Northeimer Zeitschrift für Senioren /20 - Senioren Heute eV
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Wenn eines Tages unsere Sehkraft<br />
nachlässt oder wenn angeborene<br />
Fehlsichtigkeit das Lesen<br />
erschwert, lassen wir uns vom<br />
Augenarzt eine Brille verschreiben,<br />
wählen beim Optiker das<br />
passende Gestell aus, und schon<br />
sehen wir wieder klar. So einfach<br />
ist das.<br />
Doch wie war es früher? – Schon<br />
im Altertum versuchten die Menschen,<br />
mit Hilfe von Glasbruchstücken<br />
ihre Sehkraft zu unterstützen<br />
– ein mühsames Unternehmen.<br />
Viel Zeit verging ohne<br />
erkennbaren Fortschritt in dieser<br />
Richtung, bis man im frühen Mittelalter<br />
begann, Glas mit Sand<br />
und Wasser – natürlich von Hand<br />
– zu schmirgeln und zu schleifen.<br />
Über die Technik der damaligen<br />
Brillenglasherstellung ist wenig<br />
bekannt. Die Linsen wurden wie<br />
Edelsteine bearbeitet, und das<br />
recht einträgliche Geschäft unterlag<br />
strengster Geheimhaltung.<br />
So war es z.B. in Venedig, einem<br />
Zentrum der mittelalterlichen Brillenglasherstellung,<br />
streng verboten,<br />
dass gelernte Arbeiter auswanderten.<br />
Kehrte ein solcher<br />
trotz Aufforderung nicht zurück,<br />
wurden seine nächsten Verwandten<br />
ins Gefängnis geworfen, bis<br />
es gelang, den Entflohenen zu töten.<br />
Recht raue Sitten!<br />
Aus Frankreich sind brauchbare<br />
Abbildungen über die Arbeitsweise<br />
einer Linsenpoliermaschine<br />
erhalten und von Isaak Newton<br />
die Vorgehensweise so beschrieben<br />
worden: „Man klebte das<br />
Glasstück mit einem Gemenge<br />
aus Pech, Harz, Kreide, Wasserglas<br />
und Branntwein an den<br />
Griff. Seine Ecken wurden mit<br />
einer Zange bearbeitet, bis es<br />
so rund wie möglich war. Dann<br />
wurde es in einer eisernen flachen<br />
Schale mit senkrechtem<br />
Rand kreisförmig bearbeitet, in<br />
einer Schleifschale mit Sand und<br />
Wasser kugelig geschliffen. Mit<br />
Stundenglassand und durch genau<br />
vorgeschriebene Drehung<br />
und Bewegung der Linsen inner-<br />
Von der Glasscherbe zur Brille<br />
Text und Foto: Dagmar Fricke<br />
halb der Schale wurde das Glas<br />
glatt wie Elfenbein. Dann erfolgte<br />
mit „Englischer Erde“ oder „Zinn-<br />
Asche“ das Polieren.<br />
Die Qualität der Linsen war jedoch,<br />
da vom Geschick des Optikers<br />
abhängig, nicht immer zu -<br />
friedenstellend, zudem war die<br />
Herstellung wegen des entstehenden<br />
Glasstaubes äußerst gefährlich<br />
<strong>für</strong> die Lungen der Arbeiter.<br />
Doch immer gibt es gescheite,<br />
ehrgeizige Menschen, die mit<br />
Erfindungen die Entwicklung der<br />
Technik vorantreiben. Ein solcher<br />
war der am . . 767 in Rathenow<br />
als Sohn eines Predigers geborene<br />
Johann Heinrich August Dunkker.<br />
Vielseitig interessiert begann<br />
er, mit selbst gefertigten Werkzeugen<br />
Linsen zu schleifen und<br />
Mikroskope zu bauen. Schließlich<br />
konstruierte er eine Vielschleifmaschine,<br />
die es ermöglichte,<br />
Gläser gleichzeitig zu bearbeiten.<br />
Durch Nassschliff wurde auch<br />
die Gesundheitsgefährdung minimiert.<br />
Mit dieser Maschine, die<br />
von Kindern bedient wurde, konnten<br />
nun alle Arten von Gläsern -<br />
konkave, konvexe und mikroskopische<br />
- so geschliffen werden,<br />
dass keine <strong>für</strong> das Auge nachteilige<br />
Strahlenbrechung entstand.<br />
Allerdings musste noch per Hand<br />
die Kurbel gedreht werden, um<br />
die Schleif- und Polierspindeln<br />
anzutreiben. Später konnte dieses<br />
mit Pferde- oder Wasserkraft<br />
bewerkstelligt werden, doch die<br />
Bearbeitung des Glases zeigt in<br />
den Grundzügen Schritte, die bis<br />
vor einem halben Jahrhundert in<br />
der Optik üblich waren.<br />
Gleichzeitig mit der Patentierung<br />
seiner Maschine erhielt Duncker<br />
im März 80 die Konzession <strong>für</strong><br />
die „Königlich privilegierte Optische<br />
Industrie-Anstalt zu Rathenow“.<br />
Im oberen Stockwerk eines<br />
Hauses wurde in vier Zimmern<br />
die Glasschleiferei eingerichtet.<br />
Schlämmerei <strong>für</strong> Schleifsand und<br />
Schmirgel waren auf dem Hof<br />
untergebracht, im Predigerhaus<br />
arbeiteten zwei Drechsler. Für uns<br />
heute unvorstellbar, doch wurde<br />
hier Entwicklungsgeschichte geschrieben.<br />
Etwa 50 Jahre nach Gründung<br />
der Optischen Industrie-Anstalt<br />
eröffnete Carl Zeiss in Jena eine<br />
kleine optische Werkstatt. Er<br />
konzentrierte sich zunächst auf<br />
den Bau von Lupen-Mikroskopen,<br />
später dann von zusammengesetzten<br />
Mikroskopen. Daraus<br />
entwickelten sich Foto-Objektive,<br />
Messgeräte und Fernrohre.<br />
In Rathenow entstanden bis zur<br />
Jahrhundertwende über 50 kleine<br />
so genannte „Waschküchenbetriebe“,<br />
die sich alle mit der<br />
Optik befassten.<br />
<strong>Heute</strong> ist die Technik in allen Bereichen<br />
der Optik hoch entwickelt<br />
und wird als selbstverständlich<br />
hingenommen. Wir sollten jedoch<br />
auch mal ca. <strong>20</strong>0 Jahre zurückschauen,<br />
wenn wir uns als „Sehhilfe“<br />
die Brille auf die Nase setzen.<br />
Aus: Braunschweiger Journal<br />
Volltreffer!<br />
Ein Nagel sollte in die Wand;<br />
er krümmte sich vor Schmerzen<br />
an Fingern einer rohen Hand.<br />
Das sah der Hammer;<br />
gleich empfand er<br />
Mitleid mit dem Erzen.<br />
Er fasste mitten im Geklopf<br />
mit ungeheurem Schwinger<br />
flugs die Gelegenheit beim Schopf<br />
und traf den Nagel auf dem Kopf<br />
– am Finger.<br />
*****<br />
Die gefährlichste Weltanschauung<br />
ist die Weltanschauung derjenigen,<br />
die die Welt nie angeschaut<br />
haben.<br />
Alexander v. Humboldt