Weihnachten 2008 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
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Heilige Nacht<br />
Bei meiner Vorbereitung auf das Christfest<br />
wurde ich auf dieses ungewöhnliche<br />
Bild „Heilige Nacht“ aufmerksam. Emil<br />
Nolde (1867-1956), einer der bekanntesten<br />
deutschen Expressionisten, hat es<br />
1912 gemalt. Zunächst ist er uns durch<br />
seine prächtigen Farben als Landschaftsmaler<br />
seiner Heimat Schleswig-<br />
Holstein, diesem kargen Land zwischen<br />
den Meeren bekannt, das auch zur zweiten<br />
Heimat vieler ostpreußischer Flüchtlinge<br />
geworden ist. Mit der „Heiligen<br />
Nacht“ lernen wir Emil Nolde als Maler religiöser<br />
Motive kennen. Zuvor hatte er<br />
schon die Auferstehung, die Kreuzigung<br />
und zahlreiche andere Bilder aus dem<br />
Leben Jesu gemalt. Bei seiner Arbeit an<br />
der „Heiligen Nacht“ kam er auf die Idee,<br />
dieses Bild von Christi Geburt auf einer<br />
neunteiligen Bilderwand, aufgebaut wie<br />
ein mittelalterlicher Flügelaltar, in einen<br />
größeren Zusammenhang zu stellen. Auf<br />
Grund dessen hatte Emil Noldes Werk<br />
schon 1921 im Hauptschiff der St.-<br />
Katharinen-Kirche von Lübeck seinen<br />
Platz gefunden. Das erstaunt, zumal der<br />
Maßstab für sein künstlerisches Schaffen<br />
das Ursprüngliche und das Einfache,<br />
nicht aber vorrangig Reproduktion biblischer<br />
Inhalte oder kirchlicher Überlieferungen<br />
ist. Vielmehr hat Emil Nolde als<br />
eigenständiger Künstler das Religiöse der<br />
„Heiligen Nacht“ als persönliche Offenbarung<br />
beim Malen erlebt.<br />
Deshalb ist diese Szene aus der „Heiligen<br />
Nacht“ anders als die, die wir von Christi<br />
Geburt kennen. Emil Nolde hat in künstlerischer<br />
Freiheit wahrscheinlich die beiden<br />
biblischen Überlieferungen aus dem Lukas-Evangelium<br />
(Kap. 2) und aus dem<br />
Matthäus-Evangelium (Kap. 2) miteinander<br />
verbunden. Die junge Familie wurde<br />
von ihm als jüdische Menschen in den<br />
36<br />
Mittelpunkt des Bildes gestellt. Ein Grund<br />
für die Nationalsozialisten, Noldes Kunst<br />
offiziell als „entartet“ zu werten und ihn<br />
1941 mit Malverbot zu strafen. Bis in unsere<br />
Zeit gibt es Menschen, die es zu<br />
verhindern wissen, dass Jesus Christus<br />
bei ihnen einkehrt.<br />
Ganz anders drei Hirten rechts auf dem<br />
Bild. Eilig streben sie über dunkelgrüne<br />
Weideflächen auf Bethlehems Stall zu.<br />
Die Botschaft des Engels von der Geburt<br />
des Heilandes hatte sie in spannende<br />
Freude versetzt. Nun wollten sie unbedingt<br />
sehen, was dort von Gott her geschehen<br />
war. Schon in der „Heiligen<br />
Nacht“ wurde ein Viehstall zur Herberge<br />
der drei Menschen: Ein Zeichen ihrer Armut<br />
und Unbehaustheit! Das Jesuskind<br />
muss auf Grund seiner rosa Hautfarbe<br />
erst kurz zuvor das Licht der Welt erblickt<br />
haben. Es ist nackt und hatte noch nicht<br />
seinen Platz in der Krippe gefunden. Aus<br />
dieser frisst ein Esel. Maria schaut freudestrahlend<br />
das Neugeborene an und<br />
hält es dem ungewöhnlich hellen Licht eines<br />
neuen, großen Sternes entgegen. Sie<br />
wusste um das Geheimnis dieser Geburt:<br />
Das strahlende Gelb auf Gesicht und Armen<br />
der Mutter Jesu erscheint wie eine<br />
Brücke zwischen Himmel und Erde. Auf<br />
deren goldener Bahn hebt sich das Jesuskind<br />
vom dunklen Blau des Himmels<br />
ab und leuchtet selbst wie ein Stern: Jesus<br />
ist als ein Mensch mitten in unsere<br />
Welt gekommen! Aber er kam aus einer<br />
anderen, aus der Welt Gottes. Darum ist<br />
er auch als Gottes Sohn zu uns Menschen<br />
gekommen. Was das bedeutet, ist<br />
in der Namensgebung des Kindes ausgedrückt.<br />
Diese war Josef vorbehalten.<br />
Sein aufmerksamer Blick lässt erkennen,<br />
dass er als frommer Mann (Mat. 1,19) am<br />
Ereignis der Heiligen Nacht von Gott