br />
Erich Lipp<br />
Leiter Zentrum Impulse für Projekt -<br />
unterricht und Projektmanagement<br />
<strong>ZIPP</strong> an der <strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong><br />
Sekundarlehrer Meggen (Klassenlehr -<br />
person 1988–2003, Fachlehrperson<br />
im Projektunterricht 2003–2007),<br />
Dozent, Fachberater Lebenskunde,<br />
Klassenführung & Projektunterricht<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> 2003 bis heute, Super -<br />
visor & Coach BSO, MAS in Super -<br />
vision im Bildungsbereich, Leiter <strong>ZIPP</strong><br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> 2010 bis heute, Projekt -<br />
leiter Wettbewerb Projekt9 (ehemals<br />
PUSA) 2009 bis heute.
Referate<br />
«Was wir brauchen,<br />
sind Menschen, die<br />
den Gesamtüberblick<br />
behalten können.»<br />
Daniel Baumann, Referent<br />
aus dem schweizerischen<br />
Projektmanagement<br />
geboten, um gestärkt in den Projektunterricht steigen zu können. Methoden-, Selbst- und<br />
Sozialkompetenzen müssen immer wieder trainiert werden. Nebst Lernzielen der Sachkompetenz<br />
müssen auch Lernziele zu Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz in Betracht gezogen<br />
werden. Förderlich ist es, wenn eine Sekundarschule ein Konzept hat, in welchen<br />
Fächern und auf welcher Stufe welche Methoden trainiert werden. In unserem Lehrmittel<br />
«Projekte begleiten» (Lipp, Müller, Widmer, Graf & von Graffenried, 2011) haben wir einerseits<br />
für das projektartige Arbeiten in verschiedenen Fächern eine Stufenplanung fürs<br />
7./8. Schuljahr konzipiert. Andererseits bieten wir eine Checkliste zu Voraussetzungen für<br />
den Projektunterricht an. Hier unterscheiden wir folgende Kompetenzen:<br />
Selbstreguliertes Lernen: Methoden zur Planung, Organisation und Reflexion<br />
Methodisch-strategisches Lernen: Methoden der Informationssammlung, -verarbeitung<br />
und -strukturierung<br />
Sozial-kommunikatives Lernen: Methoden zur Kooperation und Kommunikation (Gruppenarbeit)<br />
Heinz Klippert ist einer der Verfechter, der dafür einsteht, dass diese Methoden spiralförmig<br />
trainiert werden müssen. Seine Klassiker «Teamentwicklung im Klassenraum» oder «Methodentraining»<br />
(2000) haben in Deutschland längst Kultstatus erlangt. Kurzum, Schulen müssen<br />
noch vermehrt in ihren Fächern die Lernenden fit für Projekte und überfachliche<br />
Kompetenzen machen. Dazu sind gewisse Abstriche im Wissen nötig. Denn der Nürnberger<br />
Trichter, bei dem einfach Wissen in die Köpfe der Lernenden gestopft wird, ist noch zu oft<br />
gang und gäbe. Wissensmanagement ist gefordert. Dazu lohnt es sich, Basiswissen festzulegen<br />
und dafür zusätzlich in die überfachlichen Kompetenzen zu investieren. Im Sinne von:<br />
Die Lernenden müssen in einem Fach Zusammenhänge sehen können, aber nicht diesen<br />
Stoff als «Bulimiewissen» wiedergeben können.<br />
Dass diese Kompetenzen aber nicht nur mittels Projektmethode eingeübt werden können,<br />
ist ebenso klar. So beschreibt Wiechmann (2010) zwölf Unterrichtsmethoden:<br />
Frontalunterricht<br />
Direktes Unterrichten<br />
Gruppenpuzzle<br />
Stationenarbeit<br />
Wochenplanarbeit<br />
Pädagogisches Rollenspiel<br />
Genetisch-dramaturgischer Unterricht<br />
Entdeckendes Lernen<br />
Fallstudie<br />
Werkstattarbeit<br />
Projektmethode<br />
Selbstständiges Lernen<br />
10
Kurzum; die Lehrperson muss also entscheiden können, mit welcher Unterrichtsmethode<br />
der grösste Nutzen für ihre Ziele erreicht werden kann. So kann der Frontalunterricht für<br />
einen kurzen Input sehr geeignet sein. Studien zeigen, dass Frontalunterricht und das geleitete<br />
Unterrichtsgespräch immer noch die häufigste angewandte Methode im Unterrichtszimmer<br />
ist. Also muss es gelingen, die Methodenvielfalt noch vermehr in den Unterricht zu<br />
integrieren und mehr selbstständiges und eigenverantwortliches Lernen zu fördern.<br />
Im Projektunterricht selber muss es uns gelingen, die Begeisterung für diese Methode an<br />
unsere Lernenden weiterzugeben, ihnen das nötige Vertrauen zu schenken, dass sie Fähigkeiten<br />
haben, und sie zudem vom Sinn des Projektunterrichtes zu überzeugen. Bei der<br />
Ideensuche braucht es Geduld und Zeit. Während des Prozesses müssen wir den Mut<br />
haben, auch zu fordern, indem wir die Ergebnisse eines Start-Brainstormings oder auch der<br />
Planung gezielt überprüfen, damit das Projekt erfolgreich wird. Zudem müssen wir unsere<br />
verschiedenen Rollen im Projektunterricht überzeugt wahrnehmen:<br />
Vermittler/-in von Methoden etc.<br />
Auftraggeber/-in für das Projekt<br />
Coach bzw. Berater/-in, der oder die das Projekt beispielsweise mit Hilfe von Meilensteinen<br />
auch mithilft zu überwachen.<br />
Beurteiler/-in bzw. Bewerter/-in, sei dies formativ oder summativ, damit die Jugendlichen<br />
im Sinne der Selbstwirksamkeit spüren, was sie gut umgesetzt haben und was weniger.<br />
11
Referate<br />
Angebote, Projekte bzw. Visionen des <strong>ZIPP</strong><br />
Für unsere Angebote verweise ich auf unsere Website www.zentrum-zipp.ch, bei unseren<br />
Projekten auf den jährlich vorliegenden Tätigkeitsbericht (einzusehen auch auf der Website<br />
der <strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong>, Dienstleistungen). Die Visionen hingegen möchte ich gerne als Schlusswort<br />
benutzen:<br />
Bis 2020 hat sich projektartiges Arbeiten in der Schweiz auf den Schulstufen Primar,<br />
Sekundar I und II etabliert.<br />
Wissensmanagement hat sich in der Schule als neues Verständnis des Lernens durchgesetzt<br />
Literatur<br />
Endler, S. (2002). Projektmanagement in der Schule, Projekte erfolgreich planen & gestalten.<br />
Lichtenau: AOL Frey, K. (1998). Die Projektmethode. Weinheim: Beltz.<br />
Gessler M., Uhlig-Schoenian J. (2007). Projektmanagement macht Schule.<br />
Nürnberg: GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement)<br />
Von Graffenried Ch., Müller H. (2006). Selbstständige Arbeiten begleiten (Planungshilfe für<br />
Lehrpersonen inkl. DVD Gruppenwerk sowie Leitfaden Lernende). Bern: Berner Lehrmittelverlag.<br />
Klippert, H. (2000). Kommunikationstraining. Weinheim: Beltz.<br />
Klippert, H. (2000). Methodentraining. Weinheim: Beltz.<br />
Klippert, H. (2000). Teamentwicklung im Klassenraum. Weinheim: Beltz.<br />
Lipp E., Widmer P. (2006). Projekte begleiten (Planungshilfe für Lehrpersonen inkl. DVD<br />
Gruppenwerk sowie Leitfaden Lernende). Bern: Berner Lehrmittelverlag.<br />
Lipp E., Müller H., Widmer P., Graf Ch., Von Graffenried Ch. (2011). Projekte begleiten (Gruppenprojekte<br />
und individuelle Arbeiten). Handbuch für Lehrpersonen, Praxishilfe (Ordner) und Leitfaden<br />
für Schülerinnen und Schüler. Bern: Schulverlag plus [Neuaktualisierung der bisherigen Lehrmittel<br />
Selbstständige Arbeiten und Projekte begleiten]<br />
Maurer, H. & Gurzeler, B. (2005). Handbuch Kompetenzen. Bern: hep.<br />
