05.02.2013 Aufrufe

Festschrift zur Eröffnung des Neubaus - Montessori Gemeinschaft ...

Festschrift zur Eröffnung des Neubaus - Montessori Gemeinschaft ...

Festschrift zur Eröffnung des Neubaus - Montessori Gemeinschaft ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

30<br />

Interview mit<br />

Christine Dietzinger<br />

Leitung der Mohnblumengruppe<br />

Christine, wie hat sich in Deinen Augen das<br />

<strong>Montessori</strong>-Kinderhaus seit seiner Gründung vor<br />

18 Jahren verändert?<br />

Am Anfang <strong>des</strong> Kinderhauses stand die<br />

Elterninitiative, die es gegründet hat, im<br />

Mittelpunkt. Alles war noch wenig strukturiert, es gab keine Hierarchien,<br />

die Eltern mischten überall mit und waren sehr nah am Geschehen dran.<br />

Die Atmosphäre war äußerst familiär, und die Erzieher waren ein Teil der<br />

Elternschaft. Das Kinderhaus ist heute professioneller und organisierter<br />

in vielen Bereichen. Zu Beginn waren die Gruppen mit 15 Kindern pro<br />

Gruppe deutlich kleiner und dauerten weniger lang. Die Kinder kamen<br />

auch erst später in den Kindergarten, ungefähr mit vier Jahren.<br />

Die ersten Eltern schickten ihre Kinder zu uns vor allem wegen der<br />

<strong>Montessori</strong>-Pädagogik. Das spielt heute natürlich auch noch eine große<br />

Rolle, aber ich habe den Eindruck, dass sich die meisten Eltern, die jetzt<br />

zu uns kommen, bewusst für einen besonderen Weg für ihre Kinder entscheiden<br />

und ihnen gute Chancen mit auf den Weg geben wollen, so<br />

interessieren sie sich für Alternativen wie zum Beispiel die <strong>Montessori</strong>-<br />

Pädagogik. Erst nachdem sie sich näher mit unserem Haus beschäftigt<br />

haben, merken sie, dass <strong>Montessori</strong> ihrer Pädagogik entspricht.<br />

Natürlich kommen inzwischen viele Familien auch auf Empfehlung, und<br />

Mund-zu-Mund-Propaganda tut ihr übriges.<br />

Wesentlich war für die ersten Eltern, die ihre Kinder ins Kinderhaus<br />

brachten, dass sich ihre Kinder hier frei entfalten konnten. Die Aspekte<br />

der <strong>Montessori</strong>-Pädagogik wie „Freispiel“, „Freiarbeit“ und der innere<br />

Baumeister standen im Mittelpunkt. Jegliche Grenzen wurden von den<br />

Eltern an endlosen Elternabenden hinterfragt. Disziplin war ein Unwort.<br />

Ich denke, die damaligen Eltern waren deutlich mehr von der antiautoritären<br />

Erziehung geprägt. Heutzutage erwarten die Eltern<br />

anders als früher hinter allem ein pädagogisches Programm.<br />

Einfaches Spielen im Kindergarten reicht nicht mehr aus. Insofern<br />

hat sich die Gesellschaft meiner Meinung nach verändert. Die<br />

Kinder werden immer früher gefördert, auch schon vor dem<br />

Kindergarten. Sie haben viel mehr Angebote außerhalb <strong>des</strong><br />

Kindergartens, und der Kindergarten steht nicht mehr so im<br />

Zentrum ihres Lebens wie früher. Diese gesellschaftlichen<br />

Veränderungen wirken sich auf die Kinder aus, die sich eigentlich<br />

nicht verändern, sondern immer gleich sind. Wir haben jetzt viele<br />

Kinder, die nicht mehr gerne spielen, sondern warten, was ihnen<br />

angeboten wird oder sich allem entziehen. Ich führe das auf dieses<br />

Überangebot für sie <strong>zur</strong>ück. Ich habe auch den Eindruck,<br />

dass viele junge Eltern verunsichert sind, was sie machen müssen,<br />

um ihr Kind richtig zu fördern.<br />

Außerdem fällt mir auf, dass die Kinder früher länger nur in den<br />

Familien waren und sich die Familien ausschließlich selbst um die<br />

Erziehung kümmern wollten. Im Gegensatz dazu geben Eltern<br />

heute ihre Kinder gerne früh in die Hände von Fachleuten und<br />

legen Wert darauf, ihr eigenes Leben weiterzuleben und sich von<br />

ihren Kindern nicht so vereinnahmen zu lassen.<br />

Ich finde es sehr schön, nun schon im 17. Jahr hier zu arbeiten,<br />

diese Veränderungen zu beobachten und Kinder über einen so<br />

langen Zeitraum begleiten zu können. Für mich ist der<br />

Kindergarten ein Spiegel der Gesellschaft, wo der Grundstein für<br />

das Leben der Kinder gelegt wird. Wir sitzen hier am Beginn der<br />

Zukunft, und es ist spannend zu beobachten, wie sich die Kinder<br />

dann weiterentwickeln. Nach meiner Erfahrung behalten sie vor<br />

allem die sozialen Kompetenzen, die sie hier üben, für ihr restliches<br />

Leben bei.<br />

Wir danken Christine für ihre Zeit für uns!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!