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Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker

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24<br />

Philharmonische<br />

Blätter<br />

Wie führt man die<br />

Jugend an die klassische<br />

Musik, um<br />

ein Publikum für die<br />

Zukunft zu haben?<br />

Letztlich: indem man<br />

sie überzeugt. Wir<br />

erinnern uns an die ewigen Klagen, die heutigen<br />

Kinder würden nicht lesen, und dann kam Harry<br />

Potter und sie lasen achthundert Seiten in drei<br />

Tagen. Es geht also, wenn das Angebot stimmt<br />

und Herz, Kopf, Seele erreicht, und das gilt für<br />

die Musik wie für die Bücher: wenn die Qualität<br />

der Musik hoch ist, wenn eine Geschichte dahinter<br />

steckt, die man den Kindern vorher erzählen<br />

kann – zum Beispiel bei Saint-Saëns‘ „Karneval<br />

der Tiere“, dann ist schon eine große Hürde genommen.<br />

Und letztlich kommt es auch auf die Eltern an,<br />

die Kinder in Oper und Konzert mitzunehmen- und<br />

wenn man dann das richtige Hörfutter anbietet,<br />

ist es geschehen: sie wollen mehr. Fast alle großen<br />

Bühnen und Orchester buhlen inzwischen mehr oder<br />

weniger geschickt um die jungen Zuhörer. Das ist<br />

gut so, denn nicht nur brauchen wir das Publikum<br />

für die Zukunft, sondern die Musik hat schließlich<br />

etwas anzubieten: sie erreicht die jungen Hörer,<br />

wenn sie noch weich und formbar sind, und das<br />

kann ein Geschenk fürs ganze Leben sein. Ich bin<br />

vor Jahren mit einem jungen Punkmusiker in sein<br />

erstes klassisches Konzert gegangen. Er liebte Musik,<br />

spielte selbst Gitarre, und nun auf einmal Beethoven,<br />

Wagner, Brahms – „Was für eine geile<br />

Auftakt<br />

Ist unser Konzertpublikum zu alt ?<br />

Die Kolumne von Elke Heidenreich<br />

Band“, fl üsterte er mir zu. Die Hingabe der Musiker<br />

auf der Bühne übertrug sich auf ihn, und wenn das<br />

geschieht, ist es egal, ob eine Sinfonie, ein Quartett<br />

oder Popmusik gespielt wird: wenn es uns anrührt<br />

und mitreißt, sind wir für die Musik gewonnen,<br />

und das passiert bei Kindern und Jugendlichen<br />

leichter als bei Erwachsenen. André Heller erzählt<br />

über seine erste Begegnung mit klassischer Musik,<br />

wie die Lehrerin im Mai 1953 – da ist er sechs<br />

Jahre alt – die Kinder wieder nach Hause schickt,<br />

weil ein Mitschüler gestorben ist. Sie sollen trauern,<br />

und der kleine André fragt, wie das geht. Sie<br />

rät, Musik zu hören: „Schließt die Augen und lasst<br />

die Töne in euch eindringen wie Farbe ins Löschpapier.<br />

Mir ordnet das immer die Gedanken, vielleicht<br />

geht es euch auch so. Es ist auf jeden Fall einen<br />

Versuch wert.“ Er geht nach Hause und hört<br />

Musik, mit seiner kleinen, erschütterten Kinderseele,<br />

und das, schreibt er, wurde ein Heilmittel<br />

für sein ganzes Leben, wobei sich die Musik durchaus<br />

änderte: „Aber seit etwa fünfundzwanzig Jahren<br />

reagiere ich jedes Mal, wenn ich eine unangenehme<br />

oder problematische Nachricht erhalte,<br />

zunächst damit, so rasch wie irgend möglich ein<br />

Schubert-Impromptu zu hören. (…) Diese Klänge<br />

kühlen verlässlich meinen Schreck, meine Verzweifl<br />

ung, die Wut oder die Enttäuschung ab und<br />

weisen Wege zurück ins Gleichgewicht.“ Im festlichen<br />

Zauber des Konzertsaals funktioniert das<br />

noch besser als zu Hause. Sie sitzen wahrscheinlich<br />

gerade dort, während Sie dies lesen. Lassen<br />

Sie den Zauber zu.

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