Scheuring, H. (2002). PULS, Projektunterricht Sek-I. (CD-ROM) <strong>Luzern</strong>: Amt für Volksschulbildung.<br />
Wiechmann, J. (Hg.) (2010): Zwölf Unterrichtsmethoden. Basel: Beltz.<br />
12
Projektarbeit im Rahmen der Berufswahl<br />
Lehrbetriebe werden oft mit dutzenden oder mehr Bewerbungen überhäuft. Wie könnte<br />
der Personalverantwortliche oder Lehrmeister auf eine bestimmte Bewerbung aufmerksam<br />
werden? Könnte man nicht die Idee der Projektarbeit dafür nutzen?<br />
Im Workshop wurde die Idee aufgezeichnet, den Projektunterricht in den Frühling der<br />
8. Klasse vorzuziehen, um so im September eine Projektarbeit in den Händen zu halten,<br />
die bei Bedarf für die Lehrstellensuche benutzt werden kann. Die Jugendlichen können<br />
durch die Arbeit ihr wahres Interesse am Fach zeigen und ihre Bewerbung zum Blickfang<br />
machen.<br />
Die zeitliche Einbettung könnte so aussehen, dass nach den Frühlingsferien der 8. Klasse<br />
mit kleinen Projekten begonnen wird, um den Projektgedanken einzuführen. Im Juni sollten<br />
sich die Jugendlichen definitiv bewusst werden, in welche Richtung die Berufswahl geht<br />
bzw. für welche Berufsfelder sie sich interessieren. Das Projekt muss also etwas mit dem<br />
Berufswunsch, dem Traumberuf zu tun haben, oder zumindest mit dem Berufsfeld übereinstimmen.<br />
Jugendliche, die noch völlig unentschlossen sind, oder in eine Mittelschule wollen,<br />
können eine Arbeit mit Bezug zum Lieblingsfach oder ähnlichem erstellen. Gegen Ende<br />
der Projektphase ist es hilfreich, eine Projektwoche einzusetzen, an deren Ende die Präsentation<br />
der Projekte steht. Bei uns war das immer Mitte September.<br />
Mit Vorteil wird die Idee im Jahrgangsteam oder zusammen mit einer Parallelklasse durchgeführt,<br />
so dass mehrere Lehrpersonen oder Fachlehrpersonen eingesetzt werden können.<br />
Je nach Vorlieben der Lehrpersonen können so bestimmte Arbeiten betreut werden. Natürlich<br />
verlangt ein Projektunterricht, der weitgehend während der Pflichtstunden stattfindet,<br />
von allen Beteiligten viel Flexibilität und Engagement. Gerade in der Stadt ist der mangelnde<br />
Platz zu Hause oft ein Problem. Es ist deshalb von Vorteil, wenn man die Möglichkeit hat,<br />
den Jugendlichen auch ausserhalb der Pflichtstunden gewisse Räume zu öffnen. Gerade in<br />
diesem Punkt liegt der Vorteil, dass die Jugendlichen (mehr als sonst) die Schule als einen<br />
Ort der persönlichen Entfaltung oder Lebensraum erleben können und damit mehr als Unterricht<br />
mit Schule verknüpfen.<br />
Beispiele: Jugendliche, die sich für Laborantenberufe interessiert haben, haben sich mit der<br />
Entstehung von Salben beschäftigt, Kunststoff selber hergestellt oder mit der Anwendung<br />
der Chromatographie in der Polizeiarbeit beschäftigt. Aus dem künstlerischen, grafischen<br />
Bereich kamen Ideen wie Bilder aus bestimmten Epochen fälschen/nachahmen oder etwa<br />
das Thema Graffiti. Im Gesundheitsbereich gab es schon Themen, die sich mit der Entstehung<br />
von Aspirin oder Penizillin beschäftigten. Bau eines Elektromotors und eine Lampe<br />
mit Wasserkraft zum Leuchten bringen sind weitere Arbeiten, die erfolgreich realisiert wurden.<br />
Im handwerklichen Bereich sind die Möglichkeiten enorm.<br />
Die Projektarbeit im Rahmen der Berufswahl kann ergänzend zum obligatorischen Projektunterricht<br />
der 3. Sekundarklasse gesehen werden, während dem die Jugendlichen dann<br />
eine Arbeit ganz nach ihren eigenen Bedürfnissen realisieren können.<br />
13<br />
Workshops<br />
Mark Batliner<br />
Sekundarlehrer seit 2000 in der<br />
Stadt Zürich (Stadtkreise 4 und 5)<br />
mit Erfahrung im Bereich Projektarbeit,<br />
1998 und 1999 Unterrichtstätigkeit<br />
am Ribe Statsseminariet und an<br />
der Folkeskole Ribe (Dänemark),<br />
1994 und 1995 Leiter des Kulturrestaurants<br />
Frohsinn in Gamprin (FL),<br />
seit August 2010 im Schulhaus<br />
Limmat A in Zürich in der Schulleitung<br />
tätig und mit der Einführung des<br />
Projektunterrichtes betraut.<br />
«Die Jugendlichen bringen<br />
viel mit, was gute Projektleiter<br />
brauchen. Allerdings<br />
müssen diese Eigenschaften<br />
zuerst in ihnen geweckt<br />
werden, was durch den<br />
Projektunterricht gelingen<br />
soll.»<br />
Daniel Baumann, Referent<br />
aus dem schweizerischen<br />
Projektmanagement
Workshops<br />
Markus Kirchhofer<br />
1986 bis 1992 vollamtlicher Mitarbeiter<br />
Stapferhaus Lenzburg.<br />
1993–2010 Sekundarschullehrer.<br />
Heute wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
an der Professur Kulturvermittlung und<br />
Theaterpädagogik der Pädagogischen<br />
Hochschule FHNW, Aarau. Autor.<br />
Kulturvermittlung in Projektwochen – ein Ideenmarkt<br />
Um es im Kontext der <strong>Luzern</strong>er Fachtagung «Projekte und Projektmanagement machen<br />
Schule» gleich vorwegzunehmen: Projektwochen haben in der schulischen Realität wenig<br />
mit Projektunterricht zu tun. Diese Tatsache ist dem klar abgesteckten Zeitraum einer Woche<br />
und den beschränkten Möglichkeiten der Vor- und Nachbereitung geschuldet. Um die päda -<br />
gogisch-didaktische Realität abzubilden, müsste eher der Begriff «Themenwoche» verwendet<br />
werden.<br />
Themenwochen sind für Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler höchst interessante<br />
Zeitinseln. Sie ermöglichen ein vertieftes Eintauchen in ein Thema, sei es mit der Klasse<br />
oder einer Interessengruppe. Themenwochen ermöglichen durch ihre Struktur eine intensivere<br />
Auseinandersetzung, so dass oft auch nach dem Unterricht der Inhalt noch nachklingt<br />
und die Schülerinnen und Schüler die Welt rundum mit dem thematischen Fokus wahrnehmen.<br />
Projektwochen sind Nischen für Themen, die im regulären Unterricht kaum Platz finden.<br />
Kultur könnte da ein Stichwort sein: Die Blockwoche bietet Raum, um sich einer Kunstform<br />
zu nähern: Theater, Musik, Literatur, bildende Kunst können Angelpunkt spannender Erfahrungen<br />
und Erlebnisse sein, aber auch weniger gängige Ausdrucksformen wie Architektur,<br />
Tanz, Comics, Trickfilm, Fotografie etc.<br />
Diese Annäherung, diese Kulturvermittlung als Technik beinhaltet einerseits die Begegnung<br />
mit Kunstwerken und kunstschaffenden Personen, andererseits den eigenen Ausdruck in<br />
der Schulpraxis. Im Idealfall bilden die Begegnung und das eigene Tun eine Einheit «gegenseitiger<br />
Horizonterweiterung und Fantasiebeflügelung» (Roger Lille in «Perspektiven der Kulturvermittlung»,<br />
hier + jetzt, Baden, 2010).<br />
Projektwochen bieten die Chance, Exkursionen zu unternehmen und Einblicke in fremde<br />
Welten zu erhalten. Sie bieten Gelegenheit zu Begegnungen, die nicht selten zu prägenden,<br />
nachhaltigen Erlebnissen werden: Da erzählt jemand im Klassenzimmer von «einst», da<br />
besucht die Klasse einen Bildhauer oder eine Malerin im Atelier und bekommt so Einblick<br />
