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Jahresbericht 2008 - Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern

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LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 5/1660<br />

5. Wahlperiode 07.07.<strong>2008</strong><br />

UNTERRICHTUNG<br />

durch den <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

<strong>Jahresbericht</strong> des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>2008</strong> (Teil 1)<br />

Landesfinanzbericht <strong>2008</strong><br />

Zugeleitet mit Schreiben des <strong>Landesrechnungshof</strong>es vom 7. Juli <strong>2008</strong>.


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong><br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong><br />

- Teil 1 -<br />

Landesfinanzbericht <strong>2008</strong>


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Vorwort des Präsidenten des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

Nie war die Chance so groß wie heute, vor einigen Jahren war kaum damit zu rechnen: Eine<br />

nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist möglich! Das ist die Botschaft, die<br />

der Entwicklung der vergangenen beiden Jahre zu entnehmen ist.<br />

Stark steigende Steuereinnahmen im Sog der guten Konjunkturentwicklung sowie Steuer-<br />

rechtsänderungen haben die öffentlichen Haushalte Deutschlands zwischenzeitlich in eine<br />

komfortabel scheinende Lage manövriert.<br />

Der öffentliche Gesamthaushalt war 2007 erstmals seit Jahrzehnten ausgeglichen, das Land<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> konnte 240 Mio. von über zehn Milliarden Euro Schulden tilgen.<br />

So könnte es weitergehen. Auch die erste Zahlen zu den Steuereinnahmen des laufenden Jah-<br />

res sind sehr erfreulich. Schon lange her scheinen somit die Zeiten, als Deutschland „blaue<br />

Briefe“ aus Brüssel entgegennehmen musste, weil es die Verschuldungsobergrenzen des<br />

Stabilitäts- und Wachstumspaktes mehrfach überschritten hatte.<br />

Doch aus meiner Sicht trügt der Schein: Die Gefahr ist groß, dass die Chance auf nachhaltige<br />

Konsolidierung wieder einmal ungenutzt verstreicht. Die gute Einnahmesituation ist nur eine<br />

Momentaufnahme. Um so bedenklicher ist, dass eine Reihe von öffentlichen Haushalten ihre<br />

Ausgaben dennoch nicht decken können. Im Gegenteil, es werden vor allem im Bund neue<br />

teure Maßnahmen beschlossen, die auch die Länder und Kommunen finanziell belasten und<br />

zugleich den Spielraum für Steuersenkungen begrenzen.<br />

Hinsichtlich von Steuersenkungen gilt es die richtige Reihenfolge zu beachten. Zuerst müssen<br />

die öffentlichen Aufgaben auf den Prüfstand. Neue Schwerpunktsetzungen müssen zu Abstri-<br />

chen bei anderen Aufgaben führen. Wenn dann die öffentlichen Ausgaben in den vor-<br />

handenen Einnahmerahmen passen und Überschüsse zur maßvollen Tilgung der angehäuften<br />

Schulden erwirtschaftet werden, sollten die Bürgerinnen und Bürger steuerlich entlastet<br />

werden. Leider wird gegenwärtig über den zweiten Schritt vor dem ersten diskutiert und es<br />

wird nicht transparent, dass neue öffentliche Ausgaben – so begrüßenswert sie im Einzelnen<br />

auch sein mögen – den Spielraum für Steuersenkungen zunichte machen. Ausgaben erhöhen<br />

und zugleich Steuern senken geht eben nicht.<br />

I


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Mit Sorge ist auch die Diskussion über die längst überfällige Neufassung der innerstaatlichen<br />

Verschuldungsgrenzen zu betrachten. Die Rechnungshöfe beklagen seit Jahren die zu weitrei-<br />

chenden Möglichkeiten, öffentliche Haushalte mit Schuldenaufnahme zu finanzieren. Jetzt<br />

gibt es im Zuge der Diskussion über die Föderalismusreform eine Chance, notwendige rechtli-<br />

che Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen. Es geht hier um Selbstbeschränkung der Politik,<br />

um wie Odysseus dem süßen Klang der Sirenen widerstehen zu können. Der Landesrech-<br />

nungshof begleitet die noch laufende Diskussion aktiv und hat zur Unterstützung von Landes-<br />

regierung und Parlament eine Beratende Äußerung mit eigenen Ansätzen und konkreten Lö-<br />

sungsvorschlägen vorgelegt.<br />

Ich hoffe weiterhin, dass es der Föderalismuskommission II gelingt, ein tragfähiges Ergebnis<br />

und insbesondere eine Neufassung der Schuldengrenze zu erreichen. Sollte der Preis für eine<br />

Einigung zu hoch werden, sollte <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> selbst tätig werden und verfas-<br />

sungsrechtliche Vorkehrungen treffen.<br />

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei den Mitgliedern des Landtages und der Landesre-<br />

gierung, den Landräten und Oberbürgermeistern sowie allen Bediensteten des Landes und der<br />

Kommunen bedanken für die konstruktive Zusammenarbeit.<br />

Schwerin, den 9. Juli <strong>2008</strong><br />

Dr. Tilmann Schweisfurth<br />

II


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

I. Einleitung.........................................................................................................................1<br />

II. Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2006.....................................................3<br />

1 Vorbemerkungen......................................................................................................3<br />

2 Bestätigungsvermerk nach § 97 LHO......................................................................3<br />

3 Stand des Entlastungsverfahrens..............................................................................4<br />

4 Haushaltsrechnung...................................................................................................4<br />

5 Vermögensübersicht...............................................................................................25<br />

III. Lagebericht.....................................................................................................................35<br />

1 Sozioökonomische Rahmenbedingungen..............................................................35<br />

2 Finanzwirtschaftliche Entwicklung........................................................................42<br />

IV. Feststellungen zur Prüfung der Landesverwaltung...................................................69<br />

Querschnittsprüfungen.................................................................................................69<br />

1 Umsetzung des Personalkonzepts 2004 für die Landesverwaltung <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong>..........................................................................................................69<br />

2 Einführung der elektronischen Registratur, Vorgangsbearbeitung und<br />

Archivierung..........................................................................................................79<br />

3 Arbeitszeitregelungen und Telearbeit, Krankenstand und Gesundheitsmanagement<br />

................................................................................................................................94<br />

Einzelplan 03 – Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten - Staatskanzlei -........110<br />

4 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2006.................110<br />

5 Förderung von Frauen- und Mädchenhäusern sowie von Beratungsstellen in den<br />

Haushaltsjahren 2005 und 2006...........................................................................116<br />

Einzelplan 04 – Geschäftsbereich des Innenministeriums.......................................132<br />

6 Förderung der Modernisierung/Sanierung bzw. des Neubaus von Gebäuden für<br />

Feuerwehren mit Grundausstattung.....................................................................132<br />

7 Sportförderung des Landes..................................................................................140<br />

Einzelplan 05 – Geschäftsbereich des Finanzministeriums.....................................150<br />

8 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2006.................150<br />

9 Behandlung bedeutender Einkommensteuerfälle.................................................154<br />

III


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

IV<br />

Einzelplan 06 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und<br />

Tourismus.....................................................................................................................161<br />

10 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2005.................161<br />

Einzelplan 08 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt<br />

und Verbraucherschutz..............................................................................................173<br />

11 Maßnahmen der Dorferneuerung.........................................................................173<br />

12 Landgestüt Redefin..............................................................................................180<br />

Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales und Gesundheit<br />

.......................................................................................................................................205<br />

13 Aufsicht über die Sozialversicherungsträger und Tätigkeit des beim Ministerium<br />

für Soziales und Gesundheit eingerichteten Prüfdienstes....................................205<br />

14 Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung von Landesblindengeld in einer kreisfreien<br />

Stadt .....................................................................................................................224<br />

15 Fördermittel nach dem Landeskrankenhausgesetz; Verwendungsnachweisprüfung<br />

..............................................................................................................................230<br />

Einzelplan 12 – Hochbaumaßnahmen des Landes...................................................237<br />

16 Neubau von Hafthäusern in Justizvollzugsanstalten............................................237<br />

17 Luftrettungsstation Greifswald.............................................................................250<br />

Einzelplan 15 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr, Bau und<br />

Landesentwicklung......................................................................................................259<br />

18 Sanierungsträgervergütung..................................................................................259


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Gebildete Ausgabereste nach Gruppen, 2006, in Mio. Euro..............................10<br />

Abbildung 2: Inanspruchnahme der verfügbaren VE seit 1998, in v. H...................................14<br />

Abbildung 3: Kreditmarktschulden im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW ........27<br />

Abbildung 4: Nettokreditaufnahme im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW........28<br />

Abbildung 5: Integriertes Neuverschuldungsgrenzenmodell....................................................29<br />

Abbildung 6: Entwicklung der Ausfallzahlungen aus Bürgschaften und sonstige<br />

Eventualverbindlichkeiten, 2000 bis 2006, in Mio. Euro.................................31<br />

Abbildung 7: Bevölkerungsentwicklung in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, 1991 bis 2020.........36<br />

Abbildung 8: Bevölkerungsentwicklung im Vergleich, 1991 bis 2007, 1991 = 100................37<br />

Abbildung 9: Angleichungsprozess beim BIP je EW in jeweiligen Preisen, 1991 bis 2007,<br />

FFW=100..........................................................................................................38<br />

Abbildung 10: Bruttowertschöpfung der Wirtschaftssektoren, Strukturveränderung in<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, 1991 bis 2007, in Mio. Euro...............................40<br />

Abbildung 11: Entwicklung der Erwerbstätigkeit, 1991 bis 2007, 1991 = 100........................41<br />

Abbildung 12: Primäreinkommen und verfügbares Einkommen, 2005, in Euro je EW..........42<br />

Abbildung 13: Die Finanzlage der deutschen Flächenländer 2007 im Überblick....................43<br />

Abbildung 14: Bereinigte Einnahmen/Ausgaben sowie Kreditfinanzierungsquote in M-V,<br />

1996 bis 2007....................................................................................................44<br />

Abbildung 15: Steuereinnahmen und Steuerdeckungsquote in M-V auf Landesebene, 1991 bis<br />

2007...................................................................................................................46<br />

Abbildung 16: Prognosemodell der Steuereinnahmen in M-V auf Landesebene, 2007 bis<br />

2011, in Mio. Euro............................................................................................47<br />

Abbildung 17: Ergebnisse des „Arbeitskreises Steuerschätzungen“ zu den Steuereinnahmen<br />

der Länder seit Mai 2004, in Mrd. Euro...........................................................48<br />

Abbildung 18: Personalausgaben im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW............52<br />

V


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 19: Zinsausgaben im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW..................53<br />

Abbildung 20: Zinsentwicklung vom 02.01.2001 bis 30.04.<strong>2008</strong>, in % p.a.............................55<br />

Abbildung 21: Investitionsausgaben im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW.......56<br />

Abbildung 22: SoBEZ-Zahlungen an MV bis 2019 (Korb I), in Mio. Euro.............................59<br />

Abbildung 23: SoBEZ-Nachweisquoten der neuen Länder 2002 bis 2007, in %.....................60<br />

Abbildung 24: Unbereinigte Salden der laufenden Rechnung nach Ländern (ohne<br />

Stadtstaaten), 2007, in Euro je EW...................................................................62<br />

Abbildung 25: Bereinigte Salden der laufenden Rechnung nach Ländern (ohne Stadtstaaten),<br />

2007, in Euro je EW..........................................................................................63<br />

Abbildung 26: Veränderung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und seiner<br />

Komponenten, 2003-2007 ................................................................................66<br />

Abbildung 27: Jährliche Änderungen des strukturellen Defizits und des Konjunktureffektes,<br />

2003 bis 2007, in Mio. Euro.............................................................................67<br />

Abbildung 28: Aufbau des Personalkonzepts 2004..................................................................71<br />

Abbildung 29: Altersstruktur der Landesverwaltung................................................................76<br />

Abbildung 30: Fördermittel....................................................................................................231<br />

Abbildung 31: Hangar mit Tonnendach (Variante 2).............................................................251<br />

Abbildung 32: Tankstelle mit Sonnenschutzgitter..................................................................255<br />

VI


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Finanzierungssaldo, 2003-2009, in Mio. Euro...........................................................5<br />

Tabelle 2: Ist-Einnahmen 2003-2007 sowie Soll-Ansätze der Einnahmen <strong>2008</strong>/2009..............6<br />

Tabelle 3: Ist-Ausgaben 2003-2007 sowie Soll-Ansätze der Ausgaben <strong>2008</strong>/2009 ..................7<br />

Tabelle 4: Verteilung der Haushaltsreste einschl. Vorgriffe in 2006 auf die Einzelpläne..........9<br />

Tabelle 5: Überschreitungen mit und ohne Einwilligung nach § 37 Abs. 1 und 7 LHO..........11<br />

Tabelle 6: Verpflichtungsermächtigungen (VE) seit 1998, in Mio. Euro.................................13<br />

Tabelle 7: Personalausgabenbudgets im Soll-Ist-Vergleich nach Einzelplänen, in Euro.........16<br />

Tabelle 8: Vermögensübersicht, 2005 bis 2006, in m² bzw. Euro............................................25<br />

Tabelle 9: Schuldenübersicht, 2005 und 2006, in Euro............................................................26<br />

Tabelle 10: Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen, 2005 und 2006, in Euro................30<br />

Tabelle 11: Veränderung des realen BIP in den Bundesländern, 2005 bis 2007, in %............37<br />

Tabelle 12: BIP in Kaufkraftparitäten je EW, 1995 bis 2005, in % des EU-Durchschnitts<br />

(EU27 = 100) ........................................................................................................38<br />

Tabelle 13: Relativer Anteil der Wirtschaftssektoren an der Bruttowertschöpfung (BWS) im<br />

Ländervergleich, 1991 und 2007, in % .................................................................39<br />

Tabelle 14: Einnahmen auf der Landesebene im Ländervergleich, 2007, in Euro je EW .......45<br />

Tabelle 15: Ausgaben auf der Landesebene im Ländervergleich, 2007, in Euro je EW..........50<br />

Tabelle 16: Eigenfinanzierte Investitionen und Einhaltung der Regelkreditobergrenze gemäß<br />

Art. 65 Verfassung des Landes M-V, 2003 bis <strong>2008</strong>, in Mio. Euro......................57<br />

Tabelle 17: SoBEZ-Nachweisquoten für MV 2003 bis 2007...................................................59<br />

Tabelle 18: Ressortübersicht zur DOMEA®-Einführung (oberste Landesbehörden)..............82<br />

Tabelle 19: Durchschnittliche Auslastung der Frauen- und Mädchenhäuser nach Plätzen, 2005<br />

und 2006..............................................................................................................118<br />

Tabelle 20: Ansätze der Bundesländer zur Förderung von Hilfsangeboten für von Gewalt<br />

betroffene Frauen und Mädchen..........................................................................126<br />

VII


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Tabelle 21: Werte für Feuerwehren mit Grundausstattung.....................................................133<br />

Tabelle 22: Richtwerte für Feuerwehren mit Grundausstattung.............................................134<br />

Tabelle 23: Übersicht über die Zuschüsse des Landes von 1993 bis <strong>2008</strong>, in Euro...............181<br />

Tabelle 24: Künftige Einsparung durch tarifgerechte Eingruppierung/Einreihung ...............201<br />

Tabelle 25: Einsparpotenziale in Euro....................................................................................202<br />

Tabelle 26: Nutzflächen ausgewählter Räume........................................................................242<br />

Tabelle 27: Verhältnis der Nutzflächen (NF) zur Haftplatzanzahl.........................................242<br />

Tabelle 28: Verhältnis der Gesamtkosten zu den Haftplätzen................................................243<br />

Tabelle 29: Übersicht zur Höhe der Sanierungsträgervergütung............................................262<br />

VIII


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

® registered [trademark]<br />

AFU-Bau Ausführungsunterlage -Bau-<br />

AL1-Konferenz Konferenz der Leiter der Allgemeinen Abteilungen<br />

AmtsBl. M-V Amtsblatt <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

ANBest-P Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung<br />

AO Abgabenordnung<br />

AOK M-V Allgemeine Ortskrankenkasse <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

ASiG Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingeneure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit<br />

AZVO Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Land M-V<br />

BauGB Baugesetzbuch<br />

BBL M-V Betrieb für Bau und Liegenschaften <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

BEZ Bundesergänzungszuweisungen<br />

BMF Bundesministerium der Finanzen<br />

BrSchG Gesetz über den Brandschutz und die Technischen Hilfeleistungen durch die<br />

Feuerwehren<br />

BT-Drs. Bundestagsdrucksache<br />

BVA Bundesverwaltungsamt<br />

BvS Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben<br />

BWS Bruttowertschöpfung<br />

c. p. ceterus paribus<br />

DIN Deutsches Institut für Normung e. V.<br />

DRG Diagnosis Related Groups<br />

Drs. Drucksache<br />

DVZ Datenverarbeitungszentrum <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> GmbH<br />

EFRE Europäischer Fonds für regionale Entwicklung<br />

Epl. Einzelplan<br />

EPOS Elektronisches Personal-, Organisations- und Stellenmanagement<br />

EURIBOR Euro Interbank Offered Rate<br />

EW Einwohner<br />

EW-Bau- Entwurfsunterlage -Bau-<br />

FAG M-V Finanzausgleichsgesetz <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

FAG Finanzausgleichsgesetz<br />

(Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern)<br />

g. D. gehobener Dienst<br />

GAK Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“<br />

gem. gemäß<br />

IX


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

GGO I Gemeinsame Geschäftsordnung I der Ministerien des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong><br />

GKVFG Gesetz zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung in<br />

den neuen Ländern (GKV-Finanzstärkungsgesetz)<br />

GUVV Gemeindeunfallversicherungsverband<br />

GVOBl. M-V Gesetz- und Verordnungsblatt für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

h. D. höherer Dienst<br />

HG Haushaltsgesetz<br />

HGB Handelsgesetzbuch<br />

HGr Hauptgruppe<br />

HKR Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen<br />

HP Haftplätze<br />

HRL Haushaltstechnische Richtlinien<br />

HU-Bau Haushaltsunterlage -Bau-<br />

i. d. F. in der Fassung<br />

i. d. R. in der Regel<br />

i. H. v. in Höhe von<br />

i. S. d. im Sinne des/der<br />

i. V. m. in Verbindung mit<br />

IKK M-V Innungskrankenkasse <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

insbes. insbesondere<br />

IT Informationstechnologie<br />

JVA Justizvollzugsanstalt/en<br />

KG Kostengruppe<br />

KHG Krankenhausfinanzierungsgesetz<br />

KLR Kosten-Leistungs-Rechnung<br />

KV Kassenärztliche Vereinigung<br />

KZV Kassenzahnärztliche Vereinigung<br />

LAiV Landesamt für innere Verwaltung<br />

LAGuS Landesamt für Gesundheit und Soziales<br />

LBlGG Landesblindengeldgesetz<br />

LFA s. FAG<br />

LFI Landesförderinstitut <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

LHO Landeshaushaltsordnung<br />

LKHG M-V Landeskrankenhausgesetz <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

LSB Landessportbund<br />

LT-Drs. Landtagsdrucksache<br />

LV Leistungsverzeichnisse<br />

LVA Landesversicherungsanstalt<br />

X


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

m. D. mittlerer Dienst<br />

MDK Medizinischer Dienst der Krankenkassen<br />

MG Maßnahmegruppe<br />

NF Nutzfläche<br />

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development<br />

OFD Oberfinanzdirektion<br />

p. a. per annum<br />

PDK Prüfdienst der Krankenversicherung<br />

PeM Zentrales Personalmanagement beim Finanzministerium M-V<br />

RLBau Richtlinien für den Landesbau <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

SchulG Schulgesetz<br />

SFK Statistik der Staatsfinanzen<br />

SGB Sozialgesetzbuch<br />

SoBEZ Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (Bundesergänzungszuweisungen für<br />

die neuen Länder gemäß § 11 Abs. 3 FAG)<br />

SportFG Sportfördergesetz<br />

StÄUN Staatliche Ämter für Umwelt und Natur<br />

StBauFR Richtlinien zur Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen<br />

nach dem Baugesetzbuch und zur Förderung der städtebaulichen Denkmalpflege<br />

StVollzG Strafvollzugsgesetz<br />

THA Treuhandanstalt<br />

TOP Tagesordnungspunkt/Tagesordnungspunkte<br />

TV-L Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder<br />

TV M-V 2007 Tarifvertrag zu § 3 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung für den Bereich der<br />

Landesverwaltung M-V<br />

TVÖD Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst<br />

Tz./Tzn. Textzahl/Textzahlen<br />

üpl. überplanmäßig<br />

UK Unfallkasse<br />

UKF unterproportionale kommunale Finanzkraft<br />

USG Unterhaltssicherungsgesetz<br />

VE Verpflichtungsermächtigungen<br />

Verf. M-V Verfassung des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

Vj. Vorjahr<br />

VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen<br />

VOL Verdingungsordnung für Leistungen<br />

VV Verwaltungsvorschrift<br />

VV-HS Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik<br />

XI


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Länderbezeichnungen<br />

BB Brandenburg<br />

BW Baden-Württemberg<br />

BY Bayern<br />

HE Hessen<br />

MV <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

NI Niedersachsen<br />

NW Nordrhein-Westfalen<br />

RP Rheinland-Pfalz<br />

SH Schleswig-Holstein<br />

SL Saarland<br />

SN Sachsen<br />

ST Sachsen-Anhalt<br />

TH Thüringen<br />

3FO Durchschnitt der Flächenländer Ost ohne MV (BB, SN, ST und TH)<br />

FFW Durchschnitt der finanzschwachen Flächenländer West (NI, RP, SL und SH)<br />

D Deutschland<br />

CZE Tschechien<br />

HUN Ungarn<br />

POL Polen<br />

SLO Slowenien<br />

SVK Slowakei<br />

XII


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

I. Einleitung<br />

(1) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> überwacht nach Art. 68 Abs. 3 und 4 Verf. M-V die gesamte<br />

Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes sowie die Haushalts- und Wirtschaftsführung<br />

der kommunalen Körperschaften und der übrigen landesunmittelbaren juristischen Personen<br />

des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen. Er prüft die Zweck-<br />

mäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> ist<br />

darüber hinaus auch für Stellen außerhalb der Landesverwaltung zuständig, soweit diese<br />

Landesmittel erhalten oder Landesvermögen oder Landesmittel verwalten. Der Landes-<br />

rechnungshof legt seinen <strong>Jahresbericht</strong> gemäß Art. 67 Abs. 2 und Art. 68 Abs. 5 Verf. M-V<br />

dem Landtag vor und unterrichtet gleichzeitig die Landesregierung.<br />

(2) Der <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong> ist wie im Vorjahr in einen Landesfinanzbericht (Teil 1) und<br />

einen gesonderten Kommunalfinanzbericht (Teil 2) gegliedert. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> be-<br />

absichtigt, den Kommunalfinanzbericht im 4. Quartal <strong>2008</strong> zu veröffentlichen.<br />

(3) Die im hier vorliegenden Landesfinanzbericht <strong>2008</strong> enthaltenen Bemerkungen zur<br />

Haushaltsrechnung gem. §§ 97 Abs. 2 und 114 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) bezie-<br />

hen sich auf das Jahr 2006, da die Haushaltsrechnung 2007 noch nicht vorliegt. Die in diesem<br />

Bericht dargestellten weiteren Prüfungsergebnisse sind hingegen nicht auf das Haushaltsjahr<br />

2006 beschränkt (§ 97 Abs. 3 LHO).<br />

(4) Der Umfang des Prüfungsstoffes und die Personalkapazität des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

lassen es nicht zu, lückenlos zu prüfen. Von der Ermächtigung gemäß § 89 Abs. 2 LHO macht<br />

der <strong>Landesrechnungshof</strong> Gebrauch und beschränkt die Prüfungen nach seinem Ermessen.<br />

(5) Der Verwaltung und sonstigen betroffenen Stellen wurde die Möglichkeit gegeben, zu<br />

den dargestellten Prüfungsergebnissen Stellung zu nehmen. Soweit relevant, werden die<br />

Äußerungen der geprüften Stellen im <strong>Jahresbericht</strong> wiedergegeben.<br />

1


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

II. Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2006<br />

1 Vorbemerkungen<br />

(6) Das Finanzministerium hat dem Landtag gem. Art. 67 Abs. 1 Verf. M-V i. V. m.<br />

§ 114 Abs. 1 LHO über alle Einnahmen und Ausgaben sowie die Inanspruchnahme von Ver-<br />

pflichtungsermächtigungen Rechnung zu legen. Die Haushaltsrechnung ist mit einer Über-<br />

sicht über das Vermögen und die Schulden des Landes im nächsten Haushaltsjahr dem Land-<br />

tag zur Entlastung vorzulegen.<br />

(7) Die Haushaltsrechnung des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> gliedert sich in die so-<br />

genannte Kurzfassung (§§ 82 - 86 LHO) sowie in die Beiträge zur Haushaltsrechnung<br />

(§ 81 LHO). Um den Aufwand für die Erstellung der Jahresrechnung zu verringern und diese<br />

früher vorzulegen, hat das Finanzministerium in Abstimmung mit dem <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

sowie mit Kenntnisnahme des Finanzausschusses des Landtages die Kurzfassung der Haus-<br />

haltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2006 deutlich reduziert.<br />

(8) Die Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2006 wurde<br />

aus systematischen Gründen abweichend von der mit Erlass des Ministerpräsidenten des<br />

Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> vom 05.12.2006 festgelegten Neuordnung der Geschäfts-<br />

bereiche der Ministerien und der Behördenbezeichnungen aufgrundlage der davor geltenden<br />

Struktur erstellt. Die für die Haushaltsrechnung getroffenen Feststellungen beziehen sich da-<br />

her auf die alte Struktur der Landesregierung.<br />

2 Bestätigungsvermerk nach § 97 LHO<br />

(9) Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht enthalten alle Bestandteile, die gemäß<br />

§§ 81 - 86 LHO zur Entlastung der Landesregierung erforderlich sind. Die Prüfung der Haus-<br />

haltsrechnung und Vermögensübersicht des Jahres 2006 hat keine für die Entlastung der<br />

Landesregierung wesentlichen Abweichungen von Beträgen der Rechnung und der Bücher<br />

ergeben. Insgesamt ist für das Haushaltsjahr 2006 trotz nachstehend aufgeführter Mängel eine<br />

ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung zu testieren.<br />

3


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

3 Stand des Entlastungsverfahrens<br />

(10) Am 23.04.<strong>2008</strong> erteilte der Landtag der Landesregierung die Entlastung für das Haus-<br />

haltsjahr 2005. Die Jahresrechnung 2006 (Kurzfassung) hat das Finanzministerium dem Land-<br />

tag am 06.12.2007 mit Ergänzungen vom 29.01.<strong>2008</strong> und 31.03.<strong>2008</strong> (Drs. 5/1100, 5/1239<br />

und 5/1381) zur Entlastung vorgelegt.<br />

4 Haushaltsrechnung<br />

4.1 Allgemeines<br />

(11) Die Kurzfassung der Haushaltsrechnung und der Vermögensübersicht wird den Abge-<br />

ordneten sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Der Finanzausschuss des Landtages<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> und der <strong>Landesrechnungshof</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> erhalten<br />

darüber hinaus das vollständige, detaillierte Zahlenwerk mit der titelweisen Übersicht über<br />

Einnahmen und Ausgaben (Beiträge zur Haushaltsrechnung).<br />

Die Beiträge zur Haushaltsrechnung 2006 wurden dem <strong>Landesrechnungshof</strong> durch das Fi-<br />

nanzministerium mit Schreiben vom 06.12.2007 übersandt.<br />

4.2 Kassenmäßiger Abschluss<br />

(12) Die Ist-Einnahmen 2006 betrugen rd. 6.941,1 Mio. Euro und die Ist-Ausgaben rd.<br />

6.930,4 Mio. Euro. Damit wird erstmals seit Bestehen des Landes ein positives kassenmä-<br />

ßiges Jahresergebnis (rd. 10,7 Mio. Euro) ausgewiesen.<br />

Die Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben blieben hinter dem fortgeschriebenen Haushalts-Soll<br />

2006 von rd. 7.019,5 Mio. Euro mit rd. 78,4 Mio. Euro bzw. rd. 89,1 Mio. Euro zurück. Im<br />

Vergleich zum Vorjahr ist eine Reduzierung der Ist-Einnahmen um rd. 85,4 Mio. Euro<br />

(1,2 %) und der Ist-Ausgaben um rd. 96,1 Mio. Euro (1,4 %) festzustellen.<br />

(13) Der Finanzierungssaldo aus bereinigten Einnahmen 1 und Ausgaben 2 belief sich für das<br />

Haushaltsjahr 2006 auf rd. 84,1 Mio. Euro, womit die bereinigten Einnahmen erstmals die be-<br />

reinigten Ausgaben überstiegen. Dieser positive Trend setzte sich im Jahr 2007 fort.<br />

1 Bereinigte Einnahmen entsprechen den Gesamteinnahmen vermindert um die Einnahmen aus der Nettoneuverschuldung<br />

am Kreditmarkt, der Entnahme aus Rücklagen, den Einnahmen aus Überschüssen und den<br />

haushaltstechnischen Verrechnungen.<br />

2 Bereinigte Ausgaben entsprechen den Gesamtausgaben vermindert um die Ausgaben für die Zuführungen zu<br />

den Rücklagen, die Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren und die haushaltstechnischen Verrechnungen.<br />

4


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Tabelle 1: Finanzierungssaldo, 2003-2009, in Mio. Euro<br />

Ist 2003 Ist 2004 Ist 2005 Ist 2006 Ist 2007 Soll<br />

<strong>2008</strong><br />

Soll<br />

2009<br />

-905,6 -599,9 -362,0 84,1 388,7 85,7 214,4<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

(14) Aus den nachfolgenden tabellarischen Übersichten zur Einnahme- und Ausgaben-<br />

entwicklung lassen sich die wesentlichen Einflussfaktoren für die gegenüber dem Haushalts-<br />

jahr 2003 schrittweise verbesserten Finanzierungssalden für den Landeshaushalt Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong> ablesen.<br />

(15) Nach den moderaten Rückführungen der Personalausgaben in den Vorjahren gelang<br />

auch 2007 eine weitere Verringerung um 1,8 %. 3 Die bislang ergriffenen personalwirtschaftli-<br />

chen Maßnahmen sowie die gemäßigte Tarif- und Besoldungsentwicklung für die im öffentli-<br />

chen Dienst Beschäftigten entfalten damit weiterhin ihre ausgabenreduzierende Wirkung.<br />

(16) Die sächlichen Verwaltungsausgaben sind 2007 gegenüber dem Vorjahr um 14,9 Mio.<br />

Euro bzw. 4,4 % gestiegen, nachdem 2006 noch ein Rückgang festzustellen war. Der neuerli-<br />

che Anstieg ist hauptsächlich auf höhere Ausgaben für Verbrauchsmittel bzw. Fahrzeug-<br />

haltung sowie für Mieten und Pachten zurückzuführen. Nach Auskunft des Finanzministeri-<br />

ums ist dies auf Mehraufwendungen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel 2007 in Heiligen-<br />

damm zurückzuführen, die sich auf rd. 20 Mio. Euro summieren. Bereinigt um diesen Sonder-<br />

effekt sind die sächlichen Verwaltungsausgaben im Vorjahresvergleich erneut gesunken.<br />

(17) Bei den laufenden Zuweisungen und Zuschüssen ist 2007 gegenüber dem Vorjahr ein<br />

Anstieg um rd. 78,2 Mio. Euro (+2,5 %) zu verzeichnen gewesen. Auffällig im Vergleich zum<br />

Vorjahr, in dem erhöhte Zuschüsse für laufende Zwecke an öffentliche Unternehmen sowie<br />

öffentliche Einrichtungen ursächlich für den Anstieg waren, sind 2007 die deutlich ge-<br />

stiegenen Zuweisungen im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs (+115,2 Mio. Euro<br />

bzw. +11,8 %). Ausgaben für laufende Zwecke an öffentliche Unternehmen sowie öffentliche<br />

Einrichtungen verharren auf dem Vorjahresniveau – ein Umstand, der nachhaltig mit den<br />

Budgetierungseffekten/Nettostellungen von Personalausgaben korrespondiert.<br />

3 Die in der Tabelle 3 aufgezeigte Entwicklung der Personalausgaben wird verzerrt durch Auslagerungen bzw.<br />

die Finanzierung von Personal durch Globalhaushalte (Nettostellungen).<br />

5


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 2: Ist-Einnahmen 2003-2007 sowie Soll-Ansätze der Einnahmen <strong>2008</strong>/2009<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

6<br />

Einnahmen<br />

- in Mio. EUR -<br />

Grupp.-<br />

Nr. Ist 2003 Ist 2004 Ist 2005 Ist 2006 Ist 2007 Soll <strong>2008</strong> Soll 2009<br />

Steuern und steuerähnliche Abgaben 0 2.933,9 3.006,2 2.870,0 3.182,8 3.538,8 3.538,9 3.623,7<br />

- Steuern 2.933,2 3.005,5 2.869,1 3.182,2 3.538,1 3.538,0 3.623,0<br />

Verwaltungseinnahmen 1 355,2 394,9 352,7 360,2 316,0 260,5 257,5<br />

Zuweisungen u. Zuschüsse mit<br />

Ausnahme für Investitionen<br />

2 2.363,5 2.413,9 2.689,0 2.696,6 2.730,0 2.659,6 2.548,4<br />

- Länderfinanzausgleich 368,6 416,7 417,9 467,1 525,8 443,0 432,0<br />

- FehlbetragsBEZ<br />

168,6 172,8 162,9 177,6 195,4 187,0 195,0<br />

- SoBEZ für teilungsbedingte Lasten 1.112,6 1.112,6 1.109,8 1.104,4 1.093,6 1.077,4 1.002,0<br />

- PolBEZ<br />

- SoBEZ für Sonderlasten der strukturellen<br />

83,9 83,9 61,4 61,4 61,4 61,4 61,4<br />

Arbeitslosigkeit<br />

128,0 128,0 128,0 128,0 128,0<br />

Zuweisungen u. Zuschüsse für<br />

Investitionen, besondere<br />

Finanzierungseinnahmen<br />

3 ohne<br />

32<br />

664,1 583,1 784,2 701,5 546,8 668,3 605,9<br />

- investive Zuweisungen und Zuschüsse 33/34 621,4 548,3 671,1 674,6 511,0 585,9 597,3<br />

- Entnahme aus Rücklagen 35 36,8 23,8 102,2 19,2 26,0 79,5 6,4<br />

- Haushaltstechnische Verrechnungen 38 5,9 11,0 10,9 7,7 9,9 2,9 2,2<br />

Nettokreditaufnahme 32 1.033,5 844,0 330,6 0,0 0,0 0,0 0,0<br />

Gesamteinnahmen 7.350,2 7.242,1 7.026,5 6.941,1 7.131,7 7.137,9 7.035,5<br />

Bereinigte Einnahmen* 6.274,0 6.363,3 6.582,8 6.914,3 7.095,9 7.044,8 7.026,9<br />

Nachrichtlich: Steuern und steuerinduzierte<br />

Einnahmen (LFA/FehlbetragsBEZ)<br />

3.470,4 3.595,0 3.449,9 3.826,9 4.259,3 4.168,0 4.250,0<br />

- relative Abweichung zum Vorjahr -<br />

Grupp.-<br />

Nr. Ist 2003 Ist 2004 Ist 2005 Ist 2006 Ist 2007 Soll <strong>2008</strong> Soll 2009<br />

Steuern und steuerähnliche Abgaben 0 0,6% 2,5% -4,5% 10,9% 11,2% 0,0% 2,4%<br />

- Steuern 0,6% 2,5% -4,5% 10,9% 11,2% 0,0% 2,4%<br />

Verwaltungseinnahmen 1 4,4% 11,2% -10,7% 2,1% -12,3% -17,6% -1,2%<br />

Zuweisungen u. Zuschüsse mit<br />

Ausnahme für Investitionen<br />

2 -3,5% 2,1% 11,4% 0,3% 1,2% -2,6% -4,2%<br />

- Länderfinanzausgleich -6,4% 13,0% 0,3% 11,8% 12,6% -15,7% -2,5%<br />

- FehlbetragsBEZ<br />

-23,0% 2,5% -5,7% 9,0% 10,0% -4,3% 4,3%<br />

- SoBEZ für teilungsbedingte Lasten 0,0% 0,0% -0,3% -0,5% -1,0% -1,5% -7,0%<br />

- PolBEZ<br />

- SoBEZ für Sonderlasten der strukturellen<br />

0,0% 0,0% -26,9% 0,1% 0,0% 0,0% 0,0%<br />

Arbeitslosigkeit<br />

100,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0%<br />

Zuweisungen u. Zuschüsse für<br />

Investitionen, besondere<br />

3 ohne<br />

Finanzierungseinnahmen<br />

32 -14,1% -12,2% 34,5% -10,5% -22,1% 22,2% -9,3%<br />

- investive Zuweisungen und Zuschüsse 33/34 -16,3% -11,8% 22,4% 0,5% -24,3% 14,7% 1,9%<br />

- Entnahme aus Rücklagen 35 67,3% -35,3% 329,4% -81,2% 35,4% 205,8% -91,9%<br />

- Haushaltstechnische Verrechnungen 38 -32,2% 86,4% -0,9% -29,4% 28,6% -70,7% -24,1%<br />

Nettokreditaufnahme 32 94,0% -18,3% -60,8% -100,0% 0,0% 0,0% 0,0%<br />

Gesamteinnahmen 4,8% -1,5% -3,0% -1,2% 2,7% 0,1% -1,4%<br />

Bereinigte Einnahmen* -2,7% 1,4% 3,4% 5,0% 2,6% -0,7% -0,3%<br />

Nachrichtlich: Steuern und steuerinduzierte<br />

Einnahmen (LFA/FehlbetragsBEZ)<br />

-1,6% 3,6% -4,0% 10,9% 11,3% -2,1% 2,0%<br />

* Gesamteinnahmen ohne Nettokreditaufnahme (32), Entnahme aus Rücklagen (35), Überschüsse aus Vorjahren (36) und haushaltstechnische Verrechnungen<br />

(38)


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Tabelle 3: Ist-Ausgaben 2003-2007 sowie Soll-Ansätze der Ausgaben <strong>2008</strong>/2009<br />

Ausgaben<br />

- in Mio. EUR -<br />

Grupp.-<br />

Nr. Ist 2003 Ist 2004 Ist 2005 Ist 2006 Ist 2007 Soll <strong>2008</strong> Soll 2009<br />

Personalausgaben 4 1.938,6 1.854,7 1.787,5 1.567,4 1.539,1 1.575,9 1.566,8<br />

Sächliche Verwaltungsausgaben 51-54 333,1 354,1 375,1 341,6 356,5 368,1 369,0<br />

Zinsausgaben an Kreditmarkt 57 472,2 473,5 461,8 459,3 461,0 470,8 470,2<br />

Tilgungsausgaben (netto) am Kreditmarkt 59 0,0 0,0 0,0 0,0 240,0 100,0 150,0<br />

Zuweisungen u. Zuschüsse mit Ausnahme<br />

für Investitionen<br />

6 2.945,2 2.938,0 3.032,1 3.162,0 3.240,2 3.373,6 3.277,2<br />

- Kommunaler Finanzausgleich 1.222,8 1.120,5 1.020,2 978,8 1.094,0 1.160,2 1.105,9<br />

- Soziale Sicherung 851,1 878,8 1.036,9 1.065,4 1.073,5 1.100,4 1.107,4<br />

- Schuldendiensthilfen 55,4 47,7 44,7 31,3 24,2 27,6 28,7<br />

Investitionsausgaben 7,8 1.490,5 1.343,0 1.288,4 1.299,9 1.110,4 1.170,1 1.135,2<br />

- Baumaßnahmen (einschl. BBL) 7 184,5 235,0 235,4 246,0 216,9 221,1 224,7<br />

- sonstige Sachinvestitionen 81,82 92,4 65,7 46,0 70,6 57,9 71,4 59,6<br />

- Investitionsförderung 83-89 1.201,1 1.042,2 1.007,0 983,3 835,5 877,6 850,9<br />

- darunter: Kommunaler Finanzausgleich 149,1 176,0 161,8 150,5 156,0 161,5 158,0<br />

Besondere Finanzierungsausgaben 9 170,6 278,8 81,7 100,2 184,5 79,4 67,0<br />

- Zuführung an Rücklagen, Fonds u. Stöcke<br />

- Ausgaben zur Deckung von Fehlbeträgen aus<br />

91 44,7 104,5 70,8 92,5 174,7 75,9 70,7<br />

Vorjahren<br />

96 120,0 163,3 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0<br />

- Globale Minderausgaben 972 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 -3,0 -9,5<br />

- Haushaltstechnische Verrechnungen 98 5,9 11,0 10,9 7,7 9,9 2,9 2,2<br />

Gesamtausgaben 7.350,2 7.242,1 7.026,5 6.930,4 7.131,7 7.137,9 7.035,5<br />

Bereinigte Ausgaben** 7.179,6 6.963,3 6.944,8 6.830,2 6.707,2 6.959,1 6.812,6<br />

- relative Abweichung zum Vorjahr -<br />

Grupp.-<br />

Nr. Ist 2003 Ist 2004 Ist 2005 Ist 2006 lst 2007 Soll <strong>2008</strong> Soll 2009<br />

Personalausgaben 4 -0,4% -4,3% -3,6% -12,3% -1,8% 2,4% -0,6%<br />

Sächliche Verwaltungsausgaben 51-54 3,2% 6,3% 5,9% -8,9% 4,4% 3,3% 0,2%<br />

Zinsausgaben an Kreditmarkt 57 0,8% 0,3% -2,5% -0,5% 0,4% 2,1% -0,1%<br />

Tilgungsausgaben am Kreditmarkt 59 -58,3% 50,0%<br />

Zuweisungen u. Zuschüsse mit Ausnahme<br />

für Investitionen<br />

6 -0,3% -0,2% 3,2% 4,3% 2,5% 4,1% -2,9%<br />

- Kommunaler Finanzausgleich 0,2% -8,4% -9,0% -4,1% 11,8% 6,1% -4,7%<br />

- Soziale Sicherung -0,5% 3,3% 18,0% 2,7% 0,8% 2,5% 0,6%<br />

- Schuldendiensthilfen -5,8% -13,9% -6,3% -30,0% -22,7% 14,0% 4,0%<br />

Investitionsausgaben 7,8 -5,9% -9,9% -4,1% 0,9% -14,6% 5,4% -3,0%<br />

- Baumaßnahmen (einschl. BBL) 7 -0,9% 27,4% 0,2% 4,5% -11,8% 1,9% 1,6%<br />

- sonstige Sachinvestitionen 81,82 11,7% -28,9% -30,0% 53,5% -18,0% 23,3% -16,5%<br />

- Investitionsförderung 83-89 -8,7% -13,2% -3,4% -2,4% -15,0% 5,0% -3,0%<br />

- darunter: Kommunaler Finanzausgleich 4,9% 18,0% -8,1% -7,0% 3,7% 3,5% -2,2%<br />

Besondere Finanzierungsausgaben 9 757,3% 63,4% -70,7% 22,6% 84,1% -57,0% -15,6%<br />

- Zuführung an Rücklagen, Fonds u. Stöcke<br />

- Ausgaben zur Deckung von Fehlbeträgen aus<br />

91 299,1% 133,8% -32,2% 30,6% 88,9% -56,6% -6,9%<br />

Vorjahren<br />

96<br />

- Globale Minderausgaben 972<br />

- Haushaltstechnische Verrechnungen 98 -32,2% 86,4% -0,9% -29,4% 28,6% -70,7% -24,1%<br />

Gesamtausgaben 0,8% -1,5% -3,0% -1,4% 2,9% 0,1% -1,4%<br />

Bereinigte Ausgaben** -1,3% -3,0% -0,3% -1,7% -1,8% 3,8% -2,1%<br />

** Gesamtausgaben ohne Tilgungsaugaben am Kreditmarkt (59), Zuführung an Rücklagen (91), Ausgaben zur Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren (96) und haushaltstechnische<br />

Verrechnungen (98)<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

7


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(18) Der im Jahr 2006 unterbrochene Trend rückläufiger Investitionsausgaben hat sich<br />

2007 fortgesetzt. Gegenüber dem Vorjahr sind die investiven Ausgaben um nahezu 190 Mio.<br />

Euro (-14,6 %) zurückgegangen. Damit haben sich die Investitionen des Landes seit 2003 um<br />

rd. 380 Mio. Euro reduziert, wodurch der Anteil der Investitionsausgaben an den bereinigten<br />

Gesamtausgaben im Jahr 2007 bei nunmehr 16,6 % lag. Diese Entwicklung ist auch auf<br />

Anlaufschwierigkeiten bei der neuen EU-Förderperiode 2007 bis 2013 zurückzuführen.<br />

(19) Die bereinigten Ausgaben sind 2007 gegenüber dem Vorjahr um -1,8 % zurückge-<br />

gangen und liegen damit 6,6 % unter dem Niveau von 2003. Im gleichen Betrachtungszeit-<br />

raum legten die bereinigten Einnahmen deutlich um 13 % zu.<br />

(20) Die Einnahmen aus Steuern sowie die steuerinduzierten Einnahmen im Rahmen des<br />

Bund-Länder-Finanzausgleichs (LFA) konnten aufgrund der guten konjunkturellen Wirt-<br />

schaftsentwicklung sowie positiver Aufkommenseffekte aus Steuerrechtsänderungen noch-<br />

mals um 11,3 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden.<br />

(21) Während die bei den Verwaltungseinnahmen festzustellende Reduzierung um 12,3 %<br />

im Wesentlichen auf gesunkene Kapitalrückzahlungen (-50 Mio. Euro bzw. -71,5 %) zurück-<br />

zuführen ist, beruhen die gesunkenen Zuweisungen und Zuschüsse v. a. auf reduzierten „EU-<br />

Zuschüssen“ für Investitionen aufgrund von Verzögerungen im Zusammenhang mit der<br />

Genehmigung der Operationellen Programme für die EU-Förderperiode 2007 bis 2013.<br />

(22) Aufgrund der guten Einnahmeentwicklung sowie der Konsolidierungserfolge konnte<br />

das Land im Jahr 2007 die bereits 2006 realisierte Absenkung der Nettokreditaufnahme auf<br />

Null weiter verbessern und Nettotilgungen von Verbindlichkeiten in Höhe von 240 Mio. Euro<br />

vornehmen.<br />

4.3 Rechnungsmäßiger Abschluss 2006<br />

(23) Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2006 (§ 83 LHO) weist einen Überschuss von<br />

68.187.606,63 Euro aus (2005: Fehlbetrag von rd. 47 Mio. Euro). Er ergibt sich aus dem<br />

kassenmäßigen Ergebnis (10.729.103,25 Euro) zuzüglich dem Unterschiedsbetrag zwischen<br />

den aus 2005 übernommenen und nach 2007 übertragenen Haushaltsresten einschl. Vorgriffen<br />

auf Ausgaben des Haushaltsjahres 2007 (57.458.503,38 Euro).<br />

8


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

4.4 Haushaltsreste<br />

(24) Aus dem Haushaltsjahr 2006 wurden Ausgabereste i. H. v. rd. 254,1 Mio. Euro und<br />

Einnahmereste i. H. v. rd. 254,6 Mio. Euro in das Haushaltsjahr 2007 übertragen. Damit über-<br />

stiegen die Einnahmereste erstmals seit 1991 die Ausgabereste. Im Vergleich zum Vorjahr<br />

sanken die Ausgabereste um 32,5 Mio. Euro, die Einnahmereste 2006 erhöhten sich dagegen<br />

um 24,9 Mio. Euro. Mit 167,9 Mio. Euro bzw. 65,9 % lag der Schwerpunkt der Einnahmeres-<br />

te für das Haushaltsjahr 2006 im Bereich des ehemaligen Wirtschaftsministeriums (Epl. 06).<br />

Davon entfiel ein Großteil (154,0 Mio. Euro) auf Erstattungen aus dem EFRE an das Land für<br />

den Förderzeitraum 2000 bis 2006.<br />

Tabelle 4: Verteilung der Haushaltsreste einschl. Vorgriffe in 2006 auf die Einzelpläne<br />

Epl. Geschäftsbereich<br />

Einnahmereste<br />

in Mio. Euro<br />

Ausgabereste<br />

in Mio. Euro<br />

01 Landtag 0,00 0,00<br />

02 <strong>Landesrechnungshof</strong> 0,00 0,02<br />

03 Staatskanzlei 0,00 0,10<br />

04 Innenministerium 4 0,00 3,92<br />

05 Finanzministerium 0,00 0,00<br />

06 Wirtschaftsministerium 167,86 67,04<br />

07<br />

08<br />

Ministerium für Bildung, Wissenschaft und<br />

Kultur<br />

Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft,<br />

Forsten und Fischerei<br />

2,50 6,31<br />

32,16 51,96<br />

09 Justizministerium 0,04 0,09<br />

10 Sozialministerium 0,07 10,60<br />

11 Allgemeine Finanzverwaltung 0,00 3,90<br />

12 Hochbaumaßnahmen des Landes 0,00 6,27<br />

13 Umweltministerium 27,50 68,66<br />

15<br />

Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung<br />

24,50 34,06<br />

Summe 254,63 252,93<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

(25) Die Ausgabereste in den Einzelplänen 06, 08, 13 und 15 machten rd. 87,7 % der im<br />

Haushaltsjahr 2006 gebildeten Nettoausgabereste aus (vgl. Tabelle 4). Diese Ressorts sind<br />

stärker als andere von der Abwicklung mischfinanzierter Förderprogramme geprägt, bei<br />

denen EU oder Bund dem Land finanzielle Mittel zweckgebunden zur Verfügung stellen.<br />

4 Die Ausgabereste abzgl. der in der Kurzfassung der Haushaltsrechnung ausgewiesenen „sonstigen Vorbelastung“<br />

zu Lasten des Haushaltsjahres 2007 i. H. v. 1.170.160 Euro ergeben für das Innenministerium Ausgabereste<br />

(netto) von rd. 3,9 Mio. Euro.<br />

9


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Einen wesentlichen Teil der Ausgabereste stellen die EU-Mittel dar. Der ressortweise Anteil<br />

hierfür betrug z. B. für den Epl. 06 rd. 63,9 % (42,9 Mio. Euro), für den Epl. 13 rd. 58,1 %<br />

(39,9 Mio. Euro) und für den Epl. 08 rd. 55,02 % (25,6 Mio. Euro) an den jeweils gebildeten<br />

Haushaltsresten.<br />

(26) Im Epl. 06 wurden Haushaltsreste primär bei den Ausgaben für das Kommunale Infra-<br />

strukturprogramm (22,2 Mio. Euro) sowie bei den Ausgaben für die Technologie- und Inno-<br />

vationsförderung (15,6 Mio. Euro) und im Epl. 13 bei den Ausgaben für Investitionszuwei-<br />

sungen in Abwasseranlagen (16,2 Mio. Euro) sowie für Zuweisungen an Gemeinden und Ge-<br />

meindeverbände für Maßnahmen zur Verbesserung der Wassergüte (11,5 Mio. Euro) gebildet.<br />

(27) Der Schwerpunkt der Nettoausgabereste lag mit insgesamt 173,8 Mio. Euro (68,7 %)<br />

überwiegend im investiven Bereich (HGr. 7 und 8) gebildet. Rund 64,8 Mio. Euro (25,6 %)<br />

wurden bei den Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Zwecke (HGr. 6) übertragen.<br />

Abbildung 1: Gebildete Ausgabereste nach Gruppen, 2006, in Mio. Euro<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

4.5 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Überschreitungen<br />

(28) Im Haushaltsjahr 2006 wurden überplanmäßige Ausgaben von rd. 20,84 Mio. Euro<br />

und außerplanmäßige Ausgaben von rd. 0,24 Mio. Euro geleistet. Der Gesamtbetrag an über-<br />

und außerplanmäßigen Ausgaben, sonstigen Überschreitungen und Überschreitungen ohne<br />

Einwilligung der Finanzministerin wird in der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und<br />

10<br />

220<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1,08<br />

HGr. 4 Personalaus-<br />

11,96<br />

OGr. 51-54<br />

Sächliche<br />

Verw altungs<br />

ausgaben<br />

64,79<br />

HGr. 6 lfd.<br />

Zuw eisungen<br />

und Zuschüsse<br />

3,18<br />

HGr. 7<br />

Bauinvesti-<br />

170,57<br />

HGr. 8 SonstigeInvestitionen


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Vermögensübersicht 2006 mit insgesamt rd. 21,21 Mio. Euro ausgewiesen, was 0,3 % des ge-<br />

planten Haushaltsvolumens und dem 1,3-fachen des Vorjahresniveaus entspricht.<br />

Tabelle 5: Überschreitungen mit und ohne Einwilligung nach § 37 Abs. 1 und 7 LHO<br />

Epl. Geschäftsbereich<br />

Mit Einwilligung<br />

nach §<br />

37 Abs. 1 LHO<br />

Überschreitungen<br />

ohne Einwilligung<br />

der Finanzministerin<br />

Fallzahl / Gesamtbetrag in Euro<br />

Sonstige Überschreitungen<br />

Gesamt je Epl.<br />

01 Landtag - 0,00 - 0,00 - 0,00 - 0,00<br />

02 <strong>Landesrechnungshof</strong> - 0,00 - 0,00 - 0,00 - 0,00<br />

03 Staatskanzlei - 0,00 - 0,00 - 0,00 - 0,00<br />

04 Innenministerium 11 1.575.643,61 - 0,00 1 314,27 12 1.575.957,88<br />

05 Finanzministerium - 0,00 - 0,00 - 0,00 - 0,00<br />

06 Wirtschaftsministerium 3 2.200.000,00 - 0,00 - 0,00 3 2.200.000,00<br />

07<br />

08<br />

Ministerium für Bildung,<br />

Wissenschaft und Kultur 6 3.134.301,14 - 0,00 4 100.010,39 10 3.234.311,53<br />

Ministerium f. Ernährung,<br />

Landwirtschaft, Forsten u.<br />

Fischerei 1 150.569,34 - 0,00 2 319,20 3 150.888,54<br />

09 Justizministerium 1 3.290.259,58 - 0,00 - 0,00 1 3.290.259,58<br />

10 Sozialministerium 2 10.312.345,35 1 4.900,00 - 0,00 3 10.317.245,35<br />

11 Allgemeine Finanzverwaltung 1 416.667,00 - 0,00 1 18.230,61 2 434.897,61<br />

12<br />

Hochbaumaßnahmen des<br />

Landes - 0,00 - 0,00 - 0,00 - 0,00<br />

13 Umweltministerium - 0,00 1 0,09 - 0,00 1 0,09<br />

15<br />

Ministerium für Arbeit, Bau<br />

und Landesentwicklung - 0,00 - 0,00 1 1.938,56 1 1.938,56<br />

Gesamt 25 21.079.786,02 2 4.900,09 9 120.813,03 36 21.205.499,14<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

(29) In 25 von insgesamt 36 Fällen willigte die Finanzministerin in über- und außerplanmä-<br />

ßige Ausgaben (§ 37 Abs. 1 LHO) ein. Gegenüber dem Vorjahr stellt dies eine Verdoppelung<br />

der genehmigten Haushaltsüberschreitungen dar (2005: 12 Fälle). Dies spiegelt sich auch im<br />

betragsmäßigen Volumen der Einwilligungen von insgesamt rd. 21,08 Mio. Euro wider<br />

(2005: 12,55 Mio. Euro).<br />

Der überwiegende Anteil der genehmigten überplanmäßigen Ausgaben ergab sich aus Rechts-<br />

verpflichtungen. Mehrausgaben von 4,0 Mio. Euro resultierten aus Erstattungen für Leis-<br />

tungen nach dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz. Wie bereits im Haushaltsjahr 2005 wurde<br />

ein Anstieg der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu fördernden Studenten und<br />

11


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Schüler nicht in dem Maße erwartet, was Mehrausgaben von rd. 2,8 Mio. Euro zur Folge<br />

hatte. Zur Begrenzung möglicher, aufgrund der Vogelgrippe entstandener (Image-)Schäden<br />

für die hiesige Tourismus-, Gesundheits- und Ernährungswirtschaft leistete das Land im<br />

Rahmen der Kampagne „M-V tut gut“ zusätzliche Ausgaben i. H. v. 1,0 Mio. Euro.<br />

Die außerplanmäßigen Ausgaben resultierten aus den Vorbereitungen zur Ausrichtung des<br />

Weltwirtschaftsgipfels 2007 im Ostseebad Heiligendamm.<br />

(30) Bei elf Fällen handelt es sich um Haushaltsüberschreitungen ohne die gesetzlich er-<br />

forderliche Einwilligung der Finanzministerin. Das Finanzministerium weist in neun Fällen<br />

davon aus, dass bei korrekter Mittelbewirtschaftung die Ermächtigung zur Leistung von<br />

Mehrausgaben bestanden hätte (sonstige Überschreitungen 5 ).<br />

(31) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt den gemessen am Vorjahr deutlichen Rückgang an<br />

Überschreitungen ohne Einwilligung der Finanzministerin (2005: 0,02 Mio. Euro) und sons-<br />

tigen Überschreitungen (2005: 3,54 Mio. Euro). Eine konsequente Einhaltung der haushalts-<br />

rechtlichen Vorschriften, der Veranschlagung von Rechtsverpflichtungen unter Beachtung des<br />

Vorsichtsprinzips, einheitliche Vorgehensweisen sowie eine größere Sorgfalt bleiben wei-<br />

terhin geboten.<br />

(32) Das Finanzministerium willigte darüber hinaus in Mehrausgaben gem. § 8 LHO<br />

i. V. m. § 37 Abs. 2 LHO i. H. v. 4.905.993,67 Euro ein, welche durch zusätzliche Einnahmen<br />

in gleicher Höhe gedeckt waren. Die Einnahmen resultieren aus Mitteln von Stellen außerhalb<br />

der Landesverwaltung, die für bestimmte Zwecke zur Verfügung gestellt oder rechtsverbind-<br />

lich zugesagt worden sind.<br />

4.6 Verpflichtungsermächtigungen (VE)<br />

(33) Maßnahmen, die das Land zur Leistung von Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren<br />

verpflichten können, sind gemäß § 38 LHO nur zulässig, wenn der Haushaltsplan dazu er-<br />

mächtigt. Die Regelung zielt darauf ab, Vorbelastungen kommender Haushalte nicht dem<br />

parlamentarischen Budgetrecht zu entziehen. Ausnahmen hiervon kann das Finanz-<br />

5 Bei den „sonstigen Überschreitungen“ handelt es sich nach Auffassung des Finanzministeriums nicht um<br />

Mehrausgaben im Sinne von Überschreitungen der Ausgabeermächtigungen. Vielmehr wird bei den „sonstigen<br />

Überschreitungen“ von bestehenden Ermächtigungen zur Leistung ausgegangen, die bei korrekter Mittelbewirtschaftung<br />

eigentlich bestanden hätten. Ein typischer Anwendungsfall ist die fehlerhafte Restebildung<br />

durch die Ressorts.<br />

12


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

ministerium unter Nutzung des Notbewilligungsrechts (§ 38 Abs. 1 Satz 2 LHO) zulassen,<br />

wenn es sich um einzugehende Verpflichtungen für unvorhergesehene und unabweisbare<br />

Maßnahmen handelt. In diesen Fällen können Verpflichtungen eingegangen werden, für die<br />

keine Ermächtigung im Haushaltsplan besteht (über- und außerplanmäßige VE).<br />

(34) Gem. HG 2006/2007 vom 19.12.2005 beliefen sich die Ermächtigungen zum Einge-<br />

hen von Verpflichtungen auf rd. 1.449,7 Mio. Euro. Mit dem Nachtragshaushaltsgesetz 2006<br />

vom 11.12.2006 erhöhte sich der Ermächtigungsrahmen um rd. 12,5 Mio. Euro auf<br />

1.462,2 Mio. Euro und lag damit um 475,3 Mio. Euro über dem Vorjahresniveau<br />

(986,9 Mio. Euro). Aufgrund von Anpassungen bei den VE nach § 18 Abs. 1 HG 2006/2007<br />

reduzierten sich diese in 2006 um 5.894.000 Euro, so dass im Haushaltsjahr 2006 VE von ins-<br />

gesamt 1.456,3 Mio. Euro zur Verfügung standen.<br />

Zum 31.12.2006 beliefen sich die Verpflichtungen des Landes zur Leistung von Ausgaben in<br />

künftigen Haushaltsjahren (2007 bis 2010) auf insgesamt rd. 1.563,3 Mio. Euro.<br />

Tabelle 6: Verpflichtungsermächtigungen (VE) seit 1998, in Mio. Euro<br />

Insgesam t<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

Verfügbare VE Eingegangene VE<br />

veranschlagte<br />

VE<br />

davon:<br />

zusätzliche<br />

VE<br />

übertragene<br />

VE aus Vj.<br />

Insgesam t<br />

(35) Die im Haushaltsjahr tatsächlich in Anspruch genommenen Verpflichtungsermächti-<br />

gungen lagen bei 44,6 % der bestehenden Ermächtigungen (Vorjahr: 60,9 %). Im Durch-<br />

schnitt der Jahre 1998 bis 2006 lag die Inanspruchnahme bei rd. 53,0 %.<br />

davon:<br />

üpl./apl. VE<br />

1998 2.291,9 2.291,9 0,0 0,0 1.630,0 376,1<br />

1999 1.716,0 1.716,0 0,0 0,0 957,7 4,2<br />

2000 1.545,7 1.522,9 22,8 0,0 861,0 6,4<br />

2001 1.765,4 1.749,1 16,3 0,0 734,5 0,6<br />

2002 1.586,0 1.533,4 52,6 0,0 804,4 7,6<br />

2003 1.426,8 1.343,5 49,6 33,6 835,1 0,0<br />

2004 1.826,5 1.802,8 23,7 0,0 694,4 0,5<br />

2005 1.137,4 986,9 44,7 105,8 692,8 1,1<br />

2006 1.456,3 1.462,2 -5,9 0,0 649,5 8,6<br />

Während für den Epl. 05 (Finanzministerium) keine Inanspruchnahme der Verpflichtungs-<br />

ermächtigungen erfolgte, wurden im Epl. 08 (Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft,<br />

13


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Forsten und Fischerei) rd. 82 %, im Epl. 09 (Justizministerium) rd. 99 %, im Epl. 13 (Um-<br />

weltministerium) rd. 91 % und im Epl. 15 (Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwick-<br />

lung) rd. 94 % der in 2006 jeweils verfügbaren Verpflichtungsermächtigungen 6 gebunden.<br />

Abbildung 2: Inanspruchnahme der verfügbaren VE seit 1998, in v. H.<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

(36) In acht Fällen wurden über- und außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen mit<br />

Einwilligung der Finanzministerin i. H. v. rd. 6,11 Mio. Euro in Anspruch genommen. Im Be-<br />

reich des Epl. 08 (Titel 0803 683.11) wurden Verpflichtungen i. H. v. rd. 2,52 Mio. Euro ohne<br />

die erforderliche Einwilligung der Finanzministerin eingegangen.<br />

4.7 Globale und einzelplanspezifische Minderausgaben<br />

(37) Die Veranschlagung von globalen/einzelplanspezifischen Minderausgaben ist ein In-<br />

strument der Haushaltspraxis, das im Spannungsverhältnis zum Fälligkeitsprinzip<br />

(§ 11 Abs. 2 LHO) steht, da nur voraussichtlich fällige, also auch kassenwirksame Ausgaben<br />

veranschlagt werden dürfen. Allerdings erfolgt im Haushaltsvollzug erfahrungsgemäß kein<br />

vollständiger Mittelabfluss, es verbleibt ein sogenannter „Bodensatz“ an Minderausgaben. Da<br />

die betreffenden Titel im Voraus nicht prognostizierbar sind, ist eine Veranschlagung von<br />

globalen/einzelplanspezifischen Minderausgaben im Rahmen des „Bodensatzes“, üblicher-<br />

weise ca. 1 bis 2 % der veranschlagten Ausgaben, nicht zu beanstanden.<br />

6 VE gem. Veranschlagung im HHPlan 2006 einschl. Umsetzungen gem. §§ 17 und 18 HG.<br />

14<br />

Inanspruchnahme in v.H. der verfügbaren VE<br />

80<br />

71,1<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

55,8 55,7<br />

41,6<br />

50,7<br />

0<br />

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />

58,5<br />

38,0<br />

60,9<br />

44,6


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(38) Durch die Verwaltung waren im Haushaltsjahr 2006 globale Minderausgaben von<br />

28,0 Mio. Euro veranschlagt. Dies entsprach 0,4 % der insgesamt für 2006 veranschlagten<br />

Ausgaben und damit einer haushaltsrechtlich nicht zu beanstandenden Größenordnung.<br />

(39) Die Haushaltsrechnung 2006 weist nach, dass die Minderausgaben erbracht wurden.<br />

4.8 Einhaltung der Personalausgabenbudgets<br />

(40) Mit der Einführung der Personalausgabenbudgetierung wurden ergänzend zum<br />

Stellenplan verbindliche Obergrenzen für Personalausgaben (Ausgaben der Hauptgruppe 4)<br />

festgesetzt. Das Personalausgabenbudget eines Einzelplans umfasst alle Titel der<br />

Hauptgruppe 4 einschließlich der Titel in Maßnahmegruppen. Innerhalb des Epl. 07 werden<br />

für die Kapitel 0750 bis 0756 (Schulen), Kapitel 0770 bis 0778 (Hochschulen) und die rest-<br />

lichen Kapitel Teilbudgets gebildet.<br />

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über das Gesamt-Soll und Gesamt-Ist der<br />

Personalausgaben, die sich daraus ergebenden Mehr-/Minderbeträge und die Inanspruch-<br />

nahme des Personalausgabenbudgets je Einzelplan.<br />

15


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 7: Personalausgabenbudgets im Soll-Ist-Vergleich nach Einzelplänen, in Euro<br />

Epl. Geschäftsbereich Soll Ist<br />

Minderausgabe<br />

(-)/<br />

Mehrausgabe<br />

(+)<br />

Inanspruchnahme<br />

Budget in %<br />

01 Landtag 16.278.400,00 15.600.617,58 -677.782,42 95,8<br />

02 <strong>Landesrechnungshof</strong> 4.906.335,00 4.414.576,69 -491.758,31 90,0<br />

03 Staatskanzlei 7.383.844,00 7.347.591,70 -36.252,30 99,5<br />

04 Innenministerium 280.972.596,00 271.317.064,23 -9.655.531,77 96,6<br />

05 Finanzministerium 110.862.967,75 109.620.757,22 -1.242.210,53 98,9<br />

06 Wirtschaftsministerium 58.307.750,00 55.946.986,16 -2.360.763,84 96,0<br />

07<br />

08<br />

Ministerium für Bildung, Wissenschaft<br />

und Kultur (ohne Schulen/<br />

Hochschulen)<br />

43.678.844,68 42.164.561,92 -1.514.282,76 96,5<br />

0750 – 0756 Schulkapitel 707.593.369,00 701.291.062,15 -6.302.306,85 99,1<br />

0770 – 0778 Hochschulen 4.639.203,00 4.186.337,81 -452.865,19 90,2<br />

Ministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft, Forsten u.<br />

Fischerei<br />

60.004.352,16 59.100.008,30 -904.343,86 98,5<br />

09 Justizministerium 145.189.513,81 141.881.409,37 -3.308.104,44 97,7<br />

10 Sozialministerium 36.331.000,00 33.662.666,79 -2.668.333,21 92,7<br />

11 Allgemeine Finanzverwaltung 77.660.000,00 73.151.864,83 -4.508.135,17 94,2<br />

13 Umweltministerium 39.584.531,85 38.455.123,00 -1.129.408,85 97,1<br />

15<br />

Ministerium für Arbeit, Bau und<br />

Landesentwicklung<br />

11.010.700,00 10.292.184,64 -718.515,36 93,5<br />

Gesamt 1.604.403.407,25 1.568.432.812,39 -35.970.594,86 97,8<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

Die Obergrenzen für die budgetierten Personalausgaben je Einzelplan wurden eingehalten.<br />

Die Inanspruchnahme der Personalausgabenbudgets in den jeweiligen Einzelplänen liegt zwi-<br />

schen 90 % (Epl. 02) und einer nahezu vollständigen Inanspruchnahme des Budgets (Epl. 03).<br />

4.9 Feststellungen im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung<br />

4.9.1 „Sonstige Vorbelastung zu Lasten des Haushaltsjahres 2007“ bei Titel<br />

0405 883.04 MG 01<br />

(41) Die Zuweisungen an die Landkreise und kreisfreien Städte für die Bildung einer Son-<br />

derrücklage BOS-Digitalfunk (Titel 0405 883.04 MG 01) sowie für Investitionen im Bereich<br />

16


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes (Titel 0405 883.03 MG 01) sind an die<br />

Landeseinnahmen aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer (Titel 1101 059.01) gekoppelt.<br />

Darüber hinaus ist die Höhe der Zuweisungen für Investitionen im Bereich des vorbeugenden<br />

und abwehrenden Brandschutzes abhängig von den jährlichen Ist-Ausgaben für die Landes-<br />

feuerwehrschule sowie weiteren gesetzlichen Aufgaben des Landes.<br />

(42) Die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten gem. § 15 Abs. 3 FAG M-V zweckge-<br />

bunden den das Aufkommen der Feuerschutzsteuer um 4,6 Mio. Euro übersteigenden Betrag<br />

als Zuweisung für die Bildung einer Sonderrücklage zur Beschaffung der gerätetechnischen<br />

Ausstattung mit BOS-Digitalfunkgeräten.<br />

(43) Für die Bildung der Sonderrücklage waren im Haushaltsjahr 2006 Ausgaben i. H. v.<br />

2,4 Mio. Euro in den Haushalt eingestellt. 7 Die Ist-Einnahmen aus dem Feuerschutzsteuerauf-<br />

kommen fielen in 2006 mit rd. 5,6 Mio. Euro (Soll: 7 Mio. Euro) um rd. 1,4 Mio. Euro<br />

geringer aus als veranschlagt. In Anwendung von § 15 Abs. 3 FAG M-V reduzierte sich der<br />

Anspruch der Landkreise und kreisfreien Städte auf Zuweisungen für die Bildung der Sonder-<br />

rücklage BOS-Digitalfunk für 2006 damit von 2,4 auf rd. 1,0 Mio. Euro (ohne Reste Vorjahr).<br />

Dennoch betrugen die Ist-Ausgaben (ohne Rest Vorjahr) 2,4 Mio. Euro. Dem Rechnung<br />

tragend und unter Berücksichtigung einer zu geringen Restezuweisung aus dem Haushaltsjahr<br />

2005 (rd. 0,2 Mio. Euro) wurde bei Titel 0405 883.04 MG 01 ein negativer Ausgaberest<br />

i. H. v. rd. 1,2 Mio. Euro gebildet.<br />

(44) In der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2006 wird dieser<br />

negative Ausgaberest zunächst 8 als Vorgriff auf das Haushaltsjahr 2007 ausgewiesen. An<br />

anderer Stelle 9 wird erläutert, dass im Haushaltsjahr 2006 keine Vorgriffe, stattdessen aber<br />

„sonstige Vorbelastungen zu Lasten des Haushaltsjahres 2007“ i. H. v. rd. 1,2 Mio. Euro getä-<br />

tigt wurden.<br />

(45) Laut Finanzministerium ist der bei Titel 0405 883.04 MG 01 gebildete negative Aus-<br />

gaberest von rd. 1,2 Mio. Euro kein Vorgriff im Sinne von § 37 Abs. 7 LHO, sondern eine<br />

„sonstige Vorbelastung zu Lasten des Haushaltsjahres 2007“. Begründet wird die wider-<br />

7 Der Betrag von 2,4 Mio. Euro entspricht dem Differenzbetrag zwischen dem Soll-Ansatz 2006 aus dem Aufkommen<br />

der Feuerschutzsteuer mit 7 Mio. Euro und 4,6 Mio. Euro.<br />

8 Übersicht „Haushaltsabschluss“ unter Teil B. II. der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht<br />

2006, S. 47/48.<br />

9 Darstellungen unter Teil B. IV. 2.2 der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2006,<br />

S. 52.<br />

17


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

sprüchliche Darstellung mit dem HKR-Verfahren zur Erstellung der Haushaltsrechnung (Pro-<br />

Fiskal ® ), das negative Ausgabereste ausschließlich als Vorgriffe ausweist.<br />

(46) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> weist darauf hin, dass die LHO ein haushaltsrechtliches In-<br />

strument „sonstige Vorbelastungen zu Lasten des Folgejahres“ nicht vorsieht.<br />

(47) Die Verwendung der Einnahmen aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer eines<br />

Haushaltsjahres für die Ausgaben nach § 15 Abs. 1 und Abs. 3 FAG M-V erfolgt derzeit in-<br />

nerhalb desselben Haushaltsjahres. Vor diesem Hintergrund bestanden in den vergangenen<br />

Jahren mehrfach Probleme 10 hinsichtlich der Ermittlung der jährlichen Zahlungshöhe für die<br />

Zuweisungen an die Landkreise und kreisfreien Städte (Titel 0405 83.03 MG 01,<br />

0405 883.04 MG 01) und in der Zahlungsabwicklung. 11 Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt<br />

daher eine Überprüfung des derzeitigen Zahlungsverfahrens. Insbesondere im Hinblick auf<br />

die Titel 0405 883.03 MG 01 und 0405 883.04 MG 01 erscheint die Möglichkeit einer um<br />

mindestens ein Jahr nachgelagerten Zahlung als geeignete Alternative. Das Innenministerium<br />

hat im Rahmen seiner Stellungnahme angekündigt, diese Möglichkeit zumindest für den Titel<br />

883.04 (BOS-Digitalfunk) zu prüfen.<br />

Darüber hinaus sollten zukünftig entsprechende Haushaltsvermerke bei den Titeln<br />

1101 059.01 und 0405 883.04 MG 01 ausgebracht oder die Erläuterungen zu Titel<br />

0405 883.04 MG 01 mit dem Hinweis auf § 15 Abs. 3 FAG M-V für verbindlich erklärt<br />

werden.<br />

4.9.2 Unzulässige Restebildung im Geschäftsbereich des Ministeriums für<br />

Arbeit, Bau und Landesentwicklung (Epl. 15)<br />

(48) Im Haushaltsjahr 2006 waren bei Titel 1504 281.41 MG 08 (Erstattungen der Projekt-<br />

partner einschließlich des Bundes im Rahmen von INTERREG III B) Einnahmen i. H. v.<br />

2.500 Euro für das Projekt BEEN (Baltic Energy Efficiency Network) veranschlagt. Mangels<br />

entsprechender Einnahmen seitens des Bundes wurden Einnahmereste in Höhe des Haushalts-<br />

Solls 2006 gebildet.<br />

10 Auch für das Haushaltsjahr 2007 wurde bei 0405 883.04 MG 01 unzulässig ein negativer Ausgaberest von<br />

442.363 Euro gebildet.<br />

11 Vgl. <strong>Jahresbericht</strong> des <strong>Landesrechnungshof</strong>es 2006 (Teil 2) mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung des<br />

Landes 2004, Tzn. 28 bis 37.<br />

18


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(49) Nach Aussage des ehemaligen Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung<br />

gewährte der Bund dem Land für das Projekt im Jahr 2005 einmalig eine Anschubfinanzie-<br />

rung von 5.000 Euro. Weitere Einnahmen seien nicht zu erwarten gewesen. Somit war die<br />

Bildung von Einnahmeresten i. H. v. 2.500 Euro unzulässig.<br />

4.9.3 Unzulässige Inanspruchnahme von Deckungsfähigkeiten im<br />

Geschäftsbereich des Justizministeriums (Epl. 09)<br />

(50) Der Haushaltsansatz des Titels 0902 681.01 (Entschädigungen an Beschuldigte und<br />

Nebenbeteiligte in Strafsachen) wurde zu Lasten des Titels 0902 511.01 (Geschäftsbedarf und<br />

Kommunikation sowie Geräte, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände, sonstige Ge-<br />

brauchsgegenstände) im Rahmen einer Deckungsfähigkeitsbuchung um 5.000 Euro erhöht.<br />

Eine entsprechende Deckungsfähigkeit war weder durch die LHO bzw. § 7 HG 2006/2007<br />

noch durch spezielle Vermerke im Haushaltsplan gegeben und daher unzulässig. Bei Nicht-<br />

Berücksichtigung dieser Soll-Erhöhung liegt bei Titel 0902 681.01 eine Haushaltsüber-<br />

schreitung i. H. v. 5.000 Euro vor. Das Justizministerium hat angabegemäß Maßnahmen er-<br />

griffen, die die fehlerhafte Inanspruchnahme von Deckungsfähigkeiten zukünftig ausschließen<br />

sollen.<br />

4.9.4 Sollveränderung von Ausgaben im Geschäftsbereich der Staatskanzlei<br />

(Epl. 03)<br />

(51) Mit Schreiben vom 06.01.2006 12 bewilligte das Finanzministerium für den Titel<br />

0301 687.01 (Beiträge an ausländische Organisationen und Einrichtungen) Verstärkungsmittel<br />

i. H. v. 300 Euro, wodurch sich das Gesamt-Soll von 17.200 Euro auf 17.500 Euro erhöhte.<br />

Für die Deckung der Mehrausgaben waren in der Haushaltsrechnung Einsparungen (Minder-<br />

ausgaben) in gleicher Höhe bei Titel 0301 632.01 (Beobachter der Länder bei den Euro-<br />

päischen Gemeinschaften) nachzuweisen.<br />

(52) Aus Titel 0301 687.01 wurden Ausgaben i. H. v. insgesamt 17.468 Euro geleistet, so<br />

dass Minderausgaben von mind. 268 Euro bei Titel 0301 632.01 nachzuweisen waren. Die<br />

tatsächlichen Minderausgaben betrugen 117,08 Euro und lagen damit 150,92 Euro unter dem<br />

Mindestbetrag.<br />

12 Az.: IV H 6393 001.<br />

19


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> weist darauf hin, dass die Vorgaben des Finanzministeriums in den<br />

Einwilligungserlassen verbindlich und zu beachten sind.<br />

4.10 Ausgewählte Feststellungen der ressortübergreifenden Belegprüfungen<br />

(53) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> führte im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung und<br />

Vermögensübersicht 2006 Belegprüfungen bei der Staatskanzlei, bei Ministerien 13 und bei<br />

nachgeordneten Bereichen der Ministerien 14 durch. Der Schwerpunkt der Prüfungen lag auf<br />

den Titeln 511.01 15 und 812.01 16 . Darüber hinaus wurden Reisekostenbelege im Bereich des<br />

Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie (Epl. 13) sowie Belege von Ausgabe-<br />

titeln der Maßnahmegruppe 59 (Informationstechnik ressortintern) beim Landesamt für innere<br />

Verwaltung (Epl. 04), beim Landesbesoldungsamt (Epl. 05) sowie beim ehemaligen Ministe-<br />

rium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung (Epl. 15) geprüft.<br />

Nachfolgend sind die wesentlichen Prüfungsfeststellungen zusammenfassend dargestellt.<br />

(54) Gegenstand der Belegprüfungen war u. a., ob die Ausgaben beim sachlich richtigen<br />

Titel 17 und unter Beachtung der für die Titel 511.01 und 812.01 geltenden Investitionsgrenze 18<br />

von 5.000 Euro gebucht wurden.<br />

(55) In insgesamt fünf Fällen erfolgte die Buchung von Ausgaben nicht entsprechend den<br />

Bestimmungen der VV-HS sowie der HRL und insofern bei einem sachlich falschen Titel.<br />

So wurden z. B. im Geschäftsbereich der Staatskanzlei Verbrauchsmaterialien für Drucker<br />

i. H. v. 2.342,82 Euro bei Titel 0301 511.01 19 gebucht. Dieses war dem Umstand geschuldet,<br />

dass entsprechend den Erläuterungen im Haushaltsplan beim sachlich richtigen Titel 0301<br />

13 Innenministerium; Finanzministerium; Justizministerium; Umweltministerium sowie Ministerium für Arbeit,<br />

Bau und Landesentwicklung.<br />

14 Landesamt für Straßenbau und Verkehr, Straßenbauämter (Epl. 06); Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege<br />

(Epl. 07); Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (Epl. 08) und Landesamt<br />

für Soziales und Gesundheit (Epl. 10).<br />

15 Festtitel; Zweckbestimmung: Geschäftsbedarf und Kommunikation sowie Geräte, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände,<br />

sonstige Gebrauchsgegenstände.<br />

16 Festtitel; Zweckbestimmung: Erwerb von Geräten, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenständen.<br />

17 Gem. Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> (VV-HS) sowie<br />

den Haushaltstechnischen Richtlinien des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> (HRL).<br />

18 Ausgaben für den Erwerb von Geräten, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenständen sowie sonstigen beweglichen<br />

Sachen und Tieren bis zu 5.000 Euro für den Einzelfall (je Stück oder beim Erwerb einer größeren<br />

Menge je Kauf) sind beim Titel 511.01, Beschaffungen über 5.000 Euro beim Titel 812.01 zu buchen.<br />

19 Kassenzeichen 1301060017025.<br />

20


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

511.05 MG 59 20 keine Ausgaben für Geschäftsbedarf veranschlagt waren. Der Landesrech-<br />

nungshof bittet, bei der Veranschlagung von Geschäftsbedarfsausgaben für IT-Maßnahmen<br />

zukünftig die einschlägigen Bestimmungen konsequent zu beachten.<br />

Im Geschäftsbereich des Justizministeriums wären Ausgaben für Grünpflanzen i. H. v.<br />

2.673,80 Euro entsprechend den Vorgaben der VV-HS statt bei Titel 0901 812.01 21 bei Titel<br />

0901 546.99 (Vermischte Verwaltungsausgaben) zu buchen gewesen.<br />

(56) Im Rahmen der Beschaffung von Geräten, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegen-<br />

ständen sowie sonstigen Gegenständen überstiegen die Rechnungsbeträge in 15 Fällen die<br />

gem. VV-HS geltende Investitionsgrenze von 5.000 Euro. Die Buchung der Ausgaben erfolg-<br />

te unzulässig bei Titeln der Hauptgruppe 5.<br />

Das Innenministerium beschaffte z. B. diverse Möbel im Gesamtwert von 65.475,62 Euro. In<br />

allen sieben Fällen wären die Ausgaben nach den jeweiligen Rechnungsbeträgen und unter<br />

Berücksichtigung der Investitionsgrenze nicht bei Titel 0401 511.01 22 , sondern bei Titel<br />

0401 812.02 zu buchen gewesen.<br />

Das Landesbesoldungsamt (Epl. 05, Kap. 0504) erwarb Softwarelizenzen i. H. v.<br />

5.078,48 bzw. 8.457,21 Euro und buchte diese unter Missachtung der Investitionsgrenze bei<br />

Titel 0504 533.03 MG 59 23 (Vergütungen für Dienstleistungen und Mieten für Lizenzpro-<br />

gramme von IT-Herstellern). Darüber hinaus wurden die Ausgaben für die im Rahmen einer<br />

Beschaffungsmaßnahme erworbene Hardware (Drucker, 8.933,08 Euro) inkl. dazugehöriger<br />

Lizenzen (1.707,66 Euro) gesplittet und bei Titel 0504 511.02 MG 59 24 (Geschäftsbedarf für<br />

IT) bzw. 0504 533.03 MG 59 25 gebucht. Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es wären<br />

die Ausgaben in allen drei Fällen den Ausgaben des Titels 0504 812.03 MG 59 (Erwerb von<br />

IT-Geräten) zuzuordnen gewesen.<br />

(57) Die Wertgrenze von 5.000 Euro ist auch bei immateriellen Wirtschaftsgütern wie Soft-<br />

ware-Lizenzen zu beachten. Die Zweckbestimmung des Titels 0504 812.03 MG 59 sowie ver-<br />

20 Zweckbestimmung: Ressortinterne IT-Technik: Geschäftsbedarf und Kommunikation sowie Geräte, Ausstattungs-<br />

und Ausrüstungsgegenstände, sonstige Gebrauchsgegenstände.<br />

21 Kassenzeichen 3001060012200.<br />

22 Kassenzeichen 2001060001205; 2001060016359; 2001060019914; 2001060069273; 2001060033497;<br />

2001060045601; 2001060057088.<br />

23 Kassenzeichen 4231060004309; 4321060005834.<br />

24 Kassenzeichen 4231060005883.<br />

25 Kassenzeichen 4231060005891.<br />

21


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

gleichbare Zweckbestimmungen von Titeln der Gruppe 812 sollten entsprechend angepasst<br />

werden.<br />

Hierzu teilt das Finanzministerium entsprechend einer Vereinbarung im Bund/Länder-<br />

Arbeitsausschuss Haushaltsrecht und Haushaltssystematik mit, die Zuordnungsweise zum<br />

Gruppierungsplan hinsichtlich der Behandlung auch von Software- und Lizenzerwerben zu<br />

ergänzen. Eine Änderung der Zweckbestimmung wäre dann entbehrlich.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass die für den Erwerb von Geräten, Ausstattungs-<br />

und Ausrüstungsgegenständen sowie sonstigen Gebrauchsgegenständen gem. VV-HS gelten-<br />

de Investitionsgrenze zukünftig beachtet wird.<br />

Als Alternative zur Gewährleistung der Buchung von Ausgaben unter Beachtung der Investi-<br />

tionsgrenze bei zu geringen Haushaltsmitteln bei Titeln der Gruppe 812 kämen einseitige De-<br />

ckungsvermerke zu Lasten der jeweils korrespondierenden Titel der Gruppe 511 in Betracht.<br />

