Die Frauenklinik - Lukas-Krankenhaus Bünde
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24 lukaS spezial<br />
lukaS spezial 25<br />
»meIn beruf ISt<br />
SchleIchenD<br />
zum traumberuf<br />
GewOrDen«<br />
Im GeSpräch:<br />
hebamme IrmtrauD weGener<br />
→ LUKAS: Frau Wegener, wie muss man sich die Arbeit hier im<br />
Kreißsaal vorstellen? Sitzt man da ständig in Warteposition und wartet<br />
darauf, dass überraschend eine Gebärende an der Tür klingelt?<br />
← Irmtraud Wegener: Ganz so überraschend ist das meistens nicht.<br />
Der Großteil der Frauen hat sich vorher bei uns angemeldet, so haben<br />
wir die vorausberechneten Geburtstermine alle im Computer und<br />
können uns doch ein bisschen auf die Arbeit einrichten, die auf uns<br />
zukommt. Überraschungen gibt es aber dennoch immer wieder. Und<br />
die machen ja auch den Reiz unseres Berufes mit aus. Dass bei uns<br />
aber Frauen Stunden vor der Geburt anklingeln, die wir noch nie<br />
zuvor gesehen haben, kommt dann doch eher selten vor. Geben tut es<br />
das aber auch.<br />
→ Wie erkennt man denn, ob Eile geboten ist, oder ob noch Zeit bleibt,<br />
ob Sie und die Gebärende sich noch Zeit lassen können, ehe das Kind<br />
kommt?<br />
← Als Hebamme reicht meist schon ein erster Blick. Man schätzt den<br />
Zustand ein, nicht nur den medizinischen, auch den emotionalen.<br />
Dann wissen wir, ob wir uns beeilen müssen, oder ob noch Zeit bleibt.<br />
→ Gibt es denn auch die klassischen Fälle – so wie die Geburt im Taxi?<br />
Wegener: Natürlich, auch das kommt vor. Entbunden wurde bei uns<br />
auch schon im Taxi oder im Fahrstuhl – aber das sind Exoten, echte<br />
Ausnahmen. <strong>Die</strong> meisten schaffen es dann doch bis in den Kreißsaal<br />
(lacht).<br />
→ Und was passiert, wenn zeitgleich zwei Geburten anstehen?<br />
← Generell ist bei uns immer eine Hebamme im <strong>Die</strong>nst, und das ist<br />
auch kein problem bei der Arbeit. Sollten doch einmal zwei Geburten<br />
parallel ablaufen, dann muss ich meine Liebe eben aufteilen, muss<br />
sehen, wo die Hilfe am dringlichsten ist. Gleichzeitig springt dann der<br />
Gynäkologe ein, so dass immer eine perfekte Versorgung gewährleistet<br />
ist. Für solche Situationen hilft die Erfahrung. Und davon haben<br />
wir hier jede Menge.<br />
→ Das heißt, dass auch die jüngsten Hebammen hier schon lange<br />
mitarbeiten?<br />
← Insgesamt sind wir neun Hebamme in unserem Team, alle zwischen<br />
30 und 50 Jahren alt. <strong>Die</strong> »Jüngste« kam vor sieben Jahren,<br />
Kontinuität wird bei uns also sehr groß geschrieben. Daneben spricht<br />
das aber sicherlich auch für unser sehr gutes Arbeitsklima hier. Wobei<br />
man nicht vergessen darf: Wir sehen uns als Team. Sind aber gleichzeitig<br />
echte Solistinnen.<br />
→ Immer wieder erzählt wird ja auch von starken Männer, die im<br />
Kreißsaal zu schwächeln beginnen. Wie sind denn da Ihre Erfahrungen?<br />
← Da gibt es eigentlich alle nur erdenklichen Fälle. Den partner, der<br />
nur still daneben sitzt, häufiger den, der unterstützt. Und auch den,<br />
der zum Rauchen mal nach draußen gehen muss. Dass hier aber ein<br />
partner ohnmächtig wird, ist äußert selten. Da hält das Adrenalin die<br />
meisten dann doch bei Bewusstsein (lacht). Wobei heute ja nicht nur<br />
die werdenden Väter bei der Geburt dabei sind. Eltern, Geschwister,<br />
Freunde, sogar ein Kind hatten wir schon mal hier im Kreißsaal. Als<br />
es aber ernst wurde, haben wir es dann doch in unseren Allzweckraum<br />
gebracht. Nur gut, dass heute auf den entsprechenden Fernsehkanälen<br />
rund um die Uhr nette Kinderfilme laufen (lacht herzlich).<br />
LUKAS: Wie sieht denn generell die Arbeitsaufteilung zwischen Arzt<br />
