4 - Kulturnews
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76 kino //<br />
Einzelgänger und Erst-Schießer-dann-Frager<br />
des US-Kinos einen Film über das Leben<br />
nach dem Tod macht, überrascht. Eastwood<br />
verknüpft die Geschichte von Mary (De<br />
France), die beim Tsunami 2004 eine Nahtoderfahrung<br />
macht, mit dem kleinen<br />
Marcus, der seinen Bruder bei einem Unfall<br />
verliert und dem Ex-Medium George<br />
(Damon), der seine Gabe, mit den Verstorbenen<br />
sprechen zu können, als Fluch betrachtet.<br />
In ruhigen, drinnen von Schatten,<br />
draußen von Herbstgrau dominierten<br />
Bildern erzählt Eastwood, wie die Figuren<br />
ihr Wissen mitteilen (Mary), mit den Toten<br />
sprechen (Marcus) oder vom Tod loskommen<br />
(George) wollen und am Ende zusammentreffen.<br />
Doch denkt man letztlich:<br />
wozu? Die Frage, wohin wir am Ende unseres<br />
Lebens gehen, ist viel zu metaphysisch,<br />
um sie in einem Film beantworten<br />
zu können. Vermutung: Eastwood hat<br />
keine Lust auf den Tod – und malt sich in<br />
aller Öffentlichkeit seine Version des<br />
Jenseits aus. (vs)<br />
Start 3. 2.<br />
I killed my Mother<br />
JUGENDDRAMA<br />
CA 2009, 100 Min.<br />
R: Xavier Dolan,<br />
D: Xavier Dolan, Anne Dorval,<br />
Francois Arnaud<br />
ab 3. 2. (Kool Film)<br />
Er ist das, was man ein Wunderkind<br />
nennt: Xavier Dolan, 19 Jahre alt, Kanadier<br />
und einer der jüngsten Regiedebütanten<br />
der Filmgeschichte. Sein Drama über den<br />
aggressiven, verletzlichen Teenager Hubert<br />
(Dolan selber), der sich endlose Wortduelle<br />
voller Hass und Verletzungen mit seiner<br />
Mutter liefert, ist vor allem eins: intim.<br />
Huberts herausgebrüllte Verachtung für<br />
seine allein erziehende Mama, die Dolan<br />
in grobkörnigen, statischen Aufnahmen<br />
von Vorstadtspießigkeit, sprengt alle<br />
Dimensionen. Die Dialoge (Drehbuch:<br />
Dolan) und Konflikte sind realistisch,<br />
Huberts Verhalten aber nur vage mit der<br />
Scheidung der Eltern und seiner Homosexualität<br />
erklärt. Und so fühlt man sich<br />
schnell, als wohne man dem schonungslosen<br />
Seelenstriptease eines fragilen<br />
James-Dean-Epigonen bei, einem filmischen<br />
Therapieprozess, nach dem man<br />
eins ganz sicher tun möchte: mal wieder<br />
seine Mutter umarmen. (vs)<br />
kulturnews 2/11<br />
3//<br />
Start 10. 2.<br />
Die Kinder von Paris<br />
DRAMA<br />
F 2010, 115 Min.<br />
R: Rose Bosch<br />
D: Hugo Leverdez, Mélanie Laurent,<br />
Jean Reno<br />
ab 10. 2. (Constantin)<br />
Rose Boschs Film über die in Frankreich<br />
lange Zeit unter den Tisch gekehrte Kollaboration<br />
der französischen Regierung mit<br />
den Nazis bei der Auslieferung und Deportation<br />
nicht-französischer Pariser Juden<br />
1942 ist ein seltsamer Film. Hat man ihn<br />
gesehen, ist man bedrückt. Je mehr Abstand<br />
man gewinnt, desto mehr Schwächen<br />
sieht man. Und dann wieder die Stärken.<br />
Der Film verfolgt das Schicksal des elfjährigen<br />
Jo (Leverdez), der zusammen mit<br />
Tausenden anderer Juden in einem Velodrom<br />
eingepfercht und in ein Zwischenlager<br />
gebracht wird und flieht, während<br />
seine Familie in Auschwitz vergast wird.<br />
Bosch verzichtet auf verbürgte, explizite<br />
Grausamkeiten und lässt die Krankenschwester<br />
Annette (Laurent, „Inglourious<br />
Basterds“) als Gewissen stellvertretend für<br />
den oft betulichen, oberflächlichen Film<br />
die Frage stellen: Warum haben alle mitgemacht?<br />
Dieser Aspekt ist es, der „La Rafle“<br />
(Originaltitel) seine Wucht verleiht. Dass<br />
er ohne große Dramatisierungen und Hektik<br />
zeigt, wie 4 000 Kinder systematisch<br />
zusammengetrieben und ermordet werden –<br />
und keiner hilft. (vs)<br />
Start 17. 2.<br />
127 Hours<br />
ABENTEUERDRAMA<br />
USA/GB 2010, 94 Min.<br />
R: Danny Boyle<br />
D: James Franco, Amber Tamblyn,<br />
Kate Mara<br />
ab 17. 2. (20th Century Fox)<br />
4//<br />
5//<br />
Regisseur Danny Boyle schickt seine Hauptfiguren<br />
gerne an fabelhafte und berau–<br />
schende Orte, die sich früher oder später