(58) Weiterhin wurde geprüft, ob beim Abschluss von Verträgen über Lieferungen und<br />

Leistungen die einschlägigen Vergabevorschriften beachtet worden sind.<br />

Vor dem Hintergrund einer im Rahmen des Wettbewerbs wirtschaftlichen und sparsamen<br />

Verwendung verfügbarer Haushaltsmittel sind Lieferungen und Leistungen öffentlich auszu-<br />

schreiben, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme<br />

rechtfertigen (§ 55 LHO).<br />

(59) In Anwendung von § 55 LHO i. V. m. Nr. 2.1 und 2.2 des Erlasses über die Vergabe<br />

öffentlicher Aufträge mit geringen Auftragswerten vom 11.12.2001 (Wertgrenzenerlass) und<br />

ausgehend von den jeweiligen Auftragswerten (ohne Umsatzsteuer) der geprüften Beschaf-<br />

fungsmaßnahmen waren i. d. R. freihändige Vergaben 26 oder beschränkte Ausschreibungen 27<br />

durchzuführen.<br />

Über die Vergabe ist ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die<br />

Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält<br />

(VV Nr. 2.1.2 zu § 55 LHO i. V. m. § 30 VOL/A).<br />

26 Eine freihändige Vergabe ist bei einem voraussichtlichen Auftragswert ohne Umsatzsteuer von 20.000 Euro<br />

zulässig. Es sollen mindestens drei kleine und mittlere Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert<br />

werden.<br />

27 Eine beschränkte Ausschreibung für Leistungen (ohne Bau) ist bei einem voraussichtlichen Auftragswert<br />

ohne Umsatzsteuer von 40.000 Euro zulässig. Es sollen mindestens fünf kleine und mittlere Unternehmen zur<br />

Angebotsabgabe aufgefordert werden.<br />

22


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(60) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> stellte fest, dass die entsprechend den Vergabearten vorge-<br />

schriebene Anzahl an Vergleichsangeboten nicht immer eingeholt wurde. Im Bereich des So-<br />

zialministeriums lagen zu sechs Auftragsvergaben keine Vergabevermerke vor.<br />

(61) Bei der Beschaffung von Druckerverbrauchsmaterialien bezogen einige Dienststellen<br />

der Landesverwaltung die Angebote des eShop-Bestellsystems (Landesamt für innere Ver-<br />

waltung <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> [LAiV]) nicht in den Angebotsvergleich mit ein.<br />

(62) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass die einschlägigen Vergabevorschriften<br />

zukünftig konsequent angewendet sowie alle mit der Vergabe zusammenhängenden Entschei-<br />

dungen und Maßnahmen dokumentiert werden.<br />

Des Weiteren sollten die beim eShop des LAiV erzielbaren Preise verpflichtend in Angebots-<br />

vergleiche einbezogen werden.<br />

(63) Gegenstände mit einem Anschaffungswert von über 410 Euro und über drei Jahre<br />

Lebensdauer sind gem. VV Nr. 8 zu §§ 70-80 LHO nachweispflichtig. Der Landesrechnungs-<br />

hof prüfte die Nachweisführung in Stichproben auf ihre Ordnungsmäßigkeit.<br />

Für Anordnungen über den Zugang oder Abgang nachweispflichtiger Gegenstände (Inventar-<br />

verzeichnis) gelten Mindestinhalte wie z. B. die anordnende Stelle, der Standort des bewegli-<br />

chen Vermögens, die Bezeichnung und Beschreibung des Gegenstandes, der Bezug zu den<br />

begründenden Unterlagen etc. Auf der Auszahlungsanordnung ist ein Kennzeichen zur<br />

eindeutigen Identifizierung aller mit der Anordnung zusammenhängenden Informationen, für<br />

nachweispflichtiges Vermögen z. B. in Form der Inventarnummer, zu vermerken.<br />

(64) Im Geschäftsbereich des Justizministeriums wurde zum Zeitpunkt der Belegprüfung<br />

kein Inventarverzeichnis im Sinne der LHO geführt. Vor dem Umzug des Ministeriums im<br />

Verlauf des Jahres 2006 waren Büromöbel nach Dienstzimmern in einer Liste zusammenge-<br />

stellt. Die Umsetzung eines Inventarverzeichnisses wurde für das Haushaltsjahr <strong>2008</strong> in Aus-<br />

sicht gestellt.<br />

(65) In mehreren Fällen enthielten Inventarverzeichnisse nicht alle erforderlichen Angaben<br />

(z. B. Bezeichnung der anordnenden Stelle, Standort, Bezug zu den begründenden Unter-<br />

lagen), teilweise waren die Eintragungen in Inventarverzeichnissen unvollständig. Der Lan-<br />

desrechnungshof stellte fest, dass nachweispflichtige Gegenstände oftmals nicht zeitnah im<br />

Inventarverzeichnis nachgewiesen wurden. So waren zum Zeitpunkt der Belegprüfungen<br />

23


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

nachweispflichtige Gegenstände ein bis zu zwei Jahre nach ihrer Beschaffung noch nicht in-<br />

ventarisiert.<br />

Eine ressortübergreifende, annähernd einheitliche Form der Verzeichnisse war nicht gegeben.<br />

In einem Fall wurde das Inventarverzeichnis per Hand auf Karteikarten geführt.<br />

Darüber hinaus enthielten Auszahlungsanordnungen bzw. Rechnungen oftmals keinen Hin-<br />

weis zur eindeutigen Identifizierung (Inventarnummer) der beschafften Vermögensgegen-<br />

stände.<br />

(66) Zukünftig sind alle nachweispflichtigen Vermögensgegenstände in einem den An-<br />

forderungen der VV Nr. 8.2 zu §§ 70 - 80 LHO gerecht werdenden Verzeichnis nachzu-<br />

weisen. Die Inventarisierung sollte spätestens bei Begleichung der Rechnung erfolgen.<br />

Es sollte geprüft werden, ob und inwieweit für die gesamte Landesverwaltung einschl. nach-<br />

geordneter Bereiche ein einheitliches Verfahren zur Inventarisierung des nachweispflichtigen<br />

Vermögens (z. B. mit Hilfe von Softwarelösungen) eingeführt werden kann. Dabei sind nach<br />

Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es auch immaterielle Vermögenswerte (z. B. Softwareli-<br />

zenzen) dem beweglichen Vermögen zuzuordnen und sollten dementsprechend ebenfalls in-<br />

ventarisiert werden.<br />

(67) Die Belegprüfungen ergaben, dass die Möglichkeit des Skontos nicht immer konse-<br />

quent genutzt wurde.<br />

(68) Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege beglich am Ende des Haushaltsjahres<br />

2006 zwei Rechnungen 28 , obwohl die Leistung erst im Haushaltsjahr 2007 erbracht wurde<br />

(Vorleistung). Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es waren die Voraussetzungen zur<br />

Vorleistung gem. § 56 LHO nicht erfüllt.<br />

(69) Darüber hinaus war in einem Fall 29 die Anordnungsbefugnis für die zahlungsanord-<br />

nende Person nicht dokumentiert.<br />

28 Ausgaben i. H. v. 2.737,60 Euro für die Beschaffung einer Injektorstrahlkabine, Titel 0725 511.01, Kassenzeichen<br />

7251060054851.<br />

Ausgaben i. H. v. 13.141,41 Euro für die Beschaffung von Schubladen, Titel 0725 812.01, Kassenzeichen<br />

7251060055024.<br />

29 Ausgaben i. H. v. 2.130,38 Euro für die Beschaffung eines Projektors, Titel 0725 511.01, Kassenzeichen<br />

7251060026605.<br />

24


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

5 Vermögensübersicht<br />

5.1 Entwicklung des Vermögens<br />

(70) Das Liegenschaftsvermögen des Landes wird in der Vermögensübersicht zum Ende<br />

des Haushaltsjahres 2006 mit 1.563.693.715 m² (Vorjahr: 3.421.438.308 m²) ausgewiesen.<br />

Gegenüber dem Haushaltsjahr 2005 ist das Vermögen um 54,3 % gesunken: Mit Errichtung<br />

der Landesforstanstalt zum 01.01.2006 30 ist das im Landeseigentum stehende und durch die<br />

Landesforstverwaltung verwaltete Vermögen auf die Landesforstanstalt unentgeltlich überge-<br />

gangen.<br />

Tabelle 8: Vermögensübersicht, 2005 bis 2006, in m² bzw. Euro<br />

Grundvermögen in Eigenverwaltung<br />

der Ressorts<br />

Stand:<br />

Ende 2005<br />

Saldierte Zu-<br />

und Abgänge<br />

Liegenschaftsvermögen<br />

Stand:<br />

Ende 2006<br />

Entwicklung<br />

-in m²- -in %-<br />

3.405.584.618 -1.859.631.768 1.545.952.850 -54,6<br />

BBL-Liegenschaften 15.853.690 1.887.175 17.740.865 11,9<br />

Gesamt 3.421.438.308 -1.857.744.593 1.563.693.715 -54,3<br />

Kapitalvermögen<br />

-in Euro- -in %-<br />

Darlehensforderungen 2.017.535.747,59 -30.509.761,47 1.987.025.986,12 -1,5<br />

Rücklagen 93.860.658,61 59.825.553,65 153.686.212,26 63,7<br />

Sondervermögen 1 663.842.400,32 80.046.287,50 743.888.687,82 12,1<br />

Reinvermögen der<br />

Landesbetriebe 2 3.883.830,10 350.538,37 4.234.368,47 9,0<br />

Beteiligungen (unmittelbare) 86.151.462,45 2.957.183,63 89.108.646,08 3,4<br />

Gesamt 2.865.274.099,07 112.669.801,68 2.977.943.900,75 3,9<br />

¹ Stand Ende Hj. 2005 gegenüber Vermögensübersicht 2005 korrigiert<br />

2 Ab dem 1.1.2006 wird das Universitätsklinikum Rostock als Anstalt des öffentlichen Rechts geführt. Daher ist das Klinikum der Universität<br />

Rostock nicht wie in den Vorjahren in die Vermögensbetrachtung einbezogen, sondern nur die Medizinische Fakultät des Universitätsklinikums.<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

(71) Das Kapitalvermögen des Landes zum Ende des Haushaltsjahres 2005 wird in der<br />

Vermögensübersicht 2006 mit rd. 2.865 Mio. Euro ausgewiesen. Dieser im Vergleich zur<br />

Vermögensübersicht 2005 um 10,9 Mio. Euro niedrigere Wert ist begründet durch eine<br />

Erhöhung von 0,2 Mio. Euro nach einem Buchungsabgleich beim Sondervermögen sowie<br />

eine Verringerung von 11,1 Mio. Euro beim Reinvermögen der Landesbetriebe.<br />

30 Gesetz zur Errichtung der Landesforstanstalt (Landesforstanstaltserrichtungsgesetz - LFAErG M-V) vom<br />

11.7.2005.<br />

25


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(72) Das Kapitalvermögen des Landes zum Ende des Haushaltsjahres 2006 wird mit rd.<br />

2.978 Mio. Euro ausgewiesen. Gegenüber dem Vorjahr ist eine Steigerung von rd. 4 % zu<br />

verzeichnen. Im Haushaltsjahr 2006 wurde die Rücklage für Besoldungs- und Tarifan-<br />

passungen mit rd. 2,2 Mio. Euro eingeführt und die Ausgleichsrücklage von rd. 8,1 auf<br />

rd. 61,6 Mio. Euro aufgestockt.<br />

5.2 Entwicklung der Schulden<br />

(73) Am Jahresende 2006 lagen die fundierten Schulden des Landes bei 10,73 Mrd. Euro,<br />

was gegenüber dem Vorjahr einer Reduzierung um rd. 39 Mio. Euro entspricht (Tabelle 9).<br />

Da das Land zwischen 2005 und 2006 jedoch mehr als 12.100 Einwohner bzw. rd. 0,7 % sei-<br />

ner Bevölkerung verloren hat, ist die Pro-Kopf-Verschuldung im Betrachtungszeitraum um<br />

weitere 22 Euro auf 6.312 Euro angewachsen. 31<br />

Tabelle 9: Schuldenübersicht, 2005 und 2006, in Euro<br />

Stand: Ende 2005<br />

Saldierte Zu-<br />

und Abgänge<br />

Stand: Ende 2006 Entwicklung<br />

Fundierte Schulden 10.776.603.626,52 -39.312.267,74 10.737.291.358,78 -0,4%<br />

Sonstige Schulden 0,00 0,00 0,00 0,0%<br />

Gesamt 10.776.603.626,52 -39.312.267,74 10.737.291.358,78 -0,4%<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

(74) Vorläufigen Angaben 32 zufolge haben sich die Kreditmarktschulden des Landes zum<br />

31.12.2007 gegenüber dem Vorjahreswert deutlich verringert. Mit 10,074 Mrd. Euro lag der<br />

Wert rd. 663 Mio. Euro bzw. 6,2 % unterhalb des Niveaus zum Jahresende 2006. Die Pro-<br />

Kopf-Verschuldung hat sich demnach im Jahresvergleich um rd. 5,4 % auf 5.971 Euro ver-<br />

ringert. 31<br />

31 Jeweils Schuldenstand zum 31.12., Bevölkerung zum 30.06.<br />

32 Bundesministerium der Finanzen, SFK4 zum 4. Quartal 2007.<br />

26


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 3: Kreditmarktschulden im Ländervergleich 33 , 1991 bis 2007, in Euro je EW<br />

in Euro je EW<br />

Quelle: Bundesministerium der Finanzen, eigene Berechnungen.<br />

(75) Abbildung 3 lässt erkennen, dass es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> aufgrund der guten fi-<br />

nanzwirtschaftlichen Entwicklung gelungen ist, sich beim Schuldenstand 34 je Einwohner in-<br />

zwischen deutlich von der Benchmark der finanzschwachen Westflächenländer (FFW) nach<br />

unten abzusetzen. Für den Vergleichswert der Flächenländer Ost (FO) gilt es zu beachten,<br />

dass durch das Einbeziehen von Sachsen in die aggregierte Verschuldungssituation die tat-<br />

sächliche Lage der übrigen neuen Länder erheblich „verwässert“ wird: Ende 2007 erreichte<br />

die Pro-Kopf-Verschuldung Sachsen-Anhalts auf der Landesebene (8.269 Euro) mehr als das<br />

Dreifache des Freistaates (2.613 Euro), auch die Werte für Brandenburg und Thüringen lagen<br />

noch über dem Durchschnitt der finanzschwachen Flächenländer West.<br />

(76) Ursächlich für den begonnenen Abbau der Verbindlichkeiten <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpom-<br />

merns ist der Verzicht auf die (anteilige) Finanzierung des Landeshaushaltes durch neue<br />

Schulden. Während 2003 bzw. 2004 noch die im Vergleich zu den Referenzgruppen mit Ab-<br />

stand höchste Nettokreditaufnahme je Einwohner festzustellen war, wurde bereits 2006 – ge-<br />

meinsam mit den Freistaaten Bayern und Sachsen – die „schwarze Null“ erreicht (vgl. Abbil-<br />

dung 4).<br />

7.000<br />

6.000<br />

5.000<br />

4.000<br />

3.000<br />

2.000<br />

1.000<br />

0<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

33 Vergleichsmaßstäbe für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> bilden im Rahmen der folgenden finanzwirtschaftlichen<br />

Analysen jeweils die Durchschnittswerte der finanzschwachen Flächenländer West (FFW) und der anderen<br />

vier neuen Flächenländer (FO), vgl. dazu ausführlich Tz. 100 im vorliegenden Bericht.<br />

34 Fundierte Kreditmarktschulden zum Stichtag 31.12.2007. Veränderungen im Vorjahresvergleich sind daher<br />

ebenso stichtagsbezogen dargestellt. Insofern bestehen Abweichungen zur jeweils in den Haushaltsrechnungen<br />

der Länder ausgewiesenen - tatsächlich haushaltsmäßigen - Nettokreditaufnahme.<br />

MV<br />

FFW<br />

FO<br />

27


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 4: Nettokreditaufnahme im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW<br />

Quelle: Angaben der Länder, eigene Berechnungen.<br />

(77) 2007 konnte <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im Sog anhaltend stark steigender Steuerein-<br />

nahmen sowie rückläufiger Gesamtausgaben erstmals seit 1991 haushaltsmäßig Schulden<br />

i. H. v. 240 Mio. Euro bzw. 142 Euro pro Kopf netto tilgen. Auch die übrigen neuen Länder<br />

sind bereits ohne Nettokreditaufnahme ausgekommen, Sachsen hat die 2006 begonnene<br />

Nettotilgung fortgesetzt. Auffällig ist, dass sich auf der Ebene der finanzschwachen Flächen-<br />

länder West das Erreichen der „Null-Linie“, d. h. der rechnerische Verzicht auf neue<br />

Schulden, – vor dem Hintergrund der zuletzt insgesamt verbesserten finanzwirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen – scheinbar deutlich schwieriger als im Osten Deutschlands gestaltet.<br />

Durch Konsolidierungserfolge sank die Neuverschuldung der Flächenländer Ost seit dem Jahr<br />

2005 wesentlich stärker als in den finanzschwachen Westflächenländern. Die Haushaltssitua-<br />

tion der neuen Länder ist jedoch einnahmeseitig noch erheblich begünstigt durch die de-<br />

gressiv auslaufenden Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Abbau der teilungs-<br />

bedingten Sonderlasten (SoBEZ), wie Abschnitt III.2.4 später noch verdeutlichen wird.<br />

5.3 Exkurs: Vorschlag des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zur restriktiven<br />

Neufassung von Regelkreditobergrenzen<br />

(78) Auch wenn die gegenwärtig konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen dem Land<br />

den Einstieg in den Schuldenabbau ermöglicht haben, hält der <strong>Landesrechnungshof</strong> eine<br />

restriktivere Neufassung der Regelkreditobergrenzen unter Berücksichtigung entsprechender<br />

Rahmenbedingungen für notwendig.<br />

28<br />

in Euro je EW<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

-100<br />

MV<br />

FFW<br />

FO<br />

-200<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Einen entsprechenden Vorschlag zur Eingrenzung der Staatsverschuldung hat der Landes-<br />

rechnungshof am 7. Mai <strong>2008</strong> in seiner Beratenden Äußerung gegenüber der Landesregierung<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s zur „Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen<br />

(Föderalismusreform II)“ unterbreitet. 35<br />

(79) Das Integrierte Neuverschuldungsgrenzenmodell des <strong>Landesrechnungshof</strong>es (vgl. Ab-<br />

bildung 5) knüpft an den Close-to-Balance-Ansatz des Europäischen Stabilitäts- und Wachs-<br />

tumspaktes an, wobei die strukturelle Neuverschuldung des Gesamtstaates (unter sym-<br />

metrischer Berücksichtigung der Konjunkturlage) auf jährlich maximal 0,5 v. H. des BIP (no-<br />

minal) begrenzt werden sollte. Die maximal mögliche Neuverschuldung des Gesamtstaates<br />

wäre vertikal und horizontal auf einzelne Gebietskörperschaften bzw. Kommunen aufzuteilen<br />

und zusätzlich an die eigenfinanzierten Investitionen zu binden, wobei Wertminderungen des<br />

Sachvermögens pauschal berücksichtigt werden sollten.<br />

Abbildung 5: Integriertes Neuverschuldungsgrenzenmodell<br />

Quelle: Eigene Darstellung.<br />

(80) Sollte innerhalb der „Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung<br />

der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (Föderalismuskommission II)“ keine Einigung auf ein-<br />

35 LT-Drs. 5/1450.<br />

29


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

heitliche und restriktiv gefasste Regelkreditobergrenzen für Bund und Länder erzielt werden<br />

können, regt der <strong>Landesrechnungshof</strong> an, für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> eine landesspezi-<br />

fische Regelung in Anlehnung an das vom <strong>Landesrechnungshof</strong> vorgeschlagene Verschul-<br />

dungsregime verfassungsrechtlich zu verankern.<br />

5.4 Entwicklung der Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen<br />

(81) Dem Ermächtigungsrahmen zur Übernahme von Sicherheitsleistungen von rd.<br />

2.407,8 Mio. Euro standen zum Ende des Haushaltsjahres 2006 kumuliert übernommene<br />

Bürgschaften und sonstige Eventualverbindlichkeiten von rd. 1.350,2 Mio. Euro gegenüber<br />

(siehe Tabelle 10). Zum Ende des Jahres 2006 betrug der Bestand an übernommenen Bürg-<br />

schaften rd. 995 Mio. Euro. Dies waren rd. 12 % weniger als im Vorjahr.<br />

Tabelle 10: Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen, 2005 und 2006, in Euro<br />

Stand:<br />

Ende 2005<br />

Saldierte Zu-<br />

und Abgänge<br />

Stand:<br />

Ende 2006<br />

Entwicklung<br />

Bürgschaften 36 1.129.503.006,66 -134.561.864,85 994.941.141,81 -11,9%<br />

Sonstige<br />

Eventualverbindlichkeiten 37 359.451.690,67 -4.163.870,08 355.287.820,59 -1,2%<br />

Gesamt 1.488.954.697,33 -138.725.734,93 1.350.228.962,40 -9,3%<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

(82) Das Land wurde seit 1991 zu Ausfallzahlungen in Höhe von insgesamt 338,8 Mio.<br />

Euro herangezogen. Im Haushaltsjahr 2006 betrugen diese Leistungen rd. 10,7 Mio. Euro und<br />

damit rd. 56 % weniger als im Vorjahr. Die Sicherheitsleistungen wurden schwerpunktmäßig<br />

für die Bürgschaften, Gewährleistungen und Kreditaufträge zur Förderung der Wirtschaft so-<br />

wie mittelständischer Unternehmen in Anspruch genommen.<br />

36 Die Abweichung um 0,52 Euro (Stand Ende 2005) gegenüber der Vermögensübersicht 2005 beruht auf<br />

Rundungsdifferenzen im Bereich der Bürgschaften für den Wohnungsbau.<br />

37 Die Abweichung von 16.998.509,00 Euro (Stand Ende 2005) gegenüber der Vermögensübersicht 2005 beruht<br />

auf einer Korrektur des Stands zum 31.12.2005 an Garantien zur Absicherung von veräußerten Darlehensforderungen<br />

im Einzelplan 11.<br />

30


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 6: Entwicklung der Ausfallzahlungen aus Bürgschaften und sonstige Eventualverbindlichkeiten,<br />

2000 bis 2006, in Mio. Euro<br />

in Mio. Euro<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

6,4<br />

18,9<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

(83) Die jährlichen Ausfallzahlungen unterliegen starken Schwankungen. Im Jahr 2006<br />

leistete das Land die geringsten Ausfallzahlungen seit dem Haushaltsjahr 2000. Der Landes-<br />

rechnungshof empfiehlt, die wirtschaftliche Bewertung vor der Übernahme von Bürgschaften<br />

und Eventualverbindlichkeiten weiterhin kritisch vorzunehmen, so dass Ausfallzahlungen<br />

weitestgehend ausgeschlossen werden können.<br />

5,3<br />

26,7<br />

(84) Die Haushaltsrechnung weist in der Bürgschaftssicherungs- und Schuldendienstrück-<br />

lage zum 31.12.2006 – wie im Vorjahr – einen Bestand von 54,9 Mio. Euro aus. In Anbe-<br />

tracht der bisher höchsten Ausfallzahlung mit 60,7 Mio. Euro im Jahr 1997 sowie dem Rück-<br />

gang des Bürgschaftsvolumens in den letzten Haushaltsjahren scheint das Verhältnis von po-<br />

tenziellen Ausfallzahlungen und Rücklage ausgewogen zu sein.<br />

5.5 Sondervermögen Unternehmenshilfe- und Beteiligungsfonds<br />

5.5.1 Prüfungsgegenstand<br />

(85) Das Sondervermögen „Unternehmenshilfe- und Beteiligungsfonds“ (Konsolidierungs-<br />

fonds) wurde im Haushaltsjahr 1994 als revolvierender Fonds aufgelegt, in welchen seit sei-<br />

ner Gründung Mittel der Treuhandanstalt (THA), des Landes sowie Anteile des Parteivermö-<br />

gens der DDR geflossen sind.<br />

2,5<br />

17,3<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />

Ausf allzahlungen (Bürgschaf<br />

ten) im HH-Jahr<br />

6,9<br />

18,6<br />

Ausf allzahlungen (sonst.<br />

Ev entualv erbindlichkeiten)<br />

im HH-Jahr<br />

3,6<br />

44,3<br />

4,1<br />

20,3<br />

Ausf allzahlungen gesamt<br />

zum 31.12.<br />

2,7<br />

8,0<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

in Mio. Euro<br />

31


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Mit den Mitteln des Sondervermögens sollten in Liquiditätsengpässe geratenen mittelstän-<br />

dischen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft Konsolidierungshilfen (nachrangig gesi-<br />

cherte, längerfristige Darlehen oder stille Beteiligungen) zur Verfügung gestellt werden.<br />

Von 1995 bis 2005 wurden 149 Darlehensanträge mit einem Darlehensvolumen von insge-<br />

samt rd. 105,1 Mio. Euro positiv beschieden. 38 Die daraus resultierenden Zins- und Tilgungs-<br />

leistungen sollten dem Fonds wieder zufließen.<br />

(86) Die Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2006 weist für das<br />

Sondervermögen „Unternehmenshilfe- und Beteiligungsfonds“ zum 31.12.2006 rd. 79,5 Mio.<br />

Euro (10,7 % aller Sondervermögen des Landes) aus. Dieser setzt sich aus „Darlehens-<br />

forderungen an mittelständische Unternehmen“ (rd. 77,65 Mio. Euro) und dem „Kassen-<br />

bestand Nord/LB“ (rd. 1,88 Mio. Euro) zusammen.<br />

(87) Die Darlehensforderungen erhöhten sich im Jahr 2006 insgesamt um rd. 25,5 Mio.<br />

Euro. Diese Bestandsveränderung resultierte aus der Überführung des THA-Darlehensfonds<br />

in das Sondervermögen „Unternehmenshilfe- und Beteiligungsfonds“ um rd. 27,11 Mio. Euro<br />

(„Zugänge andere“) sowie aus der Tilgung von Darlehen von rd. 0,78 Mio. Euro („Abgänge<br />

durch Zahlung“) sowie unbefristete Niederschlagungen von rd. 0,8 Mio. Euro („Abgänge<br />

andere“).<br />

5.5.2 Prüfungsergebnisse<br />

5.5.2.1 Konsistenz der Darstellung<br />

Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(88) Die Übersicht „Einnahmen und Ausgaben“ 39 zum Sondervermögen steht im Wider-<br />

spruch zu der Übersicht „Bestand“ 40 . Letztgenannte weist einen „Abgang Kassenbestand<br />

Nord/LB“ (rd. 1,68 Mio. Euro) aus, beruhend auf Abführungen an die ehemalige BvS 41 auf<br />

Grundlage eines Vertrages zwischen dem Land M-V und der damaligen THA aus dem Jahr<br />

1994. Dagegen weist die Übersicht „Einnahmen und Ausgaben“ keinerlei Ausgaben aus. Ein<br />

38 LT-Drs. 5/1247 vom 19.02.<strong>2008</strong>.<br />

39 Übersicht „Einnahmen und Ausgaben“ in Anlage F. II. 5. a) der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und<br />

Vermögensübersicht 2006.<br />

40 Übersicht „Bestand“ in Anlage F. II. 5. b) der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht<br />

2006.<br />

41 Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben; Rechtsnachfolgerin der THA.<br />

32


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Ausgabetitel für Abführungen an die ehemalige BvS besteht nicht. Im Ergebnis werden die<br />

tatsächlichen Ist-Ausgaben des Sondervermögens in der Übersicht „Einnahmen und Aus-<br />

gaben“ nicht vollständig abgebildet.<br />

(89) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus ist angehalten, zukünftig alle<br />

Ausgaben im Zusammenhang mit dem Sondervermögen „Unternehmenshilfe- und Beteili-<br />

gungsfonds“ in der Übersicht „Einnahmen und Ausgaben“ zum Sondervermögen abzubilden.<br />

Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(90) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus teilte in seiner Stellungnahme<br />

mit, es werde künftig die Hinweise des <strong>Landesrechnungshof</strong>es beachten.<br />

5.5.2.2 Veranschlagung<br />

Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(91) Gemäß § 113 LHO i. V. m. § 11 LHO sind die für das Sondervermögen zu erwarten-<br />

den Einnahmen und voraussichtlich zu leistenden Ausgaben zu veranschlagen und gem.<br />

§ 26 Abs. 2 LHO dem Haushaltsplan als Anlage beizufügen.<br />

(92) Die Übersicht „Einnahmen und Ausgaben“ zum Sondervermögen weist Einnahmetitel<br />

für Zinseinnahmen (Titel 162.01) sowie Rückflüsse (Titel 182.01) aus Darlehen zur Stützung<br />

mittelständischer Unternehmen aus. Beide Titel wurden mit lediglich 0,00 Euro veranschlagt,<br />

obwohl die Voraussetzungen für eine Veranschlagung als Leertitel (Nr. 2 der VV zu § 11<br />

LHO) nicht gegeben waren. In Ermangelung der Veranschlagung zu erwartender Einnahmen<br />

ist nicht erkennbar, in welchem Maße die in den Darlehensverträgen vereinbarten Zins- und<br />

Tilgungsleistungen erreicht wurden.<br />

Eine Anlage zum Sondervermögen „Unternehmenshilfe- und Beteiligungsfonds“ gibt es auch<br />

im aktuellen Haushaltsplan nicht.<br />

Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(93) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus teilte in seiner Stellungnahme<br />

mit, es werde zukünftig alle aus den Darlehensverträgen zu erwartenden Zins- und Tilgungs-<br />

leistungen darstellen.<br />

33


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(94) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass entsprechend § 26 Abs. 2 LHO die<br />

Übersichten zum Sondervermögen künftig dem Haushaltsplan als Anlage beigefügt werden.<br />

5.5.2.3 Betragsmäßige Höhe der Zinseinnahmen und Darlehensrückflüsse<br />

Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(95) Die Ist-Einnahmen aus Zinsen werden mit 137.477,51 Euro ausgewiesen. Dies ent-<br />

spricht 0,17 % des Darlehensforderungsbestandes von rd. 77,7 Mio. Euro. An Darlehensrück-<br />

flüssen wurden 784.608,73 Euro vereinnahmt.<br />

(96) Die geringen Zinseinnahmen begründet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und<br />

Tourismus damit, dass die ausgewiesenen Darlehensforderungen i. H. v. rd. 76,31 Mio. Euro<br />

(98,27 %) voraussichtlich nicht bzw. nicht in voller Höhe realisierbar seien. 42<br />

(97) Aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es sollte das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und<br />

Tourismus einzelfallbezogen prüfen, ob tatsächlich die Voraussetzungen bestehen, Darlehens-<br />

forderungen niederzuschlagen (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 LHO) bzw. zu erlassen<br />

(§ 59 Abs. 1 Nr. 3 LHO). Um eine eventuelle Weiterverfolgung des Anspruchs zu gewährleis-<br />

ten, ist über die unbefristet niedergeschlagenen Forderungen ein Nachweis zu führen (VV Nr.<br />

2.4 zu § 59 LHO).<br />

(98) Die Darstellung in der Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht<br />

sollte künftig um Angaben zum Bestand der insgesamt unbefristet niedergeschlagenen<br />

Forderungen ergänzt werden.<br />

Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(99) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus teilte in seiner Stellungnahme<br />

mit, es werde künftig die Hinweise und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es beachten.<br />

Die Übersichten zum Sondervermögen werden zukünftig um Angaben zum Bestand der ins-<br />

gesamt unbefristet niedergeschlagenen Forderungen ergänzt.<br />

42 In diesem Zusammenhang ist auch auf die LT-Drs. 5/1247 vom 19.02.<strong>2008</strong>, insbesondere auf die Antworten<br />

zu den Fragen Nr. 5, 9 und 10, zu verweisen.<br />

34


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

III. Lagebericht<br />

(100) Wie in den vorangegangenen Jahren wird auf den folgenden Seiten die finanzwirt-<br />

schaftliche Lage bzw. Entwicklung des Landes einschließlich dem Haushaltsjahr 2007<br />

analysiert. Hierzu wird ein „Benchmarking“ durchgeführt, d.h. überwiegend einwohnerbezo-<br />

gene Daten zu Einnahmen, Ausgaben, Verschuldung usw. des Landes werden entsprechenden<br />

Kennzahlen ausgewählter Vergleichsländer gegenübergestellt. Ziel dieser Analyse ist es, u. a.<br />

Besonderheiten auf der Einnahme- und Ausgabenseite herauszuarbeiten, die zur Identifi-<br />

zierung von Effizienzpotenzialen bzw. Konsolidierungsbedarfen dienen könnten.<br />

Im vorliegenden Landesfinanzbericht <strong>2008</strong> hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> an dieser Stelle im<br />

Vergleich zu den Vorjahren einige Änderungen vorgenommen. Dem Kapitel vorangestellt ist<br />

eine Übersicht ausgewählter sozioökonomischer Indikatoren für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>,<br />

die u. a. besondere Herausforderungen für die öffentliche Haushaltswirtschaft im Länderver-<br />

gleich nachvollziehen lassen, sowie eine Übersicht der Finanzlage der deutschen Flächen-<br />

länder 2007. Bei den Vergleichsmaßstäben für die finanzwirtschaftlichen Daten der Landes-<br />

ebene hält der <strong>Landesrechnungshof</strong> auf der einen Seite am Durchschnitt der finanzschwachen<br />

Flächenländer West (FFW) fest. Aufgrund der nahezu identischen Einnahmeausstattung je<br />

Einwohner ab dem Jahr 2020, d. h. nach Auslaufen des Solidarpaktes II, muss sich Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong> auch bei den Pro-Kopf-Ausgaben an diesen Ländern orientieren. 43 Insofern<br />

handelt es sich bei den finanzschwachen Westflächenländern um die maßgebliche Bezugsgrö-<br />

ße für das Land. Einer ergänzenden Orientierung dient der Benchmark aus dem Durchschnitt<br />

der sonstigen ostdeutschen Flächenländer (FO). Neben der Tatsache, dass das o.g. Szenario<br />

bis 2020 gleichermaßen für alle neuen Länder gilt, werden damit auch die Auswirkungen<br />

struktureller Unterschiede zwischen ihnen im Rahmen der Analyse geglättet.<br />

1 Sozioökonomische Rahmenbedingungen<br />

(101) Die Einwohnerzahl <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s ging in den vergangenen Jahren stetig<br />

zurück. Am 30.06.2007 verfügte das Land über 1,69 Mio. Einwohner und ist damit das ein-<br />

wohnerschwächste der ostdeutschen Flächenländer. In den kommenden Jahren ist mit einem<br />

weiteren Rückgang der Bevölkerung zu rechnen. Bis 2020 wird sich die Einwohnerzahl nach<br />

43 Hier ist zu berücksichtigen, dass dies keine schematische Übernahme deren Ausgabenstruktur impliziert und<br />

diese Länder überwiegend selbst über teils erhebliche Konsolidierungsbedarfe verfügen.<br />

35


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

der mittleren Prognose des Statistischen Landesamtes 44 auf 1,57 Mio. Einwohner reduzieren,<br />

wie in Abbildung 7 zu sehen ist.<br />

Abbildung 7: Bevölkerungsentwicklung in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, 1991 bis 2020<br />

Quelle: Statistisches Amt <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

(102) Im Vergleich zu den finanzschwachen Westflächenländern wird die Entwicklung noch<br />

deutlicher, wie Abbildung 8 zeigt. Während dort die Bevölkerungszahl in Bezug auf 1991 als<br />

Basisjahr um fast sechs Prozent zunahm, sank sie in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im gleichen<br />

Zeitraum um ein Zehntel auf 89,5 %. Auch in den anderen neuen Ländern waren Einwohner-<br />

rückgänge in dieser Größenordnung zu verzeichnen, einzige Ausnahme bildet hierbei<br />

Brandenburg, das in erheblichem Maße von der Umlandwanderung im Raum Berlin profitiert<br />

hat.<br />

(103) Diese bisherige und absehbare demographische Entwicklung hat direkte Aus-<br />

wirkungen auf das Regierungs- und Verwaltungshandeln in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>. Es<br />

besteht ein Anpassungsbedarf hinsichtlich der Größe und Struktur der Verwaltungen im Land,<br />

dem frühzeitig Rechnung getragen werden muss. Nur so können die Pro-Kopf-Ausgaben bei<br />

sinkender Einwohnerzahl an das Niveau der finanzschwachen Westflächenländer angeglichen<br />

werden, um nach Auslaufen der Solidarpaktmittel mit den dann vorhandenen Einnahmen aus-<br />

zukommen.<br />

44 Statistisches Amt <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>: 3. Landesprognose (Basisjahr 2005), Bevölkerungsentwicklung<br />

in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> bis 2020, überarbeitete Fassung 2007<br />

36<br />

in Mio. Einw ohner<br />

2,00<br />

1,90<br />

1,80<br />

1,70<br />

1,60<br />

1,50<br />

1,40<br />

1,30<br />

1,20<br />

1,10<br />

1,00<br />

Ist bis 30.06.07 Prognose<br />

1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019<br />

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 <strong>2008</strong> 2010 2012 2014 2016 2018 2020


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 8: Bevölkerungsentwicklung im Vergleich, 1991 bis 2007, 1991 = 100<br />

108%<br />

106%<br />

104%<br />

102%<br />

100%<br />

98%<br />

96%<br />

94%<br />

92%<br />

90%<br />

88%<br />

FFW<br />

MV<br />

BB<br />

FO ohne BB<br />

86%<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt.<br />

(104) Das reale Wirtschaftswachstum in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im Jahr 2007 lag mit<br />

2,6 % gegenüber dem Vorjahr über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 2,5 %. Gemein-<br />

sam mit Rheinland-Pfalz wies das Land damit das stärkste BIP-Wachstum in der Gruppe der<br />

neuen Bundesländer und der finanzschwachen Westflächenländer auf. Wie Tabelle 11 zu ent-<br />

nehmen ist, blieben die Wachstumsraten der anderen Länder der beiden Vergleichsgruppen<br />

teilweise deutlich hinter dem Ergebnis hierzulande zurück. Diesem guten Wert für 2007<br />

gingen allerdings vergleichsweise niedrige Wachstumsraten in den Vorjahren voraus.<br />

Tabelle 11: Veränderung des realen BIP in den Bundesländern, 2005 bis 2007, in %<br />

BB MV NI RP SL SN ST SH TH FO FFW D<br />

2005 0,9 −0,1 2,2 −0,4 2,7 0,2 −0,2 0,2 0,2 0,3 1,3 0,8<br />

2006 1,3 1,5 2,4 2,4 2,0 2,8 1,8 2,5 2,7 2,2 2,4 2,9<br />

2007 2,0 2,6 2,0 2,6 2,3 2,4 2,1 1,4 2,0 2,2 2,1 2,5<br />

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.<br />

(105) Der Abstand zu den Pro-Kopf-Werten des BIP der westdeutschen Vergleichsländer<br />

kann nur langsam verringert werden. Im Vorjahr kamen auf jeden Einwohner <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong>s 78,4 % der Wirtschaftskraft, die in den finanzschwachen Westflächenländern<br />

erwirtschaftet wird. Abbildung 9 ist zu entnehmen, dass nach einer starken Aufholphase bis<br />

Mitte der 90er Jahr die Entwicklung wirtschaftlicher Angleichung trotz erheblicher Mittelbe-<br />

reitstellung im Rahmen von Solidarpakt, Bund-Länder-Programmen und EU-Programmen<br />

deutlich nachließ und seit einigen Jahren sogar vollkommen zum Erliegen kam.<br />

37


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 9: Angleichungsprozess beim BIP je EW in jeweiligen Preisen, 1991 bis 2007, FFW=100<br />

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.<br />

(106) Erweitert man den Betrachtungsraum in diesem Zusammenhang auf die gesamte EU,<br />

zeigt sich, dass <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> seit Mitte der 1990er-Jahre sogar an Boden verlo-<br />

ren hat. Auch die übrigen neuen Länder können wirtschaftlich kaum Schritt halten. Wie<br />

Tabelle 12 zu entnehmen ist, handelt es sich hierbei um ein gesamtdeutsches Problem, denn<br />

seit 1995 haben sich die relative Position Deutschlands sowie der finanzschwachen Flächen-<br />

länder West im Besonderen erheblich verschlechtert.<br />

Tabelle 12: BIP in Kaufkraftparitäten 45 je EW, 1995 bis 2005, in % des EU-Durchschnitts (EU27 =<br />

100)<br />

Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen.<br />

Hingegen gelingt den wachtumsstärkeren Staaten Osteuropas ein Aufholprozess, der einer-<br />

seits zwar auch divergiert, andererseits jedoch von beachtlichen Erfolgen geprägt ist. So hat<br />

z. B. die Tschechische Republik bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf ohne auch nur annä-<br />

hernd vergleichbare Finanztransfers von außen inzwischen fast mit <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpom-<br />

mern gleichgezogen, während Slowenien längst alle neuen Länder hinter sich gelassen hat.<br />

45 Diese „Kunstwährung“ berücksichtigt Unterschiede zwischen den nationalen Preisniveaus.<br />

38<br />

84%<br />

82%<br />

80%<br />

78%<br />

76%<br />

74%<br />

72%<br />

BB<br />

MV<br />

SN<br />

70%<br />

68%<br />

ST<br />

TH<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

EU-27<br />

Deutschland Länder Osteuropas<br />

gesamt MV FFW FO CZE SVK POL HUN SLO<br />

1995 100,0 129,2 85,5 120,4 83,8 73,6 47,7 43,0 52,0 72,6<br />

2000 100,0 118,8 79,8 108,1 79,9 68,6 50,2 48,4 56,2 78,8<br />

2005 100,0 115,2 78,3 102,3 82,0 76,6 60,6 51,3 64,3 86,9


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(107) Die Bruttowertschöpfung nach Sektoren zeigt auf, dass der Anteil der Landwirtschaft<br />

in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> in den vergangenen Jahren rückläufig ist, aber immer noch<br />

deutlich über den Werten aus den FO und FFW liegt (vgl. Tabelle 13).<br />

Tabelle 13: Relativer Anteil der Wirtschaftssektoren an der Bruttowertschöpfung (BWS) im Ländervergleich,<br />

1991 und 2007, in %<br />

1991 2007<br />

MV FO FFW MV FO FFW<br />

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 5,6% 2,9% 2,1% 2,5% 1,4% 1,5%<br />

Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe 18,3% 22,6% 29,6% 15,2% 24,0% 25,8%<br />

Baugewerbe 11,1% 12,6% 5,8% 5,2% 6,0% 4,2%<br />

Handel, Gastgewerbe und Verkehr 21,2% 17,6% 17,7% 20,6% 16,9% 18,5%<br />

Finanzierung, Vermietung u. Unternehmensdienstl. 10,1% 11,5% 22,0% 25,1% 25,2% 26,4%<br />

Öffentliche und private Dienstleister 33,6% 32,8% 22,8% 31,4% 26,6% 23,6%<br />

Insgesamt 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />

Quelle: Statistisches Amt <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

Wie in Abbildung 10 dargestellt, hat sich der Anteil des produzierenden Gewerbes seit der<br />

Jahrtausendwende sukzessive vergrößert, wenngleich es noch deutlichen Nachholbedarf<br />

gegenüber den Vergleichsländern in Ost und West gibt. Der relativ hohe Anteil bei Handel,<br />

Gastgewerbe und Verkehr resultiert aus der Wertschöpfung im Bereich Tourismus. Der Sek-<br />

tor öffentliche und private Dienstleistungen leistet immer noch den größten Beitrag zur Brut-<br />

towertschöpfung im Land, was letztlich auf den noch hohen Anteil des Staatssektors zurück-<br />

zuführen ist.<br />

39


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 10: Bruttowertschöpfung der Wirtschaftssektoren, Strukturveränderung in <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong>, 1991 bis 2007, in Mio. Euro<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

15.000<br />

10.000<br />

Quelle: Statistisches Amt <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

(108) Wie in Abbildung 11 zu sehen ist, sank die Anzahl der Erwerbstätigen unmittelbar<br />

nach der Wiedervereinigung stark ab, verringerte sich in den folgenden Jahren weiter und<br />

erholt sich erst in jüngster Vergangenheit auf niedrigem Niveau. In dieser Form der Darstel-<br />

lung ist <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> geringfügig weniger als die restlichen neuen Bundes-<br />

länder betroffen. Allerdings ist der Anteil der Erwerbstätigen an der Wohnbevölkerung im<br />

Land der niedrigste unter allen ostdeutschen Ländern. Mit 449 Erwerbstätigen je 1.000 Ein-<br />

wohner lag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im Jahr 2006 unter dem Durchschnitt der anderen<br />

Ostländer (455) und der finanzschwachen Westflächenländer (467).<br />

40<br />

5.000<br />

0<br />

1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007<br />

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />

Öffentliche und private<br />

Dienstleister<br />

Finanzierung,Vermietung<br />

u.Unternehmensdienstleistungen<br />

Handel, Gastgew erbe<br />

und Verkehr<br />

Baugew erbe<br />

Produzierendes Gew<br />

erbe ohne Bauge-<br />

Land- und Forstw<br />

irtschaft, Fischerei


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 11: Entwicklung der Erwerbstätigkeit, 1991 bis 2007, 1991 = 100<br />

108%<br />

104%<br />

100%<br />

96%<br />

92%<br />

88%<br />

84%<br />

80%<br />

Quelle: Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung.<br />

(109) Zwischen den alten und den neuen Bundesländern gibt es weiterhin deutliche Unter-<br />

schiede in Bezug auf das Verhältnis von Primäreinkommen und verfügbarem Einkommen.<br />

Das Primäreinkommen beinhaltet Arbeitnehmerentgelte, Selbstständigeneinkommen bzw. Be-<br />

triebsüberschüsse sowie Vermögenseinkommen. Zur Berechnung des verfügbaren Einkom-<br />

mens werden vom Primäreinkommen sowohl die geleisteten Einkommen- und Vermögens-<br />

steuern als auch die Sozialabgaben abgezogen, empfangene monetäre Sozialleistungen<br />

werden hinzuaddiert. Während in den alten Bundesländern das verfügbare Einkommen auf-<br />

grund von Steuerzahlungen geringer als das Primäreinkommen ist, übersteigt es in den neuen<br />

Ländern dieses aufgrund von erhaltenen Sozialleistungen. Wie Abbildung 12 verdeutlicht,<br />

liegen die Werte für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> noch leicht unter denen der anderen neuen<br />

Bundesländer.<br />

76%<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

(110) Das verfügbare Einkommen im Land liegt mit rd. 79 % weiterhin deutlich unter dem<br />

gesamtstaatlichen Durchschnitt. Dabei spielen vor allem die Sozialleistungen eine bedeutende<br />

Rolle. 46 Diese machen zwischen 37,9 % (Landkreise Bad Doberan und Ludwigslust) und<br />

51,2 % (Landkreis Uecker-Randow) des verfügbaren Einkommens in den kreisfreien Städten<br />

46 Die bei der Berechnung des verfügbaren Einkommens berücksichtigten monetären Sozialleistungen umfassen<br />

Geldleistungen der Sozialversicherung, Sozialleistungen aus privaten Sicherungssystemen, sonstige Sozialleistungen<br />

der Arbeitgeber sowie sonstige soziale Geldleistungen des Staates außerhalb von Sozialschutzsystemen<br />

(z. B. Kinder- und Erziehungsgeld, Wohngeld).<br />

M-V<br />

FO<br />

FFW<br />

41


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

und Landkreisen <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s aus und liegen im Landesdurchschnitt mit<br />

43,9 % erheblich über dem gesamtdeutschen Wert (31,4 %).<br />

Abbildung 12: Primäreinkommen und verfügbares Einkommen, 2005, in Euro je EW<br />

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.<br />

2 Finanzwirtschaftliche Entwicklung<br />

(111) Der Betrachtung der Finanzwirtschaft des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s im De-<br />

tail stellt der <strong>Landesrechnungshof</strong> im vorliegenden Bericht mit Abbildung 13 erstmals eine<br />

Übersicht zur einwohnerbezogenen Finanzlage der deutschen Flächenländer im Jahr 2007<br />

voran. Bedingt durch die gute Einnahmesituation haben sich die Finanzierungssalden überall<br />

deutlich verbessert, wobei das Plus in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> sogar größer als im Frei-<br />

staat Bayern ausfällt. Gut ersichtlich ist die vergleichsweise geringe Verschuldung der süd-<br />

deutschen Länder sowie Sachsens, weitere Details hierzu finden sich in Abschnitt II.5.2. Die<br />

Salden aus laufenden Einnahmen und Ausgaben sind 2007 in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> als<br />

auch insgesamt für die neuen Ländern sehr positiv ausgefallen. Dies gilt jedoch nur, sofern<br />

keine Bereinigung um die investiv zu verwendenden Solidarpaktmittel erfolgt, was für eine<br />

realistische Einschätzung der finanziellen Lage des Landes unabdingbar ist (vgl. hierzu aus-<br />

führlich Kapitel III.2.4).<br />

42<br />

20.000<br />

15.000<br />

10.000<br />

5.000<br />

20.060<br />

17.769<br />

19.297<br />

17.154<br />

14.526<br />

13.959<br />

Primäreinkommen<br />

verfügbares Einkommen<br />

13.999<br />

13.485<br />

D FFW FO MV


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 13: Die Finanzlage der deutschen Flächenländer 2007 im Überblick<br />

43


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.1 Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben<br />

(112) Wie bereits in Kapitel II.5.2 erläutert, hat <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> 2007 zum ersten<br />

Mal seit der Wiedervereinigung den Schuldenberg des Landes etwas abgetragen, nachdem der<br />

Landeshaushalt bereits im Vorjahr ohne Nettokreditaufnahme finanziert werden konnte. Ab-<br />

bildung 14 skizziert die Entwicklung der bereinigten Einnahmen und Ausgaben seit 1996.<br />

Abbildung 14: Bereinigte Einnahmen/Ausgaben sowie Kreditfinanzierungsquote in M-V, 1996 bis<br />

2007<br />

Quelle: Finanzministerium <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>; eigene Berechnungen.<br />

Die ebenfalls ausgewiesene Kreditfinanzierungsquote 47 lässt erkennen, dass 2003 noch jeder<br />

siebte Euro des Landesetats durch neue Schulden finanziert werden musste, ähnlich hohe Re-<br />

lationen hatte es zuletzt Mitte der 1990er Jahre gegeben. 2007 konnten mit netto 240 Mio.<br />

Euro Verbindlichkeiten i. H. v. 3,6 % der bereinigten Gesamtausgaben getilgt und zudem fast<br />

175 Mio. Euro den Rücklagen zugeführt werden.<br />

2.2 Einnahmen des Landes im Jahr 2007<br />

(113) Der zusammenfassenden Darstellung der Einnahmen im Ländervergleich in<br />

Tabelle 14 lässt sich entnehmen, dass im Landeshaushalt 2007 auf jeden Einwohner<br />

4.205 Euro entfielen. Gegenüber dem Vorjahr – mit bereits starken Einnahmezuwächsen –<br />

war dies ein nochmaliges Plus von 157 Euro bzw. 3,9 % je Einwohner. Im Vergleich zu den<br />

47 Relation von Nettokreditaufnahme und bereinigten Gesamtausgaben eines Haushaltsjahres.<br />

44<br />

in Mio. Euro<br />

7.500<br />

7.000<br />

6.500<br />

6.000<br />

5.500<br />

5.000<br />

4.500<br />

4.000<br />

13,7%<br />

10,4%<br />

Kreditfinanzierungsquote Bereinigte Ausgaben Bereinigte Einnahmen<br />

9,0%<br />

6,5%<br />

5,1% 4,7%<br />

Nettokreditaufnahme<br />

7,3%<br />

14,4%<br />

12,1%<br />

4,8%<br />

Nettotilgung<br />

0,0% -3,6%<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

30,0%<br />

25,0%<br />

20,0%<br />

15,0%<br />

10,0%<br />

5,0%<br />

0,0%<br />

-5,0%<br />

in % der bereingten Ausgaben


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

finanzschwachen Westflächenländern standen dem Land pro Kopf rd. 1.345 Euro mehr Ein-<br />

nahmen zur Verfügung, hochgerechnet auf die Bevölkerungszahl ergibt dies für 2007 ein po-<br />

sitives Einnahmedifferenzial von 2,27 Mrd. Euro.<br />

Tabelle 14: Einnahmen auf der Landesebene im Ländervergleich, 2007, in Euro je EW<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, SFK3; eigene Berechnungen.<br />

MV FFW FO<br />

Bevölkerung 30.06.2007 1.687.107 15.910.323 11.505.021 FFW FO<br />

Einnahmeart Euro je EW in Mio. Euro<br />

Einnahmen der laufenden Rechnung 3.849 2.711 3.730 1.920 201<br />

darunter:<br />

Steuereinnahmen 2.095 2.130 2.114 -59 -32<br />

Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit 27 96 32 -116 -10<br />

LFA-Zuweisungen 312 60 276 424 60<br />

Laufende Zahlungen vom Bund 1.195 218 1.098 1.649 163<br />

Gebühren 58 39 43 32 24<br />

Einnahmen der Kapitalrechnung 356 148 352 350 7<br />

darunter:<br />

Vermögensveräußerungen 17 64 4 -78 22<br />

Vermögensübertragungen vom Bund und von<br />

anderen öffentlichen Bereichen<br />

Vermögensübertragungen von anderen<br />

Bereichen (insbes. EU)<br />

Ursächlich hierfür sind vor allem die „ostspezifischen“ Leistungen aus dem Bundeshaushalt<br />

und den Strukturfonds der Europäischen Union. Wie voranstehende Tabelle zeigt, saldierten<br />

sich diese Unterschiede 2007 gegenüber den finanzschwachen Flächenländern West allein bei<br />

den laufenden Zahlungen vom Bund auf hochgerechnete 1,65 Mrd. Euro, worin u.a. die rd.<br />

1,1 Mrd. Euro Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für teilungsbedingte Sonder-<br />

lasten (SoBEZ) gemäß § 11 Abs. 3 FAG enthalten sind. 48<br />

auf Bevölkerung von MV<br />

hochgerechnete Mehr-(+)/<br />

Minderausgaben(-)<br />

179 68 184 187 -8<br />

114 11 156 174 -72<br />

Bereinigte Einnahmen 4.205 2.860 4.082 2.270 209<br />

(114) Die Größenordnungen verdeutlichen, dass die Einschätzung des Landesrechnungsho-<br />

fes, dass <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> keineswegs als „finanzschwaches Land“ bezeichnet<br />

werden kann, nach wie vor Bestand hat. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden,<br />

dass den höheren Einnahmen zum einen aus der Strukturschwäche der neuen Länder resul-<br />

tierende Mehrbedarfe (niedrige kommunale Steuerkraft, Infrastrukturdefizite etc.) gegenüber-<br />

stehen und es sich bei der aktuellen Lage um eine sehr „komfortable“ Momentaufnahme<br />

48 Dass die aufbaubedingten Mehreinnahmen im investiven Bereich mit „nur“ rd. 350 Mio. Euro vergleichsweise<br />

gering ausfallen, liegt in der Vereinnahmung der SoBEZ als laufende Mittel begründet; vgl. hierzu<br />

Landesfinanzbericht 2007 des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, S. 30, LT-Drs. 5/1040.<br />

45


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

handelt. Auf die zu erwartenden rückläufigen Einnahmen auf Landesebene bis 2020 und die<br />

notwendigen Konsequenzen für die Ausgabenseite hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> in der Ver-<br />

gangenheit bereits mehrfach hingewiesen. 49<br />

(115) Im Vergleich mit den übrigen neuen Ländern fallen weiterhin Unterschiede bei den<br />

laufenden Zahlungen des Bundes auf. Dabei handelt es sich – wie bereits in den Vorjahren<br />

erläutert – nicht um eine Besserstellung <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s. Ursache hierfür ist die<br />

divergierende Inanspruchnahme von Zahlungen durch die Länder bei den Mischfi-<br />

nanzierungstatbeständen. Im investiven Bereich liegt das Land einwohnerbezogen insgesamt<br />

auf Augenhöhe, wenngleich sich mit Beginn der neuen Förderperiode Unterschiede bei der<br />

Inanspruchnahme von EU-Strukturfondsmitteln erkennen lassen.<br />

(116) In Folge der guten Konjunkturlage und hieraus resultierender Zuwächse bei der Lohn-<br />

bzw. Einkommensteuer sowie der Anhebung des Umsatzsteuersatzes von 16 auf 19 % sind<br />

2007 die Steuereinnahmen der Länder insgesamt um 9,3 % gegenüber dem Vorjahr ge-<br />

wachsen.<br />

Abbildung 15: Steuereinnahmen und Steuerdeckungsquote in M-V auf Landesebene, 1991 bis 2007<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.<br />

49 Vgl. im Detail Bericht des Präsidenten des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> (2006), S. 25<br />

ff., LT-Drs. 4/2151; sowie Landesfinanzbericht 2007 des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>,<br />

S. 30, LT-Drs. 5/1040.<br />

46<br />

in Mio. Euro<br />

4.500<br />

4.000<br />

3.500<br />

3.000<br />

2.500<br />

2.000<br />

1.500<br />

1.000<br />

500<br />

0<br />

1.004<br />

Steuereinnahmen<br />

(OGR 01, 05-06)<br />

Steuerdeckungsquote<br />

1.557 1.641<br />

1.894<br />

2.995 2.975 3.015 3.076 3.200 3.285 3.174<br />

2.911 2.929 3.002 2.865<br />

3.180<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

3.535<br />

55,0%<br />

50,0%<br />

45,0%<br />

40,0%<br />

35,0%<br />

30,0%<br />

25,0%<br />

20,0%<br />

15,0%<br />

10,0%<br />

5,0%<br />

0,0%


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Die Steuerdeckungsquote 50 im Landeshaushalt konnte hier erstmals die 50-%-Marke über-<br />

springen und damit das kräftige Wachstum im Vorjahresvergleich fortsetzen (vgl. Abbil-<br />

dung 15). Mit 52,7 % lag sie 2007 rd. 11,4 Prozentpunkte höher als noch zwei Jahre zuvor, in-<br />

dem das Land noch ca. 670 Mio. Euro weniger Steuern eingenommen hatte. In Summe basiert<br />

der Anstieg der Steuerdeckungsquote in diesem Zeitraum tatsächlich zu knapp zwei Dritteln<br />

auf steigenden Steuereinnahmen, der restliche Anteil entfällt auf die rückläufigen bereinigten<br />

Ausgaben.<br />

(117) Vor dem Hintergrund dieser fiskalisch erfreulichen Situation darf aus Sicht des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der zuletzt deut-<br />

lich positiv wirkende Konjunkturhebel auf die Höhe der Steuereinnahmen im Falle einer Ein-<br />

trübung der Wirtschaftslage auch ebenso negativ niederschlagen dürfte. Um das entspre-<br />

chende Risiko zu skizzieren, wurde in Abbildung 16, ausgehend vom Ist 2007, der Prognose<br />

der Steuereinnahmen des Landes bis 2011 modellhaft die relative Entwicklung in den Jahren<br />

2000 bis 2004 (Konjunktureinbruch am Ende des New-Economy-Booms) gegenübergestellt. 51<br />

Abbildung 16: Prognosemodell der Steuereinnahmen in M-V auf Landesebene, 2007 bis 2011,<br />

in Mio. Euro<br />

in Mio. Euro<br />

3.800<br />

3.600<br />

3.400<br />

3.200<br />

3.000<br />

2.800<br />

Quelle: Eigene Berechnungen.<br />

Steuereinnahmen M-V lt.<br />

Ist 2007 / Haushaltsplan<br />

/ Finanzplanung<br />

3.538 3.538 3.538<br />

3.418<br />

Steuereinnahmen M-V,<br />

ab 2007 relat. Entwicklung<br />

wie 2000-2004<br />

3.623<br />

2007 <strong>2008</strong> 2009 2010 2011<br />

50 Relation von Steuereinnahmen und bereinigten Gesamtausgaben eines Haushaltsjahres.<br />

51 Hierzu wurde zunächst der prozentuale Rückgang der Steuereinnahmen des Landes der Jahre 2001 bis 2004<br />

gegenüber dem Basisjahr 2000 errechnet. Anschließend wurden diese prozentualen Abschläge auf die Prognose<br />

des Steueraufkommens der Jahre <strong>2008</strong> bis 2011 im Haushaltsplan bzw. in der Finanzplanung vorgenommen,<br />

woraus sich modellhaft die in Abbildung 16 dargestellten Einnahmerückgänge ergeben.<br />

-488 Mio.<br />

3.135<br />

3.714<br />

-560 Mio.<br />

3.154<br />

3.787<br />

-555 Mio.<br />

3.232<br />

47


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Wie die Grafik zeigt, hätte eine solche hypothetische Entwicklung bezogen auf das Basisjahr<br />

2007 in den kommenden Jahren erhebliche Konsequenzen für die Einnahmeseite des Landes-<br />

haushaltes. Die resultierenden Abweichungen von der Finanzplanung wären dabei u. a. auch<br />

deutlich größer als die derzeit vom Finanzministerium geplanten Nettotilgungen. Wenngleich<br />

die jüngste Steuerschätzung, wie sich Abbildung 17 entnehmen lässt, derzeit keine Hinweise<br />

auf den Eintritt eines solchen Szenarios liefern, soll es vor Augen führen, wie konjunkturrea-<br />

gibel die Einnahmen im leider nicht auszuschließenden Fall einer Wiederholung der Entwick-<br />

lung 2000-2004 sein würden.<br />

Die sehr positive Entwicklung der letzten Jahre verdeutlicht wiederum ein Blick auf die Pro-<br />

gnosen des Steueraufkommens der Ländergesamtheit für das Jahr <strong>2008</strong>. Zwischen den Werten<br />

der Steuerschätzung 2005 und der des laufenden Jahres liegt eine Differenz von rd. 25 Mrd.<br />

Euro, was einer Steigerung um rd. 13 % entspricht. Diese Mehreinnahmen beruhen jedoch<br />

nicht nur auf temporären konjunkturellen Impulsen, sondern auch auf dauerhaften Einnahme-<br />

verbesserungen insbesondere durch die Umsatzsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozentpunkte<br />

ab dem Jahr 2007. Hieraus ergeben sich Mehreinnahmen für die Länder von derzeit ca. neun<br />

Mrd. Euro jährlich.<br />

Abbildung 17: Ergebnisse des „Arbeitskreises Steuerschätzungen“ zu den Steuereinnahmen der<br />

Länder seit Mai 2004, in Mrd. Euro.<br />

48<br />

in Mrd. Euro<br />

250<br />

240<br />

230<br />

220<br />

210<br />

200<br />

190<br />

180<br />

Steuerschätzung <strong>2008</strong><br />

Steuerschätzung 2007<br />

Steuerschätzung 2006<br />

Steuerschätzung 2005<br />

Steuerschätzung 2004<br />

170<br />

2004 2005 2006 2007 <strong>2008</strong> 2009 2010 2011 2012<br />

Quelle: Bundesministerium der Finanzen, eigene Darstellung.


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Finanzielle Spielräume sollten zur Unterstützung der Konsolidierung genutzt werden, statt in<br />

neuen Ausgabenprogrammen zu münden. Nur so wird die notwendige Vorkehrung für kom-<br />

mende, konjunkturell und finanzwirtschaftlich wieder schwächere Haushaltsjahre geschaffen.<br />

2.3 Ausgaben des Landes im Jahr 2007<br />

(118) Nach den Einnahmen werden nachfolgend die Ausgaben im Landeshaushalt einer ver-<br />

gleichenden Analyse unterzogen. Im Anschluss an eine zusammenfassende Darstellung wird<br />

die Entwicklung von Personal-, Zins- und Investitionsausgaben ausführlicher betrachtet.<br />

Das hohe Einnahmedifferenzial <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s im Vergleich zu den finanz-<br />

schwachen Flächenländern West spiegelt sich auch auf der Ausgabenseite wider. Mit insge-<br />

samt 3.975 Euro je Einwohner wurden hochgerechnet auf die Bevölkerungszahl rd. 1,7 Mrd.<br />

Euro mehr ausgegeben, davon 64 % im laufenden Bereich.<br />

49


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 15: Ausgaben auf der Landesebene im Ländervergleich, 2007, in Euro je EW<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, SFK3; eigene Berechnungen.<br />

(119) Auf die laufenden Zuweisungen an die kommunale Ebene entfallen davon allein rd.<br />

744 Mio. Euro. In diesem Zusammenhang geht der <strong>Landesrechnungshof</strong> nach wie von einer<br />

Überkompensation der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft durch das Land im Ver-<br />

gleich mit den finanzschwachen Westflächenländern aus. 52 Hochgerechnete Mehrausgaben<br />

sind zudem im Bereich der Zahlungen an Unternehmen und öffentliche Einrichtungen festzu-<br />

stellen, wofür sowohl Ausgliederungen aus dem Kernhaushalt als auch höhere Leistungen für<br />

die Unterstützung der Landwirtschaft sowie aufgrund des Regionalisierungsgesetzes in Meck-<br />

lenburg-<strong>Vorpommern</strong> ursächlich sind.<br />

(120) Noch deutlich weniger als der westdeutsche Benchmark gibt das Land derzeit für Ver-<br />

sorgungsleistungen seiner pensionierten Beamten aus, wie das negative Ausgabendifferenzial<br />

52 Vgl. hierzu im Detail Kommunalfinanzbericht 2007 des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>,<br />

S. 15 ff., LT-Drs. 5/960.<br />

50<br />

MV FFW FO<br />

Bevölkerung 30.06.2007 1.687.107 15.910.323 11.505.021 FFW FO<br />

Ausgabenart Euro je EW Mio. EUR<br />

Ausgaben der laufenden Rechnung 3.321 2.676 3.101 1.088 371<br />

darunter:<br />

Personalausgaben insgesamt 913 1.105 925 -324 -21<br />

darunter:<br />

Versorgung<br />

aktives Personal<br />

21 262 18 -406 5<br />

891 843 907 81 -27<br />

laufender Sachaufwand 241 213 277 47 -61<br />

Zinsausgaben 273 294 254 -35 33<br />

laufende Zahlungen an Gemeinden 1.077 636 905 744 289<br />

laufende Zahlungen an Zweckverbände 11 32 34 -36 -39<br />

Sozialausgaben 69 34 86 58 -28<br />

Zahlungen an Unternehmen und öffentliche<br />

Einrichtungen<br />

432 259 309 290 207<br />

Zahlungen an soziale Einrichtungen 60 70 73 -17 -22<br />

Ausgaben der Kapitalrechnung 655 294 744 609 -150<br />

darunter:<br />

Sachinvestitionen 161 33 150 216 18<br />

Vermögensübertragungen an Gemeinden 292 93 274 335 30<br />

Vermögensübertragungen an Zweckverbände 1 3 28 -2 -45<br />

Vermögensübertragungen an sonstige Bereiche 173 77 254 161 -138<br />

Darlehen 25 29 19 -6 10<br />

Erwerb von Beteiligungen 0 52 16 -87 -26<br />

Bereinigte Ausgaben 3.975 2.969 3.844 1.697 221<br />

Finanzierungssaldo 230 -110 238<br />

auf Bevölkerung von MV<br />

hochgerechnete Mehr-(+)/<br />

Minderausgaben(-)


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

i. H. v. 406 Mio. Euro verdeutlicht. Ab <strong>2008</strong> sind aufgrund der Einrichtung des Pensionsfonds<br />

durch die Landesregierung Zuführungen aus dem Landeshaushalt an das entsprechende Son-<br />

dervermögen zu leisten. 53 Zusätzlich sind bei den Versorgungsausgaben auch die Leistungen<br />

der neuen Länder nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz zu berück-<br />

sichtigen. <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> gab 2006 hierfür rd. 283 Mio. Euro bzw. 166 Euro je<br />

Einwohner aus. Bereinigt man das damalige Ausgabendifferenzial bei den Versorgungslasten<br />

i. H. v. 400 Mio. Euro um diese Größe, reduzieren sich die hochgerechneten Minderausgaben<br />

auf rd. 117 Mio. Euro.<br />

(121) Im Vergleich zu den anderen neuen Ländern waren 2007 zunächst Minderausgaben<br />

sowohl für das aktive Personal als auch den laufenden Sachaufwand festzustellen. Gegenüber<br />

dem ostdeutschen Benchmark fällt ebenso das hohe laufende Zuweisungsniveau an die Kom-<br />

munen in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> auf. Die hochgerechneten laufenden Mehrausgaben bei<br />

den Unternehmen und sonstigen Einrichtungen werden durch die bereits o.g. Gründe bedingt,<br />

zudem sind diese durch entsprechend höhere Einnahmen im laufenden Bereich gedeckt. Deut-<br />

lich niedriger fallen im Land hingegen die investiven Zuweisungen außerhalb des öffentlichen<br />

Sektors im Pro-Kopf-Vergleich unter den neuen Ländern aus.<br />

2.3.1 Personalausgaben<br />

(122) Im Jahr 2007 wies <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im Rahmen des Ländervergleichs pro<br />

Kopf die insgesamt niedrigsten Personalausgaben auf. Wie Abbildung 18 veranschaulicht, ist<br />

dies vor allem auf den Erfolg der Konsolidierungsmaßnahmen seit 2003 sowie die Ausglie-<br />

derungen des Betriebs für Bau und Liegenschaften (BBL), der Universitäten und Hochschulen<br />

sowie der Landesforstanstalt zurückzuführen. Tabelle 15 lässt sich jedoch ebenso entnehmen,<br />

dass im Bereich des aktiven Personals im Vergleich zum Benchmark der finanzschwachen<br />

Westflächenländer in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> immer noch hochgerechnete Mehrausgaben<br />

anfallen. Diese werden zum Teil durch den höheren Anteil der Angestellten an der Gesamt-<br />

zahl der Landesbeschäftigten verursacht, für die Sozialversicherungsabgaben abgeführt<br />

werden müssen. Damit ergeben sich höhere Kosten im Vergleich zu Ländern mit einem höhe-<br />

ren Beamtenanteil.<br />

53 Vgl. Landesfinanzbericht 2007 des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, S. 63 ff., LT-Drs.<br />

5/1040.<br />

51


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(123) Trotz der positiven Entwicklung gegenüber den finanzschwachen Westflächenländern<br />

dürfen die Anstrengungen auf diesem Gebiet nicht verringert werden. Es sind zusätzliche An-<br />

passungen notwendig, da auch diese Vergleichsgruppe strukturelle Haushaltsprobleme auf-<br />

weist und ebenfalls unter Haushaltskonsolidierungszwängen steht.<br />

Abbildung 18: Personalausgaben im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.<br />

(124) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> unterstützt die Bemühungen der Landesregierung um eine<br />

weitere Senkung der Personalausgaben und hat zu diesem Zweck eine Untersuchung der Um-<br />

setzung des Personalkonzepts 2004 vorgenommen (vgl. Kap. IV.1). Er unterbreitet Vorschlä-<br />

ge, die von der Landesregierung im Rahmen des Personalkonzepts 2004 aufgegriffen werden<br />

können, darüber hinaus aber auch für ein künftiges Anschlusskonzept von Bedeutung sind.<br />

(125) Die stellen- und personenbezogene Spezifizierung der Einsparvorgaben des Personal-<br />

konzepts 2004 ist für den nichtministeriellen Bereich Ende 2007 abgeschlossen worden, für<br />

den Bereich der Ministerien soll dies bis Ende <strong>2008</strong> vollzogen sein. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

hält daher eine zeitnahe Fortschreibung des Personalkonzeptes 2004 für möglich und erforder-<br />

lich.<br />

(126) Für das Jahr <strong>2008</strong> ist mit steigenden Personalausgaben zu rechnen. Für die Angestell-<br />

ten bis zur Entgeltgruppe 9 bzw. Beamten bis Besoldungsgruppe A9 erfolgte die Anhebung<br />

des Bemessungssatzes von 92,5 % auf 100 % für das Tarifgebiet Ost 54 zum 01.01.<strong>2008</strong>. Wei-<br />

54 Erhöhung der Entgelte auf das Vergütungsniveau des bisherigen Bundesgebietes.<br />

52<br />

in Euro je EW<br />

1.200<br />

1.100<br />

1.000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

MV<br />

FFW<br />

FO<br />

400<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

terhin erfolgt eine Erhöhung der tariflichen Entgelte um 2,9 % unter Aufrundung auf volle<br />

fünf Euro zum 01.05.<strong>2008</strong>, für die Beamten ist eine entsprechende Anpassung beabsichtigt.<br />

Zudem vollziehen alle übergeleiteten Beschäftigten 55 die Stufenaufstiege zum 01.11.<strong>2008</strong>.<br />

(127) Im Jahr 2009 ist eine weitere Erhöhung der tariflichen Entgelte zu erwarten, da die<br />

Entgelttabellen gem. § 39 Abs. 4e TV-L zum 31.12.<strong>2008</strong> gekündigt werden können. Beim<br />

Bund und den kommunalen Arbeitgebern, die im TVÖD organisiert sind, ist bereits Ende<br />

März eine lineare Tarifsteigerung von bis zu 8,7 % beschlossen worden. Ab 01.01.2010 er-<br />

folgt ebenso die Anhebung des Bemessungssatzes von 92,5 % auf 100 % für das Tarifgebiet<br />

Ost für die Beschäftigten ab Entgeltgruppe 10.<br />

2.3.2 Zinsausgaben<br />

(128) Ungeachtet der erstmaligen Nettotilgung sowie der insgesamt reduzierten Schuldenlast<br />

musste <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> 2007 Zinsausgaben i. H.v. 461 Mio. Euro bzw. 273 Euro<br />

je Einwohner leisten. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Anstieg um rd. 2 Mio. Euro, auf-<br />

grund geringerer bereinigter Gesamtausgaben legte die Zinsausgabenquote 56 im Vorjahresver-<br />

gleich von 6,7 % auf 6,9 % zu.<br />

Abbildung 19: Zinsausgaben im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW<br />

in Euro je EW<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.<br />

55 Übergeleitete Beschäftigte des Landes befinden sich derzeit auf Basis ihres individuellen Vergleichsentgeltes<br />

i.d.R. zwischen den Tabellenentgelten zweier Entwicklungsstufen. Ab dem 01.11.<strong>2008</strong> erhalten die Beschäftigten<br />

das Tabellenentgelt der nächsthöheren Entwicklungsstufe als Grundvergütung.<br />

56 Relation von Zinsausgaben und bereinigten Gesamtausgaben eines Haushaltsjahres.<br />

MV<br />

FFW<br />

FO<br />

53


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Wie Abbildung 19 zeigt, liegt <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> innerhalb des Ländervergleichs im<br />

Mittelfeld. Verzichtet man an dieser Stelle jedoch auf die Bildung von Durchschnitten, nimmt<br />

das Land in der Gruppe der fünf Flächenländer Ost und vier finanzschwachen Flächenländer<br />

West insgesamt Platz 2 ein. Spitzenreiter bleibt auf der einen Seite der Freistaat Sachsen mit<br />

Zinsausgaben von lediglich 123 Euro pro Kopf (Zinsausgabenquote 3,7 %). Dementgegen<br />

liegt keines der verbleibenden drei neuen Länder unterhalb von 300 Euro je Einwohner, in<br />

Sachsen-Anhalt waren es 2007 bspw. 374 Euro (Zinsausgabenquote 9,3 %). Unter den finanz-<br />

schwachen Westflächenländern bleiben Niedersachsen und Rheinland-Pfalz bei den Pro-<br />

Kopf-Zinsausgaben knapp über dem Niveau <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s. Schlusslichter<br />

bilden hier Schleswig-Holstein und Saarland, wo 2007 rd. jeder neunte bzw. jeder achte Euro<br />

aus dem Landeshaushalt allein für Zinszahlungen aufgewendet werden musste.<br />

Rechnet man die Unterschiede bei den Zinsausgaben auf die Einwohnerzahl <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong>s hoch, ergeben sich diese Relationen: Vergleichbare Schulden und damit Zins-<br />

verpflichtungen wie der Freistaat Sachsen hätten 2007 rd. 253 Mio. Euro eingespart, während<br />

Mehrausgaben von rd. 170 Mio. Euro mit einem sachsen-anhaltinischen Verschuldungsniveau<br />

einhergegangen wären. Nachhaltige Haushaltspolitik lohnt also nicht nur für künftige Genera-<br />

tionen, sondern auch in der Gegenwart, indem ersparte Zinsausgaben die Finanzierung von<br />

Zukunftsaufgaben ermöglichen.<br />

(129) Nach dem Ende der mehrjährigen Phase sinkender langfristiger und stagnierender<br />

kurzfristiger Zinsen ging es 2007/08 an den Geld- und Kapitalmärkten vergleichsweise turbu-<br />

lent zu, wie Abbildung 20 zeigt. Bereits zu Jahresbeginn 2007 kam es nach Jahren einer<br />

klassischen, steigenden Zinsstrukturkurve 57 erstmals zu deren vollständigen Abflachung.<br />

57 Zu Details vgl. <strong>Jahresbericht</strong> 2006 Teil 2 des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

54


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 20: Zinsentwicklung vom 02.01.2001 bis 30.04.<strong>2008</strong>, in % p.a.<br />

in %<br />

5,00<br />

4,50<br />

4,00<br />

3,50<br />

3,00<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

Quelle: Europäische Zentralbank, Reuters.<br />

Von diesem Niveau aus stiegen die Zinsen weiter, wobei im langfristigen Bereich, hier abge-<br />

bildet durch die Renditen fünf- und zehnjähriger Bundesanleihen (BUND 5 Jahre 10 Jahre),<br />

bereits im Juli die Jahreshöchststände erreicht waren. Im Anschluss kippte die Zinsstruk-<br />

turkurve in einen teilweise steilen inversen Verlauf ab, bedingt durch heftige Schwankungen<br />

am Geldmarkt im Sog des sich zur globalen Finanzkrise ausweitenden Zusammenbruchs des<br />

Marktes für US-Hypothekendarlehen niedriger Bonität und damit verbundenen Liquiditätsbe-<br />

darfen der Banken. Infolgedessen liegt der p.a.-Zinssatz für (unbesicherte) Dreimonatsgelder<br />

im Handel der Banken untereinander (EURIBOR 3 Monate) bis dato fast einen Prozentpunkt<br />

über dem einer Bundesanleihe mit fünf Jahren Restlaufzeit.<br />

EZB-Haupt-<br />

refinanzierungssatz<br />

EURIBOR 3 Monate<br />

BUND 5 Jahre<br />

BUND 10 Jahre<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 30.04.<strong>2008</strong><br />

(130) Bereits im Landesfinanzbericht 2007 hatte der <strong>Landesrechnungshof</strong> an dieser Stelle<br />

auf die Anforderungen an das Zins- und Schuldenmanagement durch die Länder hingewiesen,<br />

die Auswirkungen solcher Turbulenzen auf die Kreditportfolien und Zinsausgaben zu kom-<br />

pensieren bzw. so gering wie möglich zu halten. Dies gilt im Besonderen für die Länder, die<br />

u.a. mit dem Einsatz von Derivaten die Risikolage und Zinsbelastungen ihrer Schuldenbücher<br />

zu optimieren versuchen. In turbulenten Phasen mit hohen Volatlitäten am Kreditmarkt wie<br />

derzeit ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Strategien gerade gegenläufige Effekte<br />

bewirken können. Seine Einschätzung eines eher konservativen Schuldenmanagements durch<br />

das Land <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> und diesbezüglich zumindest kurzfristig überschaubarer<br />

55


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Risiken sieht der <strong>Landesrechnungshof</strong> für das Jahr 2007 auch darin bestätigt, dass kein signi-<br />

fikanter Anstieg der Zinsausgaben im Vorjahresvergleich festzustellen war.<br />

2.3.3 Investitionsausgaben<br />

(131) Mit 1,11 Mrd. Euro bzw. 658 Euro je Einwohner haben die Investitionen 2007 sowohl<br />

deutlich unter dem Vorjahreswert als auch den Haushaltsplanungen gelegen, wobei letztere<br />

bereits einen Rückgang von rd. 120 Mio. Euro gegenüber 2006 vorgesehen hatten. Ursächlich<br />

dafür ist eine perspektivisch insgesamt rückläufige Investitionstätigkeit des Landes, 2007 hat<br />

sich zudem das zögerliche Anlaufen der Strukturfonds-Programme der neuen EU-Förderperi-<br />

ode bis 2013 ausgewirkt.<br />

Abbildung 21: Investitionsausgaben im Ländervergleich, 1991 bis 2007, in Euro je EW<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.<br />

Wie Abbildung 21 erkennen lässt, hat sich <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> mit dem Investitions-<br />

rückgang um 15 % im Vorjahresvergleich nicht nur vom Durchschnitt der anderen ostdeut-<br />

schen Flächenländer deutlich nach unten abgesetzt. 2007 hat keines der neuen Länder ein-<br />

wohnerbezogen weniger investiert, wobei Sachsen hier nach wie vor positiv aus der Ver-<br />

gleichsgruppe hervorsticht, wenngleich auch der Freistaat rd. 11 % weniger investiv ausgege-<br />

ben hat als 2006. Aus Sicht des Finanzministeriums wird diese Einschätzung für Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong> relativiert, sofern man sich nur auf die bedeutsamen Sachinvestitionen fo-<br />

kussiert: hier konnte das Land im einwohnerbezogenen Vergleich der ostdeutschen Flächen-<br />

länder auch 2007 nach wie vor den zweithöchsten Wert ausweisen. Der Anstieg der Investi-<br />

56<br />

in Euro je EW<br />

1.200<br />

1.100<br />

1.000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

MV<br />

FFW<br />

FO<br />

200<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

tionsausgaben der finanzschwachen Westflächenländer im Jahr 2007 um rd. 50 Euro je Ein-<br />

wohner beruht im Wesentlichen auf dem Erwerb von Beteiligungen durch das Land Nie-<br />

dersachsen i. H. v. rd. 770 Mio. Euro.<br />

(132) Die Investitionsquoten 58 der neuen Länder haben sich infolgedessen gegenüber dem<br />

Vorjahr deutlich reduziert. In <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> sank sie von 19,0 % auf 16,6 %. Im<br />

Durchschnitt der anderen neuen Länder fiel die Quote von 20,5 % auf 19,3 % zurück, wobei<br />

auf Sachsen-Anhalt der niedrigste (16,8 %) und Sachsen der höchste Wert (23,2 %) entfiel. In<br />

den finanzschwachen Flächenländern West erreicht die Investitionsquote mit 9,9 % aufgrund<br />

des o.g. Einmaleffektes den höchsten Stand seit vier Jahren.<br />

(133) Wie Tabelle 16 zeigt, hat sich auch 2007 am Trend der Vorjahre, dass die errechneten<br />

eigenfinanzierten Investitionen auf der Landesebene <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s zurückge-<br />

hen, nichts geändert. Im Vorjahresvergleich lässt sich zudem erkennen, wie die niedrigeren<br />

investiven Ausgaben mit geringen investiven Zuweisungen und Zuschüssen einhergegangen<br />

sind. Aus den Haushaltsplanungen ist ebenso ersichtlich, dass sich an der rückläufigen Eigen-<br />

finanzierungskraft für Investitionen zunächst wenig ändern soll.<br />

Tabelle 16: Eigenfinanzierte Investitionen und Einhaltung der Regelkreditobergrenze gemäß Art. 65<br />

Verfassung des Landes M-V, 2003 bis <strong>2008</strong>, in Mio. Euro<br />

Ist 2003 Ist 2004 Ist 2005 Ist 2006 Ist 2007 Soll <strong>2008</strong><br />

Investitionsausgaben 1.490,5 1.343,0 1.288,4 1.299,9 1.110,3 1.170,1<br />

abzgl. investive Zuweisungen und Zuschüsse 621,4 548,4 671,1 674,6 511,0 585,9<br />

= Eigenfinanzierte Investitionen<br />

(Regelkreditobergrenze gem. Art. 65 Abs. 2 Verf. M-<br />

V) 869,1 794,6 617,3 625,3 599,3 584,2<br />

abzgl. investiv zu verwendender Anteil der SoBEZ<br />

(54 % (2003, 2004) bzw. 85 % (ab 2005)) 600,8 600,8 943,3 938,4 929,6 915,8<br />

= „bereinigte“ eigenfinanzierte Investitionen 268,3 193,8 0 0 0 0<br />

Quelle. Finanzministerium M-V, eigene Darstellung.<br />

(134) Im Hinblick auf die Einhaltung dieser als verfassungsmäßige Regelkreditobergrenze<br />

definierten Größe ist zu beachten, dass die Gewährung der SoBEZ gemäß § 11 Abs. 4 bzw.<br />

Abs. 3 FAG (seit 2005) dem Land hier derzeit erheblich größere Spielräume offenbart: diese<br />

werden haushaltssystematisch statt als investive als laufende Einnahmen (allgemeinen De-<br />

ckungsmittel) ausgereicht, obwohl sich aus den gesetzlichen Grundlagen des FAG eine Pflicht<br />

