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Gefesselte Gespenster - Jungschar.biz

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„Kann ich mir nicht vorstellen, der ist sicher ‘n bisschen verrückt. Na, mir soll‘s recht sein, wenn er bloß<br />

bezahlt.“<br />

André lachte herzlich und warf Maurice einen Blick zu, der sein überhebliches Mitleid für den dummen<br />

René ausdrücken sollte. „Allah ist groß“, sagte er schmunzelnd, „und reichhaltig ist sein Tiergarten.<br />

Nein, was gibt es doch für Pannauser!“<br />

„Banausen“, verbesserte Maurice und biss sich auf die Lippen, um nicht zu lachen. Seppe und Pipin aber<br />

lachten ganz ungeniert. André wurde mal wieder rot und ärgerte sich.<br />

René kümmerte sich weder um Pannauser noch um Banausen, beobachtete Maurice eine Weile bei der<br />

Arbeit und sagte dann: „Du fasst die Hacke ganz verkehrt, Maurice. Sieh mal, so musst du das machen!<br />

Wirste längst nicht so müde!“<br />

„Nett von dir, René! Ich hab‘ noch nie ‘ne Hacke in der Hand gehabt.“<br />

„So?“ orgelte ein tiefer, männlicher Bass, Maurice drehte sich um, der Professor stand vor ihm. „Was<br />

sind Sie denn von Beruf?“<br />

„ Maler.“<br />

„Was? Maler sind Sie? Kommen Sie doch mal mit. Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“<br />

Als Talentprobe sollte Maurice eine Skizze der umgebenden Landschaft anfertigen. Er setzte sich auf<br />

einen gefällten Baum, legte den Zeichenblock auf die Knie und betrachtete fast fünf Minuten lang sehr<br />

genau das kleine, fruchtbare Tal und den gestrüppüberwucherten Hügel, auf dem die Jungen arbeiteten.<br />

Mit wenigen, aber treffsicheren Strichen brachte er die Zeichnung zu Papier und reichte sie dem<br />

Professor.<br />

„Sehr gut! Vorzüglich gelungen! Sie können sogar was, Herr, wir war doch Ihr Name?“<br />

„Dupont.“<br />

„Richtig, Herr Dupont!“<br />

Maurice bekam Arbeit, die ihm weit mehr zusagte als Hacken: er musste Fundskizzen und<br />

Lagezeichnungen von bereits freigelegten Gräbern, Urnen und Steinsärgen anlegen. Eifrig machte er<br />

sich darüber her.<br />

War ein guter Gedanke von André, dachte er, während er Striche zog. Einen Tag Arbeit kann man selbst<br />

in den Ferien vertragen. Außerdem der einzige Weg, Geld zu verdienen für Benzin. Nett von Tomasini,<br />

dass er uns in seiner Scheune schlafen lässt und dass er uns zu diesem Professor geschickt hat. Der<br />

möchte uns gerne behalten, glaub‘ ich. Kriegt nicht genug Arbeitskräfte in dieser abseitigen Gegend.<br />

Kommt aber nicht in Frage, schließlich haben wir ja Urlaub. Morgen fahren wir weiter. Und heute<br />

Abend essen wir mal was anderes als Tomaten. Wir kaufen uns was. Nichts gegen Tomasini, der ist<br />

prächtig, gab eben, was er hatte: Tomaten und Butter und Brot. Darf man aber nicht ausnützen.<br />

Abgesehen davon: ich bin die Tomaten schrecklich leid.<br />

Sie arbeiteten von acht bis zwölf, machten die übliche Hitzepause bis vier, und arbeiteten dann weiter<br />

bis acht Uhr abends. Rechtschaffen müde gingen sie nach Hause zu Tomasinis Ferme. Unterwegs<br />

kassierte André von jedem den Lohn. Als Maurice ihm sein Geld gab, rief er staunend: „Tiens! Du hast<br />

ja genauso viel verdient wie wir fünf zusammen!“<br />

„Hm“, machte Maurice, „gelegentlich verdient sogar ein Maler was.“<br />

„Prima, Mensch!“ René rieb sich strahlend die Hände und klopfte Maurice auf die Schulter. „Jetzt<br />

können wir wenigstens genug Benzin kaufen.“<br />

„Und was Anständiges zu essen!“ meinte Seppe hoch erfreut. Maurice und seine Kunst stiegen<br />

erheblich im Ansehen. Alle nickten ihm glücklich lächelnd zu und dachten: sieh mal an, unser Maurice!<br />

Dem Maler wurde ganz seltsam warm, er räusperte sich verlegen und blickte zur Seite.<br />

Da blieb Stinker plötzlich stehen. Er knurrte, sein Nackenfell sträubte sich. Einen halben Meter vor ihm<br />

hob eine graugrüne Schlange ihren Oberkörper aus dem Gras, züngelnd und zischend pendelte ihr<br />

schmaler Kopf hin und her.<br />

Erschrocken verhielten die Jungen den Schritt. Einen Augenblick stutzte auch Filou, starr vor Schreck.<br />

Dann begriff er, dass sein Liebling in Gefahr war, machte einen Satz zu ihm hin, um ihm beizustehen.<br />

Das war verkehrt! Alles weitere war in weniger als einer Sekunde geschehen: Die Schlange fühlte sich<br />

bedroht, schnellte nach vorn, Stinker heulte auf, es raschelte ein wenig im Laub, weg war sie.<br />

„Der ist erledigt!“ sagte Seppe.<br />

„Wer?“<br />

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