Northeimer Zeitschrift für Senioren /20 - Senioren Heute eV
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Bewegungsmangel, übermäßiger<br />
Alkoholkonsum, Schilddrüsenerkrankungen,<br />
zu fetthaltige Ernährung.<br />
Daraus abgeleitet werden die<br />
bekannten, aber zu wenig beachteten<br />
Ratschläge zur Vorbeugung:<br />
Die grauen Zellen auf Trab<br />
halten! (Siehe dazu unseren Beitrag<br />
"Wer rastet,a der rostet" in<br />
dieser <strong>Zeitschrift</strong>.) „Es gibt zahlreiche<br />
Hinweise darauf, dass ein<br />
oft und immer wieder aktiviertes<br />
Gehirn weniger schnell an einer<br />
Demenz erkrankt als ein untrainiertes.<br />
Das Gehirn zu fordern<br />
und zu trainieren regt es an, immer<br />
wieder neue Zellen zu bilden,<br />
neue Informationen aufzubauen<br />
und somit seine Kapazitäten zu<br />
erhalten und zu erweitern …<br />
Es gibt viele Trainings-Möglichkeiten<br />
dieser Art: Lesen, Musik<br />
hören, Kreuzworträtsel lösen,<br />
sich in einem Ehrenamt engagieren<br />
… soziale Kontakte zu pflegen<br />
…” Sie lesen sich beinahe<br />
wie die Ziele und Angebote des<br />
Vereins „<strong>Senioren</strong> heute”.<br />
Der über 0 Seiten umfassende<br />
Abschnitt<br />
Therapie<br />
beginnt: Degenerative Demenzerkrankungen,<br />
bei denen die Gehirnzellen<br />
und damit auch die<br />
geistigen Fähigkeiten abnehmen,<br />
kann man zurzeit nicht heilen.<br />
Das Absterben der Nervenzellen<br />
im Gehirn lässt sich mit den heutigen<br />
Medikamenten nicht aufhalten.<br />
Mit der zur Verfügung stehenden<br />
medikamentösen Therapie<br />
soll versucht werden, zwei Ziele<br />
zu erreichen: Es sollen einerseits<br />
die kognitiven Einbußen vermindert<br />
bzw. verzögert werden. Dazu<br />
dienen die Antidementiva.<br />
Andererseits müssen die häufig<br />
vorhandenen Begleiterscheinungen<br />
behandelt werden, wie z.B.<br />
Depressionen, Unruhe und psychotische<br />
Störungen.<br />
Unwissenschaftlich ausgedrückt<br />
bedeutet das, dass man versucht,<br />
den Teufel mit dem Belzebuben<br />
auszutreiben.<br />
Der Patient bzw. seine Pflegepersonen<br />
müssen wissen, dass<br />
die Einnahme von Antidementiva<br />
nur helfen kann, die Verschlech-<br />
terung abzubremsen. Wenn der<br />
Zustand gleich bleibt oder leichte<br />
Verbesserungen auftreten,<br />
spricht das schon <strong>für</strong> die Wirksamkeit<br />
des Medikaments.<br />
Insgesamt kann über die Behandlung<br />
mit Medikamenten gesagt<br />
werden, dass eine Heilung (noch)<br />
nicht möglich ist, die Entwicklung<br />
jedoch verlangsamt werden kann,<br />
wichtige Kompetenzen länger erhalten<br />
werden können.<br />
Der letzte Teil des Buches trägt<br />
die Überschrift<br />
Selbsthilfe<br />
und wendet sich in erster Linie<br />
an die Angehörigen der Demenzkranken.<br />
In diesem Kapitel findet der Leser<br />
Hilfe und Anregungen zur<br />
Gestaltung des Alltags. Gegenwärtig<br />
werden etwa 90 % der<br />
Demenzkranken von Angehörigen<br />
gepflegt, 80 % von Frauen,<br />
in erster Linie von Töchtern und<br />
Schwiegertöchtern. Diese Tatsache<br />
gehört zu den großen Familienleistungen<br />
unserer Zeit. Es<br />
muss aber auch entschieden<br />