58 Relation von Investitionsausgaben und bereinigten Gesamtausgaben eines Haushaltsjahres.<br />

57


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

zu ihrer anteiligen (85 %) investiven Verwendung ableitet. 59 Da die Mittel insofern nicht von<br />

den Investitionsausgaben insgesamt subtrahiert werden, um die eigenfinanzierten Investi-<br />

tionen zu berechnen, sind letztere dementsprechend um die Solidarpaktmittel überhöht ausge-<br />

wiesen.<br />

Bei der modellhaften Bereinigung um diesen Effekt, der 2020 mit dem Ende des Solidarpak-<br />

tes nicht mehr wirksam wird, lassen sich für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> bereits seit 2005<br />

keine selbst erbrachten eigenfinanzierten Investitionen nachweisen, wie die entsprechende<br />

Zeile in Tabelle 16 zeigt. Die gesamten investiven Ausgaben des Landes sind vollständig<br />

durch Zuweisungen, vor allem von Bund und EU, finanziert worden.<br />

2.4 Solidarpakt und Fortschrittsberichte „Aufbau Ost“<br />

(135) Vorgabe der Solidarpaktverhandlungen war die Bewältigung des Aufbau Ost bis 2020<br />

mit dem vereinbarten finanziellen Rahmen von 156 Mrd. Euro. Die neuen Länder haben sich<br />

dahingehend gesetzlich verpflichtet, in jährlichen Fortschrittsberichten „Aufbau Ost“<br />

• die Fortschritte bei der Schließung der Infrastrukturlücke,<br />

• die Verwendung der erhaltenen SoBEZ sowie<br />

• die finanzwirtschaftliche Entwicklung der Länder- und Kommunalhaushalte<br />

einschließlich der Begrenzung der Neuverschuldung darzulegen.<br />

(136) Vor der Erstellung der ersten Berichte für 2002 wurden die Berichtsinhalte zwischen<br />

dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) und den Finanzministerien der neuen Länder<br />

weitergehend präzisiert. Hierbei wurde auch das Schema zur Nachweisführung der gem.<br />

§ 11 Abs. 4 FAG (2002 bis 2004) bzw. § 11 Abs. 3 FAG (seit 2005) erhaltenen SoBEZ 60 fest-<br />

gelegt.<br />

Wie Abbildung 22 erkennen lässt, hat nach der Zeit relativ stabiler SoBEZ-Zahlungen mit<br />

Ablauf des vergangenen Jahres die spürbare Degression der Solidarpaktmittel begonnen.<br />

Allein im Vergleich mit 2007 werden dem Land 2009 bereits rd. 92 Mio. Euro Einnahmen<br />

59 Im FAG sind keine expliziten prozentualen Verwendungsvorgaben enthalten. Insofern sind die 85 % als der<br />

Wert aufzufassen, der sich bei der gegenwärtigen Höhe der SoBEZ erfahrungsgemäß aus der Differenz des<br />

Gesamtbetrages (100 %) und der zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft (UKF) bestimmten<br />

SoBEZ (15 %) ergibt. Das Finanzministerium weist darauf hin, dass im Zuge des Rückgangs der<br />

Solidarpaktmittel der Anteil der UKF tendenziell zunehmen wird.<br />

60 Vgl. Fortschrittsbericht „Aufbau Ost“ des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> 2006, Anlage 5.<br />

58


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

fehlen, bevor sich der SoBEZ-Rückgang mit Jahresscheiben i. H. v. ca. 80 Mio. Euro bis zum<br />

endgültigen Auslaufen 2020 kontinuierlich fortsetzen wird.<br />

Abbildung 22: SoBEZ-Zahlungen an MV bis 2019 (Korb I), in Mio. Euro<br />

in Mio. Euro<br />

1.200 1.113 1.110 1.104 1.094 1.077<br />

1.000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1.002<br />

2004 2006 <strong>2008</strong> 2010 2012 2014 2016 2018 2020<br />

2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019<br />

Quelle: § 11 Abs. 3 Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern; eigene Berechnungen.<br />

(137) <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> konnte seine Nachweisquoten für zweckgerecht verwen-<br />

dete Solidarpaktmittel seit dem Tiefpunkt 2003 kontinuierlich verbessern, auch unter dem<br />

Aspekt des Wegfalls der Nachweiskategorie „teilungsbedingte Sonderlasten“ mit dem Jahr<br />

2005 (vgl. Punkt c in Tabelle 17) für den gesamten Betrachtungszeitraum.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat unter Nutzung von vorläufigen Daten, welche vom Finanzminis-<br />

terium zur Verfügung gestellt wurden, die Nachweisquote(n) für 2007 berechnet. Für Meck-<br />

lenburg-<strong>Vorpommern</strong> wird demnach ein vollständig zweckgerechter Mitteleinsatz belegt.<br />

Tabelle 17: SoBEZ-Nachweisquoten für MV 2003 bis 2007 61<br />

2003 2004 2005 2006 2007<br />

a) aus SoBEZ finanzierte Infrastrukturinvestitionen 20 % 32 % 47 % 82 % 100 %<br />

b) Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft<br />

20 % 24 % 15 % 13 % 15 %<br />

c) Ausgleich teilungsbedingter Sonderlasten 25 % 24 % entfallen entfallen entfallen<br />

Nachweisquote insgesamt 65 % 80 % 61 % 95 % 115 %<br />

Quelle: Fortschrittsberichte „Aufbau Ost“ des BMF (2003-2006), eigene Berechnungen (2007).<br />

921<br />

846<br />

61 Für methodische Erläuterungen zu den einzelnen Positionen a) bis c) vgl. Landesfinanzbericht 2007 des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, S. 48, 49, LT-Drs. 5/1040.<br />

765<br />

690<br />

609<br />

533<br />

453<br />

377<br />

296<br />

221<br />

59


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(138) Neben <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> hatten in den Jahren 2002 bis 2005 alle neuen<br />

Länder – mit Ausnahme Sachsens – erhebliche Probleme bei der Nachweisführung, wie nach-<br />

folgende Abbildung 23 zeigt. Dabei wird auch für die Jahre vor 2005 auf die neue Rechts-<br />

grundlage abgestellt und auf den Ausweis konsumtiver teilungsbedingter Sonderlasten ver-<br />

zichtet. Dadurch lassen sich die Entwicklungstendenzen bei den einzelnen neuen Ländern<br />

besser nachvollziehen.<br />

Abbildung 23: SoBEZ-Nachweisquoten der neuen Länder 2002 bis 2007, in %<br />

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage der Finanzwirtschaftlichen Eckwerte für die Fortschrittsberichte „Aufbau Ost“ des BMF.<br />

(139) Wie im Vorjahr ist auch 2007 eine positive Tendenz bei allen neuen Ländern festzu-<br />

stellen, was im Wesentlichen auf die gute konjunkturelle Entwicklung zurückzuführen ist.<br />

Vor allem die gestiegenen Einnahmen aus Steuern und dem LFA führten dazu, dass Investi-<br />

tionen rechnerisch nicht mehr kreditfinanziert werden mussten. Insofern überlagern sich Kon-<br />

solidierungserfolge bei den laufenden Ausgaben mit auftretenden Konjunktureffekten auf der<br />

Einnahmeseite. 62<br />

(140) Hervorzuheben ist in diesem Kontext die Entwicklung der Mittelverwendung in Meck-<br />

lenburg-<strong>Vorpommern</strong>, das eine deutlichere Verbesserung als Brandenburg, Sachsen-Anhalt<br />

und Thüringen aufweisen kann, indem die Nachweisquote von 40 % (2003) 63 auf nunmehr<br />

62 Das Ansteigen der SoBEZ-Nachweisquote Sachsens im Jahr 2006 war auf die negative Nettokreditaufnahme<br />

von Land und Gemeinden in Höhe von 950 Mio. Euro zurückzuführen, was hauptsächlich aus der Entschuldung<br />

der Landeshauptstadt Dresden durch den Verkauf einer kommunalen Wohnungsgesellschaft resultierte.<br />

63 Ohne Berücksichtigung der bis einschließlich 2004 anrechenbaren „sonstigen teilungsbedingten Sonderlasten“<br />

i. H. v. 26 %.<br />

60<br />

180%<br />

160%<br />

140%<br />

120%<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

0%<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

MV<br />

BB<br />

SN<br />

ST<br />

TH


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

115 % gesteigert wurde. Da alle neuen Länder im gleichen Maße von der positiven kon-<br />

junkturellen Entwicklung profitiert haben, weist dies für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> auf die<br />

größten Konsolidierungsfortschritte in den vergangenen Jahren hin.<br />

(141) Neben <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> ist im vergangenen Jahr auch dem Land Branden-<br />

burg (106 %) und dem Freistaat Thüringen (110 %) eine vollständige Nachweisführung ge-<br />

lungen. Erhebliche Probleme sind trotz leicht positiver Entwicklung in Sachsen-Anhalt zu be-<br />

obachten. Die Nachweisquote für 2007 lag bei lediglich 88 %.<br />

(142) Dass es in den neuen Ländern überwiegend weiterer Konsolidierungserfolge bedarf,<br />

um auch nach Auslaufen des Solidarpaktes ab dem Jahr 2020 weiter investitionsfähig zu<br />

bleiben, zeigt der Saldo der laufenden Rechnung. Er wird als Differenz der Summe von<br />

laufenden Einnahmen (Steuern, LFA, lfd. Zuweisungen und Zuschüsse usw.) und laufenden<br />

Ausgaben (Personal-, Zins-, Sach- und Fachausgaben, kommunaler Finanzausgleich etc.) im<br />

Landeshaushalt berechnet. Ein positiver Saldo der laufenden Rechnung liegt vor, wenn die<br />

Höhe der betreffenden Einnahmen die der Ausgaben übersteigt, nur dann verfügt das Land<br />

über eigene Finanzierungsmittel für Investitionen.<br />

(143) In den neuen Ländern wird dieser Effekt erst mit Wegfall der SoBEZ vollständig wirk-<br />

sam werden. Derzeit ermöglichen die als laufende Einnahmen gewährten Solidarpaktmittel<br />

die Substitution eigenfinanzierter Investitionen und entsprechend erheblich positive Salden<br />

der laufenden Rechnung. Wie die Abbildungen 13 und 24 verdeutlichen, konnten die ostdeut-<br />

schen Länder mit Ausnahme Sachsen-Anhalts ihre laufenden Haushalte 2007 mit Pro-Kopf-<br />

Überschüssen abschließen, die über dem Niveau des als finanzpolitischer Primus geltenden<br />

Freistaates Bayern lagen. <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> erreicht mit rd. 529 Euro je Einwohner<br />

das drittbeste Resultat im Vergleich aller Flächenländer.<br />

61


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 24: Unbereinigte Salden der laufenden Rechnung nach Ländern (ohne Stadtstaaten), 2007,<br />

in Euro je EW 64<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.<br />

Bereinigt man jedoch den Saldo der laufenden Rechnung um den gegenwärtig investiv zu<br />

verwendenden Anteil i. H. v. 85 % 65 der derzeit noch vorhandenen SoBEZ – um heute den fi-<br />

nanzwirtschaftlichen Status quo ab 2020 vorwegzunehmen – verschiebt sich das Bild<br />

erheblich.<br />

64 Die Darstellung in den Abbildungen 24 und 25 folgt der Methodik der Finanzstatistik, d. h. Einnahmen aus<br />

Veräußerungserlösen oder Rückflüsse aus Darlehen werden nicht den laufenden Einnahmen zugerechnet. Dementgegen<br />

ermittelt das Finanzministerium den Saldo der laufenden Rechnung im Landeshaushalt aus der<br />

Summe aller laufenden Einnahmen (Hauptgruppe 1, 2) und laufenden Ausgaben (Hauptgruppe 4, 5, 6). Bei<br />

dieser Betrachtung sind die hier ausgewiesenen Werte für <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> (2007) noch um jeweils<br />

56 Euro je Einwohner unterzeichnet dargestellt.<br />

65 Vgl. § 11 Abs. 3 FAG bzw. Tz. 134.<br />

62<br />

Euro je EW<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

-300<br />

313<br />

420<br />

550<br />

24<br />

529<br />

-5<br />

94<br />

BW BY BB HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH<br />

145<br />

-128<br />

7 5 2 11 3 12 9 8 13 1 6 10 4<br />

– Rangfolge –<br />

878<br />

383<br />

54<br />

519


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abbildung 25: Bereinigte Salden der laufenden Rechnung nach Ländern (ohne Stadtstaaten), 2007,<br />

in Euro je EW<br />

Euro je EW<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

-300<br />

313<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.<br />

(144) Lediglich dem Freistaat Sachsen gelingt es dann noch, in die Phalanx Baden-Württem-<br />

bergs und Bayerns vorzustoßen und einen signifikanten Eigenfinanzierungsbeitrag für Investi-<br />

tionen zu leisten. Die übrigen neuen Länder fallen in den Bereich der Vergleichsgruppe der fi-<br />

nanzschwachen Westflächenländer zurück, Sachsen-Anhalt rutscht deutlich auf den letzten<br />

Platz ab. Auch <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> hat es im Rahmen dieser Modellrechnung 2007<br />

nicht geschafft, den laufenden Haushalt mit einem Überschuss abzuschließen, wenngleich<br />

sich das Ergebnis wie bei den meisten Ländern im Sog der sehr guten Einnahmeentwicklung<br />

gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert hat. Um z.B. den Abstand zu Schleswig-Holstein<br />

aufzuholen, hätte es im Betrachtungszeitraum auf Basis der Differenz von rd. 76 Euro je Ein-<br />

wohner hochgerechnet noch einmal knapp 130 Mio. Euro niedrigerer laufender Ausgaben des<br />

Landes bedurft. Die Zahlen belegen die Notwendigkeit weiterer Konsolidierungsmaßnahmen<br />

im Landeshaushalt.<br />

420<br />

53<br />

24<br />

-22 -5<br />

BW BY BB HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH<br />

(145) Aufgrund der Konsolidierungsfortschritte hat sich damit das einwohnerbezogene Aus-<br />

gabendifferenzial zu Schleswig-Holstein gegenüber den Vorjahren zwar weiter verringert<br />

(2005: rd. 207 Mio. Euro, 2006: rd. 163 Mio. Euro). Dennoch erscheint es unverändert gebo-<br />

ten, gerade in Zeiten sehr guter Einnahmen konsequent auf den zügigen Abbau der ver-<br />

bleibenden Mehrausgaben hinzuarbeiten, sollen zukünftige Haushaltsprobleme nachhaltig<br />

vermieden werden. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat in seinen vergangenen <strong>Jahresbericht</strong>en<br />

94<br />

145<br />

-128<br />

335<br />

-189<br />

3 1 7 8 10 9 5 4 12 2 13 6 11<br />

– Rangfolge –<br />

54<br />

-29<br />

63


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

immer wieder weitere Konsolidierungsmaßnahmen im notwendigen Umfang gefordert 66 ,<br />

denen nicht in allen Punkten Rechnung getragen worden ist.<br />

(146) Ein wesentlicher Baustein, um die laufenden Ausgaben des Landes weiter zu redu-<br />

zieren, stellt die kritische Überprüfung bestehender Landesleistungsgesetze und Landespro-<br />

gramme dar. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt insofern den von der Landesregierung be-<br />

gonnenen länderübergreifenden Vergleich der Standards bei Leistungsgesetzen und Landes-<br />

programmen. Neben den im Vordergrund stehenden Leistungsniveaus sollte für den Haus-<br />

haltsgesetzgeber auch die Frage der Ausgabenflexibilität beachtet werden. Diesbezüglich<br />

empfiehlt der <strong>Landesrechnungshof</strong>, künftig von der Normierung von konkreten Ausgabenpla-<br />

fonds in den Leistungsgesetzen abzusehen. Stattdessen sollten Ausgaben in den jeweiligen<br />

Leistungsgesetzen nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsplanes erfolgen. Dem Aspekt der<br />

Planungssicherheit kann dabei durch Ausbringung von in der Höhe angemessenen Verpflich-<br />

tungsermächtigungen Rechnung getragen werden.<br />

2.5 Strukturelles Defizit im Landeshaushalt<br />

(147) Unter „strukturellem Defizit“ wird in der Finanzwissenschaft üblicherweise jenes jah-<br />

resbezogene Defizit verstanden, welches sich ergibt, wenn temporäre Sondereffekte und kon-<br />

junkturelle Einflüsse bereinigt werden.<br />

(148) Das Finanzministerium <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> weist regelmäßig ein „struk-<br />

turelles Defizit“ für den Landeshaushalt aus, wobei die laufenden Einnahmen um die nur<br />

temporär verfügbaren SoBEZ-Mittel bereinigt werden. Dabei wird von den Einnahmen der<br />

laufenden Rechnung der investiv zu verwendende Teil der SoBEZ gem. § 11 Abs. 3 FAG von<br />

85 % abgezogen. Auf diese Weise wird die finanzwirtschaftliche Situation ohne die Solidar-<br />

paktmittel und damit der Handlungsbedarf, der sich aus dem schrittweisen Rückgang dieser<br />

Finanzmittel bis 2020 ergibt, verdeutlicht.<br />

Die Darstellung des Finanzministeriums lässt gleichzeitig offen, in welchem Maße Ver-<br />

änderungen des „strukturellen Defizits“ durch Konsolidierungsschritte auf der Einnahmen- 67<br />

66 Vgl. u. a. Landesfinanzbericht 2007 des <strong>Landesrechnungshof</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, Tzn. 106, 127,<br />

LT-Drs. 5/1040.<br />

67 V. a. Steuerrechtsänderungen, z. B. Erhöhung des Regelsatzes der Steuern vom Umsatz von 16 auf 19 % zum<br />

01.01.2007.<br />

64


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

bzw. der Ausgabenseite zurückzuführen sind und welche Effekte auf die wirtschaftliche bzw.<br />

konjunkturelle Entwicklung entfallen.<br />

(149) In diesem Zusammenhang verweist der <strong>Landesrechnungshof</strong> auf die gängigen Berech-<br />

nungen des strukturellen Defizits, etwa des Sachverständigenrates zur Begutachtung der ge-<br />

samtwirtschaftlichen Entwicklung im Jahresgutachten 2007/<strong>2008</strong>. 68 Dabei wird das Finan-<br />

zierungssaldo nach Finanzstatistik um einmalige Sondereffekte und konjunkturelle Einflüsse<br />

bereinigt. Temporäre Sonderausgaben bzw. Sondereinnahmen (u. a. SoBEZ) mindern bzw.<br />

erhöhen den im strukturellen Defizit ausgewiesenen Konsolidierungsbedarf. Die gleiche Fest-<br />

stellung ist für durch Konjunktureinflüsse hervorgerufene Einnahme- und Ausgabenver-<br />

änderungen in den Haushalten zu treffen. Über den Konjunkturzyklus hinweg über- oder un-<br />

terzeichnen sie den strukturellen Handlungsbedarf. Ein Konsolidierungsbedarf besteht dem-<br />

nach für den Teil des Defizits, der weder konjunkturell bedingt noch auf zeitlich befristete<br />

Maßnahmen zurückzuführen ist. 69<br />

(150) Wie aus Abbildung 26 deutlich wird, war gemäß Sachverständigenrat die positive<br />

Entwicklung von 2005 auf 2006 maßgeblich auf konjunkturelle Effekte zurückzuführen. Die<br />

Verbesserung bzw. Reduzierung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos um 1,8 Prozent-<br />

punkte resultiert zur Hälfte daraus. Ebenso deutlich, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen,<br />

war der Einfluss der Konjunktur auf das Finanzierungssaldo 2003. Eine Verschlechterung des<br />

Finanzierungssaldos um 0,4 Prozent ergab sich daraus, dass die geringfügige Rückführung<br />

des strukturellen Defizits durch einen negativen Konjunkturimpuls überkompensiert wurde.<br />

68 Ähnliche Methoden zur Ermittlung des strukturellen Defizits werden von der Deutschen Bundesbank, der<br />

EU-Kommission (EU) sowie der OECD genutzt.<br />

69 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2007/<br />

<strong>2008</strong>: Berechnung des strukturellen Defizits im disaggregierten Verfahren, 2007, S. 508-512.<br />

65


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 26: Veränderung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und seiner Komponenten,<br />

2003-2007<br />

Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.<br />

(151) Was bedeuten diese Überlegungen für den Landeshaushalt von <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpom-<br />

mern? Im gleichen Maße, wie der konjunkturelle Effekt die gesamtstaatlichen Steuerein-<br />

nahmen beeinflusst, wirkt er sich auch auf die Einnahmen des Landes aus. Der Anteil Meck-<br />

lenburg-<strong>Vorpommern</strong>s am Konjunktureffekt insgesamt lässt sich über zwei Stufen näherungs-<br />

weise errechnen. Die Länder haben einen relativ konstanten Anteil von rund 40 % an den ge-<br />

samten Steuereinnahmen. Durch den weitgehend einwohnerbezogenen Umverteilungsme-<br />

chanismus des Länderfinanzausgleichs hat <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> hieran wiederum einen<br />

nahezu gleichbleibenden Anteil von rd. 2 %.<br />

(152) Rückblickend ist zu konstatieren, dass das strukturelle Defizit zwischen 2003 und<br />

2006 aufgrund des negativen konjunkturellen Effekts überzeichnet war, d. h. die volkswirt-<br />

schaftliche Auslastung lag – bei rückläufiger Tendenz – unterhalb des Normalniveaus. Seit<br />

2007 befindet sich die Volkswirtschaft oberhalb der Normalauslastung. Dieser positive kon-<br />

junkturelle Effekt bewirkt, dass das strukturelle Defizit im Landeshaushalt unterzeichnet wird.<br />

(153) Um die Stärke des Konjunktureffekts auf die jeweilige jährliche Entwicklung des<br />

Landeshaushalts beurteilen zu können, werden in Abbildung 27 die jahresbezogene absolute<br />

Änderung des konjunkturellen Effekts und des „strukturellen Defizits“ in der Abgrenzung des<br />

Finanzministeriums für die Jahre 2003 bis 2007 dargestellt. Für 2003 wird deutlich, dass die<br />

Verschlechterung des „strukturellen Defizits“ (-51 Mio. Euro) allein auf den negativen kon-<br />

66<br />

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozentpunkten<br />

2,0%<br />

1,5%<br />

1,0%<br />

0,5%<br />

0,0%<br />

-0,5%<br />

0,6%<br />

0,3%<br />

0,2%<br />

0,1%<br />

-0,5% 0,0% -0,2%<br />

-0,4%<br />

0,4%<br />

1,8%<br />

0,9% 0,9%<br />

1,6%<br />

1,4%<br />

2003 2004 2005 2006 2007<br />

0,3%<br />

Struktureller Finanzierungssaldo<br />

Konjunktur und trans.<br />

Ef f ekte<br />

Finanzierungssaldo


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

junkturellen Impuls (-52 Mio. Euro) zurückzuführen war. Die Verbesserungen in Folgejahren<br />

kamen trotz zunehmender konjunktureller Belastung des Haushaltes (2005) bzw. mit Unter-<br />

stützung einer zunehmenden wirtschaftlichen Dynamik (2006/2007) zustande. Im Jahr 2006.<br />

wurde das „strukturelle Defizit“ nach Darstellung des Finanzministeriums um 459 Mio. Euro<br />

verringert, wobei davon mindestens 72 Mio. Euro dem Konjunktureffekt zuzurechnen sind.<br />

Dieser Wert – abgeleitet aus den vorliegenden Berechnungen des Sachverständigenrates - un-<br />

terzeichnet tendenziell den tatsächlichen Einfluss des wirtschaftlichen Aufschwungs 2006. 70<br />

Abbildung 27: Jährliche Änderungen des strukturellen Defizits und des Konjunktureffektes 71 , 2003 bis<br />

2007, in Mio. Euro<br />

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozentpunkten<br />

2,0%<br />

1,5%<br />

1,0%<br />

0,5%<br />

0,0%<br />

-0,5%<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Berechnungen.<br />

(154) Die Entwicklung im Betrachtungszeitraum zeigt, dass außer der Bereinigung um<br />

temporäre Sondereffekte grundsätzlich auch eine Konjunkturbereinigung notwendig wäre, um<br />

das strukturelle Defizit im Landeshaushalt abzubilden. Diese begründen sich in ausgabesei-<br />

tigen Konsolidierungsmaßnahmen der Landesregierung, aber auch in strukturellen Verbesse-<br />

rungen der Einnahmeseite. Insbesondere ist hier auf die erfolgten steuerrechtlichen Maß-<br />

nahmen zu verweisen.<br />

0,6%<br />

0,1%<br />

-0,5%<br />

0,3%<br />

0,2%<br />

0,0%<br />

0,4%<br />

-0,2%<br />

-0,4%<br />

0,9% 0,9%<br />

2003 2004 2005 2006 2007<br />

70 Bundesministerium der Finanzen, Monatsbericht Dezember 2007, S. 48: „Die gewinnabhängigen Steuern,<br />

aber auch die Umsatzsteuer haben im Jahr 2006 sehr viel stärker zugenommen, als es unter Anwendung der<br />

standardmäßigen Budgetsensitivität des verwendeten Konjunkturbereinigungsverfahrens infolge der wirtschaftlichen<br />

Belebung zu erwarten gewesen wäre. Die Folge war ein Anstieg der volkswirtschaftlichen<br />

Steuerquote im Jahr 2006 um rd. einen Prozentpunkt. Es ist a priori jedoch keineswegs eindeutig zu klären,<br />

ob z. B. der dahinter liegende Anstieg der Unternehmensgewinne letztlich tatsächlich eher strukturell oder<br />

eher konjunkturell begründet ist.“<br />

71 Abhängig von der Herangehensweise hinsichtlich der Elastizität wurde jeweils der höchste Wert dargestellt.<br />

1,8%<br />

1,6%<br />

1,4%<br />

0,3%<br />

Struktureller Finanzierungssaldo<br />

Konjunktur und trans.<br />

Ef f ekte<br />

Finanzierungssaldo<br />

67


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

IV. Feststellungen zur Prüfung der Landesverwaltung<br />

Querschnittsprüfungen<br />

1 Umsetzung des Personalkonzepts 2004 für die Landesverwaltung<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt eine zeitnahe Fortschreibung des Personalkonzepts.<br />

Als Ziel sollte angestrebt werden, die Stellenausstattung des Landes noch unter das Ni-<br />

veau der westlichen Flächenländer zu senken, da <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> spätestens<br />

ab 2020 mit vergleichsweise niedrigeren Einnahmen (aus Steuern, Länderfinanzaus-<br />

gleich und Fehlbetrags- bzw. Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen) rechnen<br />

muss.<br />

Der Anteil der Mehrbedarfe/Überhänge, der durch das Personalkonzept 2004 noch<br />

nicht ausgeglichen bzw. aufgelöst wurde, beträgt 963 Stellen. Diese sollten nach Auf-<br />

fassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es Gegenstand weiterer Stellenabbaubemühungen sein.<br />

Ob auf lange Sicht Mehrbedarfe/Überhänge im Verwaltungsbereich des Landes durch<br />

Minderbedarfe im Lehrerstellenbereich ausgeglichen werden können, ist zumindest<br />

nicht gesichert. Daher sollte das Land in einer längerfristigen Perspektive anstreben,<br />

diese Mehrbedarfe/Überhänge trotz objektiver Grenzen, die sich aus der bevölkerungs-<br />

bezogenen Kleinheit des Landes ergeben, weiter zu reduzieren, um potenzielle Risiken<br />

für den Landeshaushalt ab 2020 zu vermeiden.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(155) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> unterstützt die Bemühungen der Landesregierung um eine<br />

Senkung der Personalausgaben und hat zu diesem Zweck eine Prüfung des Personalkonzepts<br />

2004 vorgenommen. Die örtlichen Erhebungen erstreckten sich auf verschiedene Ministerien<br />

und nachgeordnete Bereiche. In seiner Prüfungsmitteilung unterbreitete der Landesrechnungs-<br />

hof Vorschläge, die von der Landesregierung im Rahmen des Personalkonzeptes 2004 aufge-<br />

griffen werden können, darüber hinaus aber auch für ein künftiges Anschlusskonzept von Be-<br />

deutung sind.<br />

69


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Zielsetzung des Personalkonzepts 2004<br />

(156) In den Jahren bis 2005 hatte die Landesregierung umfangreiche Bemühungen zur Re-<br />

duzierung von Stellen, Beschäftigtenzahl und Personalausgaben unternommen. Dazu gehörten<br />

unter anderem ein mittel- und längerfristiges Personalkonzept für die Landesverwaltung vom<br />

02.12.1993 sowie verschiedene Personalkonzepte für bestimmte Berufsgruppen wie z. B. die<br />

Beschäftigten der Polizei oder die Lehrer. Die Aktivitäten der Landesregierung führten zu<br />

einem Rückgang der Stellen- und Beschäftigtenzahl und seit 2003 erstmalig auch zu einem<br />

Rückgang der absoluten Personalausgaben. Insgesamt reichten die unternommenen An-<br />

strengungen jedoch nicht aus, um die Personalausgaben an die zukünftige Einnahmeentwick-<br />

lung des Landes anzupassen. Die Landesregierung hat daher am 28.01.2005 das Personalkon-<br />

zept 2004 für die Landesverwaltung <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> beschlossen. Es sieht vor, die<br />

Stellenzahl der Landesverwaltung bis zum Jahr 2009 an das Niveau der westlichen Flächen-<br />

länder anzunähern.<br />

(157) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt eine zeitnahe Fortschreibung des Personalkonzep-<br />

ts. Als Ziel sollte angestrebt werden, die Stellenausstattung des Landes unter das Niveau der<br />

westlichen Flächenländer zu senken, da <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> spätestens ab 2020 mit<br />

vergleichsweise niedrigeren Einnahmen (aus Steuern, Länderfinanzausgleich und Fehlbe-<br />

trags- bzw. Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen) rechnen muss. Nachdem die<br />

stellen- und personenmäßige Spezifizierung der Einsparvorgaben für den nichtministeriellen<br />

Bereich bereits Ende 2007 abgeschlossen wurde, könnte die Fortschreibung des Personalkon-<br />

zepts 2004 noch im laufenden Jahr begonnen werden.<br />

2.2 Aufbau des Personalkonzepts 2004<br />

(158) Zur Ermittlung der Zielzahl für den Stellenabbau wurde die Stellenausstattung des<br />

Landes mit der durchschnittlichen Stellenausstattung in den westlichen Flächenländern vergli-<br />

chen. Die Durchführung des einwohnerbezogenen Ländervergleichs ergab für die hiesige<br />

Landesverwaltung ein rechnerisches Reduzierungsziel von 10.500 Stellen. Auf den Bereich<br />

70


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

der Verwaltung im engeren Sinne 72 entfällt hierbei ein Abbauvolumen i. H. v. 8.880 Stellen.<br />

Der einwohnerbezogene Überhang im Lehrerstellenbereich beträgt 1.620 Stellen.<br />

Abbildung 28: Aufbau des Personalkonzepts 2004<br />

10.500 =<br />

1.620<br />

Lehrer<br />

8.880<br />

Verwaltung<br />

im engeren<br />

Sinne<br />

Rechnerischer Stellenüberhang Auflösung des Stellenüberals<br />

Ergebnis des einwohner- hangs durch das Lehrerbezogenen<br />

Vergleichs mit den personalkonzept von 1996<br />

westlichen Flächenländern (LPK) sowie das Personalkonzept<br />

2004<br />

Quelle: Finanzministerium M-V, eigene Darstellung<br />

Mit dem Personalkonzept 2004 wird der auf die Verwaltung im engeren Sinne entfallende<br />

Stellenüberhang (8.880 Stellen) i. H. v. 4.693 Stellen aufgelöst. Nach den Vorgaben des Per-<br />

sonalkonzepts sollte der überwiegende Teil hiervon (3.517 Stellen) bis Ende 2009 abgebaut<br />

werden. Die verbleibenden 1.176 Stellen sollten mit dem Auslaufen der sog. temporären Zu-<br />

satzaufgaben entfallen, d. h. weitgehend in den Jahren 2010 bis 2015. Bei der Verteilung der<br />

Einsparvorgabe i. H. v. 8.880 Stellen auf die einzelnen Organisationsbereiche der Landesver-<br />

waltung diente jeweils die entsprechende Stellenausstattung der Länder Rheinland-Pfalz und<br />

Schleswig-Holstein als Vergleichsgrundlage.<br />

3.224<br />

(durch entfallende<br />

Lehrerstellen kompensierteMehrbedarfe/Überhänge<br />

im<br />

Verwaltungsbereich)<br />

4.844<br />

Lehrer<br />

(LPK)<br />

963<br />

(Mehrbedarfe/Überhänge)<br />

4.693<br />

Verwaltung im<br />

engeren Sinne<br />

3.517 bis 2009<br />

1.176 danach<br />

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Einsparung von 4.693 Stellen im Bereich der<br />

Verwaltung im engeren Sinne einen beachtlichen haushaltspolitischen Erfolg darstellt. Unter<br />

72 Ohne Betrieb für Bau und Liegenschaften (BBL M-V), ohne Landgestüt Redefin, ohne Medizinische Fakultäten.<br />

71


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Berücksichtigung der Einsparvorgaben für den Betrieb für Bau und Liegenschaften (BBL M-<br />

V) sowie die Medizinischen Fakultäten erhöht sich das haushaltswirksame Einsparergebnis<br />

sogar noch um 474 Stellen auf insgesamt 5.167 Stellen.<br />

Eine weitere Leistung des Personalkonzepts 2004 besteht in der Identifizierung derjenigen<br />

Verwaltungsbereiche, in denen gegenüber den Vergleichsländern Rheinland-Pfalz und Schles-<br />

wig-Holstein Mehrbedarfe/Überhänge bestehen. Die Mehrbedarfe/Überhänge belaufen sich<br />

auf 4.427 Stellen und resultieren zum Teil aus zusätzlichen, insbesondere teilungsbedingten<br />

Aufgaben, territorialen Besonderheiten (z. B. Straßenlängen, Waldfläche) sowie der Wahrung<br />

eines Mindestpersonalbestandes zur Erfüllung der Aufgaben aufgrund der vergleichsweise<br />

geringen Bevölkerungsgröße des Landes.<br />

Insgesamt gesehen werden die Mehrbedarfe/Überhänge (4.427 Stellen) i. H. v. 3.224 Stellen<br />

durch Minderbedarfe aus dem Lehrerstellenbereich ausgeglichen. Ursächlich für die Minder-<br />

bedarfe im Lehrerstellenbereich ist der gegenüber den Vergleichsländern überproportionale<br />

Rückgang der Schülerzahlen in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

Der Anteil der Mehrbedarfe/Überhänge, der durch das Personalkonzept 2004 noch nicht aus-<br />

geglichen bzw. aufgelöst wurde, beträgt 963 Stellen. Diese sollten nach Auffassung des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es Gegenstand weiterer Stellenabbaubemühungen sein.<br />

Die restlichen Mehrbedarfe/Überhänge gegenüber den Ländern Rheinland-Pfalz und Schles-<br />

wig-Holstein betragen 240 Stellen und wurden nicht in die Abbildung 28 aufgenommen, da<br />

sie das aus dem Stellenvergleich mit den westlichen Flächenländern resultierende Abbauziel<br />

i. H. v. 10.500 Stellen bereits überschreiten.<br />

Ob auf lange Sicht Mehrbedarfe/Überhänge im Verwaltungsbereich des Landes durch<br />

Minderbedarfe im Lehrerstellenbereich ausgeglichen werden können, ist zumindest nicht<br />

gesichert. Daher sollte das Land in einer längerfristigen Perspektive anstreben, diese Mehrbe-<br />

darfe/Überhänge trotz objektiver Grenzen, die sich aus der bevölkerungsbezogenen Kleinheit<br />

des Landes ergeben, weiter zu reduzieren, um potenzielle Risiken für den Landeshaushalt ab<br />

2020 zu vermeiden.<br />

2.3 Potenzial für weitere Stellenreduzierungen<br />

(159) Um das Ziel zu erreichen, die Stellenausstattung des Landes unter das Niveau der<br />

westlichen Flächenländer zu senken, ist es nötig, die Stellenanzahl insgesamt und auch die<br />

72


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Anzahl der anerkannten Mehrbedarfe/Überhänge zu reduzieren. In den Verhandlungen über<br />

das Personalkonzept 2004 hatten alle Ressorts Mehrbedarfe im Vergleich zu Rheinland-Pfalz<br />

und Schleswig-Holstein geltend gemacht, wobei das Innenministerium mit 1.401,3 Stellen für<br />

den nachgeordneten Bereich an der Spitze lag. Erhebliche Mehrbedarfe finden sich darüber<br />

hinaus auch im Bildungsbereich (703,2 Stellen; ohne Lehrer) sowie im Bereich der Ministeri-<br />

alverwaltungen (695 Stellen). Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt den Ressorts, die Mehrbe-<br />

darfe im Zuge der Fortschreibung des Personalkonzeptes 2004 einer aufgabenkritischen Un-<br />

tersuchung zu unterziehen. In dem Folgekonzept sollte außerdem die Vorgabe verankert<br />

werden, dass neue Mehrbedarfe grundsätzlich nur anerkannt werden können, wenn sie durch<br />

Minderbedarfe an anderer Stelle ausgeglichen werden bzw. eine Gegenfinanzierung durch<br />

entsprechende Einnahmesteigerungen erfolgt.<br />

Als geeignete Mittel zur Reduzierung der Stellenzahl kommen sowohl im Bereich der aner-<br />

kannten Mehrbedarfe als auch in den übrigen Teilbereichen der Verwaltung im engeren Sinne<br />

Standardabsenkungen bei der Aufgabenerfüllung, bewusster Aufgabenverzicht, Betriebsüber-<br />

gänge sowie Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Ländern in Frage.<br />

Beispiel 1: Notwendigkeit einer landeseigenen Fachhochschule für öffentliche Verwaltung<br />

Das Land <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> ist durch die Föderalismusreform seit dem 01.09.2006<br />

allein zuständig für das Laufbahnrecht der Beamten des Landes und der Kommunen. In<br />

diesem Zusammenhang sind auch Entscheidungen über eine grundlegende Reform der Be-<br />

amtenausbildung im öffentlichen Dienst zu treffen. Es ist vorstellbar, dass von der bisher<br />

praktizierten Laufbahnausbildung abgewichen und das Laufbahnrecht insoweit novelliert<br />

wird, dass das Fachhochschulstudium im Rahmen des Vorbereitungsdienstes für Beamte des<br />

gehobenen Dienstes externalisiert und der Vorbereitungsdienst zeitlich verkürzt bzw. kom-<br />

plett abgeschafft werden kann. Infolge dieser Entscheidung ist eine Umstrukturierung der<br />

Fachhochschule denkbar, die bis hin zu ihrer kompletten Auflösung reichen könnte. 73<br />

Beispiel 2: Stelleneinsparungen im Bereich der Ministerien<br />

Bei den Ministerien und der Staatskanzlei sollen bis 2009 insgesamt 400 Stellen gestrichen<br />

werden. Die Verteilung der Einsparvorgabe auf die einzelnen Ressorts erfolgte unter anderem<br />

im Wege einer aufgabenkritischen Analyse mit externer Unterstützung durch das Bundesver-<br />

73 Vgl. Rechnungshof Baden-Württemberg, Denkschrift 2007, Beitrag Nr. 5: Ausbildung zum gehobenen<br />

Dienst.<br />

73


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

waltungsamt (BVA). Der <strong>Landesrechnungshof</strong> weist darauf hin, dass die Aufgabenkritik der<br />

Projektgruppe des BVA schwerpunktmäßig den Grundsätzen der Zweckkritik folgte. Le-<br />

diglich in Teilbereichen der Analyse der Allgemeinen Verwaltungsaufgaben wurde neben der<br />

zweckkritischen auch eine vollzugskritische Betrachtung angestellt. Es ist deshalb davon aus-<br />

zugehen, dass in allen übrigen Aufgabenbereichen weitere Einsparpotenziale bestehen, die<br />

durch eine Prozessanalyse im Sinne einer Geschäftsprozessoptimierung, durch eine Auslas-<br />

tungsüberprüfung oder durch eine Standardabsenkung in der Aufgabenerfüllung gehoben<br />

werden könnten.<br />

Beispiel 3: Zukauf nicht-hoheitlicher Leistungen<br />

Aufgrund der in der Privatwirtschaft kostengünstigeren tariflichen Gegebenheiten sollten<br />

nicht-hoheitliche Leistungen regelmäßig am Markt zugekauft werden. Das Land müsste den<br />

Unternehmen die fachlichen Standards bei der Aufgabenerfüllung vorgeben, so dass kein zu-<br />

künftiger sanierungserheblicher Substanzverlust eintritt. Bestehende Beschäftigungsverhält-<br />

nisse wären durch Betriebsübergänge nach § 613a BGB überzuleiten. Der Umstrukturierungs-<br />

aufwand wird bei den Betriebsübernehmern zwar kurzfristig zu einem Mehraufwand führen.<br />

Dem müssten jedoch langfristig sinkende Aufwendungen für die Erbringung der Leistung ent-<br />

gegenstehen. Die Umsetzung dieses Modells könnte z. B. im Bereich der Landesforstanstalt<br />

und bei den Nationalparkämtern geprüft werden.<br />

2.4 Instrumente zum Personalabbau<br />

(160) Zum Stichtag 31.12.2007 betreute das Zentrale Personalmanagement (PeM) 661 Über-<br />

hangbeschäftigte, die noch nicht wieder in den Kernbereich vermittelt bzw. zu einem vorzei-<br />

tigen Ausscheiden aus dem Landesdienst motiviert werden konnten. Hierbei handelte es sich<br />

um<br />

74<br />

Hauspersonal des Betriebs für Bau und Liegenschaften M-V 94 Beschäftigte,<br />

Waldarbeiter der Landesforstanstalt und Nationalparkämter 348 Beschäftigte,<br />

Servicekräfte Justizministerium (mittlerer Dienst) 60 Beschäftigte,<br />

Steuerverwaltung (mittlerer Dienst) 68 Beschäftige,<br />

sonstige allgemeine Verwaltung (haupts. mittlerer Dienst) 59 Beschäftigte,<br />

Spezialisten 32 Beschäftigte.


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Im Falle einer Fortschreibung des Personalkonzeptes 2004 ist mit weiteren Überhangbeschäf-<br />

tigten zu rechnen.<br />

(161) Um Möglichkeiten für die Rückführung von Überhangbeschäftigten in den Kernbe-<br />

reich zu schaffen, sollte nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es der Anteil an Teilzeit-<br />

beschäftigung auch außerhalb des Schulbereiches deutlich erhöht werden. Ein Vergleich mit<br />

den Teilzeitquoten anderer Länder zeigt, dass diese bereits über einen wesentlich höheren An-<br />

teil an Teilzeitbeschäftigung verfügen. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt, die Gewährung<br />

einer Zulage oder eines (erweiterten) Kündigungsschutzes zu prüfen, wenn sich Mitarbeiter<br />

des Kernbereichs oder Überhangbeschäftigte bereit erklären, unbefristet Teilzeit 50 % der<br />

tariflichen Wochenarbeitszeit zu arbeiten und dadurch eine Vermittlung von Überhang-<br />

beschäftigten in den Kernbereich ermöglicht wird.<br />

(162) Für ein vorzeitiges Ausscheiden von Mitarbeitern aus dem Kern- bzw. Überhangbe-<br />

reich nutzt die Landesregierung derzeit vor allem die Instrumente übertarifliche Leistungen<br />

(Abfindung, Vorruhestand, Rückkehrgarantie) sowie Altersteilzeit für Beamte und Arbeit-<br />

nehmer.<br />

Insgesamt wird deutlich, dass das Instrument der Altersteilzeit in hohem Maße zum Personal-<br />

abbau beigetragen hat. Die übertariflichen Leistungen wurden dagegen, abgesehen vom Leh-<br />

rerbereich, nur sehr zurückhaltend angenommen.<br />

Begünstigt durch die Altersstruktur in der Landesverwaltung besteht auch in den kommenden<br />

Jahren ein erhebliches Potenzial, um den weiteren Personalabbau vorwiegend über das Instru-<br />

ment der Altersteilzeit zu realisieren.<br />

75


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Abbildung 29: Altersstruktur der Landesverwaltung<br />

Quelle: Zahlfälle des Landesbesoldungsamtes M-V (Beamte inkl. Beamte auf Widerruf und ATZ-Fälle in der Freistellung, inkl. Mitglieder<br />

der Landesregierung, inkl. BBL und Landgestüt Redefin, ohne Anstalten, Körperschaften und Stiftungen, ohne Vorruheständler/Praktikanten/studentische<br />

Hilfskräfte), eigene Berechnungen.<br />

Die Altersstruktur des Personalkörpers in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> ist gekennzeichnet<br />

durch eine Überrepräsentanz in den Altersgruppen 41 bis 60 (wobei in der Altersklasse über<br />

55 ein relativ starker Rückgang festzustellen ist, der auf vorgezogene Eintritte in den Ruhe-<br />

stand zurückgeht). Der Anteil der Beschäftigten in der Altersgruppe 56 bis 65 Jahre steigt in<br />

den nächsten Jahren. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt, dass in den kommenden Jahren ent-<br />

stehende Potenzial von Altersteilzeitberechtigten für weitere Stellenreduzierungen zu nutzen<br />

und mit Hilfe einer Fortschreibung des Personalkonzepts 2004 gezielt zu steuern.<br />

(163) Nach Auffassung des Landesrechnunghofes könnte zudem im Landesbeamtengesetz<br />

bzw. in einer landeseigenen Sonderurlaubsverordnung die Möglichkeit für eine längerfristige<br />

Beurlaubung unter Wegfall der Besoldung geschaffen werden. Der Sonderurlaub könnte dazu<br />

dienen, den Beamten einen zeitweiligen Wechsel in die Privatwirtschaft zu ermöglichen. Die<br />

Tätigkeit in der Privatwirtschaft ist geeignet, das Interesse des Beamten an einer dauerhaften<br />

privatwirtschaftlichen Beschäftigung zu wecken und einen Anreiz für einen Antrag auf<br />

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zu setzen. Zusätzlich wäre darauf zu achten, dass die<br />

Vertretung während der Dauer des Sonderurlaubs durch einen Beschäftigten des Personal-<br />

überhangs erfolgt.<br />

(164) Im Hinblick auf ein vorzeitiges Ausscheiden der zahlenmäßig stark vertretenen Über-<br />

hangbeschäftigten des BBL M-V sowie der Waldarbeiter der Landesforstanstalt und der Na-<br />

76<br />

Anteil an Gesamtbeschäftigten (%)<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

< 20 21–25 26–30 31–35 36–40 41–45 46–50 51–55 56–60 61–65<br />

Alter der Beschäftigten (Jahre)<br />

Ist (2007)<br />

Soll (balanciert)


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

turparkämter sollte nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es geprüft werden, inwieweit die<br />

Arbeitsverhältnisse durch einen Betriebsübergang nach § 613a BGB auf einen privaten Unter-<br />

nehmer übergehen können. Mittelfristig werden diese Aufgaben dann kostengünstiger<br />

erbracht, da die einschlägigen Unternehmen der Privatwirtschaft nicht an das vergleichsweise<br />

hohe Niveau der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst in den unteren Entgeltgruppen ge-<br />

bunden sind.<br />

(165) Als Möglichkeit für den zwischenzeitlichen Einsatz von Überhangpersonal sieht das<br />

Personalkonzept 2004 den Einsatz von Überhangbeschäftigten anstelle der sonst aus Titel<br />

427.01 Beschäftigungsentgelte an Vertretungs- und Aushilfskräfte bezahlten Kräften vor.<br />

Nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es sollte dieser Bereich konsequenter als bisher ver-<br />

folgt werden. Insbesondere könnte der Titel 0725 427.63 im Bereich des Landesamtes für<br />

Kultur und Denkmalpflege gesperrt bzw. als Leertitel ausgebracht werden. Im Haushaltsplan<br />

<strong>2008</strong>/2009 sind dort jeweils rd. 1 Mio. Euro für archäologische Tätigkeiten veranschlagt. Es<br />

handelt sich um Tätigkeiten, die in vielen Fällen von freiwilligen Helfern ohne besondere<br />

Fachkenntnisse oder Qualifikationen wahrgenommen werden. Nach Auffassung des Landes-<br />

rechnungshofes können diese Aufgaben geeigneten Beschäftigten des Personalüberhangs<br />

übertragen werden. Das PeM hätte hier vor allem die Aufgabe, kurzfristig verfügbares Über-<br />

hangpersonal zur Verfügung zu stellen.<br />

(166) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt des Weiteren, von der Möglichkeit der Absenkung<br />

der Arbeitszeit in Verbindung mit dem Kündigungsschutz (§ 3 des Tarifvertrages zur sozialen<br />

Absicherung (TV-SozAb-L) vom 12.10.2006) ab 01.01.2011 keinen Gebrauch mehr zu ma-<br />

chen. Zum einen erfordern die für weitere Stellenreduzierungen notwendigen grundlegenden<br />

Umorganisierungen im personell reduzierten Kernbereich die 100-prozentige Ausschöpfung<br />

aller noch verfügbaren Stellen. Zum anderen können die übertariflichen Leistungen für ein<br />

vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nur dann eine größere Wirksam-<br />

keit entfalten, wenn die Beschäftigten bei ihrer Entscheidung einkalkulieren müssen, dass es<br />

ab 01.01.2011 (bzw. bei Waldarbeitern ab 01.01.2010) keinen Schutz vor betriebsbedingten<br />

Kündigungen mehr geben wird.<br />

2.5 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(167) Das Finanzministerium begrüßt, dass der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Zielrichtung des<br />

Personalkonzepts 2004 unterstützt. Hinsichtlich der Notwendigkeit der Fortschreibung auf-<br />

77


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

grund der anhaltenden demografischen Entwicklung in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> sowie des<br />

auch in den Vergleichsländern sich vollziehenden Personalabbaus besteht Einigkeit. An der<br />

Zielstellung, bis 2020 den durchschnittlichen Stellenbestand der westlichen Flächenländer<br />

möglichst zu unterschreiten, wird festgehalten. Das Finanzministerium ist allerdings der Auf-<br />

fassung, dass eine Fortschreibung erst mit dem Doppelhaushalt 2010/2011 erfolgen soll. Zu-<br />

nächst müssen die Ressorts ihre Kräfte auf die Umsetzung des Personalkonzepts 2004 kon-<br />

zentrieren. Die inhaltlichen Anregungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zur Umsetzung des Per-<br />

sonalabbaus werden vom Finanzministerium im weiteren Verfahren in die Prüfung mit einbe-<br />

zogen.<br />

2.6 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(168) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> wird das Verfahren weiter begleiten.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

78


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2 Einführung der elektronischen Registratur, Vorgangsbearbeitung und<br />

Archivierung<br />

Der Stand der Einführung des IT-Verfahrens DOMEA ® als Basiskomponente des<br />

Masterplans eGovernment ist bislang sehr heterogen. Notwendige Geschäftsprozess-<br />

optimierungen vor der Einführung erfolgten nicht durchgängig.<br />

Die Festlegung des IT-Verfahrens DOMEA ® zum Landesstandard erfolgte ohne vorhe-<br />

rige erfolgreiche Pilotierung und den Nachweis der Gesamtwirtschaftlichkeit. Es be-<br />

stehen Kostensenkungspotenziale durch eine stärkere Standardisierung der bislang ein-<br />

gesetzten ressortspezifischen Verfahren.<br />

Die Kompetenzen des Innen- bzw. Finanzministeriums zur ressortübergreifenden Steue-<br />

rung und Koordinierung des Projektes waren bis zum Abschluss der Prüfung nicht im<br />

notwendigen Umfang gegeben. Der Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> lässt hier deutli-<br />

che Verbesserungen erwarten. Die Zuständigkeiten der fachlich koordinierenden Stelle<br />

im Finanzministerium wurden mit dem Ziel erweitert, bis Ende 2013 das Dokumenten-<br />

management- und Vorgangsbearbeitungssystem DOMEA ® in allen Ministerien und in<br />

der Staatskanzlei einzuführen.<br />

Bei Fortführung des DOMEA ® -Projektes besteht ein grundsätzlicher Regelungsbedarf<br />

zur Gewährleistung eines Zugriffs auf elektronische Akten durch den Landesrechnungs-<br />

hof, um seine Prüfrechte künftig sicherzustellen.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(169) Die Reform der öffentlichen Verwaltung <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s 74 hat u. a. mehr<br />

Leistungsfähigkeit und eine kostengünstigere Aufgabenerledigung zum Ziel. Ein Element der<br />

Verwaltungsreform ist das eGovernment 75 , das dazu beitragen soll, Verwaltungsvorgänge ef-<br />

fizienter abzuwickeln. Ein Projekt des Masterplans eGovernment der Landesregierung ist seit<br />

74 „Eckpunkte zur Reform der öffentlichen Verwaltung im Land <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>“ Kabinettsbeschluss<br />

vom 21.01.2003 – LT-Drs. 4/205 vom 04.02.2003.<br />

75 eGovernment – Die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Gesamtzusammenhang mit Regieren und<br />

Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien<br />

(vgl. von Lucke/Reinermann: Speyerer Definition von Electronic Governance – 2. Auflage, Forschungsinstitut<br />

für öffentliche Verwaltung, Speyer 2002).<br />

79


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2004 die Einführung der ressortübergreifenden Basiskomponente „Schriftgutverwaltung,<br />

elektronische Akte, Workflow-Management“, auch als Projekt „DOMEA ® “ bezeichnet.<br />

Die konzeptionelle Basis für dieses Vorhaben bildete das gleichnamige DOMEA-Konzept der<br />

KBSt 76 , das grundsätzlich ein dreistufiges Einführungsszenario vorsieht:<br />

1. IT-gestützte Schriftgutverwaltung (elektronische Registratur) – Metadaten 77 der<br />

Schriftstücke werden elektronisch erfasst und verwaltet,<br />

2. Aufbau eines elektronischen Aktenbestandes (Nutzung des Aktenbestandes mittels<br />

Lese- und Suchmöglichkeiten) – Schriftstücke werden in elektronischen Akten gespei-<br />

chert und verwaltet,<br />

3. IT-gestützte Vorgangsbearbeitung (elektronische Vorgangsbearbeitung) – Schriftgut<br />

wird ausschließlich elektronisch erstellt, bearbeitet und versandt.<br />

(170) Schwerpunkte der Prüfung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es waren die Organisation und<br />

Durchführung der Einführung der elektronischen Registratur, Vorgangsbearbeitung und Ar-<br />

chivierung in der Landesverwaltung bis hin zur eGovernment-Basiskomponente „DOMEA ® “,<br />

die Festlegung des Produktes DOMEA ® als Landesstandard, die (Gesamt-)Wirtschaftlichkeit<br />

des DOMEA ® -Projektes sowie die technische Umsetzung.<br />

(171) Eine Prüfung der Funktionalität des DOMEA ® -Produktes sowie dessen Softwareergo-<br />

nomie 78 konnte nicht erfolgen. Dem <strong>Landesrechnungshof</strong> konnte von Seiten der Landesver-<br />

waltung kein Zugriff zum DOMEA ® -System bzw. auf die elektronischen Akten für Prüfzwe-<br />

cke zur Verfügung gestellt werden. Diesbezügliche Voraussetzungen sollen gegenwärtig erst<br />

geschaffen werden.<br />

76 DOMEA-Konzept der KBSt – allgemein anerkanntes Konzept für Dokumenten-Management und<br />

elektronische Archivierung in der öffentlichen Verwaltung der Koordinierungs- und Beratungsstelle der<br />

Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung.<br />

77 Metadaten – Absender, Betreff, Datum u. a.<br />

78 Entsprechend der EG-Richtlinie 90/270/EWG sind folgende Kriterien zur Bewertung von Software maßgeblich:<br />

Übersichtlichkeit, Einheitlichkeit, Einfachheit, Flexibilität, Fehlertoleranz, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit,<br />

Arbeitserleichterung.<br />

80


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Stand der Einführung von DOMEA ® in der Landesverwaltung<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(172) Der vom <strong>Landesrechnungshof</strong> insgesamt erhobene finanzielle Aufwand im Zu-<br />

sammenhang mit der Einführung und dem Betrieb von DOMEA ® einschließlich des direkten<br />

Vorverfahrens SINAD in der Landesverwaltung betrug bis Ende 2007 mindestens 1,855 Mio.<br />

Euro 79 . Ein wesentlicher Teil dieser Ausgaben entfiel auf die bislang beschafften 1.470 Lizen-<br />

zen für den Betrieb von DOMEA ® .<br />

(173) Innerhalb der obersten Landesbehörden unterscheidet sich der Stand der Einführung<br />

von DOMEA ® erheblich. Im Jahr 2007 war DOMEA ® im federführenden Finanzministerium,<br />

im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, im Ministerium für Soziales und<br />

Gesundheit sowie in der Staatskanzlei im Einsatz. Mit der Einführung begonnen hatte das<br />

Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung.<br />

(174) Im Finanzministerium, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sowie<br />

dem Ministerium für Soziales und Gesundheit ist die zweite von drei Einführungsstufen be-<br />

reits abgeschlossen. Bislang wurde in keinem Ressort die dritte Stufe der DOMEA ® -<br />

Anwendung, die Vorgangsbearbeitung, eingeführt. Diesbezügliche Planungen bestehen beim<br />

Finanzministerium, das beabsichtigt, ab <strong>2008</strong> die dritte Stufe zu pilotieren. Da die Vorgangs-<br />

bearbeitung noch nicht eingesetzt wird, wurde bislang erst mit der Einbindung eines Fachver-<br />

fahrens (ProFiskal ® -DOMEA ® ) begonnen.<br />

79 Die tatsächlichen Ausgaben sind höher, da die mit DOMEA ® in Zusammenhang stehenden (anteiligen) Hardware-<br />

und Netzkosten durch die Ressorts nicht angegeben wurden bzw. nicht eindeutig zurechenbar sind.<br />

Hinzu kommt der nicht zu beziffernde Personalaufwand in den DOMEA ® einführenden Ressorts.<br />

81


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 18: Ressortübersicht zur DOMEA ® -Einführung (oberste Landesbehörden)<br />

Ressort<br />

Vorverfahren<br />

Stand der DOMEA ® – Einführung<br />

Stufe 1:<br />

Registratur<br />

Staatskanzlei SGVS ja<br />

Registr. ohne<br />

Scannen<br />

Innenministerium Einzelplatz-Datenbanken<br />

in der Registratur<br />

nein<br />

geplant für <strong>2008</strong><br />

Finanzministerium LIMA-Reg (OFD) ja<br />

seit März 2003<br />

Justizministerium LIMA-REG<br />

wurde nicht eingesetzt<br />

Ministerium f. Wirtschaft,<br />

Arbeit und<br />

Tourismus<br />

Ministerium für Landwirtschaft,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz<br />

Bildungsministerium Paradox-Datenbank in<br />

der Registratur<br />

Ministerium f. Verkehr, Bau<br />

und Landesentwicklung<br />

Ministerium f. Soziales und<br />

Gesundheit<br />

Quelle: Eigene Erhebungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es.<br />

nein<br />

WiBe für Stufe 1<br />

negativ<br />

SINAD/DOMEA ® ja<br />

seit Jan. 2006<br />

- nein<br />

geplant für 2007<br />

nein<br />

geplant für <strong>2008</strong><br />

- (ja)<br />

teilweise in 2007<br />

- ja<br />

seit Jan. 2006<br />

Stufe 2:<br />

elektr. Akte / Web-<br />

Search<br />

Stufe 3:<br />

Vorgangsbearbeitung<br />

nein nein<br />

nein nein<br />

ja<br />

seit Dez. 2003<br />

nein<br />

Pilot ab <strong>2008</strong> geplant<br />

nein nein<br />

ja<br />

seit 2006<br />

nein<br />

nein nein<br />

nein nein<br />

(ja)<br />

teilweise in 2007<br />

ja<br />

seit März / Aug.<br />

2007<br />

(175) Von den nachgeordneten Behörden hat bislang der Betrieb für Bau und Liegen-<br />

schaften M-V (BBL M-V) mit der Einführung von DOMEA ® begonnen. In den Staatlichen<br />

Ämtern für Umwelt und Natur (StÄUN) konnte die seit 1995 betriebene Einführung von<br />

DOMEA ® und eine spätere Einbindung von DOMEA ® in Microsoft-Outlook zur Nutzung von<br />

elektronischen Akten nicht erfolgreich abgeschlossen werden.<br />

(176) Wie aus Tabelle 18 ersichtlich, existieren in vier Ministerien bereits elektronische<br />

neben parallel vorgehaltenen papiergebundenen Akten, in der Staatskanzlei werden die pa-<br />

piergebundenen Akten lediglich elektronisch registriert.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(177) In der federführend vom Finanzministerium übersandten Stellungnahme, welche mit<br />

dem Innenministerium und den anderen Ressorts abgestimmt wurde, wird dargelegt, der fest-<br />

gestellte unterschiedliche Einführungsstand von DOMEA ® ergebe sich aus ressortspezifischen<br />

Besonderheiten. Darüber hinaus sei die Zeitdauer auch abhängig vom Umfang des Projektes,<br />

82<br />

nein<br />

nein


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

der Anzahl der Nutzer, den organisatorischen Bedingungen und personellen Kapazitäten. Ins-<br />

gesamt und auch im Vergleich mit anderen Bundesländern wird der festgestellte Stand der<br />

Umsetzung als „angemessen“ bewertet.<br />

(178) Des Weiteren wird auf die aktuelle Beschlusslage der Landesregierung verwiesen.<br />

Entsprechend dem Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> werde das Dokumentenmanagement-<br />

und Vorgangsbearbeitungssystem DOMEA ® (DOMEA ® -DMS/VBS) bis Ende 2013 in allen<br />

Ministerien und in der Staatskanzlei eingeführt. Das Finanzministerium solle entsprechend<br />

der Projektplanung in <strong>2008</strong> die Vorgangsbearbeitung pilotieren und werde die entsprechenden<br />

Konzepte und organisatorischen Rahmenbedingungen für die ressortübergreifende Einführung<br />

erstellen.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(179) Mit dem Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> werden jetzt notwendige organisato-<br />

rische, inhaltliche und zeitliche Rahmenbedingungen geschaffen, um bis Ende 2013 eine er-<br />

folgreiche Umsetzung des ressortübergreifenden Projektes zu ermöglichen.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die Absicht der Landesregierung, bestehende Effizienzpo-<br />

tenziale in der ministerialen Schriftgutverwaltung (Poststellen, Botendienst, Registratur) zu<br />

heben, um damit gleichzeitig notwendige Stelleneinsparungen in den Ministerien und der<br />

Staatskanzlei zu untersetzen.<br />

2.2 Organisatorische Rahmenbedingungen der DOMEA ® -Einführung<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(180) Laut DOMEA-Konzept soll der Einführung einer elektronischen Registratur und<br />

Vorgangsbearbeitung eine Ist-Analyse der Geschäftsprozesse und darauf aufbauend eine<br />

organisatorische Soll-Konzeption vorausgehen.<br />

(181) Von den fünf Ressorts, die DOMEA ® bereits nutzen, haben lediglich zwei auf der<br />

Grundlage einer Ist-Analyse vor der DOMEA ® -Einführung die betroffenen Geschäftsprozesse<br />

optimiert. Das Ministerium für Soziales und Gesundheit und das Ministerium für Verkehr,<br />

Bau und Landesentwicklung sowie die Staatskanzlei haben ihre Organisationsstrukturen erst<br />

im Nachgang angepasst. In den StÄUN scheiterte die Einführung an der beabsichtigten An-<br />

passung von DOMEA ® an vorhandene Verwaltungsabläufe.<br />

83


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.2.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(182) In der Stellungnahme wird die Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es geteilt, wonach<br />

organisatorische Anpassungen der technischen Einführung vorausgehen sollten. Im Sozial-<br />

ministerium seien vor Einführung von DOMEA ® umfangreiche Organisationsuntersuchungen<br />

durchgeführt worden. Darüber hinaus seien im Jahr 2006 alle Ressorts einer umfangreichen<br />

Analyse der Servicebereiche (Registratur, Boten, Postein- und Postausgang) durch das Bun-<br />

desverwaltungsamt (BVA) im Rahmen der Aufgabenkritik unterzogen worden.<br />

(183) Keine Veranlassung habe bestanden, eine Organisationsuntersuchung im Ministerium<br />

für Verkehr, Bau und Landesentwicklung durchzuführen. Nach der Landtagswahl habe für<br />

dieses Ministerium mit der Zuordnung von Abteilungen des Wirtschafts- und Finanzministeri-<br />

ums, die bereits DOMEA ® nutzten, die Notwendigkeit bestanden, die DOMEA ® -Nutzung<br />

fortzuführen.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(184) Die in der Stellungnahme angeführten Organisationsuntersuchungen des Sozialminis-<br />

teriums und der BVA waren nicht DOMEA ® -bezogen und konnten insofern den unbe-<br />

strittenen Anforderungen nicht im notwendigen Umfang gerecht werden.<br />

(185) Im Falle des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung ist nachvollzieh-<br />

bar, dass die Notwendigkeit bestand, den DOMEA ® -Einsatz für die in Folge der Regierungs-<br />

bildung umgesetzten Abteilungen kontinuierlich zu gewährleisten. Organisatorischer Anpas-<br />

sungsbedarf entsteht aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es spätestens mit der DOMEA ® -Ein-<br />

führung in den ehemaligen Abteilungen des Arbeitsministeriums.<br />

(186) Die fachlich koordinierende Stelle im Finanzministerium sollte im Rahmen der jetzt<br />

bestehenden ressortübergreifenden Kompetenzen ein weitestgehend standardisiertes<br />

DOMEA ® -spezifisches Organisationskonzept in den Ministerien und der Staatskanzlei durch-<br />

setzen.<br />

2.3 Pilotierung von DOMEA ®<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(187) Vor der ressortübergreifenden Einführung eines IT-Verfahrens sollte es in einer<br />

Behörde der Landesverwaltung in einem klar definierten und überschaubaren Zeitraum sowie<br />

84


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

unter Vorgabe inhaltlicher Zielstellungen erfolgreich pilotiert werden. Mit einer Pilotierung<br />

kann u. a. festgestellt werden, ob das Verfahren den formulierten Anforderungen entspricht<br />

und welche vermeidbaren Fehler bei der Einführung auftreten können.<br />

(188) Das federführende Finanzministerium, gleichzeitig fachlich koordinierende Stelle für<br />

DOMEA ® , hat als erstes Ressort der Landesverwaltung die erste und zweite Stufe des Verfah-<br />

rens eingeführt. Diese Maßnahme erfolgte nicht auf Grundlage eines Beschlusses zur Pilo-<br />

tierung und wurde nach eigener Auskunft des Finanzministeriums auch nicht als Pilotierung<br />

für die Landesverwaltung begriffen. Anforderungen, die gewöhnlich an eine zur Erprobung<br />

des Verfahrens bestimmte Behörde zu stellen wären, wie einen Abschlussbericht nach Ende<br />

der Pilotphase, blieben somit unerfüllt.<br />

(189) Warum das Finanzministerium keine Pilotierung für die Landesverwaltung vorgenom-<br />

men hat, bleibt insbesondere deswegen unverständlich, da vor Übernahme der Federführung<br />

durch das Finanzministerium vorgesehene Pilotprojekte nicht begonnen wurden (Innenminis-<br />

terium) bzw. scheiterten (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus).<br />

2.3.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(190) Bei Übernahme der Federführung durch das Finanzministerium sei eine Pilotierung<br />

der Einführung einer IT-gestützten Schriftgutverwaltung (1. Stufe – elektronische Registratur)<br />

und des Aufbaus eines elektronischen Aktenbestandes (2. Stufe) nicht für notwendig erachtet<br />

worden. Das Produkt DOMEA ® sei bereits durch die KBSt zertifiziert und in einigen Bundes-<br />

ländern erfolgreich im Einsatz gewesen. Zudem seien mit der Einführung der 1. und 2. Stufe<br />

keine Geschäftsprozesse berührt worden.<br />

(191) Gleichzeitig werde die Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es geteilt, wonach vor der<br />

ressortübergreifenden Einführung ein IT-Verfahren in einer Behörde der Landesverwaltung in<br />

einem klar definierten und überschaubaren Zeitraum sowie unter Vorgabe inhaltlicher Ziel-<br />

stellungen erfolgreich pilotiert werden sollte.<br />

(192) Mit Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> zur Einführung von DOMEA ® -Dokumenten-<br />

management/Vorgangsbearbeitung bis 2013 in allen Ministerien und der Staatskanzlei sei das<br />

Finanzministerium mit der Pilotierung der 3. Stufe beauftragt worden. Das Finanzministerium<br />

beabsichtige, den Pilotbetrieb für die Vorgangsbearbeitung in einer Abteilung einzurichten.<br />

Ziel sei es, „mögliche Arbeitsabläufe vom Posteingang bis zur Archivierung einschl. der Ver-<br />

85


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

tretungszugriffe durchzuspielen und zu erwartende Umstellungsprobleme und Medienbrüche<br />

auszuräumen bzw. zu minimieren“.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(193) Die erfolgreiche Einführung von DOMEA ® in anderen Bundesländern konnte eine<br />

eigene Pilotierung nicht ersetzen. Dies belegt auch die hohe Anzahl von notwendigen Verfah-<br />

rensänderungen in der Einführungsphase im Finanzministerium. Der Verweis darauf, dass die<br />

Einführung der elektronischen Registratur und der Aufbau eines elektronischen Akten-<br />

bestandes in die Geschäftsprozesse nicht eingreife, erschließt sich dem <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

nicht.<br />

(194) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die jetzt beabsichtigte Pilotierung der 3. Stufe (Vor-<br />

gangsbearbeitung) durch das Finanzministerium.<br />

2.4 Wirtschaftlichkeit des DOMEA ® -Einsatzes<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(195) Gemäß VV Nr. 2 zu § 7 LHO sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in der Planungs-<br />

phase einer Maßnahme als auch während der Durchführung und nach dem Abschluss als be-<br />

gleitende bzw. abschließende Erfolgskontrolle durchzuführen. Für eine Maßnahme wie das<br />

DOMEA ® -Projekt, welche den ressortübergreifenden Einsatz eines IT-Verfahrens vorsieht, ist<br />

dementsprechend der Nachweis der Wirtschaftlichkeit für die Landesverwaltung insgesamt zu<br />

erbringen.<br />

(196) Ein diesen Erfordernissen gerecht werdender Nachweis der Gesamtwirtschaftlichkeit<br />

des Projektes DOMEA ® lag den geprüften Maßnahmen nicht zu Grunde. Der stattdessen seit<br />

2002 vom Finanzministerium geforderte Nachweis der ressortbezogenen Einzelwirtschaftlich-<br />

keit steht im Widerspruch zum formulierten Projektziel der landesweiten DOMEA ® -Einfüh-<br />

rung als Basiskomponente der eGovernment-Initiative der Landesregierung. Gleichzeitig<br />

weist die vom Finanzministerium für verbindlich erklärte eigene Musterwirtschaftlichkeitsbe-<br />

trachtung methodische Mängel auf und war nur in beschränktem Maße zur Bewertung einer<br />

ressortbezogenen Wirtschaftlichkeit des DOMEA ® -Einsatzes geeignet.<br />

86


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.4.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(197) In der Stellungnahme wird darauf verwiesen, dass gem. VV Nr. 2 zu § 7 LHO sowohl<br />

Einzel- als auch Gesamtwirtschaftlichkeitsbetrachtungen zulässig seien. Die Landesver-<br />

waltung habe sich mit Beschluss des IMA-IT vom 24.06.2002 dafür entschieden, von den ein-<br />

führenden Ressorts eigenständige Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unter Beachtung der<br />

Ressorthoheit abzuverlangen. Damit würde auch den ressortspezifischen Besonderheiten Ge-<br />

nüge getan.<br />

(198) Nach Abschluss der örtlichen Erhebungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es hat das Finanz-<br />

ministerium mit der Erarbeitung einer ressortübergreifenden „Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />

zu Einführung und Betrieb eines ganzheitlichen DMS/VBS in den Ministerien und der Staats-<br />

kanzlei <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>“ begonnen. Diese wurde dem <strong>Landesrechnungshof</strong> im<br />

Rahmen des Abschlussgespräches übergeben.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(199) Bereits Planungen zum ressortübergreifenden Einsatz von IT-Verfahren sollten künftig<br />

die nach § 7 LHO gebotenen Gesamtwirtschaftlichkeitsbetrachtungen beinhalten. In diesem<br />

Zusammenhang begrüßt der <strong>Landesrechnungshof</strong> die jetzt vorgesehene Einführung des Doku-<br />

mentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssystems DOMEA ® (DOMEA ® -DMS/VBS) in<br />

den Ministerien der Landesverwaltung und in der Staatskanzlei auf der Grundlage einer vor-<br />

liegenden ressortübergreifenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.<br />

2.5 Festlegung des Produktes DOMEA ® als Landesstandard<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(200) Vor einer ressortübergreifenden, kostenträchtigen Implementierung eines IT-Verfah-<br />

rens ist die erfolgreiche Pilotierung und der Nachweis über die Wirtschaftlichkeit gem.<br />

§ 7 LHO geboten, um die Wahrscheinlichkeit kostenträchtiger Fehlentscheidungen zu mini-<br />

mieren.<br />

(201) Die Entscheidung der LKSt 80 für die DOMEA ® -Software als Landesstandard basierte<br />

lediglich auf einer Produktempfehlung der Datenverarbeitungszentrum <strong>Mecklenburg</strong>-Vor-<br />

80 Koordinierungs- und Beratungsstelle für Informations- und Telekommunikationstechnik in der Landesverwaltung.<br />

87


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

pommern GmbH (DVZ). Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren weder durch ein Ressort er-<br />

folgreich pilotiert worden noch lag ein Nachweis für die ressortübergreifende Wirtschaftlich-<br />

keit vor.<br />

(202) Im Rahmen des Entscheidungsverfahrens wurde mehrfach herausgestellt, dass eine<br />

Eilbedürftigkeit gegeben war, da das Land dem am 30.06.2002 auslaufenden Rahmenvertrag<br />

des Bundesinnenministeriums (BMI) mit der Fa. SER Solutions GmbH zur Beschaffung von<br />

DOMEA ® -Lizenzen noch beitreten wollte, um die kostengünstigen Konditionen zu nutzen.<br />

Dem Rahmenvertrag war die DVZ als Generalunternehmer des Landes allerdings bereits über<br />

ein Jahr zuvor, am 27.03.2001, beigetreten. Die Eilbedürftigkeit im Hinblick auf den Beitritt<br />

zum Rahmenvertrag des BMI war unbegründet.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(203) Die Stellungnahme stellt darauf ab, dass der Produktauswahl und der Festlegung des<br />

Landesstandards Erfahrungsberichte (Länderumfrage), die bestätigte Konformität mit dem<br />

DOMEA-Konzept und schließlich die in Auftrag gegebene Produktauswahl des DVZ zu<br />

Grunde lagen. Insoweit habe keine Fehlentscheidung stattgefunden. Im Übrigen wird die Not-<br />

wendigkeit von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen vor Festlegung von IT-Standards verneint.<br />

(204) Der Beitritt des Landes zum Rahmenvertrag des Bundes sei im Auftrag durch die<br />

DVZ erfolgt.<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(205) Die Festlegung von Standards wird vom <strong>Landesrechnungshof</strong> auch als Beitrag zum<br />

wirtschaftlichen Verwaltungshandeln gesehen. Allerdings sollte gewährleistet sein, dass fest-<br />

gelegte Standards den Bedarfen und Anforderungen der Landesverwaltung entsprechen und<br />

das Verfahren prognostisch einen Beitrag zur wirtschaftlicheren Verwendung von Haushalts-<br />

mitteln leistet.<br />

Insofern sollte die Festlegung von Landesstandards künftig an den Nachweis der ressortüber-<br />

greifenden Wirtschaftlichkeit geknüpft sein. Des Weiteren sollte mindestens in einer Behörde<br />

die Eignung des Verfahrens erfolgreich nachgewiesen worden sein. Abweichungen hiervon<br />

bergen die Gefahr vermeidbarer Fehlentscheidungen, die im IT-Bereich regelmäßig erhebli-<br />

che finanzielle Konsequenzen haben.<br />

88


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(206) Die Zweifel an der bestehenden Eilbedürftigkeit können durch die Stellungnahme der<br />

Ministerien nicht ausgeräumt werden.<br />

2.6 Projektmanagement<br />

2.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(207) Das DOMEA ® -Verfahren wurde bislang für jedes Ressort individuell konzipiert und<br />

eingeführt. Dies ergibt sich u. a. aus den voneinander abweichenden ressortspezifischen Re-<br />

gistraturanweisungen, Organisationsstrukturen, Aktenplänen und Aktenzeichen.<br />

Inhaltliche und zeitliche Ziele für einen erfolgreichen Abschluss des Projektes fehlten. Dies<br />

führte zu einer erheblichen Dauer des Projektes, bei dem die Einführung der elektronischen<br />

Vorgangsbearbeitung (3. Stufe) noch nicht begonnen wurde und erst ab <strong>2008</strong> im Finanzminis-<br />

terium pilotiert werden soll. Gleichzeitig haben vier Ressorts (vgl. Tabelle 18) die Einführung<br />

noch nicht einmal begonnen.<br />

(208) Das Finanzministerium als fachlich koordinierende Stelle für die DOMEA ® -Einfüh-<br />

rung hatte bisher nicht die notwendigen ressortübergreifenden (Entscheidungs-) Befugnisse,<br />

um eine zügige Projekteinführung zu bewirken.<br />

2.6.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(209) Das Finanzministerium wendet ein, dass mit der Schaffung einer ressortübergrei-<br />

fenden einheitlichen Basis im Masterplan eGovernment im Jahre 2004 auch erst das ressort-<br />

übergreifende Projekt DOMEA ® begonnen habe. Im Umsetzungsplan zum Masterplan eGo-<br />

vernment wurde das Finanzministerium als fachlich koordinierende Stelle für die ressortüber-<br />

greifende Einführung von DOMEA ® bestimmt. Die Einführung der 3. Stufe der DOMEA ® -<br />

Anwendung, die elektronische Vorgangsbearbeitung, sei noch nicht vorgesehen.<br />

(210) Mit Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> zur Einführung von DOMEA ® -DMS/VBS in<br />

den Ministerien und der Staatskanzlei des Landes M-V seien nunmehr ein verbindlicher Pro-<br />

jektplan beschlossen und dem Finanzministerium die nötigen Kompetenzen für die ressort-<br />

übergreifende Einführung übertragen worden.<br />

89


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(211) Das Projektmanagement sollte künftig bei ressortübergreifenden Vorhaben so gestaltet<br />

werden, dass inhaltliche und zeitliche Meilensteine und konkrete Ziele zum Abschluss des<br />

Projektes vorab festgelegt werden. Ihr Erreichen muss von der mit der Projektsteuerung be-<br />

auftragten Stelle durchsetz- und verantwortbar sein. In diesem Zusammenhang begrüßt der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>, dass mit Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> die Kompetenzen der<br />

fachlich koordinierenden Stelle im Finanzministerium maßgeblich erweitert wurden.<br />

2.7 Zentraler Betrieb von DOMEA ® bei der DVZ<br />

2.7.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(212) Die Wirtschaftlichkeit des DOMEA ® -Verfahrens soll sich u. a. in seinem zentralen Be-<br />

trieb begründen. Das ursprüngliche Konzept einer zentralen Drei-Server-Lösung (zwei Be-<br />

triebsserver und eine Backup-Anlage) hat die DVZ aufgegeben und betreibt gegenwärtig je<br />

einen Applikationsserver pro Ressort. Der Strategiewechsel wird durch die DVZ mit der<br />

Tendenz sinkender Hardwarepreise begründet. Aufgrund des erhöhten personellen Aufwands,<br />

den der Betrieb mehrerer Server verursacht, stehen den geringeren Kosten für die Serverhard-<br />

ware höhere laufende Kosten für die System- und Softwarepflege gegenüber.<br />

(213) Die Kosten für die Bereitstellung des Produktionssystems und die Systembetreuung<br />

sind bislang keiner Degression unterworfen. Die Fixkosten für die Bereitstellung des Produk-<br />

tionssystems bleiben seit 2005 auch bei neu hinzukommenden Ressorts konstant. Die DVZ<br />

begründet dies damit, dass das „... Einsparpotenzial von vornherein bei der Preisbildung be-<br />

rücksichtigt worden [sei]“. Diese Aussage konnte durch die Landesverwaltung nicht un-<br />

tersetzt werden, da entsprechende Kalkulationen nicht vorlagen.<br />

(214) Ressortspezifische Anpassungen sowie unterschiedliche Versionsstände führen zu<br />

einer uneinheitlichen Softwareumgebung. Bei notwendigen (Software-)Updates müssen<br />

ressortspezifische Funktionalitäten regelmäßig mit hohem manuellen Aufwand durch die<br />

DVZ immer wieder eingepflegt werden.<br />

(215) Die entstehenden Kosten für die Bereitstellung des DOMEA ® -Produktionssystems und<br />

für die Systembetreuung wären bei einem tatsächlich zentralen Betrieb des Verfahrens teil-<br />

weise vermeidbar. Erwartete wirtschaftliche Vorteile durch einen zentralen Betrieb werden<br />

nicht vollumfänglich realisiert.<br />

90


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.7.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(216) Laut Finanzministerium hätten erste Planungen 2002 für die Einführung von<br />

DOMEA ® in der Landesverwaltung M-V einen 3-Stufen-Plan zur Grundlage gehabt, nach<br />

welchem alle Ministerien und die Staatskanzlei innerhalb von drei Jahren DOMEA® einge-<br />

führt haben sollten. Von der zu diesem Zeitpunkt präferierten sog. „Drei-Server-Variante“ sei<br />

dann Abstand genommen worden. Begründet wird dies mit sinkenden Hardwarepreisen, der<br />

Abweichung der Einführungen in den Ressorts von dem geplanten Zeitrahmen und der damit<br />

verstärkten Problematik abweichender DOMEA ® -Versionsstände.<br />

(217) Bei der fachlich koordinierenden Stelle seien zudem ressortspezifische Anpassungen<br />

der Software zu beantragen gewesen, um ressortspezifische Ausprägungen und damit auch die<br />

Kosten möglichst gering zu halten.<br />

2.7.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(218) Im Zuge der Fortentwicklung des Projektes sollten Möglichkeiten geprüft werden, um<br />

ressortspezifische Abweichungen zu minimieren. Dazu gehört auch eine weitestgehende<br />

organisatorische Vereinheitlichung der Geschäftsprozesse. Im Ergebnis sollte der Betrieb des<br />

Verfahrens standardisiert und die Anzahl der Applikationsserver verringert werden.<br />

2.8 Lizenzen und Lizenzmanagement<br />

2.8.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(219) Lizenzen wurden teilweise erhebliche Zeit vor ihrem Einsatz bzw. ihrer Aktivierung<br />

beschafft. Damit wurden für diese bei der DVZ beschafften Lizenzen auch Softwarepflege-<br />

kosten i. H. v. jährlich 15 % bzw. 18,5 % der Lizenzkosten gezahlt, obwohl sie nicht genutzt<br />

wurden.<br />

(220) Die steigende Anzahl beschaffter Lizenzen hat bislang nicht zu günstigeren Kon-<br />

ditionen für die Landesverwaltung geführt. Auf Grund des unklaren Gesamtbedarfs für<br />

DOMEA ® -Lizenzen konnte eine Landeslizenz bislang nicht beschafft werden.<br />

2.8.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(221) Die vorfristige Beschaffung von Lizenzen erhebliche Zeit vor ihrem Einsatz sei le-<br />

diglich im Falle einer Behörde aufgetreten.<br />

91


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(222) Zudem wird darauf hingewiesen, dass im Ergebnis gegenwärtiger Verhandlungen eine<br />

Vereinbarung vorliege, die sowohl die Problematik der Mengeneffizienz (die Lizenzen des<br />

Landes zählen als Lizenzen eines Kunden, nicht mehr je Ressort) als auch Themen wie in-<br />

stanzenübergreifende Administratorlizenzen löst. Darüber hinaus liegt ein Angebot für eine<br />

Landeslizenz vor. Dieses sei im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung als das wirt-<br />

schaftlichste Lizenz-Modell bewertet worden.<br />

2.8.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(223) Entgegen der Stellungsnahme handelt es sich bei den festgestellten, vorfristigen Li-<br />

zenzbeschaffungen, die mehrere Monate, zum Teil Jahre vor ihrem Einsatz erfolgten, nicht<br />

um Einzelfälle. Deshalb sollte zukünftig seitens der fachlich koordinierenden Stelle im Fi-<br />

nanzministerium durchgesetzt werden, dass die Beschaffung der benötigten Lizenzen zeitnah<br />

vor dem Einsatz erfolgt.<br />

(224) Die unlängst getroffene Vereinbarung sowie die Überlegungen zum Einsatz einer<br />

Landeslizenz werden begrüßt.<br />

2.9 Aktenführung<br />

2.9.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(225) Die vom Finanz- und Innenministerium sowie dem Ministerium für Landwirtschaft,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz vorgelegten Akten waren teilweise unvollständig. Das Ver-<br />

waltungshandeln war anhand der vorgelegten Akten nicht immer nachvollziehbar. Den An-<br />

forderungen der GGO I an die Aktenführung wird insbesondere durch das Vorhandensein<br />

elektronischer Dokumente neben der Papierakte (sogen. Hybridakten) regelmäßig nicht ent-<br />

sprochen, denn sie erfüllen nicht das Gebot der Aktenmäßigkeit des Verwaltungshandelns.<br />