in fremde Lebensentwürfe und andere Lebensformen.<br />
Projektwochen sind selten Projektunterrichtswochen. Aber es sind Freiräume, die nachhaltig<br />
mit Kopf, Herz und Hand gestaltet werden können. Weshalb nicht mit kulturellen Erlebnissen?<br />
14
PEP – Persönlicher Entwicklungsplan<br />
Die Herausforderungen im Bereich Schule und Unterricht erfordern eine zunehmend individuellere<br />
Betreuung der Lernenden.<br />
Der persönliche Entwicklungsplan ist ein Instrument, mit dem die fachlichen, persönlichen<br />
und sozialen Kompetenzen selbstbestimmt weiterentwickelt werden können. Der begleitende<br />
Austausch in Lerngruppen fördert die Nachhaltigkeit der Lernprozesse.<br />
PEP Planungsphase<br />
Input<br />
Unterstützungsplan erarbeiten<br />
Wer oder was kann mich<br />
beim Lernprozess unterstützen?<br />
Zielvorstellungen ableitenn<br />
Persönliche Ziele formulieren<br />
Indikatoren festlegen<br />
Beurteilungskriterien entwickeln<br />
Die Lehrperson löst den Lernprozess durch einen Input aus. Sie bestimmt den Rahmen, in<br />
dem die Lernenden ihre Arbeit durchführen. Mit diesem Input steuert sie den zeitlichen und<br />
thematischen Ablauf des Projektes.<br />
Standortbestimmung<br />
Innerhalb der gesetzten Rahmenbedingungen analysieren die Lernenden ihre Interessen<br />
und Fähigkeiten. Sie halten schriftlich fest, was sie bereits können, was sie interessiert und<br />
was sie erreichen möchten.<br />
Zielvorstellungen ableiten<br />
Umsetzung planen<br />
Konkrete Schritte zur Umsetzung<br />
planen<br />
Teilschritte terminieren<br />
PEP<br />
Planungsphase<br />
Standortbestimmung (Analyse)<br />
Was kann/mache ich schon?<br />
Was interessiert mich?<br />
Was will ich ereichen?<br />
Input<br />
Dokumentation<br />
Wie dokumentiere ich<br />
meinen Lernprozess?<br />
Welche Belegstücke sammle ich?<br />
Helfergruppen bilden<br />
Tandems/Tridems/Gruppen<br />
PEP<br />
Umsetzungsphase<br />
Aus dieser Standortbestimmung leiten die Lernenden Ziele ab. Die Lernenden formulieren<br />
ihre Ziele konkret mit gut beobachtbaren Indikatoren. Daraus leiten sie in dieser Phase auch<br />
ab, nach welchen Kriterien sie ihre Arbeit beurteilen lassen. Die Lernziele und die Beurteilungskriterien<br />
werden mit der Lehrperson besprochen, angepasst und eventuell reduziert.<br />
15<br />
Hanspeter Henseler<br />
1987–1997 Primarlehrer, seit 1997<br />
Sekundarlehrer in Ebikon. Aufbau<br />
und Betreuung Projektunterricht<br />
an der Sekundarschule Ebikon<br />
(2003–2008). Schulmentor<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> seit 2005, Ausbilder<br />
Schulpraxis (2008) und Mitarbeit<br />
am Institut für Schule und Heterogenität,<br />
Fachtandems Unterrichtsentwicklung<br />
in den Bereichen Beurteilen<br />
und Differenzieren.
Workshops<br />
«Die Stärken der Lernenden<br />
sollen gefestigt werden,<br />
was im Projektunterricht<br />
möglich wird.»<br />
Erich Lipp, Referent, Leiter <strong>ZIPP</strong><br />
Unterstützungsplan<br />
Die Lernenden halten schriftlich fest, wer oder was sie in der Umsetzung ihrer Arbeit unterstützen<br />
kann (Personen, Medien, Methoden, Planungsinstrumente, Protokollblätter …).<br />
Umsetzungsplan<br />
Die Arbeit wird in Teilschritte gegliedert und terminiert.<br />
Dokumentation<br />
Die Lernenden sollen ihre Arbeitsschritte dokumentieren. In dieser Planungsphase machen<br />
sie sich Gedanken, welche Belegstücke sie in ihre Sammlung aufnehmen wollen.<br />
Helfergruppen<br />
Vor der Umsetzungsphase werden unter den Lernenden Helfergruppen gebildet. Sie legen<br />
Termine für gemeinsame Treffen fest. An diesen Treffen beschreiben sie ihre Arbeitsfortschritte,<br />
sie unterstützen, kontrollieren, motivieren und verbessern sich gegenseitig.<br />
PEP Umsetzungsphase<br />
Umsetzen der ersten<br />
geplanten Schritte<br />
Unterstützungsplan miteinbeziehen<br />
Belegstücke sammeln<br />
Helfergruppe: Treffen 1<br />
Gegenseitige Vorstellen<br />
des geplanten PEP<br />
16<br />
Planungsphase realisieren<br />
PEP planen und schriftlich<br />
festhalten<br />
Helfergruppe: Treffen 2<br />
Evtl. neue Standortbestimmung<br />
PEP<br />
Umsetzungsphase<br />
Umsetzen weiterer Schritte<br />
Unterstützungsplan miteinbeziehen<br />
Belegstücke sammeln<br />
Helfergruppe: Treffen 3<br />
Abschliessen der geplanten Schritte<br />
Unterstützungsplan miteinbeziehen<br />
Belegstücke sammeln<br />
Präsentation<br />
Beurteilung<br />
Selbstbeurteilung und Fremdbeurteilung<br />
nach abgemachten<br />
Kriterien
Planungsphase realisieren<br />
Die Lernenden halten ihre Planungsarbeiten in einem schriftlichen Dokument fest.<br />
Helfergruppentreffen<br />
Die Anzahl der Helfergruppentreffen ist vom Umfang des Projektes abhängig. Mindestens<br />
nach dem Abschluss der Planungsarbeiten und vor der Präsentation oder Beurteilung muss<br />
ein Helfertreffen stattfinden.<br />
Präsentation<br />
Form und Umfang der Präsentation müssen dem Projekt angepasst werden. Durch die<br />
Präsentation soll der Lernzuwachs nach aussen sichtbar werden.<br />
Beurteilung<br />
Das Projekt wird im Beurteilungsgespräch einer Selbst- und Fremdbeurteilung unterzogen.<br />
Es besteht auch die Möglichkeit einer Peerbeurteilung. Die Beurteilung erfolgt entlang des<br />
eingangs vereinbarten Kriterienrasters.<br />
Evtl. neue Standortbestimmung und Zielsetzung<br />
Im Sinne der Förderung können aus der Beurteilung eine neue Standortbestimmung und<br />
neue Zielformulierungen entstehen.<br />
17
Workshops<br />
Hanspeter Erni<br />
Fachleiter Informatik und Dozent<br />
Informatikdidaktik, Medienpädagogik,<br />
Mediendidaktik an der <strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong>.<br />
Schriftliche Abschlussarbeit und Betreuung<br />
In diesem Atelier erwarben die Teilnehmenden ICT-Fertigkeiten (erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten,<br />
automatisierte Abläufe mit Formatvorlagen, Einbettung von Objekten, Quellenangaben)<br />
zur Erstellung, pädagogische Fähigkeiten zur Betreuung einer schriftlichen<br />
Pro jektarbeit im Rahmen des Projektunterrichts und sie lernten das Instrument «Lerntagebuch»<br />
kennen. Die daraus resultierende Wissensvermittlung an Lernende basieren auf den<br />
Grundlagen des Projektmanagements im Unterricht.<br />
Im aktuellen Ergänzungslehrplan ICT 1 steht im Bereich «Anwenden»:<br />
Schülerinnen und Schüler können den Computer als Lern-, Übungs- und Kommunikationswerkzeug<br />
einsetzen.<br />
Sie sollen dabei eine (Projekt-)Arbeit für die eigenen Bedürfnisse gestalten und präsentieren.<br />
Die Informatik und ICT (Informations- und Kommunikationstechnologien) sind einem permanenten<br />
und raschen Wandel unterworfen. Im Unterricht ist deshalb auf langlebige Inhalte<br />
zu achten.<br />
Bei jedem Ausbildungsgegenstand überlegt man sich, welches wohl die wesentliche Idee<br />
hinter dem Thema ist. Produktwissen wie z. B. Textformatierung mit Word 2007 ist kurzlebig,<br />
