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Geographie der Obdachlosigkeit - Freie Universität Berlin

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Anzahl <strong>der</strong> insgesamt zur Verfügung gestellten Übernachtungsplätze ist aber nur leicht zu-<br />

rückgegangen (s. Abb. 2). Begründet wird diese Entwicklung mit <strong>der</strong> Kürzung von finanziel-<br />

len Zuwendungen. Seit 1995 werden die Hilfsangebote <strong>der</strong> Kältehilfe nicht mehr überbezirk-<br />

lich durch den Senat, son<strong>der</strong>n durch die einzelnen Bezirke finanziell bezuschusst (vgl. MAR-<br />

KOWSKY 2007). Diese erhalten wie<strong>der</strong>um Gel<strong>der</strong> vom Senat entsprechend des Konzeptes<br />

<strong>der</strong> Kosten-Leisungsrechnung, wonach alle Leistungen Produkte sind. Aus den Produktko-<br />

sten aller Bezirke wird ein Mittel (Median) gebildet, das die Basis für die Zuweisung des Se-<br />

nates an die Bezirke ausmacht (vgl. MARKOWSKY 2007, 2009a). Dies hat zur Folge, dass die<br />

Bezirke mit vielen co-finanzierten Einrichtungen relativ benachteiligt werden. Sie sind ge-<br />

zwungen zu sparen und so müssen ungeachtet <strong>der</strong> Qualität ihrer Angebote die Einrichtun-<br />

gen mit verhältnismäßig hohen Unterbringungskosten schließen. Sozialarbeiter investieren<br />

mehr und mehr Zeit in die Führung von Statistiken, um die Rentabilität ihrer Einrichtungen<br />

nachzuweisen. Somit wird auch die Obdachlosenfürsorge kommodifiziert. In einigen Fällen<br />

wird sie zum lukrativen Geschäft. Damit besteht auch immer die Gefahr, dass sich Verant-<br />

wortliche persönlich bereichern, was die vor kurzem aufgedeckte „Maserati-Affäre“ um den<br />

Ex-Geschäftsführer <strong>der</strong> Treberhilfe gGmbH, Harald Ehlert, verdeutlicht (vgl. KRÖGER 2010).<br />

Plätze<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Abb. 2: Verfügbare Plätze in Notübernachtungen und Nachtcafés <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er<br />

Kältehilfe<br />

458<br />

383<br />

490<br />

473<br />

347 341<br />

451<br />

289<br />

468<br />

281<br />

500<br />

321<br />

1997/98 1998/99 1999/2000 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10<br />

Wintersaison<br />

Quellen: ABGEORDNETENHAUS BERLIN 2003 und BERLINER KÄLTEHILFE 2010<br />

19<br />

447<br />

Nachtcafés Notübernachtungen<br />

Trotz <strong>der</strong> Verschärfung <strong>der</strong> Unterbringungssituation drängt sich nicht das Bild auf, Bedürf-<br />

tige würden massenhaft an den Eingängen <strong>der</strong> Notunterkünfte und <strong>der</strong> Nachtcafés abgewie-<br />

sen. Die Sozialarbeiter vermuteten und Obdachlose bestätigten in Interviews, dass die Bele-<br />

gung vorab unter den Gästen geklärt wird. Viele suchen immer o<strong>der</strong> zumindest regelmäßig<br />

die gleichen Unterkünfte auf. Man kennt sich untereinan<strong>der</strong>. Es bilden sich beson<strong>der</strong>s in den<br />

kleinen Nachtcafés Gemeinschaften. Neue haben es dann schwer, in den ausgelasteten<br />

Einrichtungen noch einen Platz zu finden. Wer nicht unterkommt, dem bleibt noch die Notun-<br />

terkunft <strong>der</strong> Stadtmission in <strong>der</strong> Lehrter Straße. Ihr eilt ein äußerst schlechter Ruf voraus.<br />

Unter den Wohnungslosen wird über sie stets abschätzig gesprochen. Sie gilt als Massenun-<br />

terkunft. Offiziell gibt es dort 60 verfügbare Plätze. In diesem Winter kommen aber durch-<br />

321

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