Unabhängig von der DOMEA ® -Einführung und bedingt durch zunehmenden Einsatz von Bü-<br />

roprogrammen und elektronischer Kommunikation sind in den Behörden zunehmend Hy-<br />

bridakten vorhanden.<br />

(226) Die vorgefundene Praxis der Aktenführung im Finanzministerium beeinträchtigte die<br />

Prüfungsrechte des <strong>Landesrechnungshof</strong>es gem. § 95 Abs. 1 LHO, denn die ursprünglich<br />

vorgelegten Akten stellten den um den elektronischen Bestand verringerten Gesamtakten-<br />

bestand dar. Da Zugriffsrechte auf den elektronischen Aktenbestand im DOMEA ® -Verfahren<br />

92


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

dem <strong>Landesrechnungshof</strong> nicht eingeräumt werden konnten, wurden die Akten im Rahmen<br />

der Prüfung durch Ausdrucke der elektronischen Dokumente ergänzt. Der Landesrechnungs-<br />

hof kann so nicht nachvollziehen, ob ihm alle relevanten Dokumente vorgelegt wurden.<br />

2.9.2 Stellungnahme des Finanzministeriums/Innenministeriums<br />

(227) Die Stellungnahme legt dar, dass grundsätzlich auch hybride Akten den An-<br />

forderungen der GGO I an die Aktenführung entsprächen. Insofern die Papierteilakte und die<br />

elektronische Teilakte zusammen eine vollständige Akte ergeben, sei die Hybridakte nicht un-<br />

vollständig. Allerdings könne das Führen einer Hybridakte nur einen Übergang darstellen und<br />

werde bis zur vollständigen elektronischen Vorgangsbearbeitung und nach Schaffung rechtli-<br />

cher Voraussetzungen abgeschafft. Mit Einführung der Vorgangsbearbeitung – entsprechend<br />

dem Kabinettsbeschluss vom 29.04.<strong>2008</strong> – werde die elektronische Akte zur führenden Akte<br />

erklärt.<br />

2.9.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(228) Die genannten Ressorts sollten zukünftig die Behördenakten mit der erforderlichen<br />

Sorgfalt führen.<br />

(229) Das Finanzministerium entspricht der Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es, dass die<br />

Hybridakte nur eine Übergangslösung sein kann. Das weitere Entstehen von Hybridakten in<br />

allen Ressorts sollte zukünftig ausgeschlossen werden. Die zügige DOMEA ® -Einführung bis<br />

hin zur elektronischen Vorgangsbearbeitung in den Ressorts wäre hierfür eine geeignete Maß-<br />

nahme.<br />

(230) Bei Fortführung des DOMEA ® -Projektes besteht ein grundsätzlicher Regelungsbedarf<br />

zur Gewährleistung eines Zugriffs auf elektronische Akten durch den <strong>Landesrechnungshof</strong>,<br />

um seine Prüfrechte künftig sicherzustellen.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

93


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

3 Arbeitszeitregelungen und Telearbeit, Krankenstand und<br />

Gesundheitsmanagement<br />

In der Arbeitszeitverordnung sollte die Möglichkeit des ganztägigen Zeitausgleichs ein-<br />

geschränkt werden.<br />

Die Einführung alternativer Arbeitszeitmodelle setzt fundierte Wirtschaftlichkeitsunter-<br />

suchungen voraus.<br />

Die Erfassung und Auswertung von Krankenstandsdaten sollte nach einheitlichen Maß-<br />

stäben erfolgen.<br />

Das Gesundheitsmanagement sollte ausgebaut werden. Die Einrichtung eines landes-<br />

eigenen betriebsärztlichen Dienstes ist zu prüfen.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(231) Die Prüfung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es umfasste die Bereiche Arbeitszeitregelungen,<br />

alternative Arbeitszeitmodelle (Telearbeit), Krankenstand und Gesundheitsmanagement. Ziel<br />

der Prüfung war es, festzustellen, wie sich die genannten Regelungsbereiche auf die Arbeits-<br />

zeit der Beschäftigten auswirken und welche Optimierungsmöglichkeiten bestehen.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat hierzu Mitte des Jahres 2006 örtliche Erhebungen in den<br />

obersten Landesbehörden durchgeführt, die überlassenen Informationen und Unterlagen aus-<br />

gewertet sowie Interviews mit den für die Personalsachbearbeitung zuständigen Stellen ge-<br />

führt.<br />

In seinen Bemerkungen bezieht sich der <strong>Landesrechnungshof</strong> auf die bis zum Organisations-<br />

erlass des Ministerpräsidenten vom 05.12.2006 geltende Struktur der Landesregierung.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Arbeitszeitregelungen<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(232) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat die Gleitzeitregelungen von Bund und Ländern zu-<br />

sammengestellt und einem Vergleich unterzogen. Auffällig war, dass die Möglichkeiten,<br />

94


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Arbeitszeitguthaben durch ganztägigen Zeitausgleich abzubauen, bei Bund und Ländern sehr<br />

unterschiedlich geregelt sind. Die überwiegende Anzahl der Länder sowie der Bund begren-<br />

zen in ihren Verordnungen die Möglichkeit eines ganztägigen Zeitausgleichs auf maximal 12<br />

bzw. 24 Tage pro Jahr. In <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> unterliegt die Gewährung eines ganztä-<br />

gigen Zeitausgleichs dagegen keinen gesonderten Beschränkungen durch die AZVO 81 .<br />

(233) Ausgedehnte Möglichkeiten, Arbeitszeitguthaben zu bilden, zu übertragen und auszu-<br />

gleichen, können zwar besonderen dienstlichen Notwendigkeiten in Spitzenzeiten besonders<br />

gerecht werden, wirken jedoch einem jederzeit kontinuierlichen und planbaren Dienstbetrieb<br />

tendenziell entgegen. Beim Ausbalancieren des Zielkonflikts zwischen Flexibilität einerseits<br />

und Präsenz andererseits fällt in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> besonders ins Gewicht, dass den<br />

Angestellten zusätzliche tarifliche Ausgleichstage zustehen. Der Umfang der Abwesenheits-<br />

zeiten befindet sich bereits dadurch auf einem relativ hohen Niveau.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es daher für angemessen, in der AZVO die Möglichkeit des<br />

ganztägigen Zeitausgleichs auf maximal 12 bis 24 Tage im Jahr zu beschränken. Sollte in Ein-<br />

zelfällen wegen eines erheblich schwankenden Arbeitsanfalls eine größere Flexibilität benö-<br />

tigt werden, kann nach wie vor von der Möglichkeit, Arbeitszeitkonten einzurichten bzw. von<br />

der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 AZVO Gebrauch gemacht werden, sofern wichtige<br />

Gründe dies rechtfertigen.<br />

2.1.2 Stellungnahme der Ministerien<br />

(234) Das Innenministerium sieht keine Notwendigkeit zur Begrenzung des ganztägigen<br />

Zeitausgleichs auf maximal 12 bzw. 24 Tage pro Jahr, nur deswegen, weil ein Großteil<br />

anderer Bundesländer und auch der Bund von der genannten Begrenzung Gebrauch machen.<br />

Es sei zudem nicht ersichtlich, dass die Beamten überhaupt 24 Tage für einen ganztägigen<br />

Zeitausgleich in Anspruch nähmen. Die Möglichkeit, Arbeitszeitguthaben in großem Um-<br />

fange anzusammeln, werde bereits dadurch begrenzt, dass das Übertragen von Guthaben über<br />

den Kalendermonat hinaus nur mit bis zu 40 Stunden zulässig sei.<br />

(235) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sieht ebenfalls keine Notwen-<br />

digkeit zur Begrenzung auf 24 Tage. Die Möglichkeit zur Bildung von Zeitguthaben oder<br />

81 Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Land <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> vom 19. Januar 2000,<br />

GVOBl. M-V 2000, 14<br />

95


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Zeitrückständen sei eingerichtet worden, um es den Mitarbeitern zu ermöglichen, auf unter-<br />

schiedliche Arbeitsaufkommen zu reagieren. Somit sei eine große Flexibilität gegeben, um<br />

besonderen dienstlichen Notwendigkeiten in Spitzenzeiten Rechnung zu tragen. Die Gewäh-<br />

rung von Zeitausgleich sei immer beim Dienstvorgesetzten zu beantragen. Dieser entscheide<br />

über die Gewährung nach Abwägung mit den dienstlichen Belangen. Auf diese Weise werde<br />

ein funktionierender Dienstbetrieb ständig gewährleistet. Auch solle die Arbeitszeitver-<br />

kürzung der Angestellten aufgrund des TV M-V 2007 nicht in die Überlegungen mit einbezo-<br />

gen werden, da diese Regelung mit dem 31.12.2009 auslaufe. Diese Abwesenheit der Ange-<br />

stellten beruhe auf tariflichen Vorschriften und liege nicht im Ermessen der Dienststelle oder<br />

des Angestellten.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(236) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung. Eine gesonderte Begrenzung<br />

des ganztägigen Zeitausgleichs in der AZVO auf maximal 12 bis 24 Tage im Jahr ist notwen-<br />

dig, um – unabhängig von den Entscheidungen der jeweiligen Vorgesetzten – ein Mindestmaß<br />

an Präsenz und Kontinuität im Dienstbetrieb sicherzustellen. Die AZVO würde in diesem Fall<br />

nur den äußersten Rahmen festlegen, innerhalb dessen die Vorgesetzten nach wie vor über die<br />

Gewährung von Zeitausgleich entscheiden könnten. Durch die bereits bestehende Begrenzung<br />

in Form der eingeschränkten Übertragbarkeit von Zeitguthaben auf den nächsten Ka-<br />

lendermonat wird die maximal mögliche Anzahl der Ausgleichstage noch nicht im erforderli-<br />

chen Maße reduziert. Im Übrigen trifft zwar zu, dass die tariflichen Ausgleichstage nach<br />

derzeitiger Rechtslage lediglich bis zum 31.12.2009 anfallen. Sie können aber bei der Ge-<br />

samtbetrachtung der Abwesenheitszeiten nicht außer Acht gelassen werden, da sie die<br />

Abwesenheitsquote jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich erhöhen.<br />

2.2 Alternative Arbeitszeitmodelle<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(237) Zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen hatten sechs Ressorts 82 , und zwar das Fi-<br />

nanzministerium, das Innenministerium, das Sozialministerium, das Umweltministerium, das<br />

82 Struktur der Landesregierung vor der mit Erlass des Ministerpräsidenten vom 05.12.2006 festgelegten Neuordnung<br />

der Geschäftsbereiche der Ministerien und der Behördenbezeichnungen (AmtsBl. M-V, S. 894).<br />

96


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Wirtschaftsministerium sowie das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Tele-<br />

bzw. Heimarbeit eingeführt, d. h. entsprechende Dienstvereinbarungen abgeschlossen.<br />

In den betroffenen Ressorts waren ausschließlich Tele- bzw. Heimarbeitsplätze in Form alter-<br />

nierender Heimarbeit eingerichtet worden. Die Bediensteten arbeiteten hierbei mit vereinbar-<br />

ten Anteilen sowohl an ihren Arbeitsplätzen beim Arbeitgeber als auch in ihrer Wohnung,<br />

wobei sie zwischen diesen Arbeitsplätzen wechselten. Es nahmen etwa 75 zumeist weibliche<br />

Bedienstete in Voll- oder Teilzeit an der alternierenden Heimarbeit teil.<br />

(238) Den Ressorts entstanden nach eigener Aussage durch die Gewährung von alternie-<br />

render Heimarbeit keine zusätzlichen Kosten. Nur in Ausnahmefällen seien Laptops aus dem<br />

Bestand zur Verfügung gestellt worden. Das Finanzministerium hat in seinem Abschlussbe-<br />

richt zum Pilotprojekt „Erprobung von Telearbeitsplätzen im Geschäftsbereich des FM unter<br />

Berücksichtigung des Gender Mainstreaming Konzeptes“ festgestellt, dass der Modellversuch<br />

Telearbeit in seinem Geschäftsbereich sehr erfolgreich verlaufen ist. Das Wirtschaftsministe-<br />

rium kam im Rahmen eines „Workshops zum familien- und behindertenfreundlichen Arbeiten<br />

im Geschäftsbereich des WM“ zu dem Ergebnis, dass die Durchführung von Heimarbeit er-<br />

folgreich war.<br />

(239) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> stellte fest, dass außer im Finanzministerium keine belastba-<br />

ren Daten zur Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Arbeitszeitmodelle vorlagen. Studien mit<br />

quantifizierten Darstellungen der Wirtschaftlichkeitspotenziale existierten nicht, die Annah-<br />

men beruhten überwiegend auf subjektiven Einschätzungen.<br />

2.2.2 Stellungnahme der Ministerien<br />

(240) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus erklärt, in seinem Bereich<br />

keine Telearbeit im eigentlichen Sinne durchzuführen. Im Rahmen des sog. „Familien- und<br />

behindertenfreundlichen Arbeitens“ könne aber ein Teil der Arbeitszeit in den häuslichen Be-<br />

reich verlagert werden. Durch diese Möglichkeit blieben die ausgebildeten und eingearbeite-<br />

ten Kräfte dem Ministerium als Mitarbeiter erhalten.<br />

(241) Das Ministerium für Soziales und Gesundheit regt an, einheitliche Leitlinien für die<br />

Landesverwaltung zu entwickeln.<br />

97


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(242) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für erforderlich, dass fundierte Untersuchungen zur<br />

Wirtschaftlichkeit der alternativen Arbeitszeitmodelle nachgehalten werden. Er begrüßt den<br />

Vorschlag des Ministeriums für Soziales und Gesundheit, einheitliche Leitlinien für die Zu-<br />

lassung von Tele- bzw. Heimarbeit in der Landesverwaltung zu entwickeln. Die Aufstellung<br />

der Leitlinien könnte mit der notwendigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung verbunden<br />

werden.<br />

2.3 Krankenstand<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(243) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hatte die obersten Landesbehörden aufgefordert, den Kran-<br />

kenstand auf Jahresbasis für den Zeitraum von 2002 bis 2005 mitzuteilen. Abgefragt wurden<br />

folgende Daten:<br />

• durchschnittliche Anzahl der Krankheitstage pro Mitarbeiter,<br />

• durchschnittliche Krankheitsquote für Beamte, Angestellte und Arbeiter,<br />

• durchschnittliche Krankheitsquote für die Laufbahnen des einfachen, mittleren,<br />

gehobenen und höheren Dienstes,<br />

• Kurzzeiterkrankungen bis zu drei Tage ohne Attest,<br />

• Erkrankungen von vier Tagen bis sechs Wochen,<br />

• Langzeiterkrankungen über sechs Wochen,<br />

• Krankenstand je Monat.<br />

Die Behörden haben die Daten in unterschiedlicher Qualität, zum Teil auch gar nicht<br />

geliefert; sie haben dies mit fehlenden gesetzlichen bzw. tariflichen Bestimmungen zur<br />

einheitlichen Erfassung des Krankenstandes begründet. Vollständige Angaben machten nur<br />

die Landtagsverwaltung, die Staatskanzlei, das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und<br />

Kultur sowie das Sozialministerium.<br />

(244) Auf Grund der unterschiedlichen und lückenhaften Erfassung des Krankenstandes war<br />

es nicht möglich, im Einzelnen belastbare Folgerungen aus den erhobenen Daten zu ziehen.<br />

Hierfür fehlte bereits dadurch die Basis, dass Krankenstände teils auf Arbeitstage, teils auf<br />

98


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Kalendertage bezogen, teils einzeln und teils aggregiert erfasst worden sind. Es wurde jedoch<br />

deutlich, dass die Zahl der Krankheitstage je Mitarbeiter sowie auch die Zahl der Kurzzeiter-<br />

krankungen (bis drei Tage; ohne Attest) in den vergangenen Jahren nicht signifikant gesunken<br />

ist.<br />

(245) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für erforderlich, dass sich alle obersten Landes-<br />

behörden regelmäßig mit der Entwicklung des Krankenstandes befassen, d. h. diesen ständig<br />

und nach gleichen Kriterien erfassen und auswerten. Dabei geht es nicht allein um die gegen-<br />

über den Bediensteten pflichtgemäß auszuübende Fürsorge, sondern u. a. auch darum, die<br />

Personalentwicklungsplanung sowie den Prozess der Wiedereingliederung von Bediensteten<br />

gestalten zu können. Nur auf der Basis solider Kenntnis des Ist-Zustandes ist ein aktives<br />

Gegensteuern und, damit verbunden, eine Erhöhung der Nettoarbeitszeit möglich.<br />

(246) Um den Aufwand für die Erfassung und Analyse des Krankenstandes so gering wie<br />

möglich zu halten, sollten die Behörden das bereits für Arbeitszeiterfassungen erwogene Sys-<br />

tem EPOS 2.0 – oder ein gleichwertiges System – ab dessen Einführung nutzen. Bis dahin<br />

sollte eine gesicherte vergleichbare Datenbasis aufgebaut werden, die später weiter genutzt<br />

werden kann.<br />

2.3.2 Stellungnahme der Landtagsverwaltung<br />

(247) Eine Erfassung des Krankenstandes nach einheitlichen Kriterien und in elektronischer<br />

Form wird seitens der Landtagsverwaltung grundsätzlich befürwortet.<br />

2.3.3 Stellungnahme der Ministerien<br />

(248) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus gibt an, die Krankenstatistiken<br />

entsprechend den „Vorgaben“ der Personalreferentenkonferenz bzw. der Konferenz der Leiter<br />

der Allgemeinen Abteilungen (AL 1-Konferenz) IT-gestützt zu erfassen. Der Vorschlag des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es, zukünftig ein für alle Ressorts einheitliches Erfassungs- und Analyse-<br />

system zu nutzen, werde unterstützt.<br />

(249) Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz bedauert, dass<br />

vergleichende landesweite Auswertungen bisher nicht möglich sind und unterstützt die<br />

Forderungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es in diesem Punkt. Die Anwendung von EPOS 2.0 für<br />

eine einheitliche Krankenstatistik werde angestrebt, auch wenn über den Aufwand und<br />

99


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Nutzen einer solchen Erfassung noch keine fundierten Erkenntnisse vorlägen. Befürwortet<br />

werde zudem, den statistischen Auffälligkeiten im Einzelfall näher nachzugehen und evtl.<br />

weitere Daten für eigene Analysen vorzuhalten.<br />

(250) Vom Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung wird bezweifelt, dass um-<br />

fangreiche elektronische Datensammlungen die Möglichkeit einer Beeinflussung des Kran-<br />

kenstandes erhöhen können. Aus Bereichen der Landesverwaltung, in denen entsprechende<br />

Daten bereits über einen langen Zeitraum erfasst werden, liegen dem Ministerium keine dar-<br />

aus entwickelten positiven Erkenntnisse vor.<br />

(251) Das Finanzministerium stimmt der Forderung nach regelmäßiger Erfassung und Aus-<br />

wertung des Krankenstandes zu und will der Personalreferentenkonferenz insoweit einen<br />

eigenen Vorschlag unterbreiten. Auch die Einbeziehung von EPOS 2.0 sei wünschenswert.<br />

(252) Das Justizministerium gibt an, der Sachverhaltsdarstellung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

beizutreten.<br />

(253) Das Innenministerium folgt grundsätzlich den Vorschlägen des Landesrechnungsho-<br />

fes. So habe die Teilprojektgruppe Personalverwaltung im Rahmen des Projektes „Einführung<br />

des EPOS 2.0 in die Landesverwaltung M-V“ Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es auf-<br />

gegriffen und eine entsprechende Übersicht zur Krankenstatistik vorgelegt. Diese sei zur Ab-<br />

stimmung an die Personalreferentenkonferenz weitergeleitet worden. Sobald auch die AL 1-<br />

Konferenz über die künftige Form der Krankenstatistik beschlossen habe, werde diese in das<br />

System EPOS 2.0 integriert.<br />

(254) Für die Erfassung und Analyse des Krankenstandes beabsichtigt das Ministerium für<br />

Soziales und Gesundheit, das System EPOS 2.0 zu nutzen, sobald dieses verfügbar ist.<br />

2.3.4 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(255) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die Bereitschaft der Ressorts und der Landtagsver-<br />

waltung zur einheitlichen Erfassung und Auswertung der Krankenstandsdaten. Er weist<br />

allerdings darauf hin, dass es auch in der Vergangenheit trotz grundsätzlicher Übereinstim-<br />

mung unter den Ressorts zu keiner einheitlichen Praxis gekommen ist. So hat z. B. die Mehr-<br />

zahl der Ressorts im Jahr 2004 einen Beschluss der AL 1-Konferenz zur einheitlichen Erfas-<br />

100


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

sung krankheitsbedingter Fehltage 83 nicht umgesetzt. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für not-<br />

wendig, dass sich die Ressorts und die Landtagsverwaltung verbindlichen Regelungen zur<br />

einheitlichen Erfassung und Auswertung von Krankenstandsdaten anschließen.<br />

2.4 Gesundheitsmanagement<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(256) Gesundheitsmanagement kann verstanden werden als bewusste Steuerung und Integra-<br />

tion aller Prozesse mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung der Gesundheit und des<br />

Wohlbefindens der Beschäftigten. Es ist Aufgabe des Gesundheitsmanagements, die betriebli-<br />

che Gesundheitsförderung weiterzuentwickeln und systematisch in die Unternehmens- bzw.<br />

Organisationspolitik zu integrieren. Damit wird die Gesundheit der Beschäftigten zu einer<br />

strategischen und ganzheitlichen Aufgabe, die insbesondere in der Verantwortung der Füh-<br />

rungskräfte liegt. 84<br />

(257) Zu einem erheblichen Teil wurden in den Ressorts noch nicht die Potenziale eines<br />

Gesundheitsmanagements erkannt. So äußerten bei den örtlichen Erhebungen mehrere<br />

Befragte: „Wir haben für dererlei Dinge keine finanziellen Mittel zur Verfügung.“ oder „Je-<br />

der Bedienstete hat selbst die Pflicht, seinen Körper und seinen Geist gesund zu erhalten. Es<br />

kann nicht unsere Aufgabe sein, für die Gesunderhaltung der Bediensteten einzustehen.“<br />

(258) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält den Aufbau eines Gesundheitsmanagements vor allem<br />

im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Reformprojekten für notwendig. So soll die<br />

Landesverwaltung in den nächsten Jahren weiter verkleinert werden, wobei sich die Arbeits-<br />

anforderungen voraussichtlich nicht im gleichen Maße verringern werden. Das Durchschnitts-<br />

alter der Bediensteten wird tendenziell auf Grund stark reduzierter Neueinstellungen ebenso<br />

steigen, wie demographisch bedingt das Durchschnittsalter der Bevölkerung insgesamt. Ältere<br />

Bedienstete sind im allgemeinen anfälliger für Krankheiten. Den danach zu erwartenden,<br />

zunehmenden krankheitsbedingten Fehlzeiten kann durch die Einführung eines umfassenden<br />

Gesundheitsmanagements entgegengewirkt werden.<br />

83 Konferenz der Leiter der Allgemeinen Abteilungen am 29.04.2004, TOP 11 Verschiedenes: Einheitliche<br />

Erfassung krankheitsbedingter Fehltage von Landesbediensteten; Beschluss: „Bis eine umfassende Einbindung<br />

in EPOS realisiert ist, wird die von der PRK vorgeschlagene Lösung zur einheitlichen Erfassung von<br />

Fehltagen Landesbediensteter angewandt.“<br />

84 vgl. Leitfaden „Gesundheitsmanagement in der Niedersächsischen Landesverwaltung“, S. 6.<br />

101


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(259) Nach den Erfahrungswerten anderer Länder kann ein wirkungsvolles Gesundheitsma-<br />

nagement bereits mit einem Aufwand von ca. 60 Euro pro Jahr und Person erzielt werden. In<br />

die Rechnung einbezogen sind Sachkosten und Kosten für Dienstleistungen Außenstehender,<br />

nicht enthalten sind dagegen die Kosten, die sich aus Verpflichtungen aus dem Arbeitsschutz-<br />

und Arbeitssicherheitsgesetz ergeben (z. B. Betriebsarzt) 85 . Bei etwa 2.300 Bediensteten im<br />

Kernbereich der Ministerien ergibt dies einen finanziellen Aufwand i. H. v. 138.000 Euro.<br />

Ließe sich durch ein erfolgreiches Gesundheitsmanagement der Durchschnitt der krankheits-<br />

bedingt ausgefallenen Arbeitstage um nur einen Tag reduzieren, hätte dies bereits eine<br />

Senkung der Personalkosten auf Krankheitszeiten um rund 700.000 Euro zur Folge. 86<br />

2.4.2 Stellungnahme der Ministerien<br />

(260) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus erklärt, das Gesundheitsma-<br />

nagement bereits im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten zu fördern (Betriebssportgrup-<br />

pen, Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“, Präventionstage).<br />

(261) Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz schließt sich<br />

grundsätzlich den Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zur Gesundheitsfürsorge an. Es<br />

macht allerdings darauf aufmerksam, dass die Aufgabenkritik den unabdingbaren personellen<br />

Aufwand zum Auf- bzw. Ausbau eines Gesundheitsmanagements derzeit noch nicht berück-<br />

sichtige. Zu den Kosten-Nutzen-Angaben sei keine Einschätzung möglich. Das Ministerium<br />

verfüge über keine tragfähigen und aktuellen Erkenntnisse zu derartigen Projekten im öffentli-<br />

chen Sektor.<br />

(262) Vom Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung werden alle Bemühungen<br />

zur verstärkten Gesundheitsvorsorge grundsätzlich begrüßt. Das Ministerium verweist jedoch<br />

in erster Linie auf die Eigenverantwortlichkeit eines jeden Bediensteten. Eine Zurverfügung-<br />

stellung von Räumen sei aus finanziellen Gründen nicht angebracht. Bei den Dienststellen des<br />

Landes seien 32 Kantinen eingerichtet, die vom BBL verpachtet würden. Dort werde bereits<br />

jetzt der Versuch unternommen, durch entsprechende Angebote auf die Ernährungsgewohn-<br />

heiten der Bediensteten positiven Einfluss zu nehmen.<br />

85 vgl. Leitfaden „Gesundheitsmanagement in der Niedersächsischen Landesverwaltung“, S. 34.<br />

86 Durchschnittliche Personalkostensätze des Finanzministeriums M-V 2006 für Kostenberechnungen/Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

(Beamte im gehobenen Dienst als Durchschnittswert, Besoldungsgruppe A 11:<br />

40,51 Euro je Stunde x 8 h x 2.300 Beschäftigte).<br />

102


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(263) Das Justizministerium tritt dem Vorschlag des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zum Aufbau<br />

eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagements in der Landesverwaltung bei. Es erachtet die<br />

Entwicklung eines gemeinsamen Gesundheitskonzeptes unter Federführung des Ministeriums<br />

für Soziales und Gesundheit als zweckmäßig. In diesem Rahmen könnten durch entspre-<br />

chende Arbeitsgruppen unter Berücksichtigung der Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

sowohl die Möglichkeiten geeigneter Maßnahmen als auch deren Umsetzung in den einzelnen<br />

Ressorts ausgelotet werden.<br />

(264) Das Ministerium für Soziales und Gesundheit distanziert sich ausdrücklich von den in<br />

Tz. 257 zitierten Äußerungen und stimmt der Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zu, wonach<br />

die Entwicklung eines einheitlichen Konzeptes für das Gesundheitsmanagement gerade im<br />

Hinblick auf die Altersstruktur der Beschäftigten sowie die Umsetzung der Aufgabenkritik<br />

notwendig sei. Es schlägt hierzu die Einrichtung eines Arbeitskreises Gesundheitsmanage-<br />

ment bei der Landesverwaltung vor. Außerdem solle das Thema regelmäßig auf der AL 1-<br />

Konferenz beraten werden. Neben den vom <strong>Landesrechnungshof</strong> aufgezählten Maßnahmen<br />

hält das Ministerium weitere Aktivitäten für sinnvoll:<br />

• Intensivierung rechtlich vorgeschriebener Maßnahmen<br />

• Mobilisierung von Führungsverantwortung<br />

• Aus-, Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen<br />

• Reduzierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz<br />

• div. weitere Maßnahmen wie Grippeschutzimpfungen, gezielte Ansprache durch<br />

Kollegen, etc.<br />

(265) Das Finanzministerium macht darauf aufmerksam, dass sich der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

zu seinen eigenen Empfehlungen in Widerspruch setzt, wenn er die Einrichtung freiwilliger<br />

Leistungen des Landes fordert, zugleich aber ständig darauf pocht, das Land solle sich auf die<br />

Finanzierung der Kernaufgaben konzentrieren und freiwillige Finanzierungstatbestände be-<br />

enden. Finanzielle Einsparungen seien nur dann erzielbar, wenn die Mehrbelastungen auch<br />

tatsächlich durch einen Personalabbau kompensiert würden. Dies werde neben dem laufenden<br />

Personalkonzept 2004 derzeit für nicht realisierbar gehalten. Im Übrigen lasse der Landes-<br />

rechnungshof außer Acht, dass es bereits umfangreiche Angebote zur Gesunderhaltung in den<br />

Kommunen, Vereinen, Einrichtungen des Gesundheitswesens usw. gebe. Bedienstete mit<br />

103


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

eigenem Anspruch an die Gesunderhaltung ihres Körpers würden diese Angebote unabhängig<br />

vom vorgeschlagenen Gesundheitsmanagement nutzen.<br />

Gleichwohl erkennt das Finanzministerium an, dass bei einem aktiven Gesundheitsmanage-<br />

ment die krankheitsbedingten Ausfallzeiten reduziert werden können. Dies kann durch vielfäl-<br />

tige Aktivitäten, die insbesondere die Eigenverantwortung der Mitarbeiter stärken, erreicht<br />

werden. Im Rahmen verfügbarer Mittel können in begrenztem Umfang ausgabewirksame<br />

Maßnahmen durchgeführt werden. Dabei ist auch zu beachten, dass sich aus Gleichbehand-<br />

lungsgründen die Maßnahmen nicht auf den Kernbereich der Ministerien beschränken lassen.<br />

Zur besseren Steuerung wird vorgeschlagen, sich auf ein klares Konzept zu verständigen, in<br />

dem die möglichen Maßnahmen konkret aufgeführt werden und auch die Frage der Fi-<br />

nanzierung zu betrachten ist. Die Personalreferentenkonferenz hat sich vor kurzem dazu ver-<br />

ständigt, unter Leitung des Sozialministeriums eine Arbeitsgruppe einzurichten, die einen<br />

Entwurf für ein derartiges Konzept erarbeiten soll.<br />

Im Hinblick auf die haushaltstechnische Veranschlagung wird vorgeschlagen, einen Festtitel<br />

(z. B.: Titel der HGr 5 Ausgaben für Maßnahmen des Gesundheitsmanagements) zu veran-<br />

schlagen, über den die Kosten vergleichbar gemacht werden könnten.<br />

Im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Betrachtung kann die vom <strong>Landesrechnungshof</strong> vorge-<br />

nommene Gegenüberstellung der zunächst wirtschaftlich anmutenden Zahlen von 138.000<br />

Euro (Kosten nur für den Kernbereich der Ministerien) zu 700.000 Euro (Verringerung der<br />

Personalkosten wegen Reduzierung der krankheitsbedingten Ausfalltage bereits um einen<br />

Tag) nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei Ersterem tatsächlich um Mehraufwand<br />

und bei Letzterem z. T. um „eh-da“-Kosten handelt (Beamte unbegrenzt und Angestellte bis<br />

sechs Wochen).<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(266) Die Stellungnahme des Finanzministeriums ist nicht nachvollziehbar. Die Aussage,<br />

der <strong>Landesrechnungshof</strong> setze sich zu seinen eigenen Empfehlungen in Widerspruch, wenn er<br />

die Einrichtung freiwilliger Leistungen fordere, ist unverständlich, denn freiwillige Leis-<br />

tungen können nicht per se als unwirtschaftlich angesehen werden. Bei einem gezielten<br />

Gesundheitsmanagement ist z. B. ein durchschnittliches Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:3<br />

104


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

bis 1:6 möglich. 87 Das Finanzministerium verkennt insoweit den Unterschied zwischen Spar-<br />

samkeit und Wirtschaftlichkeit. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat auch nicht die Auffassung<br />

vertreten, dass sich die Personalkosten um 700.000 Euro reduzieren, wenn die Anzahl der<br />

krankheitsbedingten Ausfalltage um einen Tag sinkt. Wie der <strong>Landesrechnungshof</strong> ausführte,<br />

sinken die „Personalkosten auf Krankheitszeiten“ um den genannten Betrag, d. h. das Land<br />

erhält für die 700.000 Euro eine konkrete Arbeitsleistung, die ansonsten fehlen würde. Eine<br />

Senkung der krankheitsbedingten Fehltage setzt zudem Kapazitäten frei und ermöglicht den<br />

Abbau von Stellen und Personal, da die Arbeitskraft der Belegschaft in geringerem Maße<br />

durch die Vertretung kranker Kollegen gebunden wird. Die Stelleneinsparungen können un-<br />

abhängig von den Vorgaben des Personalkonzeptes 2004 erbracht werden, weil sie nicht zu<br />

einer Arbeitsverdichtung führen, sondern vielmehr entstehende Kapazitätsüberhänge nutzen.<br />

Im Übrigen erscheint es befremdlich, Personalkosten als „eh-da-Kosten“ zu bezeichnen. Die<br />

Ausdrucksweise impliziert, dass der dahinterstehenden Arbeitsleistung des Personals keine<br />

ausreichende Bedeutung zugemessen wird. Ein solches Verständnis von Personal und Perso-<br />

nalausgaben steht in völligem Gegensatz etwa zu unternehmerischem Handeln. Im unter-<br />

nehmerischen Bereich ist die Bedeutung des „Humankapitals“ als entscheidender Produk-<br />

tionsfaktor anerkannt und Investitionen zur Erhöhung und Erhaltung der Leistungsfähigkeit<br />

des Personals sind keine Seltenheit.<br />

Durch ein gezieltes Gesundheitsmanagement sollten auch und gerade diejenigen Mitarbeiter<br />

angesprochen werden, die von den bestehenden privaten Möglichkeiten bisher noch keinen<br />

Gebrauch gemacht haben. Aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es spricht nichts dagegen, die<br />

nachgeordneten Bereiche in das Gesundheitsmanagement einzubeziehen. Der Landesrech-<br />

nungshof begrüßt, dass zwischenzeitlich eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Ministeri-<br />

ums für Soziales und Gesundheit eingerichtet und mit der Ausarbeitung eines Konzeptes zur<br />

Umsetzung des Gesundheitsmanagements beauftragt wurde.<br />

87 Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Projekt Betriebliches<br />

Gesundheitsmanagement.<br />

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Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.5 Einrichtung eines betriebsärztlichen Dienstes<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(267) Betriebsärzten kommt die Aufgabe zu, den Arbeitgeber in allen Fragen des Gesund-<br />

heitsschutzes zu unterstützen. Bei Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen Fachkunde sind Be-<br />

triebsärzte keinen Weisungen unterworfen und nur ihrem ärztlichen Gewissen verpflichtet.<br />

Sie haben zudem die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten (§ 8 Abs. 1 ASiG).<br />

Der Arbeitgeber kann Betriebsärzte entweder selbst einstellen oder als freiberufliche Kräfte<br />

beauftragen.<br />

(268) Bis auf die Landtagsverwaltung hatten alle obersten Landesbehörden Vereinbarungen<br />

über betriebsärztliche Leistungen abgeschlossen.<br />

Mehrere Ressorts haben geäußert, dass sie es für sinnvoll halten würden, wenn es für die ge-<br />

samte Landesverwaltung ein einheitliches Betriebsarztsystem gäbe.<br />

(269) Um die Vorteile einer Zentralisierung von Aufgaben gleichen Zuschnitts zu nutzen so-<br />

wie das vorhandene Wissen der betrieblichen und überbetrieblichen Gesundheitsschutzex-<br />

perten zu bündeln, empfiehlt der <strong>Landesrechnungshof</strong>, einen betriebsärztlichen Dienst für die<br />

gesamte Landesverwaltung einzurichten. Dies hätte zudem den Vorteil, dass der Betriebsarzt<br />

nur für den öffentlichen Dienst zur Verfügung stünde und somit sich besser auf die spezi-<br />

fischen Krankheitsbilder des öffentlichen Dienstes einstellen könnte. Der Betriebsarzt könnte<br />

Anregungen für die Gesundheitsvorsorge unmittelbar aus dem Arbeitsalltag heraus entwi-<br />

ckeln, weitergeben oder umsetzen. Hinzu kämen weitere Aufgaben wie die Konzeptionierung<br />

des betrieblichen Gesundheitsmanagements und die Beratung der Behördenleitung in diesen<br />

Fragen.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt darüber hinaus zu prüfen, ob den als Betriebsärzten fun-<br />

gierenden Personen zugleich auch Tätigkeiten eines Amtsarztes übertragen werden können.<br />

Dies wird freilich erfordern, dass die Personen gegenüber den Beschäftigten immer klarlegen,<br />

in welcher Funktion sie die jeweilige Untersuchung durchführen. Zudem müssten die amts-<br />

ärztlichen Tätigkeiten außerhalb der Einsatzzeit als Betriebsarzt vorgenommen werden.<br />

Aus den Erfahrungen des medizinischen Dienstes der Polizei – Teil des ärztlichen Dienstes<br />

der Landespolizei <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s – heraus reicht für die Betreuung der obersten<br />

106


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Landesbehörden (ca. 2.300 Mitarbeiter in den Ministerien) ein Arzt mit dem entsprechend<br />

notwendigen medizinischen Dienstpersonal. 88<br />

Der Betriebs- bzw. Amtsarzt könnte im Innenministerium an das bereits im Bereich der Poli-<br />

zei bestehende System angegliedert werden. Nach Einschätzung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

könnte der medizinische Dienst der Polizei entsprechend ausgebaut werden.<br />

2.5.2 Stellungnahme der Landtagsverwaltung<br />

(270) Die Landtagsverwaltung teilt mit, inzwischen einen betriebsärztlichen Betreuungsver-<br />

trag mit der B-GmbH abgeschlossen zu haben. Dem Vorschlag des <strong>Landesrechnungshof</strong>es,<br />

einen betriebsärztlichen Dienst für die gesamte Landesverwaltung einzuführen, steht die<br />

Landtagsverwaltung offen gegenüber.<br />

2.5.3 Stellungnahme der Ministerien<br />

(271) Das Innenministerium erklärt, die derzeitige Zuweisung von Aufgaben an Amtsärzte<br />

oder sonstige beamtete Ärzte sei als abschließend zu verstehen, weshalb der Dienstherr den<br />

Beamten nur zu einer Untersuchung bei einem der genannten Ärzte verpflichten könne. Es sei<br />

aber im Entwurf des neuen Landesbeamtengesetzes die Möglichkeit vorgesehen, ärztliche Un-<br />

tersuchungen neben Amtsärzten und beamteten Ärzten auch auf als Gutachter beauftragte<br />

Ärzte übertragen zu können. Sollte dies umgesetzt werden, könnte geprüft werden, inwieweit<br />

die Beauftragung von Betriebsärzten als Gutachter sinnvoll sei.<br />

Die Anzahl der Polizeiärzte sei allerdings nicht nach deren tatsächlichen Bedarf festgestellt<br />

worden, sondern leite sich vordergründig aus dem Personalentwicklungskonzept der Polizei<br />

ab. Insofern sei der tatsächliche Bedarf an Arbeitsmedizinern in der Polizei bislang noch nicht<br />

belastbar festgestellt worden. Auch habe der Landesbeauftragte für den Datenschutz Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong> datenschutzrechtliche Bedenken erhoben, wenn ein als Amtsarzt tätiger<br />

Polizeiarzt Kenntnisse und Daten aus seiner Tätigkeit als praktizierender Arzt verwendet, um<br />

ein amtsärztliches Gutachten zu erstellen. Die Verwendung dieser Daten erachte der Landes-<br />

beauftragte für nicht zulässig.<br />

(272) Das Justizministerium schlägt vor, die Einrichtung eines betriebsärztlichen Dienstes<br />

für die gesamte Landesverwaltung im Rahmen des unter Tz. 263 befürworteten ressortge-<br />

88 Im Bereich der Polizei stehen für ca. 6.500 Bedienstete zwei Betriebsärzte zur Verfügung.<br />

107


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

meinsam zu entwickelnden Gesundheitskonzeptes zu prüfen. Dies gelte auch für die Frage, ob<br />

den als Betriebsärzten fungierenden Personen zugleich auch Tätigkeiten eines Amtsarztes<br />

übertragen werden können. Insoweit sollte insbesondere die Gefahr möglicher Interessen-<br />

kollisionen geprüft werden. Eine Übertragung scheine mit Blick auf die Entscheidung des<br />

Bundesdisziplinargerichts vom 02.03.1999, Az.: XVI VL 25/98, nicht ausgeschlossen.<br />

(273 Das Finanzministerium vertritt die Ansicht, vor der Einrichtung eines ressortüber-<br />

greifenden betriebsärtzlichen Dienstes müssten Pflichtaufgaben der Gesundheitsfürsorge de-<br />

finiert werden.<br />

(274) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus würde die vom Landesrech-<br />

nungshof empfohlene Einrichtung eines betriebsärztlichen Dienstes für die gesamte Landes-<br />

verwaltung begrüßen.<br />

(275) Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz erklärt, die Ein-<br />

richtung eines betriebsärztlichen Dienstes in der Landesverwaltung sei differenziert zu be-<br />

werten. So würden die Ressorts einerseits von den regelmäßig wiederkehrenden Verwaltungs-<br />

arbeiten (z. B. Ausschreibungen) entlastet. Andererseits hätte sich die Verwaltung nach den<br />

Zielsetzungen der Aufgabenkritik grundsätzlich auf die Wahrnehmung von Kernaufgaben zu<br />

beschränken und von den Möglichkeiten der Delegation auf andere Stellen umfassend Ge-<br />

brauch zu machen. Eine Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Landesregierung werde aber<br />

nur befürwortet, wenn sie bei gleichem Leistungsumfang nachweislich wirtschaftlicher sei als<br />

die Beauftragung von Dritten. Unter dieser Voraussetzung könnte die Ansiedlung im Innen-<br />

ressort erfolgen, um Synergien mit dem ärztlichen Dienst der Landespolizei zu erschließen.<br />

Der Vorschlag, dem Betriebsarzt gleichzeitig amtsärztliche Befugnisse zu übertragen, wird<br />

wegen eines möglichen Interessenkonfliktes eher kritisch gesehen.<br />

(276) Das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung begrüßt den Vorschlag zur<br />

Zentralisierung der Aufgaben eines betriebsärztlichen Dienstes. Aus Sicht des Ministeriums<br />

würde mit der Umsetzung des Vorschlags eine für alle Ressorts voraussichtlich kostengüns-<br />

tigere und effektivere Gesundheitsvorsorge ermöglicht. Die Übertragung von Tätigkeiten des<br />

Amtsarztes auf als Betriebsärzte fungierende Personen stoße allerdings auf Bedenken. So sei<br />

der Betriebsarzt an die ärztliche Schweigepflicht gebunden, der Amtsarzt hingegen nicht.<br />

Trotz des Interessenkonfliktes werde eine Personalunion nicht grundsätzlich abgelehnt, man<br />

108


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

halte sie aber für wenig praktikabel. Zudem müssten sowohl Betriebs- als auch Amtsärzte<br />

durch Zusatzstudien befähigt werden, die Approbation für beide Arztprofile zu erwerben.<br />

2.5.4 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(277) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> würde es begrüßen, wenn sich das Innenministerium bereit<br />

erklärt, das Projekt „Einrichtung eines landeseigenen betriebsärzlichen Dienstes“ federfüh-<br />

rend zu betreuen. In Zusammenarbeit mit den Ressorts könnte zunächst ein detailliertes Kon-<br />

zept erarbeitet werden, das auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung enthalten sollte.<br />

Die Annahme, für die Betreuung der obersten Landesbehörden (ca. 2.300 Mitarbeiter in den<br />

Ministerien) reiche ein Arzt mit dem entsprechend notwendigen medizinischen Dienstperso-<br />

nal aus, beruht nicht auf dem Personalentwicklungskonzept der Polizei, sondern resultiert aus<br />

den Erfahrungen des medizinischen Dienstes der Polizei, über die sich der Landesrechnungs-<br />

hof bei seinen örtlichen Erhebungen informiert hat.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es nicht für ausgeschlossen, dem Betriebsarzt im Rahmen des<br />

Gesundheitsmanagements weitere Aufgaben zu übertragen. Zu der Frage, unter welchen<br />

Voraussetzungen eine als Betriebsarzt eingesetzte Person zugleich auch mit Tätigkeiten eines<br />

Amtsarztes betraut werden kann, regt der <strong>Landesrechnungshof</strong> eine Prüfung durch das Innen-<br />

ministerium an. Die Wahrnehmung beider Aufgaben in Personalunion hätte neben wirtschaft-<br />

lichen Vorteilen für das Land auch den Effekt, dass der Amtsarzt in verbesserter Weise für die<br />

Ressorts ansprechbar wäre und bei seinen Entscheidungen auch die Sichtweise der Dienst-<br />

stellen kennen würde. Unverständlich erscheint dagegen die Argumentation des Innenministe-<br />

riums, wonach die derzeitige Zuweisung von Aufgaben an Amtsärzte oder sonstige beamtete<br />

Ärzte als abschließend zu verstehen sei. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> stellt klar, dass die Wahr-<br />

nehmung von amts- und betriebsärztlichen Aufgaben durch ein und dieselbe Person eben<br />

nicht zu einer Veränderung des den Amtsärzten zugewiesenen Aufgabenbereichs führt. Wie<br />

bereits erläutert, müsste die als Amts- bzw. Betriebsarzt handelnde Person vielmehr stets<br />

deutlich machen, in welcher Funktion sie jeweils auftritt. Eine Änderung der gesetzlichen<br />

Vorschriften über Amtsärzte ist insofern gerade nicht erforderlich.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

109


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Einzelplan 03 – Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten - Staatskanzlei -<br />

4 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2006<br />

Abweichend von der geplanten Ersatzbeschaffung einer Konferenzanlage zum Preis von<br />

10.173,20 Euro hat die Staatskanzlei ohne nachvollziehbare Begründung und unter Ver-<br />

stoß gegen das Vergaberecht eine zweite, nicht geplante Konferenzanlage für den Hava-<br />

riefall sowie diverses Zubehör zu einem Preis von insgesamt weiteren 11.625,52 Euro be-<br />

schafft.<br />

Die Aufgabe, die mit Hilfe der im Haushaltsplan veranschlagten Mittel verwirklicht<br />

werden sollte, war bereits mit der Beschaffung der ersten Anlage erfüllt, auch wenn die<br />

dafür veranschlagten Mittel nicht ausgeschöpft waren. Damit bestand keine Notwendig-<br />

keit für den Erwerb der zweiten Anlage. Der Haushaltsplan ermächtigt zwar zu Aus-<br />

gaben, begründet aber keinesfalls eine Verpflichtung, alle veranschlagten Mittel aus-<br />

zugeben.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(278) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> führte im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung des<br />

Jahres 2006 eine Belegprüfung bei Kapitel 0301 Ministerpräsident – Staatskanzlei, Titel<br />

812.01 Erwerb von Geräten, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenständen durch.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Beschaffung einer Konferenzanlage<br />

(279) Im Haushaltsplan 2006 der Staatskanzlei waren für die Ersatzbeschaffung einer Kon-<br />

ferenzanlage für die Sitzungen des Kabinetts, der Staatssekretäre sowie protokollarische Kon-<br />

ferenzen 25.000 Euro veranschlagt. Grundlage der Veranschlagung war eine überschlägige<br />

Preisermittlung für ein kabelgebundenes System, bestehend aus einer Zentraleinheit, 20 Stan-<br />

dard-Sprechstellen, zwei Chef-Sprechstellen und Verbindungskabel für ca. 22.000 Euro.<br />

(280) Mit Schreiben vom 04.10.2006 forderte die Staatskanzlei im Wege der freihändigen<br />

Vergabe drei Firmen auf, ein Angebot für folgende Leistung abzugeben: „Konferenzanlage<br />

110


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(kabelgebunden) [Markenname] (oder gleichwertiger Art) mit Zentrale und Sprechstellen.<br />

(mit Angabe von Stückpreisen sowie für 25 Sprechstellen)“.<br />

Zwei Anbieter gaben ein Angebot ab. Mit Niederschrift über die Prüfung der Angebote wird<br />

vorgeschlagen, der Firma A den Zuschlag zu erteilen. Ihr Angebot belief sich auf 8.770 Euro<br />

(Netto) für eine Kompaktzentrale, 25 Delegiertenpulte und 25 Konferenzmikrofone. Abwei-<br />

chend von dem vorliegenden Angebot löste die Staatskanzlei am 25.10.2006 eine Bestellung<br />

bei der Firma A für zwei Kompaktzentralen, 40 Delegiertenpulte und 40 Konferenzmikrofone<br />

aus.<br />

Laut Rechnung lieferte die Firma A die bestellte Ware zu einem Preis von 17.011,40 Euro.<br />

Außerdem weist die Rechnung noch die Lieferung eines Transport- und Aufbewahrungskof-<br />

fers, dreier LCD-Projektionswagen und eines OHP-Projektionstisches aus. Der Gesamtwert<br />

der Rechnung beträgt 19.685,20 Euro. Darüber hinaus lag dem Beschaffungsvorgang eine<br />

weitere Rechnung des Anbieters i. H. v. 2.113,52 Euro bei. Geliefert wurden hiernach zusätz-<br />

lich ein Schwanenhalsmikrofon, ein Mikrofonstativ, ein Mikrofonverstärker, zwei Stative,<br />

zwei Aktivlautsprecher, ein Kabelsatz und eine mobile Leinwand. Ein Nachweis für eine frei-<br />

händige Vergabe sowie eine Auftragserteilung für die zusätzlich beschafften Waren konnte<br />

dem <strong>Landesrechnungshof</strong> trotz Aufforderung nicht vorgelegt werden.<br />

Die Unterlagen der Staatskanzlei enthalten einen Vermerk vom 16.11.2006 zur Erweiterung<br />

des ursprünglich geplanten Leistungsumfangs. Zum Vergabeverfahren heißt es dort nur: „Von<br />

einer Aufhebung des Vergabeverfahrens und einer Neuansetzung der freihändigen Vergabe<br />

wird Abstand genommen, da keine Gesichtspunkte für ein günstigeres Ergebnis erkennbar<br />

sind.“<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(281) Es war nicht zulässig, die Aufforderung zur Angebotsabgabe auf ein bestimmtes<br />

Erzeugnis zu begrenzen. Bezeichnungen für bestimmte Erzeugnisse (z. B. Markennamen)<br />

dürfen – mit dem Zusatz „oder gleichwertiger Art“ – nur ausnahmsweise verwendet werden,<br />

wenn eine Beschreibung durch hinreichend genaue, allgemeinverständliche Bezeichnungen<br />

nicht möglich ist. Dies trifft für die Beschaffung einer Konferenzanlage nicht zu.<br />

Angesichts des erheblich veränderten Leistungsumfanges – einschließlich des zusätzlichen<br />

Zubehörs – hätte die Staatskanzlei erneut ein Vergabeverfahren durchführen müssen, da<br />

111


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

grundsätzlich damit zu rechnen ist, dass Anbieter im Wettbewerb bei größeren Liefermengen<br />

auch anders kalkulieren und in der Folge die Leistung zu einem günstigeren Preis anbieten. Es<br />

liegt nicht fern, dass auch der andere Bieter angesichts des veränderten Leistungsumfangs neu<br />

kalkuliert hätte, oder, dass der dritte aufgeforderte Bieter, der kein Angebot abgegeben hat,<br />

sich unter den veränderten Bedingungen dazu entschlossen hätte.<br />

Im Übrigen fehlt es an einem für jedes Vergabeverfahren – auch für die freihändige Vergabe<br />

– zwingend vorgeschriebenen Vergabevermerk, in dem jeder Verfahrensschritt, jede Maß-<br />

nahme und die jeweils dazugehörige Begründung schriftlich festzuhalten ist. Der Verweis auf<br />

die „fehlenden Gesichtspunkte für ein günstigeres Ergebnis“ kann den Verzicht auf ein<br />

Vergabeverfahren bei einer Verdopplung des Leistungsumfangs nicht hinreichend begründen.<br />

(282) Die Staatskanzlei hat damit Aufträge für Leistungen im Wert von 18.792 Euro (Netto)<br />

erteilt, obwohl sie nur ein Vergabeverfahren für Leistungen im Wert von 8.770 Euro (Netto)<br />

durchgeführt hat. Damit hat sie nicht nur 10.022 Euro (Netto) dem Wettbewerb entzogen,<br />

sondern es bestehen auch Zweifel, ob die Beschaffung insoweit wirtschaftlich war, da wegen<br />

des unterbliebenen Vergabeverfahrens nicht das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden<br />

konnte.<br />

2.1.2 Stellungnahme der Staatskanzlei<br />

(283) Die Staatskanzlei wendet ein, dass man im Vergabeverfahren auf eine bestimmte<br />

Marke hingewiesen habe, da es im Bereich der allgemeinen, nichttechnischen Verwaltung an<br />

den notwendigen Fachkenntnissen fehle, um eine hinreichend genaue Leistungsbeschreibung<br />

einschließlich der Angabe technischer Parameter zu verfassen. Daher habe man ausnahms-<br />

weise auf einen Markennamen verwiesen und diesen – vergaberechtskonform – um den Zu-<br />

satz „oder gleichwertiger Art“ ergänzt. Die zusätzlichen Leistungen seien nach Auftragsertei-<br />

lung notwendig geworden. Die zusätzliche Beauftragung des zuvor im Wettbewerb er-<br />

mittelten Bieters und die Erweiterung des Auftragsvolumens seien vergaberechtskonform ge-<br />

wesen.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(284) Der Einwand der Staatskanzlei hinsichtlich der Leistungsbeschreibung überzeugt<br />

nicht. Insbesondere wäre hier eine Beschreibung der gesuchten Konferenzanlage durch Dar-<br />

112


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

stellung ihrer Funktion und der sonstigen Anforderungen an das zu beschaffende Gerät mög-<br />

lich gewesen.<br />

Das Vorgehen der Staatskanzlei war auch im Übrigen nicht vergaberechtskonform. Leis-<br />

tungen sind grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben, d. h. mindestens im Wege einer frei-<br />

händigen Vergabe, die immer eine – wenn auch formlose – Einbeziehung mehrerer Anbieter<br />

erfordert. Will der öffentliche Auftraggeber in Fällen, in denen – wie hier – die Wertgrenze<br />

für eine Ausschreibung nicht erreicht wird, trotz des Gebots einer Vergabe im Wettbewerb<br />

nur an einen Anbieter herantreten, so ist dies nur in engen Grenzen und nur in bestimmten<br />

Ausnahmefällen gestattet, z. B. wenn es um Nachbestellungen geht, die zusammengenommen<br />

keine 20 % des Auftragswertes ausmachen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da der<br />

ursprüngliche Leistungsumfang insgesamt um mehr als 100 % überschritten wurde.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> verweist nachdrücklich darauf, dass im Interesse eines wirtschaftli-<br />

chen Umgangs mit Haushaltsmitteln Leistungen im Wettbewerb zu vergeben sind. Verstöße,<br />

wie sie hier vorgekommen sind, können nur allzu leicht dazu führen, dass unter Umgehung<br />

des Wettbewerbs wiederholt bestimmte Anbieter bevorzugt werden, was auf Dauer gesehen –<br />

da die Kontrolle durch den Markt ausbleibt – letztlich zu Mehrausgaben führt.<br />

2.2 Einhaltung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(285) Abweichend von der geplanten Ersatzbeschaffung, die zu Ausgaben i. H. v.<br />

10.173,20 Euro geführt hätte, wurde ein Beschaffungsvorgang für Geräte im Wert von insge-<br />

samt 21.798,72 Euro veranlasst.<br />

(286) Erst mit Vermerk vom 16.11.2006 (s. Tz. 280) wurde die Erweiterung des Auftrages<br />

wie folgt begründet: „Die Angebotsbeiziehung im freihändigen Vergabeverfahren ergab<br />

günstigere Preise für die Konferenzanlage als zum Zeitpunkt der Markterkundung. ... Mit dem<br />

Konferenzanlageneinsatz besteht ... der Auftrag, die 100%ige Einsatzfähigkeit von notwen-<br />

diger Technik für die Kabinettsarbeit der Landesregierung ständig sicherzustellen.“<br />

Für die Beschaffung des nicht veranschlagten Zubehörs war keinerlei Begründung in den Un-<br />

terlagen zu finden.<br />

113


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(287) Die Erweiterung der ursprünglich geplanten Ersatzbeschaffung wurde nicht hinrei-<br />

chend begründet, denn es sind keine Umstände erkennbar, die im Zeitraum zwischen der Ver-<br />

anschlagung im Haushaltsplan und der Ausgabe der veranschlagten Haushaltsmittel hinzuge-<br />

treten sein könnten, um diese Erweiterung zu rechtfertigen.<br />

2.2.2 Stellungnahme der Staatskanzlei<br />

(288) Die Staatskanzlei wendet ein, dass im vorliegenden Fall das Ergiebigkeitsprinzip als<br />

Ausprägung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit anzuwenden sei, wonach mit einem be-<br />

stimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis zu erzielen ist. Dies sei hier die 100-pro-<br />

zentige Absicherung des Havariefalls über einen so weit wie möglich reichenden Zeitraum<br />

gewesen. Insbesondere die Erfahrungen mit der Vorgängeranlage hätten gezeigt, dass alle<br />

anderen Varianten zur Überbrückung von Havariefällen nicht zu befriedigenden Ergebnissen<br />

führten.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(289) Mit dem Haushaltsplan wird die Verwaltung ermächtigt, Ausgaben zu leisten und Ver-<br />

pflichtungen einzugehen. Soweit es sich jedoch bei der Bewirtschaftung zeigt, dass ein gerin-<br />

gerer als der veranschlagte Betrag zur Erfüllung der Aufgaben des Landes ausreicht, besteht<br />

keinerlei Berechtigung, die veranschlagten Ausgaben in voller Höhe zu verwenden. Die mit-<br />

telbewirtschaftende Stelle darf sich nicht damit begnügen, dass die Notwendigkeit der Aus-<br />

gaben bereits bei der Veranschlagung geprüft worden ist, sondern muss bei der Ausführung<br />

des Haushaltsplanes erneut die Notwendigkeit der Ausgaben auch hinsichtlich ihres Umfangs<br />

prüfen 89 . Es sind gemäß §§ 6, 34 Abs. 2 Satz 1 LHO stets nur die Ausgaben zu berück-<br />

sichtigen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Landes tatsächlich notwendig sind. Sind seit<br />

dem Zeitpunkt der Veranschlagung Änderungen eingetreten, die sich auf die Frage der Not-<br />

wendigkeit auswirken, dürfen insoweit Ausgaben nicht geleistet werden 90 . Die Ausgaben, die<br />

sich während der Ausführung des Haushaltsplans als notwendig zeigen, können im Einzelfall<br />

beträchtlich unter dem im Haushaltsplan veranschlagten Betrag liegen. Der Veranschlagung<br />

im Haushaltsplan kann immer nur eine Schätzung zugrunde liegen, die in der Regel auf ande-<br />

89 Vgl. Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Februar <strong>2008</strong>, Anm. III 3 zu § 34<br />

90 Heuer, a.a.O, Anm. C 3 zu § 6<br />

114


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

re Weise zustande kommt als ein Preis in einem Vergabeverfahren, das darauf angelegt ist,<br />

das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln.<br />

Dies zeigt der vorliegende Fall besonders deutlich. Die nach der Veranschlagung im Haus-<br />

haltsplan vorgesehenen, im Einzelnen aufgeführten Bestandteile einer Konferenzanlage hatten<br />

bei der späteren Auftragsvergabe einen erheblich niedrigeren Wert.<br />

Das von der Staatskanzlei bevorzugte Ergiebigkeitsprinzip als Ausprägung des Grundsatzes<br />

der Wirtschaftlichkeit – nämlich das Prinzip, dass mit den verfügbaren Mitteln das bestmögli-<br />

che Ergebnis zu erzielen ist – kann in Zeiten knapper Haushaltsmittel insbesondere bei der<br />

Ausführung des Haushaltsplans nicht Richtschnur staatlichen Handelns sein. Vielmehr tritt<br />

hier durchgängig das Sparsamkeitsprinzip – das Prinzip, dass die staatlichen Aufgaben mit<br />

einem Minimum an Haushaltsmitteln zu erfüllen sind – als die andere Ausprägung des Wirt-<br />

schaftlichkeitsprinzips in den Vordergrund.<br />

Eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsprinzips zeigt sich im Übrigen in dem<br />

Grundsatz, dass sowohl bei der Aufstellung als auch bei der Ausführung des Haushaltsplans<br />

nur Ausgaben zu berücksichtigen sind, die zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig<br />

sind. Im vorliegenden Fall waren die an der Haushaltsplanung beteiligten Stellen offenkundig<br />

der Auffassung, dass nur eine Konferenzanlage mit einer Zentraleinheit und insgesamt 22<br />

Sprechstellen zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig waren. Der mögliche Hava-<br />

riefall dürfte auch bei der Haushaltsaufstellung als Problem bekannt gewesen sein, ohne dass<br />

er irgendwie Niederschlag im Haushaltsplan gefunden hat. Es gibt keinen Hinweis darauf,<br />

dass sich die Umstände in der Zeit bis zur Ausführung des Haushaltsplans dahingehend ge-<br />

ändert hatten, dass nunmehr eine zweite Anlage notwendig gewesen wäre. Der einzige neue<br />

Umstand war die Tatsache, dass die Preise für Kommunikationselektronik allgemein gesun-<br />

ken waren. Wenn allein dieser Umstand letztlich als Begründung für die Beschaffung einer<br />

zweiten Anlage dienen soll, könnte leicht der Eindruck entstehen, dass Haushaltsmittel um je-<br />

den Preis ausgegeben werden sollten.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

115


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

5 Förderung von Frauen- und Mädchenhäusern sowie von Beratungsstellen<br />

in den Haushaltsjahren 2005 und 2006<br />

Die Mittel des Landes an der Förderung des landesweiten Hilfe- und Beratungsnetzes<br />

zum Schutz und zur Beratung von Mädchen, Frauen und ihren Kindern als Opfer häus-<br />

licher und sexualisierter Gewalt werden nicht in allen Bereichen effizient eingesetzt. Ins-<br />

besondere weist das Hilfe- und Beratungsnetz in Teilbereichen Überkapazitäten auf.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(290) Das Land gewährt Zuwendungen für den Beratungs- und Schutzbedarf für Mädchen,<br />

Frauen und ihre Kinder als Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt sowie die Verstärkung<br />

der Schutzfunktion durch die Beratung der Täter. In <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> sind für das<br />

mit Landesmitteln aufgebaute landesweite Hilfe- und Beratungsnetz rd. 56 Beratungsfach-<br />

kräfte in einer Landeskoordinierungsstelle, neun Frauen- und Mädchenhäusern, acht Bera-<br />

tungsstellen für Opfer häuslicher Gewalt, vier Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Ge-<br />

walt, zwei Männerberatungsstellen und fünf Interventionsstellen tätig. Die fünf Interventions-<br />

stellen unterscheiden sich von den anderen Beratungsstellen dadurch, dass die Beraterinnen<br />

aufgrund der Informationen, die ihnen die Polizeidienststellen nach Einsätzen wegen häusli-<br />

cher Gewalt übermitteln, im sog. „pro-aktiven Ansatz“ Kontakt zu den Opfern aufnehmen<br />

und Beratung anbieten.<br />

Das Land fördert in jedem Landkreis (außer <strong>Mecklenburg</strong>-Strelitz) bzw. in jeder kreisfreien<br />

Stadt mindestens eine Einrichtung.<br />

(291) Insgesamt werden für die Förderung des Hilfe- und Beratungsnetzes jährlich im<br />

Durchschnitt rd. 1,6 Mio. Euro veranschlagt. Die finanziellen Mittel werden als Zuwendungen<br />

auf der Grundlage einer Richtlinie bewilligt. Bewilligungsbehörde ist die Parlamentarische<br />

Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung (Bewilligungsbehörde).<br />

Für die Bewilligung der Zuwendungen der Haushaltsjahre 2005 und 2006 galt die Richtlinie<br />

über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Frauen- und Mädchenhäusern,<br />

Notrufen und Beratungsstellen für Opfer sexualisierter und häuslicher Gewalt und Interven-<br />

tionsstellen und von Männerberatungsstellen vom 1. Januar 2005 (Richtlinie). Nach dieser<br />

116


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Richtlinie wurden die Zuwendungen als Projektförderung im Wege der Festbetragsfinanzie-<br />

rung gewährt.<br />

Die Richtlinie koppelt die Bezuschussung der Personalausgaben an die Anzahl der Vollzeit-<br />

stellen für Fachkräfte. Die Pauschale beträgt 24.050 Euro je Vollzeitstelle. Die Anzahl dieser<br />

Stellen ist bei den Frauenhäusern in Abhängigkeit von der Platzzahl, bei den Beratungsstellen<br />

auf in der Regel zwei, maximal drei festgesetzt. Darüber hinaus ist je nach Art der Einrich-<br />

tung ein unterschiedlich hoher pauschaler Sachausgabenzuschuss vorgesehen.<br />

(292) Ein Schwerpunkt der Prüfung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es war die Beurteilung der Effi-<br />

zienz des Mitteleinsatzes.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Überkapazitäten bei Frauenhäusern und Beratungsstellen<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(293) Um die Effizienz bei der Vergabe der Zuwendungen und des Mitteleinsatzes beurtei-<br />

len zu können, hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Inanspruchnahme der Frauen- und Mädchen-<br />

häuser bewertet. Er ist dabei davon ausgegangen, dass das Angebot an Frauen- und Mädchen-<br />

häusern für Schutz und Hilfe so sein sollte, dass eine Unterversorgung, aber auch ein deutli-<br />

ches Überangebot vermieden werden.<br />

(294) Nachfolgende Übersicht stellt die durchschnittliche Auslastung der Frauen- und Mäd-<br />

chenhäuser nach Plätzen dar:<br />

117


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 19: Durchschnittliche Auslastung der Frauen- und Mädchenhäuser nach Plätzen, 2005 und<br />

2006<br />

Frauen-<br />

und<br />

Mädchenhaus<br />

Anzahl<br />

der Plätze<br />

Aufenthaltstage<br />

Frauen<br />

und Kinder<br />

2005 2006<br />

durchschnitt.<br />

Auslastung<br />

der Plätze<br />

Aufenthaltstage<br />

Frauen<br />

und Kinder<br />

durchschnitt.<br />

Auslastung<br />

der Plätze<br />

A 12 1.184 27,0 % 1.701 38,8 %<br />

B 12 1.489 34,0 % 1.970 45,0 %<br />

C 20 2.284 31,3 % 3.434 47,0 %<br />

D 12 1.472 33,6 % 2.077 47,4 %<br />

E 24 4.063 46,4 % 4.196 47,9 %<br />

F 29 5.849 55,3 % 5.236 49,5 %<br />

G 12 2.464 56,3 % 2.208 50,4 %<br />

H 12 1.475 33,7 % 2.647 60,4 %<br />

I 20 5.925 81,2 % 5.014 68,7 %<br />

gesamt 153 26.205 46,9 % 28.483 51,0 %<br />

Quelle: Frauen- und Mädchenhäuser, eigene Berechnung.<br />

Danach wurden im Jahresdurchschnitt rd. die Hälfte der vorgehaltenen und vom Land bezu-<br />

schussten Plätze in Anspruch genommen. Unterhalb des Landesdurchschnitts liegen in beiden<br />

Jahren fünf der neun geförderten Frauen- und Mädchenhäuser. Unberücksichtigt bei dieser<br />

Wertung bleiben die Spitzenauslastungen der Frauen- und Mädchenhäuser. Hierzu hat der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> festgestellt, dass in den Jahren 2005 und 2006 jeweils nur in drei Mona-<br />

ten eine Überbelegung stattgefunden hat. Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>s könnte<br />

eine derartige kurzzeitige Überlastung durch nicht gleichzeitig überlastete nächstliegende<br />

Frauen- und Mädchenhäuser kompensiert werden.<br />

(295) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält eine Auslastung der vorgehaltenen Platzkapazität von<br />

unter 50 % für bedenklich und wenig effizient. Die geringe Inanspruchnahme der Plätze sollte<br />

Anlass sein, die geförderten Platzkapazitäten zu überprüfen, bzw. wenn die vorgehaltene<br />

Platzkapazität bereits die minimale Größe eines Frauen- und Mädchenhauses von zwölf<br />

Plätzen erreicht hat, sollte die Zusammenlegung von Frauen- und Mädchenhäusern bzw. die<br />

Übernahme weiterer Beratungsaufgaben innerhalb des Frauen- und Mädchenhauses erwogen<br />

werden. Denkbar wäre zum Beispiel, bei den Frauen- und Mädchenhäusern die Beratungen<br />

im pro-aktiven Ansatz (wie er in den Interventionsstellen praktiziert wird) zusätzlich anzusie-<br />

118


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

deln, die Interventionsstellen damit in die Frauen- und Mädchenhäuser zu integrieren und ent-<br />

sprechend nicht mehr als selbständige Beratungsstellen vorzuhalten (s. insofern Tz. 318).<br />

(296) Beispielhaft verweist der <strong>Landesrechnungshof</strong> auf eine Richtlinie über die Gewährung<br />

von Zuwendungen zur Förderung der inhaltlichen Arbeit in den Frauen- und Mädchenhäusern<br />

in Sachsen-Anhalt. Danach ist die Aufnahmefähigkeit des Frauen- und Mädchenhauses dem<br />

tatsächlichen Bedarf anzupassen. Beträgt die jährliche durchschnittliche Belegung in einem<br />

Zeitraum von mindestens drei Jahren mehr als 90 % oder weniger als 50 %, ist in Abstim-<br />

mung mit dem örtlichen Sozialhilfeträger und dem Zuwendungsgeber eine Kapazitätsan-<br />

passung entsprechend dem sich abzeichnenden Bedarf vorzunehmen. Der Landesrechnungs-<br />

hof würde eine Regelung ähnlich der von Sachsen-Anhalt und eine danach ausgerichtete Ka-<br />

pazitätsanpassung durch die Bewilligungsbehörde begrüßen.<br />

(297) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat aus den Verwendungsnachweisen des Jahres 2005 die<br />

Anzahl der in den Beratungsstellen für Opfer häuslicher Gewalt und in den Beratungsstellen<br />

für Opfer sexualisierter Gewalt durchgeführten Beratungen je Woche und geförderter Voll-<br />

zeitkraft ermittelt.<br />

So wurden in diesen Beratungsstellen für Opfer häuslicher Gewalt im Jahresdurchschnitt wö-<br />

chentlich rd. neun Beratungen durchgeführt. Dies entspricht in etwa dem für die Frauen- und<br />

Mädchenhäuser ermittelten durchschnittlichen Beratungsanfall von rd. 8,4 Beratungen je Wo-<br />

che, wobei die Frauen- und Mädchenhäuser diese Beratungen zusätzlich zu den Betreuungen<br />

der Frauen- und Mädchenhausbewohnerinnen durchführen. Die Anzahl der in den Beratungs-<br />

stellen durchgeführten Beratungen schwankt zwischen 3 und 16 Beratungen je Woche. Ähn-<br />

lich groß ist der Unterschied bei den durchschnittlichen wöchentlichen Beratungen je Berate-<br />

rin. Er liegt zwischen zwei und rd. elf Beratungen.<br />

Unwesentlich höhere Zahlen lassen sich für die Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Ge-<br />

walt feststellen.<br />

Die Schwankungsbreite lässt auf einen unterschiedlichen Beratungsbedarf in den einzelnen<br />

Beratungsstellen für Opfer häuslicher Gewalt schließen. Aufgrund der nach der Richtlinie zu<br />

leistenden präventiven Arbeit ist zwar zu erwarten, dass die Beratungsstellen mit der Bera-<br />

tungstätigkeit allein nicht ausgelastet sein sollen. Trotzdem hält der <strong>Landesrechnungshof</strong> die<br />

ermittelten Beratungszahlen, insbesondere jedoch für die Beratungsstellen Kröpelin und Pase-<br />

119


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

walk von durchschnittlich nur drei und vier Beratungen in der Woche bzw. von zwei und fünf<br />

Beratungen je geförderter Vollzeitstelle in der Woche, für unzureichend.<br />

2.1.2 Stellungnahme der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und<br />

Gleichstellung<br />

(298) Die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung wendet ein, dass<br />

eine Reduzierung der Frauenhäuser zu Lasten der Opfer in der Fläche gehe. Es sei von zentra-<br />

ler Bedeutung, dass Frauenhausplätze im Krisenfall in erreichbarer Entfernung zur Verfügung<br />

stünden. Eine geringe Auslastung nach den reinen Zahlen könne wegen der zum Teil schwe-<br />

ren Traumatisierung der betroffenen Frauen trotzdem bedeuten, dass die Beraterinnen des je-<br />

weiligen Frauenhauses stark in Anspruch genommen würden. Die Europäische Union emp-<br />

fehle einen Frauenhausplatz je 7.500 Einwohner. In <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> kämen aber<br />

11.380 Einwohner auf einen Frauenhausplatz. Eine weitere Reduzierung sei nicht zu verant-<br />

worten.<br />

(299) Die Richtlinie des Landes Sachsen-Anhalt sei nicht auf die Verhältnisse in Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong> übertragbar, da der <strong>Landesrechnungshof</strong> nur Zahlen für zwei, nicht für<br />

drei Jahre erhoben habe. Im Übrigen könne man in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> ohne feste<br />

Vorgabe viel flexibler reagieren und habe dies in der Vergangenheit auch getan, z. B. indem<br />

man Frauenhäuser geschlossen oder in ambulante Beratungsstellen umgewandelt habe. Ins-<br />

besondere seien Frauenhäuser geschlossen worden, wenn die Auslastung unter 20 % gelegen<br />

habe bzw. die Kofinanzierung nicht mehr gesichert war.<br />

(300) Eine Integration der Interventionsstellen in die Frauenhäuser lehnt die Parlamentari-<br />

sche Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung ab. Die Aufgaben der Interventionsstellen<br />

könnten aus datenschutzrechtlichen Gründen von keiner anderen Einrichtung wahrgenommen<br />

werden. Aus diesem Grund käme die Integration der Interventionsstellen in die Frauenhäuser<br />

nicht in Betracht.<br />

Auch müssten die Interventionsstellen wegen der Kooperation mit den Polizeidienststellen<br />

zwingend in der Nähe der fünf Polizeidirektionen angesiedelt sein und könnten deswegen<br />

nicht jeweils an ein Frauenhaus angegliedert werden.<br />

(301) Hinsichtlich der Auslastung der Beratungsstellen führt die Parlamentarische Staatsse-<br />

kretärin für Frauen und Gleichstellung aus, dass die Beratungen in Abhängigkeit von der<br />

120


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Traumatisierung der Frauen unterschiedliche Qualität haben und zum Teil sehr zeitaufwändig<br />

seien.<br />

Die Arbeit der Beratungsstellen umfasse neben den Beratungen in unterschiedlichem Maße<br />

präventive Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Netzwerkarbeit, Begleitung zu Behörden, Vor- und<br />

Nachbereitung und Nachberatung. Daher könne aus den Zahlen nicht auf die tatsächliche In-<br />

anspruchnahme der Beratungsstellen geschlossen werden. Es gebe immer regionale Beson-<br />

derheiten, die eine unterschiedliche Bewertung der Zahlen erfordere. Die Beratungsstellen<br />

seien alle ausreichend ausgelastet.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(302) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung, dass die Inanspruchnahme<br />

eines Frauenhauses von weniger als 50 % über einen längeren Zeitraum hinweg nicht effizient<br />

ist. Er weist darauf hin, dass der zusätzliche positive Effekt der Unterbringung in einem<br />

Frauenhaus, nämlich dass – zusätzlich zu der im Frauenhaus angebotenen Beratung – die dort<br />

wohnenden Frauen sich gegenseitig beistehen, bei einer geringen Belegung geringer ist und<br />

sich sogar ins Gegenteil verkehrt, wenn – was in der Vergangenheit durchaus vorgekommen<br />

ist – nur eine Frau im Frauenhaus wohnt. Es überzeugt nicht, dass Frauenhäuser zwangsläufig<br />

wohnortnah vorgehalten werden müssen. Wie die Aufnahme von Frauen aus entfernt<br />

liegenden anderen Bundesländern in hiesige Frauenhäuser zeigt, kann es gerade, wenn eine<br />

Frau im Krisenfall vor ihrem gewalttätigen Partner flüchtet, angezeigt sein, in einem vom<br />

Wohnsitz entfernten Frauenhaus Schutz zu suchen. Die Vorgabe der Europäischen Union<br />

wird auch in anderen Bundesländern nicht eingehalten. Das deutsche Recht bietet mit dem<br />

Wegweisungsrecht des gewalttätigen Partners und der Zuweisung der Wohnung an das Opfer<br />

zur ausschließlichen Nutzung, selbst wenn der Täter alleiniger Nutzungsberechtigter der<br />

Wohnung ist, ein Instrument, das in vielen Fällen die Unterbringung in einem Frauenhaus ent-<br />

behrlich macht. Wollte man in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> die von der Europäischen Union<br />

empfohlene Anzahl von Frauenhausplätzen vorhalten, so würde dies auf dem Hintergrund der<br />

Inanspruchnahme im Jahr 2006 zu einer durchschnittlichen Auslastung der Frauenhäuser von<br />

nur 34,2 % führen, was nicht nur wenig effizient, sondern bei einem verantwortungsvollen<br />

Umgang mit Haushaltsmitteln schlechterdings nicht vertretbar wäre.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> vermag nicht zu erkennen, dass die Parlamentarische Staatssekretä-<br />

rin für Frauen und Gleichstellung in den Jahren 2005 und 2006 besonders flexibel auf die<br />

121


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

verhältnismäßig geringe Inanspruchnahme einiger Frauenhäuser reagiert hätte. Er bleibt bei<br />

seiner Auffassung, dass jede Auslastung von unter 50 % künftig Anlass zu genauer Beobach-<br />

tung und zeitnahem Einschreiten geben muss. Er hält es für nicht vertretbar, erst bei einer In-<br />

anspruchnahme von unter 20 % zu handeln.<br />

(303) Soweit die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung eine In-<br />

tegration der Interventionsstellen in die Frauen- und Mädchenhäuser aus fachlichen Gründen<br />

ablehnt, sei darauf hingewiesen, dass diese Integration in den Bundesländern Brandenburg<br />

und Thüringen jedenfalls erfolgt ist. In Thüringen wird dies mit der inhaltlichen Übereinstim-<br />

mung der Fachberatung von Frauenhaus und Interventionsstelle begründet.<br />

Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen schließen eine Anbindung an die Frauenhäuser<br />

nicht aus. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt der Parlamentarischen Staatssekretärin für<br />

Frauen und Gleichstellung insoweit, in Absprache mit dem Innenministerium und dem<br />

Landesbeauftragten für Datenschutz dem Landesdatenschutzgesetz entsprechende organisato-<br />

rische, räumliche und/oder technische Vorkehrungen bzw. Maßnahmen auszuarbeiten, die den<br />

Schutz der sensiblen Opferdaten sicher stellen.<br />

Wesentlicher Bestandteil der Kooperation zwischen den Interventionsstellen und den Poli-<br />

zeidirektionen ist die Übermittlung der Daten zu den Polizeieinsätzen wegen häuslicher Ge-<br />

walt für den gesamten Bereich der jeweils zuständigen Polizeidirektion. Dabei stimmen die<br />

örtlichen Zuständigkeitsbereiche von Polizeidirektion und Interventionsstelle überein. Für die<br />

Übermittlung der Daten ist eine örtliche Anbindung der Interventionsstelle an die Polizeidi-<br />

rektion nicht erforderlich. Ohnehin müssen die Beraterinnen der Interventionsstellen darauf<br />

eingestellt sein, im ganzen örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hilfebedürf-<br />

tige aufzusuchen. Von welchem Ort aus dies geschieht, dürfte wenig Einfluss auf die Arbeit<br />

der Beraterinnen haben.<br />

(304) Dass die Art der Inanspruchnahme der Beratungsstellen regionalen Besonderheiten<br />

unterliegt, hat die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung nicht be-<br />

gründet. Hinsichtlich der weiteren von den Beratungsstellen durchzuführenden Arbeiten be-<br />

merkt der <strong>Landesrechnungshof</strong>, dass er die Vor- und Nachbereitung, Begleitung zu Behörden<br />

und Nachberatung als Bestandteil der Beratungsarbeit ansieht. Netzwerkarbeit ist ausweislich<br />

der Richtlinie nur von den Interventionsstellen zu leisten, über deren Auslastung der Landes-<br />

rechnungshof keine näheren Feststellungen getroffen hat. Auch bei Berücksichtigung der die<br />

122


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

einzelnen Beratungen von Fall zu Fall ergänzenden Arbeiten sind Zahlen von wöchentlich<br />

durchschnittlich drei oder vier Beratungen je Beratungsstelle bzw. zwei bis fünf Beratungen je<br />

geförderter Vollzeitstelle nicht ausreichend. Im Übrigen gibt der <strong>Landesrechnungshof</strong> zu be-<br />

denken, dass er alle Beratungen zahlenmäßig erfasst hat. Darin enthalten sind sowohl einfache<br />

als auch besonders schwierige und zeitintensive Beratungen, die in die Durchschnittswerte<br />

eingeflossen sind. Die vom <strong>Landesrechnungshof</strong> festgestellten durchschnittlichen Zahlen von<br />

Beratungen je Beratungsstelle bzw. je Beraterin zeigen insgesamt gesehen eine zu geringe In-<br />

anspruchnahme der Beratungsstellen.<br />

2.2 Förderung von Präventionsarbeit<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(305) Neben der eigentlichen Beratung haben die Beratungsstellen für Opfer häuslicher Ge-<br />

walt und die Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt Öffentlichkeitsarbeit und prä-<br />

ventive Arbeit zur Gewaltverhinderung zu leisten.<br />

Wie bereits unter Tz. 297 festgestellt, werden Beratungsleistungen bei den Beratungsstellen<br />

jedenfalls nicht so nachgefragt, dass diese allein mit der Beratung ausgelastet ist. Die außer-<br />

halb der Beratungen zur Verfügung stehende Zeit ist nach der Richtlinie für präventive Arbeit<br />

einschließlich Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen.<br />

(306) Die Auswertung der Sachberichte der Beratungsstellen hat ergeben, dass insbesondere<br />

die Umsetzung der präventiven Arbeit in den einzelnen Beratungsstellen sehr unterschiedlich<br />

wahrgenommen wird. So haben z. B. nur fünf von zwölf Beratungsstellen über Aktivitäten im<br />

Kernbereich der Präventionsarbeit berichtet, nämlich über die Durchführung von Präventions-<br />

veranstaltungen zur Schulung der Wahrnehmung häuslicher und sexualisierter Gewalt.<br />

(307) Die Beratungsstellen haben mithin einen großen Spielraum bei der Wahrnehmung ih-<br />

rer Aufgaben im Bereich der präventiven Arbeit. Dieser Spielraum wird in Eigeninitiative von<br />

den Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen ausgefüllt. Dabei lassen sich nach Ansicht des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es jedoch die Inhalte dem allgemein formulierten Zuwendungszweck<br />

teilweise nur schwerlich zuordnen. Zum Teil gehörten z. B. allgemeine sexualpädagogische<br />

Aufklärung und Gesundheitsförderung dazu.<br />

123


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(308) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> kommt zu dem Schluss, dass die Bewilligungsbehörde bisher<br />

wenig Einfluss auf Inhalt und Umfang der präventiven Arbeit genommen hat. Er ist der Auf-<br />

fassung, dass die Arbeit der Beratungsstellen effektiver gestaltet werden könnte, wenn die Be-<br />

ratungsstellen sich künftig ganz überwiegend auf die Beratungstätigkeit beschränkten. Die<br />

präventive Arbeit sollte künftig über gesonderte Projekte, wie auch bereits in den Vorjahren<br />

teilweise praktiziert, gezielt von der Bewilligungsbehörde gefördert und gesteuert werden.<br />

Die Förderung der Beratungsstellen nach der Richtlinie sollte sich damit im Wesentlichen an<br />

der reinen Beratungstätigkeit ausrichten. Auf Grund der aktuell festgestellten geringen<br />

Nachfrage an Beratungen könnte die Anzahl der Beratungsstellen reduziert werden. Das flä-<br />

chendeckende Beratungsangebot könnte über eine mobile Beratung abgesichert werden. Da-<br />

mit würde verhindert werden, dass die unzureichende Inanspruchnahme der Beratungsstellen<br />

mit Landesmitteln gefördert wird. Zudem hätte die Bewilligungsbehörde die Möglichkeit, bei<br />

der präventiven Arbeit Schwerpunkte zu setzen.<br />

2.2.2 Stellungnahme der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und<br />

Gleichstellung<br />

(309) Nach Auffassung der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und Gleichstel-<br />

lung werden die Beratungsstellen hinreichend in Anspruch genommen. Präventive Arbeit und<br />

Öffentlichkeitsarbeit seien integraler Bestandteil der Arbeit der Beratungsstellen.<br />