bezieht sich nur auf das konkrete Produkt selber, behandelt isolierte Fakten, lässt auswendig<br />
lernen und wiedergeben und ein Transfer ist nicht möglich. Konzeptwissen wie z. B. Texte<br />
mit Formatierungselementen strukturieren können dagegen ist langlebig, unabhängig von<br />
konkreten Produkten, lässt sich verstehen und einordnen, steht in einem Zusammengang<br />
und ein Transfer ist möglich.<br />
Das Beispiel Textverarbeitung verdeutlicht diesen Sachverhalt anschaulich. Ein elektronisches<br />
Dokument hat erstens einen Inhalt, zweitens eine Struktur (Titel, Nummerierungen, Aufzählung,<br />
Fliesstext) und drittens ein Layout (z. B. Titel = Blau, 20 pt, fett).<br />
Die schriftliche Projektarbeit beinhaltet also die Vermittlung von fundamentalen Ideen der<br />
Textverarbeitung. Lernende sollen Texte strukturieren und «layouten» können. Sie sollen dabei<br />
die notwendigen Werkzeuge universal kennenlernen und selbständig auch in einem anderen<br />
Kontext einsetzen können.<br />
Je nach Lernvoraussetzungen können Schülerinnen und Schüler eigenständig Dokumentenvorlagen<br />
verwenden, verändern oder gar erstellen.<br />
Eine schriftliche Projektarbeit sollte deshalb auch formalen Ansprüchen genügen. Wie könnte<br />
das aussehen? Ein Beispiel der Schule Escholzmatt (Benedikt Meier, Schulleitung):<br />
1<br />
Quelle: http://www.zebis.ch/Unterricht/Fach/Unterrichtsmaterialien/dateizeigen.php?id=4182&vz=<br />
6cvJax282WJy32egXNhm5thuygNRJ3&file=Ergaenzungslehrplan+ICT+2004.pdf [Stand : 15.11.11]<br />
18
Schriftliche Arbeit 2<br />
Titelblatt der Arbeit:<br />
enthält Projekttitel; Name und Vorname<br />
der Verfasserin/des Verfassers; Schule;<br />
Abgabedatum<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
Auflistung der Haupt- und Unterkapitel<br />
mit Seitenangaben (automatisches<br />
Inhaltsverzeichnis: A + B obligatorisch,<br />
C + D freiwillig)<br />
Vorwort:<br />
Schilderung der Beweggründe, die<br />
zur Themenwahl führten; Angaben aller<br />
Personen oder Institutionen, die in<br />
irgendeiner Weise geholfen haben;<br />
Beschreibung der Projektidee<br />
Hauptteil:<br />
Sinnvoller Aufbau des Inhalts; klare,<br />
übersichtliche Darstellung (nummerierte<br />
Kapitel und Unterkapitel); Zusammenfassung<br />
der wichtigsten Ergebnisse;<br />
Im Minimum muss der Hauptteil<br />
einer Arbeit (ohne Bilder!) pro Person<br />
folgende Seitenzahl umfassen: Bsp.<br />
Escholzmatt (A 8 / B 6 / C 4 / D 3)<br />
Nachwort:<br />
Schlussgedanken; persönliche Überlegungen<br />
nach getaner Arbeit; Dank<br />
Quellenverzeichnis:<br />
Alle Informationsquellen wie Internet,<br />
Bücher, Zeitschriften, Personen, …<br />
Anhang (ohne Seitennummerierung):<br />
Mindmap, Brainwriting, Anmeldung/<br />
Vereinbarung, Planung, Arbeitsjournal,<br />
Selbstbeurteilung, …<br />
Gestalterische Arbeit 2<br />
Gestalterische Arbeit<br />
Produkt der gestalterischen Arbeit<br />
Arbeitsdokumentation:<br />
– Titelblatt der Arbeit:<br />
enthält Projekttitel; Name und Vorname<br />
der Verfasserin/des Verfassers; Abgabedatum<br />
– Inhaltsverzeichnis:<br />
Gliederung der Arbeitsdokumentation<br />
– Vorwort:<br />
Schilderung der Beweggründe, die<br />
zur Themenwahl führten; Angaben<br />
aller Personen oder Institutionen,<br />
die in irgendeiner Weise geholfen<br />
haben; Beschreibung der Projektidee<br />
– Dokumentation:<br />
Entwürfe, Skizzen, Pläne, technische<br />
Versuche, Fotos, die den Ablauf des<br />
Arbeitsprozesses darlegen; Materiallisten,<br />
Quellen (mündliche und schriftliche);<br />
Beilagen kurz beschreiben<br />
– Nachwort:<br />
Schlussgedanken und kritische<br />
Beurteilung der eigenen Arbeit;<br />
evtl. weiterführende Möglichkeiten<br />
und Alternativen aufzeigen; Dank<br />
– Anhang (ohne Seitennummerierung):<br />
Mindmap, Brainwriting, Anmeldung/<br />
Vereinbarung, Planung, Arbeitsjournal,<br />
Selbstbeurteilung, …<br />
Verbindliche Vorgaben:<br />
Zeilenabstand 1,5<br />
Schriftgrösse 12, Arial<br />
Seitenrand: 3 cm innen, 2,5 cm aussen, 2,5 cm oben, 2 cm unten<br />
Seitenzahlen: unten, zentriert<br />
Es wird erwartet, dass die Arbeit «gebunden» abgegeben wird.<br />
2 Quelle: Bewertungsraster Schule Escholzmatt, Benedikt Meier<br />
19<br />
«Wissensmanagement und<br />
überfachliche Kompetenzen<br />
sind sehr wichtig. Allerdings<br />
kommen die überfachlichen<br />
Kompetenzen im normalen<br />
Unterricht zu kurz.»<br />
Dorothee Neuhaus,<br />
Schulleiterin Primar
Theater OhneWiederholung<br />
20
Die selbstständige Arbeit<br />
Knackpunkt «Themenwahl»<br />
Offensichtlich ist man sich in unserer Gesellschaft heute einig, dass die Schule neben einem<br />
aktuellen Grundwissen über die Welt und den traditionellen Kulturtechniken (Lesen, Schreiben,<br />
Rechnen, Gestalten, Sport usw.) auch die Selbstständigkeit unserer Jugendlichen bewusster<br />
und gezielter fördern soll als dies in vergangenen Zeiten üblich war. Dazu gehören<br />
Fähigkeiten im Planen, Durchführen, Präsentieren und Beurteilen der eigenen Arbeit und<br />
des eigenen Lernens. Dies ist eine hohe Anforderung – sowohl an die Schülerinnen und<br />
Schüler als auch an die begleitenden Lehrpersonen.<br />
Das Lehrmittel «Projekte begleiten» bietet in einem Ordner vielfältige und praxiserprobte<br />
Anleitungen, Tipps und Arbeitsmaterialien zum Initiieren, Planen, Durchführen, Präsentieren,<br />
Beurteilen und Auswerten von Gruppenprojekten und individuellen Arbeiten auf der Sekundarstufe.<br />
Im Handbuch finden die Lehrpersonen nicht nur Erläuterungen und Anregungen<br />
zum Einsatz der vorgeschlagenen Materialien sondern auch ein Tool zum Festlegen der<br />
Rahmen bedingungen und Erarbeiten eines massgeschneiderten Konzepts für die eigene<br />
Klasse oder die eigene Schule. Über Bildungsanliegen, inhaltliche und formale Anforderungen,<br />
Beurteilungskriterien, Aufwand und Zeitplanung, Infrastruktur und Kommunikation zwischen<br />
den betroffenen Personen muss nachgedacht und entschieden werden.<br />
Welches ist nun aber der grösste Stolperstein auf dem Weg zu einem erfolgreichen Abschluss<br />
einer selbstständigen Arbeit? Oder anders gefragt: In welcher Projektphase brauchen<br />
Schülerinnen und Schüler besonders gute Anleitungen und Unterstützung?<br />
Erfahrungen zeigen klar, dass die Themenwahl die Nummer 1 der neuralgischen Punkte ist.<br />
Dabei geht es nicht nur darum ein Thema zu finden, das interessiert, sondern vielmehr um<br />
die Frage, welche Art Resultat oder Produkt erarbeitet werden soll. Das Lehrmittel schlägt<br />
fünf Handlungsschwerpunkte zu Auswahl vor:<br />
1. Recherchieren und Dokumentieren (z. B.: Informationen zur Stil-Geschichte der Graffiti-<br />
Kunst in Büchern und Internet suchen und einen Vortrag mit PowerPoint-Präsentation<br />
dazu gestalten.)<br />
2. Konstruieren und Gestalten (z. B.: Eine Website für Graffiti-Fans gestalten, auf der neue<br />
