Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker
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18 Die Aufführungsgeschichte<br />
so benannten „Bruckner-Stadt“ München statt<br />
und wartete gleich mit einer Sensation auf. Franz<br />
Schalk, neben Ferdinand Löwe der einflussreichste<br />
Bruckner-Schüler und nach dessen Tod (1925)<br />
unbestrittener Bürge für Authentizität in der Interpretation<br />
des Bruckner’schen Werkes trat am<br />
27. Oktober 1930 ans Pult der <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>.<br />
Auf dem Programm standen die 6. und<br />
5. Symphonie. Obwohl Schalk sich prinzipiell gegen<br />
die „Kritische Gesamtausgabe“ und damit<br />
gegen die Publikation der Originalfassungen ausgesprochen<br />
hatte, trat er im Fall der „Sechsten“<br />
für eine zumindest in Ansätzen rekonstruierte Originalfassung<br />
ein. Die Tonhalle konnte die dem<br />
Ereignis entgegenfiebernden <strong>Münchner</strong> Musikfreunde<br />
kaum fassen. Die anfängliche Schüchternheit<br />
der Musiker und einige Unsicherheiten in den<br />
Bläsern an exponierten Stellen waren bald vergessen.<br />
Für Oskar von Pander („<strong>Münchner</strong> Neueste<br />
Nachrichten“) war Franz Schalk das Gegenteil<br />
eines Schaudirigenten. Er sah ihn als einen<br />
vollkommen sachlichen Musiker, „der durch das<br />
Zurückstellen jeglicher individueller Eitelkeiten<br />
(z. T. sogar künstlerischer Ausdruckmöglichkeiten)<br />
in besonderem Maße geeignet erscheint zur Weiterführung<br />
dessen, was man im bejahenden Sinne<br />
,Tradition‘ nennt“. Zumindest eigenartig, wenn<br />
nicht gar Unsicherheit verratend, erscheint von<br />
Panders Bemerkung, dass es bei der „Sechsten“<br />
nicht immer allein mit dem „natürlichen Spielen“<br />
gemacht sei. Seiner Meinung nach müsste diese<br />
Symphonie an vielen Stellen klanglich stark retuschiert<br />
werden, um ihre letzten Geheimnisse<br />
zu enthüllen.<br />
Erste Aufführung der<br />
Originalfassung<br />
Auch bei der <strong>Münchner</strong> Erstaufführung der Originalfassung<br />
am 27. März 1936 wurde die Frage<br />
nach der mangelnden Präsenz der „Sechsten“ im<br />
Vergleich zu den anderen Symphonien gestellt.<br />
Warum der damalige philharmonische Chef Siegmund<br />
von Hausegger und Vorstandsmitglied der<br />
Bruckner-Gesellschaft diese Erstaufführung dem<br />
zweiten Dirigenten des Orchesters, Adolf Mennerich<br />
überlassen hat, ist nicht überliefert. Immerhin<br />
hatte Hausegger mit der Uraufführung<br />
der „Neunten“ und „Fünften“ in deren Originalfassungen<br />
einen Meilenstein in der Rezeption der<br />
Bruckner’schen Symphonik gesetzt. Wahrscheinlich<br />
war ihm die „Sechste“ in diesem Kontext<br />
nicht spektakulär genug. Das von Mennerich dirigierte<br />
„vorbildlich schöne“ („<strong>Münchner</strong> Neueste<br />
Nachrichten“) Programm des Abends war sehr<br />
beziehungsreich zusammengestellt. In dem 19.<br />
Volkssymphonie-Konzert, also keinem großen<br />
Abonnement-Konzert wie sonst bei Ur- oder Erstaufführungen,<br />
erklang zunächst Hans Pfitzners<br />
Ouvertüre zu Kleists „Käthchen von Heilbronn“,<br />
danach Max Regers Chorwerk „An die Hoffnung“<br />
op. 124. Den Beschluss bildete Bruckners 6. Symphonie.<br />
Die Programmwahl fand einhellige Zustimmung.<br />
Eine mit „dkl.“ gezeichnete Kritik im<br />
„Völkischen Beobachter“ betonte die „verbindenden<br />
Linien“, die wohl erst in einer späteren Zeit<br />
als charakteristische Einheit empfunden werden<br />
dürften. Sie formulierte sogar die Möglichkeit,<br />
dass bei einem tieferen Verständnis für das Werk<br />
Bruckners auch die Auseinandersetzung mit Pfi tzner<br />
und Reger rascher vor sich gehen würde. Beide<br />
zitierten Rezensenten hatten sich auf die bisherige<br />
Rezeptionsgeschichte der „Sechsten“ gut