(310) Über den Inhalt der präventiven Arbeit und Öffentlichkeitsarbeit entschieden die fach-<br />

lich qualifizierten Beraterinnen in der jeweiligen Beratungsstelle mit Rücksicht auf die örtli-<br />

chen Bedürfnisse und den jeweils aufgezeigten Bedarf.<br />

124


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(311) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für unerlässlich, dass die Bewilligungsbehörde künf-<br />

tig gezielt Einfluss auf den Teil der Arbeit der Beratungsstellen nimmt, der nicht unmittelbar<br />

der eigentlichen Beratungstätigkeit zugeordnet werden kann. Es geht nicht an, dass Bera-<br />

tungsstellen, die regelmäßig nicht ausreichend in Anspruch genommen werden, sich ihr<br />

Arbeitsfeld im Übrigen unter Verwendung von Haushaltsmitteln des Landes und der Kom-<br />

munen selbst und freibleibend gestalten. Um den effizienten Einsatz von Haushaltsmitteln<br />

künftig sicherzustellen, sind hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit für alle Beratungsstellen<br />

verbindliche Vorgaben dafür zu entwickeln, was als Öffentlichkeitsarbeit zu leisten ist und<br />

welcher Anteil der Personal- und Sachausgaben hierfür höchstens eingesetzt werden darf.<br />

(312) Ebenso sollte für den unverzichtbaren Kernbereich der präventiven Arbeit verfahren<br />

werden, zu dem z. B. Schulungsveranstaltungen zur Wahrnehmung häuslicher und sexuali-<br />

sierter Gewalt gehören. Präventive Arbeit über diesen Kernbereich hinaus sollte künftig nur<br />

noch über gesonderte Projekte gefördert werden. In diesem Rahmen können ggf. örtliche<br />

Besonderheiten Berücksichtigung finden.<br />

(313) Allgemeine sexualpädagogische Aufklärung und Gesundheitsförderung sind Aufgabe<br />

anderer Einrichtungen, wie z. B. der Schulen und Kindertagesstätten, und gehören nicht zur<br />

speziellen präventiven Arbeit von Beratungsstellen für die Opfer sexualisierter oder häusli-<br />

cher Gewalt.<br />

2.3 Förderung im Vergleich mit anderen Bundesländern<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(314) In allen Bundesländern werden Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen bezu-<br />

schusst. Dabei erfolgt die Umsetzung der Zielstellung inhaltlich und in der Verfahrensweise<br />

sehr unterschiedlich.<br />

Nachfolgend hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Förderung des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpom-<br />

mern im Vergleich zu den anderen neuen Bundesländern und den finanzschwachen Flächen-<br />

ländern West betrachtet. Die Übersicht stellt die in den jeweiligen Haushaltsplänen veran-<br />

schlagten Ausgaben für die Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen absolut und im<br />

Verhältnis zu den Einwohnerzahlen dar. Dabei hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Ansätze der<br />

Bundesländer zusammengefasst, soweit sie sich nach den Erläuterungen zum Haushaltsplan<br />

125


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

der Förderung von Hilfsangeboten für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen zuordnen<br />

lassen.<br />

Tabelle 20: Ansätze der Bundesländer zur Förderung von Hilfsangeboten für von Gewalt betroffene<br />

Frauen und Mädchen 91<br />

Land<br />

Einwohnerzahl<br />

in Tsd.<br />

in Euro<br />

veranschlagte Ausgaben<br />

2007 <strong>2008</strong><br />

in Euro je<br />

Tsd. EW<br />

in Euro<br />

in Euro je<br />

Tsd. EW<br />

Schleswig-Holstein 2.833 5.257.000 1.855,6 5.257.000 1.855,6<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> 1.707 1.598.200 936,3 1.764.800 1.033,9<br />

Sachsen-Anhalt 2.470 1.657.000 670,9 1.647.000 666,8<br />

Rheinland Pfalz 4.053 2.433.600 600,4 2.518.600 621,4<br />

Thüringen 2.335 1.003.100 429,6 760.100 325,5<br />

Niedersachsen 7.997 3.281.000 410,3 4.090.000 511,4<br />

Brandenburg 2.559 900.000 351,7 900.000 351,7<br />

Sachsen 4.250 1.200.000 282,4 1.200.000 282,4<br />

Saarland 1.050 273.800 260,8 274.000 261,0<br />

Quelle: Haushaltspläne der Bundesländer, eigene Zusammenstellung<br />

Die zweithöchsten Ausgaben je Einwohner bei den Vergleichsländern wurden in Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong> veranschlagt. Dabei ist ein relativ deutlicher Anstieg bei den veranschlag-<br />

ten Ausgaben vom Jahr 2007 zum Jahr <strong>2008</strong> zu verzeichnen.<br />

(315) Vor dem Hintergrund der geringen originären Finanzkraft <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpom-<br />

merns und des im Vergleich zu den anderen neuen Bundesländern und zu den finanzschwa-<br />

chen Flächenländern West hohen Landeszuschusses je Einwohner zum Schutz der Frauen und<br />

Mädchen vor Gewalt sollten die Verwendung der Mittel und in der Folge die künftigen Haus-<br />

haltsansätze dahingehend geprüft werden, ob bestehende Beratungskapazitäten zusammen-<br />

gefasst und unter einem allgemeineren Inhalt gebündelt werden können, statt wie aktuell in<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> praktiziert, Spezialberatungsstellen für jeweils neu definierte<br />

Opfergruppen zu fördern.<br />

91 Mittel für Maßnahmen für von Frauenhandel betroffene Frauen sind nur für Sachsen mit erfasst, da sie dort<br />

nicht getrennt veranschlagt werden.<br />

126


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Nach einem Thesenpapier des Runden Tisches zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen<br />

wurde in Nordrhein-Westfalen bereits im Jahr 2001 angeregt, intensiv zu prüfen, „inwieweit<br />

es der Schaffung neuer Institutionen bedarf, oder ob es nicht sinnvoller und effektiver ist, be-<br />

reits vorhandene Strukturen zu bündeln und sie transparenter und zugänglicher zu gestal-<br />

ten.“ Insofern empfiehlt der <strong>Landesrechnungshof</strong> zwingend eine Evaluation des bisherigen<br />

Hilfe- und Beratungsnetzes vorzunehmen und ggf. die Beratungs- und Betreuungsstrukturen<br />

anzupassen.<br />

(316) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass sich die Einrichtung von fünf Interven-<br />

tionsstellen ab dem Haushaltsjahr 2001 in den darauf folgenden Jahren landesweit auf die In-<br />

anspruchnahme der anderen Beratungsstellen ausgewirkt hat. Ein Teil des Beratungsbedarfes<br />

wird inzwischen in den Interventionsstellen über den pro-aktiven Ansatz aufgefangen. So be-<br />

richtete z B. die Beratungsstelle für Opfer häuslicher Gewalt in Pasewalk, dass sie seit der<br />

Schaffung der Interventionsstellen nicht mehr bei akuten Fällen aufgesucht werde, sondern<br />

mehr langfristige Beratungen zur Stärkung der Persönlichkeit und zur Aufarbeitung von Ge-<br />

walterfahrungen durchführe. Andere Beratungsstellen berichteten, dass ihr Schwerpunkt mehr<br />

bei Beratungen zur wirtschaftlichen Existenzsicherung und zur Vermittlung von rechtlichen<br />

Informationen liege. Beratungen nach körperlicher Gewalterfahrung seien nicht mehr der Be-<br />

ratungsschwerpunkt.<br />

(317) Hierzu bemerkt der <strong>Landesrechnungshof</strong>, dass in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> Einrich-<br />

tungen für allgemeine Beratungen zu wirtschaftlichen oder sozialen Problemen vorhanden<br />

sind und vom Ministerium für Soziales und Gesundheit gefördert werden.<br />

(318) Im Übrigen hält der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Aufrechterhaltung aller Einrichtungen<br />

des Hilfe- und Beratungsnetzes – d. h. der neun Frauen- und Mädchenhäuser, der fünf Inter-<br />

ventionsstellen und der insgesamt 14 Beratungsstellen – für nicht gerechtfertigt. Dies gilt um<br />

so mehr, als nicht alle Frauen- und Mädchenhäuser und Beratungsstellen hinreichend frequen-<br />

tiert und Beratungsleistungen nicht hinreichend nachgefragt werden (s. Tz. 295). Er regt ins-<br />

besondere an, die Interventionsstellen jeweils in ein Frauen- und Mädchenhaus zu integrieren.<br />

Insgesamt können dabei alle drei Ansätze zur Hilfe und Unterstützung – stationär (Frauen-<br />

und Mädchenhäuser), ambulant (Beratungsstellen) und pro aktiv (Interventionsstellen) – er-<br />

halten bleiben.<br />

127


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(319) Auch wäre es anzustreben, in geeigneten Fällen verschiedene Beratungsstellen des<br />

Hilfe- und Beratungsnetzes in Beratungszentren zusammenzufassen. Die hierbei zu er-<br />

zielenden Synergieeffekte können die Beratungen insgesamt effizienter gestalten (Erreich-<br />

barkeit und Einsatz von Fachkräften, umfassende Beratung von Problemfamilien, Durchfüh-<br />

rung präventiver Arbeit).<br />

(320) Im Zuge der Verschmelzung von Beratungs- und Betreuungskapazitäten sollte der ge-<br />

samte Beratungsbedarf und ggf. die Schließung einzelner nicht hinreichend frequentierter Ein-<br />

richtungen des Hilfe- und Beratungsnetzes geprüft werden. Darüber hinaus ist zu prüfen, in-<br />

wieweit allgemeine Beratungen zu wirtschaftlichen oder sozialen Problemen in das Angebot<br />

der vom Ministerium für Soziales und Gesundheit geförderten Beratungsstellen integriert<br />

werden können.<br />

2.3.2 Stellungnahme der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und<br />

Gleichstellung<br />

(321) Die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung ist der Auf-<br />

fassung, dass der <strong>Landesrechnungshof</strong> mit seinen Feststellungen die politische Gestaltungs-<br />

freiheit einschränke und die Entscheidungen des Landtages bewerte.<br />

(322) Ferner bemängelt sie die Auswahl der zum Vergleich herangezogenen Bundesländer.<br />

Insbesondere die Bezugnahme auf Nordrhein-Westfalen sei ohne Zusammenhang mit der Prü-<br />

fung. Auch hätte der <strong>Landesrechnungshof</strong> besser einen umfassenden Vergleich mit Schles-<br />

wig-Holstein herausarbeiten sollen. Schleswig-Holstein sei sonst auch das Vergleichsland für<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> und hier bei der Förderung von Maßnahmen zur Bekämpfung von<br />

Gewalt gegen Frauen viel besser aufgestellt.<br />

Bei seinem Vergleich der Ausgaben habe der <strong>Landesrechnungshof</strong> nicht hinreichend berück-<br />

sichtigt, dass die Förderstrukturen in den Bundesländern sich z. T. grundlegend unterschieden.<br />

Auch habe er nicht alle relevanten Ausgaben in den Vergleichsländern erfasst. Insbesondere<br />

in Schleswig-Holstein käme noch das Zeugenbegleitprogramm hinzu, das zusätzlich gefördert<br />

werde.<br />

(323) Den Bezug der Ausgaben auf je 1.000 Einwohner hält die Parlamentarische Staatsse-<br />

kretärin für Frauen und Gleichstellung für unzulässig.<br />

128


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(324) Die Beratungsstellen seien mit gutem Grund auf verschiedene Opfergruppen spe-<br />

zialisiert. Wäre dies nicht der Fall, so würden bestimmte Opfergruppen keinen Zugang zu<br />

Hilfsangeboten haben. Da die spezialisierte Beratung im Interesse der Opfer erforderlich sei,<br />

sei die Zusammenführung von Beratungsstellen in Beratungszentren abzulehnen.<br />

(325) Die Beratungsstellen würden nicht allgemein beraten, sondern immer nur im Hinblick<br />

auf die besonderen Traumata der betroffenen Frauen. Sie dienten der Gewaltprävention. Aus<br />

diesem Grund sei eine Zusammenführung mit den allgemeinen Beratungsstellen im Bereich<br />

des Ministeriums für Soziales und Gesundheit abzulehnen.<br />

(326) In Folge der Einrichtung der Interventionsstellen in den Haushaltsjahren 2001/2002 sei<br />

eine grundlegende Umstrukturierung des Hilfe- und Beratungsnetzes erfolgt, insbesondere<br />

seien auch Frauenhäuser geschlossen und das Netz an den veränderten Bedarf angepasst<br />

worden. Im übrigen sei das Interventionsnetz in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> unter anderem in<br />

seiner Wirkung und im Hinblick auf die in diesem Kontext effizient und sparsam eingesetzten<br />

Mittel bundesweit als beispielgebend anerkannt. Hierfür beruft sie sich auf eine Studie des<br />

Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Evaluierung von Projekten<br />

gegen häusliche Gewalt.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(327) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> kann gem. § 88 Absatz 3 LHO den Landtag aufgrund seiner<br />

Prüfungserfahrung beraten. Dazu kann auch gehören, die Folgen von Entscheidungen des<br />

Landtages, unabhängig davon, in welcher Form sie getroffen werden, zu untersuchen. Im Üb-<br />

rigen ist der <strong>Landesrechnungshof</strong> gem. § 90 Ziff. 4 LHO bei seinen Prüfungen stets gehalten,<br />

der Frage nachzugehen, ob eine Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand oder<br />

auf andere Weise wirksamer erfüllt werden kann.<br />

(328) Die Bezugnahme auf die anderen Bundesländer und auf die finanzschwachen Flächen-<br />

länder West ist gängige finanzwirtschaftliche Praxis. Die Bezugnahme auf Nordrhein-Westfa-<br />

len erfolgte, wie sich aus dem Zitat selbst ergibt, weil es sich um ein Fachgremium in der Ma-<br />

terie handelt, dessen Äußerung fachlich relevant ist und sich mit grundsätzlichen Strukturen<br />

von Hilfsangeboten befasst. Ein regionaler Bezug ist aus dem Zitat nicht abzuleiten. Wie aus<br />

der abgedruckten Tabelle ersichtlich, hat Schleswig-Holstein mit Abstand die höchsten Aus-<br />

gaben zu verzeichnen. Sie sind je Einwohner fast dreimal so hoch wie der Durchschnitt der fi-<br />

129


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

nanzschwachen Flächenländer West. Aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es, der auf den spar-<br />

samen Umgang mit Haushaltsmitteln zu achten hat, ist es daher für einen umfassenden Ver-<br />

gleich mit <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> ungeeignet.<br />

Der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung ist zuzugeben, dass die<br />

Ausgaben der angeführten Bundesländer nicht in allen Einzelheiten übereinstimmen und da-<br />

her auch nur begrenzt vergleichbar sind. Trotzdem bietet der Vergleich einen Anhaltspunkt<br />

dafür, wie die Verhältnisse grundsätzlich liegen. Zeugenbegleitung bieten übrigens in Meck-<br />

lenburg-<strong>Vorpommern</strong> auch Stellen an, die z. B. vom Justizministerium gefördert werden.<br />

Diese Mittel hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> ebenfalls nicht in seine Aufstellung einbezogen.<br />

(329) Die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung bemängelt, dass<br />

der <strong>Landesrechnungshof</strong> seinen Feststellungen zur Ausstattung des Landes mit Frauenhäusern<br />

einwohnerbezogene Zahlen zugrunde gelegt hat. Solche Zahlen sind jedoch die Grundlage der<br />

finanziellen Ausstattung des Landes im Wege des Länderfinanzausgleich und schon allein<br />

deswegen eine geeignete Hilfe, soweit es um Ausgaben des Landes geht.<br />

(330) Die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung hat nicht darge-<br />

legt, warum weniger spezialisierte Beratungsstellen einzelnen Opfergruppen den Zugang zu<br />

Hilfsangeboten nehmen. Insbesondere ist kein Argument ersichtlich, warum die Beratungs-<br />

stellen für Opfer sexualisierter Gewalt nicht mit denen für Opfer häuslicher Gewalt zusam-<br />

mengeführt werden können. Gerade wenn spezialisierte Beratung erforderlich ist, bieten sich<br />

Beratungszentren an, die im Zweifel mehrere Berater bzw. Beraterinnen – darunter auch sol-<br />

che für besondere Fälle – beschäftigen können.<br />

(331) Aus den Sachberichten einzelner Beratungsstellen (Tz. 316) wird zweifelsfrei deutlich,<br />

dass hier auch allgemeine Beratungen durchgeführt worden sind, für die diese spezialisierten<br />

Beratungsstellen vom Grundsatz her nicht zuständig sind. Insofern schlägt der Landesrech-<br />

nungshof nunmehr vor, dass die Beratungsstellen künftig mit den vom Ministerium für So-<br />

ziales und Gesundheit geförderten allgemeinen Beratungsstellen kooperieren – wie dies ja<br />

auch nach der Richtlinie vorgesehen ist – und die von ihnen betreuten Frauen in geeigneten<br />

Fällen gezielt an diese Beratungsstellen verweisen.<br />

(332) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> kann nicht erkennen, dass in den Folgejahren nach Einrich-<br />

tung der Interventionsstellen eine Anpassung an den veränderten Bedarf erfolgt ist. Erkennbar<br />

sind Frauenhäuser in ambulante Beratungseinrichtungen umgewandelt worden. Dies dürfte<br />

130


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

allerdings eher auf die inzwischen umfassenden Möglichkeiten der Wegweisung des Täters<br />

aus der Wohnung und der alleinigen Zuweisung der Wohnung an das Opfer zurückzuführen<br />

sein als auf die Einrichtung der Interventionsstellen. Im Übrigen hat sich das von der<br />

Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung geförderte Hilfe- und Bera-<br />

tungsnetz von insgesamt 22 Einrichtungen im Jahr 2000 auf 29 Einrichtungen im Jahr 2006<br />

(einschließlich der Landeskoordinierungsstelle) vergrößert. Die Einrichtung der Interventions-<br />

stellen hat also, obwohl sich der Beratungsbedarf nach Aussage jedenfalls einiger Beratungs-<br />

stellen in ihren Sachberichten verändert hat, zu keinerlei Anpassungen im Gesamtnetz ge-<br />

führt. Eine solche Anpassung ist nach einer gründlichen Überprüfung des gesamten Hilfe- und<br />

Beratungsnetzes nunmehr nachzuholen. Die von der Parlamentarischen Staatssekretärin für<br />

Frauen und Gleichstellung angeführte Studie als Beleg für die Effizienz des Hilfe- und Bera-<br />

tungsnetzes auch unter dem Gesichtspunkt des Mitteleinsatzes trägt ihre Argumentation nicht.<br />

In dieser Studie werden die Interventionsstellen mit ihrem andersartigen Beratungsansatz und<br />

ihrer Einbindung in das Gesamtnetz untersucht. Gegenstand der Studie war nicht die Effizienz<br />

des Mitteleinsatzes im Hilfe- und Beratungsnetz.<br />

Unter Berücksichtigung der Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>s sollte es möglich sein,<br />

ohne Schaden für die Aufgabenerfüllung das Netz der Beratungsstellen zu straffen und dabei<br />

mittelfristig Haushaltsmittel einzusparen.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

131


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Einzelplan 04 – Geschäftsbereich des Innenministeriums<br />

6 Förderung der Modernisierung/Sanierung bzw. des Neubaus von<br />

Gebäuden für Feuerwehren mit Grundausstattung<br />

Bei der Förderung von Gebäuden für Feuerwehren mit Grundausstattung sind Flächen-<br />

und Kostenrichtwerte anwendbar. Gemessen an diesen Richtwerten sind die meisten der<br />

54 geprüften neu-, um- oder ausgebauten Feuerwehrhäuser zu groß oder zu teuer.<br />

Beim Um- bzw. Ausbau vorhandener Gebäude fand eine Abwägung gegenüber einer zu-<br />

meist preiswerteren Neubaulösung regelmäßig nicht statt.<br />

Mit der Gewährung von Fördermitteln sollte darauf Einfluss genommen werden, dass<br />

nur perspektivisch notwendige und – auch mit Blick auf spätere Unterhaltungskosten –<br />

wirtschaftliche Feuerwehrhäuser neu-, um- oder ausgebaut werden.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(333) Nachdem sich der <strong>Landesrechnungshof</strong> in einem vorausgegangenen Prüfungsverfah-<br />

ren mit der Förderung von Baumaßnahmen für Stützpunktfeuerwehren befasst hatte 92 , prüfte<br />

er anschließend Um- und Ausbaumaßnahmen an Gebäuden sowie Neubauten für Feuerweh-<br />

ren mit Grundausstattung 93 .<br />

Einer der Prüfungsschwerpunkte war die Frage, ob die Gebäude – gemessen an den in der<br />

DIN 14092-1 ausgewiesenen Mindestflächen unter Beachtung des spezifischen Gefahrenpo-<br />

tenzials und der Mitgliederstärke – zur Aufgabenerfüllung funktional optimal gestaltet und<br />

die Gebäude wirtschaftlich dimensioniert sind.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bezog insgesamt 54 in den Jahren 2000-2006 errichtete Gebäude mit<br />

einem finanziellen Gesamtbauvolumen von rd. 14 Mio. Euro in sein Prüfungsverfahren ein.<br />

Von diesen Feuerwehrhäusern nahm er 31 (57 %) in Augenschein.<br />

92 Siehe <strong>Jahresbericht</strong> 2006 Teil 2, Tzn. 191 bis 228.<br />

93 Feuerwehren mit Grundausstattung sind freiwillige Feuerwehren, die vornehmlich zur Bekämpfung von<br />

Bränden kleineren Umfangs sowie für Technische Hilfeleistungen im örtlichen Bereich vorgesehen sind. Für<br />

den Einsatz der Löschgruppe wird in der Regel ein Tragkraftspritzenfahrzeug, ein Tragkraftspritzenanhänger<br />

mit Zugfahrzeug oder ein Kleinlöschfahrzeug vorgehalten.<br />

132


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Flächen- und Kostenrichtwerte<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(334) Ausgehend von den Mindestflächen der DIN für Feuerwehrhäuser 94 und dem vom In-<br />

nenministerium angesetzten Kostenwert für einen Stellplatz hatte der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

Flächen- und Kostenwerte für Feuerwehrhäuser bis zu sechs Stellplätzen ermittelt 95 . Für Feu-<br />

erwehren mit Grundausstattung ergaben sich folgende Werte:<br />

Tabelle 21: Werte für Feuerwehren mit Grundausstattung<br />

Fahrzeugstellplätze 1 2<br />

Mindestfläche (m²) nach DIN 14092-1 198,5 282,5<br />

Kosten (Euro) 179.000 254.000<br />

Quelle: Eigene Berechnungen.<br />

Anhand dieser Kennwerte hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> geprüft, welche der 54 Feuerwehrge-<br />

bäude sich im Rahmen der DIN-Mindestflächen halten und mit welchen Kosten insbesondere<br />

die Neubauten errichtet wurden. Dabei wurde beachtet, dass im Einzelfall spezielle Brand-<br />

schutzaufgaben oder überörtliche Leistungen eine über die Mindeststärke hinausgehende An-<br />

zahl von Wehrmitgliedern und damit lt. DIN zusätzliche Flächenbedarfe erforderlich mach-<br />

ten.<br />

Dieser Soll-Ist-Abgleich ergab, dass es auch im Bereich von Feuerwehren mit Grundaus-<br />

stattung Feuerwehrhäuser gibt, deren Nutzflächen die lt. DIN14092-1 als bedarfsnotwendig<br />

anzusehenden Mindestfläche z. T. erheblich überschreiten.<br />

Die zu einzelnen Gebäuden erhobenen Daten bestätigten jedoch, dass die der Prüfung zu-<br />

grunde gelegten Kostenwerte grundsätzlich auskömmlich sind, um die den Wehren ob-<br />

liegenden Aufgaben des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mit bedarfsnot-<br />

wendigen Räumlichkeiten angemessen zu unterstützen. Festgestellt wurden sogar Feuerwehr-<br />

häuser, deren Nutzfläche bzw. Baukosten teilweise deutlich unter den genannten Werten<br />

lagen.<br />

94 DIN 14092-1 Feuerwehrhäuser, erstellt vom Normenausschuss Feuerwehrwesen im DIN Deutschen Institut<br />

für Normung e. V. und vom Normenausschuss Bauwesen im DIN, Stand: Oktober 2001.<br />

95 Siehe <strong>Jahresbericht</strong> 2006 Teil 2, Tz. 223.<br />

133


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Die nach den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit errichteten Gebäude hatten<br />

keineswegs zur Folge, dass die Feuerwehrunfallkasse die Funktionstüchtigkeit gefährdet sah<br />

oder diese Wehren ihre Aufgaben nicht erfüllen konnten.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat dem Innenministerium empfohlen, bei der Förderung von Feu-<br />

erwehrhäusern bis auf Weiteres als Flächen- und Kostenrichtwerte für Feuerwehrhäuser mit<br />

einem oder zwei Stellplätzen folgende gerundete Werte anzusetzen:<br />

Tabelle 22: Richtwerte für Feuerwehren mit Grundausstattung<br />

Fahrzeugstellplätze 1 2<br />

Mindestfläche (m²) nach DIN 14092-1 199 283<br />

Kostenrichtwerte (Euro) 96 180.000 250.000<br />

Quelle: Eigene Berechnungen<br />

Diese Richtwerte sollten den Landkreisen, insbesondere für die Förderung von Feuerwehr-<br />

häusern und für die brandschutzfachliche Aufsichtstätigkeit gegenüber den Gemeinden, an die<br />

Hand gegeben und zur Anwendung empfohlen werden.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(335) Die DIN 14092-1 sei eine anerkannte Regel der Technik. Die darin angegebenen Grö-<br />

ßen von Nutzflächen seien als auskömmlich anzusehen.<br />

Obwohl der Kostenrichtwert steigende Material- und Lohnkosten, Vorgaben des Denkmal-<br />

schutzes, sowie unterschiedliche Bauausführungen nicht berücksichtigt, sei es gerechtfertigt<br />

und sinnvoll, bei der Vergabe von Fördermitteln den Kostenrichtwert als Grundwert zu<br />

verwenden: „Darüber hinausgehende Kosten sollten nur dann gefördert werden, wenn nach-<br />

weislich erhöhte Aufwendungen zu berücksichtigen sind“.<br />

Das Innenministerium befürworte, den Kommunen und damit auch den unteren Rechtsauf-<br />

sichtsbehörden den benannten Richtwert an die Hand zu geben. Dies werde mit einem Rund-<br />

schreiben geschehen. Wegen der noch vorhandenen Unwägbarkeiten sollte der vom Landes-<br />

rechnungshof „vorgeschlagene Kostenrichtwert für eine bestimmte Zeit eingeführt und ange-<br />

wendet und dann nach einer festzulegenden Zeitspanne neu geprüft werden“.<br />

96 Rechnerisch ergeben sich m²-Kosten von rd. 900 Euro.<br />

134


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(336) Die Vorgehensweise des Innenministeriums erscheint zweckdienlich. Weil insbeson-<br />

dere Kostenrichtwerte von einer Vielzahl Faktoren beeinflusst werden, ist grundsätzlich von<br />

deren zeitlicher Begrenztheit auszugehen. Das Ministerium sollte unter Auswertung von För-<br />

dererfahrungen in drei bis vier Jahren die Aktualität der Richtwerte prüfen.<br />

2.2 Abwägung zwischen Um- bzw. Ausbau und Neubau<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(337) 39 der 54 geprüften Feuerwehrhäuser wurden nicht als Neubauten, sondern als Um-<br />

oder Ausbauten vorhandener Gebäude realisiert. Diese Umbauten zu DIN-gerechten Feu-<br />

erwehrhäusern waren in der Regel kostenaufwändiger als vergleichbare Neubauten. Zudem<br />

zwangen Lage oder Zuschnitt vorhandener Grundstücke und Räumlichkeiten sowie statische<br />

und bauliche Gegebenheiten der Altbauten oftmals zu funktionell ungünstigen Lösungen, de-<br />

ren Unwirtschaftlichkeit – auch mit Blick auf die Betriebskosten – häufig auf der Hand lag.<br />

Eine Abwägung, ob ggf. ein Neubau wirtschaftlicher gewesen wäre, haben die Gemeinden<br />

regelmäßig nicht vorgenommen.<br />

Für den <strong>Landesrechnungshof</strong> ist kein Grund erkennbar, warum nicht auch bei Feuerwehr-<br />

häusern die Faustregel gelten sollte, dass ein Umbau immer dann aus wirtschaftlicher Sicht<br />

problematisch erscheint, wenn seine Kosten mehr als 80 % eines vergleichbaren Neubaus aus-<br />

machen. Im Wege einer sorgfältigen und komplexen Abwägung ist – auch mit Blick auf spä-<br />

tere Unterhaltungskosten – in einem frühen Planungsstadium eine Entscheidung über die wirt-<br />

schaftliche Variante der Umsetzung des Raumbedarfes einer Feuerwehr zu treffen.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(338) Der Grundsatz, dass ein Umbau dann problematisch erscheine, wenn seine Kosten<br />

mehr als 80 % eines vergleichbaren Neubaus ausmachen, werde anerkannt. Vorgehensweisen,<br />

sich ohne Variantenabwägung für einen Umbau zu entscheiden, widersprächen § 9 GemHVO.<br />

Danach seien Gemeinden verpflichtet, vor der Entscheidung über Investitionen von erhebli-<br />

cher finanzieller Bedeutung „unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch<br />

Vergleich der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und des Folgeaufwandes die wirtschaft-<br />

135


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

lichste Lösung“ zu ermitteln. Darauf werde das Ministerium nochmals in einem Rundschrei-<br />

ben ausdrücklich hinweisen.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(339) Die Sensibilisierung der Gemeinden zur Abwägung zwischen Um-, Aus- und Neu-<br />

bauten sollte nicht auf Feuerwehrgebäude beschränkt bleiben.<br />

Das Ministerium sollte auch dafür Sorge tragen, dass der genannte Grundsatz in das vom In-<br />

nenressort zu vertretende Fördergeschäft einfließt.<br />

2.3 Fahrzeug-Mindestausstattung als Fördermaßstab<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(340) Feuerwehren mit Grundausstattung haben regelmäßig ausschließlich örtliche Auf-<br />

gaben zu erledigen, so dass ein Einsatzfahrzeug und damit ein Stellplatz zur Aufgabenerfül-<br />

lung hinreichend sind. Vor allem bei bei Zuweisung überörtlicher Aufgaben müssen Wehren<br />

u. U. mehr Technik vorhalten und benötigen folglich mehr Stellplätze.<br />

Bei Feuerwehren mit Grundausstattung, die zusätzliche Fahrzeuge/Technik und dafür weitere<br />

Stellplätze in einem entsprechend dimensionierten Feuerwehrhaus vorhielten, war ein brand-<br />

schutzspezifisches Erfordernis (insbesondere zusätzliches Gefahrenpotenzial oder überörtli-<br />

che Aufgaben) nicht immer nachvollziehbar.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> regt an, auch bei den Feuerwehren mit Grundausstattung die vor-<br />

handenen Fahrzeug- und Technikbestände feuerwehrfachlich auf ihren Bedarf zu überprüfen.<br />

Nicht bedarfsnotwendige Stellplätze sollten von einer Förderung ausgenommen werden.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(341) Die Gemeinde bestimme die Ausstattung und Größe ihrer Feuerwehr. Innenministeri-<br />

um und Landkreis könnten darauf nur indirekt Einfluss nehmen. Künftig sollte darauf geach-<br />

tet werden, dass Feuerwehren „nur noch entsprechend der Feuerwehr-Mindeststärken-Vor-<br />

schrift gefördert werden. Je nach Einordnung der Feuerwehr sollte nur der entsprechende<br />

Mindestbedarf förderbar sein“. Jeder Mehrbedarf sei zu begründen und nur bei zusätzlichen<br />

Aufgaben zuwendungsfähig.<br />

136


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(342) Um-, Aus- oder Neubau eines Feuerwehrgebäudes zukünftig nur noch in dem<br />

zwingend zur Aufgabenerfüllung gem. § 2 BrSchG benötigten Umfang zu fördern, wird be-<br />

grüßt.<br />

2.4 Aktualisierung feuerwehrspezifischer Handlungsgrundlagen<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(343) Unter dem Aspekt der sich in den letzten Jahren technisch weiter entwickelten Feu-<br />

erlöschfahrzeuge und -technik und der sonstigen Ausrüstung hat der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

dem Innenministerium empfohlen, die der Einordnung und Ausstattung zu Grunde liegende<br />

Feuerwehr-Mindeststärke-Vorschrift aus dem Jahr 1992 den zwischenzeitlich geänderten Be-<br />

dingungen und Erfordernissen anzupassen.<br />

Mit Blick auf diese Grundlage unterstützt der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Forderung des Innen-<br />

ministeriums an die Landkreise, die Anerkennungs- und Einordnungsbescheide für Freiwil-<br />

lige Feuerwehren sowie die Bescheide über die Zuweisung weitergehender Aufgaben zu über-<br />

prüfen und diese ausgehend von aktuellen gemeindespezifischen Gefahrenanalysen und<br />

Schutz- sowie Hilfeerfordernissen der Kreise zu erneuern.<br />

2.4.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(344) Die Feuerwehr-Mindeststärke-Vorschrift sei nicht nur unter dem Aspekt der verän-<br />

derten Feuerlöschtechnik (Fahrzeug, Löschverfahren, Taktik) zu ändern, sondern auch aus der<br />

Sicht der „veränderten Gefahrenpotenziale seit Anfang der neunziger Jahre“.<br />

Die Einordnung der Feuerwehren obliege den Landkreisen. Eine im Rahmen der Brand-<br />

schutzinformation 1/2007 durchgeführte Abfrage der Landkreise habe ergeben, dass die Ein-<br />

ordnungen durchgeführt worden seien. Insofern bestehe auch kein Handlungsbedarf im<br />

Rahmen der Rechtsaufsicht.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(345) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für vordringlich, an der Nachfolgeregelung für die<br />

von allen Beteiligten als nicht mehr aktuell betrachtete Feuerwehr-Mindeststärke-Vorschrift<br />

zu arbeiten.<br />

137


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Es wird zur Kenntnis genommen, dass für alle 1.096 freiwilligen Feuerwehren Bescheide<br />

nach § 3 Abs. 2 lit. b) und e) BrSchG vorliegen. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfiehlt dem In-<br />

nenministerium und den Landkreisen, sich künftig bei der Förderung eines Feuerwehrgebäu-<br />

des mit den Antragsunterlagen auch den Einordnungsbescheid vorlegen zu lassen und diesen<br />

ggf. bei der Förderentscheidung entsprechend zu berücksichtigen. Sollte sich dabei heraus-<br />

stellen, dass der Bescheid „veraltet“ ist, müsste vor Behandlung des Förderantrags neu über<br />

die Einstufung und ggf. die Übertragung weiterer Aufgaben befunden werden. Diese Ent-<br />

scheidung kann der Landkreis nur auf der Grundlage einer aktuellen gemeindespezifischen<br />

Gefahrenanalyse vornehmen.<br />

2.5 Nachhaltigkeit geförderter Feuerwehrbaumaßnahmen<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(346) Der ursprünglich dem Brandschutzgesetz zugrunde liegende Strukturgedanke: „Jede<br />

Gemeinde hat eine Freiwillige Feuerwehr“ ist schon mit Blick auf den wachsenden prozentua-<br />

len Anteil der Gemeinden ohne eigene Wehr (etwa 20 %) nicht mehr aufrecht zu erhalten.<br />

Durch Kooperation von Gemeinden und ggf. zentralisierte Lösungen in den Ämtern gelingt es<br />

zur Zeit noch, in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> einen flächendeckenden Brandschutz zu gewähr-<br />

leisten. Dies zieht regelmäßig (noch) größere Ausrückebereiche nach sich und erweist sich<br />

insbesondere mit Blick auf die Einhaltung der feuerwehrfachlich anerkannten Hilfszeiten als<br />

problematisch.<br />

Zusammenschlüsse und Konzentrationen werden zu einem veränderten örtlichen und quanti-<br />

tativen Bedarf an Fahrzeug-Stellflächen und an weiteren Räumlichkeiten führen. Dem Aspekt<br />

der Zukunftsfähigkeit von Feuerwehrbauten ist in den Förderverfahren daher größere Bedeu-<br />

tung beizumessen.<br />

(347) Insbesondere im Zusammenhang mit den vollzogenen und sich abzeichnenden kom-<br />

munalen Entwicklungen (Struktur-, Gebiets- und Zuständigkeitsverlagerungen) und in Anbe-<br />

tracht regional unterschiedlichen Einwohnerrückgangs erscheint es erforderlich, dass sich die<br />

Landkreise damit befassen, in welcher Art und Weise sowie mit welchen zur Verfügung<br />

stehenden Mitteln künftig bei Bränden, Unfällen und sonstigen Ereignissen und Gefahrensi-<br />

tuationen eingegriffen werden soll und ein flächendeckender Brandschutz gewährleistet wird.<br />

138


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Das Innenministerium sollte die bei einzelnen Landkreisen bzw. bei Feuerwehrverbänden vor-<br />

handenen Konzeptionen auswerten und die darin enthaltenen zukunftsfähigen Methoden,<br />

Verfahrensweisen und Modelle der kommunalen Ebene in geeigneter Weise informatorisch<br />

zur Verfügung stellen.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(348) Bisher konnte ein flächendeckender Brandschutz im Wesentlichen realisiert werden.<br />

Auf Grund der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung seien bisherige Lösungen<br />

nicht mehr allerorts praktikabel. Es seien deshalb „neue Ideen und Wege notwendig“, die mit<br />

den Beteiligten beraten und langfristig umgesetzt werden müssten (einschließlich der er-<br />

forderlichen rechtlichen Regelungen). Es gäbe eine Reihe von Lösungsansätzen, die im<br />

Rahmen einer breiten Zusammenarbeit aller Partner zu „allgemein akzeptierten Lösungen für<br />

die Zukunft“ führen.<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(349) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> schlägt vor, die als zukunftsfähig erscheinenden Lösungsan-<br />

sätze und die sich daraus ergebenden rechtlichen, personellen, organisatorischen und finanzi-<br />

ellen Erfordernisse zu thematisieren und mit allen an diesem Prozess zu Beteiligenden gestal-<br />

tend voranzutreiben.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

139


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

7 Sportförderung des Landes<br />

Bei der Verwendungsnachweisprüfung im gesamten Bereich der Sportförderung gibt es<br />

Bearbeitungsrückstände von in der Regel mehr als sechs Jahren. Bei einem jährlichen<br />

Fördervolumen von rd. 14 Mio. Euro bedeutet dies ungeprüfte Landesmittel von min-<br />

destens 84 Mio. Euro. Dieser unhaltbare Zustand birgt beträchtliche Gefahren für den<br />

Landeshaushalt. Die Organisation der Verwendungsnachweisprüfung war unzurei-<br />

chend.<br />

Der Anteil der eigenen Einnahmen des Landessportbundes an der Gesamtfinanzierung<br />

muss künftig erhöht werden. Der Landessportbund hat Zuwendungsmittel nicht immer<br />

zweckentsprechend verwendet.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(350) Die Sportförderung des Landes ist im Sportfördergesetz des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong> (SportFG) aus dem Jahr 2002 geregelt. Auf der Grundlage dieses Gesetzes wird<br />

der Landessportbund <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> e. V. (LSB) als Hauptzuwendungsempfän-<br />

ger gefördert. Der LSB ist der Dachverband der Sportvereine, der Stadt- und Kreissportbünde<br />

sowie der Landesfachverbände im Land <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

Der LSB finanziert sich regelmäßig überwiegend aus öffentlichen Zuwendungen, außerdem<br />

aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.<br />

(351) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat das Verfahren des Ministeriums für Soziales und<br />

Gesundheit zur institutionellen Förderung des LSB, den LSB mit seinem institutionellen<br />

Haushalt und in diesem Rahmen die Mittelverwendung durch den LSB geprüft. Die Prüfung<br />

umfasste die Förderungen des Haushaltsjahres 2005 stichprobenweise. Im geprüften Zeitraum<br />

wurden dem LSB im Rahmen von Zuwendungsbescheiden insgesamt Haushaltsmittel i. H. v.<br />

1.484.300 Euro als Fehlbedarfsfinanzierung zur Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Die<br />

zuwendungsfähigen Gesamtausgaben betrugen – ohne Investitionen – 3.582.100 Euro.<br />

Für die Förderung des Sports ist seit dem Haushaltsjahr 2007 das Innenministerium zuständig.<br />

140


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Verwendungsnachweisprüfung<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(352) Nach den VV zu § 44 LHO hat die Bewilligungsbehörde den Verwendungsnachweis<br />

unverzüglich nach dessen Eingang daraufhin zu prüfen, ob nach den Angaben im Verwen-<br />

dungsnachweis Anhaltspunkte für die Geltendmachung eines Erstattungsanspruches gegen<br />

den Zuwendungsempfänger bestehen. Im Übrigen sind die Verwendungsnachweise daraufhin<br />

zu prüfen, ob der Nachweis den im Zuwendungsbescheid festgelegten Anforderungen ent-<br />

spricht, ob die Zuwendung nach den Angaben im Nachweis zweckentsprechend verwendet<br />

und ob der mit der Zuwendung beabsichtigte Zweck erreicht wurde.<br />

(353) Im März 2007 konnte dem <strong>Landesrechnungshof</strong> kein geprüfter Verwendungsnachweis<br />

für die vom <strong>Landesrechnungshof</strong> ausgewählten Jahre 2004 und 2005 vorgelegt werden. Alle<br />

ab 1999 vom LSB in der Regel fristgemäß vorgelegten Verwendungsnachweise über Mittel<br />

zur institutionellen Förderung von insgesamt rd. 10 Mio. Euro waren ungeprüft.<br />

Insbesondere die unverzügliche erste Prüfung der vom LSB am 30.06.2005 bzw. 30.06.2006<br />

vorgelegten Verwendungsnachweise 2004 bzw. 2005 zum institutionellen Haushalt ist un-<br />

terblieben. Soweit offenkundige Erstattungsansprüche gegen den Zuwendungsempfänger aus<br />

den bis zum 30.06.2006 vorgelegten Verwendungsnachweisen abgeleitet werden können, sind<br />

diese möglicherweise inzwischen verjährt.<br />

(354) Das Kapitel 1028 – Allgemeine Bewilligungen Sport – hatte in den geprüften Haus-<br />

haltsjahren ein Volumen von rd. 14 Mio. Euro jährlich. Aus diesen Mitteln wurde – neben der<br />

institutionellen Förderung des LSB – eine Vielzahl von Projekten einschließlich aller Bau-<br />

maßnahmen im Bereich des Sports erfasst.<br />

Der Bearbeitungsrückstand beim institutionellen Haushalt des LSB war kein Einzelproblem,<br />

sondern erstreckte sich auf alle Sportförderbereiche. Abgesehen von den nichtinvestiven Pro-<br />

jekten stehen noch Prüfungen von sieben Haushaltsjahren des institutionellen Haushaltes des<br />

LSB aus. Außerdem blieben mehr als 100 vom Land geförderte Baumaßnahmen länger als<br />

sechs Jahre ungeprüft, darunter zwei zehn Jahre alte Projekte und eines aus dem Jahr 1994.<br />

Dies ist ein unhaltbarer Zustand, der beträchtliche Gefahren für den Landeshaushalt birgt:<br />

Abgesehen davon, dass offensichtliche Erstattungsansprüche inzwischen verjährt sein dürften,<br />

141


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

können mögliche weitere Erstattungsansprüche nicht zeitnah geltend gemacht werden, wo-<br />

durch dem Land Zinsverluste entstehen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Fördermittel<br />

falsch bewilligt wurden, da keine Erkenntnisse aus der Verwendungsnachweisprüfung für<br />

nachfolgende Bewilligungen genutzt werden konnten.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(355) Das Innenministerium geht davon aus, dass die Übertragung von Aufgaben der Sport-<br />

förderung auf das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS, vgl. insoweit Tz. 357) die<br />

zeitnahe Prüfung von Verwendungsnachweisen für Förderungen bis zum 31.12.2006 sicher-<br />

stellen wird.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(356) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bezweifelt, dass diese Übertragung für sich genommen dem<br />

unbefriedigenden Zustand bei der Verwendungsnachweisprüfung abhilft und die damit für<br />

den Landeshaushalt verbundenen Gefahren (vgl. Tzn. 353f.) beseitigt. Dies gilt um so mehr,<br />

als dass das LAGuS bereits seit Anfang 2006 für die Verwendungsnachweisprüfung zuständig<br />

ist und noch keine nachhaltige Besserung des unbefriedigenden Bearbeitungsstandes zu<br />

verzeichnen ist.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass das Innenministerium den Bearbeitungsstand im<br />

Auge behält und ggf. in Absprache mit dem für das LAGuS zuständigen Ministerium für So-<br />

ziales und Gesundheit zusätzliche Maßnahmen zum Abbau des Rückstands ergreift.<br />

2.2 Organisation der Verwendungsnachweisprüfung<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(357) Im bis 2006 zuständigen Sozialministerium kam es schon im Jahr 2000 zu Umorgani-<br />

sationen, die zu dem vorgenannten, sich immer weiter vergrößernden Rückstand bei der Prü-<br />

fung von Verwendungsnachweisen beitrugen. Bearbeiter wechselten oder wurden aus der<br />

Verwendungsnachweisprüfung abgezogen.<br />

Das Sozialministerium hat bis Ende 2006 keine nach den VV zu § 44 LHO mögliche Stich-<br />

probenregelung getroffen, die die Verwendungsnachweisprüfung beschleunigt hätte.<br />

142


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Seit dem 01.01.2006 ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) für die Ver-<br />

wendungsnachweisprüfung im Sportbereich zuständig. Auch innerhalb des LAGuS hat es<br />

noch Bearbeiterwechsel gegeben. Die jeweils notwendigen Einarbeitungszeiten in die Proble-<br />

matik Sportförderung mögen ein Grund für den unbefriedigenden Bearbeitungszustand sein.<br />

(358) Die organisatorischen Maßnahmen des bis Ende 2006 zuständigen Sozialministeriums<br />

waren insgesamt ungeeignet, um ein effizientes und den sachlichen und rechtlichen An-<br />

forderungen angemessenes Verwaltungsverfahren im Bereich der Sportförderung abzusi-<br />

chern.<br />

(359) Im Innenministerium, das die Sportfördermittel seit Januar 2007 bewilligt, ist bis<br />

Anfang <strong>2008</strong> keine Vorsorge getroffen worden, die Verwendung der ausgereichten Mittel<br />

auch zu prüfen.<br />

Das Referat „Sportpolitik, Sportförderung“ ist personell auch nicht entsprechend ausgestattet,<br />

um die Verwendungsnachweisprüfung künftig leisten zu können. Das Arbeitsgebiet Sport-<br />

förderung war ab Mai 2007 nicht besetzt, so dass schon Auszahlungen, die Überwachung der<br />

Verwendung, die diversen Änderungsanträge zur institutionellen und Projektförderung nur<br />

vertretungsweise bearbeitet wurden.<br />

Überhaupt nicht leistbar war im Jahr 2007 die im Hinblick auf mögliche Erstattungsansprüche<br />

unverzüglich nach Eingang der Verwendungsnachweise erforderliche Prüfung (vgl.<br />

Tzn. 352f.). Es wurden lediglich die Verwendungsnachweise bei der Bewilligungsstelle im<br />

Innenministerium „gesammelt“.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(360) Das Innenministerium greift die Anregung des Landesrechungshofes auf und wird eine<br />

Stichprobenregelung zur Verwendungsnachweisprüfung ausarbeiten. Zudem erwartet es von<br />

der inzwischen bereits in die Wege geleiteten Übertragung der gesamten Sportförderung auf<br />

das Landesförderinstitut (LFI) eine fristgerechte Prüfung der Verwendung der Sportförder-<br />

mittel, die seit Januar 2007 vom Innenministerium bewilligt wurden.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(361) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt, dass nunmehr eine Stichprobenregelung vorgesehen<br />

ist.<br />

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Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Hinsichtlich der Übertragung der Sportförderung auf das LFI gibt der <strong>Landesrechnungshof</strong> zu<br />

bedenken, dass das Problem des Bearbeitungsrückstands – und den damit verbundenen<br />

Gefahren für den Landeshaushalt (s. Tzn. 353f.) – bei der Verwendungsnachweisprüfung<br />

allein durch eine Auslagerung von Aufgaben aus der Landesverwaltung nicht gelöst werden<br />

kann, wenn nicht zugleich entsprechende Regelungen oder Vereinbarungen getroffen werden,<br />

die sicherstellen, dass der mit der Auslagerung erstrebte Erfolg auch eintritt. Der Landesrech-<br />

nungshof hat im Zuge seiner Prüfung „Stand der Abrechnung der Sanierungsgebiete im<br />

Rahmen der Städtebauförderung“ feststellen müssen, dass es auch im LFI zu erheblichen Be-<br />

arbeitungsrückständen bei der Verwendungsnachweisprüfung kommen kann 97 .<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass das Innenministerium auch nach vollzogener Über-<br />

tragung der Sportförderung auf das LFI mit Hilfe geeigneter Instrumentarien sicherstellt, dass<br />

es nicht wieder zu untragbaren Verzögerungen bei der Prüfung der Mittelverwendung kommt.<br />

Dabei weist er ausdrücklich darauf hin, dass die Verwendungsnachweisprüfung Kernstück der<br />

unerlässlichen Erfolgskontrolle einer jeden staatlichen Förderung ist. Wird die Verwendungs-<br />

nachweisprüfung – wie hier in den vergangenen Jahren geschehen – fast vollständig vernach-<br />

lässigt, steht immer auch die Förderung selbst in Frage.<br />

2.3 Einnahmen des Landessportbundes<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(362) Institutionell geförderte Einrichtungen sind verpflichtet, neben den bewilligten Zu-<br />

wendungen und Mitteln Dritter alle eigenen Mittel als Deckungsmittel für alle Ausgaben<br />

einzusetzen. Der Zuwendungsempfänger ist insbesondere gehalten, möglichst zuwendungs-<br />

mindernde Mehreinnahmen zu erzielen.<br />

Der LSB erzielt eigene Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, aus dem wirtschaftlichen Ge-<br />

schäftsbetrieb der beiden Sportschulen, aus Vermietungen (Räume der Geschäftsstelle und der<br />

Schulen bzw. Sportmobil der Sportjugend) und aus sonstigen Quellen, z. B. aus Teilnehmer-<br />

gebühren für eigene Veranstaltungen sowie im Rahmen des Sponsoring.<br />

Der Anteil der eigenen Einnahmen des LSB an der Gesamtfinanzierung lag in den Jahren<br />

2004 bis 2006 zwischen 47,7 % und 52,2 %. Er soll ab dem Haushaltsjahr 2007 von 50,6 %<br />

97 Vgl. <strong>Jahresbericht</strong> des <strong>Landesrechnungshof</strong>es 2007 Teil 2, Tzn. 412 und 415.<br />

144


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

auf 47,5 % im Haushaltsjahr 2009 absinken. Die eigenen Einnahmen sollen sich nach den<br />

Haushaltsplanungen von 2007 zu <strong>2008</strong> nur um rd. 3 % erhöhen, während sich der Landeszu-<br />

schuss um rd. 12,5 % erhöhen soll.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für erforderlich, dass der Anteil eigener Einnahmen an der<br />

Gesamtfinanzierung stärker erhöht wird. Keinesfalls sollte er unter den Stand von 2007 sin-<br />

ken.<br />

(363) Zum Jahresende 2005 nahm der LSB 796.032 Euro an Mitgliedsbeiträgen von 18<br />

Stadt- bzw. Kreissportbünden ein. Die Sportvereine zahlen an den LSB seit 2002 pro Jahr und<br />

Mitglied ihres Vereins unverändert für Erwachsene 5,00 Euro, für Jugendliche bis 18 Jahre<br />

2,00 Euro und für Kinder/Schüler bis 14 Jahre 1,00 Euro.<br />

Entsprechend seiner Beitragsordnung muss der LSB aus diesem Beitragsfonds die Beiträge<br />

zur Sportunfallversicherung und die Beiträge an den Deutschen Sportbund für seine Mit-<br />

gliedsvereine finanzieren. Von den Einnahmen des LSB aus Mitgliedsbeiträgen kamen auf<br />

diese Weise in den Jahren 2005 und 2006 mehr als die Hälfte unmittelbar den Mitgliedsver-<br />

einen zugute und konnten nicht für weitere satzungsmäßige Aufgaben des LSB verwendet<br />

werden.<br />

(364) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält eine Beitragserhöhung im Erwachsenenbereich um<br />

0,50 Euro bis 1,00 Euro pro Jahr für angemessen, um die geplanten Ausgabensteigerungen<br />

des LSB nicht nur über eine erhöhte institutionelle Förderung abzufangen. Auf diese Weise<br />

ließen sich Mehreinnahmen von ca. 150.000 Euro erzielen. Damit könnte der Zuschuss des<br />

Landes auf dem Niveau von 2007 gehalten werden.<br />

(365) Die Teilnehmerbeiträge für Fortbildungsveranstaltungen des LSB deckten die Kosten<br />

durchschnittlich zu 38 %. Für die einzelnen Veranstaltungen lag der Kostendeckungsgrad<br />

zwischen 17 % und 69 %.<br />

Künftig muss eine bessere Kostendeckung erreicht werden. Dabei ist eine Erhöhung der Teil-<br />

nehmerbeiträge für gut nachgefragte mehrtägige Fortbildungsangebote nach Ansicht des Lan-<br />

desrechnungshofs unumgänglich. Insbesondere muss die volle Kostendeckung bei nicht im<br />

LSB organisierten Teilnehmern erreicht werden. Bei den in der Regel einen größeren Zeit-<br />

raum umfassenden Ausbildungslehrgängen mit bis zu zehn Übernachtungen sind Teilnehmer-<br />

beiträge erforderlich, die mindestens den gewährten Verpflegungsleistungen entsprechen. Die<br />

145


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Kostenübernahme von mehr als 70 % aller Kosten sollte nach Ansicht des Landesrechnungs-<br />

hofes die Ausnahme bleiben.<br />

(366) Die Sportschule Güstrow erwirtschaftete im Jahr 2005 rd. 55 % ihrer Einnahmen<br />

selbst. Bei der Sportschule Yachthafen Warnemünde lag die Kostendeckung durch selbst er-<br />

wirtschaftete Einnahmen bei rd. 85 %. Die Sportschule Yachthafen Warnemünde nahm in hö-<br />

herem Maße Nutzungsentgelte für ihre Einrichtungen ein als das in Güstrow der Fall war. Die<br />

Auslastung der Übernachtungskapazitäten in Güstrow lag nur bei durchschnittlich 34 %.<br />

Die Sportschule Güstrow muss künftig einen höheren Anteil ihrer Einnahmen selbst erwirt-<br />

schaften. Neben der für <strong>2008</strong> bereits beschlossenen Erhebung von Nutzungsentgelten für die<br />

bisher kostenlos zur Verfügung gestellten Sportanlagen könnte dies etwa durch eine Ver-<br />

besserung der Auslastung außerhalb der Wochenenden, z. B. durch weitere Angebote an<br />

Senioren und Studenten erreicht werden. Darüber hinaus sollte erwogen werden, das sog.<br />

Werkessen entweder ganz einzustellen oder zumindest an Betriebsfremde nur zu wirtschaft-<br />

lich angemessenen Preisen abzugeben. Die Küche, die hauptsächlich die Sportler während der<br />

Fortbildungsveranstaltungen versorgt, bietet dieses Werkessen zwecks besserer Auslastung<br />

während der Woche mittags den neun Mitarbeitern an und versorgt auch 60 bis 80 Fremd-<br />

nutzer zu einem Preis von 3,00 Euro.<br />

Die Sportschule Yachthafen Warnemünde bietet Übernachtungen für Sportler aus anderen<br />

Bundesländern zu dem selben ermäßigten Preis an, der für Sportler aus den Sportvereinen<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s, die dem LSB angehören, gilt. Eine derartige Ermäßigung ist in<br />

Sportschulen anderer Landessportbünde unüblich und sollte aufgehoben werden.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(367) Das Innenministerium wird den LSB auffordern, die Hinweise des Landesrechnungs-<br />

hofes für eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge im Erwachsenenbereich zu prüfen, in seinen<br />

Gremien zu beraten und ggf. eine Änderung seiner Beitragsordnung zu beschließen.<br />

Ebenso will das Innenministerium dem LSB aufgeben zu prüfen, wie bei den Fortbildungsver-<br />

anstaltungen der Kostendeckungsgrad verbessert werden kann. Das Innenministerium will<br />

dabei eine vollständige Kostendeckung bei nicht im LSB organisierten Teilnehmern und die<br />

Festschreibung einer Obergrenze für die Kostenübernahme anstreben.<br />

146


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Die im Verhältnis zur Sportschule Yachthafen Warnemünde geringen selbst erwirtschafteten<br />

Einnahmen der Sportschule Güstrow sind nach Auffassung des Innenministeriums auch auf<br />

die unterschiedlichen Profile der Einrichtungen und die andersartigen Nutzerkreise zurückzu-<br />

führen. Gleichwohl geht das Innenministerium davon aus, dass der Neubau der Sporthalle in<br />

Güstrow eine Erweiterung des Nutzerkreises und damit wesentlich bessere Einnahmemöglich-<br />

keiten der Sportschule mit sich bringen wird. Wegen des Werkessens in der Sportschule<br />

Güstrow wird das Innenministerium den LSB zur Stellungnahme auffordern; es vertritt in-<br />

sofern die Auffassung, dass an Betriebsfremde ein Werkessen nur zu kostendeckenden<br />

Preisen abgegeben werden sollte. Hinsichtlich der Übernachtungspreise in der Sportschule<br />

Yachthafen Warnemünde wird das Innenministerium den LSB bitten, dafür zu sorgen, dass<br />

hier wie auch schon in der Sportschule Güstrow von Sportlern aus anderen Bundesländern<br />

künftig der volle Preis verlangt wird.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(368) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die Bemühungen des Innenministeriums, in ver-<br />

schiedenen Bereichen auf eine Erhöhung der Einnahmen des LSB hinzuwirken. Langfristig<br />

muss es das Ziel des Innenministeriums sein, dass der LSB den Anteil eigener Einnahmen an<br />

der Gesamtfinanzierung seines institutionellen Haushalts mindestens konstant hält.<br />

2.4 Ausgaben des Landessportbundes<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(369) Der LSB hat Zuwendungsmittel für Bewirtungen der Teilnehmer im Rahmen von<br />

Dienstbesprechungen und routinemäßigen Arbeitssitzungen, wie z. B. Sitzungen des Präsidi-<br />

ums, Festen oder vergleichbaren Ereignissen verwendet.<br />

Ausgaben für Bewirtungen sind zwar nicht immer auszuschließen, diese dürfen aber nicht zur<br />

Innenpräsentation (Bewirtung der Mitarbeiter) verwendet werden, sondern müssen eindeutig<br />

Außenwirkung haben. Dabei hat die Anzahl der externen Gäste zu überwiegen. Zudem<br />

müssen derartige Ausgaben in solchen Fällen angemessen und auf ein notwendiges Maß<br />

beschränkt sein. Das ist regelmäßig bei Ausgaben für Tagungsgetränke anzunehmen. Darüber<br />

hinaus gehende Ausgaben für Bewirtungen sind der privaten Lebensführung zu zuordnen und<br />

147


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

daher nicht aus Haushaltsmitteln, sondern durch Unkostenbeiträge der Teilnehmer abzude-<br />

cken.<br />

Stichproben ergaben zudem, dass auch Zahlungsbelege über LSB-interne Bewirtungen bei<br />

Konten der Öffentlichkeitsarbeit verbucht wurden, wie z. B. Belege zu der Frauenvollver-<br />

sammlung, zu einer Tagesfahrt anlässlich der „Hansesail“ oder zum „Jahresausklang“ am<br />

15.12.2005.<br />

Zur Öffentlichkeitsarbeit gehören unter anderem die Erstellung von Informations- und Werbe-<br />

materialien, die Internetpräsentation, Veranstaltungen, Medienarbeit sowie im angemessenen<br />

Umfang und mit Bezug zu den oben genannten Maßnahmen identifikationsstiftendes und den<br />

Sportbund bekannt machendes Werbe- und Streumaterial (Aufkleber usw.). Bewirtungen sind<br />

nur in geringem Umfang und nur bei ausreichendem Außenbezug, z. B. bei Pressegesprächen,<br />

dazu zu rechnen.<br />

(370) Die Sportjugend <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> ist die Jugendorganisation des LSB. Sie<br />

verwaltet sich im Rahmen der Satzung des LSB selbst und betreibt auch gesondert Öffentlich-<br />

keitsarbeit. Die für diesen Zweck veranschlagten Mittel wurden 2005 für die Erweiterung des<br />

Internetauftritts der Sportjugend, für eigene Flyer und Pokale sowie für den Kauf langfristig<br />

verwendbarer Werbemittel (Taschen u. ä.) eingesetzt, die auf die Sportjugend als Jugend-<br />

organisation im LSB hinweisen sollen.<br />

Ausgaben i. H. v. 6.000 Euro für ein einheitliches Erscheinungsbild der Sportjugend, unter<br />

anderem für Logoentwicklung, die aufgrund eines Dienstleistungsvertrages an eine GmbH ge-<br />

zahlt wurden, waren offenbar nicht notwendig, denn die für diese Summe erbrachten konzep-<br />

tionellen und Gestaltungsleistungen wurden bis zur Prüfung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es im<br />

Mai 2007 nicht verwertet.<br />

Hierzu kommt, dass Ende 2006 noch weitere 4.520 Euro für Nacharbeiten bzw. Überarbei-<br />

tung des bisher nicht vom Vorstand der Sportjugend akzeptierten Logos ausgegeben wurden.<br />

Bezahlt wurde lt. Rechnung vom 20.12.2006 u. a. noch die „Konkretisierung von Planer und<br />

Geschäftspapieren“, der Entwurf und die Reinzeichnung eines Flyers und weiterer Werbema-<br />

terialien, die Erstellung von Word-Format-Vorlagen und die „Vorbereitung neuerlicher<br />

Präsentationen“.<br />

148


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.4.2 Stellungnahme des Innenministeriums<br />

(371) Das Innenministerium will den LSB auf die Unzulässigkeit von Bewirtungen der Teil-<br />

nehmer an Dienstbesprechungen und routinemäßigen Arbeitssitzungen hinweisen. Die Bu-<br />

chung von Bewirtungsausgaben bei Konten für Öffentlichkeitsarbeit will es mit dem LSB er-<br />

örtern.<br />

Die Ausgaben der Sportjugend sollen im Rahmen der noch ausstehenden Verwendungsnach-<br />

weisprüfung näher auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht werden. Auch über eine mögliche<br />

Rückforderung von Fördermitteln soll dann entschieden werden.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(372) Es genügt grundsätzlich nicht, den Zuwendungsempfänger lediglich auf die Unzu-<br />

lässigkeit bestimmter Ausgaben hinzuweisen. Das Innenministerium muss geeignete Vorkeh-<br />

rungen treffen, dass der LSB künftig Fördermittel nur für den Zuwendungszweck ausgibt.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass die vom Innenministerium nunmehr in Aus-<br />

sicht gestellte Verwendungsnachweisprüfung unverzüglich nachgeholt wird und mögliche<br />

Rückforderungen geprüft werden. Er weist insofern nochmals nachdrücklich darauf hin, dass<br />

auf die drohende Verjährung von offensichtlichen Rückforderungsansprüchen (s. Tzn. 352f.)<br />

geachtet werden muss.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

149


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Einzelplan 05 – Geschäftsbereich des Finanzministeriums<br />

8 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2006<br />

Im Rahmen der Erstellung und des Drucks einer Informationsbroschüre wurden die<br />

einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen teilweise nicht beachtet.<br />

Die Buchung der Ausgaben erfolgte bei einem sachlich falschen Titel. Die Ist-Ausgaben<br />

für die Erstellung und den Druck der Informationsbroschüre überschritten die dafür<br />

geplanten Mittel aufgrund einer nachträglichen Änderung der Leistungsbeschreibung<br />

um 34 %.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(373) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> führte im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung des<br />

Jahres 2006 eine Belegprüfung im Finanzministerium bei Titel 0501 511.01 Geschäftsbedarf<br />

und Kommunikation sowie Geräte, Ausstattung- und Ausrüstungsgegenstände, sonstige Ge-<br />

brauchsgegenstände (ohne Fernmeldegebühren) durch.<br />

(374) Aus diesem Haushaltstitel wurde 2006 eine Informationsbroschüre zur Finanz- und<br />

Haushaltssituation des Landes finanziert, die Kostenschätzung für deren Erstellung und Druck<br />

belief sich auf insgesamt 10.000 Euro.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Vergabeverfahren<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(375) Das Finanzministerium forderte im Februar 2006 fünf Unternehmen zur Angebots-<br />

abgabe für Konzeption, Gestaltung, Satz und Layout der Informationsbroschüre auf. Dieser<br />

Aufforderung kamen Unternehmen A mit einen Angebot i. H. v. 5.777 Euro (brutto) und Un-<br />

ternehmen B mit einem Angebot i. H. v. 7.321 Euro (brutto) nach. Im Wege der freihändigen<br />

Vergabe wurde dem wirtschaftlichsten und inhaltlich überzeugendsten Angebot von Unter-<br />

nehmen A mit Schreiben vom 20.02.2006 der Zuschlag erteilt.<br />

150


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(376) Das beauftragte Unternehmen A hatte dem Finanzministerium bereits im Januar 2006<br />

und damit im Vorfeld der Angebotsaufforderung ein Angebot zur später ausgeschriebenen<br />

Leistung i. H. v. 9.605 Euro (brutto) unterbreitet, was nach Aussage des Finanzministeriums<br />

der Orientierung hinsichtlich Kostenrahmen und Leistungsbeschreibung diente. Gemäß der<br />

Aktenlage wurde auch dieses Orientierungsangebot mit Datum vom 28.02.2006 angenom-<br />

men. Damit hätte das Finanzministerium zwei in der Höhe unterschiedlichen Angeboten ein<br />

und desselben Unternehmens den Zuschlag erteilt.<br />

(377) Mit dem Druck der Informationsbroschüre, welcher nicht Bestandteil der ursprüngli-<br />

chen Ausschreibung war, wurde ein Unternehmen beauftragt, welches im Vergabeverfahren<br />

keine Rolle gespielt hatte. Nach Aussage des Finanzministeriums handelte es sich dabei um<br />

einen Unterauftragnehmer des mit der Erstellung der Broschüre beauftragten Unter-<br />

nehmens A. Die Druckkosten beliefen sich auf 4.750 Euro (brutto).<br />

(378) Da der Druck der Informationsbroschüre nicht Gegenstand der ursprünglichen Ange-<br />

botsaufforderung war, hätte es zu dessen ordnungsgemäßer Vergabe eines weiteren Vergabe-<br />

verfahrens bedurft. Gemäß einem Aktenvermerk ging das Finanzministerium ursprünglich<br />

auch von einer späteren (separaten) Ausschreibung der Druckleistung aus.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(379) Nach Mitteilung des Finanzministeriums sei ausschließlich dem im Rahmen der Ange-<br />

botsaufforderung abgegebenen Angebot von Unternehmen A mit Schreiben vom 20.02.2006<br />

der Zuschlag erteilt worden. Die am 28.02.2006 handschriftlich vermerkte Annahme des<br />

Orientierungsangebots sei Unternehmen A nicht zur Angebotsannahme, zu einem späteren<br />

Zeitpunkt jedoch zur Bestätigung der Druckauflage übersandt worden.<br />

(380) Hinsichtlich des Vergabeverfahrens zum Druck der Informationsbroschüre weist das<br />

Finanzministerium darauf hin, dass Satz und Druckabwicklung Gegenstand der Ausschrei-<br />

bung und des Angebots waren. Dies beinhaltet neben der Erstellung der druckfertigen Vor-<br />

lagen auch die Auswahl der den Qualitätsanforderungen entsprechenden Druckereien.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(381) Ausgehend von der Aktenlage bleibt festzuhalten, dass gegenüber Unternehmen A so-<br />

wohl das offizielle Angebot als auch das Orientierungsangebot angenommen wurde, wobei im<br />

151


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Falle des Orientierungsangebots die Gründe für die Angebotsannahme und das Übersen-<br />

dungsdatum nicht mehr zweifelsfrei festzustellen waren.<br />

(382) Satz und Druckabwicklung als Bestandteil der ausgeschriebenen Dienstleistung ent-<br />

halten laut Angebotsaufforderung „u. a. Layout und Satz der Broschüre, Layout-/Farbkon-<br />

trolle [sowie die Bereitstellung] druckfertige[r] Dateien“. Damit war der Druck der Informa-<br />

tionsbroschüre in einer Stückzahl von 10.000 nicht Bestandteil der Angebotsaufforderung. In-<br />

sofern bleibt der <strong>Landesrechnungshof</strong> bei seiner Auffassung, dass es für den Druck der In-<br />

formationsbroschüre eines separaten Vergabeverfahrens seitens des Finanzministeriums be-<br />

durft hätte.<br />

2.2 Überschreitung der geplanten Gesamtausgaben<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(383) Die Ist-Ausgaben beliefen sich auf insgesamt 13.380,60 Euro und haben die geplanten<br />

Mittel von 10.000 Euro damit um rd. 34 % überschritten.<br />

(384) Ursächlich dafür war, dass die in Rechnung gestellten Gesamtkosten für Konzeption,<br />

Gestaltung, Satz und Layout der Informationsbroschüre mit 8.630 Euro das Angebot des Un-<br />

ternehmens A vom Februar 2006 um ca. 50 % erheblich überstiegen. Gleichzeitig kamen sie<br />

aber dem Orientierungsangebot vom Januar 2006 nahe.<br />

(385) Die Preisabweichung zwischen Angebot und Rechnung begründet sich hauptsächlich<br />

mit der Anzahl verwendeter Bilder. So wurde im offiziellen Angebot vom Februar 2006 von<br />

lediglich sechs Bildern ausgegangen. Das Orientierungsangebot vom Januar 2006 wurde je-<br />

doch auf der Basis von 20 Bildern erstellt. In Rechnung gestellt wurde schließlich die<br />

Verwendung von 42 Bildern.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(386) Das Finanzministerium teilt die Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(387) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für geboten, Angebotsaufforderungen zukünftig prä-<br />

zisere Leistungsbeschreibungen (Anzahl Grafiken und Bilder etc.) zugrunde zu legen, um un-<br />

152


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

wirtschaftliche Vergabeentscheidungen ausschließen und Mehrausgaben vorbeugen zu<br />

können.<br />

2.3 Wahl des Titels<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(388) Die herausgegebene Informationsbroschüre richtete sich an die Bürgerinnen und<br />

Bürger <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s und war eine Publikation im Rahmen der Öffentlichkeits-<br />

arbeit des Finanzministeriums. Demnach wären die Ausgaben bei Titel 0501 531.02 Öffent-<br />

lichkeitsarbeit des Finanzministeriums zu buchen gewesen.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(389) Nach Auffassung des Finanzministeriums sei in Abhängigkeit von der Schwerpunkt-<br />

setzung sowohl eine Buchung bei Titel 0501 511.01 (Schwerpunkt: Erstellung und Druck) als<br />

auch bei Titel 0501 531.02 (Schwerpunkt: Öffentlichkeitsarbeit) möglich gewesen. „Der<br />

Feststellung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es könnte insoweit Rechnung getragen werden, als dass<br />

die Broschüre der Öffentlichkeitsarbeit des Finanzministeriums diente. ... Das Finanz-<br />

ministeriums teilt unter Berücksichtigung der hier dargelegten Schwerpunktsetzung die Auf-<br />

fassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es.“<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(390) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass die Titelwahl künftig entsprechend den<br />

haushaltsrechtlichen Vorschriften erfolgt.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

153


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

9 Behandlung bedeutender Einkommensteuerfälle<br />

Steuererklärungen von Steuerbürgern mit hohen Einkünften enthalten häufig schwie-<br />

rige steuerliche Sachverhalte. Mit der Komplexität des Steuerfalls steigt in der Regel<br />

auch die Fehleranfälligkeit in der Bearbeitung. Solchen Fällen muss deshalb erhöhte<br />

Aufmerksamkeit zuteil werden. Die Finanzämter sind dieser Aufgabe nicht vollen Um-<br />

fangs gerecht geworden. Sie haben in mehreren Fällen die Vorauszahlungen nicht ange-<br />

passt, Steuererklärungen nicht vorzeitig angefordert und hohe Abschlusszahlungen<br />

erheblich verspätet festgesetzt. Auch unterliefen ihnen materiell-rechtliche Fehler –<br />

manche mit erheblichen Auswirkungen.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(391) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat im Rahmen einer Querschnittsprüfung die Bearbeitung<br />

bedeutender Einkommensteuerfälle durch die Finanzämter geprüft. Als bedeutend hat er im<br />

Wesentlichen Fälle angesehen, in denen die Steuerpflichtigen Einkünfte von mehr als<br />

250.000 Euro erzielten. Landesweit handelt es sich hierbei um rd. 900 Fälle. Der Landesrech-<br />

nungshof führte hierzu in der Zeit von März bis September 2007 örtliche Erhebungen in den<br />

Finanzämtern Neubrandenburg, Rostock, Waren und Wismar durch. Hierbei wurden die<br />

Steuerakten von insgesamt 73 Einkommensteuerfällen eingesehen; die Prüfung erstreckte sich<br />

zumeist auf je vier Veranlagungszeiträume.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Anpassung von Vorauszahlungen<br />

(392) Wer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbststän-<br />

diger Arbeit bezieht, hat Vorauszahlungen auf die voraussichtliche Steuerschuld zu leisten.<br />

Die endgültige Steuerschuld wird erst mit dem Einkommensteuerbescheid Monate oder gar<br />

Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt. Die Festsetzung von Vorauszah-<br />

lungen soll bewirken, dass der Fiskus die Steuern bereits vor Ablauf des Veranlagungszeit-<br />

raums vereinnahmen kann. Auf seiner Seite sorgt die möglichst frühe Vereinnahmung der<br />

Steuern für einen gleichmäßigeren Steuerfluss, sie verhindert Zinsnachteile und verringert das<br />

154


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Ausfallrisiko. Auf Seiten des Steuerpflichtigen löst es das Problem, die gesamte Steuerschuld<br />

innerhalb eines Monats begleichen zu müssen.<br />

(393) Das Finanzamt setzt die Vorauszahlungen regelmäßig mit dem Einkommensteuerbe-<br />

scheid fest – für die Zukunft, eventuell auch für ein abgelaufenes, noch nicht veranlagtes Jahr.<br />

Erlangt das Finanzamt Kenntnis von Sachverhalten, die zu einer höheren Steuer führen, er-<br />

höht es die Vorauszahlungen. Es kann die Vorauszahlungen auf Antrag des Steuerpflichtigen<br />

auch verringern; der Antrag ist zu begründen.<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(394) Die Finanzämter versäumten in mehreren Fällen, die Vorauszahlungen zu erhöhen, ob-<br />

wohl dies geboten war. So erfuhren sie noch vor Ablauf des Kalenderjahrs von hohen Ver-<br />

äußerungsgewinnen und Beteiligungseinkünften oder sie erlangten vor Abgabe der Steuer-<br />

erklärung Kenntnis von erheblichen Umsatzsteigerungen. In anderen Fällen passten die Fi-<br />

nanzämter im Rahmen einer Veranlagung die Vorauszahlungen für die Zukunft an, unter-<br />

ließen jedoch die nachträgliche Erhöhung der Vorauszahlung für das abgelaufene, noch nicht<br />

veranlagte Kalenderjahr. Vereinzelt setzten sie Vorauszahlungen wie beantragt herab, ohne<br />

die angegebenen Gründe zu prüfen. Vielfach hätten Abschlusszahlungen von jeweils mehre-<br />

ren 10.000 Euro vermieden werden können. In einigen Fällen überstiegen die Abschlusszah-<br />

lungen sogar deutlich 100.000 Euro – vereinnahmt erst viele Monate nach Ablauf des Ver-<br />

anlagungszeitraums.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(395) Vorauszahlungen seien lediglich „im Schätzungswege“ ermittelte Abschlagszahlun-<br />

gen. Sie wichen daher in der Praxis regelmäßig von der Jahressteuerschuld ab. Steuernachzah-<br />

lungen bei der Veranlagung seien „deshalb weder ungewöhnlich, noch lassen sie für sich ge-<br />

nommen auf Bearbeitungsfehler im Vorauszahlungsverfahren schließen.“<br />

(396) „Zwar sind die Finanzämter im Interesse der Sicherstellung des Steueranspruchs so-<br />

wie der Vermeidung von Zinsnachteilen für den Fiskus gehalten, hohe Abschlusszahlungen<br />

durch eine zeitnahe Anpassung der Vorauszahlungen zu vermeiden.“ Dies bedeute jedoch<br />

nicht, „dass jedwede Information ... über steuererhöhende Tatsachen zu einer Erhöhung des<br />

Vorauszahlungssolls führt.“ Vielmehr habe das Finanzamt dem Steuerbürger Gelegenheit zu<br />

geben, auch steuermindernde Umstände vorzutragen. Dieses Verfahren könne sich „als sehr<br />

155


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

komplex – und ggf. auch als streitanfällig – erweisen.“ Deshalb beschränke sich die Finanz-<br />

amtspraxis darauf, „die Erhöhung der Vorauszahlungen vor allem dann näher zu prüfen,<br />

wenn die Gesamtumstände eine solche auch als begründet erscheinen lassen.“<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(397) Die Festsetzung der Vorauszahlungen ist mit Unsicherheiten behaftet, die exakte Vor-<br />

hersage der voraussichtlichen Einkommensteuerschuld wird nur ausnahmsweise möglich sein.<br />

Zeichnet sich jedoch eine erhebliche Abweichung zum bisherigen Vorauszahlungssoll ab,<br />

müssen die Finanzämter eine Anpassung vornehmen. Abschlusszahlungen von mehreren<br />

10.000 Euro und erst recht – wie vereinzelt festgestellt – deutlich über 100.000 Euro sind zu<br />

vermeiden. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat keine Belege dafür gefunden, dass die betroffenen<br />

Steuerpflichtigen die Erhöhung der Vorauszahlungen in größerer Zahl anfechten.<br />

2.2 Abgabe der Steuererklärungen<br />

(398) Wird die Einkommensteuererklärung von einem Steuerberater erstellt, gilt über die<br />

gesetzliche Abgabefrist bis zum 31.05. des Folgejahrs hinaus eine allgemein gewährte Frist-<br />

verlängerung bis zum 30.09. (seit 2005: 31.12.) des Folgejahrs. Die Finanzämter können die<br />

Erklärungen jedoch vorzeitig anfordern. Hiervon sollen sie insbesondere dann Gebrauch ma-<br />

chen, wenn hohe Abschlusszahlungen erwartet werden. Zur Überwachung der Fälle mit hohen<br />

Abschlusszahlungen ergeht am Anfang des Jahres die „Liste zur vorzeitigen Anforderung von<br />

Steuererklärungen“. Sie enthält alle Fälle, bei der die letzte Veranlagung zu einer Abschluss-<br />

zahlung von mehr als 15.000 Euro führte.<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(399) Die Finanzämter forderten Steuererklärungen selbst dann nicht vorzeitig an, wenn –<br />

trotz Anpassung der Vorauszahlungen – in den Vorjahren hohe Abschlusszahlungen ent-<br />

standen waren. In einem Fall betrugen die Abschlusszahlungen der Vorjahre 200.000 Euro<br />

und 400.000 Euro. Gleichwohl verzichtete das Finanzamt darauf, die ausstehende Einkom-<br />

mensteuererklärung vorzeitig anzufordern; folglich konnte die Abschlusszahlung von über<br />

100.000 Euro nicht rechtzeitig vereinnahmt werden. In anderen Fällen gewährten die Finanz-<br />

ämter Fristverlängerungen, obwohl Abschlusszahlungen in den Vorjahren eine vorzeitige An-<br />

forderung verlangt hätten.<br />

156


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(400) Vergehen mehr als 15 Monate bis zur Festsetzung der Steuer, werden Abschlusszah-<br />

lungen und Erstattungsansprüche verzinst. In einigen Fällen leisteten die Steuerpflichtigen die<br />

voraussichtliche Abschlusszahlung noch innerhalb dieser Frist, um der Verzinsung zu entge-<br />

hen, obwohl der Einkommensteuerbescheid noch nicht erlassen war. Infolge der freiwilligen<br />

Zahlung weist der Einkommensteuerbescheid keine Abschlusszahlung aus. Der Bearbeiter er-<br />

kennt daher nicht, dass höhere Vorauszahlungen festzusetzen sind. Zudem erscheint der Fall<br />

nicht auf der „Liste zur vorzeitigen Anforderung von Steuererklärungen“. Folglich unterbleibt<br />

auch die möglicherweise gebotene vorzeitige Anforderung der ausstehenden Steuererklärung.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(401) Das Finanzministerium bestreitet die Einzelfeststellungen nicht. Die fehlende Berück-<br />

sichtigung der Steuerfälle „mit freiwilligen Zahlungen“ auf der „Liste zur vorzeitigen Anfor-<br />

derung von Steuererklärungen“ nimmt es zum Anlass, auf eine Änderung des zugrunde lie-<br />

genden Programms hinzuwirken, um auch diese Fälle zu erfassen.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(402) Die Finanzverwaltung sollte bei hohen Abschlusszahlungen in den Vorjahren mehr als<br />

bisher davon Gebrauch machen, Steuererklärungen vorzeitig anzufordern. Der Landesrech-<br />

nungshof begrüßt daher die Ankündigung des Ministeriums, auf die Erweiterung der maschi-<br />

nellen Unterstützung hinzuwirken.<br />

2.3 Bearbeitung der Steuererklärungen (Veranlagung)<br />

(403) Die Finanzämter sind angewiesen, Steuererklärungen grundsätzlich in der Reihenfolge<br />

des Eingangs zu bearbeiten. Angesichts der steuerlichen Auswirkungen ist bei der Ver-<br />

anlagung der Steuerbürger mit hohen Einkünften stets mit besonderer Sorgfalt vorzugehen, da<br />

Bearbeitungsfehler im Einzelfall schnell zu Einnahmeausfällen von einigen Tausend Euro<br />

führen können.<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(404) Die Bearbeitung in der Reihenfolge des Eingangs bewirkte bei Hinzutreten weiterer<br />

Umstände wie Krankheit oder Elternzeit, dass auch bei Steuerbürgern mit hohen und sogar<br />

sehr hohen Einkünften bis zu 18 Monate verstrichen, bis mit der Veranlagung begonnen<br />

157


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

wurde. Selbst eine vorzeitig angeforderte Steuererklärung – das Finanzamt hatte also die Be-<br />

deutung des Falles erkannt – blieb sieben Monate lang unbearbeitet liegen; die Abschlusszah-<br />

lung betrug 103.000 Euro. In anderen Fällen hatte das Finanzamt zügig mit der Bearbeitung<br />

begonnen, sie dann aber für bis zu zwei Jahre unterbrochen. Infolge des verzögerten Ver-<br />

anlagungsbeginns oder langfristiger Unterbrechungen konnten in mehreren Fällen Abschluss-<br />

zahlungen von jeweils mehr als 100.000 Euro erst mit mehrmonatiger Verspätung verein-<br />

nahmt werden.<br />

(405) Den Finanzämtern unterliefen eine ganze Reihe materiell-rechtlicher Fehler. Die Aus-<br />

wirkungen waren zum Teil beträchtlich. So hat ein Finanzamt in einem Einzelfall – entgegen<br />

allgemeiner Vorgaben – Verluste von mehr als einer Mio. Euro aus einer Pferdezucht aner-<br />

kannt, obwohl dieser Betrieb als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei anzusehen sein könnte.<br />

Eine abschließende Beurteilung wird erst nach einer Anlaufphase von mehreren Jahren<br />

möglich sein. Die Festsetzung der Steuer hätte daher vorläufig erfolgen müssen. Hat das Fi-<br />

nanzamt Gewissheit darüber erlangt, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht, muss es die Vorläu-<br />

figkeit aufheben und die Verluste endgültig anerkennen oder die Steuerbescheide ändern und<br />

die Verluste versagen. Als fehleranfällig erwiesen sich auch die Ermittlung von Veräuße-<br />

rungsgewinnen sowie die Auswertung der sog. ESt 4 B-Mitteilungen. Diese Mitteilungen<br />

werden verwendet, wenn der Steuerpflichtige an einer Personengesellschaft beteiligt ist. Das<br />

Finanzamt, bei dem diese Gesellschaft steuerlich geführt wird, unterrichtet damit das<br />

Wohnsitzfinanzamt des Gesellschafters über die bei dessen Veranlagung zu berück-<br />

sichtigenden Besteuerungsgrundlagen (z. B. den Gewinnanteil und anrechenbare Steuerbeträ-<br />

ge). Die Länder haben die ESt 4 B-Mitteilungen unterschiedlich gestaltet. Dies hat die<br />

fehlerhafte Auswertung zumindest begünstigt.<br />

(406) Die Bearbeitungsmängel sind nicht nur den Sachbearbeitern anzulasten. Die hier un-<br />

tersuchten Steuerfälle unterlagen weit überwiegend dem Zeichnungsvorbehalt der Sachge-<br />

bietsleiter. Sie sind ihrer Aufsichtspflicht nur unzureichend nachgekommen.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Finanzministeriums<br />

(407) Das Ministerium räumte ein, es bestehe „Einvernehmen, dass zur Vermeidung hoher<br />