Bilder zu sehen sind, günstige Materialbezugsquellen angegeben werden und Kontakte<br />
geknüpft werden können.)<br />
3. Forschen und Entdecken (z. B.: In der eigenen Stadt Graffiti suchen, fotografieren und die<br />
Fotos in einer kleinen Ausstellung mit Angaben zu Standort, Datum usw. zusammen -<br />
stellen.)<br />
4. Fantasieren und Erfinden (z. B.: Selber ein Graffito entwerfen und eine Wand suchen, an<br />
der das Werk 1:1 gesprayt werden darf.)<br />
5. Organisieren und Konzipieren (z. B.: Sich dafür einsetzen, dass an der eigenen Schule<br />
eine Wand für Graffiti zur Verfügung gestellt wird. Regeln dazu mit der Schulleitung aushandeln.)<br />
21<br />
Charly von Graffenried<br />
Lehrerseminar Muristalden, Bern,<br />
über 30 Jahre Lehrtätigkeit auf der<br />
Sekundarstufe I, Ausbildung zum<br />
Erwachsenenbildner und Nachdiplomstudium<br />
in allgemeiner Didaktik und<br />
Pädagogik an der Uni Fribourg,<br />
Mitautor der Lehrmittel «Gruppenprojekte<br />
und Individuelle Arbeiten<br />
begleiten» und «Wie wird die Schweiz<br />
regiert».<br />
«Der Stellenwert des Projektunterrichts<br />
ist in unserem<br />
Schulhaus nicht sehr hoch.<br />
Die Arbeit ist sehr zeitintensiv<br />
und viele langjährige<br />
Lehrpersonen<br />
haben Probleme mit dieser<br />
neuen Form des Unterrichtens.»<br />
Cornelia Schärer, Fachlehrperson,<br />
Organisatorin des neu eingeführten<br />
Projektunterrichts
Workshops<br />
«Der Projektunterricht<br />
soll keine isolierte Methode<br />
sein, sondern möglichst<br />
eingebunden und vernetzt<br />
daher kommen.»<br />
Stefan Thöni, Workshopleiter,<br />
Swisscom<br />
In einem weiteren Schritt müssen überprüfbare und realistische Ziele formuliert werden. Es<br />
genügt also nicht zu wissen, dass ein Traumhaus geplant werden soll. Es muss auch festgelegt<br />
werden, welche Art Pläne zu zeichnen sind und ob eine Fotomontage oder sogar ein<br />
Modell dazu gestaltet werden soll.<br />
Weiter müssen Überlegungen zur Dokumentation und Spurensammlung (Ordner? Ausstellung?<br />
…?) und zur Präsentation im Voraus gemacht werden.<br />
Bevor die Vereinbarung zum Projekt unterschrieben werden kann, muss ein letztes Mal überlegt<br />
werden, ob die nötigen Ressourcen für das Projekt wirklich vorhanden sind: Zeit, Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten, eventuell Geld und – nicht zu vergessen - die nötige Begeisterung.<br />
Je besser die Themenwahl auf die Interessen, Fähigkeiten und Rahmenbedingungen abgestimmt<br />
ist, desto grösser ist die Chance, dass die Realisation reibungslos gelingt.<br />
Es lohnt sich also, sowohl bei der Themensuche, als auch bei der Planung des Weges und<br />
des Resultats auf die individuellen Präferenzen und Bedürfnisse der Jugendlichen mit<br />
Offenheit und Interesse einzugehen, da die nötige Kraft, der Durchhaltewille, die Selbstmotivation<br />
und die Initiative aus dem persönlichen Engagement für ein Thema kommen.<br />
Denn erst, wenn wir Menschen wirklich von einem Vorhaben gepackt und überzeugt sind,<br />
werden wir auch bereit sein Neues zu lernen, Lösungen zu suchen und schwierige Phasen<br />
initiativ durchzustehen.<br />
22
Projektmanagement in der Berufswelt – Einblicke<br />
Unter dem Titel «Projektmanagement in der Berufswelt – Einblicke» führte Heinz Scheuring<br />
in einige zentrale Methoden des Projektmanagements ein. Dabei stellte er einen Vergleich<br />
zwischen Projektmanagement an der Schule und in der Berufspraxis an. Um es gleich vorwegzunehmen:<br />
Die Gemeinsamkeiten überwiegen die Unterschiede bei weitem.<br />
Bereits die Gegenüberstellung der Projekte in der Schule und in der Berufswelt – ob Wirtschaft,<br />
öffentliche Verwaltung oder Non-Profit-Organisationen – zeigte, wie ähnlich sich diese<br />
sind. Ob eine Präsentation eines im Projektunterricht entwickelten Produktes oder eine<br />
Roadshow für ein neues Produkt eines IT-Unternehmens organisiert werden soll – die<br />
Parallelen sind beinahe total. Und ob die Firmencafeteria zu renovieren oder die Neugestaltung<br />
des Pausenplatzes zu planen und umzusetzen ist, auch hier gestalten sich die Aktivitäten,<br />
die organisatorischen Fragen oder Probleme bei der Ausführung durch die Handwerker<br />
sehr ähnlich.<br />
Der vorgestellte, an den Schulen verwendete Projektablauf unterscheidet klar zwischen der<br />
Ebene der inhaltlichen Projektarbeit – der Entwicklung und Umsetzung einer Lösung für<br />
eine gegebene Aufgabenstellung – und jener des Projektmanagements, bestehend aus Projektvorbereitung,<br />
Projektplanung, Projektüberwachung und -steuerung und Projektauswertung<br />
und -abschluss.<br />
Projektidee<br />
Das Projekt<br />
vorbereiten<br />
Die erste<br />
Planung<br />
Die Lösung<br />
entwickeln<br />
Überwachen, steuern,<br />
Planung anpassen<br />
Die Lösung<br />
umsetzen<br />
Das Projekt<br />
auswerten<br />
und<br />
abschliessen<br />
Auch hier ist die Analogie zur Berufspraxis praktisch uneingeschränkt. Ein Unterschied besteht<br />
darin, dass in grösseren Unternehmen meist gleichzeitig ein ganzes Portfolio an Projekten<br />
zu managen ist, was ergänzend ein sogenanntes Projektportfolio-Management erfordert.<br />
Der Workshopleiter legte den Fokus auf die Phase der Projektvorbereitung in Projekten.<br />
Fehler oder Versäumnisse in der Startphase wirken sich am stärksten auf den Erfolg eines<br />
Projektes aus. Anhand eines kleinen Schulprojektes wurde den Teilnehmenden im Dialog<br />
aufgezeigt, dass Auftragnehmer – Projektleiter und Projektteam – häufig zu wenig weit denken.<br />
Projektaufträge und Projektgrenzen müssen fundamental hinterfragt, alternative Projektdefinitionen<br />
in Betracht gezogen werden. Ein geistiges «Ausbrechen» ist hier gefordert.<br />
Denn was vom Auftraggeber als Auftrag kommt, dient den Zielen einer Organisation nicht<br />
in jeden Fall optimal.<br />
Das Start-Brainstorming dient in der Projektvorbereitungsphase dazu, viel wertvolles Material<br />
für die weitere Projektarbeit zusammenzutragen. Dieses Brainstorming findet entlang der<br />
folgenden spezifischen Begriffe statt: Visionen, Fragen, gedankliches Ausbrechen aus dem<br />
Auftrag, Ziele, Risiken, das 0. Gebot, Beteiligte und Interessengruppen, Resultate/Sach -<br />
gebiete, Vorgehensschritte, Lösungsideen, Erfolgsfaktoren. Mit dem 0. Gebot ist die Fragestellung<br />
gemeint: Wer hat eine ähnliche Aufgabenstellung bereits bearbeitet, sich mit dem<br />
Thema befasst oder die Lösung bereits zur Hand? Wer ist mit einem ähnlichen Vorhaben<br />
23<br />
Heinz Scheuring<br />
Dipl. Ing. ETH, ist mit seinem Unternehmen<br />
Scheuring AG spezialisiert<br />
auf die Bereiche Projektmanagement<br />
sowie Informations- und Wissensmanagement.<br />
Als Mitglied des Vorstandes<br />
der spm swiss project management<br />
association leitet er das Programm<br />
«Projektmanagement macht Schule»,<br />
mit dem Projektmanagement und<br />
Projektarbeit auf allen Ebenen der<br />
Schule gefördert werden.
