05.02.2013 Aufrufe

PDF 35.756kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

PDF 35.756kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

PDF 35.756kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Reihermodel und Wachsfiguren spielen hierbei die Rolle von Identifikationsträgern und Grabbeigaben<br />

für ein jenseitiges Geschehen (s. § 7.8.2.; § 7.8.4.). Aus dem Ablauf dieser Neugeburt ließ sich ein<br />

„Modell der Transformation“ herausarbeiten, in dem die verschiedenen Phasen und das Endziel der<br />

Transformation verdeutlicht werden (s. § 7.8.3.). Als besonders spannend stellte sich die Auseinandersetzung<br />

mit den Quellen des magisch-religiösen Handlungskontextes dar (s. § 7.11.). Die<br />

Identifikation des Magiers mit dem transzendenten Weltgott als „Mann von Millionen (Ellen)“ über<br />

den bnw-Reiher, in pChester Beatty VII (pBM 10687), Rto. 5, 2 – 5 und im Ostrakon Deir el Medineh<br />

1212 (Inv. 2197), Rto. 4 – 5, verdeutlicht ein erstaunliches Phänomen der Weseneinheit von Mensch<br />

und überirdischem Sein.<br />

Die Betrachtung des vielsagenden Namens des Hwt-bnw und des Hwt-bnbn erwies sich in der Folge als<br />

sehr mühsam und in seiner Aussagekraft letztendlich ohne weitreichende Resultate (s. § 8.2.). Weder<br />

durch archäologische Befunde noch durch textuelle Erklärungen konnten hier Erkenntnisse über die<br />

rituelle und religiöse Funktion des bnw-Reihers in diesem Heiligtum konkretisiert werden. Genauso<br />

wenig lassen sich die exakten religiösen und liturgischen Hintergründe erklären, weshalb der bnw-<br />

Reiher mit der Trt-Weide und dem jSd-Baum verbunden wurde (s. § 7.7.2.; § 8.3.).<br />

Origenell wirken indessen die Personennamen und Titel, die den bnw-Reiher enthalten, indem sogar<br />

mehrere Mitglieder einer Familie dessen Namen trugen (s. § 8.4.).<br />

Bei der Beziehung der Reiher zu Osiris sind in erster Linie Textquellen ab dem Neuen Reich mit dem<br />

bnw-Reiher ausschlaggebend, die in der ptolemäischen Zeit unter anderem die Auferstehungsliturgien<br />

und „Erhebe dich !“ – Litaneien für Osiris thematisieren (s. § 9.1. – 9.3.). Die astronomischen Quellen<br />

bezeugen die Beziehung zur Venus als Morgenstern, die zum einen nTr-dwAw heißen kann (s. § 9.4.1.),<br />

und zum anderen innerhalb der astronomischen Listen als DA-baH oder DA-bnw bezeichnet wird (s.<br />

9.4.2.). In den astronomischen Listen hat die Venus einen starken Bezug zu Osiris und kann bildlich<br />

als Reiher dargestellt werden. Astronomische Bezüge zu Sothis und zum Mond ließen sich gleichfalls<br />

nachweisen (s. § 9.4.3.), allerdings sind auf diese wie bei der Beziehung zum Planeten Venus die in<br />

der Antike genannten Phönixperioden nicht übertragbar. 3<br />

Das exzeptionellste aller Themen war indessen die Aspektsynthese und die Vereinigung von Re und<br />

Osiris durch den bnw-Reiher (s. § 10.1. -§ 10.2.). Osiris und Re, als Herren als Herren der nHH- und<br />

der Dt-Ewigkeit, vereinigen diese beiden gegensätzlichen Aspekte der Unendlichkeit, was durch die<br />

beiden rwtj-Löwen mit Horizontscheibe und dem bnw-Reiher bildlich dargestellt wird (s. § 10.1.2.).<br />

Bei der Vereinigung von Osiris mit Re spielt der bnw-Reiher die Rolle eines Mediums, das diese<br />

beiden Götter in sich verbindet, und an dessen Schicksal auch der Mensch teilhaben möchte. Die im<br />

Mysterium dieser Vereinigung enthaltenen Kräfte gewähren dem Verstorbenen die Neugeburt und die<br />

Kontinuität seines eigenen Seins, wodurch er im Jenseits Erneuerung und Ganzheit erlangt. Der<br />

einschneidenden Bedeutung des bnw-Reihers im Zusammenhang mit der Vereinigung von Re mit<br />

Osiris ist bisher kaum Beachtung beigemessen worden. Sie kann zusammen mit allen anderen<br />

religiösen und alltäglichen Funktionen der Reiher weiterführende Hinweise auch für andere<br />

Handlungsträger innerhalb der altägyptischen Religion liefern.<br />

Ein kurzer Überblick über die Forschungsgeschichte läßt das starke Interesse an diesem Sujet<br />

erkennen. Bisher wurden allerdings alle Reiherarten unter der antiken Bezeichnung „Phönix“<br />

subsumiert. Die erste ausführliche Abhandlung über den „Phönix“ stammte von R.T. Rundle-Clark im<br />

University of Birmingham Historical Journal Vol. II No. I aus dem Jahre 1949. 4 Rundle-Clark bot den<br />

ersten Einblick in das vielfältige Material, wobei manche seiner Übersetzungen aus dem damaligen<br />

Umgang mit Textmaterial entsprechen und in der deraus resultierenden Interpretation nicht haltbar<br />

sind. 5 Roelof van den Broek publizierte 1971 die Monographie „The Myth of the Phoenix“, in deren<br />

ersten Teil er einige der ältägyptischen Quellen mit dem bnw-Reiher, und einen koptischen Text,<br />

3 Dieses so vermutet bei: Mahler, Eduard, »Die Sothis und die Phönixperiode bei den Alten Ägyptern«, in: ZÄS<br />

28, 1890, 115 - 124; Borchardt, Ludwig, »Die Annalen und die zeitlliche Festlegung des Alten Reiches der<br />

ägyptischen Geschichte, 10. Hundsterndaten aus der 1. und 2. Dynastie«, in: Quellen und Forschungen zur<br />

Zeitbestimmung der Ägyptischen Geschichte Bd. 1, Berlin, 1917, 51 - 59; van den Broek, The Myth, 14 – 32, 22<br />

mit Anm. 3 – 4, 23 mit Anm.1, 24 – 32, 67 – 76, 132 – 145; Kákosy, »Phönix«, 1033 – 1034, (VI.), Anm.68 –<br />

74; Belluccio, »Mythe du Phénix«, 25, (2.1.).<br />

4 Rundle-Clark, »Origin I - II«, 1 – 30, 105 – 140.<br />

5 Rundle-Clark, »Origin I«, 14, 7), wollte beispielsweise den bnw-Reiher in PT Spruch 600 § 1652 b erkennen,<br />

wohingegen schon Frankfort, in Kingship, 153, den Text ohne den bnw-Reiher übersetzte (s. § 4.4.2.).<br />

8

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!