Abschlusszahlungen auch für diesen Personenkreis eine möglichst zeitnahe Veranlagung<br />

anzustreben ist. Darüber hinaus ist für die materiell-rechtliche Bearbeitung dieser Fälle<br />

158


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

wegen der erhöhten steuerlichen Auswirkungen besondere Sorgfalt anzuwenden“. Es werde<br />

die Finanzämter im Rahmen seiner Fachaufsicht nochmals hierauf hinweisen.<br />

(408) Die Zeit vom Erklärungseingang bis zum Erlass des Steuerbescheids konnte erheblich<br />

gesenkt werden. So benötigten die Finanzämter im Jahr 2005 gemessen an allen Fällen noch<br />

durchschnittlich 71 Tage bis zum Ergehen des Bescheids. Im Jahr 2007 seien es nur noch<br />

44 Tage gewesen.<br />

(409) Der „fallgruppenorientierte Ansatz des <strong>Landesrechnungshof</strong>es“ und damit eine geson-<br />

derte Behandlung der „bedeutenden Steuerfälle“ werde als „nicht zielführend“ angesehen.<br />

Das Ministerium verweist auf das seit dem Veranlagungszeitraum 2006 eingesetzte ma-<br />

schinelle Risikomanagementsystem für alle Einkommensteuererklärungen. Hierbei durch-<br />

laufen alle Erklärungen einen Risikofilter, der Fälle mit potenziell prüfungswürdig erkannten<br />

Sachverhalten zur Bearbeitung aussteuere. Die vom <strong>Landesrechnungshof</strong> als bedeutende Ein-<br />

kommensteuerfälle eingestufte Gruppe werde durch entsprechende Risikoparameter zur Höhe<br />

der Einkünfte und der Abschlusszahlung berücksichtigt. Ziel des Risikomanagementsystems<br />

sei es, die Bearbeitungszeiten für die als risikoarm eingestuften Fälle zu verringern, um sich<br />

intensiver den schwierigen Steuerfällen widmen zu können.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(410) Die Forderung nach einer besonders sorgfältigen Bearbeitung beinhaltete nicht eine<br />

fallgruppenorientierte gesonderte Behandlung der bedeutenden Einkommensteuerfälle – bei-<br />

spielsweise in gesonderten Veranlagungsbezirken. Der konzeptionelle Ansatz des Risikoma-<br />

nagementsystems soll die intensive Bearbeitung risikoreicher – also fehleranfälliger – Sach-<br />

verhalte sicherstellen. Hierin besteht Einvernehmen.<br />

(411) Steuererklärungen von Steuerpflichtigen mit sehr hohen Einkünften enthalten häufig<br />

schwierige steuerliche Sachverhalte, die ein beträchtliches finanzielles Ausfallrisiko bergen<br />

können. Die Bearbeitung dieser Fälle muss daher mit der gebotenen Sorgfalt erfolgen. Ange-<br />

sichts des komplexen und sich ständig wandelnden Steuerrechts werden an die Bearbeiter in<br />

den Finanzämtern hohe Anforderungen gestellt, denen sie nicht immer gerecht werden<br />

können. Nur eine grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts dürfte allerdings wesentlich<br />

dazu beitragen, Vollzugsdefizite zu vermeiden.<br />

159


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(412) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> nimmt zur Kenntnis, „dass sich die Steuerverwaltung kri-<br />

tisch und konstruktiv mit erkannten Schwachstellen bei der Festsetzung und Erhebung der<br />

Steuern ... auseinandergesetzt hat und bestrebt ist, allgemein die Qualität der Bearbeitung zu<br />

verbessern“. Er bestärkt das Ministerium, diesen Weg fortzusetzen.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

160


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Einzelplan 06 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und<br />

Tourismus<br />

10 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2005<br />

Die zuwendungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Projektförderung<br />

waren nicht gegeben.<br />

Die Projektförderung erfolgte im wirtschaftlichen Ergebnis als unzulässige Vollfinanzie-<br />

rung, da der Zuwendungsempfänger den schon äußerst gering festgesetzten Eigenanteil<br />

von 2,6 % nicht erbrachte.<br />

Der Zuwendungsgeber hat für das Haushaltsjahr 2005 Ausgaben als zuwendungsfähig<br />

anerkannt, denen auf Seiten des Zuwendungsempfängers keine Ausgaben gegenüber-<br />

standen oder nicht Gegenstand der Förderung waren. Darüber hinaus wurde gegen das<br />

Besserstellungsverbot verstoßen.<br />

Die im Haushaltsjahr 2005 im Zusammenhang mit dem Zuwendungszweck erzielten<br />

Einnahmen von 97.237,52 Euro wurden nicht als zusätzliche Deckungsmittel, sondern<br />

für eine unzulässige Erhöhung der Zuwendung verwendet.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(413) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> führte im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2005<br />

eine Belegprüfung bei dem aus Mitteln des Fonds „Zukunft für die Jugend in <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong>“ (1108 893.01) verstärkten Titel 0602 683.33 MG 03 Maßnahmen zur Außen-<br />

darstellung des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> – Marketingkampagne Gesundheitswirt-<br />

schaft durch.<br />

Das Ausgabe-Ist bei Titel 0602 683.33 MG 03 betrug im Haushaltsjahr 2005 insgesamt<br />

1.076.796,97 Euro. Die Mittel wurden ausschließlich für eine Zuwendung (Projektförderung<br />

an ein Unternehmen in Rechtsform einer GmbH; Bewilligungszeitraum: 01.03.2004 bis<br />

31.12.2006) zur Förderung der Gesundheitswirtschaft verwendet und in Form eines nicht<br />

rückzahlbaren Zuschusses als Anteilfinanzierung gewährt.<br />

(414) Die Belegprüfung beschränkte sich primär auf die im Rahmen der Projektförderung im<br />

Jahr 2005 geleisteten Ausgaben. Geprüft wurden die Mittelanforderungen des Zuwendungs-<br />

161


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

empfängers, die Auszahlungsanordnungen, der zahlenmäßige Zwischennachweis, die Beleg-<br />

listen zum Zwischennachweis sowie die vom Zuwendungsempfänger vorgelegten Belege. 98<br />

Bei der Beurteilung der Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben wurden die Zuwendungs-<br />

bescheide sowie die Sachstandsberichte des Zuwendungsempfängers berücksichtigt.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Aktenordnung<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(415) Die vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus vorgelegten Akten ent-<br />

sprachen nicht den Grundsätzen eines ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns. Entschei-<br />

dungen des Zuwendungsgebers konnten anhand der vorgelegten Akten nicht immer nachvoll-<br />

zogen werden. Die Verbindlichkeit von Dokumenten war teilweise nicht ersichtlich. Die Ak-<br />

ten waren in Teilen unvollständig (fehlende Anlagen zu Dokumenten, fehlende Belege etc.).<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(416) Die nicht ordnungsgemäße Ablage des Zwischennachweises 2005 sei dem Umstand<br />

eines mehrfachen Personalwechsels geschuldet gewesen.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(417) Die Feststellungen betrafen nicht nur die Ablage des Zwischennachweises 2005. Der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> geht zukünftig von einer geordneten Aktenführung aus.<br />

2.2 Zuwendungsbescheide<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(418) Für die Projektförderung ergingen ein Erstbescheid sowie insgesamt vier Änderungs-<br />

bescheide. Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es war der in den Bescheiden jeweils<br />

formulierte Zuwendungszweck inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. 99 Der jeweilige Zu-<br />

wendungszweck sowie die präzisierenden Projektbeschreibungen waren mitunter derart weit<br />

98 Der Zuwendungsempfänger war verpflichtet, mit dem Zwischennachweis 2005 sämtliche Belege für das Jahr<br />

2005 vorzulegen. Teilweise wurden Belege bereits mit den Mittelanforderungen vorgelegt.<br />

99 Bestimmtheitsgebot gem. § 37 Abs. 1 VwVfG M-V i. V. m. VV Nr. 4.2.3 zu § 44 LHO.<br />

162


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

gefasst, dass nahezu jegliche Maßnahmen, die der Förderung der Gesundheitswirtschaft in<br />

Ansätzen dienen, dem Zuwendungszweck zugeordnet werden konnten.<br />

(419) Eine begleitende und abschließende Erfolgskontrolle der Projektförderung auf Grund-<br />

lage der Zuwendungsbescheide war aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es kaum möglich.<br />

(420) Mit dem zweiten Änderungsbescheid erfolgte unter Berücksichtigung der zuwen-<br />

dungsfähigen Ausgaben und der Förderquote außerdem eine unzulässige Zuwendungsbewilli-<br />

gung i. H. v. 284,79 Euro.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(421) Grundlage des Gesamtprojektes sei eine im Zeitraum 09/2002 bis 02/2003 im Auftrag<br />

des damaligen Wirtschaftsministeriums erstellte Studie zur Zukunftsbranche Gesundheitswirt-<br />

schaft gewesen. Von den mit der Studie unterbreiteten 47 Vorschlägen sollten 6 Schwerpunkt-<br />

aufgaben (Leitprojekte) im Rahmen der Projektförderung umgesetzt werden.<br />

Nach Auffassung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sei „eine de-<br />

taillierte und festgeschriebene Benennung von Veranstaltungen, Tagungen und Themen mit<br />

Zeit und Ortsangabe zur Umsetzung der Leitprojekte zu einem sehr frühen Zeitpunkt der<br />

Förderung ... bei der Entwicklung einer neuen Querschnittswirtschaftsbranche objektiv nur in<br />

sehr engen Grenzen möglich [gewesen]. Der Entwicklungsprozess dieser neuen Branche war<br />

vielmehr ein laufend sich verändernder, dynamischer Prozess, in den alle auch zum Teil noch<br />

zu ermittelnde Akteure eingebunden und gemeinsame Maßnahmen entwickelt werden<br />

sollten.“ Insofern seien der Zuwendungszweck hinreichend bestimmt und die Zusammen-<br />

setzung der Ausgaben aus dem Zuwendungsbescheid ersichtlich gewesen, da die Finanzie-<br />

rungspläne stets Bestandteile der Anträge des Zuwendungsempfängers waren.<br />

(422) Zur Gewährleistung einer Erfolgskontrolle sei der interministeriellen Arbeitsgruppe<br />

„Gesundheitswirtschaft/Gesundheitstourismus“ regelmäßig berichtet sowie ein Beirat und<br />

Kuratorium institutionalisiert worden. Die Gremien hätten den Handelnden regelmäßig eine<br />

erfolgreiche Arbeit bestätigt.<br />

(423) Bei dem unzulässigen Zuwendungsbetrag von 284,79 Euro „handelt es sich um eine<br />

Rundungsdifferenz bei der Erstellung des Änderungsbescheides.“<br />

163


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(424) Aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es waren die zuwendungsrechtlichen Voraussetzun-<br />

gen nicht erfüllt. Vor dem Hintergrund des unkonkreten Zuwendungszwecks und der größten-<br />

teils erst im Rahmen der Projektförderung entwickelten Maßnahmen zur Erfüllung des Zu-<br />

wendungszwecks hätten die Bescheide nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es in der<br />

vorliegenden Form nicht erteilt werden dürfen.<br />

(425) Auch die begleitende und abschließende Erfolgskontrolle war auf dieser Grundlage<br />

kaum möglich.<br />

(426) Die Kontrolle der Erfüllung des Zuwendungszwecks obliegt rechtlich nicht „einge-<br />

richteten Gremien“, sondern dem Zuwendungsgeber. Die Bestätigung einer „erfolgreichen<br />

Arbeit“ kann die Prüfung der ordnungsgemäßen Verwendung der Mittel im Rahmen der zu-<br />

wendungsrechtlichen Bestimmungen nicht ersetzen, zumal insbesondere der Beirat maß-<br />

geblich an der Entscheidung über durchzuführende Maßnahmen zur Realisierung des Zuwen-<br />

dungszwecks beteiligt war.<br />

(427) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sollte die Rückforderung des<br />

unzulässigen Zuwendungsbetrags von 284,79 Euro prüfen.<br />

2.3 Eigenanteil des Zuwendungsempfängers<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(428) Der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers an dem bezuschussten Projekt sollte<br />

2,6 % der zuwendungsfähigen Ausgaben 100 bzw. 39.900 Euro 101 betragen. Nicht zuletzt vor<br />

dem Hintergrund, dass die Gesundheitswirtschaft <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> bzw. die in<br />

diesem Sektor tätigen Unternehmen und Institutionen ein wirtschaftliches Eigeninteresse und<br />

dementsprechend einen eigenen Anreiz haben sollten, Netzwerke zu schaffen und anderweitig<br />

Wachstumspotenziale freizulegen, erachtet der <strong>Landesrechnungshof</strong> die vorgesehene öffentli-<br />

che Förderung mit einer Förderquote von 97,4 % als unvertretbar (nahe an einer grundsätzlich<br />

unzulässigen Vollfinanzierung der Maßnahme).<br />

100 Zuwendungsfähige Ausgaben gem. Zuwendungsbescheid: 1.545.568,80 Euro.<br />

101 Eigenanteil 2004: 15.000 Euro, 2005: 24.900 Euro.<br />

164


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(429) Der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers sollte nach Aktenlage mit den im<br />

Rahmen des Projektes erzielten Einnahmen für die Durchführung einer „Internationalen Kon-<br />

ferenz zum Thema Gesundheitswirtschaft“ in Rostock (Konferenz A) sowie mit der für die<br />

Organisation und Veranstaltung der Konferenz A verwendeten Arbeitszeit erbracht werden.<br />

(430) Da der Zuwendungsempfänger im Bewilligungszeitraum der Projektförderung vom<br />

Land gleichzeitig in Form der Fehlbedarfsfinanzierung institutionell gefördert wurde, hätte<br />

der Eigenanteil im Zusammenhang mit den bei der Durchführung der geförderten Projekte er-<br />

zielten Einnahmen (z. B. Konferenzen, Tagungen) erbracht werden können 102 , wenn dies im<br />

Zuwendungsbescheid explizit geregelt worden wäre. Dies war nicht der Fall. Insofern stellen<br />

alle bei der Durchführung der geförderten Projekte erzielten Einnahmen zusätzliche De-<br />

ckungsmittel dar und hätten eine Reduzierung der Zuwendung zur Folge haben müssen (Sub-<br />

sidiaritätsprinzip). Die Arbeitszeit von Mitarbeitern des Zuwendungsempfängers für die<br />

Organisation und Veranstaltung der Konferenz A kam von Anfang an nicht als Eigenanteil in<br />

Frage.<br />

Die Projektförderung erfolgte damit im wirtschaftlichen Ergebnis als unzulässige Vollfi-<br />

nanzierung.<br />

(431) Dessen ungeachtet führte der Zuwendungsempfänger die dem Zuwendungsantrag und<br />

dem Erstbescheid zugrunde liegende Konferenz A nicht durch.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(432) Nach Auffassung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sei vom Zu-<br />

wendungsempfänger durch Ausstellergebühren, Sponsorengelder, Teilnahmebeiträge, Hono-<br />

rare etc. sogar ein höherer Eigenanteil als erforderlich nachgewiesen worden.<br />

Eine internationale Konferenz in Rostock (Konferenz B) sei durchgeführt und der erwirt-<br />

schaftete Teil in die Abrechnung eingebracht worden.<br />

Arbeitsleistungen seien nicht als Eigenmittel angesetzt worden.<br />

102 Aufgrund der institutionellen Förderung wären Einnahmen des Zuwendungsempfängers von Dritten aus Aufträgen<br />

außerhalb der des geförderten Projektes als Deckungsmittel für alle Ausgaben einzusetzen, d. h. die<br />

Einnahmen hätten ggf. eine Minderung der institutionellen Förderung zur Folge, könnten aber nicht zur Deckung<br />

des Eigenanteils verwendet werden.<br />

165


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(433) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung.<br />

Die beantragte und bewilligte internationale Konferenz A wurde nicht durchgeführt. Veran-<br />

stalter der vom Ministerium angeführten Konferenz B war ein Dritter, welcher den Zuwen-<br />

dungsempfänger mit der Organisation der Konferenz B beauftragte und dies entsprechend<br />

vergütete.<br />

(434) Des Weiteren resultierten die nachgewiesen Einnahmen aus Teilnahmebeiträgen sowie<br />

Honoraren aus Dienstleistungsaufträgen Dritter an den Zuwendungsempfänger und standen<br />

damit in keiner direkten Verbindung mit der Projektförderung. Die Einnahmen wären statt-<br />

dessen auf die institutionelle Förderung anzurechnen gewesen.<br />

2.4 Ausgaben für das Projekt „Internationale Konferenz“<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(435) Der Zuwendungsempfänger beantragte die Durchführung einer Internationalen Konfe-<br />

renz zur Gesundheitswirtschaft in Rostock (Konferenz A), welche mit Erstbescheid unter der<br />

Position „Projektausgaben“ bewilligt wurde. 103 Mit dem Zwischennachweis 2005 machte der<br />

Zuwendungsempfänger unter der Position „Projektausgaben“ Ausgaben i. H. v.<br />

47.701,65 Euro für das Projekt „Internationale Konferenz“ geltend.<br />

(436) Da diese den Ansatz des Finanzierungsplans („Kostenkalkulation“) (25.000 Euro) um<br />

mehr als 20 % überschritten hatten und ein Ausgleich durch entsprechende Einsparungen bei<br />

anderen Einzelansätzen in dieser Größenordnung nicht gegeben war, erkannte der Zuwen-<br />

dungsgeber davon 22.701,65 Euro zunächst nicht als zuwendungsfähig an. 104<br />

(437) Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es ist die Zuwendungsfähigkeit der für das<br />

Jahr 2005 unter dem Projekt „Internationale Konferenz“ abgerechneten Ausgaben jedoch ins-<br />

gesamt nicht gegeben.<br />

(438) Die Gesamtausgaben für das Projekt „Internationale Konferenz“ ergaben sich zum<br />

einen aus 15.276,68 Euro für die Teilnahme an Messen und Ausstellungen, dem Honorar für<br />

einen Gastvortrag sowie für die Reisekosten eines Gesellschafters des Zuwendungsempfän-<br />

103 Vgl. Tzn. 428 bis 431.<br />

104 Gemäß Nr. 1.2 ANBest-P zu § 44 LHO dürfen Einzelansätze um bis zu 20 % überschritten werden, soweit<br />

die Überschreitung durch entsprechende Einsparungen bei Einzelansätzen ausgeglichen werden kann.<br />

166


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

gers. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> kann keinen Zusammenhang zwischen diesen Ausgaben und<br />

der beantragten sowie bewilligten internationalen Konferenz A erkennen.<br />

(439) Zum anderen wurden für das Projekt „Internationale Konferenz“ Ausgaben i. H. v.<br />

32.424,97 Euro für eine internationale Expertenkonferenz in Japan (Konferenz C) geltend ge-<br />

macht. 105 Davon resultierten allein 22.684,74 Euro aus der Reisekostenübernahme für Externe<br />

durch den Zuwendungsempfänger.<br />

Ausgehend von den Zuwendungsanträgen und -bescheiden war die Expertenkonferenz (Kon-<br />

ferenz C) nicht Gegenstand der Förderung. Im Gegensatz zur Expertenkonferenz in Japan<br />

waren drei andere Konferenzen 106 entweder im Zuwendungsantrag oder im Zuwendungsbe-<br />

scheid ausdrücklich benannt worden.<br />

2.4.2 Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(440) Nach Auskunft des Ministeriums wurde das „Projekt ,Internationale Konferenz‘ lau-<br />

fend geändert und modifiziert, um die Entwicklung der Gesundheitswirtschaft MV im interna-<br />

tionalen Zusammenhang zu befördern“. Die Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben für die Ex-<br />

pertenkonferenz in Japan (Konferenz C) sei gegeben gewesen.<br />

(441) Die Organisation der Expertenkonferenz (Konferenz C) oblag auf der deutschen Seite<br />

dem Verbund aus einem Forschungsinstitut, der Universität Rostock sowie dem Zuwendungs-<br />

empfänger. Die nicht von dem Forschungsinstitut bzw. der Universität getragenen Reisekos-<br />

ten nationaler Experten übernahm der Zuwendungsempfänger aus Mitteln der ihm gewährten<br />

Projektförderung.<br />

(442) Die anfänglich nicht als zuwendungsfähig anerkannten Ausgaben für das Projekt „In-<br />

ternationale Konferenz“ i. H. v. 22.701,65 Euro seien im Rahmen der Gesamtbetrachtung des<br />

Projektes nachträglich vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus anerkannt<br />

worden, da die darunter abgerechnete Veranstaltung den Zuwendungszweck erfüllte und die<br />

im Rahmen des geförderten Projektes erzielten höheren Einnahmen wieder in das Gesamt-<br />

105 Der Betrag setzt sich zusammen aus 9.671,02 Euro für Reisekosten, Auslagenerstattung sowie Aufwandsentschädigungen<br />

zur Vor- und Nachbereitung der Expertenkonferenz durch den Geschäftsführer des Zuwendungsempfängers,<br />

22.684,74 Euro für die Reisekostenerstattung an Externe sowie 69,21 Euro für Flug-<br />

Stornogebühren.<br />

106 Internationale Konferenz in Rostock; Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft 2005; Branchenkonferenz<br />

Gesundheitswirtschaft 2006.<br />

167


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

projekt einflossen. Das Ministerium räumte ein, dass ggf. ein weiterer Änderungsbescheid mit<br />

angepasster Kalkulation hätte ergehen müssen.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(443) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung.<br />

Zum Zeitpunkt der Prüfung durch den <strong>Landesrechnungshof</strong> enthielten die Akten keine Infor-<br />

mationen hinsichtlich einer laufenden Änderung und Modifizierung des Projektes „Internatio-<br />

nale Konferenz“. Eine entsprechende Änderung des Zuwendungsbescheides erfolgte nicht.<br />

(444) Eine Grundlage für die Abrechnung der Expertenkonferenz (Konferenz C) und der da-<br />

mit verbundenen Erstattung von Reisekosten für 14 Wissenschaftler, insbesondere für drei<br />

Wissenschaftler des Forschungsinstituts, das an der Organisation und Durchführung der Kon-<br />

ferenz beteiligt war, bestand nicht. 107 Diesbezüglich ist auch auf die Nebenbestimmungen zum<br />

Zuwendungsbescheid zu verweisen. Danach wurde die Zuwendung „unter der auflösenden<br />

Bedingung gewährt, dass die Durchführung und Verwertung des Projektes in <strong>Mecklenburg</strong>-<br />

<strong>Vorpommern</strong> erfolgen.“ Vor diesem Hintergrund sollte das Ministerium für Wirtschaft,<br />

Arbeit und Tourismus seine Auffassung überdenken.<br />

(445) In Bezug auf die nachträgliche Anerkennung von Ausgaben i. H. v. 22.701,65 Euro<br />

weist der <strong>Landesrechnungshof</strong> darauf hin, dass es bei der Überschreitung von Einzelansätzen<br />

des Finanzierungsplanes um je mehr als 20 % für die Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben<br />

eines Antrages des Zuwendungsempfängers entsprechender Einsparungen an anderer Stelle<br />

und grundsätzlich einer Änderung des Zuwendungsbescheides bedarf. Im Rahmen des Projek-<br />

tes erzielte höhere Einnahmen stellen keine Grundlage für eine nachträgliche Anerkennung<br />

der Ausgaben dar, da die hier erzielten Einnahmen statt einer Erhöhung vielmehr eine Redu-<br />

zierung der Zuwendung zur Folge hätten haben müssen.<br />

(446) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> sieht die Zuwendungsfähigkeit der unter dem Projekt „In-<br />

ternationale Konferenz“ abgerechneten Ausgaben i. H. v. 47.701,65 Euro insgesamt als nicht<br />

gegeben an. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sollte die Rückforderung<br />

des unzulässigen Zuwendungsbetrags zzgl. Zinsen prüfen.<br />

107 Keiner der 14 Wissenschaftler kam aus <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />

168


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.5 Verstoß gegen das Besserstellungsverbot<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(447) Mit Erstbescheid wurde dem Zuwendungsempfänger die Anschaffung eines Pkw über<br />

Leasing bewilligt. In 2005 fielen für die Anschaffung und Unterhaltung des Pkw Ausgaben<br />

von insgesamt 8.499,47 Euro an. Ausgehend von den durch den Zuwendungsempfänger<br />

vorgelegten Belegen wurde der Pkw faktisch als personengebundener Dienstwagen (alleinige<br />

uneingeschränkte dienstliche und private Nutzung) von einer Angestellten des Zuwendungs-<br />

empfängers genutzt.<br />

(448) Die Voraussetzungen für einen personengebundenen Dienstwagen waren nicht erfüllt.<br />

Damit liegt ein Verstoß gegen das Besserstellungsverbot und folglich eine zweckwidrige<br />

Verwendung der Zuwendung vor. Die Ausgaben zur Anschaffung und Unterhaltung des Pkw<br />

sind damit nicht zuwendungsfähig.<br />

(449) Im Zusammenhang mit der Abrechnung von Personalausgaben machte der Zuwen-<br />

dungsempfänger gegenüber dem Zuwendungsgeber für das Jahr 2005 u. a. auch angebliche<br />

Ausgaben für den geldwerten Vorteil aufgrund der Privatnutzung des über die Projektför-<br />

derung finanzierten Dienstwagens i. H. v. insgesamt 3.634,80 Euro geltend.<br />

Ein geldwerter Vorteil stellt kein dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zusätzlich gezahl-<br />

tes Entgelt dar. Vor dem Hintergrund der steuerlichen Würdigung des durch die Privatnutzung<br />

des Pkw beim Arbeitnehmer entstehenden finanziellen Vorteils führt dieser lediglich zu einer<br />

fiktiven Erhöhung des Bruttoentgelts. Dem Zuwendungsempfänger können somit keine Aus-<br />

gaben für die Zahlung eines geldwerten Vorteils entstanden sein. Die gegenüber dem Zuwen-<br />

dungsgeber abgerechneten „Ausgaben“ i. H. v. 3.634,80 Euro waren daher nicht zuwendungs-<br />

fähig.<br />

(450) Gemäß Aktenlage ließ sich der Zuwendungsempfänger darüber hinaus die Privat-<br />

nutzung des Pkw doppelt erstatten. Neben dem gegenüber dem Zuwendungsgeber abgerech-<br />

neten geldwerten Vorteil wies der Zuwendungsempfänger für 2005 gleichzeitig Einnahmen<br />

als Eigenanteil i. H. v. 2.898,18 Euro für Kfz-Sachbezüge nach. Diese entsprechen dem<br />

Nettobetrag des geldwerten Vorteils für die private Nutzung des Dienstwagens und wurden<br />

seitens der Arbeitnehmerin an den Arbeitgeber/Zuwendungsempfänger gezahlt. Vor dem<br />

Hintergrund der bereits steuerlich erfolgten Berücksichtigung der Privatnutzung des Pkw hat<br />

der Zuwendungsempfänger die Rückzahlung des Betrages von 2.898,18 Euro zzgl. Zinsen an<br />

169


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

seine ehemalige Angestellte zu prüfen. Eine Berücksichtigung der Einnahmen als Eigenanteil<br />

des Zuwendungsempfängers scheidet aus.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(451) Nach Auffassung des Ministeriums handele es sich bei dem Pkw nicht um einen<br />

personengebundenen Dienstwagen, da weder im Arbeitsvertrag noch in den Leasingverträgen<br />

eine Personenbindung ausgewiesen sei.<br />

(452) „In Bezug zu den Abrechnungen des geldwerten Vorteils durch die Privatnutzung des<br />

Dienst-Pkw konnte noch keine abschließende Klärung herbeigeführt werden. Dieser Aspekt<br />

wird bei der Prüfung des Schlussverwendungsnachweises 2006 unter Berücksichtigung der<br />

insgesamt ausgereichten Förderung bewertet.“<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(453) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung.<br />

Die fehlende Ausweisung der Personenbindung des Dienstwagens im Arbeitsvertrag und in<br />

den Leasingverträgen ist unerheblich, da nachweislich eine Versteuerung des geldwerten Vor-<br />

teils für die private Nutzung des Dienstwagens entsprechend den steuerrechtlichen Bestim-<br />

mungen erfolgte und sich der Zuwendungsempfänger die Privatnutzung vergüten ließ. Der<br />

Betrag des geldwerten Vorteils ist zweifelsfrei nicht zuwendungsfähig, weil damit keine<br />

tatsächlichen Zahlungen des Zuwendungsempfängers verbunden waren.<br />

(454) Die für den Pkw sowie den geldwerten Vorteil abgerechneten „Ausgaben“ i. H. v. ins-<br />

gesamt 12.134,27 Euro sind nicht zuwendungsfähig und wären daher vom Zuwendungs-<br />

empfänger zzgl. Zinsen zurückzufordern. Gleiches gilt auch für die in den Jahren 2004 und<br />

2006 abgerechneten Beträge.<br />

2.6 Fehlende Anpassung der Zuwendung aufgrund zusätzlicher Deckungsmittel<br />

2.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(455) Der Zuwendungsempfänger erzielte 2005 im Rahmen des geförderten Projektes Ein-<br />

nahmen i. H. v. insgesamt 97.237,52 Euro aus einem Zuschuss des Landesversorgungsamtes<br />

für eine über die Zuwendung finanzierte Praktikantin sowie die Veranstaltung einer branchen-<br />

170


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

spezifischen Konferenz (Konferenz D; Einnahmen: Sponsorengelder, Beteiligung des Bundes,<br />

Ausstellergebühren). Die Gesamtausgaben für Konferenz D wurden dabei vollständig vom<br />

Wirtschaftsministerium über die Zuwendung vorfinanziert.<br />

Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger gingen davon aus, dass diese Einnahmen für<br />

weitere Maßnahmen im Rahmen des Projektes verwendet werden könnten, was de facto einer<br />

formlosen Erhöhung der Gesamtausgaben um diesen Betrag entspricht.<br />

(456) Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es handelt es sich bei den Einnahmen um<br />

mit dem Zuwendungszweck zusammenhängende Einnahmen und damit um zusätzliche<br />

Deckungsmittel (Änderung der Finanzierung). 108 Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und<br />

Tourismus sollte den Teilwiderruf der Zuwendung in Höhe der Einnahmen prüfen.<br />

2.6.2 Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus<br />

(457) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus betrachte die erzielten Einnah-<br />

men von 97.237,52 Euro neben dem gem. Zuwendungsbescheid zu erbringenden Eigenanteil<br />

des Zuwendungsempfängers (39.900 Euro) ebenfalls als dessen Eigenanteil. Die Einnahmen<br />

seien für Ausgaben im Rahmen des Projektes verwendet worden. Das Gesamtvolumen des<br />

Vorhabens hätte sich damit erhöht.<br />

(458) Nach Auffassung des Ministeriums hätte kein Teilwiderruf, „jedoch die Erstellung<br />

eines Änderungsbescheides“ erfolgen müssen.<br />

2.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(459) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung.<br />

Die Beteiligungen des Bundes und der Sponsoren sowie der Zuschuss des Landesversor-<br />

gungsamtes waren jeweils zweckgebunden und können nicht als Eigenanteil des Zuwen-<br />

dungsempfängers gewertet werden. Bei den o. g. Einnahmen handelt es sich um mit dem<br />

Zuwendungszweck zusammenhängende Einnahmen, die eine Reduzierung der Zuwendung<br />

zur Folge haben.<br />

108 Vgl. Tz. 430.<br />

171


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Die im Rahmen der Veranstaltung der Konferenz erzielten Einnahmen an Ausstellergebühren<br />

sind ebenfalls den zusätzlichen Deckungsmitteln zuzuordnen. 109<br />

(460) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sollte die Rückforderung des<br />

unzulässigen Zuwendungsbetrags von 97.237,52 Euro zzgl. Zinsen prüfen.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

109 Die Einnahmen aus Sponsorengeldern und Ausstellergebühren hatten eine Reduzierung des Bundesanteils an<br />

den Ausgaben für die branchenspezifische Konferenz zur Folge.<br />

172


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Einzelplan 08 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt<br />

und Verbraucherschutz<br />

11 Maßnahmen der Dorferneuerung<br />

Die hohe Anzahl der im Dorferneuerungsprogramm des Landes befindlichen Ge-<br />

meinden steht einem effizienten und wirkungsvollen Einsatz der Fördermittel entgegen.<br />

Die Dorferneuerungsplanung sollte künftig auf solche Maßnahmen konzentriert<br />

werden, die in einem überschaubaren Zeitrahmen unter Berücksichtigung des Engage-<br />

ments und der wirtschaftlichen Situation der Gemeinde sowie der zur Verfügung<br />

stehenden Fördermittel umsetzbar sind.<br />

Die Aufgaben als Bewilligungsbehörde sind von den Landräten im übertragenen<br />

Wirkungskreis wahrzunehmen. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass das Ministeri-<br />

um die sich ihm aus der Rechts- und Fachaufsicht sowie der Weisungsbefugnis erge-<br />

benden Einflussmöglichkeiten künftig konsequent nutzt.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(461) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat die Vergabe von Zuwendungen nach der Richtlinie für<br />

die Förderung der Dorferneuerung und der Maßnahmen land- und forstwirtschaftlicher Be-<br />

triebe zur Umnutzung ihrer Bausubstanz vom 14.04.2002 – VI 340 – 5430.13 (Richtlinie) ge-<br />

prüft. Er hat sich hierbei u. a. mit den Steuerungsmöglichkeiten des Ministeriums für Land-<br />

wirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (Ministerium) befasst. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

hat örtliche Erhebungen im Ministerium, in den Landkreisen Ludwigslust, Uecker-Randow<br />

und Nordvorpommern sowie in jeweils drei ausgewählten Dorferneuerungsgemeinden der ge-<br />

nannten Landkreise durchgeführt.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Aufnahme in die Dorferneuerung<br />

(462) Grundvoraussetzung für die Förderung ist nach Nr. 7.1.1 der Richtlinie ein Antrag der<br />

Gemeinde auf Einleitung der Dorferneuerung beim Landrat sowie eine Bestätigung der Auf-<br />

nahme in die Dorferneuerung durch das Ministerium. Eine Nichtbestätigung ist vom Ministe-<br />

rium zu begründen.<br />

173


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(463) Im Jahr 2002 hatte das Ministerium landesweit 280 Anträge auf Aufnahme in die<br />

Dorferneuerung bestätigt. Es prognostizierte im Jahr 2003, dass – eine gleich bleibende Be-<br />

reitstellung von Fördermitteln unterstellt – die Mittel der nächsten sieben bis acht Jahre für<br />

die aktuell in der Dorferneuerung befindlichen Gemeinden gebunden wären. Dennoch hat das<br />

Ministerium in den Folgejahren in erheblichem Umfang weitere Gemeinden in die Dorfer-<br />

neuerung aufgenommen. Mit Stand vom 21.12.2006 nahmen am Dorferneuerungsprogramm<br />

des Landes 575 Gemeinden mit 628 Dorferneuerungsgebieten 110 teil. In den zurückliegenden<br />

Jahren waren 90 Gemeinden bzw. 103 Gebiete aus dem Programm ausgeschieden.<br />

(464) Das Ministerium hat mit seiner Entscheidungspraxis in der Vergangenheit die ihm zur<br />

Verfügung stehenden Steuerungsmöglichkeiten nicht ausreichend genutzt, um bereits in<br />

einem frühen Stadium die Entwicklung der Dorferneuerung zu lenken. Es hätte im Aufnahme-<br />

verfahren eigene Schwerpunkte setzen müssen, anstatt einer breiten Streuung der Mittel Vor-<br />

schub zu leisten. Hierzu wäre eine am Landesinteresse orientierte Konzeption hilfreich ge-<br />

wesen, mittels derer die Entscheidung über die Aufnahme in die Dorferneuerung anhand fest-<br />

gelegter Kriterien zu treffen gewesen wäre.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(465) Das Ministerium teilt die Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es, dass die Anzahl der<br />

Dorferneuerungsgemeinden, zumindest bezogen auf einige Landkreise, zu hoch sei. Es geht<br />

davon aus, dass in diesen Fällen die Förderung der Dorferneuerung nicht ausreichend als In-<br />

strument zur Förderung der Regionalentwicklung verstanden werde. Das Ministerium werde<br />

im Interesse einer weiteren Steigerung der Effizienz des Mitteleinsatzes die Notwendigkeit<br />

der Konzentration gegenüber den Landkreisen weiterhin vertreten.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(466) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> wird beobachten, wie das Ministerium diese Zusage um-<br />

setzen wird. Er regt darüber hinaus an zu prüfen, inwieweit Gemeinden in größerem Umfang<br />

als bisher aus dem Dorferneuerungsprogramm herausgenommen werden können.<br />

110 Zu einer Gemeinde können mehrere Dorferneuerungsgebiete gehören, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />

in die Dorferneuerung aufgenommen wurden. Mehrere Dorferneuerungsgebiete können auch durch vollzogene<br />

Gemeindefusionen entstanden sein.<br />

174


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.2 Dorferneuerungsplanung<br />

(467) Nach den Vorgaben des Rahmenplanes der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der<br />

Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) für den Zeitraum 2002-2005, der Basis für die<br />

Richtlinie ist, sollen die Maßnahmen auf der Grundlage einer Dorferneuerungsplanung durch-<br />

geführt werden. Dementsprechend ist in der Richtlinie (Nr. 7.1.2) geregelt, dass die Gemeinde<br />

nach bestätigter Aufnahme in die Dorferneuerung einen Dorferneuerungsplan aufzustellen<br />

und dem Landrat zur Prüfung in zweifacher Ausfertigung vorzulegen hat. Der Dorferneue-<br />

rungsplan wird vom Landrat im Einvernehmen mit dem Ministerium genehmigt. Eine Aus-<br />

fertigung des genehmigten Dorferneuerungsplanes bleibt beim Landkreis, die andere erhält<br />

die Gemeinde.<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(468) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat festgestellt, dass die Dorferneuerungspläne aufgrund der<br />

Fülle der in ihnen enthaltenen Maßnahmen in der Regel nur eingeschränkt umsetzbar sind, da<br />

Fördermittel nur begrenzt zur Verfügung stehen. Auf Grund der teilweise großen Zeitspanne<br />

zwischen der Genehmigung der Dorferneuerungspläne und der Ausführung der einzelnen<br />

Maßnahmen ändern sich häufig die Verhältnisse und Bedingungen vor Ort. Nach Auffassung<br />

des <strong>Landesrechnungshof</strong>es sind Dorferneuerungspläne, die das gesamte „Wunschdenken“ der<br />

Gemeinden widerspiegeln und deren vollständige Umsetzbarkeit von vornherein fraglich ist,<br />

nicht zielführend.<br />

(469) Mit der Erteilung des Einvernehmens zum Dorferneuerungsplan attestiert das Ministe-<br />

rium, dass sämtliche dort beschriebenen Maßnahmen förderfähig sind und im erheblichen<br />

Landesinteresse (§ 23 LHO) liegen. Die vom Landrat als Bewilligungsbehörde durchzufüh-<br />

rende Antragsprüfung erfolgt gemäß Nr. 7.2.1 der Richtlinie auf der Grundlage des genehmig-<br />

ten Dorferneuerungsplanes und ist auf die Prüfung der Anträge in wirtschaftlicher und<br />

technischer Hinsicht beschränkt. Der genehmigte Dorferneuerungsplan erzeugt somit Bin-<br />

dungswirkungen für das Bewilligungsverfahren hinsichtlich der Einzelmaßnahmen. Die Ent-<br />

scheidung zur Erteilung des Einvernehmens trifft das Ministerium in der Regel, nachdem es<br />

Stichprobenprüfungen einzelner im Dorferneuerungsplan enthaltener Maßnahmen durchge-<br />

führt hat.<br />

Insbesondere unter Hinweis auf die Bindungswirkung für das nachfolgende Bewilligungsver-<br />

fahren hält der <strong>Landesrechnungshof</strong> eine stichprobenweise Prüfung der vorgelegten Dorfer-<br />

175


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

neuerungspläne nicht für eine ausreichende Grundlage, um auf deren Basis das Einvernehmen<br />

zum Dorferneuerungsplan zu erteilen. Es ist Aufgabe des Ministeriums zu prüfen, ob die<br />

Dorferneuerungsplanung im Einklang mit den übergeordneten Zielen des Landes steht, um<br />

ggf. steuernd einzugreifen. Zu dieser Prüfung gehört auch die Frage nach der Umsetzbarkeit<br />

der Planung. Diesen Anforderungen wird das Ministerium mit der bisher praktizierten stich-<br />

probenweisen Prüfung nicht gerecht. Darüber hinaus nimmt sich das Ministerium selbst die<br />

Möglichkeit, bereits in einer frühen Phase entscheidend Einfluss auf die Entwicklung der<br />

Dorferneuerung in einer Gemeinde zu nehmen.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(470) Das Ministerium hat mitgeteilt, dass es den Hinweisen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zur<br />

Reduzierung des Inhaltes von Dorferneuerungsplänen künftig nachkommen werde, da sich die<br />

ursprüngliche Erwartung, dass diese den Gemeinden als umfassende Dorfentwicklungspla-<br />

nungen, unabhängig von der Förderfähigkeit der einzelnen Vorhaben im Rahmen der Dorfer-<br />

neuerung, dienen, nicht bestätigt habe. Ausgehend von dieser ursprünglichen Erwartung an<br />

den Inhalt eines Dorferneuerungsplanes widerspricht es der Auffassung, dass mit der Ertei-<br />

lung des Einvernehmens zum Dorferneuerungsplan vom Ministerium attestiert werde, dass<br />

sämtliche dort beschriebenen Maßnahmen förderfähig seien. Mit Beginn der EU-Förderperi-<br />

ode 2007-2013 sei das Ministerium zu einer vollständigen Prüfung der Dorferneuerungspläne<br />

übergegangen.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(471) Die ursprüngliche Erwartungshaltung des Ministeriums an den Inhalt eines Dorfer-<br />

neuerungsplanes berücksichtigt nicht die Regelung der Nr. 7.2.1 der Richtlinie (vgl. Tz. 469).<br />

Hiernach bezieht sich die Prüfung der Bewilligungsbehörde lediglich auf die Fragen zum<br />

„Wie“ und nicht mehr zum „Ob“ der beantragten Maßnahmen. Im Übrigen begrüßt der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>, dass das Ministerium begonnen hat, die Dorferneuerungspläne einer<br />

vollständigen Prüfung zu unterziehen und künftig auf eine inhaltliche Reduzierung der<br />

Dorferneuerungspläne hinwirken wird.<br />

176


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.3 Festlegung von Förderhöchstsummen<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(472) Das Ministerium hat in den Erlassen zur Erteilung des Einvernehmens zum Dorfer-<br />

neuerungsplan in der Regel höhere Förderhöchstsummen festgelegt als nach der Richtlinie<br />

vorgesehen. Die Förderhöchstsummen betragen nach Nr. 5.2.1 der Richtlinie „... bis zu 750<br />

Euro je Einwohner, höchstens 750.000 Euro, für die Summe der Maßnahmen nach dieser<br />

Richtlinie ...“. Ausnahmen sind nach der Richtlinie nur in begründeten Ausnahmefällen zuge-<br />

lassen. Das Ministerium hat mit seiner Verfahrensweise gegen die eigene Richtlinie ver-<br />

stoßen.<br />

(473) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält weder das Pro-Kopf-System noch eine generelle<br />

Förderhöchstsumme für ein geeignetes Mittel zur Zielerreichung. Ob und in welcher Höhe<br />

Dorferneuerungsmaßnahmen in einer Gemeinde gefördert werden, sollte vielmehr in Abhän-<br />

gigkeit vom übergeordneten Landesinteresse und den zur Durchführung der Maßnahmen not-<br />

wendigen Ausgaben entschieden werden.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(474) Das Ministerium bestätigt die Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es. Es hält eine<br />

von der Einwohnerzahl abhängige Obergrenze des Fördermitteleinsatzes ebenfalls nicht für<br />

zweckmäßig und verweist darauf, dass es im Entwurf der neuen Förderrichtlinie keine diesbe-<br />

züglichen Obergrenzen mehr gibt.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(475) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> sieht der Veröffentlichung und dem In-Kraft-Treten der neu-<br />

en Förderrichtlinie, zu deren Entwurf er Mitte November 2007 Stellung genommen hat, ent-<br />

gegen.<br />

2.4 Bewirtschaftung der Fördermittel<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(476) Nach Auskunft des Ministeriums lassen sich die jährlich zur Verfügung stehenden<br />

Fördermittel in drei Blöcke teilen:<br />

177


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

• gebundene Mittel aus Verpflichtungsermächtigungen der Vorjahre,<br />

• geplante Mittel für sog. prädestinierte Vorhaben; das sind Maßnahmen in<br />

Dorferneuerungsgebieten, die im Zusammenwirken mit anderen Ressorts oder aus<br />

Sicht des Ministeriums vorrangig zu fördern sind, und<br />

• freie Mittel.<br />

Bis einschließlich 2005 hat das Ministerium den Landräten die freien Mittel gleichmäßig ent-<br />

sprechend der von diesen einzureichenden Prioritätenlisten per „Kontingentierungserlass“ zur<br />

Verfügung gestellt. Seit 2006 nimmt das Ministerium unter Berücksichtigung der regionalen<br />

oder überregionalen Bedeutung selbst eine Gewichtung vor. Dieser Entscheidungsprozess<br />

gestaltet sich nach Auskunft des Ministeriums schwierig, da sich die Landräte ihrerseits auf<br />

das Recht der kommunalen Selbstverwaltung berufen würden.<br />

(477) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat darauf hingewiesen, dass es sich bei den Fördermitteln<br />

um Landesmittel handelt, die den Landräten als Bewilligungsbehörden zur Bewirtschaftung<br />

zugewiesen werden. Die Landräte sind bei der Bewilligung der Zuwendungen an die Förder-<br />

richtlinie sowie das Zuwendungsrecht des Landes gebunden. Die Förderentscheidungen sind<br />

am erheblichen Landesinteresse auszurichten. Die in diesem Zusammenhang von den Landrä-<br />

ten angeführten Rechte aus der kommunalen Selbstverwaltung sind nicht einschlägig.<br />

2.4.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(478) Das Ministerium beabsichtigt, trotz des nicht immer vorhandenen Verständnisses bei<br />

den Landkreisen an seiner im Jahr 2006 eingeführten Verfahrensweise festzuhalten. Es sehe<br />

sich hierbei durch die Ausführungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es bestätigt.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(479) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> weist darauf hin, dass die Landkreise die Aufgabe der<br />

Förderung der Dorferneuerung gemäß Art. 30 des Gesetzes über die Kommunalreform vom<br />

05.05.1994 nicht als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe, sondern im übertragenen Wir-<br />

kungskreis und damit zur Erfüllung nach Weisung wahrnehmen. Dem Ministerium obliegt<br />

nicht nur die Rechts-, sondern auch die Fachaufsicht. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass<br />

das Ministerium die sich ihm hieraus ergebenden Einflussmöglichkeiten künftig konsequent<br />

nutzt.<br />

178


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

179


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

12 Landgestüt Redefin<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat das Landgestüt Redefin einer umfassenden Prüfung unter-<br />

zogen. Im Ergebnis sind in allen geprüften Bereichen erhebliche Mängel und Verstöße<br />

festgestellt worden. Diese Aussage trifft sowohl für die Haushalts- und Wirtschaftsfüh-<br />

rung als auch für die Personalbewirtschaftung zu.<br />

Im Landgestüt Redefin war für den Prüfungszeitraum ein Führungs- und Kontrolldefi-<br />

zit auch infolge einer teilweise unzureichenden Fach- und Dienstaufsicht durch das<br />

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz festzustellen.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(480) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat eine Prüfung des Landgestütes Redefin, Landesbetrieb<br />

nach § 26 Absatz 1 LHO, vorgenommen. Als Landesbetrieb nach VV Nr. 1.1 zu § 26 LHO ist<br />

das Landgestüt Redefin ein rechtlich unselbständiger abgesonderter Teil der Landesverwal-<br />

tung, dessen Tätigkeit erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist.<br />

(481) Im Rahmen des Personalkonzepts 2004 der Landesverwaltung ergab der einwohner-<br />

zahlenbasierte Vergleich als Zielzahl einen Kernstellenbestand für das Landgestüt Redefin<br />

von nur 7,5 Stellen. Die Landesregierung erkannte mit dem Kabinettsbeschluss vom<br />

28.01.2005 im Ergebnis einen Mehrbedarf von 30,5 Stellen an, unter der Voraussetzung, dass<br />

der Zuschuss zum laufenden Betrieb spürbar verringert wird. 111<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Aufgabendefinition und Kompetenzverteilung<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(482) Eine Senkung des Zuschussbedarfs für den laufenden Betrieb ist nicht erkennbar. Das<br />

Ministerium hat demzufolge bislang keine geeigneten Maßnahmen zur Vermindung des Zu-<br />

schussbedarfs bewirkt bzw. keinen dazuführenden Stellenabbau eingeleitet.<br />

111 LT-Drs. 4/1550, Personalkonzept 2004, S. 90.<br />

180


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Tabelle 23: Übersicht über die Zuschüsse des Landes von 1993 bis <strong>2008</strong>, in Euro 112<br />

Quelle: 1993 Wirtschaftsprüfer-Bericht, 1994-<strong>2008</strong> Haushaltspläne und Haushaltsrechnung.<br />

(483) Im Rahmen seiner Prüfung untersuchte der <strong>Landesrechnungshof</strong>, inwieweit die Fach-<br />

und Dienstaufsicht durch das Ministerium wahrgenommen wurde. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

stellte fest, dass das Ministerium in der Vergangenheit seiner Verantwortung zur Fach- und<br />

Dienstaufsicht nur unzureichend nachgekommen ist. Der Landesbetrieb hat teilweise gesetzli-<br />

che Regelungen nicht beachtet.<br />

(484) Die vorläufige Dienstanweisung für den Leiter des Landesbetriebes Landgestüt Rede-<br />

fin wurde im Jahr 1993 durch das Ministerium erlassen und seitdem nicht fortgeschrieben.<br />

Weder vom Ministerium noch vom Landgestüt Redefin wird die vorläufige Dienstanweisung<br />

eingehalten.<br />

Investitions-<br />

Jahr lfd. Zuschuss Gesamtmittel<br />

zuschuss<br />

1993 297.600 5.767 303.367<br />

1994 875.229 191.734 1.066.964<br />

1995 805.285 963.939 1.769.223<br />

1996 894.812 1.126.990 2.021.801<br />

1997 975.136 1.022.584 1.997.720<br />

1998 1.116.559 1.286.410 2.402.970<br />

1999 1.123.717 786.878 1.910.596<br />

2000 1.153.700 833.400 1.987.100<br />

2001 1.178.886 818.067 1.996.953<br />

2002 1.294.600 802.700 2.097.300<br />

2003 1.091.100 802.700 1.893.800<br />

2004 1.016.500 772.700 1.789.200<br />

2005 1.051.900 802.700 1.854.600<br />

2006 1.106.265 2.582.700 3.688.965<br />

2007 1.186.500 802.700 1.989.200<br />

<strong>2008</strong> 1.405.400 513.800 1.919.200<br />

Summe 16.573.190 14.115.769 30.688.958<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(485) Das Ministerium teilte hierzu mit, dass beim Nachgehen von anonymen, z. T. straf-<br />

rechtlich relevanten, Vorwürfen gegen Beschäftigte des Landgestüts Redefin auch Unzuläng-<br />

112 Für 1994 bis 2006 Ist-Zahlen der Haushaltspläne, für 2007 und <strong>2008</strong> Soll-Angaben der Haushaltspläne.<br />

181


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

lichkeiten und Fehler in der Verwaltungstätigkeit des Landgestütes festgestellt wurden. Dar-<br />

aufhin ist zusammen mit Mitarbeitern in der Verwaltung des Landgestüts ein umfangreiches<br />

Monitoring hinsichtlich des Verwaltungsvollzugs im Landgestüt begonnen worden. Fehler<br />

und Schwachstellen sollen erkannt und ausgeräumt werden. Die getroffenen Maßnahmen<br />

werden dokumentiert und fließen in die zu überarbeitende Geschäftsordnung/Dienstanwei-<br />

sung für den Leiter des Landesbetriebes ein. Das Ministerium werde deren Einhaltung künftig<br />

verstärkt überprüfen.<br />

Die personalrechtlichen Befugnisse sind zwischenzeitlich bis auf Weiteres in das Personal-<br />

referat des Ministeriums gezogen worden.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(486) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt das Vorgehen des Ministeriums.<br />

2.2 Rechnungswesen und Kassen<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(487) Es wurden im Rahmen der Prüfung Fehler in der Buchführung festgestellt. Die Buch-<br />

führung muss nach § 145 Absatz 1 AO so beschaffen sein, dass sie innerhalb einer bestimm-<br />

ten Zeit einem sachverständigen Dritten einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die<br />

Lage des Unternehmens vermitteln kann.<br />

(488) Das Ministerium hat nach eigenen Aussagen den Bericht des Wirtschaftsprüfers über<br />

die Prüfung des Jahresabschlusses des Landgestütes Redefin nicht als Informationsquelle<br />

genutzt und keine Rückfragen gestellt, sondern nur den Bestätigungsvermerk zur Kenntnis ge-<br />

nommen.<br />

(489) Da die Investitionen zuschussfinanziert sind, bildet die Gewinn- und Verlustrechnung<br />

nicht die tatsächliche Inanspruchnahme der Landesressourcen ab.<br />

(490) Bei der Überprüfung der Übergangsrechnung der kaufmännischen Buchführung zur<br />

Kameralistik sind mehrere klärungsbedürftige Tatbestände aufgetreten. Insbesondere ist un-<br />

verständlich, warum nicht verwendete Mittel aus dem Betriebsmittelzuschuss der Jahre 1999<br />

bis 2003 i. H. v. 426.087 Euro nicht vollständig an den Landeshaushalt zurückgeflossen sind.<br />

In den Jahren 1999 bis 2003 wurden laut der Berichte über die Abschlussprüfung des Wirt-<br />

182


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

schaftsprüfers 303.271 Euro aus nicht verbrauchten Betriebsmitteln als langfristige Verbind-<br />

lichkeit zur Finanzierung der Junghengstaufzucht bilanziert.<br />

(491) Das verwendete Gesamtkostenverfahren ist in Hinblick auf die verschiedenen Auf-<br />

gabenfelder des Landgestütes Redefin nicht aussagekräftig. Eine Betriebsbuchführung ent-<br />

sprechend § 74 Absatz 2 LHO wurde nicht angeordnet. Damit fehlen die Voraussetzungen für<br />

ein wirtschaftliches Handeln im Landesbetrieb.<br />

(492) Obwohl das Landgestüt Redefin eine Vielzahl von unterschiedlichen Kassen unterhält,<br />

ist es nicht als solche gem. VV Nr. 5 zu §§ 70 bis 80 LHO i. V. m. § 79 LHO eingerichtet.<br />

(493) Das Landgestüt Redefin führt Girokonten bei zwei Kreditinstituten. Der Forderung des<br />

Finanzministeriums aus dem Jahr 1997 zur Auflösung der eigenen Konten ist das Landgestüt<br />

Redefin nicht nachgekommen.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(494) Aus den Feststellungen und Wertungen des Wirtschaftsprüfers seien keine schwer-<br />

wiegenden Verfehlungen gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Haushalts- und Wirt-<br />

schaftsführung ersichtlich gewesen. Insofern habe das Ministerium hier unter Beachtung des<br />

uneingeschränkt erteilten Bestätigungsvermerks nach § 322 HGB grundsätzlich keinen Anlass<br />

zu weitergehenden Kontrollen gesehen.<br />

Das Problem der Übergangsrechnung der kaufmännischen Buchführung zur Kameralistik ist<br />

mit dem <strong>Landesrechnungshof</strong> erörtert worden. In diesem Zusammenhang sollten weiterge-<br />

hende Gespräche geführt werden.<br />

Das Ministerium führte weiterhin aus, dass die nicht verwendeten Mittel aus dem Betriebs-<br />

mittelzuschuss der Jahre 1999 bis 2003 i. H. v. 426.087 Euro grundsätzlich im Folgejahr dem<br />

Landeshaushalt über den Titel 0802 119.05 Einnahmen aus zurückzuzahlenden Zuwendungen<br />

u. ä. zugeführt wurden bzw. im Einvernehmen mit dem Finanzministerium als längerfristige<br />

Verbindlichkeit für die Junghengstaufzucht anerkannt worden sind. Beispielsweise seien in<br />

den Jahren 1999 und 2000 insgesamt 149.917,15 Euro an das Ministerium zurückgeflossen.<br />

Das Ministerium hat sich mit dem <strong>Landesrechnungshof</strong> darauf verständigt, im Einvernehmen<br />

mit dem Finanzministerium eine Kosten-Leistungs-Rechnung entsprechend § 7 Abs. 3 LHO<br />

183


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

mit den besonderen Bedingungen des Landgestüts Redefin zeitnah vorzubereiten und einzu-<br />

führen.<br />

Das Ministerium wies darauf hin, dass die formelle Einrichtung der Zahlstellen derzeitig vor-<br />

bereitet werde. Die Umstellung der Konten bedürfe grundsätzlicher inhaltlicher Abstim-<br />

mungen mit dem Landgestüt und dem Finanzministerium. Derzeitig wird davon ausgegangen,<br />

dass die Umstellung zum 01.01.2009 erfolgen könne.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(495) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt das Vorgehen des Ministeriums.<br />

Er bittet das Ministerium, den jährlich wiederkehrenden Hinweis der Wirtschaftsprüfungsge-<br />

sellschaft, dass ohne Preiserhöhungen oder den Abbau von verlustbringenden Aufgaben eine<br />

wesentliche Verlustbegrenzung auch bei Verstärkung von weiteren Aktivitäten kaum möglich<br />

ist, auszuwerten und entsprechende Schritte einzuleiten.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> verweist darauf, dass die nicht verbrauchten Mittel nicht wieder<br />

vollständig dem Landeshaushalt zugeführt worden sind. Die vom Ministerium beispielhaft<br />

aufgeführten Rückflüsse an die bewirtschaftende Stelle sind die einzigen diesbezüglichen<br />

Rückzahlungen im Zeitraum von 1999 bis 2003. Demzufolge entspräche die aufgebaute Ver-<br />

bindlichkeit aus der Junghengstaufzucht entgegen der vom Ministerium akzeptierten Darstel-<br />

lung des Wirtschaftsprüfers im genannten Zeitraum nur 276.170 Euro.<br />

2.3 Wirtschaftlichkeitsanalysen und Außenstandorte<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(496) Aufgrund der Forderungen des Personalkonzeptes 2004 wurde eine Wirtschaftlich-<br />

keitsanalyse im Jahr 2005 für 10.000 Euro durchgeführt. Es erfolgte jedoch weder eine Um-<br />

setzung der Ergebnisse, noch eine qualitative Überarbeitung. In der Folge wurde eine weitere<br />

Wirtschaftsanalyse im Jahr 2007 ebenfalls für 10.000 Euro vom selben Auftragnehmer er-<br />

stellt.<br />

(497) Alle bisherigen und derzeit in Bearbeitung befindlichen Konzepte, Analysen und<br />

Nutzungsvorschläge basieren auf einer unvollständigen und deshalb unbrauchbaren Kosten-<br />

und Leistungsrechnung und können deshalb nur eine mangelhafte Aussagekraft haben. Die<br />

184


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Analyse der Kosten und Leistungen ist jedoch zwingende Voraussetzung für ein Betriebs-<br />

entwicklungskonzept.<br />

(498) Bereits die Kabinettsvorlage aus dem Jahr 1993 für die Übernahme des Landgestütes<br />

Redefin in die Landesverwaltung geht von zusätzlichen Einsparungen aufgrund des Weiteren<br />

Abbaus von Deckstationen aus.<br />

Eine züchterische Notwendigkeit und ein organisatorisches Erfordernis für das dezentrale<br />

Zurverfügungstellen einzelner Zuchthengste auf Deckstationen gibt es heute nicht mehr. Aus<br />

organisatorischer und finanzieller Sicht wird empfohlen, alle Außenstandorte des Landgestü-<br />

tes Redefin schrittweise zu schließen und so den laufenden Zuschuss nachhaltig zu senken.<br />

Eine Schließung aller Außenstandorte würde zu Einsparungen von jährlich mindestens<br />

80.000 Euro führen.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(499) Das Ministerium stimmte der Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zu, dass eine<br />

Analyse der Kosten und Leistungen zwingende Voraussetzung für ein Betriebsentwicklungs-<br />

konzept ist.<br />

Für die bisherigen und derzeit in Bearbeitung befindlichen Betriebsentwicklungskonzepte sei-<br />

en bereits Kosten und Leistungen gegenübergestellt und gewertet worden. Diese Kosten-Lei-<br />

stungs-Rechnungen entsprechen allerdings nicht den Vorgaben der Landes-KLR nach Ziff.<br />

3.2 VV zu § 7 Abs. 3 LHO. Diese soll im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> zeitnah angeordnet werden.<br />

Für die Schließung von Deckstationen im Gesamtkonzept ist eine Evaluierung der Aus-<br />

wirkungen der Schließung erforderlich. Die Kosteneinsparung muss im Verhältnis zu den<br />

gegebenenfalls rückläufigen Deckeinnahmen gesehen werden. Nach der bisherigen Planung<br />

sollen in 2009 zwei weitere Deckstation geschlossen werden.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(500) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> kann entgegen der Auffassung des Ministeriums eine sach-<br />

lich begründete Gegenüberstellung von Kosten und Leistungen in den Betriebsentwicklungs-<br />

konzepten nicht erkennen. So fordert eine Wirtschaftlichkeitsanalyse vom November 2007 die<br />

185


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Einstellung der Junghengstaufzucht ein, während ein Konzept der Landesforschungsanstalt<br />

für Landwirtschaft und Fischerei <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, nachgeordnete Einrichtung des<br />

Ministeriums, aus dem Jahr <strong>2008</strong> die Beibehaltung der Junghengstaufzucht favorisiert. Dies<br />

spricht dafür, dass im Landgestüt keine belastbaren Aussagen über Kosten und Leistungen ge-<br />

troffen werden können.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bekräftigt seine Empfehlung der schrittweisen Schließung aller<br />

Außenstellen des Landgestütes. Die Kostendeckung ist für alle Außenstandorte des Landge-<br />

stütes nicht nachgewiesen. Durch einen Ausbau des Angebotes zum Spermaversand könnte<br />

das Landgestüt möglicherweise rückläufigen Deckeinnahmen nach Schließung aller Außen-<br />

standorte entgegenwirken.<br />

2.4 Junghengstaufzucht, Hengstankäufe und Pachthengste<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(501) Die in der Konzeption der Junghengstaufzucht getroffenen Annahmen<br />

• 40 bis 50 Bedeckungen pro Hengst pro Jahr und daraus abgeleitete kalkulierte<br />

Einnahmen und<br />

• eine Minimierung des finanziellen Risikos beim Ankauf einer großen Anzahl von<br />

Junghengsten<br />

sind in der Realität nicht eingetreten, da Redefiner Deckhengste derzeit durchschnittlich le-<br />

diglich elf mal je Jahr im Deckeinsatz sind und in den Jahren 1998 bis 2006 durch die Jung-<br />

hengstaufzucht ein kassenmäßiges Defizit von rd. 760.000 Euro erwirtschaftet wurde.<br />

Die Berechnung des erwirtschafteten kassenmäßigen Defizits erfolgte unter Berücksichtigung<br />

des Buchwertes der Tiere. Eine Berechnung des Instituts für Betriebswirtschaft der Landes-<br />

forschungsanstalt mit Ausrichtung auf den Deckungsbeitrag kommt zum Ergebnis, die Jung-<br />

hengstaufzucht nicht einzustellen. Bei dieser Berechnung werden jedoch zum Teil fiktive<br />

Wertansätze verwendet. Das Ministerium wird um eine kritische Würdigung der Junghengst-<br />

aufzucht gebeten. Aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es sollte die Junghengstaufzucht einge-<br />

stellt werden.<br />

(502) Das Ministerium hat mit der Genehmigung des Kaufs von Gebäuden und Grund-<br />

stücken für die Junghengstaufzucht im Jahr 2005 i. H. v. 82.701,74 Euro gegen seine eigene<br />

186


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Auflage des kurzfristig möglichen Ausstiegs aus der Junghengstaufzucht verstoßen. Eine nach<br />

§ 7 LHO für den Kauf notwendige Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde nicht durchgeführt.<br />

(503) Am 28.12.2005 kaufte das Landgestüt Redefin für 155.150 Euro den dreieinhalbjäh-<br />

rigen Oldenburger Hengst „Don Akzentus“. Dieser Hengst war in einem fremden Verband ge-<br />

kört und hatte noch keine Hengstleistungsprüfung abgelegt. Im Jahr 2006 war er lediglich<br />

zwölf Mal im Deckeinsatz und erzielte im Jahr 2006 eine in Relation zum Kaufpreis völlig<br />

unbefriedigende Gesamtdecktaxe von 5.700 Euro.<br />

(504) Mit den im Landgestüt Redefin vorliegenden Unterlagen ist die Festlegung des Kauf-<br />

preises nicht nachvollziehbar. Das für den Hengst vorliegende „ärztliche Gutachten“ weist<br />

selbst Mängel, Widersprüche und nachträgliche handschriftliche Änderungen auf.<br />

Der Musterkaufvertrag des Landgestütes Redefin kam ohne weitere Begründung nicht zur<br />

Anwendung, womit dem Landgestüt Redefin ein Vertragsrücktritt nicht nach der vom Land-<br />

gestüt üblicherweise verwendeten Rücktrittsklausel möglich gewesen war.<br />

(505) Im Ergebnis wurde mit „Don Akzentus“ ein Junghengst zu einem enorm hohen Kauf-<br />

preis, unter unverständlichem Zeitdruck zum Jahresende, ohne ordnungsgemäßes tierärztli-<br />

ches Gutachten und ohne Nachweis einer Hengstleistungsprüfung, ohne kaufpreisbe-<br />

gründende Unterlagen sowie ohne ein wettbewerbliches Vergabeverfahren ausschließlich<br />

durch Verhandlungen mit einem einzigen Anbieter sowie unter Abweichung vom Standard-<br />

kaufvertrag und damit mit eingeschränkter Rücktrittsmöglichkeit vom Landgestüt erworben.<br />

Ein finanzieller Schaden für das Land ist nicht auszuschließen. Das Ministerium wird gebe-<br />

ten, die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Ankauf von „Don Akzentus“ vollständig auf-<br />

zuarbeiten und den <strong>Landesrechnungshof</strong> zu informieren. Regressansprüche sind zu prüfen.<br />

(506) Es ist nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die Kauf- bzw. Verkaufspreise von<br />

Hengsten vereinbart werden. Dem Ministerium wird empfohlen, ein nachvollziehbares und<br />

für alle Beteiligten transparentes Verfahren zur Preisermittlung zum Kauf bzw. Verkauf von<br />

Pferden zu entwickeln, zu installieren und zu überwachen.<br />

(507) Für die Anpachtung fremder Deckhengste sind für das Jahr <strong>2008</strong> Ausgaben von ca.<br />

85.000 Euro geplant. Eine Kostendeckung ist nicht nachgewiesen.<br />

187


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.4.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(508) Das Ministerium wies darauf hin, dass zwar einige Annahmen aus der Konzeption der<br />

Junghengstaufzucht nicht erfüllt seien, andere jedoch übertroffen worden sind. Dadurch haben<br />

sich im Durchschnitt die Erwartungen durchaus erfüllt. Das vom <strong>Landesrechnungshof</strong> festge-<br />

stellte kassenmäßige Defizit ist für sich allein nicht aussagefähig. Der Wert des aktuellen<br />

Junghengstbestandes wird nicht berücksichtigt.<br />

Zudem werde außer Acht gelassen, dass bei Einstellung der Junghengstaufzucht die Ergän-<br />

zung des Zuchthengstbestandes und des Pferdebestandes in der Landesreit- und Fahrschule<br />

mit zusätzlichen Investitionsmitteln erfolgen müsste.<br />

Das Ministerium werde aber der Bitte des <strong>Landesrechnungshof</strong>es um eine kritische Würdi-<br />

gung der Junghengstaufzucht entsprechen.<br />

Vor Ankauf der Immobilie seien auch alternative Nutzungsmöglichkeiten geprüft worden. In<br />

Frage kommen die Nutzung als Bergeraum, als Auslagerungsmöglichkeit für die eigenen<br />

Pferde bei Großveranstaltungen bei gleichzeitiger Vermietung der Boxen im Landgestüt, Qua-<br />

rantäne- und Krankenstall. Insofern sei eine wirtschaftliche Nutzung auch bei einer potenzi-<br />

ellen Einstellung der Junghengstaufzucht möglich. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde<br />

insofern durchgeführt, als der Kaufpreis im Verhältnis zu den aktuellen Pachtpreisen gesehen<br />

wurde. Demnach hätte sich der Kauf bereits nach neun Jahren amortisiert.<br />

Das Ministerium teilte weiterhin mit, dass der <strong>Landesrechnungshof</strong> verkenne, dass auch ohne<br />

die Anwendung bestimmter Musterverträge nach den einschlägigen schuldrechtlichen Rege-<br />

lungen unter bestimmten Voraussetzungen Rücktrittsrechte gegeben sind. Der Ankauf von<br />

Junghengsten finde üblicherweise nach der Körung und vor der Hengstleistungsprüfung statt.<br />

Kaufbegründende Unterlagen seien die Zuchtpapiere des Hengstes, aus denen die Abstam-<br />

mung sowie das Körurteil hervorgehen. Das Ministerium werde aber der Bitte des Landes-<br />

rechnungshofes nachkommen zu prüfen, ob ein finanzieller Schaden entstanden sein könnte.<br />

Das Ministerium werde die Empfehlung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es prüfen, ein nachvollzieh-<br />

bares und für alle Beteiligten transparentes Verfahren zur Preisermittlung zum Kauf bzw.<br />

Verkauf von Pferden zu entwickeln, zu installieren und zu überwachen.<br />

Eine Kostendeckung der Anpachtung fremder Deckhengste könne vorab insofern nicht nach-<br />

gewiesen werden, als die konkrete Nachfrage nach Bedeckungen nicht im Voraus bekannt ist.<br />

188


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(509) Gemäß Wertübersicht des Landgestütes und nach Auswertung der Wirtschaftsprüfer-<br />

berichte beträgt der Wert des Bestandes der für den Berechnungszeitraum relevanten ein- bis<br />

dreijährigen Junghengste 204.006,74 Euro. Somit errechnet sich für den Geschäftszweig der<br />

Junghengstaufzucht ein negatives Ergebnis i. H. v. 562.259,16 Euro. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

verweist nochmals darauf, dass das kassenmäßige Defizit der Junghengstaufzucht ca. 760.000<br />

Euro beträgt. Der Wert des Bestandes wurde noch nicht durch Einnahmen finanzwirksam<br />

realisiert. Risiken hierfür bestehen beispielsweise darin, dass Tiere – wie bereits erfolgt – un-<br />

ter Buchwert verkauft werden, verenden oder geschlachtet werden müssen.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bemerkt, dass bei einem kostendeckenden Lehrgangsangebot im Be-<br />

reich der Landesreit- und Fahrschule keine zusätzlichen Investitionsmittel für den Erwerb von<br />

Pferden notwendig wären.<br />

Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung gemäß § 7 LHO ist vor dem Ankauf der Immobilien nicht<br />

durchgeführt worden. Mögliche zukünftige Nutzungen für Immobilien außerhalb der Gestüts-<br />

anlage sind aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es kein nachgewiesener Bedarf.<br />

Beim Ankauf des Hengstes „Don Akzentus“ ist ein gegenüber dem Musterkaufvertrag des<br />

Landgestütes stark verkürzter Kaufvertrag verwendet worden. Dieser sichert dem Landgestüt<br />

lediglich ein Rücktrittsrecht gemäß den „Allgemeinen Bedingungen für den Verkauf von<br />

Zuchthengsten innerhalb Deutschlands“ zu. Der Standardvertrag des Landgestütes ermöglicht<br />

dagegen ein vergleichsweise weitergehendes Rücktrittsrecht, da er zusätzlich folgende Klau-<br />

sel enthält: „Der Käufer ist berechtigt, den Hengst innerhalb einer Frist von sechs Monaten<br />

nach Übernahme an den Verkäufer zurück zu geben, wenn sich in dieser Zeit Mängel heraus-<br />

stellen, die gegen einen Einsatz als Zuchthengst sprechen. In diesem Fall ist der Kaufpreis an<br />

den Käufer zurück zu zahlen. Die in der Zwischenzeit aufgetretenen Kosten trägt das Landge-<br />

stüt Redefin.“<br />

Für den <strong>Landesrechnungshof</strong> stellt sich die Frage, wie das Landgestüt mit Pachthengsten<br />

zielgerichtet die Pferdezucht in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> unterstützt, wenn deren Inan-<br />

spruchnahme nicht gesichert ist. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> verweist ausdrücklich auf das<br />

erhebliche finanzielle Risiko. Er bekräftigt seine Auffassung, dass für jeden fremden Deck-<br />

hengst die Kostendeckung überprüft werden sollte.<br />

189


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.5 Veranstaltungen, Sponsoring und Vermarktung<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(510) Ein seit 2001 jährlich von einem fremden Veranstalter ausgerichtetes Turnier ver-<br />

ursacht aufgrund der Vertragsgestaltung einen durchschnittlichen jährlichen Verlust für das<br />

Landgestüt Redefin i. H. v. 5.200 Euro. Trotz Kenntnis einer Kostenkalkulation im Vorfeld<br />

des Vertragsabschlusses schloss das Ministerium diesen für das Land nachteiligen Vertrag ab.<br />

Das Ministerium wird gebeten, den geschlossenen Vertrag zu prüfen und gegebenenfalls zu<br />

ändern.<br />

(511) Das Landgestüt Redefin erhielt Sachleistungen aus Sponsoringverträgen. Die Sachleis-<br />

tungen wurden nach Aussage von Beschäftigten des Landgestütes Redefin während der Ver-<br />

anstaltungen an sie und an Aushilfskräfte unentgeltlich verteilt und kamen daher dem Land<br />

nicht zugute. Das Ministerium wird gebeten, im Einzelnen zu prüfen, ob die Beschäftigten des<br />

Landes das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken in der öffentlichen<br />

Verwaltung beachtet haben.<br />

(512) Obwohl das Landgestüt Redefin einen für Marketing zuständigen Mitarbeiter beschäf-<br />

tigt, wurde ein privater Sponsoringvermittler mit der Gewinnung und Betreuung von Sponso-<br />

ren beauftragt. In den Jahren 2002 bis 2007 erhielt dieser insgesamt 105.901 Euro Provisions-<br />

zahlung. Dieser Vertrag wurde bereits zweimal geändert. Bei jeder Vertragsänderung ver-<br />

schlechterten sich die finanziellen Konditionen für das Landgestüt Redefin.<br />

Das Landgestüt Redefin beachtete abgeschlossene Verträge nicht und leistete in mindestens<br />

einem Fall eine nicht vertraglich begründete Zahlung i. H. v. 800 Euro. Das Ministerium wird<br />

gebeten sicherzustellen, dass das Landgestüt Redefin nur noch haushaltsrechtlich zulässige<br />

und für alle Beteiligten transparente Sponsoringverträge abschließt und seine vertraglichen<br />

Rechte und Pflichten beachtet.<br />

Die abgeschlossenen Sponsoringverträge und die gezahlten Provisionen an den Sponsoring-<br />

vermittler sind auf Rückforderungstatbestände zu prüfen.<br />

(513) Durch Sponsoring wurden nach Angaben des Landgestütes Redefin Umsatzerlöse<br />

i. H. v. 123.810,51 Euro im Jahr 2007 erzielt. Dies sind 8,7 % der geplanten sonstigen Be-<br />

triebserträge. Aus dem Wirtschaftsplan sind diese geplanten Einnahmen nicht separat erkenn-<br />

190


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

bar. Um das damit verbundene Haushaltsrisiko zu verdeutlichen, sollten die geplanten Ein-<br />

nahmen aus Sponsoring im Wirtschaftsplan deutlich gemacht werden.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(514) Der Turnier-Vertrag werde geprüft und gegebenenfalls geändert.<br />

Das Ministerium weise jährlich in einer Hausmitteilung auf das Verbot der Annahme von Be-<br />

lohnungen und Geschenken hin, zuletzt ist diese Mitteilung mit Schreiben vom 07.02.<strong>2008</strong> an<br />

das Landgestüt Redefin erfolgt. Es folgt der Bitte des <strong>Landesrechnungshof</strong>es im Einzelnen zu<br />

prüfen, ob die Beschäftigten des Landes (hier Landgestüt Redefin) das Verbot der Annahme<br />

von Belohnungen und Geschenken in der öffentlichen Verwaltung beachtet haben.<br />

Das Ministerium entspricht der Bitte des <strong>Landesrechnungshof</strong>es sicherzustellen, dass das<br />

Landgestüt Redefin nur noch haushaltsrechtlich zulässige und für alle Beteiligten transparente<br />

Sponsorenverträge abschließt und seine vertraglichen Rechte und Pflichten beachtet. Die<br />

Leistungen aus den abgeschlossenen Sponsoringverträgen und die gezahlten Provisionen an<br />

den Sponsoringvermittler werden hinsichtlich von Rückforderungstatbeständen geprüft.<br />

Die geplanten Einnahmen aus Sponsoring sollen im Wirtschaftsplan deutlich gemacht wer-<br />

den.<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(515) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt das Vorgehen des Ministeriums.<br />

2.6 Bauherreneigenschaft des Landgestütes<br />

2.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(516) Von den im Gesamtkonzept zur Sanierung und Modernisierung des Landgestütes Re-<br />

defin geplanten 31 Maßnahmen wurden bis zum Zeitpunkt der Erhebung nur 11 Maßnahmen<br />

und weitere nicht geplante Maßnahmen umgesetzt. Dennoch wurden die geplanten 13 Mio.<br />

Euro an Investitionsmitteln verausgabt. Eine Kontrolle der Aufgabenerfüllung im Sinne der<br />

Erhaltung des unter Denkmalschutz stehenden Ensembles eines großen Gestütsbetriebes<br />

durch das Ministerium ist nicht erkennbar. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> regt das Ministerium an,<br />

die dem Leiter des Landgestütes Redefin übertragenen Kompetenzen – Bauherreneigenschaft<br />

191


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

– zu entziehen und diese selbst wahrzunehmen oder eine Übertragung dieser auf den BBL<br />

M-V zu überprüfen.<br />

2.6.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(517) Das Ministerium wies darauf hin, dass das von der Landgesellschaft erarbeitete<br />

Sanierungskonzept in der Reihenfolge der Baumaßnahmen mehrmals u. a. wegen des Bauzu-<br />

standes einzelner Gebäude angepasst werden musste. Dies wurde in der Regel zwischen der<br />

Landgesellschaft, dem Landgestüt und dem Ministerium abgestimmt und dokumentiert. Er-<br />

forderliche Anpassungen wurden beim Finanzministerium beantragt. Der ursprüngliche In-<br />

vestitionsplan war unter anderem schon deshalb nicht einzuhalten, weil dieser von jährlich<br />

gleichbleibenden Investitionszuschüssen in bestimmter Höhe ausgegangen war. Da der In-<br />

vestitionszuschuss jedoch in einigen Jahren erheblich unter dem angenommenen Zuschuss<br />

lag, traten Verzögerungen im Baufortschritt ein, was erfahrungsgemäß zu erheblichen<br />

Verteuerungen führt.<br />

Das Ministerium nimmt die Anregung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es auf, die dem Leiter des<br />

Landgestüts Redefin übertragenen Kompetenzen – Bauherreneigenschaft – zu entziehen und<br />

diese selbst wahrzunehmen oder deren Übertragung auf den BBL M-V zu überprüfen.<br />

2.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(518) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt das Vorgehen des Ministeriums. Er verweist zusätz-<br />

lich darauf, dass trotz Sanierungsbedarf im Landgestüt in den Jahren 1995, 1996 und 1999 In-<br />

vestitionen i. H. v. 290.295 Euro in die Deckstationen in Kritzmow, Griebenow und Gülzow<br />

erfolgten.<br />

2.7 Beschaffung/Vergabe, Forderungsmanagement, Fahrtenbücher, Lehrgänge,<br />

Reit- und Fahrverein, Regionales Informationszentrum, Interessenkonflikte<br />

2.7.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(519) Die Dokumentation der durch das Landgestüt Redefin vorgenommenen freihändigen<br />

Vergaben nach § 55 LHO i. V. m. § 3 Nr. 5 VOL/A ist nicht immer erfolgt.<br />

192


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(520) In den Jahren 1997 bis 2006 wurden Forderungen i. H. v. ca. 25.000 Euro als nicht<br />

einziehbar durch das Landgestüt Redefin bewertet und auf die Weiterverfolgung bestehender<br />

Ansprüche verzichtet. Die vorherige Zustimmung des Ministeriums zur unbefristeten Nieder-<br />

schlagung und Ausbuchung wurde entgegen § 59 LHO i. V. m. Nr. 2.1.9 und 5.6. der vorläu-<br />

figen Dienstanweisung für den Leiter des Landgestütes Redefin nicht eingeholt.<br />

(521) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> stellte fest, dass in den Fahrtenbüchern teilweise Unterschrif-<br />

ten zu Fahrteinträgen fehlten, die gefahrenen Kilometer teilweise mehr als 500 Kilometer und<br />

damit erheblich von der angegebenen gefahrenen Fahrtstrecke abweichen, für Fahrten keine<br />

Kilometer angegeben und Privatfahrten durchgeführt wurden.<br />

(522) Eine Kostenkalkulation der Lehrgangsentgelte der Landesreit- und Fahrschule wurde<br />

nicht vorgenommen. Eine detaillierte Kostenkalkulation als Grundlage für die Festlegung von<br />

kostendeckenden Entgelten ist zwingend notwendig.<br />

(523) Im Zusammenhang mit dem Reit- und Fahrverein Landgestüt Redefin e. V. stellte der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> eine enge und intransparente Verflechtung mit dem Landgestüt Redefin<br />

fest.<br />

(524) Im Zusammenhang mit einem Regionalen Informationszentrum wurde eine für das<br />

Landgestüt Redefin nachteilige Vertragsgestaltung festgestellt.<br />

(525) Im Bereich der Büroleitung des Landgestütes Redefin bündeln sich eine Vielzahl von<br />

Aufgaben. Durch die Wahrnehmung der Internen Revision und – als Nebentätigkeiten – der<br />

Aufgaben der Geschäftsstelle eines Vereins und der Kassenstelle für einen weiteren Verein,<br />

zusätzlich zu den üblichen Verwaltungsaufgaben, können Interessenkonflikte auftreten.<br />

2.7.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(526) Das Ministerium führte hierzu aus, dass die vorherige Zustimmung des Ministeriums<br />

zur Niederschlagung und Ausbuchung der als nicht einziehbar durch das Landgestüt bewerte-<br />

ten Forderungen nach § 59 LHO nicht eingeholt worden ist. In diesem Zusammenhang wird<br />

auf die sechsjährige Aktenaufbewahrungsfrist verwiesen.<br />

Für die Nutzung der Dienstfahrzeuge seien bereits entsprechende mündliche Anweisungen<br />

unter Hinweis auf die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen erteilt worden. Eine schrift-<br />

193


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

lich vorgegebene Verfahrensweise ist für die in der Vorbereitung befindlichen Geschäftsord-<br />

nung/Dienstanweisung vorgesehen.<br />

Die Lehrgangsentgelte orientieren sich an denen der anderen Landesreit- und Fahrschulen.<br />

Das Ministerium nimmt die Anregung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zu einer detaillierten Kos-<br />

tenkalkulation auf.<br />

Der Vertrag zwischen Landgestüt und dem Reit- und Fahrverein Landgestüt Redefin e.V. ist<br />

zwischenzeitlich geändert worden.<br />

Im Bereich der Büroleitung sind die Nebentätigkeiten zwischenzeitlich aufgegeben worden.<br />

2.7.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(527) Aktenaufbewahrungsfristen stehen in keinem Zusammenhang mit den fehlenden Zu-<br />

stimmungen des Ministeriums zu den im Landgestüt erfolgten unbefristeten Niederschla-<br />

gungen. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> fordert das Ministerium auf, künftig Vorkehrungen für die<br />

Einhaltung von § 59 LHO und der diesbezüglichen Regelungen in der Dienstanweisung durch<br />

das Landgestüt zu treffen.<br />

Im Übrigen begrüßt er das Vorgehen des Ministeriums.<br />

3 Prüfung der Personalbewirtschaftung<br />

3.1 Bewirtschaftung des Stellenplans<br />

3.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(528) Im Jahresverlauf 2007 sind Überschreitungen des Stellenplans 113 um bis zu 2,6<br />

Beschäftigte ersichtlich. Die Überschreitungen des Stellenplans sind auf Fehler bei der Nach-<br />

weisführung der bewirtschafteten Stellen zurückzuführen. Werden Planstellen oder andere<br />

Stellen als Planstellen zur Bewirtschaftung zugewiesen, sind Nachweisungen über die<br />

Besetzung der selbst bewirtschafteten Stellen zu führen, so dass jederzeit die Zahl der besetz-<br />

ten oder in Anspruch genommenen sowie der besetzbaren Stellen festgestellt werden kann. 114<br />

Mit der im Landgestüt Redefin geführten Übersicht zur Stellenauslastung waren die Stellen-<br />