Workshops<br />
gescheitert und weshalb? Das Beschaffen von Know-how wird meist vernachlässigt. Als<br />
Übungsobjekt für das Start-Brainstorming diente den 15 aktiven Teilnehmenden die Neupositionierung<br />
der Berufslehre bei Swisscom, das Projekt eines Teilnehmers.<br />
Kurz beleuchtet wurde auch, wie Projekte strukturiert und geplant werden, wie eine Projektorganisation<br />
gestaltet werden kann und wie einmal laufende Projekte zum Erfolg geführt<br />
und dabei die Risiken im Griff behalten werden können.<br />
Als persönliche Auswahl deklarierte der Workshopleiter die folgenden Grundsätze zum Projektmanagement:<br />
Fehlertolerante Kultur in Projekten ist wichtig, jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Verzicht<br />
auf Projektmanagement.<br />
Jedes Projekt erfordert «sein» Projektmanagement. Projektmanagement ist dabei nicht<br />
Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck.<br />
Projekterfolg bedeutet nicht einfach nur Zielerreichung, sondern grösstmöglicher Nutzen<br />
für die Anwender, die Beteiligten, die Betroffenen.<br />
Problemlöse- und Projektmanagement-Kompetenzen benötigt heute jedermann; die Vermittlung<br />
derselben muss bereits in der Grundschule beginnen.<br />
24
Im Zusammenhang mit dem letzten Grundsatz gewährte Heinz Scheuring abschliessend<br />
einen Einblick in das Programm «Projektmanagement macht Schule», das er als Vorstandsmitglied<br />
der spm swiss project management association, der Schweizerischen Projekt -<br />
management-Gesellschaft, bereits vor vielen Jahren initiiert hatte. Dabei geht es darum, die<br />
Prioritäten im Unterricht neu zu definieren: Anstatt reproduzierbares Wissen zu pauken, sollte<br />
die Fähigkeit entwickelt werden, sich Wissen selbstständig anzueignen und mit diesem<br />
Wissen neue Lösungen für die aktuellen Aufgabenstellungen zu entwickeln. Die wichtigsten<br />
Ergebnisse und Projekte von Projektmanagement macht Schule:<br />
das «Modell Deutschunterricht» Bezirksschule Möhlin Sek I<br />
ein Booklet «Projektmanagement macht Schule» eine Zusammenfassung des Projekt -<br />
managements für Schulen der höheren Niveaus der Sek I sowie für die Sek II<br />
eine Internet-Plattform mit relevantem Wissen und Informationen zum Thema<br />
Projektmanagement an Kantonssschulen/Gymnasien<br />
Projektmarkt: Schule und Beruf finden sich in Projekten<br />
Beteiligung am EU-Projekt PIA der Deutschen Projektmanagement-Gesellschaft GPM<br />
die enge Zusammenarbeit mit dem <strong>ZIPP</strong> und dessen Projekten<br />
Das inzwischen etablierte und erfolgreiche «Modell Möhlin», bei dem Projektmanagement<br />
in den Deutschunterricht integriert ist, wird zur Nachahmung empfohlen. Es eignet sich für<br />
alle Schulen, die für Projekte und Projektmanagement kein eigenes Gefäss bereitstellen können<br />
oder wollen. Lehrpersonen und Verantwortliche, die an diesem Modell interessiert sind<br />
oder Projektmanagement an ihrer Schule einführen oder weiterentwickeln wollen, sind herzlich<br />
eingeladen, sich bei Heinz Scheuring oder beim <strong>ZIPP</strong> zu melden, um die Möglichkeiten<br />
einer Zusammenarbeit zu besprechen.<br />
Kontakt und Links:<br />
Heinz Scheuring, Zentrum Projektunterricht und Projektmanagement <strong>ZIPP</strong>,<br />
heinz.scheuring@scheuring.ch<br />
Plattform Projektmanagement macht Schule: http://pmms.hypermanager.ch<br />
(Zugangsdaten via Heinz Scheuring)<br />
Fachbuch «Der www-Schlüssel zum Projektmanagement», Heinz Scheuring im<br />
Fachhandel oder auf dem Internet: www.pm-schluessel.com<br />
25<br />
«Ich habe gute Erfahrungen<br />
mit Projektunterricht<br />
gemacht, er sollte aber zur<br />
Förderung der Schülerinnen<br />
und Schüler bereits in<br />
der ersten Oberstufe<br />
durchgeführt werden.»<br />
Priska Galliker, Klassenlehrperson
Workshops<br />
Josef Räber<br />
Dipl. El. Ing. FH, NDS Betriebswirtschaft<br />
FH, 1982 bis 1987 Hardware-<br />
Entwicklung Schindler AG, 1987 bis<br />
1997 Erwachsenenbildung Telecom<br />
PTT, 1997–1998 techn. Ausbildner<br />
für Elektroniker und Informatiker<br />
Lehrlingsausbildung, 1998–2008<br />
Leiter Berufsbildung Swisscom Region<br />
Mitte, ab 2002–2004 Projektmitarbeit<br />
Entwicklung Berufsbildungskonzeption,<br />
Leiter Prototyp, ab 2008 Leiter Berufsbildung<br />
Deutschschweiz, 2006–2008<br />
Entwicklung QM-System mit Fokus<br />
Lernen, ab 1985 Lehrtätigkeit an<br />
HF und BM im Nebenamt.<br />
Stefan Thöni<br />
1985–1990 Lehrerseminar, 1992–<br />
1996 Musikstudium, 1996–1998<br />
Contact Center Swisscom Mobile,<br />
Ausbildungsteam, 1998–2001<br />
Teamleader Claim Management,<br />
2001–2002 KV-Ausbildner Berufs -<br />
bildung Swisscom, ab 2002–2004<br />
Projektmitarbeit Entwicklung Berufsbildungskonzeption,<br />
ab 2004 Verantwortlicher<br />
für Umsetzung System -<br />
elemente Fokus Lernen, Bindeglied<br />
zu Berufsverbänden, ab 2008 Lehrtätigkeit<br />
an HF.<br />
Projektlernen im Kontext der Berufsbildungskonzeption<br />
Swisscom<br />
Die Berufsbildung Swisscom basiert auf einem neuen Ausbildungsmodell, das sich von konventionellen,<br />
auf strikter Führung und fest gefügten Hierarchien basierenden Berufsbildungsansätzen<br />
abgrenzt.<br />
Das Modell geht davon aus, dass auch im internen Arbeitsmarkt das Gesetz von Angebot<br />
und Nachfrage gilt, und dass sich die Berufstätigen durch permanente Anpassung und Entwicklung<br />
ihrer Arbeitsmarktfähigkeit in diesem Umfeld behaupten müssen. Es priorisiert mit<br />
zunehmender Tendenz die Eigenverantwortung der Lernenden und setzt von den Beteiligten<br />
ein entsprechend neues Rollenverständnis voraus: Der oder die Lernenden verstehen sich<br />
nicht einfach als Bildungskonsument/-innen sondern als sich aktiv um Bildung bemühende,<br />
selbstständig handelnde Persönlichkeiten. Das Motto heisst nicht mehr «Ich muss», sondern<br />
«Ich will!». Im Gegenzug legt der Lehrmeister den «Meistertitel» ab und wird zum Lern -<br />
begleiter und Coach.<br />
Die Gestaltung des Lehrplans, auf den die Lernenden während der Ausbildungszeit zu -<br />
nehmend Einfluss nehmen können, folgt nicht einem starren Grundmuster, sondern richtet<br />
sich nach den individuellen Vorkenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Zielsetzungen der<br />
einzelnen Lernpersonen. Der Ausbildungsfokus liegt klar auf der Praxis, das Strukturwissen<br />
wird im Rahmen einer modularen Grundausbildung vermittelt.<br />
Die vier Eckwerte des neuen Berufsbildungsmodells sind das Lernen und Arbeiten in Projekten,<br />
das individuelle Kompetenzmanagement, das zielorientierte Handeln im Team und<br />
die Lernbegleitung nach dem Triangolo-Prinzip (Austausch zwischen der Lernperson, dem<br />
Lernbegleiter und dem Projektanbieter). Die Lernbegleitung ist zu Beginn der Ausbildung<br />