einem sprachlichen Klischee entgegengetreten<br />
werden: In Zeitungsberichten<br />
und Sonntagsreden<br />
werden die Begriffe Alten-<br />
und Pflegeheim leichtfertig und<br />
gedankenlos mit dem Verb „abschieben”<br />
verbunden.<br />
Die Einweisung eines nahen Angehörigen<br />
in ein Heim ist oftmals<br />
eine an die Pflegenot einer Familie<br />
und die Zustandsnot eines Patienten<br />
wendende unbedingt erforderliche<br />
Maßnahme.<br />
Es kann nicht die Aufgabe dieser<br />
Buchempfehlung sein, hier alle<br />
Hilfsmaßnahmen <strong>für</strong> pflegende<br />
Angehörige wiederzugeben ... Einige<br />
Stichworte sollen sie andeuten:<br />
Die Kommunikation anpassen,<br />
d. h. Verständigungsprobleme<br />
umschiffen, vermeintliche Kritik<br />
überhören und lernen, wie man<br />
auf Aggressionen reagiert ...<br />
Noch einmal zusammenfassend:<br />
Ein <strong>für</strong> alle direkt oder indirekt<br />
betroffenen Menschen ein lesenswertes<br />
Buch – auch <strong>für</strong> Aussprache<br />
in Selbsthilfegruppen.<br />
Ha.<br />
Zu dem Buch „Letzte Tage mit meinem Vater”<br />
Über Entstehung und Verlauf einer<br />
Demenzerkrankung haben<br />
Wissenschaftler ausführlich berichtet,<br />
Diagnoseverfahren geben<br />
Auskunft über die Entwicklung,<br />
an Heilmitteln wird – bisher ohne<br />
großen Erfolg – gearbeitet. Wie die<br />
Familienmitglieder, vor allem aber<br />
wie der betroffene Mensch seine<br />
Krankheit erlebt, erfahren wir nur<br />
selten. Auf einen besonderen Bericht<br />
wollen wir hinweisen.<br />
In dem Buch „Letzte Tage mit<br />
meinem Vater” (Knesebeck-Verlag<br />
<strong>20</strong> 0) zeigt der Fotokünstler<br />
Phillip Toledano auf 80 Bildern<br />
seinen Vater, auch zusammen<br />
mit Angehörigen und der häuslichen<br />
Umgebung.<br />
Toledano ist ein sehr einfühlsamer<br />
Sohn und ein großer Fotokünstler.<br />
Die Bilder sind in ein<br />
etwas kühles, milchiges Licht getaucht,<br />
oft mit einem Weichzeichner<br />
aufgenommen und strahlen<br />
Wärme aus.<br />
Die Texte erklären nicht nur die<br />
Situation, sondern berühren wie<br />
die Bilder den Betrachter und<br />
Leser: Der Vater erzählte immer<br />
gern und ausführlich. Der Sohn<br />
bittet ihn, eine Geschichte zu erzählen<br />
– und der Vater „erwacht”,<br />
in Worten, Mimik und Gestik.<br />
Der Vater hört gern von den Erfolgen<br />
seines Sohnes, und wenn<br />
der Vater wieder einmal sehr bedrückt<br />
erscheint, „zaubert der<br />
Sohn eine florierende Karriere<br />
aus dem Hut.” - Das Ende: „Ich<br />
verbrachte die ganze Nacht an<br />
seinem Bett, hörte ihm beim Atmen<br />
zu, fragte mich, wann er seinen<br />
letzten Atemzug tun würde.<br />
Er starb zu Haus in seinem Bett.<br />
Carla und ich waren bei ihm. Die<br />
letzten drei Jahre habe ich mit<br />
Warten zugebracht, aus Angst,<br />
nicht da zu sein, wenn er sterben<br />
würde.Miterleben, einfühlsame<br />
Anteilnahme, verbunden<br />
mit künstlerischer Distanz, geben<br />
einen anrührenden Einblick in die<br />
Krankheit und die Beziehungen<br />
in der Familie.<br />
(Nach „fotoforum” 3/<strong>20</strong>10) Ha.<br />
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