und Hebamme aus?<br />
← Das teilt sich sehr gut auf. Der Arzt oder in unserem <strong>Krankenhaus</strong><br />
ja auch häufig die Ärztin übernimmt die Voruntersuchung,<br />
den Ultraschall, die Routinemaßnahmen. <strong>Die</strong> Anästhesisten bieten<br />
dann gerne auch die periduralanästhesie an, um die Schmerzen zu<br />
lindern. Wir Hebammen übernehmen dann, führen zur Geburt hin.<br />
Wichtig ist, dass wir immer den Gesamtzustand im Blick haben. Läuft<br />
irgendetwas nicht normal, dann wird sofort der diensthabende Arzt<br />
benachrichtigt. Der ist auch auf jeden Fall bei der Geburt dabei. Nach<br />
der Geburt sorgen wir uns im Normalfall rund 2 Stunden um die<br />
Neugeborenen, untersuchen, messen, wiegen, waschen, protokollieren.<br />
Dann geht es für Kind und Mutter rauf auf die Station.<br />
→ Ist das eigentlich ein Traumberuf?<br />
← Bei mir ist der Beruf eher schleichend zum Traumberuf geworden.<br />
Anfangs war ich Kinderkrankenschwester, wollte eigentlich in den<br />
Entwicklungsdienst gehen. Dann wurde ich doch Hebamme – und<br />
heute bin ich mir sicher, dass das ein Traumberuf ist. Hier gibt es<br />
keine Konstante, hier ist jeder Tag anders – und das finde ich wunderbar.<br />
Außergewöhnlich ist es natürlich auch, immer wieder ein neues<br />
Leben begrüßen, in den Arm nehmen zu können. Aber, auch das darf<br />
man natürlich nicht vergessen: Einiges wird auch zur Gewohnheit,<br />
mit Romantik hat dieser Beruf weniger zu tun, als manche denken.<br />
→ Dabei gibt es aber sicherlich auch traurige Momente. Wie gehen Sie<br />
denn mit denen um?<br />
← Auch hier hilft natürlich die Erfahrung. Wobei die Trauer ja gleich<br />
eine Doppelte ist. Einmal wegen des Babys, zum anderen trauert man<br />
auch gemeinsam mit der Mutter, den Eltern. Da braucht es dann seine<br />
Zeit zum Abschalten, zum Revue passieren lassen und aufarbeiten.<br />
→ Zurück zu den komplikationslosen Fällen. Gibt es wirklich Einflüsse,<br />
bei denen sich Geburten mehren? Also stimmt es wirklich, dass der<br />
Mond da eine Rolle spielt, oder gehört das eher in die Welt der Fabeln?<br />
← Wissenschaftlich erwiesen ist da nichts. Also entstammt vieles der<br />
phantasie. Grundsätzlich ist es aber so, dass Luftdruckveränderungen,<br />
Wetterumschwünge und zum Beispiel Sommergewitter aus meiner<br />
Erfahrung heraus die Geburtenzahl steigen lassen. Wenn ich abends<br />
im Wetterbericht eine solche Wettersituation sehe, dann stelle ich<br />
mich für den nächsten Morgen schon auf viel Arbeit ein.<br />
→ Neben der klassischen Geburtshilfe, was gibt es da noch für Aufgabengebiete<br />
der Hebammen im <strong>Lukas</strong>-<strong>Krankenhaus</strong>?<br />
← Natürlich dreht sich der Hauptteil unserer Arbeit um die Geburt,<br />
die Versorgung, Beratung der Gebärenden. Daneben bieten wir aber<br />
auch verschiedenste Kurse an. Da sind die Rückbildungsgymnastik,<br />
das Still-Café, die Akupunktur. Und natürlich gilt es auch einen großen<br />
Dokumentationsbedarf zu decken.<br />
→ Wenn Sie und Ihre Kolleginnen schon so lange dabei sind, wie ist das<br />
dann bei einer Geburt, ist da alles Routine, wenn alles glatt läuft. Oder<br />
sind Sie da auch noch aufgeregt?<br />
← Aufgeregt ist sicherlich nicht das richtige Wort. Aber den Adrenalinschub<br />
gibt es immer noch. Der fällt auch nach noch so vielen<br />
<strong>Die</strong>nstjahren nicht weg. Und das ist ja eigentlich auch schön, dass<br />
eine Geburt immer noch etwas mit Emotionen zu tun hat. Da ist<br />
zwar professionalität von der Hebamme gefragt. Aber da spielt sich<br />
natürlich noch viel mehr ab. Da freut man sich mit, da fiebert man<br />
mit. Auch wenn es die dritte Geburt an einem Tag ist, das spielt dann<br />
keine Rolle. •