Weihnachten 2008 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
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wusste in Allenstein seit Wochen,<br />
dass es zu Ende ging. Manche hatten,<br />
trotz des strengen Verbotes, die<br />
Stadt heimlich verlassen. Schon<br />
zwei Wochen vorher hatte ich mehrfach<br />
die Medizinal-Abteilung der Regierung<br />
dringend ersucht, die von<br />
mir geleitete „Orthopädische Heilan-<br />
Am Freitag, dem 19. Januar, verhandelte<br />
ich noch einmal mit Dr. Kempe.<br />
Er hatte ein Herz für Kinder, daher<br />
hoffte ich, mit seiner Hilfe vielleicht<br />
doch noch die Insassen meiner Klinik<br />
zu retten. Ich schilderte ihm die<br />
Schwierigkeit, ca. 50 Kinder, die<br />
größtenteils an Knochen- und Gelenktuberkulose<br />
litten und in großen<br />
Gipsverbänden lagen, im Notfall<br />
plötzlich abtransportieren zu müssen.<br />
Ich machte ihn darauf aufmerksam,<br />
dass dann wahrscheinlich die Brücken<br />
über die Weichsel gesprengt<br />
sein würden und keine Boote oder<br />
stalt Dorotheenhaus“ zu evakuieren.<br />
Die Obermedizinalräte Dr. Gisbertz<br />
und Dr. Kempe wussten genau so<br />
wie ich, dass der Krieg verloren und<br />
Allenstein nicht zu retten war, aber<br />
sie durften ohne Genehmigung des<br />
Gauleiters keine Entscheidung treffen.<br />
Die Orthopädische Heilanstalt Dorotheenhaus<br />
Flöße zur Verfügung stehen würden.<br />
Was würde aber aus den Kindern<br />
werden, wenn die Russen kämen? –<br />
Er antwortete immer wieder, dass<br />
der strenge Befehl vorläge, wonach<br />
niemand die Stadt verlassen dürfe,<br />
und man könne doch nicht so viele<br />
Kinder unbemerkt aus der Stadt<br />
schaffen. Es könnte eine Panik dadurch<br />
in der Stadt entstehen, und die<br />
SS würde sofort eingreifen und mich<br />
verhaften. Ich sah ein, dass er Recht<br />
hatte. Nach langer Verhandlung willigte<br />
er aber doch ein, wegen der<br />
Evakuierung des „Dorotheenhauses“<br />
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