113 Stellenplan für Arbeitnehmer (= sog. Stellenübersicht).<br />

114 VV Nr. 6.4 zu § 49 LHO.<br />

194


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

besetzungen während des Haushaltsjahres 2007 weder nach Anzahl noch nach Wertigkeit der<br />

Stellen nachzuvollziehen.<br />

3.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(529) Das Ministerium erklärt, die Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zukünftig zu<br />

beachten. Es teilt weiterhin mit, dass entsprechende Stellenbesetzungslisten mit Beginn des<br />

Haushaltsjahres <strong>2008</strong> geführt werden.<br />

3.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(530) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die umgehende Reaktion des Ministeriums. Er hält<br />

fest, dass der Stellenplan für Arbeitnehmer (Stellenübersicht) für die Ressorts in gleicher<br />

Weise bindend ist wie der Stellenplan der planmäßigen Beamten. Einstellungen dürfen nur er-<br />

folgen, soweit freie Stellen der in Betracht kommenden Entgeltgruppe zur Verfügung<br />

stehen. 115 Bei Abweichungen von der Stellenübersicht ist die Einwilligung des Finanzministe-<br />

riums einzuholen. 116<br />

3.2 Stellenbesetzungsverfahren<br />

3.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(531) Das Landgestüt Redefin hat unbefristet und befristet Beschäftigte, Auszubildende und<br />

Aushilfs- und Vertretungskräfte sowohl ohne Beteiligung des Zentralen Personalmanage-<br />

ments (PeM) als auch ohne Stellenausschreibungen eingestellt.<br />

3.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(532) Das Ministerium sagt zu, die Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zukünftig zu<br />

beachten. Es informiert darüber, dass mit dem PeM bereits Gespräche über die Durchführung<br />

eines vereinfachten Ausschreibungsverfahrens begonnen haben.<br />

115 VV Nr. 3.3.2 zu § 49 LHO.<br />

116 § 49 Abs. 4 LHO i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 5 LHO i. V. m. VV Nr. 5.2 zu § 17 LHO.<br />

195


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

3.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(533) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> anerkennt die sofortige Änderung der Einstellungspraxis. Er<br />

weist darauf hin, dass der Abbau des landesweit vorhandenen Überhangpersonals nur<br />

gelingen kann, wenn die Regelungen zur Beteiligung des PeM von allen Dienststellen befolgt<br />

werden. Gegen die Vereinbarung eines vereinfachten Ausschreibungsverfahrens mit dem<br />

PeM bestehen keine Bedenken.<br />

3.3 Personalaktenführung<br />

3.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(534) Die im Landgestüt Redefin geführten Personalakten entsprachen überwiegend nicht<br />

den Mindestanforderungen. Abgelegte Schriftstücke waren undatiert, persönliche Daten<br />

waren veraltet und es fehlten Unterlagen über Belehrungen, arbeitsmedizinische Untersu-<br />

chungen und Beurteilungen. Durchschläge der Meldungen an das Landesbesoldungsamt, für<br />

Reisekosten- und Trennungsgeldabrechnungen sowie für Krankmeldungen und Urlaubsange-<br />

legenheiten waren nicht in beschäftigtenbezogenen Teilakten, sondern fortlaufend in Sach-<br />

akten abgelegt.<br />

3.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(535) Das Ministerium erklärt, die Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zukünftig zu<br />

beachten. Es teilt außerdem mit, dass die Personalakten bis auf Weiteres im Ministerium ge-<br />

führt werden.<br />

3.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(536) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> geht davon aus, dass die Personalakten durch das Ministeri-<br />

um umfassend überarbeitet und an die rechtlichen Erfordernisse angepasst werden.<br />

3.4 Arbeitszeitberechnungen<br />

3.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(537) Für die Berechnung der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit<br />

wird im Landgestüt Redefin ein Ausgleichszeitraum von drei Wochen zu Grunde<br />

196


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

gelegt 117 . Die im Landgestüt Redefin geführten Abrechnungen über die erbrachte Arbeitszeit<br />

vollziehen den dreiwöchigen Ausgleichszeitraum allerdings nicht nach, so dass das Landge-<br />

stüt Redefin keinen Überblick darüber besitzt, in welchem Abschnitt des Ausgleichszeitrau-<br />

mes sich ein Beschäftigter befindet und wie er weiter einzuteilen wäre, damit er bis zum Ende<br />

des Ausgleichszeitraumes die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden er-<br />

reicht. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich Mitarbeiter auf einen Annahmeverzug berufen<br />

und die Nachleistung von Fehlstunden verweigern. Das Drei-Wochen-Modell kann daher nur<br />

beibehalten werden, wenn sichergestellt ist, dass die Mitarbeiter zum Ende eines Ausgleichs-<br />

zeitraumes keine Zeitschulden aufbauen.<br />

(538) Arbeitszeitnachweise sind vielfach nicht vom Arbeitnehmer unterzeichnet. Die<br />

vorgesehene Mitzeichnung zumindest eines Dienstvorgesetzten ist in einer Vielzahl von Fäl-<br />

len nicht gegeben. Des Weiteren sind in nicht unerheblichem Maße Eintragungen auf den<br />

Arbeitszeitnachweisen abgeändert worden. Es gibt Änderungen bei der Gesamtstundenanzahl<br />

sowie Änderungen ursprünglicher Eintragungen „krank“ auf „geleistete Arbeitsstunden“ bzw.<br />

„Urlaub“. Alle Änderungen sind weder durch Angabe des Datums noch durch ein Namens-<br />

kürzel belegt. Die Nachvollziehbarkeit der Änderungen ist nicht gegeben. Der Landesrech-<br />

nungshof hält eine vollständige und nachvollziehbare Dokumentation der täglich abgeleisteten<br />

Arbeitszeit für erforderlich.<br />

(539) Das im Landgestüt Redefin angewendete Verfahren zur Abrechnung und Vergütung<br />

von Überstunden weicht in mehrfacher Hinsicht von geltendem Recht ab. Aufgrund einer<br />

Verkennung des Überstundenbegriffs sind vielfach dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche<br />

Arbeitsstunden fälschlicherweise als Überstunden ausgewiesen und bezahlt worden. Entgegen<br />

dem tariflichen Grundsatz des Freizeitausgleichs wurden Überstunden regelmäßig ausbezahlt<br />

anstatt durch Freizeit ausgeglichen. Die Eintragungen auf den Arbeitszeitnachweisen für die<br />

Überstunden während der Hengstparaden im September 2007 sind fast ausnahmslos von<br />

ursprünglich 8,5 Stunden auf 9 Stunden geändert worden. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für<br />

notwendig, die Ursachen für die Änderungen in den Arbeitszeitnachweisen zu ermitteln.<br />

Überstunden- und Zeitzuschläge sind künftig unter Beachtung der tariflichen Regelungen zu<br />

berechnen.<br />

117 § 6 Abs. 2 S. 1 TV-L.<br />

197


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

3.4.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(540) Das Ministerium erklärt, die Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es würden zu-<br />

künftig beachtet. Es führt weiter aus, dass derzeit entsprechende Dienstvereinbarungen über<br />

die Arbeitszeit im Stalldienst und im Inneren Dienst mit dem Ziel einer elektronischen<br />

Zeiterfassung erarbeitet werden. Die Berechnung von Überstunden- und Zeitzuschlägen er-<br />

folge bereits unter Beachtung der tariflichen Regelungen.<br />

3.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(541) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> unterstützt die geänderte Verwaltungspraxis des Landge-<br />

stüts. Er bleibt allerdings dabei, dass die Ursachen für die umfangreichen handschriftlichen<br />

Änderungen in den Arbeitszeitnachweisen aufgeklärt werden sollten. Auf der Basis der<br />

Arbeitszeitnachweise werden gegenüber dem Landesbesoldungsamt Zahlungsanordnungen<br />

veranlasst. Eine tiefergehende Aufarbeitung des Vorgangs trägt dazu bei, künftige Fehl-<br />

entwicklungen zu vermeiden. Darüber hinaus hält es der <strong>Landesrechnungshof</strong> für geboten,<br />

nicht zutreffend abgerechnete und vergütete Überstunden, soweit möglich, rückwirkend zu<br />

korrigieren.<br />

3.5 Lohn- und Gehaltsabrechnungen<br />

3.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(542) Verantwortliche Mitarbeiter des Landgestütes Redefin haben bei den Lohnabrech-<br />

nungen für die Aushilfskräfte zum Teil unrichtige Beschäftigungszeiten zugrunde gelegt. Ins-<br />

gesamt lässt sich eine Streckung der Beschäftigungszeiten feststellen, durch die vor allem die<br />

Anzahl der geleisteten Wochenstunden reduziert wurde. Es kann nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass es den Aushilfskräften ermöglicht werden sollte, trotz Beschäftigung weiterhin<br />

als arbeitslos zu gelten.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für geboten, Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge neu<br />

zu berechnen sowie den gesamten Vorgang zu überprüfen. Es ist sicherzustellen, dass ein ent-<br />

sprechendes Fehlverhalten von Beschäftigten des Landgestütes Redefin künftig unterbleibt.<br />

(543) Die Vergütung von Aushilfskräften erfolgte direkt durch das Landgestüt Redefin über<br />

dessen Konten und in mindestens 20 Fällen in Form einer Barzahlung. Ein Sachgrund für die<br />

198


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Abweichung vom Grundsatz bargeldloser Zahlungen lag nicht vor. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

fordert, dass künftige Zahlungen an Aushilfskräfte grundsätzlich nur noch unbar erfolgen.<br />

3.5.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(544) Das Ministerium teilt mit, die fehlerhaften Meldungen zwischenzeitlich korrigiert und<br />

entsprechende arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen zu haben. Hinsichtlich der Barzah-<br />

lungsfälle erklärt das Ministerium, die Feststellungen und Forderungen des Landesrechnungs-<br />

hofes zukünftig zu beachten.<br />

3.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(545) Nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es besitzen die aufgedeckten Abrechnungsfeh-<br />

ler eine grundsätzliche Bedeutung und weisen über den konkreten Fall hinaus auf generelle<br />

personelle und organisatorische Fehlentwicklungen im Landgestüt hin. Um künftig ähnliche<br />

Verstöße zu vermeiden, empfiehlt der <strong>Landesrechnungshof</strong>, weitere organisatorische Vorkeh-<br />

rungen zu treffen.<br />

3.6 Nebentätigkeiten<br />

3.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(546) Beschäftigte des Landgestütes Redefin üben entgeltliche Nebentätigkeiten im Bereich<br />

des Pferdesports aus. Die entsprechenden Personalakten enthalten keinerlei Nebentätigkeits-<br />

anzeigen bzw. -genehmigungen. Das Landgestüt Redefin sollte den Umfang der Nebentätig-<br />

keiten zeitnah feststellen und in den Personalakten dokumentieren. Weiterhin empfiehlt der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>, dass das Landgestüt Redefin seine Beschäftigten über ihre Verpflich-<br />

tung zur Anzeige von Nebentätigkeiten belehrt.<br />

(547) Ein Beschäftigter des Landgestütes Redefin ist zugleich entgeltlich für einen Verein<br />

tätig. Hier wäre eine Untersagung der Nebentätigkeit zu prüfen, da zwischen dem Verein und<br />

dem Land vertragliche Beziehungen bestehen und die Nebentätigkeit möglicherweise ge-<br />

eignet ist, berechtigte Interessen des Landes zu beeinträchtigen.<br />

(548) Ein weiterer Beschäftigter betreibt eine erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Tierzucht<br />

und verkauft auch Tiere an das Landgestüt Redefin. Andere Beschäftigte halten privat Pferde,<br />

199


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

ohne dass Informationen darüber vorliegen, ob dies zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> fordert das Landgestüt Redefin auf, in allen Fällen zu prüfen, ob die<br />

Nebentätigkeit mit Auflagen versehen bzw. untersagt werden muss.<br />

(549) Beschäftigte des Landgestütes Redefin üben entgeltliche Nebentätigkeiten im Rahmen<br />

der von einem privaten Verband veranstalteten „Hengstkörungen“ aus. Da die Nebentätigkei-<br />

ten zusätzlich zur Arbeit für das Landgestüt Redefin erfolgen, ergeben sich für einzelne<br />

Beschäftigte tägliche Gesamtarbeitszeiten von bis zu 17,75 Stunden. Die Gesamtarbeitszeiten<br />

verstoßen gegen das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz. Das Landgestüt<br />

Redefin ist daher gehalten, die Nebentätigkeiten zu untersagen oder mit Auflagen zu verse-<br />

hen.<br />

3.6.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(550) Das Ministerium weist darauf hin, dass Nebentätigkeiten personalrechtlich nur be-<br />

arbeitet werden können, soweit sie dem Arbeitgeber bekannt sind. Die Mitarbeiter des Land-<br />

gestüts seien zwischenzeitlich nochmals aufgefordert worden, ihre ausgeübten Nebentätigkei-<br />

ten anzuzeigen. Die Hinweise des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zur Bearbeitung der Nebentätig-<br />

keitsanzeigen werden beachtet.<br />

3.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(551) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> sieht, dass im TV-L kein allgemeiner Auskunftsanspruch des<br />

Arbeitgebers bezüglich der Ausübung entgeltlicher Nebentätigkeiten durch Arbeitnehmer<br />

vorgesehen ist. Verfügt der Arbeitgeber allerdings im Einzelfall über konkrete Anhaltspunkte<br />

für eine Verletzung der Anzeigepflicht, ist er berechtigt, den Beschäftigten nach der Aus-<br />

übung der Nebentätigkeit zu fragen. Von dieser Möglichkeit sollte das Landgestüt Redefin<br />

vermehrt Gebrauch machen.<br />

3.7 Konsolidierungsmöglichkeiten im Personalhaushalt<br />

3.7.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(552) Die Beschäftigten des Landgestütes Redefin sind in neun Fällen zu hoch eingruppiert<br />

bzw. eingereiht. Dem Land sind dadurch finanzielle Nachteile i. H. v. ungefähr 33.100 Euro<br />

200


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

pro Jahr entstanden. Hinzu kommt eine Überzahlung i. H. v. ca. 8.700 Euro für einen nicht<br />

tarifgerecht eingereihten befristet Beschäftigten.<br />

Tabelle 24: Künftige Einsparung durch tarifgerechte Eingruppierung/Einreihung<br />

Quelle: Werte für Veranschlagung von Personalausgaben <strong>2008</strong>/2009, eigene Berechnungen.<br />

Die fehlerhaften Eingruppierungen beruhen im Wesentlichen darauf, dass die Beschäftigten<br />

nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen bzw. Tätigkeiten ausüben, die nur den<br />

Tarifmerkmalen einer niedrigeren Entgeltgruppe entsprechen.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> fordert das Ministerium auf, die Eingruppierungen bzw. Einrei-<br />

hungen zu korrigieren.<br />

(553) Um den Personalhaushalt des Landgestüts zu konsolidieren, hat der Landesrechnungs-<br />

hof u. a. vorgeschlagen, Dienstleistungen wie z. B. Hofarbeiten, Reinigungs- und Verpfle-<br />

gungsdienstleistungen sowie Hausmeistertätigkeiten auf Dritte zu verlagern, da es sich hierbei<br />

nicht um Kernaufgaben des Landgestüts handelt. Auch die Schließung der Deckstationen<br />

außerhalb von Redefin führt zu einer Reduzierung des Stellenplans.<br />

Weitere Einsparmöglichkeiten ergeben sich im Bereich der Verwaltung des Landgestüts<br />

durch den Anschluss an das Intranet der Landesverwaltung, die Umstellung der Zahlsysteme<br />

auf unbare Zahlungen, die Einführung elektronischer Verfahren und die Nutzung zentraler<br />

Dienstleister der Landesverwaltung.<br />

IST Soll Differenz<br />

Entgeltgruppe Betrag (EUR) Entgeltgruppe Betrag (EUR) (EUR)<br />

E 13 58.300 E 11 53.200 5.100<br />

E 10 49.200 E 9 45.500 3.700<br />

E 9 45.500 E 8 40.900 4.600<br />

E 6 38.100 E 5 35.200 2.900<br />

E 6 38.100 E 5 35.200 2.900<br />

E 6 38.100 E 5 35.200 2.900<br />

E 6 38.100 E 3 31.700 6.400<br />

E 4 33.800 E 2Ü 31.300 2.500<br />

E 4 33.800 E 3 31.700 2.100<br />

Gesamt: 33.100<br />

201


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Insgesamt könnte die Stellenzahl 118 des Landgestüts Redefin schrittweise von 39 auf bis zu 19<br />

Stellen verringert werden. Zur Ausfinanzierung des neuen Stellenplans wären damit im Ver-<br />

gleich zum alten Stellenbedarf bis zu rd. 770.000 Euro pro Jahr weniger notwendig.<br />

Tabelle 25: Einsparpotenziale in Euro<br />

Quelle: Stellenplan Landgestüt, Werte für Veranschlagung von Personalausgaben <strong>2008</strong>/2009, eigene Berechnungen.<br />

3.7.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(554) Das Ministerium erklärt, die Eingruppierungen der Mitarbeiter des Landgestüts<br />

würden geprüft und den tarifrechtlichen Erfordernissen angepasst. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

werde über das Ergebnis unterrichtet. Des Weiteren führt das Ministerium aus, dass der An-<br />

schluss an das Intranet realisiert sei und für das Landgestüt somit die Zugriffsmöglichkeit auf<br />

Anweisungen und Informationen des Ministeriums auf elektronischem Wege bestehe. Hier-<br />

durch sei unter anderem auch die Möglichkeit der Nutzung des e-shops des LAiV bei Be-<br />

schaffungen gegeben. Weitere Einsparmöglichkeiten würden geprüft.<br />

3.7.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(555) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die Bereitschaft des Ministeriums zur Prüfung der<br />

vorgeschlagenen Einsparmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzu-<br />

118 Stellenzahl laut Haushaltsplan.<br />

202<br />

Stelle alt<br />

neu<br />

Wertigkeit<br />

Betrag<br />

BVL Anzahl Anzahl<br />

SDVA16 1 1<br />

Betrag Saldo<br />

E 13 58.300 1 58.300 0 0 -58.300<br />

E 11 53.200 1 53.200 2 106.400 53.200<br />

E 10 49.200 1 49.200 0 0 -49.200<br />

E 9 45.500 2 91.000 0 0 -91.000<br />

E 8 40.900 2 81.800 1 40.900 -40.900<br />

E 6 38.100 12 457.200 4 152.400 -304.800<br />

E 5 35.200 10 352.000 7 246.400 -105.600<br />

E 4 33.800 7 236.600 1 33.800 -202.800<br />

E 3 31.700 1 31.700 2 63.400 31.700<br />

E 2 30.900 1 30.900 1 30.900 0<br />

Gesamt 39 1.441.900 19 674.200 -767.700


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

weisen, dass es sich mit Ausnahme der tarifgerechten Eingruppierungen/Einreihungen der<br />

Mitarbeiter vor allem um Anregungen handelt, die auf eine Konzentration auf das Kernge-<br />

schäft des Landgestüts abzielen. Über das Kerngeschäft hinaus gehende Aktivitäten des Land-<br />

gestüts sind nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es nicht generell abzulehnen. Sie sollten<br />

aber nur beibehalten werden, wenn sie einen hinreichenden Deckungsbeitrag erwirtschaften<br />

bzw. der Zuschussbedarf insgesamt trotz der weiteren Betätigungen mittelfristig erheblich<br />

sinkt.<br />

4 Ausblick<br />

4.1 Zuschussbedarf<br />

4.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(556) Das Ministerium sollte unter Nutzung der Vorschläge des <strong>Landesrechnungshof</strong>es zur<br />

Zuschussreduzierung die bei der Prüfung zu Tage getretenen Mängel bereinigen und zugleich<br />

eine tragfähige Zukunftskonzeption für das Landgestüt Redefin entwickeln.<br />

(557) Mittelfristig sieht der <strong>Landesrechnungshof</strong> bei Schließung der Außenstandorte und<br />

Einstellung der Junghengstaufzucht eine mögliche jährliche Zuschussreduzierung für den<br />

laufenden Betrieb von mindestens 350.000 Euro.<br />

Hinzu kommen schrittweise zu realisierende Einsparungen aufgrund von Personalmaßnahmen<br />

i. H. v. bis zu 770.000 Euro.<br />

4.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(558) Das Ministerium führte hierzu aus, dass nach einem durch die Landesforschungsan-<br />

stalt – Institut für Betriebswirtschaft – erarbeiteten Konzept für das Landgestüt Redefin bei<br />

Reduzierung von Deckstellen, bei Beibehaltung der Junghengstaufzucht und Ausbau des Aus-<br />

bildungs- und Sportzentrums eine mittelfristige Zuschussreduzierung von 450.000 Euro ge-<br />

plant werde.<br />

4.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(559) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt, dass seitens des Ministeriums eine mittelfristige Zu-<br />

schussreduzierung i. H. v. 450.000 Euro pro Jahr angestrebt wird. Er hält eine weitergehende<br />

203


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Zuschussreduzierung bei Schließung aller Außenstandorte und Einstellung der Junghengstauf-<br />

zucht für möglich.<br />

4.2 Rechtsform<br />

4.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(560) Sollte sich herausstellen, dass eine Zuschussreduzierung nur aufgrund einer Änderung<br />

der Rechtsform möglich ist, darf die Diskussion nicht auf das derzeit diskutierte Stiftungs-<br />

modell beschränkt bleiben.<br />

Mehrere Varianten sind gegeben.<br />

– Das Landgestüt könnte in einer Kooperation mit anderen Landgestüten aufgehen.<br />

– Das Landgestüt wird in die Rechtsform einer Stiftung oder Anstalt des öffentlichen<br />

Rechts überführt. Hierdurch könnten im Bereich der tariflichen Eingruppierungen neue<br />

Gestaltungsmöglichkeiten erschlossen werden (Haustarifvertrag).<br />

– Das Landgestüt wird unter Auflagen teilprivatisiert. Die historische Gestütsanlage ver-<br />

bleibt als Besitzgesellschaft im Eigentum des Landes und wird an eine private Betriebs-<br />

gesellschaft verpachtet.<br />

– Das Landgestüt wird vollständig privatisiert.<br />

(561) Unabhängig davon, ob eine Änderung der Rechtsform stattfindet, ist in jedem Fall eine<br />

Optimierung der Aufgabenstruktur, der Ablauf- und Aufbauorganisation und eine deutliche<br />

Ausgabenreduzierung und Einnahmeverbesserung notwendig.<br />

4.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

(562) Das Ministerium teilt mit, dass es derzeit über verschiedene Rechtsformmöglichkeiten<br />

nachdenke.<br />

4.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(563) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> wird diesen Prozess weiter begleiten.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

204


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales und<br />

Gesundheit<br />

13 Aufsicht über die Sozialversicherungsträger und Tätigkeit des beim<br />

Ministerium für Soziales und Gesundheit eingerichteten Prüfdienstes<br />

Bei der Aufsicht über die Sozialversicherungsträger bestehen wesentliche Kontrolldefi-<br />

zite. Die Verpflichtung, mindestens alle fünf Jahre den gesamten Geschäftsbetrieb zu<br />

prüfen, wurde weder bei den Kranken- und Pflegekassen noch bei den Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung eingehalten.<br />

Die Aufsicht hat zudem von ihrem umfassenden Informationsrecht nicht hinreichend<br />

Gebrauch gemacht und führte Aufsichtsprüfungen nur sehr restriktiv durch. Sie ver-<br />

folgte Feststellungen nicht konsequent und setzte ihre Forderungen nicht nachhaltig<br />

durch.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(564) Dem Ministerium für Soziales und Gesundheit (Ministerium) obliegt als zuständige<br />

Landesbehörde die Aufsicht über die Organisationen der Sozialversicherung, deren Zustän-<br />

digkeitsbereich sich nicht über das Gebiet <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s hinaus erstreckt. Hier-<br />

bei handelt es sich um eine sehr umfangreiche, vielfältige und wichtige Staatsaufgabe. Der<br />

Aufsicht unterlagen in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im Prüfungszeitraum im Bereich der Kran-<br />

ken- und Pflegeversicherung insbesondere die AOK M-V, die IKK M-V, die Pflegekassen der<br />

AOK M-V und IKK M-V, der Medizinische Dienst (MDK), die Kassenärztliche Vereinigung<br />

(KV) und die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) sowie im Bereich der Rentenversi-<br />

cherung die Landesversicherungsanstalt (LVA) und im Bereich der Unfallversicherung die<br />

Unfallkasse (UK, zuvor Gemeindeunfallversicherungsverband – GUVV). Das der Aufsicht<br />

unterliegende Haushaltsvolumen betrug im Jahr 2005 4,1 Mrd. Euro.<br />

Die Aufsicht hat jederzeit ein umfassendes Informationsrecht. Sie kann insbesondere die Ge-<br />

schäfts- und Rechnungsführung der Sozialversicherungsträger prüfen – Aufsichtsprüfungen<br />

(§ 88 SGB IV). Im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung ist die Aufsicht verpflichtet,<br />

mindestens alle fünf Jahre die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung der landesun-<br />

mittelbaren Krankenkassen, der Landesverbände der Krankenkassen, der Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen sowie der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse und deren Geschäftsstellen zu<br />

205


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

prüfen (§ 274 Abs. 1 SGB V). Entsprechendes gilt für den MDK und die Pflegekassen. Die<br />

Prüfungen richten sich insbesondere auch auf die Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaft-<br />

lichkeit und Sparsamkeit. Staatliche Mitwirkungsrechte, wie bspw. die Genehmigungsvorbe-<br />

halte bei Satzungen und Vermögensanlagen, ergänzen die Rechtsaufsicht. Insofern übt die<br />

Aufsicht auch eine Kontrolle über die in der Satzung festzulegenden Beitragssätze aus. Im<br />

Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines der Aufsicht des Landes unter-<br />

stehenden Sozialversicherungsträgers würde das Land für dessen Insolvenzgeld und Pensions-<br />

lasten haften.<br />

Bei Feststellung einer Rechtsverletzung entscheidet die Aufsicht nach eigenen Zweckmäßig-<br />

keitsüberlegungen, ob und ggf. wie sie einschreitet. Die Aufsicht wird primär beratend darauf<br />

hinwirken, dass der Sozialversicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Sie hat insbeson-<br />

dere die Ermessensspielräume der Sozialversicherungsträger, deren autonome Rechtssetzung<br />

und das auf dem Selbstverwaltungsrecht basierende Organisationsermessen zu respektieren 119 .<br />

Die rechtlichen Schranken der Entscheidungsfreiheit der Aufsicht liegen in den Grundsätzen<br />

der Verhältnismäßigkeit, des Übermaßverbotes, des Gleichbehandlungsgebots der Versiche-<br />

rungsträger und der Aufgabenstellung der Behörde. Eine Pflicht zum Einschreiten besteht ins-<br />

besondere, wenn einem Versicherten gesetzliche Leistungen vorenthalten werden oder wenn<br />

der Versicherungsträger Mittel der Versichertengemeinschaft zu einem gesetzlich nicht zuge-<br />

lassenen Zweck verwendet.<br />

(565) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat beim Ministerium die Ausgestaltung und Effektivität der<br />

Kontrolle der Sozialversicherungsträger insbesondere mit dem Ziel geprüft, Erkenntnisse dar-<br />

über zu gewinnen, in welchem Umfang und welcher Tiefe Prüfungen im Prüfungszeitraum<br />

stattfanden, ob und zu welchen Konsequenzen die Prüfungsfeststellungen führten, welche<br />

Personal- und Sachausstattung für die Prüftätigkeit vorgehalten wurde und ob die Abrechnung<br />

und Einziehung der Prüfkosten ordnungsgemäß erfolgte. Der Prüfungszeitraum umfasste die<br />

Jahre 1995 bis 2005.<br />

119 So auch die herrschende Meinung in Rechtssprechung und Literatur.<br />

206


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Aufsichtsprüfungen und Prüfungen des Prüfdienstes der Krankenversicherung<br />

(566) Die Durchführung der Aufsichtsprüfungen nach § 88 SGB IV steht im Ermessen der<br />

Aufsicht. Zur Durchführung der Prüfungen nach § 274 Absatz 1 SGB V innerhalb des fünf-<br />

jährigen Prüfungsturnus ist die Aufsicht verpflichtet. Diese Prüfungen führt der als spezielle<br />

Organisationseinheit innerhalb der Aufsicht geführte „Prüfdienst der Krankenversicherung“<br />

(PDK) durch. Alle im Zusammenhang mit den Prüfungen nach § 274 SGB V entstehenden<br />

Kosten sind von den Krankenkassen und ihren Verbänden nach dem Verhältnis der beitrags-<br />

pflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder zu tragen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und<br />

der Medizinische Dienst tragen die Kosten der bei ihnen durchgeführten Prüfungen.<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(567) Bei keiner der der Prüfungspflicht nach § 274 Absatz 1 SGB V unterliegenden Institu-<br />

tionen (vgl. Tz. 564) wurde die Verpflichtung, mindestens alle fünf Jahre den gesamten Ge-<br />

schäftsbetrieb zu prüfen, eingehalten. Die Prüfungslücken des PDK wurden überwiegend<br />

auch nicht durch Aufsichtsprüfungen geschlossen. Wesentliche Bereiche blieben im Prü-<br />

fungszeitraum 1995 bis 2005 völlig ungeprüft.<br />

Insbesondere wurde bei einer Krankenkasse der Themenbereich Lohnfortzahlungsversi-<br />

cherung und bei der anderen die Beziehungen zu den Leistungserbringern bisher weder vom<br />

PDK noch von der Aufsicht geprüft. Die Themenbereiche Leitung/Führung wurden bei<br />

beiden Krankenkassen acht bzw. sieben Jahre keiner Prüfung unterzogen. Einen acht Jahre<br />

anhaltenden prüfungsfreien Raum gab es bei einer Krankenkasse auch für den Bereich Lohn-<br />

fortzahlungsversicherung. Der Bereich Mitgliedschaft/Beiträge wurde bei einer Krankenkasse<br />

zwischenzeitlich sechs Jahre keiner Prüfung unterzogen.<br />

Bei den Pflegekassen erfolgten bisher lediglich jeweils zwei Prüfungen des PDK, die sich auf<br />

die Betrachtung der Entwicklung von Ausgaben und Fallzahlen bzw. auf die Abgrenzung von<br />

Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung bei Hilfsmitteln beschränkten. Im Übrigen<br />

blieben die Pflegekassen ungeprüft.<br />

Die KV M-V blieb durch den PDK acht Jahre und die KZV M-V mindestens sechs Jahre un-<br />

geprüft.<br />

207


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Beim MDK M-V wurden die Bereiche Leitung/Führung sowie Aufgaben für die Krankenver-<br />

sicherung bzw. Aufgaben für die Pflegeversicherung seit zehn Jahren nicht durch den PDK<br />

geprüft.<br />

(568) Es gab weder beim PDK noch bei der Aufsicht eine mittel- oder langfristige Prüfungs-<br />

planung.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(569) Das Ministerium räumt wesentliche Prüfungsdefizite beim PDK ein. Es halte jedoch<br />

an seiner grundsätzlichen Prüfungsmethodik fest, die Prüfungen nach Schwerpunkten auszu-<br />

richten und den Prüfstoff auf besonders gewichtige und/oder aktuelle Sachkomplexe zu kon-<br />

zentrieren. Den Prüfungen des PDK seien stets umfangreiche, auf den amtlichen Statistiken<br />

beruhende Schwachstellenanalysen vorgeschaltet.<br />

Hinsichtlich weiterer Aufsichtsprüfungen nach § 88 SGB IV verweist das Ministerium ins-<br />

besondere auf sein Ermessen. Außerdem sieht es beispielsweise die Betrachtung des Finanz-<br />

status, der Haushaltspläne und der Rechnungsergebnisse bereits als aufsichtsrechtliche Prü-<br />

fungen an. Zudem seien Aufsichtsprüfungen nicht als Schwerpunkt der Aufsichtstätigkeit<br />

anzusehen.<br />

(570) Das Ministerium hat nunmehr für den PDK eine Prüfungsplanung für die Jahre <strong>2008</strong><br />

bis 2012 erstellt. Eine darüber hinaus gehende Prüfungsplanung für die Aufsicht wird jedoch<br />

für entbehrlich gehalten.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(571) Das Ministerium hat sicherzustellen, dass die Prüfungen nach § 274 Absatz 1 SGB V<br />

im fünfjährigen Prüfungsturnus die gesamte Geschäfts- und Rechnungsführung der Institu-<br />

tionen umfassen. Es ist zwar offensichtlich, dass eine lückenlose Kontrolle den Rahmen sämt-<br />

licher Kapazitäten sprengt und zu einem unverhältnismäßigen Aufwand führt. Nach Auf-<br />

fassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es sollten jedoch im Prüfungsturnus zumindest die globalen<br />

Themenbereiche wie etwa bei den Krankenkassen Leitung/Führung, Selbstverwaltung, Perso-<br />

nal, Verwaltung, Datenverarbeitung/Datenschutz, Finanzen, Mitgliedschaft/Beiträge, Leis-<br />

tungen, Beziehungen zu den Leistungserbringern sowie Lohnfortzahlungsversicherung durch<br />

Prüfungen abgedeckt werden. Im Einzelnen kann eine unterschiedliche Gewichtung der Prü-<br />

208


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

fung in Bezug auf Umfang und Intensität geboten sein. Die der Prüfung vorangestellte<br />

Schwachstellenanalyse erscheint als eine effektive und sinnvolle Methode, prüfungsrelevante<br />

Felder zu erkennen bzw. unergiebige Themenbereiche auszuschließen.<br />

Die Aufsicht hat dafür zu sorgen, dass zumindest die Lücken bei den Prüfungen nach<br />

§ 274 SGB V geschlossen werden. Diese Prüfungen sind Aufgaben der Aufsicht und rein<br />

organisatorisch auf die Organisationseinheit PDK übertragen. Zudem ist im Sinne einer effek-<br />

tiven Aufsichtstätigkeit das vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Instrument der Auf-<br />

sichtsprüfungen nach § 88 SGB IV neben den übrigen Informations- und Mitwirkungsrechten<br />

der Aufsicht intensiver zu nutzen. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> versteht unter einer Prüfung<br />

i. S. d. § 88 SGB IV ebenso wie bei einer Prüfung nach § 274 SGB V nicht die allgemeine<br />

Ausübung der Aufsichtstätigkeit, wie die Wahrnehmung des Informationsrechts und der Mit-<br />

wirkungsrechte bzw. -pflichten, sondern ein in gewisser Weise formalisiertes Verfahren be-<br />

ginnend mit der Auswahl des Themenbereiches und des Prüfungszeitraumes, mit einer<br />

Ankündigung gegenüber der zu prüfenden Institution und mit dem Abschluss der Prüfung<br />

durch Niederschrift und Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. § 88 SGB IV geht insofern<br />

über § 87 SGB IV (Umfang der Aufsicht) hinaus.<br />

(572) Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es ist sinnvolles Prüfen und das Erreichen<br />

einer Kontinuität des Prüfungsgeschehens nur im Rahmen einer durchdachten Prüfungspla-<br />

nung möglich. Er begrüßt insofern die Aufstellung der mindestens einen Prüfungsturnus um-<br />

fassenden Prüfungsplanung für den PDK und hält nach wie vor auch eine Prüfungsplanung<br />

für die Prüfungen der Aufsicht für erforderlich.<br />

(573) Das Ministerium wird gebeten, die Übertragung der Aufgaben des PDK auf eine ande-<br />

re öffentlich-rechtliche Prüfungseinrichtung unter Gewährleistung einer engen Zusammen-<br />

arbeit zwischen Aufsicht und Prüfungseinrichtung zu prüfen.<br />

2.2 Personelle Ausstattung<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(574) Das Ministerium hat den Personalbedarf des PDK und der Aufsicht nicht ermittelt.<br />

Der dem Ministerium bekannte Umstand, dass der gesetzliche Prüfauftrag über viele Jahre<br />

nicht erfüllt wurde, führte zu keiner Überprüfung der personellen Ausstattung des PDK und<br />

209


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

der Aufsicht. Ebenso wurden die durch die Entwicklungen in der Sozialversicherung ver-<br />

ursachten ständigen Änderungen der Prüfungszuständigkeiten nicht zum Anlass einer Über-<br />

prüfung der personellen Ausstattung genommen.<br />

Eine erstmals im Haushaltsplan 2004/2005 für den PDK aufgenommene Stelle wurde erst<br />

nach mehr als zwei Jahren ausgeschrieben und weitere fünf Monate später besetzt. Die<br />

Besetzung führte schließlich aufgrund des zwischenzeitlichen Wegfalls einer anderen Stelle<br />

zu keinem Personalzuwachs beim PDK.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(575) Das Ministerium führte nunmehr eine Personalbedarfsanalyse für den PDK durch. Im<br />

Ergebnis soll die Prüfkapazität von derzeit einem Referenten (h. D.), zwei Sachbearbeitern<br />

(g. D.) und einer Prüfunterstützungssachbearbeiterin (m. D., befristet) um 2,5 Stellen (zwei<br />

Stellen g. D., ½ Stelle m. D.) zeitnah aufgestockt werden.<br />

(576) Das Ministerium will unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Effizienzsteigerung die<br />

Aufbau- und Ablauforganisation überprüfen.<br />

(577) Zudem ist beabsichtigt, entsprechend der Anregung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es die<br />

Kooperation mit den Prüfdiensten anderer Bundesländer zu vertiefen. Die Kooperation soll<br />

sich nicht nur auf einen Informationsaustausch beschränken, sondern auch gemeinsame Prü-<br />

fungen umfassen.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(578) Der Personalbedarf für den PDK und für die Aufsicht ist zu ermitteln und regelmäßig<br />

an wesentliche Änderungen und Entwicklungen in der Sozialversicherung und in der Gesetz-<br />

gebung (z. B. Fusionen, Versichertenzahlen, Aufgaben) anzupassen. Auf Grund der hohen<br />

Anforderungen an die Prüfer ist zudem ein langfristig stabiles Prüfungsteam anzustreben, da<br />

eine zeitaufwendige intensive Einarbeitung und Fortbildung notwendig ist.<br />

(579) Um flexibel auf besondere Anforderungen reagieren zu können, ist eine engere Zu-<br />

sammenarbeit der Mitarbeiter der Aufsicht und des PDK anzustreben. Denkbar ist beispiels-<br />

weise die gegenseitige Unterstützung bei aufwendigen Erhebungen im Rahmen von Prü-<br />

fungen nach § 274 Absatz 1 SGB V oder im Rahmen von Prüfungen der Aufsicht.<br />

210


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(580) Aufgrund des Trends zu länderübergreifenden Fusionen der Sozialversicherungsträger<br />

und des offenen Wettbewerbs der Krankenkassen begrüßt der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Ko-<br />

operation mit den Prüfdiensten anderer Bundesländer.<br />

2.3 Prüfkostenabrechnungen<br />

(581) Die Kosten der Prüfungen nach § 274 Absatz 1 SGB V tragen die Krankenkassen und<br />

ihre Verbände nach dem Verhältnis der beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder (Um-<br />

lagefinanzierung). Die Kassenärztlichen Vereinigungen tragen die Kosten der bei ihnen<br />

durchgeführten Prüfungen (Spitzabrechnung). Die von den Krankenkassen und ihren Ver-<br />

bänden zu tragenden Kosten werden um die Kosten der Prüfungen der Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen vermindert. Entsprechendes gilt für den MDK.<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(582) Das Ministerium erhebt von den Krankenkassen vierteljährlich Vorschüsse. Die durch<br />

die jeweiligen Prüfkostenvorschriften vorgegebenen Termine zur Mitteilung der Höhe der zu<br />

zahlenden Vorschüsse wurden in keinem Jahr eingehalten.<br />

(583) Die Endabrechnungen der Kosten für Prüfungen bei der KZV für die Abrechnungsjah-<br />

re 2001 und 2002 sowie beim MDK für die Abrechnungsjahre 2002 und 2003 erfolgten erst<br />

Ende 2004. Der Abrechnungsverzug führte zu einer teilweise fast drei Jahre anhaltenden un-<br />

gerechtfertigten Belastung der vorschussleistenden Krankenkassen i. H. v. insgesamt<br />

103.822 Euro.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(584) Die Mitteilungen zur Höhe der von Krankenkasse und Landesverband zu zahlenden<br />

Prüfkostenvorschüsse sollen künftig rechtzeitig erfolgen. Die tatsächlichen Prüfkosten sollen<br />

zwar unverzüglich festgestellt werden, sobald die Ausgaben des PDK bekannt sind. Das<br />

Ministerium will die Abrechnungen der Kosten für Prüfungen bei der KV, der KZV oder dem<br />

MDK dennoch erst vornehmen, wenn die Prüfungen vollständig abgeschlossen sind.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(585) Die rechtzeitige Bekanntgabe der Höhe der Vorschussleistungen gegenüber der Kran-<br />

kenkasse und dem Landesverband ist in Zukunft sicherzustellen.<br />

211


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(586) Künftig sollten die Prüfkostenabrechnungen für bei der KV, der KZV und dem MDK<br />

stattgefundene Prüfungen zeitnah erfolgen, sodass auch die Verrechnungen dieser Prüfkosten<br />

mit den Vorschussleistungen der Krankenkassen und des Landesverbandes zeitnah vorgenom-<br />

men werden können. Zu empfehlen ist, die Prüfkostenabrechnungen für alle geprüften Institu-<br />

tionen möglichst gleich nach Ablauf des Kalenderjahres auch dann vorzunehmen, wenn die<br />

Prüfung noch nicht abgeschlossen wurde.<br />

2.4 Fremdfinanzierung der Ausgaben für den PDK<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(587) Die Fremdfinanzierung des PDK wurde in der Haushaltsbewirtschaftung über Jahre<br />

nicht berücksichtigt. Durch pauschale Kürzungen von für den PDK veranschlagten Ausgaben<br />

wurde teilweise die Ausübung der gesetzlichen Aufgaben des PDK beeinträchtigt.<br />

2.4.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(588) Das Ministerium hat die künftige Beachtung der Hinweise des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

zugesagt.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(589) Die Einnahmen aus Erstattungen der Krankenversicherungsträger korrespondieren mit<br />

den Ausgaben für den PDK. Eine Haushaltssperre oder Einsparvorgaben für den Landeshaus-<br />

halt dürfen keinen Einfluss auf die Tätigkeit des PDK haben.<br />

2.5 Weiterverfolgung von Beanstandungen in Prüfberichten des PDK durch<br />

die Aufsicht<br />

(590) Bei Feststellung einer Rechtsverletzung kann der PDK gegenüber der geprüften In-<br />

stitution nur beratend tätig werden. Darüber hinaus kann die Aufsicht nach erfolgloser Bera-<br />

tung und Fristsetzung u. a. einen mit Zwangsmitteln durchsetzbaren Verpflichtungsbescheid<br />

erlassen oder in Ausnahmefällen eine Sitzung der Selbstverwaltungsorgane veranlassen.<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(591) Die Aufsicht hat sich über einen Großteil der Prüfungsverfahren des PDK nicht in-<br />

formiert bzw. sich nicht mit ihnen auseinander gesetzt. Die fehlende Reaktion der Aufsicht<br />

212


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

auf Feststellungen des PDK und die unterlassene Weiterverfolgung von Rechtsverstößen<br />

lassen den geprüften Institutionen den Freiraum, fehlerhaftes Handeln fortzusetzen, ohne<br />

nachhaltige Kontrollen befürchten zu müssen.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(592) Offenkundige Rechtsverletzungen seien grundsätzlich der Aufsicht bekannt gemacht<br />

und von dieser verfolgt worden. In Bezug auf darüber hinaus gehende Beanstandungen des<br />

PDK wird auf das Ermessen der Aufsicht verwiesen, Rechtsverstöße aufzugreifen und wei-<br />

terzuverfolgen. Durch eine Dienstanweisung werde künftig sichergestellt, dass die Aufsicht<br />

grundsätzlich bei den Abschlussbesprechungen eingebunden wird und alle Prüfberichte des<br />

PDK erhält.<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(593) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für erforderlich, dass die Aufsicht sich umfassend<br />

über das Ergebnis der Prüfungen des PDK und die Reaktionen der geprüften Institution in-<br />

formiert und bei Rechtsverletzungen erforderlichenfalls mit den ihr zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln Maßnahmen durchsetzt. Ist die Aufsicht der Auffassung, dass sie bereits vor Ab-<br />

schluss des Prüfverfahrens einbezogen wird, steht dem nichts entgegen. Eine enge Zu-<br />

sammenarbeit der Aufsicht mit dem PDK ist gefordert.<br />

2.6 Genehmigungsverfahren nach § 222 SGB V<br />

(594) Die Ausgaben der Krankenkassen sind durch die Einnahmen aus Beiträgen und sons-<br />

tige Einnahmen zu finanzieren. Reichen diese Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht<br />

aus, ist der Beitragssatz zwingend zu erhöhen (§ 220 SGB V). Die Aufnahme von Darlehen<br />

ist danach unzulässig.<br />

Nach der durch das GKV-Finanzstärkungsgesetz vom 23.03.1998 geschaffenen Ausnahme-<br />

regelung des § 222 Absatz 1 SGB V konnten Krankenkassen der neuen Länder bis zum<br />

31.12.1998 Beitragssatzerhöhungen jedoch dadurch vermeiden, dass sie zum Haushaltsaus-<br />

gleich Darlehen aufnahmen. Die Darlehensaufnahme bedurfte der Genehmigung durch die<br />

Aufsicht.<br />

Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 wurde eine weitere zeitlich eng be-<br />

grenzte Ausnahmeregelung geschaffen (§ 222 Absatz 5 SGB V). Krankenkassen, die wieder-<br />

213


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

um unter Verstoß gegen § 220 SGB V Darlehen zum Haushaltsausgleich bis zum 31.12.2003<br />

aufgenommen hatten, mussten in Abstimmung mit ihrem Bundesverband der Aufsicht unver-<br />

züglich nachprüfbar darlegen, wie die Verschuldung spätestens bis zum 31.12.2007 abgebaut<br />

werden soll. Es wurde nunmehr auch ausdrücklich klargestellt, dass eine Darlehensaufnahme<br />

nach dem 31.12.2003 nicht zulässig ist.<br />

2.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(595) Eine Krankenkasse begehrte am 11.12.1998 gegenüber der Aufsicht die Genehmigung<br />

einer Darlehensaufnahme. Die Aufsicht missachtete die in der Ausnahmeregelung des § 222<br />

Absatz 1 SGB V normierte Frist und „genehmigte“ (erst) am 23.07.1999 die Darlehensauf-<br />

nahme, die sodann am 20.08.1999 vollzogen wurde.<br />

Die Aufsicht handelte ohne Rechtsgrundlage, da sie nach dem 31.12.1998 keine Darlehens-<br />

aufnahme mehr genehmigen durfte. Sie ließ zudem mit der Darlehensaufnahme einen Verstoß<br />

gegen § 220 SGB V zu.<br />

Die Aufsicht hat in diesem Zusammenhang auch nicht die Möglichkeit genutzt, die unzu-<br />

lässige Darlehensaufnahme ab dem 01.01.2004 zu legalisieren (§ 222 Absatz 5 SGB V). Ein<br />

genehmigtes Sanierungs- und Entschuldungskonzept gab es nicht und wurde auch nicht nach-<br />

gefordert.<br />

2.6.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(596) Das Ministerium ist der Auffassung, die Genehmigung der Darlehensaufnahme nach<br />

§ 222 SGB V rechtmäßig erteilt zu haben. Sowohl der Wortlaut des § 222 Absatz 1 SGB V<br />

als auch die Begründung zur Gesetzgebung lasse eine derartige Auslegung zu, dass eine<br />

Darlehensaufnahme zum Zweck des Ausgleichs des Haushaltsdefizits 1998 auch noch in 1999<br />

zulässig gewesen wäre.<br />

2.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(597) Nach § 222 Absatz 1 SGB V durften Darlehen nur bis zum 31.12.1998 aufgenommen<br />

werden. Sowohl dem Wortlaut des § 222 Absatz 1 SGB V („... können Krankenkassen bis<br />

zum 31. Dezember 1998 Beitragserhöhungen ... dadurch vermeiden, dass sie zum Haushalts-<br />

ausgleich Darlehen aufnehmen“) als auch der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs.<br />

13/9377 vom 09.12.1997, S. 10: „Die Regelung gilt nur bis Ende 1998 ... Nettokreditauf-<br />

214


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

nahmen zur Ausgleichung von Haushaltsdefiziten werden nur für die Übergangszeit bis zur<br />

Einführung des gesamtdeutschen Risikostrukturausgleichs – also bis Ende 1998 – ermög-<br />

licht.“) ist eindeutig der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, die Darlehensaufnahme auf<br />

einen eng gesetzten Zeitraum, nämlich bis zum 31.12.1998, zu beschränken.<br />

Die Aufsicht hätte mit Ablauf des Jahres 1998 eine Beitragssatzerhöhung durchsetzen<br />

müssen, anstatt die Darlehensaufnahme zu genehmigen. Ab dem 01.01.2004 hätte die Auf-<br />

sicht ein Sanierungs- und Entschuldungskonzept nachfordern können, um die unzulässige<br />

Darlehensaufnahme zu legalisieren. Da dieses nicht erfolgte, hätte sie die unverzügliche Zu-<br />

rückzahlung des Darlehens veranlassen müssen (§ 222 Absatz 5 i. V. m. Absatz 4 SGB V).<br />

2.7 Weiteres zur Aufsicht über die Krankenversicherungsträger<br />

2.7.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(598) Die Aufsicht verhinderte nicht die mit der Wahl des hauptamtlichen Vorstandes einer<br />

Krankenkasse entstehende Ämterhäufung. Der zu wählende Vorstand war zugleich Vorstand<br />

einer anderen Krankenkasse sowie eines Landesverbandes und wurde zudem später hauptamt-<br />

licher Vorstand einer weiteren, dritten Krankenkasse. Die hiesige Aufsicht beanstandete die<br />

Ämterhäufung erst dreieinhalb Jahre später, nachdem eine andere betroffene Aufsichts-<br />

behörde nach Auswertung der erstmals veröffentlichten Vorstandsgehälter eine entsprechende<br />

Vorgehensweise abstimmte.<br />

Ihre Forderung nach einem Anstellungsvertrag für diesen Vorstand setzte die Aufsicht zwei-<br />

einhalb Jahre nicht durch. Schließlich beanstandete sie die widersprüchlichen Regelungen des<br />

letztendlich abgeschlossenen Anstellungsvertrages nicht.<br />

(599) Die Aufsicht setzte bei einer Krankenkasse das Erfordernis der Neuaufstellung eines<br />

Stellenplans und seiner Genehmigung nahezu vier Jahre nicht durch.<br />

2.7.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(600) Die Vergütung des Vorstandes der in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> angesiedelten Kran-<br />

kenkasse habe nur einen Bruchteil dessen betragen, was er bekäme, wenn er nur für diese<br />

Krankenkasse als Vorstand verantwortlich gewesen wäre. Zudem habe die Fusion von zwei<br />

der von der Ämterhäufung betroffenen Krankenkassen bevorgestanden. Im Aufsichtsbereich<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>s habe zudem keine Ämterhäufung vorgelegen. Hinsichtlich des<br />

215


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Wettbewerbsverhältnisses zur dritten Krankenkasse wird darauf verwiesen, dass der Vorstand<br />

bei Mitgliederverlusten der in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> angesiedelten Krankenkasse zum<br />

Verbleib im Geschäftsbereich des Landesverbandes habe beitragen können. Letztendlich sei<br />

mit der Fusion zweier Krankenkassen ein Vorstandsamt entfallen. Zudem bestehe seit 2006 in<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> nur noch die Aufsicht über den Landesverband. Nach der Fusion<br />

stehe die neue Krankenkasse unter der Aufsicht eines anderen Bundeslandes und die andere<br />

Krankenkasse unter der Aufsicht des Bundesversicherungsamtes.<br />

Das Ministerium verweist darauf, dass sich der Vorwurf, die Forderung nach einem Anstel-<br />

lungsvertrag für den Vorstand einer Krankenkasse nicht durchgesetzt zu haben, für die hiesige<br />

Aufsicht mit der Fusion der betroffenen Krankenkasse erledigt habe.<br />

(601) Die Durchsetzung eines neuen Stellenplans bei der betreffenden Krankenkasse sei in-<br />

zwischen weitgehend erfolgt. Neubesetzungen seien mit der Aufsicht abgestimmt worden.<br />

2.7.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(602) Die Aufsicht hätte sich mit der Mehrfachfunktion des Vorstandes bereits vor dessen<br />

Wahl und erst recht mit Bekanntwerden der Absichten der Gründung einer weiteren, von ihm<br />

als Vorstand zu führenden Krankenkasse auseinander setzen müssen. Neben den absehbaren<br />

Loyalitätskonflikten aufgrund der Konkurrenzverhältnisse zwischen den Krankenkassen war<br />

die Mehrfachbelastung offensichtlich, die faktisch keinen einer hauptamtlichen Tätigkeit ge-<br />

recht werdenden Einsatz zulässt.<br />

Insofern kommt es nicht auf die Höhe der Vergütung des Vorstandes an. Unerheblich ist auch,<br />

dass die anderen vom selben Vorstand geführten Krankenkassen nicht der Aufsicht Mecklen-<br />

burg-<strong>Vorpommern</strong>s unterlagen. Zum Zeitpunkt der Berufung zum Vorstand stand die Fusion<br />

der beiden betroffenen Krankenkassen noch nicht sicher fest. Außerdem verschärfte sich die<br />

Situation mit der Gründung der dritten Krankenkasse unter Bestellung des gleichen Vor-<br />

standes. Diese Krankenkasse lockte aufgrund ihres wesentlich niedrigeren Beitragssatzes eine<br />

Vielzahl neuer Mitglieder an. Es wurde damit ein Konkurrenzverhältnis aufgebaut, dem die<br />

andere in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> angesiedelte Krankenkasse mit ihren vergleichsweise<br />

hohen Beitragssätzen nicht gewachsen sein konnte und das ihre Haupteinnahmequelle – die<br />

Mitgliedsbeiträge – unmittelbar bedrohte. Durch die intensive Werbung für die neue Kran-<br />

216


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

kenkasse agierte der Vorstand offen gegen die anderen von ihm geführten Krankenkassen.<br />

Weiterhin verblieb die Kollision mit der Vorstandstätigkeit desselben im Landesverband.<br />

Entgegen der Auffassung des Ministeriums ist das in § 43 Absatz 3 SGB IV normierte und für<br />

den ehrenamtlichen Vorstand geltende Verbot der Mitgliedschaft in den Selbstverwaltungs-<br />

organen mehrerer Krankenkassen auf einen hauptamtlichen Vorstand analog anzuwenden und<br />

schließt die Personenidentität der hauptamtlichen Vorstände mehrerer Krankenkassen aus.<br />

Das mit dem Ziel der Vermeidung vorhersehbarer Loyalitätskonflikte geschaffene Verbot der<br />

Mehrfachmitgliedschaft des § 43 Absatz 3 SGB IV wurde mit der Einführung der Funktion<br />

des hauptamtlichen Vorstands bei den Orts- und Innungskrankenkassen nicht angepasst. Die<br />

Konkurrenzverhältnisse zwischen den Krankenkassen sind nach wie vor gegeben und haben<br />

sich vielmehr durch die finanzielle Notsituation einiger Krankenkassen sowie durch den mit<br />

der einhergehenden gesellschaftlichen und demografischen Entwicklung verschärften Wettbe-<br />

werb um zahlende Mitglieder zugespitzt. Die Orts- und Innungskrankenkassen sind hiervon<br />

gleichermaßen betroffen. Das Ministerium sollte auf eine Klarstellung durch den Gesetzgeber<br />

hinwirken, um in Zukunft entsprechende Mehrfachfunktionen bei Krankenkassen auszu-<br />

schließen.<br />

Hinsichtlich des fehlenden Anstellungsvertrages für diesen Vorstand hätte sich die Aufsicht<br />

nicht zweieinhalb Jahre hinhalten lassen dürfen, sondern nach erfolgloser Beratung und Frist-<br />

setzung die ihr zur Verfügung stehenden Aufsichtsmittel nutzen sollen. Außerdem hätte sich<br />

die Aufsicht nach dem Vertragsschluss mit dem Vertragsinhalt näher auseinandersetzen<br />

müssen.<br />

(603) Ebenso sollte die Aufsicht nach erfolgloser Beratung und Fristsetzung die ihr zur<br />

Verfügung stehenden Aufsichtsmittel nutzen, um ein zeitnahes Ergebnis bei der Neuaufstel-<br />

lung des Stellenplans zu erreichen.<br />

2.8 Aufsichtsprüfungen bei der Renten- und Unfallversicherung<br />

(604) Im Prüfungszeitraum unterlagen die LVA (Wegfall der Zuständigkeit aufgrund der Fu-<br />

sion zur Deutschen Rentenversicherung Nord zum 30.09.2005) und die UK der Rechtsauf-<br />

sicht des Ministeriums. Auf dem Gebiet der Prävention in der gesetzlichen Unfallversi-<br />

cherung erstreckt sich die Aufsicht auch auf den Umfang und die Zweckmäßigkeit der Maß-<br />

nahmen (Fachaufsicht).<br />

217


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Ebenso wie bei den Krankenversicherungsträgern hat die Aufsicht das Recht, bei den Trägern<br />

der Renten- und Unfallversicherung die Geschäfts- und Rechnungsführung zu prüfen.<br />

2.8.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(605) Bei der LVA gab es seit Ende 1995 nur zwei Schwerpunktprüfungen, die im Wesentli-<br />

chen das Beschaffungswesen bzw. die Aufwandsentschädigungen im Bereich der Geschäfts-<br />

führung/Selbstverwaltung umfassten. Bei der UK gab es seit Ende 1998 nur eine Aufsichts-<br />

prüfung, die die Aufwandsentschädigungen im Bereich der Geschäftsführung/Selbstver-<br />

waltung betraf. Damit blieben die LVA zehn Jahre und die UK acht Jahre in wesentlichen Be-<br />

reichen ungeprüft. Eine mittel- oder langfristige Prüfungsplanung gab es nicht.<br />

(606) Die Fachaufsicht über die Unfallkasse auf dem Gebiet der Prävention wurde durch die<br />

Aufsicht nicht ausgeübt.<br />

2.8.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(607) Das Ministerium verweist auf sein Ermessen bei der Entscheidung, ob, wann, auf wel-<br />

che Weise und in welchem Umfang die Aufsicht ihr Prüfungsrecht wahrnimmt. Aufgrund der<br />

begrenzten personellen Ausstattung seien nur Themenprüfungen unter bestimmten<br />

Gesichtspunkten oder Anlassprüfungen möglich. Es sieht daher kein Erfordernis einer mittel-<br />

und langfristigen Prüfungsplanung.<br />

Es meint, dass insbesondere auch die Anforderung und Auswertung von Akten und die Über-<br />

wachung des Finanzstatus als aufsichtsrechtliche Prüfungen zu werten seien.<br />

(608) Die Aufsicht habe auf dem Gebiet der Prävention regelmäßig Abstimmungen und<br />

Gespräche mit der Unfallkasse durchgeführt. Sie sei über wesentliche Inhalte der Präventions-<br />

arbeit informiert worden. Unfallverhütungsberichte seien regelmäßig vorgelegt und analysiert<br />

worden. Ein umfassender Überblick über den Umfang der Aufsicht auf dem Gebiet der Prä-<br />

vention sei aber nur unter Einbeziehung der Zuständigkeiten und Aktivitäten anderer Abtei-<br />

lungen des Ministeriums möglich. In 2007 habe nunmehr eine Aufsichtsprüfung im Bereich<br />

der Unfallkasse stattgefunden, die auch den Bereich der Prävention umfasste.<br />

218


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.8.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(609) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> verkennt nicht das Ermessen der Aufsicht bei der Wahrneh-<br />

mung des Prüfungsrechts. Einen vom Gesetzgeber vorgegebenen Prüfungsturnus gibt es für<br />

die Aufsichtsprüfungen nicht. Dennoch ist sicherzustellen, dass in angemessenen Zeitab-<br />

ständen die gesamte Tätigkeit der Renten- und Unfallversicherungsträger kontrolliert wird.<br />

Deshalb sollte die gesamte Geschäfts- und Rechnungsführung des Unfallversicherungsträgers<br />

– in Anlehnung an den in § 274 Absatz 1 SGB V normierten Prüfungsrhythmus – in einem<br />

Turnus von etwa fünf Jahren geprüft werden.<br />

Unter einer Prüfung i. S. d. § 88 SGB IV versteht der <strong>Landesrechnungshof</strong> nicht die allge-<br />

meine Ausübung der Aufsichtstätigkeit, wie die Wahrnehmung des Informationsrechts und<br />

der Mitwirkungsrechte bzw. -pflichten, sondern ein in gewisser Weise formalisiertes Verfah-<br />

ren (s. Tz. 571).<br />

Er hält eine Prüfungsplanung für erforderlich, um eine Kontinuität der Prüfungen in allen Ge-<br />

schäftsbereichen zu erreichen und sich nicht nur auf konkrete Anlässe bzw. Hinweise und da-<br />

mit auf den Zufall zu verlassen.<br />

(610) Die „Fachaufsicht auf dem Gebiet der Prävention (§ 87 SGB V)“ ist laut Geschäftsver-<br />

teilungsplan des Ministeriums eindeutig im Referat 420 angesiedelt. Der <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

konnte dort im Rahmen der Prüfung weder eine Dokumentation der Abstimmungen und<br />

Gespräche mit der Unfallkasse noch Analysen der Unfallverhütungsberichte feststellen. Er<br />

hält es für geboten, dass das Ministerium in Zukunft der gesetzlichen Pflicht zur Fachaufsicht<br />

über den Bereich der Prävention bei der UK genügt und diesen Bereich insbesondere in Auf-<br />

sichtsprüfungen regelmäßig einbindet.<br />

2.9 Weiteres zur Aufsicht über die Renten- und Unfallversicherung<br />

2.9.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(611) Die Aufsicht verfolgte gegenüber den Renten- und Unfallversicherungsträgern ihre<br />

Feststellungen nicht konsequent und setzte ihre Forderungen nicht nachhaltig durch:<br />

• Beispielsweise wurde von der Aufsicht die Veranstaltung eines ca. 2.500 Euro teuren<br />

Weihnachtskonzerts für die Mitarbeiter eines Sozialversicherungsträgers und die<br />

Planung von zwei weiteren Mitarbeiterkonzerten nicht beanstandet, obwohl ein<br />

219


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

eindeutiger Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

vorlag.<br />

• In Bezug auf Feststellungen im Rahmen einer Aufsichtsprüfung zu den<br />

Stellenbeschreibungen eines Sozialversicherungsträgers ließ sich die Aufsicht<br />

jahrelang mit dem Verweis auf andauernde Überarbeitungen hinhalten und schloss<br />

nach fast sechs Jahren das Verfahren ab, ohne die überarbeiteten<br />

Stellenbeschreibungen und -bewertungen überprüft zu haben.<br />

(612) Insbesondere in Bezug auf einen Sozialversicherungsträger bestanden wesentliche In-<br />

formationsdefizite:<br />

• Die Aufsicht informierte sich beispielsweise mehr als sieben Jahre nicht über den<br />

Stand bzw. die Beschaffung von Informationstechnik.<br />

• Mit dem gesetzlich normierten Erfordernis einer Personalbedarfsermittlung bei<br />

diesem Sozialversicherungsträger setzte sich die Aufsicht erstmals in 2005<br />

auseinander.<br />

• Der Aufsicht war nicht bekannt, ob die mehr als 1 Mio. Euro betragenden Mittel<br />

eines 1997 gegründeten Rehabilitationsfonds zwischenzeitlich einer<br />

zweckentsprechenden Verwendung zugeführt wurden.<br />

• Über einen Zeitraum von acht Jahren lagen lediglich drei Niederschriften von<br />

Vorstandssitzungen und eine einer Vertreterversammlung dieses<br />

Sozialversicherungsträgers vor.<br />

(613) Wiederholt bemängelte die Aufsicht nicht, dass der Vorstand eines Sozialversi-<br />

cherungsträgers regelmäßig nachträglich in über- und außerplanmäßige Ausgaben einwilligte,<br />

obwohl es auffällige Anhaltspunkte dafür gab, dass entweder eine rechtzeitige Bewilligung –<br />

also vor Leistung der Ausgaben – möglich gewesen sein müsste oder die nachträgliche Bewil-<br />

ligung nur mit wesentlicher Verzögerung – also nicht unverzüglich – erfolgte.<br />

2.9.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(614) Das Ministerium verweist darauf, dass die Weiterverfolgung von Feststellungen im<br />

Ermessen der Aufsichtsbehörde liege. Im Einzelnen wird insbesondere folgendes angeführt:<br />

220


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

• Die Aufsicht habe unter Berücksichtigung der den Sozialversicherungsträgern von<br />

den Sozialgerichten eingeräumten erheblichen Einschätzungsprägorative bei der<br />

Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

hinsichtlich des Vertrages für ein ca. 7.670 Euro teures Konzert anlässlich der<br />

Einweihung des neuen Verwaltungsgebäudes eines Sozialversicherungsträgers,<br />

insbesondere aufgrund der Größe des Bauvorhabens und der Bedeutung des<br />

Verwaltungsneubaus, keinen aufsichtsrechtlichen Handlungsbedarf gesehen.<br />

Aufgrund einer nicht vorhersehbaren Verzögerung des Einweihungstermins habe das<br />

Konzert nicht durchgeführt werden können. Ein Rücktritt vom Vertrag sei zu diesem<br />

Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen. Hinsichtlich der daraufhin getroffenen<br />

Vereinbarung von insgesamt drei Konzerten für Mitarbeiter habe die Aufsicht unter<br />

dem Gesichtspunkt der Schadensbegrenzung sowie unter Abwägung der<br />

Erfolgsaussichten und auf Basis des Opportunitätsprinzips auf eine Weiterverfolgung<br />

verzichtet.<br />

• Das Ministerium gibt an, den Prozess der Stellenbeschreibungen und -bewertungen<br />

kontinuierlich begleitet zu haben. Der aktuelle Stand sei darüber hinaus regelmäßig<br />

im Rahmen der Haushaltsgespräche mitgeteilt worden.<br />

(615) Zu den Informationsdefiziten bei einem Sozialversicherungsträger führt das Ministeri-<br />

um folgendes aus:<br />

• Es sei über den Stand bzw. die Beschaffung der Informationstechnik informiert<br />

gewesen. Wesentliche Änderungen im IT-Bereich habe es bei dem<br />

Sozialversicherungsträger nicht gegeben.<br />

• Die Entwicklung des Personalbedarfs sei von der Aufsicht ständig begleitet worden.<br />

Mit einer Wiederbesetzungssperre und über die Jahre kontinuierlich vorgenommener<br />

Reduzierung der Stellen sei frühzeitig auf Veränderungen der Versichertenzahlen<br />

reagiert worden.<br />

• Im Rahmen einer Aufsichtsprüfung in 2007 sei die Anlage der Mittel des<br />

Rehabilitationsfonds überprüft und ein Konzept zur Mittelverwendung veranlasst<br />

worden.<br />

• Niederschriften von Vorstandssitzungen und Vertreterversammlungen würden nur<br />

bei Bedarf angefordert. Ansonsten stünden der Aufsicht durch die Vorlagepflichten<br />

221


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

und die regelmäßig durchgeführten Informationsgespräche genügend Möglichkeiten<br />

zur Verfügung, sich ein Bild von der Entwicklung des Sozialversicherungsträgers zu<br />

machen.<br />

(616) Die Aufsicht habe auf den Ausnahmecharakter der nachträglichen Notbewilligung hin-<br />

gewiesen und auch häufiger Nachfragen an den Sozialversicherungsträger gestellt. Lediglich<br />

in einem Einzelfall sei festzustellen gewesen, dass eine nachträgliche Bewilligung ohne trif-<br />

tigen Grund vorlag.<br />

2.9.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(617) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bleibt bei seiner Auffassung:<br />

• Bereits die Veranstaltung eines Konzertes für ca. 7.670 Euro anlässlich der<br />

Einweihungsfeier eines Verwaltungsgebäudes wäre als nicht notwendig und damit<br />

als unwirtschaftlich einzustufen gewesen. Ebenso hätten die Konzerte für die<br />

Mitarbeiter als Repräsentationsmaßnahme nach innen als nicht notwendig und damit<br />

als unzulässig erkannt werden müssen. Sie waren daher auch als<br />

Schadensbegrenzung nicht geeignet. Wenn der Versicherungsträger Mittel der<br />

Versichertengemeinschaft zu einem gesetzlich nicht zugelassenen Zweck verwendet,<br />

ist die Aufsicht zum Einschreiten verpflichtet. Sie hätte daher derartigen<br />

Rechtsverletzungen nachgehen und erforderlichenfalls Regress durchsetzen müssen.<br />

• Die Beobachtung des aktuellen Standes der Stellenbeschreibungen und -bewertungen<br />

in allgemeinen Haushaltsgesprächen kann aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es keine<br />

nachhaltige Weiterverfolgung der Feststellungen einer Aufsichtsprüfung ersetzen.<br />

(618) Ein sinnvolles Ausüben der Aufsichtsfunktion kann das Ministerium nur gewährleis-<br />

ten, wenn es sich umfassend über die Sozialversicherungsträger informiert:<br />

222<br />

• Bei hinreichender Information über den Stand der Informationstechnik hätte der<br />

Aufsicht auffallen müssen, dass es mindestens seit 1999 keine wesentlichen<br />

Änderungen im IT-Bereich gab. Angesichts der rasanten Entwicklung der Technik ist<br />

dies nicht nachvollziehbar.<br />

• Die Begleitung der Entwicklung des Personalbedarfs ersetzt nicht die Durchsetzung<br />

der gesetzlich vorgeschriebenen Personalbedarfsermittlung.


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

• Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die von der Aufsicht ergriffenen Maßnahmen<br />

hinsichtlich des Rehabilitationsfonds.<br />

• Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält es für sinnvoll, sich alle Niederschriften der<br />

Vorstandssitzungen und Vertreterversammlungen vorlegen zu lassen, um sich ein<br />

Bild von der Entwicklung des Sozialversicherungsträgers zu machen, um<br />

Anhaltspunkte für aufsichtsrechtliches Tätigwerden zu erfahren und um ggf.<br />

rechtzeitig eingreifen zu können.<br />

(619) Die Einwilligung des Vorstands ist grundsätzlich vor Leistung der über- und außer-<br />

planmäßigen Ausgaben einzuholen. Wenn ausnahmsweise im Einzelfall diese Einwilligung<br />

nicht vor der Leistung der Ausgaben eingeholt wurde, weil sie unaufschiebbar war, ist die<br />

Einwilligung unverzüglich nachzuholen. Angesichts der gehäuften nachträglichen Notbewilli-<br />

gungen hätte die Aufsicht verstärkt auf den Ausnahmecharakter und die eng gefassten<br />

Voraussetzungen für nachträgliche Bewilligungen hinweisen sollen. Es kommt hierbei nicht<br />

darauf an, ob es sich um gesetzliche Leistungen handelte.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

223


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

14 Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung von Landesblindengeld in einer<br />

kreisfreien Stadt<br />

Eine kreisfreie Stadt hat durch rechtswidriges Handeln einer Bediensteten Leistungen<br />

entgegen den Vorschriften des Landesblindengeldgesetzes gewährt. Das Ministerium für<br />

Soziales und Gesundheit hat der Stadt diese Ausgaben als Aufwendungen im Rahmen<br />

des Landesblindengeldgesetzes erstattet, obwohl sie nicht für Landesblindengelder im<br />

Sinne des Landesblindengeldgesetzes verwendet worden sind. Aufgrund der Prüfung<br />

des <strong>Landesrechnungshof</strong>es hat das Ministerium erklärt, dass es gegenüber der Stadt<br />

einen Erstattungsanspruch i. H. v. insgesamt 64.166,75 Euro geltend machen werde, um<br />

den Vermögensschaden vom Land abzuwenden.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(620) Eine kreisfreie Stadt hatte den <strong>Landesrechnungshof</strong> und das Ministerium für Soziales<br />

und Gesundheit im Juni 2007 über Unregelmäßigkeiten bei der Bearbeitung in zwei Fällen im<br />

Bereich Landesblindengeld informiert. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat daraufhin auf Bitte der<br />

Stadt die Gewährung von Landesblindengeld stichprobenweise geprüft.<br />

(621) Nach dem Gesetz über Landesblindengeld (Landesblindengeldgesetz – LBlGG) erhal-<br />

ten Zivilblinde und hochgradig Sehbehinderte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Meck-<br />

lenburg-<strong>Vorpommern</strong> haben, auf Antrag Landesblindengeld. Blindengeld erhalten auch<br />

Blinde und hochgradig Sehbehinderte, die sich in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Ein-<br />

richtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zum Zeitpunkt<br />

der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpom-<br />

mern hatten. Das Landesblindengeld beträgt nach Vollendung des 18. Lebensjahres derzeit<br />

546,10 Euro monatlich. Für blinde Heimbewohner verringert sich der Betrag um 50 % auf<br />

derzeit 273,05 Euro. Leistungen, die der Blinde zum Ausgleich der durch Blindheit bedingten<br />

Mehraufwendungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erhält (z. B. Pflegever-<br />

sicherung), werden auf das Landesblindengeld angerechnet.<br />

(622) Die Aufgaben nach dem LBlGG werden vom Land wahrgenommen. Zuständige<br />

Behörde ist das Ministerium für Soziales und Gesundheit. Zur Durchführung der Aufgaben<br />

werden die Landkreise und kreisfreien Städte herangezogen. Sie entscheiden im eigenen<br />

Namen. Damit tragen im Rahmen dieses Heranziehungsverhältnisses die Landkreise und<br />

224


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

kreisfreien Städte die volle Entscheidungsverantwortung. Das Ministerium ist Fachaufsichts-<br />

behörde. Das Land erstattet den Landkreisen und kreisfreien Städten die entstehenden Auf-<br />

wendungen mit Ausnahme der Verwaltungskosten. Das Ministerium hat diesbezüglich durch<br />

Erlasse das Abrechnungsverfahren mit den Landkreisen und kreisfreien Städten geregelt. Die<br />

Landkreise und kreisfreien Städte erhalten danach vom Ministerium monatliche Abschläge.<br />

Anhand der von den Landkreisen und kreisfreien Städten jeweils im Dezember des laufenden<br />

Jahres gemeldeten tatsächlichen Ausgaben (Jahresabrechnung) erfolgt eine Verrechnung.<br />

Gleichzeitig wird der künftige monatliche Abschlag festgelegt.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

(623) Die Stadt hat Zahlungen nach dem LBlGG auf zwei Konten vorgenommen, die durch<br />

eine Prüfung des Bundesrechnungshofes für Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz<br />

(USG) im Juni 2007 durch überhöhte Zahlungen aufgefallen sind. Die Stadt stellte mittels<br />

Kontenabgleich fest, dass auf beide Konten (im Weiteren Konto A und B genannt) sowohl<br />

Zahlungen nach dem USG als auch Zahlungen nach dem LBlGG von ein und derselben, mitt-<br />

lerweile verstorbenen Sachbearbeiterin, die für beide Leistungsgesetze zuständig war, vorge-<br />

nommen worden sind.<br />

(624) In einem Fall (Konto A) stellte die bevollmächtigte Tochter im Januar 2002 einen An-<br />

trag auf Gewährung von Leistungen nach dem LBlGG für ihre blinde Mutter. Pflichtwidrig<br />

gab die Tochter ausdrücklich an, dass sich die Mutter nicht in einem Pflegeheim aufhielt<br />

(durch ankreuzen: „Pflegeheim: nein“), sondern dieselbe Anschrift wie die Tochter hat. Da-<br />

mit verschwieg sie, dass sich die Mutter bereits seit dem Jahr 1996 in einem Pflegeheim in der<br />

Stadt aufhielt und dafür Leistungen der Pflegeversicherung erhielt. Die zuständige Sachbe-<br />

arbeiterin der Stadt bewilligte im September 2002 Leistungen nach dem LBlGG für die Zeit<br />

von Januar 2002 bis Juni 2007 i. H. v. monatlich 546,10 Euro, also insgesamt 36.042,60 Euro.<br />

Aufgrund des Aufenthalts in einem Pflegeheim hätte ein Anspruch auf Landesblindengeld nur<br />

i. H. v. 50 % bestanden, also maximal monatlich 273,05 Euro, d. h. insgesamt<br />

18.021,30 Euro. Damit kam es zu einer Überzahlung von mindestens 18.021,30 Euro.<br />

(625) In einem anderen Fall (Konto B) veranlasste die zuständige Sachbearbeiterin der Stadt<br />

im Juli 2000 Zahlungen nach dem LBlGG für die Zeit von Februar 2000 bis Mai 2007 i. H. v.<br />

monatlich 546,10 Euro, also insgesamt 48.056,80 Euro auf das im Antrag angegebene Konto.<br />

Dabei handelt es sich um ein Konto der damals allein zuständigen Sachbearbeiterin. Danach<br />

225


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

hat die im Antrag angegebene Person nie die ausgezahlten Gelder erhalten. Der Landesrech-<br />

nungshof hat festgestellt, dass die im Antrag angegebene Person im Februar 2000 in ein<br />

Pflegeheim in ein anderes Bundesland verzogen war und einen Antrag auf Landesblindengeld<br />

bei der Stadt gar nicht gestellt hatte. Zum Einen hatte sie sich nicht über ausbleibende Zah-<br />

lungen beklagt. Zum Anderen war der Antrag mit einer unleserlichen mit i. A. gekennzeich-<br />

neten Unterschrift versehen. Darüber hinaus war keine bevollmächtigte Person angegeben.<br />

Folglich lag kein wirksamer Antrag vor, der für Leistungen nach dem LBlGG Voraussetzung<br />

ist. Deswegen bestand auch kein Anspruch auf Zahlungen nach dem LBlGG für die im fin-<br />

gierten Antrag angegebene Person. Damit erfolgten die Zahlungen i. H. v. insgesamt<br />

48.056,80 Euro auf das Konto B ohne Rechtsgrund.<br />

2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(626) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat festgestellt, dass im Falle des Kontos A durch die<br />

falschen Angaben der bevollmächtigten Tochter die Überzahlung i. H. v. 18.021,30 Euro (ab-<br />

züglich einer Rückzahlung i. H. v. 1.911,35 Euro) und durch das Handeln der Sachbearbeite-<br />

rin im Falle des Kontos B die rechtsgrundlose Zahlung i. H. v. 48.056,80 Euro zu einem fi-<br />

nanziellen Nachteil für das Land i. H. v. insgesamt 64.166,75 Euro geführt haben, da diese fi-<br />

nanziellen Mittel nicht für Leistungen im Sinne des LBlGG verwendet worden sind.<br />

(627) Die Stadt hat sich neben einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft im Juni 2007 im<br />

Falle des Kontos A um Schadensbegrenzung bemüht. Aus dem Rückforderungsbescheid an<br />

die bevollmächtigte Tochter geht hervor, dass sich die Stadt von der Überzahlung i. H. v.<br />

18.021,30 Euro einen Betrag i. H. v. 11.468,10 Euro zuzurechnen habe, weil der damals zu-<br />

ständigen Sachbearbeiterin seit Januar 2004 der Aufenthalt der Mutter im Pflegeheim bekannt<br />

gewesen sei und damit nur eine Rückforderung der bis Dezember 2003 zu viel gezahlten<br />

Landesblindengelder in Betracht komme. Von dem verbleibenden Betrag i. H. v.<br />

6.553,20 Euro habe die bevollmächtigte Tochter im Zuge des Anhörungsverfahrens glaubhaft<br />

belegen können, dass sie in den Jahren 2002 und 2004 der damals zuständigen Sachbearbeite-<br />

rin aufgrund von angeblichen Fehlbuchungen Beträge i. H. v. insgesamt 4.641,85 Euro in bar<br />

gegen Bestätigung als „bezahlt“ übergeben hatte. Dieser Betrag ist dann aber nicht dem Haus-<br />

halt der Stadt zugeführt worden. Im Oktober 2007 hat die Stadt sodann den übrigen Betrag<br />

i. H. v. 1.911,35 Euro von der bevollmächtigten Tochter erfolgreich zurückgefordert und dem<br />

Land zurückerstattet.<br />

226


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Aufgrund eines entsprechenden Hinweises des <strong>Landesrechnungshof</strong>es hat die Stadt Ansprü-<br />

che gegen die Erben der verstorbenen Sachbearbeiterin prüfen lassen und im Dezember 2007<br />

beim Arbeitsgericht Klage gegen die Erben wegen Feststellung einer Schadenersatzpflicht<br />

erhoben.<br />

(628) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat festgestellt, dass das Ministerium keine Maßnahmen zur<br />

Schadensbeseitigung in Bezug auf den Landeshaushalt vorgenommen hatte, um den finanzi-<br />

ellen Nachteil des Landes i. H. v. insgesamt 64.166,75 Euro abzuwenden. In der von der Stadt<br />

dem Ministerium vorgelegten Jahresabrechnung für das Jahr 2007 sind die verbleibenden<br />

Fehlleistungen nicht berücksichtigt worden. Das Ministerium hat bei der Prüfung der<br />

erstattungsfähigen Ausgaben im Zuge der Jahresabrechnung 2007 versäumt, die künftigen<br />

Abschläge für das Jahr <strong>2008</strong> um 64.166,75 Euro zu kürzen. Für diese Fehlleistungen besteht<br />

kein Erstattungsanspruch der Stadt gegenüber dem Land im Sinne von § 9 Abs. 4 LBlGG,<br />

weil diese Landesmittel nicht für Leistungen nach dem LBlGG verwendet wurden.<br />

(629) Die dem Ministerium als zuständige Behörde obliegende Fachaufsicht beschränkte<br />

sich bisher auf den Erlass von Weisungen zur Durchführung des LBlGG und auf die Teil-<br />

nahme an Sozialamtsleitersitzungen in Bezug auf Landesblindengeld. Prüfungen im Rahmen<br />

der Fachaufsicht hatte es bisher nicht durchgeführt.<br />

In Bezug auf die hier relevanten Fälle (Konto A und B) hat das Ministerium im Juni 2007 die<br />

Stadt um Mitteilung über das Veranlasste gebeten und nachgefragt, welche Sicherheitsvorkeh-<br />

rungen seitens der Stadt getroffen worden sind, um Manipulationen vorzubeugen. Im Wei-<br />

teren hat das Ministerium abgewartet und selbst nichts unternommen. Erst im Dezember 2007<br />

auf Nachfrage des <strong>Landesrechnungshof</strong>es hinsichtlich der Aktivitäten des Ministeriums hat es<br />

bei der Stadt zum Sachstand nachgefragt und um Übersendung der entsprechenden Akten so-<br />

wie um Mitteilung hinsichtlich von Haftungs- bzw. Regressansprüchen und Ermittlungsergeb-<br />

nissen gebeten.<br />

2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Soziales und Gesundheit<br />

(630) Das Ministerium hat erklärt, unter Zurückstellung seiner Bedenken gegenüber der<br />

Rechtsauffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es einen Erstattungsanspruch gegen die Stadt in<br />

Höhe des nicht für Leistungen im Sinne des LBlGG verwendeten Betrages geltend zu ma-<br />

chen.<br />

227


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Unabhängig davon beabsichtigt das Ministerium bei der nächsten Novellierung des LBlGG<br />

eine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch für zu Unrecht gewährtes Landesblinden-<br />

geld einzubringen. Die Neuregelung soll sich an § 91 Abs. 1 SGB X orientieren. Danach be-<br />

steht keine Erstattungspflicht des Landes gegenüber der herangezogenen Gebietskörperschaft,<br />

soweit die Leistungen zu Unrecht erbracht sind und die Gebietskörperschaft hierfür ein Ver-<br />

schulden trifft.<br />

(631) Das Ministerium verweist darauf, dass es vor Ergreifen weiterer Maßnahmen das<br />

Ergebnis der Prüfung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es abwarten und einbeziehen wollte. Es vertritt<br />

die Auffassung, dass eine zeitgleiche Prüfung durch die Mitarbeiter des Ministeriums und des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es zu den Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung von Landesblindengeld in<br />

einer kreisfreien Stadt aus personellen Gründen und verwaltungsökonomischen Gesichts-<br />

punkten nicht vertretbar gewesen sei. Es meint, dass mit der Ermittlung des Sachstandes zu<br />

den durch die Stadt vorgenommenen Maßnahmen in den betreffenden Fällen und den Vorkeh-<br />

rungen zur Verhinderung ähnlich gelagerter Fälle alles Erforderliche veranlasst worden sei,<br />

um den Sachverhalt aufzuklären und Schaden vom Land abzuwenden.<br />

Das Ministerium führt an, dass es nicht Inhalt der Fachaufsicht sei, flächendeckende Prü-<br />

fungen durchzuführen. Im Rahmen einer fachaufsichtlichen Tätigkeit hätten die hier rele-<br />

vanten Unregelmäßigkeiten nicht auffallen können. Eine umfassende Prüfung aller Landes-<br />

blindengeldakten in den Kommunen sei aus personellen Kapazitäten, aber auch unter<br />

verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten durch das Ministerium nicht leistbar.<br />

Das Ministerium führe im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen Stichproben durch. Zudem sollen<br />

den Kommunen durch Runderlass Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, um künftig ähnlich<br />

gelagerten Fällen vorzubeugen. Der Bitte des <strong>Landesrechnungshof</strong>es, ein Modell zu entwi-<br />

ckeln, wie das Ministerium künftig seine Fachaufsicht effektiv wahrnehmen und auf ähnlich<br />

brisante Unregelmäßigkeiten reagieren wird, wird das Ministerium entsprechen.<br />