intensiv und nimmt mit dem Ausbildungsfortschritt kontinuierlich ab. Gleichzeitig werden<br />
Handlungsfreiheit und Kompetenzspielraum der Lernenden immer grösser.<br />
In der Arbeit im Projekt widerspiegelt sich die Realität der Arbeitswelt: Mitarbeitende aller<br />
Stufen und Abteilungen der Swisscom-Gruppengesellschaften sind eingeladen, auf einem<br />
elektronischen Marktplatz praxisbezogene Projekte (oder wiederkehrende Praxiseinsätze)<br />
anzubieten, um die sich die Lernenden bewerben können. Die Projekte, in denen sich die<br />
Lernenden je nach Projektart und -grösse als Mitarbeitende oder als Projektverantwortliche<br />
engagieren können, verknüpfen die Bedürfnisse der Anbieter und der Lernenden und<br />
basieren auf klar definierten, überprüfbaren Zielvorgaben. In der Projektarbeit lernen die<br />
jungen Menschen für ihr Denken und Handeln Verantwortung zu übernehmen. Das Unternehmen<br />
zieht den Vorteil daraus, dass es von den Lernenden marktfähige Leistungen beziehen<br />
kann.<br />
26
Projektunterricht: Von der Vision bis zur Umsetzung<br />
Theorie<br />
Praxis<br />
Praxis:<br />
Vision<br />
Theorie: PU/PM<br />
Praxis:<br />
Umsetzung<br />
Der Workshop 9 ist in drei Teile aufgeteilt: Vision, Theorie und Umsetzung. Die Ausgangslage<br />
des Workshop 9 bildet folgende Fragestellung: Wie und unter welchen Umständen können<br />
Visionen in der Schule Feuer fangen?<br />
«Der menschliche Geist ist kein Schiff,<br />
das man beladen kann,<br />
sondern ein Feuer,<br />
das entfacht werden muss.»<br />
Plutrach, Philospoph, 50 –120 Jahre n. Chr.<br />
1,5 h<br />
Damit ein Projekt wie der Projektunterricht in einer Schule Feuer fangen kann, braucht es<br />
die Bereitschaft aller Beteiligten – Lehrkräfte werden zu «Brandstifter». Selber Feuer zu fangen<br />
und zumindest einen Funken davon weiterzutragen bildet die Voraussetzung für den Unterricht<br />
im Allgemeinen und für schulische Projekte im Speziellen. Die Erfahrung zeigt, dass<br />
Projekte, die von aussen nach innen getragen, oder von oben nach unten befohlen werden,<br />
zum Scheitern prädestiniert sind. Die Entfachung des Feuers ist die Voraussetzung für schulische<br />
Projekte und hierzu gehört die Einführung des Projektunterrichtes.<br />
Die im Workshop vorgestellte Schule hat durch ein unkonventionelles Projekt, der Expedition<br />
Airolo – Locarno, Feuer gefangen. Ein Projekt, in dem die Lernenden in Eigenregie vier Tage<br />
lang unterwegs waren. Im ersten Teil des Workshops wird aufgezeigt, wie die Energie im<br />
Anschluss an dieses Outdoor-Projekt auf den Schulalltag übertragen wurde und ein Flächenfeuer<br />
entstand. Seit der Einführung des neuen Unterrichtsfaches Projektunterricht hat sich<br />
das betroffene Jahrgangsteam intensiv mit gemeinsamem Unterricht, Theorie und Weiterbildungen<br />
beschäftigt. Es sind neue Unterrichtsmaterialien, Konzepte, Beurteilungs- und Bewertungsraster<br />
entstanden. Es ist unter den Lehrenden plötzlich «cool» geworden, sich für<br />
diese Sache einzusetzen. Für einmal spricht man nicht von einem Projekt, das man umsetzen<br />
muss, sondern von einem Projekt, das man umsetzen will. Alle haben Feuer für diese<br />
«neue» Unterrichtsform gefangen.<br />
27<br />
Florian Brodbeck<br />
Unicounselor Outdoorprojekte USA CA<br />
(1995), Kaufmännische Tätigkeit im<br />
Bank- und Versicherungswesen (bis<br />
1998), Troubleshooter und Projekt -<br />
begleiter V3 CS-Winterthur (bis 2002),<br />
Klassenlehrer, Stv. Schulleiter und<br />
Projektleiter 9. Schuljahr.
Workshops<br />
Im weiteren Verlauf des Workshops wird auf die äusseren Bedingungen eingegangen. Einbindung<br />
in die Stundenplanung zeitliche und finanzielle Ressourcen seien hier genannt stellvertretend<br />
als Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ungeachtet der Rahmen -<br />
bedingungen bleibt für das Umsetzen eines Projektes der innere Antrieb, die Visionen und<br />
Ziele der Lehrerinnen und Lehrer die wichtigste Voraussetzung. Innovation entsteht von<br />
innen aus dem System heraus und kann nicht übergestülpt werden: Dies eine entscheidende<br />
Erkenntnis.<br />
Die Art und Weise,<br />
wie das Feuer bei Lernenden entfacht wird,<br />
ist immer wieder aufs Neue faszinierend.<br />
Brodbeck, Lehrer, 2011 Jahre n. Chr.<br />
Im letzten Teil des Workshops geht es um die konkrete Umsetzung des Projektunterrichts<br />
auf Schülerinnen- und Schüler-Ebene – Ein spannender und gewinnbringender Prozess für<br />
alle Schulbeteiligten. Besonders beeindruckend ist der Ideenreichtum der Lernenden. Im<br />
gelungenen Projektunterricht entstehen jedes Schuljahr neue Projekte in den Köpfen der<br />
Schülerinnen und Schüler. Der Fundus an Ideen scheint schier unerschöpflich zu sein. Mit<br />
den erlernten Tools – dem Projektschema-Lipp oder der Projektbrücke – gelingt es den SuS<br />
den Überblick zu behalten und sich innerhalb ihrer Arbeit zurecht zu finden. Bei den meisten<br />
SuS steigt der Grad der Eigen- und Selbstständigkeit mit zunehmender Dauer des Projektunterrichts.<br />
SuS machen das Schulprojekt zu ihrem eigenen Projekt; Eigenständiges, konstruktives<br />
und selbstaktiviertes Lernen dominiert das Unterrichtsgeschehen über weite<br />
Strecken.<br />
28
Projekte in der Primarschule am Beispiel Deutsch<br />
In den ersten Schuljahren gibt es kein offizielles Schulfach mit dem Namen Projektunterricht.<br />
Dennoch finden bereits im Kindergarten in verschiedenen Fächern und teilweise fächerübergreifend<br />
grössere und kleinere Projekte oder projektartige Vorhaben im Unterricht statt.<br />
Obwohl im Einstiegsreferat vor dem Workshop von Erich Lipp erst von einer Vision «Projektunterricht<br />
in der Primarschule» in zehn Jahren gesprochen wurde, zeigen die Erfahrungsberichte<br />
aus dem Schulalltag von Kursteilnehmer/-innen und Kursleitung, dass wahrscheinlich<br />
die Vision «Projektunterricht in der Primarschule» längst keine Vision mehr ist und zumindest<br />
projektartige Vorhaben in den ersten Schuljahren bereits in vielen Facetten angeboten werden.<br />
Von Projektwochen mit mehreren Klassen über kleine Projekte im Schulzimmer mit so<br />
interessanten Fragestellung wie, «Kann man Neocolorstifte selber herstellen?», oder «Kann<br />
ich mein Skateboard mit einem Motor ausstatten?», ist die Rede. Spannende Projekte, die<br />
bereits heute im Unterricht stattfinden und in einzelnen Fächern, vor allem in Fächern wie<br />
Mensch und Umwelt, technischem Gestalten, bildnerischem Gestalten und vor allem auch<br />
im Deutschunterricht verortet werden.<br />
Die Erfahrungsberichte aus dem Schulalltag zeigen aber auch auf, dass noch viel Pioniergeist<br />
nötig ist, weil eben die Rahmenbedingungen nicht gegeben sind oder viele Projekte nicht<br />
weitergeführt werden, weil die Grundlagen meist auf Erfahrungswissen aufbauen und nicht<br />
