Hugo 47 - Pfadfindergruppe Wien 55
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� GLASPALAST<br />
Der Winter läßt sich noch immer nicht vertreiben<br />
und somit freut man sich am Ende eines Tages<br />
über eine heiße Dusche oder verbringt den Abend<br />
in der Badewanne. Doch welch seltsamer Wirbel<br />
wird beim Abfluß sichtbar, wenn schließlich das<br />
begehrte Nass den Ort des Geschehens verläßt?<br />
Jeder hat sich bestimmt schon einmal gefragt,<br />
warum sich überhaupt ein Wirbel bildet, wenn<br />
man eine Flüssigkeit ausrinnen läßt. Und in welche<br />
Richtung dreht er sich? Können wir die<br />
Richtung vorhersagen? Ich habe auch immer geglaubt,<br />
daß das Badewasser auf der Nordhalbkugel<br />
in dem gleichen Drehsinn in den Abfluss<br />
strudelt, wie der Wind auf den computeranimierten<br />
Wetterkarten der Fernsehnachrichten um<br />
die Tiefdruckgebiete herum weht, also gegen den<br />
Uhrzeigersinn. Und das hänge mit der Erddrehung<br />
zusammen (Corioliskraft). Auf der Südhalbkugel<br />
müßte das Wasser dann im Uhrzeigersinn<br />
abfließen, doch unsere Auslandskorrespondentin<br />
Gini konnte das aber letztes Jahr<br />
in Australien nicht bezeugen.<br />
Viele Wissenschafter bemühten sich in den letzten<br />
Jahrhunderten einen Beweis für die verschiedenen<br />
Wirbelrichtungen zu liefern, doch sie scheiterten<br />
an kleinen Fehlern bei der Versuchsanordnung.<br />
Deswegen hat es auch für uns keinen<br />
Sinn eine "Stricherlliste" im Badezimmer aufzuhängen<br />
und jedesmal nach dem Duschen oder<br />
Baden die Drehrichtung des Abflusswirbels aufzuschreiben<br />
(es wird schon so sein, daß es eine<br />
häufiger vorkommende Drehrichtung geben wird,<br />
aber das hängt mit der Oberflächenbeschaffenheit<br />
und der Form des Behälters zusammen).<br />
Die ersten wissenschaftlichen Experimente zu<br />
diesem Thema wurden im 19.Jhdt. durchgeführt<br />
und sollten als "Nachweis für die Achsendrehung<br />
der Erde" dienen. 1851 hatte Léon Foucault<br />
(1819-1868) im Pariser Panthéon sein berühmtes<br />
Pendel zur Schau gestellt. In manchen technischen<br />
Museen ist dieses Experiment auch heute<br />
noch zu beobachten: Das Pendel verändert bei<br />
jeder Schwingung seine Richtung und schwingt<br />
erst nach 24h wieder in der gleichen Richtung. Da<br />
das Pendel sehr lang ist und der Durchmesser<br />
dieses Kreises (siehe Abbildung) sehr groß ist,<br />
kann man wirklich bei jeder Schwingung den<br />
Fortschritt feststellen. Man könnte dieses Pendel<br />
somit auch als Uhr verwenden!<br />
Die Corioliskraft<br />
22 <strong>Hugo</strong><br />
1962 führte Asher H. Shapiro, ein bekannter<br />
Strömungsphysiker am MIT in Cambridge<br />
(Massachusetts) endlich das funktionierende<br />
Experiment durch: er gab dem Wasser beim<br />
Einfüllen in den 300 Liter fassenden ruhenden<br />
kreisförmigen Tank von 1,60 Meter Durchmesser<br />
eine Drehung im Uhrzeigersinn, um auf der sicheren<br />
Seite zu sein (er befand sich ja auf der<br />
Nordhalbkugel!), und ließ ihm anschließend 24<br />
Stunden Zeit zur Beruhigung, ehe er die Öffnung<br />
am fernen Ende eines 6 Meter langen<br />
Abflußschlauchs freigab. Der Behälter brauchte<br />
20 Minuten, um vollständig leerzulaufen. Während<br />
der ersten 12 bis 15 Minuten dieser Frist war keinerlei<br />
Bewegung des Wassers zu beobachten.<br />
Danach begann, wie erwartet, eine langsam<br />
zunehmende Drehung entgegen dem Uhrzeiger,<br />
die sich bis zum Ende des Versuchs auf eine<br />
Umdrehung pro drei Sekunden steigerte. Drei<br />
Jahre später wiederholte Lloyd M. Trefethen an