2.3 Stellungnahme der Stadt<br />

(632) Die Stadt bestätigte die Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es.<br />

228


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.4 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(633) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt, dass das Ministerium der Aufforderung zur<br />

Geltendmachung des Erstattungsanspruches gegenüber der Stadt folgt und zudem eine klar-<br />

stellende gesetzliche Regelung anstrebt.<br />

(634) Aufgrund der brisanten Sachlage und der erheblichen Schadenshöhe sowie der Tatsa-<br />

che, dass die Stadt sich nicht nur an den <strong>Landesrechnungshof</strong>, sondern auch an die Fachauf-<br />

sichtsbehörde wandte, wäre nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es die Wahrnehmung<br />

der dem Ministerium obliegenden Fachaufsicht durch Überprüfung der Konstellationen im<br />

konkreten Fall geboten gewesen, und zwar unabhängig von einer potenziellen Prüfung des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es und deren Ergebnissen. Im Rahmen einer intensiven und umfassenden<br />

Prüfung im Rahmen der Fachaufsicht dieser beiden auffälligen Fälle wäre festgestellt worden,<br />

dass die Anträge insbesondere widersprüchliche bzw. unvollständige Angaben enthalten (z. B.<br />

Unterschrift i. A. ohne Vollmacht, Leistungsgewährung für häusliche Pflege), die zu den<br />

fehlerhaften Bewilligungen geführt haben. Diese Erkenntnisse hätte das Ministerium in die<br />

zwischenzeitlich bei anderen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten durchgeführten Prüfungen<br />

im Rahmen der Fachaufsicht einfließen lassen können und daraus zeitnah Handlungsanwei-<br />

sungen für die künftige Entscheidungspraxis ableiten können, so dass die herangezogenen Ge-<br />

bietskörperschaften den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten im erforderlichen Maße<br />

gerecht werden.<br />

(635) Die vom Ministerium erwähnten sog. Vor-Ort-Prüfungen müssen so angelegt sein,<br />

dass diese Kontrollen zur rechtskonformen und zweckmäßigen Aufgabenwahrnehmung der<br />

herangezogenen Gebietskörperschaften beitragen bzw. die dienstlichen Geschäfte im Sinne<br />

des Landesblindengeldgesetzes vor Ort optimieren.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

229


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

15 Fördermittel nach dem Landeskrankenhausgesetz;<br />

Verwendungsnachweisprüfung<br />

Das Sozialministerium hat Investitionen der Krankenhäuser mit zwei Mrd. Euro ge-<br />

fördert. Ob die Fördermittel zweckentsprechend eingesetzt wurden, hatte es jahrelang<br />

nicht oder zumindest in völlig unzureichendem Umfang geprüft. Erst 2003 nahm das<br />

Ministerium die Prüfung wieder auf – mit Prüfern, die für diese Aufgabe nicht qualifi-<br />

ziert waren. Die vom Ministerium nunmehr eingeleiteten Maßnahmen weisen in die<br />

richtige Richtung, reichen aber noch nicht aus. Rückforderungsausstände in Millionen-<br />

höhe können nicht ausgeschlossen werden.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(636) Die Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland erfolgt über ein duales System:<br />

Die Benutzerkosten werden über Pflegesätze und Fallpauschalen (DRGs) 120 aufgebracht, die<br />

Investitionskosten über die öffentliche Förderung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz<br />

(KHG). Die Krankenhäuser haben dem Sozialministerium die zweckentsprechende Verwen-<br />

dung der Fördermittel nachzuweisen. Das Ministerium hat diese Verwendungsnachweise zu<br />

prüfen.<br />

(637) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hatte die unterlassene oder unzureichende Prüfung der<br />

Verwendungsnachweise durch das Sozialministerium bereits wiederholt beanstandet. 121 Das<br />

Ministerium änderte sein Verhalten gleichwohl nicht. Dies war für den <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

angesichts des hohen Prüfungsrückstands nicht hinnehmbar. Anders die Wahrnehmung des<br />

Ministeriums: Auf eine Kleine Anfrage eines Landtagsabgeordneten, wonach der Eindruck<br />

entstanden sei, die Verwendungsnachweisprüfungen durch das Ministerium seien „etwas zu<br />

kurz“ gekommen, hatte es geantwortet: „Wenn hierdurch der Eindruck entsteht, dass Verwen-<br />

dungsnachweisprüfungen in der Vergangenheit kaum oder gar nicht erfolgten, ist dies nicht<br />

zutreffend und äußerst bedauerlich.“ 122<br />

(638) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> sah sich veranlasst, erneut zu prüfen, ob das Ministerium<br />

mittlerweile den Eingang der Verwendungsnachweise überwacht und die Nachweise dann<br />

120 Diagnosis Related Groups.<br />

121 <strong>Jahresbericht</strong>e 1995 Tz. 217 ff. und 1996 Tz. 283 ff.<br />

122 LT-Drs. 4/1648 vom 03.05.2005.<br />

230


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

auch sachgerecht prüft. Die Prüfung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es im Januar 2005 erstreckte<br />

sich auf die Verwendungsnachweise der Jahre 1994 bis 2003.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Prüfung der Verwendungsnachweise 2004/2005<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(639) Das folgende Diagramm zeigt die Summe der in den Jahren 1994 bis 2003 ausgereich-<br />

ten Fördermittel i. S. d. §§ 29 und 30 LKHG M-V sowie das hiervon durch das Ministerium<br />

abschließend geprüfte Gesamtvolumen.<br />

Abbildung 30: Fördermittel<br />

Mio. Euro<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Quelle: Eigene Berechnungen.<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003<br />

(640) Im Jahr 1994 war das Sozialministerium augenscheinlich noch um eine Prüfung be-<br />

müht, was für knapp drei Viertel des Fördervolumens gelang. Im Jahr 1995 prüfte es gut ein<br />

Drittel, danach nur noch sporadisch. Von den Fördermitteln der Jahre 1994 bis 2003 mit ins-<br />

gesamt 1.289 Mio. Euro blieben 1.075 Mio. Euro (83 %) ungeprüft.<br />

zu prüfende<br />

Fördermittel<br />

geprüfte Fördermittel<br />

(641) Kann das Ministerium infolge unterlassener oder verzögerter Verwendungsnachweis-<br />

prüfungen Erstattungsansprüche nicht durchsetzen, liegt darin ein Verstoß gegen die Grund-<br />

sätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit i. S. d. § 7 LHO. Das Ministerium wird zu prü-<br />

fen haben, ob die Pflichtverletzung Regressforderungen nach sich ziehen kann und muss. Da<br />

231


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

über Jahre keine Rückforderungen geltend gemacht worden sind, dürfte ein finanzieller<br />

Schaden für das Land eingetreten sein, der schon wegen der verstrichenen Zeit nicht quantifi-<br />

zierbar ist. Darüber hinaus bleiben unzureichende Prüfungen nicht ohne Einfluss auf das künf-<br />

tige Verhalten der Zuwendungsempfänger im Umgang mit den Fördermitteln.<br />

(642) Unter Hinweis auf die vom <strong>Landesrechnungshof</strong> veröffentlichten Grundsätze und<br />

Besonderheiten des Zuwendungswesens 123 hatte das Sozialministerium im März 1997 erklärt,<br />

die Überwachung von Zuwendungen und die zeitnahe Prüfung von Verwendungsnachweisen<br />

seien zwingende Bestandteile des Verfahrens. Doch erst im Oktober 2003 setzte es eine Pro-<br />

jektgruppe mit dem Auftrag ein, die Verwendungsnachweise zu prüfen. Diese Projektgruppe<br />

begann Verwendungsnachweise zu prüfen, die dem Ministerium bereits seit zehn Jahren vor-<br />

lagen. Allerdings fehlten den Mitarbeitern dieser Projektgruppe die nötigen Kenntnisse, um<br />

fachgerecht prüfen zu können. Finanzielle Nachteile für das Land konnten nicht ausge-<br />

schlossen werden.<br />

(643) Angesichts eines Fördervolumens von rd. 1,3 Mrd. Euro bleibt unverständlich, dass<br />

das Sozialministerium sechs Jahre verstreichen ließ, bis es reagierte. Seine Kontroll- und Auf-<br />

sichtspflicht hat es verletzt. Die Quantität und Qualität der Verwendungsnachweisprüfung<br />

hängen nicht nur von der Zahl und der Motivation der eingesetzten Mitarbeiter ab. Bei einem<br />

komplexen Thema wie der Krankenhausfinanzierung, bei dem einzelne Fördermaßnahmen<br />

ein Volumen von Zigmillionen Euro aufweisen, bedarf es des Einsatzes von Spezialisten. Sie<br />

müssen mit den Normen des Zuwendungsrechts im Allgemeinen und mit den speziellen<br />

Regelungen der Krankenhausförderung vertraut sein. Dem <strong>Landesrechnungshof</strong> ist nicht ver-<br />

ständlich, dass das Ministerium diese anspruchsvolle Aufgabe Mitarbeitern übertragen hat,<br />

die bei Aufnahme dieser Tätigkeit keine fachspezifischen Kenntnisse besaßen und die in der<br />

Folge auch nur unzureichend qualifiziert worden sind.<br />

(644) Das Ministerium sollte die Verwendungsnachweise nicht in chronologischer Reihen-<br />

folge prüfen, sondern die Rangfolge der Prüfung und den Prüfungsumfang nach dem Förder-<br />

volumen und Erkenntnissen vorangegangener Prüfungen festlegen.<br />

(645) Besonders bedeutsam erscheint dem <strong>Landesrechnungshof</strong> – neben der notwendigen<br />

Personalausstattung der Projektgruppe – die Qualifizierung der Mitarbeiter. Sie könnte durch<br />

in der Prüfung der Krankenhausfinanzierung erwiesenermaßen fachkundige Wirtschaftsprüfer<br />

123 Nachtrag zum <strong>Jahresbericht</strong> 1995.<br />

232


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

erfolgen. Die Kosten für derartige Schulungen wären nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

durch verbesserte Prüfungsergebnisse gerechtfertigt.<br />

(646) Über das Ergebnis seiner Prüfung hatte der <strong>Landesrechnungshof</strong> in seiner Prüfungs-<br />

mitteilung vom 01.12.2005 berichtet.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums<br />

(647) Am 15.02.2006 entgegnete das Ministerium, „die Priorität habe bei der Gestaltung<br />

der Förderung liegen“ müssen. Eine „zeitgleiche Aufarbeitung der Verwendungsnachweise<br />

hätte die Vorhaltung von personellen Kapazitäten erfordert, die ... unwirtschaftlich gewesen<br />

wäre. ... Alternativ wäre deshalb nur ein Verzicht auf den Umfang der Förderung ... denkbar<br />

gewesen. Ein Ergebnis, das den Vorgaben des <strong>Landesrechnungshof</strong>es dienlich gewesen wäre,<br />

aber nicht der dynamischen und zukunftsgerichteten Entwicklung des Landes.“ Dennoch habe<br />

es „Maßnahmen ergriffen, um die notwendige Qualität bei der Prüfung der Verwendungs-<br />

nachweise zu sichern.“ So werde der Hinweis aufgegriffen, die „Qualifizierung der Mitarbei-<br />

ter durch fachkundige Wirtschaftsprüfer“ vornehmen zu lassen. Ferner werde es die Hinweise<br />

des <strong>Landesrechnungshof</strong>es bezüglich „der Rangfolge und des notwendigen Prüfaufwandes<br />

beachten“. Schließlich räumte es ein, es habe „interne Verfahren zur Prüfung eventueller<br />

Pflichtverletzungen eingeleitet“. Gleichwohl könne „weder eine hohe Fehlförderung noch<br />

ein hoher Forderungsausfall prognostiziert“ werden.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(648) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> fordert das Ministerium auf, unverzüglich alles Erforderliche<br />

in die Wege zu leiten, um in der Verwendungsnachweisprüfung möglichst rasch in qualita-<br />

tiver wie in quantitativer Hinsicht ein Niveau zu erreichen, das den Anforderungen des Haus-<br />

haltsrechts genügt. Die vom Ministerium ergriffenen Maßnahmen weisen in die richtige Rich-<br />

tung. Hinsichtlich des Prüfungsniveaus lassen die Äußerungen des Ministeriums indes nicht<br />

erkennen, dass es die Einschätzung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es teilt. Der Hinweis auf die nur<br />

geringe Fehlerquote kann nach Ansicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es vielmehr ein Indiz dafür<br />

sein, dass die Rückforderungen aufgrund unzureichender Prüfungsqualität weit hinter den tat-<br />

sächlich zu Unrecht ausgereichten Fördermitteln zurückbleiben.<br />

233


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.2 Prüfung der Verwendungsnachweise 2006/2007<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(649) Die Antwort des Ministeriums veranlasste den <strong>Landesrechnungshof</strong>, durch das Minis-<br />

terium bereits geprüfte Verwendungsnachweise stichprobenweise zu prüfen. Er prüfte Investi-<br />

tionen von vier Krankenhäusern mit einem Volumen von 47,5 Mio. Euro. Bei einem Kran-<br />

kenhaus mit einem Investitionsvolumen von rd. 850.000 Euro ergaben sich keine wesentli-<br />

chen Feststellungen. Von den anderen drei Krankenhäusern hätte das Ministerium nicht<br />

zweckentsprechend verwendete Fördermittel von 1,2 Mio. Euro zurückfordern müssen. Das<br />

ist nicht geschehen. Das Ergebnis seiner Prüfung teilte der <strong>Landesrechnungshof</strong> dem Ministe-<br />

rium am 02.10.2007 mit.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Soziales und Gesundheit<br />

(650) Das Ministerium antwortete, es könne den vom <strong>Landesrechnungshof</strong> ermittelten Rück-<br />

forderungsbetrag nicht vollen Umfangs bestätigen, habe die Prüfung eines Falles aber wieder<br />

aufgenommen und werde zu gegebener Zeit über das Ergebnis berichten.<br />

(651) Den Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es, die Verwendungsnachweise schnellst-<br />

möglich zu prüfen und die Projektgruppe weiter zu qualifizieren, sei es bereits nachgekom-<br />

men. Der Rückstand sei zum größten Teil abgebaut worden. Bis Ende 2007 seien von den seit<br />

1991 zu erbringenden 514 Verwendungsnachweisen 393 bereits abschließend geprüft worden.<br />

Die Zahl der Beanstandungen sei gering gewesen. Seit 2004 habe das Ministerium rd.<br />

2,3 Mio. Euro eingenommen, davon wegen nicht zweckentsprechender Verwendung<br />

292.485 Euro; die Differenz seien Zinseinnahmen.<br />

(652) „Zur weiteren personellen Qualifikation und Verstärkung“ werde das Qualitätsma-<br />

nagement verbessert und „in Kooperation mit Dienststellen anderer Länder die Qualifikation<br />

der Mitarbeiter ... fortgesetzt werden.“ Die Schulung der Projektgruppe durch einen Wirt-<br />

schaftsprüfer sei allerdings aus Kostengründen unterblieben. Ferner werde die Organisation<br />

und Struktur der Verwendungsnachweisprüfung neu geprüft. Auch solle die IT-Unterstützung<br />

der Prüfungsverfahren optimiert werden. Schließlich habe das Ministerium die Anregung auf-<br />

gegriffen, Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen. Für <strong>2008</strong> sei „ein entsprechendes Prüfpro-<br />

gramm vorgesehen.“ Im Übrigen sei die Projektgruppe seit dem 01.05.<strong>2008</strong> um eine Stelle im<br />

gehobenen Dienst verstärkt worden. Zwar seien mehrere Versuche erfolglos geblieben, wei-<br />

234


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

teres geeignetes Personal zu gewinnen, das Ministerium werde jedoch „weitere Anstren-<br />

gungen unternehmen, qualifizierte Mitarbeiter/innen ... zu gewinnen, und Möglichkeiten ...<br />

prüfen, um die Prüfgruppe temporär zu verstärken.“<br />

(653) Das Ministerium räumt ein, die Kritik des <strong>Landesrechnungshof</strong>es an der „zögerlichen<br />

Lösung des Problems durch das Ministerium“ sei zu Recht erfolgt. „Außer Frage steht, dass<br />

für das Land ein Schaden entstanden sein könnte.“ Dennoch wurden „zu keinem Zeitpunkt<br />

Fördermittel zu Unrecht – also ohne Rechtsgrundlage – bewilligt oder ausgezahlt“. Und wei-<br />

ter: „Das sehr maßnahmespezifische Prüfungsverfahren (aufwändige enge Zusammenarbeit<br />

mit dem Antragsteller, der Landesbauverwaltung und den Planungsbeteiligten) führt von Be-<br />

ginn an zu einem engen Rahmen der Mittelverwendung.“<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(654) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> nimmt zur Kenntnis, dass das Ministerium der Verwen-<br />

dungsnachweisprüfung größeres Gewicht beizumessen beabsichtigt. Die gegenwärtige Perso-<br />

nalausstattung der Projektgruppe ist indes nicht geeignet, die diesbezüglichen Zweifel des<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong>es auszuräumen. Gegenwärtig sind der Projektgruppe von den ehemals<br />

neun nur fünf Mitarbeiter verblieben, davon drei aus dem gehobenen und zwei aus dem mitt-<br />

leren Dienst. Dieses Personal wird nicht in der Lage sein, das noch zu bewältigende mächtige<br />

Fördervolumen zügig und in der gebotenen Intensität zu prüfen. Diese Situation wird sich<br />

auch nicht dadurch wesentlich entspannen, dass „anteilig auch Mitarbeiter/innen des höheren<br />

Dienstes involviert“ sind. Ob das Ministerium seine „Anstrengungen“ mit dem gebotenen<br />

Nachdruck unternimmt – und ob sie fruchten, wird sich zeigen.<br />

(655) Zwar hat das Ministerium mittlerweile 393 Verwendungsnachweise abschließend ge-<br />

prüft, deren Volumen beläuft sich jedoch auf „nur“ 457 Mio. Euro. Die zur Zeit im Prüfver-<br />

fahren befindlichen 46 Verwendungsnachweise weisen ein Volumen von allein 423 Mio.<br />

Euro auf.<br />

Die weiterhin zu prüfenden 75 Verwendungsnachweise erscheinen von der Anzahl her gering,<br />

verkörpern aber ein Volumen von 854 Mio. Euro. Sie beinhalten besonders große und kom-<br />

plexe Krankenhausersatz- und Neubauinvestitionen; der Prüfungsaufwand dürfte sehr hoch<br />

sein. Hinzu kommen die ab <strong>2008</strong> vorzulegenden Verwendungsnachweise über bislang<br />

203 Mio. Euro.<br />

235


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

(656) Die dargestellte unterbliebene Rückforderung lässt sich nicht auf einen Gesamt-<br />

schaden hochrechnen, der dürfte jedoch beträchtlich sein. Die positive Beurteilung der Ver-<br />

wendungsnachweisprüfung durch das Ministerium sieht der <strong>Landesrechnungshof</strong> jedenfalls<br />

als widerlegt an.<br />

(657) Das Ministerium sollte die Verwendungsnachweise schnellstmöglich nach deren Ein-<br />

gang prüfen. Eine gründliche Prüfung ist nahezu ausgeschlossen, wenn seit der Investition<br />

Jahre verstrichen und die geförderte Maßnahme bereits untergegangen ist oder – wie mehr-<br />

fach geschehen – der Krankenhausträger gewechselt hat.<br />

(658) Um die Prüfungsqualität und -quantität zu steigern, sollte die Projektgruppe weiter ge-<br />

schult werden. Nur der mit der Materie vertraute Prüfer ist in der Lage, die Sachverhalte<br />

rasch, sicher und rechtlich einwandfrei zu beurteilen.<br />

(659) Ferner sollte sich die Projektgruppe größere Investitionen vor Ort anschauen, wenn die<br />

tatsächliche Verwendung der Fördermittel nach Aktenlage allein nicht abschließend beurteilt<br />

werden kann.<br />

(660) Das Ministerium hat die Verwendung von immer noch mehr als einer Mrd. Euro zu<br />

prüfen. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält die sach- und fristgerechte Prüfung dieses Volumens<br />

mit dem zur Zeit eingesetzten Personal für ausgeschlossen. Die vom Ministerium nunmehr<br />

eingeleiteten Maßnahmen weisen zwar in die richtige Richtung, reichen aber noch nicht aus.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass das Ministerium umgehend und entschlossen alles Er-<br />

forderliche unternimmt, um eine rasche und qualifizierte Prüfung der Verwendungsnachweise<br />

zu ermöglichen.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

236


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Einzelplan 12 – Hochbaumaßnahmen des Landes<br />

16 Neubau von Hafthäusern in Justizvollzugsanstalten<br />

Ein zwischen den zuständigen Ministerien abgestimmtes Gesamtbaukonzept für die Jus-<br />

tizvollzugsanstalten des Landes, basierend auf der zu erwartenden Entwicklung der ein-<br />

zelnen Anstalten und ihrer Haftplatzkapazitäten, lag zum Zeitpunkt der örtlichen Erhe-<br />

bungen nicht vor. Damit fehlte dem Land eine verlässliche Grundlage für die mittelfris-<br />

tige Finanz- und Haushaltsplanung. Im Fehlen dieser Konzeption sah der Landesrech-<br />

nungshof u. a. einen Grund für den sehr langwierigen Planungs- und Ausführungsver-<br />

lauf der Bauvorhaben, bei denen Raumbedarfe und Nutzeranforderungen mehrfach ge-<br />

ändert wurden. Das Konzept wurde zwischenzeitlich erarbeitet und auch dem Landes-<br />

rechnungshof vorgelegt.<br />

Anhand der bei den Justizvollzugsanstalten Stralsund und Bützow festgestellten Flä-<br />

chen- und Kostenwerte hat der <strong>Landesrechnungshof</strong> durch Vergleiche mit Kenn- und<br />

Istwerten für Justizvollzugsanstalten anderer Bundesländer auf Einsparpotenziale für<br />

künftige Baumaßnahmen aufmerksam gemacht.<br />

Die noch ausstehenden baulichen Maßnahmen in der Justizvollzugsanstalt Bützow<br />

veranschlagte das zuständige Ministerium unter Verletzung haushaltsrechtlicher Vorga-<br />

ben. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfahl, die angedachte Grundinstandsetzung des ge-<br />

samten stark sanierungsbedürftigen Haupthauses mit seinen voraussichtlich erheblichen<br />

Kosten zu überdenken und vom Ergebnis der noch ausstehenden Wirtschaftlichkeits-<br />

untersuchung abhängig zu machen.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(661) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> prüfte stichprobenweise den Neubau der Hafthäuser in den<br />

Justizvollzugsanstalten (JVA) Bützow (129 Haftplätze) und Stralsund (140 Haftplätze).<br />

Schwerpunktmäßig sollte festgestellt werden, auf welcher Grundlage die Hafthäuser geplant<br />

wurden und welche baulichen Anforderungen bzw. Standards zu berücksichtigen waren. Des<br />

Weiteren betrachtete der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Umsetzung dieser nutzerspezifischen<br />

Forderungen durch die Landesbauverwaltung bei Planung und Ausführung der Maßnahme.<br />

237


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Anhand von Kosten- und Flächenvergleichen mit anderen JVA wurden Einsparungsmöglich-<br />

keiten geprüft.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Gesamtbaukonzept für JVA in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(662) Auch im Zeitrahmen dieser Prüfung konnten sich das Justizministerium und das zum<br />

Prüfungszeitpunkt für Hochbaumaßnahmen des Landes zuständige Finanzministerium nicht<br />

über die für alle Standort- und Bauentscheidungen notwendige Ausgangsgrundlage – den<br />

Haftplatzbedarf – einigen. Hinsichtlich der Bestimmung des künftigen Haftplatzbedarfes hatte<br />

es zwar eine Annäherung der Ressortauffassungen gegeben, jedoch hielten beide Ministerien<br />

an unterschiedlichen methodischen Ansätzen zur Bildung ihrer jeweiligen Prognosen fest 124 .<br />

Das Justizministerium ging daher nach wie vor von einem höheren Haftplatzbedarf ab dem<br />

Jahr 2020 aus als das Finanzministerium.<br />

(663) Das Justizministerium hatte ein „Baukonzept Justizvollzug bis 2020“ (Stand vom<br />

26.04.2005) erarbeitet und darin aus der Nutzersicht u. a. bereits geplante bauliche Verän-<br />

derungen und ihre Auswirkungen auf die Haftplatzkapazität sowie Varianten baulicher Ver-<br />

änderungen bis 2020 dargelegt. Ein zwischen den Ministerien abgestimmtes Gesamtbaukon-<br />

zept für die JVA des Landes <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> lag jedoch nicht vor.<br />

(664) Im Fehlen eines zwischen den zu beteiligenden Ministerien abgestimmten und bestä-<br />

tigten Gesamtbaukonzeptes für die noch erforderlichen Baumaßnahmen im Bereich des Straf-<br />

vollzuges sah der <strong>Landesrechnungshof</strong> die entscheidende Ursache für die sehr zeit- und<br />

arbeitsaufwändige und damit kostenintensive Planung. Darüber hinaus fehlte eine verlässliche<br />

Grundlage für die Mittelfristige Finanzplanung und die Haushaltsplanung zu weiteren Maß-<br />

nahmen.<br />

Aus Sicht des <strong>Landesrechnungshof</strong>es war es nicht länger hinnehmbar, dass insbesondere in-<br />

folge des ungeklärten Haftplatzbedarfs die seit längerer Zeit anstehenden strategischen Ent-<br />

scheidungen über die JVA-“Landschaft“ einschließlich ihrer bauseitigen Erfordernisse per-<br />

manent vertagt wurden. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> forderte ein Gesamtbaukonzept für die ge-<br />

124 Vgl. <strong>Jahresbericht</strong> 2006 Teil 2, LT-Drs.5/93; Tzn. 478-505.<br />

238


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

bäudeseitige Absicherung der Justizvollzugsaufgaben des Landes. Hierzu sollten alle JVA in<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> auch unter Wirtschaftlichkeitsaspekten auf den Prüfstand gestellt<br />

und ggf. neu konzipiert werden.<br />

(665) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfahl die Bildung einer Projektgruppe nach § 17 Abs. 4<br />

GGO I. Wegen der sicherheits- und strafvollzugspolitischen sowie haushaltswirtschaftlichen<br />

Relevanz sollte die Aufgabenstellung dieser Projektgruppe im Kabinett definiert werden.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

in Abstimmung mit dem Justizministerium<br />

(666) Dem Vorschlag, die konzeptionelle sowie planerische Vorbereitung für die bauseitige<br />

Absicherung der Justizvollzugsaufgaben komplex und konsequent zu überarbeiten und alle<br />

JVA unter Wirtschaftlichkeitsaspekten auf den Prüfstand zu stellen, werde zugestimmt.<br />

Zwischenzeitlich sei ein Konzept „Die Zukunft des Justizvollzuges und der Sozialen Dienste<br />

in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>“ vom Juni 2007 erarbeitet und auch dem <strong>Landesrechnungshof</strong><br />

vorgelegt worden. Das Konzept beziehe sich auch auf die Belegungsentwicklung und er-<br />

forderliche Baumaßnahmen. Im Ergebnis sei u. a. beabsichtigt, die JVA Stralsund um den of-<br />

fenen Vollzug zu erweitern und die JVA Bützow zu sanieren.<br />

Die weitere Zielplanung für die JVA Bützow werde über eine neu zu bildende Projektgruppe<br />

vorgenommen.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(667) Das Konzept des Justizministeriums, das von den künftigen Strukturen und Zuständig-<br />

keiten der JVA in <strong>Mecklenburg</strong>–<strong>Vorpommern</strong> sowie deren perspektivischen Belegungs-<br />

möglichkeiten – auch unter Beachtung der wirtschaftlichen Größe – ausgeht, wird durch den<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt. Darin werden wesentliche Ausgangsgrößen für noch erforderli-<br />

che Baumaßnahmen beschrieben. Die damit vorgegebenen Eckdaten sind konsequent und<br />

zeitnah umzusetzen. Hierzu ist die angedachte Projektgruppe schnellstmöglich zu bilden und<br />

mit den entsprechenden Vollmachten auszustatten. Die Aufgaben der Projektgruppe sollten<br />

nicht auf die Zielplanung der JVA Bützow beschränkt werden. Sie sollte auch die Einhaltung<br />

und Durchsetzung der im Konzept vorgegebenen Eckdaten einschließlich der erforderlichen<br />

Baumaßnahmen im Blick haben. Eventuell künftig erforderliche Änderungen sollten von der<br />

Zustimmung der Projektgruppe abhängig gemacht werden.<br />

239


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.2 Zeit- und arbeitsintensive Planungen und Ausführung<br />

von Hafthausneubauten<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(668) Die Planungen sowie die Durchführung der Bauvorhaben waren außerordentlich zeit-<br />

und arbeitsintensiv. Während der Planungsphasen der Hafthausneubauten hatten sich wesent-<br />

liche Ausgangsgrößen mehrfach geändert. Betroffen waren insbesondere die Raumbedarfs-<br />

pläne hinsichtlich der Anzahl, Größe, Funktion bzw. Nutzung der Räume sowie die zu reali-<br />

sierende Anzahl von Haftplätzen.<br />

So vergingen beispielsweise für den Neubau der JVA Stralsund von der Beantragung des<br />

Baubedürfnisses (Juni 1991) bis zur Vorlage eines bestätigten K1-Gutachtens (Oktober 1996)<br />

rd. fünf Jahre, in denen sich die Anzahl der zu realisierenden Haftplätze von 225 auf 140 re-<br />

duzierte. Letztendlich wurde die JVA Stralsund 2003 ihrer Nutzung übergeben.<br />

Für die JVA Bützow beantragte das Justizministerium im Juli 1996 u. a. die Überplanung der<br />

gesamten Anstalt und den Neubau von zwei Unterkunftsgebäuden mit insgesamt 172 Haft-<br />

plätzen. Im Ergebnis langwieriger Abstimmungen und Planungen genehmigte die OFD 125 im<br />

April 1999 mit Einverständnis des Fachressorts einen aus Kostengründen auf 129 Haftplätze<br />

reduzierten Hafthausneubau. Das Gebäude wurde 2002 seiner Nutzung übergeben.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> kritisierte die langjährigen und mit hohem Arbeitsaufwand und Kos-<br />

ten verbundenen Planungen (Vorplanungen, Variantenvergleiche, Überplanungen, Änderun-<br />

gen von Ausführungsplanungen). Diese Vorgehensweise war unwirtschaftlich. Er sah eine<br />

Ursache dieser langjährigen Planungs- und Ausführungszeiten im Fehlen eines abgestimmten<br />

Gesamtbaukonzepts für alle JVA des Landes und von verbindlichen Richtlinien zum Bau von<br />

JVA. Auf deren Grundlage hätten mit dem Bauantrag die wesentlichen Eckdaten, wie die An-<br />

zahl der Haftplätze sowie die strafvollzugsspezifischen Bedarfsanforderungen an die einzel-<br />

nen Raumgruppen, verbindlich festgelegt werden können. Mit der Anerkennung des Bau- und<br />

Raumbedarfes durch das zuständige Ministerium läge sodann eine für alle Beteiligten ver-<br />

bindliche Arbeitsgrundlage vor, die Planungssicherheit gewährleistet und von der nur im Aus-<br />

nahmefall abgewichen werden darf.<br />

125 OFD: Oberfinanzdirektion Rostock<br />

240


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

in Abstimmung mit dem Justizministerium<br />

(669) Die Bemerkungen zu den Verzögerungen bei der Planung seien aus baufachlicher und<br />

wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(670) Bauanträge für weitere JVA-Bauvorhaben sollten unter Beachtung der Eckdaten des<br />

vom Kabinett zur Kenntnis genommenen Konzeptes erst dann gestellt werden, wenn der<br />

Raumbedarfsplan und die nutzerspezifischen Anforderungen an die einzelnen Raumgruppen<br />

optimiert und verbindlich vorliegen. Schon in dieser Phase kann durch die Vorgabe und<br />

Festlegung der qualitativen und quantitativen Anforderungen an den Raumbedarf ent-<br />

scheidend auf die Kosten Einfluss genommen werden.<br />

2.3 Einsparungsansätze aus Flächen- und Kostenvergleichen<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(671) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat sich mit Einsparungsaspekten befasst, die sich aus Flä-<br />

chen- und Kostenvergleichen von neu gebauten JVA ergeben. Er hat insbesondere folgende<br />

Vergleiche angestellt:<br />

1. Raumgrößen<br />

2. Verhältnis Nutzfläche/Haftplätze<br />

3. Gesamtbaukosten pro Haftplatz<br />

4. Baukosten pro Haftplatz in Hafthäusern.<br />

(672) Der Vergleich der Flächen einzelner Räume mit den Flächenvorgaben in den Empfeh-<br />

lungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Inneren für den Bau<br />

von JVA (Bayerisches Handbuch) ergab z. B.:<br />

241


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 26: Nutzflächen ausgewählter Räume<br />

Raum<br />

JVA Stralsund/<br />

Haus B und C<br />

NF in m² (Anzahl)<br />

(gerundet)<br />

JVA Bützow<br />

NF in m²<br />

(Anzahl)<br />

Bayer. Handbuch<br />

NF in m²<br />

Einzelhaftraum inkl. WC 10,0 (124) 11,5 (121) 9<br />

Arrestraum inkl. WC 10,0 (5) 10,5 (6) 9<br />

Quelle: Eigene Darstellung und Empfehlungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Inneren für den Bau von JVA.<br />

Gegenüber den bayerischen Flächenrichtwerten verfügen die neuen Hafthäuser in Stralsund<br />

und Bützow allein bei Einzelhafträumen und Arresträumen über Mehrflächen von insgesamt<br />

rd. 440 m². In Anwendung des bayerischen Richtwertes von 9 m² pro Einzelzelle entspräche<br />

dies der Fläche von rd. 50 Zellen.<br />

Des Weiteren hätte bei Bildung größerer Haftgruppen 126 , die der <strong>Landesrechnungshof</strong> für<br />

möglich hält, die Anzahl der Gruppen-, der Aufsichts- sowie der Verwaltungsräume reduziert<br />

werden können und ein weiteres Einsparpotenzial bestanden. In der JVA Stralsund ist die<br />

Größe der Haftgruppe mit 14 bis 21 Personen für eine Haftanstalt für Strafgefangene mit einer<br />

Haftzeit von maximal drei Jahren vergleichsweise klein. In der JVA Waldeck besteht die<br />

Haftgruppe aus 21 bis 29 Personen.<br />

(673) Ein weiterer Aspekt ist das Verhältnis der Gesamtnutzflächen (NF) einer Haftanstalt<br />

zur Anzahl der Haftplätze (HP). Den für die JVA Stralsund ermittelten Wert verglich der<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> mit den Werten der JVA Waldeck und von weiteren JVA anderer<br />

Bundesländer.<br />

Tabelle 27: Verhältnis der Nutzflächen (NF) zur Haftplatzanzahl<br />

JVA<br />

NF gesamt<br />

in m²<br />

NF/Haftplatz<br />

in m²<br />

Stralsund 140 HP 6.664 47,6<br />

Waldeck 384 HP 12.726 33,1<br />

Dresden 717 HP * 31.602 44,1<br />

Hünfeld 502 HP * 17.227 34,3<br />

Quelle: Eigene Darstellung.<br />

Anmerkung:<br />

* Angaben aus der Denkschrift 2006 des Rechnungshofes Baden-Württemberg, Beitag Nr. 10.<br />

126 Haftgruppen sind Gruppen von Häftlingen, die in abgeschlossenen räumlichen Einheiten in Hafthäusern relative<br />

Bewegungsfreiheit haben.<br />

242


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Auf den einzelnen Häftling kam in der JVA Stralsund durchschnittlich eine Nutzfläche von<br />

47,6 m². Der Vergleich mit den JVA Waldeck und Hünfeld weist Einsparungspotenziale auf.<br />

In diesen Haftanstalten wurde ein Nutzflächenanteil pro Häftling von 33,1 m² und 34,3 m²<br />

realisiert (also 14,5 m² bzw. 13,3 m² weniger als in der JVA Stralsund).<br />

(674) Ein Vergleich der Gesamtbaukosten pro Haftplatz der JVA Stralsund mit JVA anderer<br />

Bundesländer hatte zu folgenden in der Tabelle 19 dargestellten Ergebnissen geführt:<br />

Tabelle 28: Verhältnis der Gesamtkosten zu den Haftplätzen<br />

JVA<br />

Gesamtbaukosten (GBK)<br />

in Euro<br />

GBK/HP<br />

in Euro<br />

Stralsund** 140 HP 23.800.000 170.040<br />

Schwäbisch Hall* 342 HP 41.439.000 121.167<br />

Offenburg* 500 HP 72.635.000 145.270<br />

Hünfeld* 502 HP 61.900.000 123.307<br />

Dresden* 750 HP 72.860.000 97.150<br />

Quelle: Eigene Berechnungen.<br />

Anmerkung:<br />

* Angaben aus der Denkschrift 2006 des Rechnungshofes Baden Württemberg, Beitrag Nr. 10.<br />

** Kostenangaben lt. AFU-Bau.<br />

Die Gesamtbaukosten pro Haftplatz waren in der JVA Stralsund am höchsten. Für diese JVA<br />

mit 140 Haftplätzen kostete ein Platz rd. 170.000 Euro. In der JVA Dresden mit 717 Haft-<br />

plätzen waren es nur rd. 97.000 Euro. Der Vergleich der JVA Dresden und Stralsund verdeut-<br />

licht, dass mit zunehmender Haftplatzanzahl die Gesamtbaukosten pro Haftplatz sinken und<br />

die Errichtung einer kleinen Haftanstalt (kleiner als 300 Haftplätze) auch aus wirtschaftlichen<br />

Gründen nicht zu vertreten war.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

in Abstimmung mit dem Justizministerium<br />

(675) Zur Größe der Hafträume bemerkte das Justizministerium, dass der Haftraum über<br />

eine ausreichende Bewegungsfläche verfügen und eine „wohnliche“ Ausgestaltung ermögli-<br />

chen müsse (§§ 141, 144 StVollzG). Um den wachsenden Ansprüchen, die durch Rechtspre-<br />

chung getragen würden, gerecht werden zu können, werde eine Haftraumgröße von mindes-<br />

tens 10 bis max. 11,5 m² inklusive Nasszelle als ausreichend und angemessen angesehen. Die<br />

Vorgaben in den bayerischen Empfehlungen lehnte das Justizministerium ab.<br />

243


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Bei der Größe der Haftgruppen müsse beachtet werden, dass in der JVA Stralsund auch Un-<br />

tersuchungsgefangene untergebracht werden müssten und von daher eine multifunktionale<br />

Nutzungsmöglichkeit für notwendig erachtet worden sei. Da mit dem neuen Vollzugsplan in<br />

Stralsund auch Sicherungsgefangene untergebracht werden sollen, wären die zusätzlichen Be-<br />

sprechungsräume gerechtfertigt.<br />

Die für die JVA Stralsund dargestellten schlechten Verhältniswerte seien zwangsläufig in der<br />

Größe dieser JVA begründet. Inzwischen sei das Justizministerium der Auffassung, dass die<br />

JVA Stralsund in der jetzigen Größe unwirtschaftlich sei und plane die JVA um 80 Haftplätze<br />

des offenen Vollzugs durch Anmietung eines neben der Anstalt stehenden Gebäudekomplexes<br />

zu erweitern. Dies sei ohne weiteres möglich, da die Anstalt schon beim Neubau logistisch<br />

darauf ausgelegt worden wäre, ca. 240 Gefangene zu versorgen.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(676) Die Kosten- und Flächenvergleiche verdeutlichen, dass Einsparungsmöglichkeiten be-<br />

stehen. Diese sind nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es durch Flächenreduzierungen,<br />

Bildung größerer Haftgruppen, Änderung funktionaler Abläufe oder Zuständigkeiten realisier-<br />

bar.<br />

In diesem Zusammenhang begrüßt der <strong>Landesrechnungshof</strong> die Änderung des Vollzugplanes,<br />

in dem die JVA Stralsund jetzt auch für die Sicherungsverwahrung genutzt und um 80 Haft-<br />

plätze des offenen Vollzugs erweitert werden soll. Damit werden für die JVA Stralsund auch<br />

die vorhandenen Räumlichkeiten besser genutzt. Gleichwohl bleibt anzumerken, dass diese<br />

mit den künftig vorhandenen 220 Haftplätzen noch deutlich unter der als wirtschaftlich aner-<br />

kannten Größe von JVA (300 bis 400 Haftplätze) bleibt.<br />

2.4 Planungssicherheit durch Normative für den Bau von JVA<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(677) Das Land hat keine eigenen Normative und Richtwerte für den Bau von JVA. Andere<br />

Bundesländer haben auf der Grundlage langjähriger Erfahrungen entsprechende Normative<br />

eingeführt. Das Justizministerium hatte der Bauverwaltung die Empfehlungen der speziell für<br />

strafvollzugsrelevante Fragen gebildeten Arbeitsgruppen als „Arbeitshilfe“ übergeben. Dabei<br />

handelte es sich um den Bericht “Kostengünstige Erstellung von JVA“ sowie um die<br />

244


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Vorgaben zur Ausstattung, Qualität und Flächengrößen bestimmter Raumbereiche, wie sie im<br />

„Bayerischen Handbuch“ geregelt sind.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfahl der Verwaltung, vorhandene Erkenntnisse und Empfeh-<br />

lungen, die sich in der Praxis als kostengünstig beim Bau von JVA erwiesen haben, stärker zu<br />

nutzen. Ihre verbindliche Einführung für noch ausstehende Bauvorhaben sollte geprüft<br />

werden.<br />

Durch die Einführung entsprechender Vorgaben könnten Einsparungsmöglichkeiten erschlos-<br />

sen werden. In dem Zusammenhang sei denkbar, auf die kosten- und zeitaufwändige Errich-<br />

tung von Musterzellen zu verzichten.<br />

2.4.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

in Abstimmung mit dem Justizministerium<br />

(678) In den „Empfehlungen zum Bau von JVA“ des Strafvollzugsausschusses der Länder<br />

vom September 1999 seien die Raumbedarfe ausgewiesen, jedoch ohne länderspezifische<br />

Besonderheiten. Der jeweilige Raumbedarf sei nicht immer gleich und richte sich nach der<br />

Größe und Zweckbestimmung der Anstalt. Die Erarbeitung eigener Vorschriften wäre in der<br />

Vergangenheit aus Kapazitätsgründen nicht möglich gewesen. Zukünftig seien entsprechend<br />

dem derzeitigen Haftplatzbedarf Neubauten für JVA nur noch in geringem Maße erforderlich.<br />

Deshalb sei der Bedarf für die Erarbeitung und Einführung von eigenen Richtwerten sowie<br />

von verbindlichen Vorgaben zur quantitativen und qualitativen Raumanforderungen nicht<br />

mehr gegeben. Den Anregungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es folgend werde das Ministerium<br />

künftig die vom Bayerischen Staatsministerium des Inneren gegebenen Empfehlungen als<br />

Arbeitshilfe bei Neubauten von JVA als Arbeitshilfe analog vorgeben.<br />

Die Errichtung einer Musterzelle sei für die bauliche und sicherheitstechnische Umsetzung<br />

„aufgrund des Abstimmungsbedarfs im Detail“ erforderlich.<br />

2.4.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(679) Festzustellen ist, dass bundesweit umfangreiche Erfahrungen vorliegen und zahlreiche<br />

Empfehlungen oder Richtlinien erarbeitet wurden. Dieser „Erfahrungsschatz“ sollte zur<br />

Optimierung der Raumbedarfe und für verbindliche Vorgaben zur Errichtung von JVA in<br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> genutzt werden. Auch so könnten die häufigen sehr zeit- und<br />

arbeitsaufwendigen Änderungen bei der Vorbereitung, Planung und Bauausführung vermie-<br />

245


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

den werden. Es ist unstrittig, dass die Vollzugsart Auswirkungen auf die Unterbringungs-<br />

einheit hat. Gleichwohl unterscheiden sich die Vorgaben für einzelne Raumgruppen wie<br />

Hafträume, Aufenthaltsraum, Verwaltungsräume, Freizeiträume kaum und könnten auch<br />

einheitlich geregelt werden. Ausgehend von dem in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> geplanten,<br />

nicht unerheblichen Bauvolumen an JVA (geschätzte Baukosten 30 Mio. Euro) und dem vor-<br />

liegenden Konzept sieht der <strong>Landesrechnungshof</strong> nach wie vor das Erfordernis der Einfüh-<br />

rung von Richtwerten sowie der verbindlichen Vorgabe von quantitativen und qualitativen<br />

Raumanforderungen zum Bau von JVA in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>. Auch wenn der Anteil<br />

an Neubauvorhaben nicht mehr so hoch ist, so sind beim Bauen im Bestand entsprechende<br />

qualitative und quantitative Raumanforderungen zu realisieren.<br />

Sollte die Einführung eigener Richtwerte nicht möglich sein, sind Empfehlungen des Baye-<br />

rischen Staatsministeriums des Inneren bei den noch ausstehenden Bauvorhaben zu Grunde zu<br />

legen.<br />

In Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland rund 200 JVA – darunter eine Vielzahl von<br />

Neubauten – bestehen und folglich hinreichende Erkenntnisse für die Planung, Errichtung und<br />

Ausrüstung von sicheren Hafträumen vorliegen, erschließt sich dem <strong>Landesrechnungshof</strong> das<br />

Erfordernis der Errichtung kostenträchtiger Musterzellen nicht.<br />

2.5 Haushaltsveranschlagung der weiteren Sanierung der JVA Bützow<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(680) Im Einzelplan 12, Anlage: Wirtschaftsplan 2006/2007 des Sondervermögens BBL<br />

M-V, war die Grundinstandsetzung und Erweiterung der Hafthäuser der JVA Bützow mit ge-<br />

schätzten Gesamtkosten i. H. v. 30 Mio. Euro veranschlagt. Die Erläuterungen zu der Maß-<br />

nahme waren allgemein gehalten. Eine Untersetzung der eingestellten 30 Mio. Euro in einzel-<br />

ne Bauabschnitte oder mit konkreten Maßnahmen erfolgte nicht. Unterlagen zur Ermittlung<br />

der voraussichtlichen Kosten konnten dem <strong>Landesrechnungshof</strong> nicht vorgelegt werden.<br />

Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es verstieß eine derartige Etatisierung gegen<br />

§ 24 Abs. 1 und 3 LHO, wonach grundsätzlich die Ausgaben erst veranschlagt werden dürfen,<br />

wenn Unterlagen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung und die Kosten der Maßnahme<br />

ersichtlich sind. Ausnahmen sind möglich, wenn durch die Nichtveranschlagung dem Land<br />

ein Nachteil erwachsen würde. Die Notwendigkeit der Ausnahme ist in den Erläuterungen zu<br />

246


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

begründen. Ein Ausnahmetatbestand lag nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es nicht<br />

vor.<br />

Darüber hinaus bestanden seitens des <strong>Landesrechnungshof</strong>es Zweifel an der Auskömmlich-<br />

keit der veranschlagten Mittel.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

in Abstimmung mit dem Justizministerium<br />

(681) Im Entwurf des Haushaltsplanes <strong>2008</strong>/2009 seien der 1. Realisierungsabschnitt (Er-<br />

neuerung der Mauer im Nordbereich) und der 2. Realisierungsabschnitt (Beginn der Grund-<br />

sanierung des Hafthauses A) veranschlagt. Das Justizministerium habe dazu den Bauantrag<br />

gestellt und der BBL M-V habe die Planung beauftragt. Im Wirtschaftsplan seien für die<br />

Haushaltsjahre 5,0 Mio. Euro eingestellt. Auf Grund des Bauzustandes und der damit ver-<br />

bundenen dringend notwendigen Sanierung des denkmalgeschützten Haupthauses seien die<br />

Mittel veranschlagt worden. Eine Verschiebung der Sanierung sei aus wirtschaftlichen<br />

Gründen nicht mehr vertretbar gewesen. Dem Land hätte anderenfalls ein Schaden erwachsen<br />

können. Für die Sanierung des Hauptgebäudes werde im Rahmen einer Grundlagenermittlung<br />

die bauliche Wirtschaftlichkeit von Einzel- und Gemeinschaftsunterbringung festgestellt. Pa-<br />

rallel werde eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zur Frage Sanierung des Haftgebäudes für<br />

Frauen (Haus D) oder Neubau durchgeführt und eine Beurteilung der Reststandzeiten der<br />

Containeranlagen E und F erfolgen. Eine Fortschreibung der Zielplanung werde in Aus-<br />

wertung des verbleibenden Finanzvolumens erfolgen.<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(682) Auch für den Wirtschaftsplan <strong>2008</strong>/2009 sieht der <strong>Landesrechnungshof</strong> die vorzeitige<br />

Veranschlagung der Maßnahme nicht hinreichend begründet. Durch diese Veranschlagung –<br />

insbesondere des 2. Realisierungsabschnittes (Beginn der Grundsanierung des Hauptgebäu-<br />

des) – hat sich das Land vorzeitig für ein Bauvorhaben entschieden, dessen Sanierungskosten<br />

durch die noch fehlende Haushaltsunterlage EW-Bau- nicht hinreichend belegt sind und<br />

dessen Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist. Die im Wirtschaftsplan angegebenen<br />

voraussichtlichen Gesamtbaukosten von 30 Mio. Euro basieren nach wie vor auf groben<br />

Schätzungen, deren Auskömmlichkeit der Landerechnungshof anzweifelt. Im Fehlen der<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sieht der <strong>Landesrechnungshof</strong> einen Verstoß gegen<br />

247


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

§ 7 Abs. 1 und 2 LHO. Bis zur Vorlage der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und der sich<br />

hieraus ergebenden Veranschlagungsunterlagen sind die Haushaltsmittel für die Sanierung des<br />

Hauptgebäudes gem. § 22 LHO mit einem Sperrvermerk zu versehen. Bei der Wirtschaftlich-<br />

keitsuntersuchung sind auch die Ergebnisse der Untersuchungen des Haftgebäudes der Frauen<br />

und zur Feststellung der Reststandzeiten der zwei abgängigen Containeranlagen zu berück-<br />

sichtigen.<br />

Mit der vorzeitigen Veranschlagung der Sanierung des Hauptgebäudes sind Tatsachen ge-<br />

schaffen worden, die sich für das Land im Nachhinein auf Grund der nicht abschätzbaren<br />

Kosten als nachteilig erweisen könnten. Sollte sich durch die noch ausstehenden Untersu-<br />

chungen die Unwirtschaftlichkeit der angedachten Sanierung des Haupthauses herausstellen,<br />

muss es möglich sein, von der vorgesehenen Sanierung des Haupthauses Abstand zu nehmen<br />

und die Unterbringung der 215 Strafgefangenen in einem zweiten Hafthausneubau zu<br />

realisieren.<br />

2.6 Empfehlungen für künftige Bauvorhaben an JVA<br />

2.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(683) Die Planungen für die JVA Bützow gehen von einer Grundinstandsetzung des denk-<br />

malgeschützten Haupthauses (Sterngebäude) aus.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> empfahl die Grundsanierung des gesamten Haupthauses zu überden-<br />

ken. Ihm erschien eine (Teil-) Lösung der Haftplatzproblematik in Bützow durch den Neubau<br />

eines zweiten Hafthauses unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überlegenswert. Er verwies<br />

hierzu auf die wesentlich höheren Kosten, die bei der Sanierung des Haupthauses anfallen<br />

würden. Mit der Sanierung des Altbaus sollten 215 Haftplätze geschaffen werden. Für die<br />

Sanierung des Altbaus werden nach groben Schätzungen der Verwaltung die Kosten bei<br />

126.000 Euro je Haftplatz liegen. Vergleichsweise lagen die Kosten pro Haftplatz im Haft-<br />

hausneubau in Bützow bei rd. 60.000 Euro.<br />

2.6.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

in Abstimmung mit dem Justizministerium<br />

(684) Von der Grundsanierung des „Sterngebäudes“ Abstand zu nehmen, sei mit der Denk-<br />

malpflege in den letzten Jahren intensiv behandelt worden. Die Denkmalpflege habe zuge-<br />

248


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

stimmt, dass bis auf das Hauptgebäude alle anderen Gebäude aus dem Denkmalschutz her-<br />

ausgenommen würden. Dies sei nur erfolgt, da das Haupthaus saniert werde. Ob das die wirt-<br />

schaftlichste Lösung sei, könne bis zur endgültigen Untersuchung des Gebäudes nicht beur-<br />

teilt werden.<br />

In der Stellungnahme zum <strong>Jahresbericht</strong> teilt das Ministerium nunmehr mit, dass es den Anre-<br />

gungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es folgend die Anforderungen des Denkmalschutzes für das<br />

Sterngebäude nochmals mit dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege problematisiere.<br />

Zielstellung sei, die bisherige Entscheidung zur Aufnahme dieses Gebäudes in die Denk-<br />

malliste zu überprüfen.<br />

2.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(685) Die Zusage, die bisherige Entscheidung zur Aufnahme des Sterngebäudes in die Denk-<br />

malliste des Landrates Güstrow als untere Denkmalschutzbehörde nochmals mit dem Landes-<br />

amt für Kultur und Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde zu überprüfen, wird durch den<br />

<strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt. Dies auch deshalb, weil die Lage des denkmalgeschützten Ge-<br />

bäudes hinter einer sechs Meter hohen Zaunanlage innerhalb einer JVA diesem Gebäudekom-<br />

plex die für Baudenkmale wesentliche Funktion der öffentlichen Zugängigkeit nimmt.<br />

Schwerwiegender ist jedoch, dass dieses Gebäude nur mit unzeitgemäß hohen Kosten in ein<br />

den sicherheitstechnischen und sozialen Ansprüchen an den heutigen Strafvollzug erfüllendes<br />

Hafthaus umgebaut werden kann. Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es rechtfertigen<br />

Forderungen des Denkmalschutzes nicht Maßnahmen zu jedem Preis.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

249


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

17 Luftrettungsstation Greifswald<br />

Bei dieser Baumaßnahme (Investitionsvolumen 1.700.000 Euro) hat der Landesrech-<br />

nungshof vermeidbare Mehrausgaben von rd. 70.000 Euro ermittelt. Insbesondere kos-<br />

tenaufwändige, aber nicht notwendige Gestaltungsvarianten und überzogene, unbe-<br />

gründete Nutzerforderungen, die kritiklos in die Planung übernommen wurden, waren<br />

ursächlich. So führten allein die Dach- und die Fassadengestaltung sowie der Innenaus-<br />

bau des Hubschrauberhangars zu vermeidbaren Mehrausgaben von rd. 60.000 Euro.<br />

Außerdem bewirken nicht bedarfsgerechte Planungen und Bauausführungen höhere<br />

Unterhaltungskosten.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(686) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat geprüft, ob die Landesbauverwaltung und der Nutzer bei<br />

der Planung, Vergabe und Ausführung der im Jahr 2004 fertiggestellten Luftrettungsstation<br />

die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet haben.<br />

Ausgehend vom Raumprogramm und der Entwurfs- sowie der Ausführungsplanung wurden<br />

die Planungen untereinander und mit der Bauausführung verglichen. Planungen und die ihnen<br />

zu Grunde gelegten Nutzerforderungen wurden auf deren Notwendigkeit und Zweckmäßig-<br />

keit untersucht.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Hangardach<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(687) In der HU-Bau war für den Hangar ein flachgeneigtes Trapezprofildach auf Stahlbe-<br />

tonbindern mit Warmdachaufbau und eine segmentbogenartige Stahlkonstruktion als Dach-<br />

überbau zur Aufnahme einer Photovoltaikanlage (Variante 1) vorgesehen.<br />

Alternativ enthielt die HU-Bau auch eine zweite Dachvariante – ein flaches Tonnendach als<br />

Linsenform mit Doppelstehfalzdeckung und Vollschalung auf Bogenträgern aus Leimholz in<br />

Kaltdachausführung – (Variante 2), deren berechnete Kosten um 5.210 Euro höher lagen als<br />

die der ersten Variante.<br />

250


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Die OFD Rostock hat in Abstimmung mit der Bauabteilung des Finanzministeriums die Pho-<br />

tovoltaikanlage auf Grund fehlender Wirtschaftlichkeit und hoher Betriebskosten nicht geneh-<br />

migt. Das Finanzministerium hatte empfohlen, „... die Dachform in eine einfache und ruhige<br />

Form zu ändern“ und diese Änderung im Rahmen der AFU-Bau mit der OFD abzustimmen.<br />

Im weiteren Verlauf hat die Bauverwaltung im Wesentlichen die kostenaufwändigere Vari-<br />

ante 2 berücksichtigt.<br />

Abbildung 31: Hangar mit Tonnendach (Variante 2)<br />

Quelle: <strong>Landesrechnungshof</strong> 2007.<br />

(688) Nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es hätte das für die Planung und Ausfüh-<br />

rung der Baumaßnahme verantwortliche Landesbauamt spätestens nach dem Prüfvermerk der<br />

OFD veranlassen müssen, die Dachkonstruktion mit dem Ziel der Kosteneinsparung zu über-<br />

planen.<br />

Mit der Dachvariante 1 hätten – einschließlich der Einsparung der wegen Wegfalls der Photo-<br />

voltaikanlage nicht benötigten Segmentbogenträger, für die das Planungsbüro 26.505 Euro<br />

berechnet hatte – Einsparungen von mindestens 31.715 Euro gegenüber der Tonnendachvari-<br />

ante erzielt werden können. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass eine Überplanung der<br />

Variante 1 oder eine Neuplanung möglicherweise zu weiteren Kosteneinsparungen geführt<br />

hätte.<br />

251


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(689) Das Ministerium erklärte im Rahmen der Anhörung zum <strong>Jahresbericht</strong>, dass gemäß<br />

Rahmenplan vom Oktober 1997 im betroffenen Bebauungsgebiet Dächer als Flachdächer aus-<br />

zuführen waren. Die Luftrettungsstation sei „als funktionaler Sonderbau gesehen, geplant<br />

und ausgeführt“ worden. Da es sich um einen kleineren Baukörper als die umliegenden<br />

Klinikgebäude handele, sei das Flachdach „nicht als zwingend gesehen“ worden. Die Tonnen-<br />

dachform sei im Übrigen „fester Bestandteil der Abstimmungen mit der Stadt“. Im Rahmen<br />

der Bauausführung seien statt der geplanten Holzleimbinder einfachere Brettschichtholz-<br />

binder gewählt worden. Die damit verbundene Einsparung habe 18.000 Euro betragen.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(690) Die Tonnendachform des Hangars ist nicht nur die kostenaufwändigere Ausführungs-<br />

variante, sie weicht auch von den einschlägigen Vorgaben des Städtebaulichen Rahmenplanes<br />

ab. Ein zwingender Grund, auf die kostengünstige Flachdachvariante zu verzichten, ist nicht<br />

erkennbar.<br />

Auch wenn es durch die Wahl anderer Binder letztlich noch zu einer Kostenreduzierung ge-<br />

kommen ist, bleibt festzustellen, dass durch die nicht erforderliche Tonnendachvariante ver-<br />

meidbare Mehrkosten von ca. 14.000 Euro entstanden sind.<br />

2.2 Unterdecke Hangar<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(691) Als Deckenkonstruktion war für den Hangar in der HU-Bau eine abgehängte Leicht-<br />

metall-Paneel-Einlegedecke (LM-Decke) zwischen den Deckenstrahlheizkörpern vorgesehen<br />

und genehmigt worden.<br />

Bei der haushaltsmäßigen Anerkennung der Baukosten forderte das Finanzministerium die<br />

OFD auf, „... in der AFU-Planung zu prüfen, inwieweit für den Hangar (als reiner Zweck-<br />

bau) der Einbau einer profilierten und perforierten LM-Decke ... notwendig ist“.<br />

Diese Forderung hatte die OFD in ihren Auftrag vom 10.02.2000 an das Landesbauamt zur<br />

Aufstellung der AFU-Bau aufgenommen und u. a. um einen Bericht zum Einbau der Decke<br />

252


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

gebeten. Dem kam das Landesbauamt nicht nach. Es hat die LM-Decke weiter geplant und<br />

letztlich auch ausführen lassen.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat beanstandet, dass das Landesbauamt der Forderung des Finanz-<br />

ministeriums zur Kostenreduzierung nicht nachgekommen ist. Mit dem Einbau der Decke<br />

wurde ein für den Zweck des Gebäudes nicht gerechtfertigter Mehraufwand von etwa 5.100<br />

Euro betrieben.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(692) Die abgehängte Decke sei vorgesehen worden, um Kondenswasserbildung an der<br />

Dachunterseite, Wärmeverluste und Halleffekte zu verhindern bzw. zu reduzieren. Es wird<br />

eingeräumt, dass die Art der Ausführung der Decke nicht zwingend erforderlich gewesen sei.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(693) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hält die Ausführungen des Ministeriums für nicht schlüssig.<br />

Der untere Abschluss des Dachraumes wird mit Gipskartonplatten hergestellt, auf denen die<br />

Wärmedämmung liegt.<br />

Bei sachgerechter Dimensionierung und Ausführung der Dämmung wäre die Wärmedäm-<br />

mung gewährleistet und Kondenswasserbildung an der Dachunterseite ausgeschlossen. Jeden-<br />

falls kann dies nicht Aufgabe der perforierten Leichtmetall-Paneeldecke sein. Hall-Effekte<br />

dürften auf Grund der räumlichen Gegebenheiten ohnehin nur in geringem Umfang auftreten,<br />

insbesondere jedoch in einem reinen Zweckbau mit nur gelegentlichem Aufenthalt von Per-<br />

sonen nicht störend wirken.<br />

Der <strong>Landesrechnungshof</strong> bekräftigt daher seine Darstellung, dass die abgehängte Decke nicht<br />

erforderlich war und somit vermeidbare Mehrausgaben von rd. 5.100 Euro entstanden sind.<br />

2.3 Außenwände Hangar<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(694) Die aus 30 cm dickem Porenbeton bestehenden Außenwände des Hangars sind bis zu<br />

einer Höhe von 3,20 m über Terrain mit einer hinterlüfteten Vorsatzschale aus Verblendmau-<br />

253


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

erwerk (rd. 180 m²) versehen worden. Die darüber befindliche Wandfläche (rd. 236 m²)<br />

wurde als wasserabweisender Edelputz ausgeführt (vgl. Abb. 31 und 32).<br />

Für den <strong>Landesrechnungshof</strong> war unter Wirtschaftlichkeitsaspekten nicht nachvollziehbar,<br />

weshalb der untere Bereich der Hangar-Außenwände mit Verblendmauerwerk ausgeführt<br />

wurde.<br />

Wäre – der Spritzwasserbereich ausgenommen – die gesamte Außenwandfläche verputzt<br />

worden, hätte eine Reduzierung der Baukosten um rd. 11.000 Euro erzielt werden können.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(695) Der Städtebauliche Rahmenplan vom Oktober 1997 habe als Fassadenmaterial ins-<br />

besondere „Ziegelstein und Putz vorgeschlagen“. So wie die Entscheidung für die Dachvari-<br />

ante des Hangars sei auch die Entscheidung, den Hangar teilweise zu verklinkern, insbesonde-<br />

re Forderungen der Stadt Greifswald geschuldet, die ursprünglich eine vollständige Verklin-<br />

kerung des Hangars verlangt habe. Die Teilverklinkerung stelle insofern einen „Kompromiss<br />

hinsichtlich Architektur und Kosten“ dar. Hinzu komme, dass mit der Verklinkerung geringe-<br />

re Instandhaltungskosten verbunden seien.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(696) Sofern die Stadt Greifswald die Verbindung zwischen Klinikumsneubau und Luft-<br />

rettungsstation durch die farbliche Gestaltung der Fassade betonen wollte, hätte dies auch<br />

durch farblich angepassten Fassadenputz erreicht werden können. Da gemäß Rahmenplan<br />

eine Putzfassade zulässig war, gab es keinen ersichtlichen Grund, auf diese kostengünstige<br />

Ausführungsvariante zu verzichten. Durch den BBL M-V sind in derartigen Fällen konse-<br />

quenter die wirtschaftlichen Interessen des Landes zu vertreten. Ob der hochwertige Edelputz<br />

höhere Instandhaltungskosten verursacht hätte, ist nicht nachgewiesen, da ein Wirtschaftlich-<br />

keitsvergleich nicht geführt wurde.<br />

Es bleibt daher festzustellen, dass die Mehrkosten von rd. 11.200 Euro für das Verblendmau-<br />

erwerk nicht notwendig waren.<br />

254


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.4 Sonnenschutzgitter an der Tankstelle<br />

2.4.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(697) An der Kanzel des Dienstgebäudes und an der Tankstellenüberdachung wurde jeweils<br />

umlaufend ein feststehender, rd. einen Meter auskragender Sonnenschutz aus verzinkten<br />

Gitterrosten an einer Tragkonstruktion aus feuerverzinktem Stahl geplant und ausgeführt.<br />

Abbildung 32: Tankstelle mit Sonnenschutzgitter<br />

Quelle: <strong>Landesrechnungshof</strong> 2007.<br />

Während für das Dienstgebäude neben vorhandener Sonnenschutzverglasung die zusätzliche<br />

Abschattung noch vertretbar sein mag, besteht bei der Tankstelle kein Bedarf für einen der-<br />

artigen Sonnenschutz. Diese Stahlkonstruktion ist hier offensichtlich aus rein gestalterischen<br />

Gründen errichtet worden.<br />

Bei Verzicht auf diese Sonnenschutzkonstruktion an der Tankstelle hätten 4.433 Euro gespart<br />

werden können.<br />

2.4.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(698) Die Beanstandung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es, dass die Sonnenschutzgitter nur aus<br />

gestalterischen Gründen ausgeführt wurden, sei zutreffend.<br />

255


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

2.5 Fußbodengestaltung Hangar<br />

2.5.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(699) Der Fußboden im Hangar ist als Industrieestrich für extreme Beanspruchungen mit<br />

einer Epoxidharz-Fußbodenbeschichtung ausgebildet worden. Mittig zwischen den Schienen<br />

der Hubschrauber-Transportplattform ist eine Entwässerungsrinne eingearbeitet. Bei der Orts-<br />

besichtigung wurde festgestellt, dass nur zwischen den Schienen ein Gefälle zur Entwässe-<br />

rungsrinne vorhanden ist. Die übrigen Flächen sind waagerecht und ohne Fußbodeneinläufe<br />

ausgeführt. Vom Hubschrauber abtropfendes Wasser (z. B. Tau-, Regen- oder Waschwasser)<br />

kann nicht ablaufen und muss umständlich manuell entfernt werden.<br />

Nach Angaben des Nutzers dringt Niederschlagswasser von der befestigten Vorfläche des<br />

Hangars unter dem schwellenlosen Tor hindurch in das Gebäude ein, da weder ein Gefälle<br />

ausgebildet noch eine Entwässerungsrinne parallel zum Hallentor eingebaut wurde.<br />

Die genannten Probleme sind nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es durch Planungs-<br />

mängel entstanden. Es werden nachträgliche bauliche Maßnahmen erforderlich, um im Torbe-<br />

reich künftig das Eindringen von Niederschlagswasser zu verhindern.<br />

2.5.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(700) Im Zuge der Planung sei auf Anforderung des Nutzers anstelle eines Gefälles bzw.<br />

einer Entwässerung unterhalb des Hallentores ein Bürstenband vorgesehen worden, damit<br />

Niederschlagswasser nicht eindringen kann. Der durch vom Hubschrauber abtropfendes<br />

Regenwasser verursachte Aufwand sei seitens des Nutzers in Kauf genommen worden.<br />

2.5.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(701) Es liegt in der Verantwortung des BBL M-V, wirtschaftlich und zweckmäßig zu bau-<br />

en. Daher ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine technische Lösung realisiert wurde, die den<br />

beabsichtigten Zweck nicht erfüllt. Es hätte erkannt werden müssen, dass mit der gewählten<br />

Ausführungsvariante insbesondere das Eindringen von Regenwasser in die Halle nicht wirk-<br />

sam verhindert wird. Der BBL M-V kann sich dabei nicht auf Anforderungen des nicht fach-<br />

kundigen Nutzers berufen.<br />

256


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

2.6 Überzogene und unbegründete Nutzerforderungen<br />

2.6.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(702) Die Notwendigkeit wesentlicher technischer Einrichtungen und Ausrüstungen des<br />

Hangars war von Anfang an nicht gegeben. Die hierdurch entstandenen Mehrkosten i. H. v.<br />

etwa 30.000 Euro sind nach Auffassung des <strong>Landesrechnungshof</strong>es durch Fehlplanungen auf<br />

Grund der der Planung zu Grunde gelegten qualitativen Bedarfsanforderungen des Nutzers,<br />

die zum Teil weit überzogen und nicht begründet waren, ausgelöst worden.<br />

So wurde ein Batterieraum einschließlich Entlüftungsanlage errichtet, für den es keine<br />

Verwendung gibt, da – auch nach Auskunft des Nutzers – Batterien weder gelagert noch ge-<br />

laden werden. Bei Verzicht auf diesen Raum wären Einsparungen von geschätzt rd. 5.000<br />

Euro möglich gewesen.<br />

Der speziell für den periodisch vorzunehmenden Austausch des Hubschraubertriebwerkes/<br />

-aggregates installierte Brückenkran ist nicht erforderlich. Diese Arbeiten wurden von Anfang<br />

an in einem Spezialbetrieb und nicht vor Ort vorgenommen. Der Einbau der Krananlage und<br />

die damit unmittelbar entstandenen Ausgaben i. H. v. etwa 18.000 Euro waren nicht notwen-<br />

dig. Der Kraneinbau erforderte zudem eine spezielle Wandkonstruktion. Auch sie führte zu<br />

nicht notwendigen Ausgaben. Darüber hinaus verursacht die Krananlage auf Dauer erhebli-<br />

chen Unterhaltungsaufwand.<br />

Die Empore einschließlich Geländer, Holzbohlenabdeckung und großer Fenster wäre nur er-<br />

forderlich, wenn sie als ständiger Montagearbeits- und Abstellplatz für Triebwerke genutzt<br />

wird. Diese Arbeiten werden aber vor Ort nicht durchgeführt, sondern in einem Spezialbe-<br />

trieb.<br />

2.6.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(703) Mit den beanstandeten Einrichtungen und Ausrüstungen seien ausdrückliche Forde-<br />

rungen des Ministeriums für Soziales und Gesundheit als „zuständigem Fachressort und Trä-<br />

ger der Luftrettung“ umgesetzt worden. Dass die qualitativen Bedarfsanforderungen des<br />

Nutzers weit überzogen waren, könne von Seiten des Ministeriums für Verkehr, Bau und<br />

Landesentwicklung nicht beurteilt werden. Grundsätzlich liege die Zuständigkeit der Bedarfs-<br />

257


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

feststellung beim Fachressort. Die spätere Änderung des Konzeptes durch den Nutzer sei in<br />

der Planungs- und Ausführungsphase nicht abzusehen gewesen.<br />

2.6.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(704) Die beanstandeten Mehrausgaben i. H. v. mindestens 30.000 Euro hätten vermieden<br />

werden können, wenn das Ministerium für Soziales und Gesundheit als zuständiges Fach-<br />

ressort und die damals zuständige Bauverwaltung die überzogenen Bedarfsanforderungen in<br />

der Antragsphase und während der Planung als solche erkannt und korrigiert hätten.<br />

Gemäß RLBau hat der BBL M-V gemeinsam mit dem Nutzer die Bedarfsbeschreibung, ins-<br />

besondere die qualitativen Bedarfsanforderungen für Baumaßnahmen, zu erstellen. Für die<br />

Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist somit in dieser Phase –<br />

neben Nutzer und Nutzerressort – auch der BBL M-V verantwortlich. Er sollte künftig bei<br />

speziellen Baumaßnahmen die Planung und insbesondere die Bedarfsanforderungen des<br />

Nutzers unter Umständen unter Einschaltung neutraler, fachkundiger, nach Möglichkeit öf-<br />

fentlicher Stellen auf Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit prüfen. Auf diese Weise hätte er-<br />

kannt werden können, dass das „Konzept“ des Nutzers insbesondere in Bezug auf routinemä-<br />

ßige Triebwerkwechsel fehlerhaft ist und daher zu nicht notwendigen Bauausgaben führt.<br />

(705) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass die an Baumaßnahmen Beteiligten im Rahmen<br />

der Ermittlung von Baubedarfen sowie der Bestätigung von Planungsunterlagen stärker auf<br />

die Angemessenheit und Notwendigkeit der geforderten Maßnahmen achten. Das Ministerium<br />

für Verkehr, Bau und Landesentwicklung und der BBL M-V sind gehalten, noch konse-<br />

quenter auf zweckmäßige, wirtschaftliche Planungen und deren Ausführung zu achten.<br />

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.<br />

258


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

Einzelplan 15 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr, Bau und<br />

Landesentwicklung<br />

18 Sanierungsträgervergütung<br />

Fast alle Gemeinden haben die Leistungen, die die Sanierungsträger im Zusammenhang<br />

mit der Städtebauförderung erbringen, vergeben, ohne zuvor ein öffentliches Vergabe-<br />

verfahren durchgeführt zu haben. Bei der inhaltlichen Vertragsgestaltung ist die Mehr-<br />

heit der Gemeinden von den Vorgaben des anzuwendenden Muster-Treuhänderver-<br />

trages in Bezug auf die darin enthaltenen Vergütungsregelungen abgewichen. Beides<br />

dürfte die Vereinbarung höherer Sanierungsträgervergütungen begünstigt haben.<br />

Die Zuwendungsfähigkeit der Sanierungsträgervergütung sollte die Höhe von 10 % der<br />

bereinigten Gesamtausgaben der städtebaulichen Gesamtmaßnahme nicht überschrei-<br />

ten.<br />

1 Prüfungsgegenstand<br />

(706) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat die im Rahmen der Städtebauförderung der historischen<br />

Ortskerne im Zeitraum von 1991 bis 2005 entstandene Sanierungsträgervergütung geprüft. Er<br />

hat örtliche Erhebungen im Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung und in 14<br />

ausgewählten Gemeinden durchgeführt. Darüber hinaus hat er an 114 Gemeinden mit inner-<br />

örtlichen Sanierungsgebieten einen Fragebogen übersandt, den 109 Gemeinden beantwortet<br />

zurückgeschickt haben. Neben den Erkenntnissen aus den örtlichen Erhebungen haben die<br />

verwertbaren Angaben der Gemeinden in den Fragebögen in die nachfolgend dargestellten<br />

Prüfungsergebnisse Eingang gefunden.<br />

2 Prüfungsergebnisse<br />

2.1 Vergabe der Sanierungsträgerleistungen<br />

2.1.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(707) In <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> sind insgesamt zehn Sanierungsträger in 114 Ge-<br />

meinden mit innerörtlichen Sanierungsgebieten tätig. Einer von ihnen betreut allein 47 Ge-<br />

meinden (rd. 41 %), andere sind in 22, 17, 14, 9 oder 2 Gemeinden und teilweise nur in einer<br />

259


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Gemeinde tätig. Die überwiegend in den Jahren 1991 bis 1993 von den Gemeinden mit den<br />

Sanierungsträgern abgeschlossenen Treuhänderverträge basieren – mit einer Ausnahme –<br />

nicht auf öffentlichen Ausschreibungen. Das Innenministerium wies mit Erlass vom<br />

02.10.2002 die unteren Rechtsaufsichtsbehörden darauf hin, dass die Beauftragung eines<br />

Sanierungsträgers durch eine Gemeinde einen dem Vergaberecht unterliegenden öffentlichen<br />

Auftrag darstellt. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat festgestellt, dass gleichwohl Gemeinden wei-<br />

terhin Sanierungsträgerleistungen ohne öffentliche Ausschreibung vergaben. Er geht davon<br />

aus, dass die Beauftragung ohne vorhergehende öffentliche Ausschreibung höhere Sanie-<br />

rungsträgervergütungen begünstigt hat.<br />

2.1.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(708) Das Ministerium hat ergänzend darauf hingewiesen, dass auch nach den Städtebau-<br />

förderungsrichtlinien <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> die Einhaltung der vergaberechtlichen Be-<br />

stimmungen gefordert werde. Es sehe sich veranlasst, die am Städtebauförderungsprogramm<br />

beteiligten Gemeinden entsprechend zu informieren und zur Einhaltung aufzufordern. Das<br />

Ministerium werde das LFI bitten, die nach dem 02.10.2002 geschlossenen Verträge einer<br />

gesonderten vergaberechtlichen Prüfung zu unterziehen.<br />

2.1.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(709) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> erwartet, dass nach erfolgter Prüfung auch die förderrecht-<br />

lich gebotenen Konsequenzen gezogen werden. Darüber hinaus hat das Ministerium sicherzu-<br />

stellen, dass die Zuwendungsfähigkeit der Sanierungsträgervergütung künftig nur dann festge-<br />

stellt werden kann, wenn dem Vertragsabschluss mit dem Sanierungsträger ein förmliches<br />

Vergabeverfahren vorausgegangen ist.<br />

2.2 Vertragsinhalte<br />

2.2.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(710) Das zum damaligen Zeitpunkt für die Städtebauförderung zuständige Innenministeri-<br />

um hat im sog. Sanierungsträgererlass 127 festgelegt, dass hinsichtlich der Vertragsgestaltung<br />

127 Erlass des Innenministers vom 14. März 1991 (AmtsBl. M-V 1991 S. 376), geändert durch Erlass vom<br />

14.11.1995 (AmtsBl. M-V S. 1134).<br />

260


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

der dem Erlass als Anlage beigefügte Muster-Treuhändervertrag zugrunde zu legen ist. Dieser<br />

Muster-Treuhändervertrag enthält u. a. Vorgaben zu den Aufgaben und der Vergütung der<br />

Sanierungsträger. Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat festgestellt, dass der überwiegende Anteil der<br />

Gemeinden insbesondere von den Vorgaben des Muster-Treuhändervertrages zu den Vergü-<br />

tungsregelungen abgewichen ist. Er hat das Ministerium gebeten zu prüfen, ob dies zu einer<br />

höheren Sanierungsträgervergütung geführt hat und ob diese förderfähig ist.<br />

2.2.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(711) Das Ministerium hat mitgeteilt, es prüfe derzeit, ob es durch die Abweichungen von<br />

den Vorgaben des Muster-Treuhändervertrages hinsichtlich der Vergütungsregelungen zu<br />

einer Erhöhung der Sanierungsträgervergütung gekommen und ob diese förderfähig ist.<br />

2.2.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(712) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> weist darauf hin, dass gemäß Nr. 3.5 Satz 3 des Sanierungs-<br />

trägererlasses Abweichungen vom Muster-Treuhändervertrag auf begründete Einzelfälle<br />

beschränkt bleiben sollen. Er bittet dies bei der Prüfung zu berücksichtigen.<br />

2.3 Angemessenheit der Sanierungsträgervergütung<br />

2.3.1 Feststellungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(713) Im Zeitraum von 1991 bis 2005 zahlten die Gemeinden Vergütungen i. H. v. insge-<br />

samt rd. 236 Mio. Euro an die Sanierungsträger. Die vereinbarten Anfangsunternehmens-<br />

stundensätze lagen zwischen 32,47 Euro und 70,05 Euro. Die Steigerungsraten der Unter-<br />

nehmensstundensätze im Zeitraum von 1991 bis 2005 liegen zwischen rd. 4 % und rd. 136 %.<br />

Per 2005 betrug der durchschnittliche Anteil der Sanierungsträgervergütung an den bereinig-<br />

ten Gesamtausgaben 128 für innerstädtische Sanierungsgebiete rd. 13,1 %. Berücksichtigt man<br />

ausschließlich die Ostseebäder, liegt er bei rd. 12,8 %.<br />

(714) Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht über die Höhe des Anteils der Sanierungs-<br />

trägervergütung an den bereinigten Gesamtausgaben je Gemeinde per 2005 für die bis 1995<br />

begonnenen Gesamtmaßnahmen.<br />

128 Gesamtausgaben bereinigt um die Sanierungsträgervergütung.<br />

261


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

Tabelle 29: Übersicht zur Höhe der Sanierungsträgervergütung<br />

Anteil der Sanierungsträgervergütung an<br />

den bereinigten Gesamtausgaben in %<br />

Quelle: Eigene Erhebungen.<br />

Anzahl der Gemeinden<br />

bis 8 % 4<br />

über 8 % bis 10 % 16<br />

über 10 % bis 12 % 22<br />

über 12 % bis 14 % 20<br />

über 14 % bis 16 % 20<br />

über 16 % bis 18 % 13<br />

über 18 % bis 20 % 4<br />

über 20 % 7<br />

(715) Die Sanierungsträgervergütung ist im Rahmen der Städtebauförderung zuwendungsfä-<br />

hig, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung steht und<br />

förderungsfähige Maßnahmen betrifft. Das für die Städtebauförderung zuständige Ministeri-<br />

um hatte aufgrund einer Analyse der Sanierungsträgerhonorare im Jahr 1996 im Rahmen der<br />

Sanierungsträgerbesprechung am 22.05.1996 festgelegt, dass „die Kosten für Träger oder Be-<br />

auftragte für eine städtebauliche Gesamtmaßnahme bis maximal 10 v. H. der Gesamtaus-<br />

gaben für die (Gesamt-)maßnahme förderfähig sind. Bei Gemeinden unter 1.000 Einwohnern<br />

und bei Bädergemeinden sind Trägerkosten bis zu 12 % förderfähig“.<br />

(716) Die Prüfung hat gezeigt, dass der Anteil der Sanierungsträgerhonorare an den Ge-<br />

samtausgaben je Sanierungsgebiet bei mehr als der Hälfte der Gemeinden über 10 % liegt, ob-<br />

wohl bereits seit 1996 allen an der Städtebauförderung Beteiligten die maximale Förderfähig-<br />

keit der Sanierungsträgervergütung i. H. v. 10 % bzw. 12 % bekannt ist. Die Gemeinden<br />

müssen ihre Anstrengungen intensivieren, um zu gewährleisten, dass die Sanierungsträgerver-<br />

gütung in der Restlaufzeit reduziert werden kann. Dies würde darüber hinaus dazu führen,<br />

dass ein größerer Teil der Städtebauförderungsmittel für investive Maßnahmen verwendet<br />

werden könnte.<br />

(717) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> hat festgestellt, dass die Gemeinden in den überwiegenden<br />

Fällen die von den Sanierungsträgern in Ansatz gebrachten Unternehmensstundensätze nicht<br />

auf deren Kostendeckungsgrad hin überprüft haben. Des Weiteren prüften die Gemeinden die<br />

von den Sanierungsträgern vorgelegten Abrechnungen nicht immer mit der gebotenen Intensi-<br />

tät.<br />

262


Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode Drucksache 5/1660<br />

(718) Aufgrund seiner Prüfungserkenntnisse hält der <strong>Landesrechnungshof</strong> einen für alle Ge-<br />

meinden gleichermaßen geltenden Anteil von 10 % der bereinigten Gesamtausgaben für aus-<br />

reichend. Ausnahmen für Bädergemeinden oder Gemeinden unter 1.000 Einwohner sind nicht<br />

notwendig.<br />

2.3.2 Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung<br />

(719) Auch das Ministerium sieht die Gemeinden in der Pflicht, die Anstrengungen zur Re-<br />

duzierung der Sanierungsträgervergütung zu forcieren. Es halte daher eine kritische Analyse<br />

der Aufgabenverteilung zwischen Gemeinden und Sanierungsträgern für sinnvoll, um die<br />

kommunale Eigenverantwortung zu stärken. Das Ministerium sei bestrebt, die Gemeinden<br />

über die Möglichkeiten einer weitergehenden Aufgabenzuweisung an die eigene Verwaltung<br />

aufzuklären. Auch sei die Entwicklung der Unternehmensstundensätze der Sanierungsträger<br />

durch die Gemeinden kritisch zu hinterfragen, um ggf. eine vertragliche Anpassung der be-<br />

stehenden Treuhänderverträge zu erreichen. Das Ministerium werde in dieser Hinsicht be-<br />

ratend tätig werden.<br />

(720) Darüber hinaus werde seitens des Ministeriums geprüft, ob eine generelle Pau-<br />

schalierung der Sanierungsträgervergütung vorgenommen werden könne. Eine Pauschalie-<br />

rung biete u. U. die Möglichkeit, wirtschaftlicher und sparsamer mit den bereitgestellten Fi-<br />

nanzhilfen des Bundes und des Landes umzugehen. Daher scheine eine zukünftige generelle<br />

Begrenzung der Sanierungsträgervergütung ein gangbarer Weg zu sein.<br />

2.3.3 Folgerungen und Empfehlungen des <strong>Landesrechnungshof</strong>es<br />

(721) Der <strong>Landesrechnungshof</strong> begrüßt die Absicht des Ministeriums, die Möglichkeit einer<br />

zukünftigen generellen Pauschalierung der Sanierungsträgervergütung zu prüfen und diese<br />

ggf. einzuführen.<br />

Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

263


Drucksache 5/1660 Landtag <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> - 5. Wahlperiode<br />

__________________________________________________________________________<br />

Vom Senat des <strong>Landesrechnungshof</strong>es beschlossen am 27.06.<strong>2008</strong>.<br />

Dr. Schweisfurth Dr. Hempel Dr. Schuelper Dipl.-Ing. Scheeren<br />

Präsident Ministerialdirigent Ministerialdirigent Ministerialdirigent<br />

264

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