mit fundierten Unterlagen aus einem Lehrmittel unterstützt werden, die Misserfolge und<br />
Aufwand auf ein vernünftiges Mass reduzieren.<br />
Ebenfalls ist den Erfahrungsberichten zu entnehmen, dass auch auf der Primarschule viele<br />
erfolgreiche Projekte bereits möglich sind und vor allem auch durch Lehrmittel in bestimmten<br />
Fächer angeregt werden. Insbesondere werden durch das Lehrmittel «Die Sprachstarken»<br />
bewusst Arbeitstechniken aufgebaut, die als Grundlagen für die Arbeit in Projekten dienen<br />
(Informationen beschaffen, Berichte schreiben, Interviews führen, Ergebnisse präsentieren<br />
etc.).<br />
Noch Lücken bestehen in der Begleitung durch ein Lehrmittel, das die Pioniere auch mit<br />
Grundlagenwissen für die Arbeit mit dieser Stufe unterstützt und einen gezielten und koordinierten<br />
Aufbau wichtiger Kompetenzen aufzeigt.<br />
Zusammenfassend darf als Fazit des Workshops festgestellt werden, dass Projekte in der<br />
Primarschule bereits stattfinden und von Pionieren auch in verschiedenen Facetten praktiziert<br />
werden. Wünschenswert ist, dass nun auch entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen<br />
werden, damit nicht mehr nur der Pioniergeist die Triebfeder ist, sondern eine breite Vernetzung<br />
stattfindet, die bereits in den ersten Schuljahren gezielte Erfahrungen mit Projekten<br />
und projektartigen Vorhaben ermöglicht, damit ein gezielter Kompetenzaufbau passieren<br />
kann und die Pioniere zu «Projektprofis» werden.<br />
29<br />
Walter Röthlin<br />
Von 1986–2006 tätig als Primarlehrperson<br />
auf verschiedenen Stufen<br />
der Primarschule. Seit 2002 aktiv in<br />
der Ausbildung von Lehrpersonen<br />
im Fachbereich Deutsch an der<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong>. Mitwirkung bei der<br />
Produktion, Erprobung und Einführung<br />
verschiedener Lehrmittel für den<br />
Deutschunterricht (Beurteilen und<br />
fördern im Deutschunterricht, Orientierungsarbeiten,<br />
Sprache zur Sache,<br />
Sprachstarken). Umsetzungserfahrung<br />
in Projektarbeit an der Primarschule,<br />
sowie in der Privatwirtschaft im Tourismusbereich.<br />
«Die Zusammenarbeit<br />
zwischen Wirtschaft und<br />
Schule soll besser vernetzt<br />
werden, wobei der Projektunterricht<br />
ein erster Schritt<br />
in diese Richtung sein<br />
kann.»<br />
Eugen Huber, Schulleiter und<br />
selbstständig im Wirtschaftsbereich
Workshops<br />
Peter Widmer<br />
Zentrum Impulse für Projektunterricht<br />
und Projektmanagement <strong>ZIPP</strong> an der<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong><br />
Projektleiter für die Weiterentwicklung<br />
der Sekundarstufe I in AVS <strong>Luzern</strong><br />
2000–2004; Dozent an der<br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> in den Fachbereichen<br />
Deutsch, Mentorat und Projektunterricht<br />
2004 bis heute; Mitarbeiter <strong>ZIPP</strong><br />
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong> 2010 bis heute.<br />
«Projekte begleiten» Einblick und Arbeit<br />
mit dem Lehrmittel<br />
Mit Hilfe des aktualisierten Lehrmittels «Projekte begleiten, Gruppenprojekte und individuelle<br />
Arbeiten auf der Sekundarstufe» werden die Phasen eines Projektes durchgegangen und<br />
Einblicke in Werkzeuge und Unterstützungsangebote vorgenommen.<br />
Das Lehrmittel<br />
Projekte begleiten<br />
Gruppenprojekte und individuelle Arbeiten auf der Sekundarstufe<br />
7.–9. Schuljahr<br />
Erich Lipp, Hans Müller, Peter Widmer, Christian Graf, Charly von Graffenried<br />
Schulverlag plus AG, 1. Auflage, 2011<br />
Handbuch für Lehrpersonen<br />
Das Buch bietet die Grundlage für die Planung, Initiierung, Begleitung, Beurteilung und Auswertung<br />
von Gruppenprojekten und individuellen Arbeiten. Es basiert auf den Erfahrungen<br />
aus den Kantonen <strong>Luzern</strong> und Bern. Das Handbuch gibt Einblicke in die Praxishilfen<br />
(Kopiervorlagen).<br />
In einem ersten Kapitel werden die pädagogischen Leitgedanken, die dem Projektunterricht<br />
zu Grunde liegen, aufgezeigt und Merkmale von schulischen Projekten dargelegt. Darin enthalten<br />
sind die fünf Handlungsschwerpunkte individueller Arbeiten und Gruppenprojekten<br />
sowie die Darstellung der fünf Phasen eines Projektes. Ein wichtiger Teil des Kapitels widmet<br />
sich der Planung von projektorientierten Arbeiten im 7. und 8. Schuljahr und dem eigentlichen<br />
Projektunterricht im 9. Schuljahr.<br />
In einem zweiten Kapitel werden die Projektphasen aus Sicht der Lehrperson beschrieben,<br />
beginnend mit der Phase 0: Rahmenbedingungen festlegen. Hier werden Erfahrungen mit<br />
einem definierten Zeitgefäss für Projekte im 9. Schuljahr dargestellt und aufgezeigt, welche<br />
30
Vorarbeiten für die Durchführung des Projektunterrichtes geleistet werden müssen. Anschliessend<br />
werden die fünf Projektphasen beschrieben, auf allfällige Stolpersteine hingewiesen<br />
und die in der Praxishilfe zusammengestellten Werkzeuge zu den einzelnen Phasen<br />
präsentiert.<br />
In einem dritten Kapitel geht es um die Begleitung und Beurteilung einer individuellen Arbeit,<br />
als Bestandteil des Projektunterrichtes. Es werden die Projektphasen aus Sicht der Lehrpersonen<br />
beschrieben und die Werkzeuge in der Praxishilfe präsentiert.<br />
Praxishilfe<br />
In einem Ordner sind die zahlreichen Werkzeuge eines Projektes bzw. einer individuellen<br />
Arbeit als Kopiervorlagen vorbereitet und auf CD-ROM auch in elektronischer Form zugänglich.<br />
Der Ordner enthält zudem zwei Filme mit Porträts von Gruppenprojekten und individuellen<br />
Arbeiten.<br />
Die Werkzeuge sind aufgrund einer Jahresplanung, von projektartigen Vorhaben zu Gruppenprojekten,<br />
und entlang der Projektphasen geordnet und unterscheiden wiederum die<br />
beiden Kapitel «Gruppenprojekte begleiten» und «individuelle Arbeiten begleiten».<br />
Leitfaden für Schülerinnen und Schüler<br />
Der Leitfaden führt die Jugendlichen durch ihr Gruppenprojekt bzw. ihre individuelle Arbeit.<br />
Dabei erhält er vertiefende Aufträge und Werkzeuge rund um die Meilen- bzw. Stolpersteine:<br />
Themenfindung, Eingrenzung, Antrag, und Präsentation. Einblicke in Wort, Bild und Ton erleichtern<br />
das Lernen von und mit Andern.<br />
Der Leitfaden ist zurzeit in der Bearbeitung und wird im Sommer 2012 erscheinen.<br />
31<br />
«Die Vorarbeit auf<br />
der Primar ist essenziell,<br />
damit auf der Oberstufe<br />
auf diesem Vorwissen<br />
aufgebaut werden kann.<br />
Diese Arbeit soll anregend<br />
sein, damit entdeckendes<br />
Lernen stattfinden kann.»<br />
Dorothee Neuhaus,<br />
Schulleiterin Primar
<strong>PHZ</strong> <strong>Luzern</strong><br />
Dienstleistungen<br />
Sentimatt 1<br />
6003 <strong>Luzern</strong><br />
www.dienstleistungen.luzern.phz.ch<br />
www.zentrum-zipp.ch<br />
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