Gefesselte Gespenster - Jungschar.biz
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Die Jungen lachten mit der eine zufrieden, der andere schadenfroh.<br />
„Falls sie überhaupt abfahren. Vielleicht bleiben sie auch im Café sitzen und warten, bis wir<br />
vorbeikommen, denn wir müssen ja über die Hauptstraße.“<br />
„Ziemlich unwahrscheinlich“, meinte René. „Nee, Maurice, ich nehme an, die haben schon mächtig<br />
Langeweile, müssen ja schon Stunden dasitzen! Pass mal auf: gleich werden die Schufte losfahren, uns<br />
zu suchen. Es kommen ja höchstens zwei Straßen in Frage, und die haben sie mit ihrem schnellen<br />
Wagen bald abgegrast. Wir warten mal ‘ne halbe Stunde, das können wir uns leisten.“<br />
Es war nicht einmal eine halbe Stunde vergangen, als Pipin zischte: „Da sind sie!“<br />
Ohne die Jungen und ihren Wagen zu bemerken, stiegen die Männer ein und fuhren davon.<br />
„Gute Reise!“ knurrte René.<br />
„Und schönen Gruß von der Zwiebelstraße!“ feixte Seppe.<br />
Bei einem richtigen Polizisten — der misstrauisch gewordene Maurice ließ sich sogar den Ausweis<br />
zeigen — erkundigten sie sich noch einmal nach dem Weg. Die Auskunft des Beamten deckte sich<br />
genau mit dem, was Maurice aufgeschrieben hatte: weiter auf der großen Hauptstraße bis Le Luc, von<br />
dort aus nach Süden über Cogolin bis in die Nähe von St. Tropez.<br />
Schon zehn Minuten später entdeckten sie den schwarzen Buick. Die beiden Männer hatten die Röcke<br />
ausgezogen, die Ärmel hochgekrempelt und arbeiteten im Schweiße ihres Angesichtes. Der eine pumpte<br />
einen Reifen auf, der andere schraubte unter der hochgeklappten Motorhaube.<br />
„Seht ihr! Hab‘ ich‘s nicht gesagt! Der nimmt den Vergaser raus! Viel Erfolg, Kollege!“<br />
Lächelnd rasselten sie vorbei. Keiner der Schufte schaute auf.<br />
Spuk und guter Ton<br />
„Ich möchte mir die Bemerkung erlauben, dass dieses Schloss recht klein und bescheiden aussieht. Es<br />
macht auf mich quasi gewissermaßen einen mickrigen Eindruck!“<br />
„Na, hör mal! Liegt doch richtig hübsch da oben auf dem Buckel! Rund herum Weinberge, auf dem<br />
ganzen Abhang. Was willst du denn mehr?“<br />
„Nun, meine Bemerkung war ja mehr in betreff des Gebäudes gedacht. Dieses ist doch recht klein und<br />
altmodisch, aber dennoch ganz nett“, meckerte André und nickte herablassend. Villeneuve schien ihm<br />
schon gar nicht zu gefallen. Naserümpfend betrachtete er die Fischerhäuschen und winzigen Geschäfte;<br />
selbst die von leuchtenden Blumenbeeten umsäumten oder unter Palmen und Kiefern versteckten Villen<br />
fanden keine Gnade vor seinen Augen. Seine lebhafte Phantasie hatte ihm alles märchenhaft und<br />
großartig ausgemalt, und nun erschien ihm die schöne Wirklichkeit nicht schön genug.<br />
Der schmale Asphaltweg stieg stärker an, machte eine Haarnadelkurve, noch hundert Meter, dann waren<br />
sie auf dem Berg, und vor ihnen lag Schloss Augustin. Eingehend musterte Maurice den von zwei<br />
Ecktürmen flankierten Bau. Der linke Turm war viereckig, der rechte rund. Zwischen beiden ein<br />
zweistöckiger Verbindungsbau, mitten davor eine große Freitreppe.<br />
„Ich kann mir nicht helfen, ich finde das alte Gemäuer sehr schön“, sagte er und nickte wohlgefällig.<br />
Am Fuß der Treppe stoppte René den Wagen; der Motor verröchelte fauchend, es klang, als ob er erlöst<br />
aufatme.<br />
„Mensch, Jungens! Endlich wieder am Meer! Ich war schon ganz krank vor lauter Bergen“, rief Seppe,<br />
sprang elegant von seinem Notsitz und blickte am Schloss vorbei, über das malerisch an den Hügel<br />
geschmiegte Villeneuve hinweg auf die blaue, unbewegte Wasserfläche. Die andern stellten sich neben<br />
ihn, blinzelten und zogen schnuppernd den lang entbehrten Salzgeruch ein.<br />
„Wunderbar! Prächtig!“ Der Anblick begeisterte selbst André. „Fast so schön wie in Marseille!“<br />
„Anders“, sagte Maurice. „Das Meer hat eine andere Farbe. In Marseille ist es grünlicher, hier tiefblau<br />
wie Füllhaltertinte. Beides ist schön.“<br />
„Quatsch!“ sagte René. „Ist ja bloß Wasser.“<br />
„Das kennen wir schon, Mensch!“ hänselte Seppe. „Kein Weizen und kein Wein, taugt also nicht. Du<br />
kannst einem leid tun.“<br />
„Wuhaha!“ wieherte Filou auf einmal. „Wuhaha! Jungens, seht euch den an! Was ‘n komischer Kerl!<br />
Wuhaha!“<br />
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