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DAS THEMA MEMBRANTECHNIK<br />

Zusätzliche Rolle für Membrantechnik<br />

Nutzung alternativer<br />

Wasserressourcen<br />

Christian KAZNER; Rita HOCHSTRAT; Thomas WINTGENS;<br />

Süleyman YÜCE; Thomas MELIN<br />

Eine Reihe wiederkehrender extremer<br />

Trockenperioden in Südeuropa<br />

haben seit den 90er Jahren<br />

die begrenzte Verfügbarkeit von Was -<br />

serressourcen aufgezeigt (EEA, 2007<br />

/6/). Auch in gemäßigten Klimaten führte<br />

der Rekordsommer 2003 durch Einbußen<br />

in der Landwirtschaft und Einschränkungen<br />

in der Kühlwasserentnahme<br />

zu geschätzten wirtschaftlichen<br />

Gesamtverlusten von 8,7 Mrd. Euro (EK,<br />

2007, /5/).<br />

Wasserversorgung vor<br />

neuen Aufgaben<br />

Eine Übersichtsstudie der Europäischen<br />

Kommission aus dem Jahr 2007 stellt<br />

fest, dass 33 Flusseinzugsgebiete in Eu -<br />

ropa von Wasserknappheit betroffen sind,<br />

was 11 % des EU-Gebiets und 17 % der<br />

EU-Bevölkerung entspricht (EK, 2007,<br />

/5/).<br />

Die akuten Auswirkungen von Wasserknappheit<br />

zeigten sich neuerlich im<br />

Sommer 2008, als Barcelona über mehrere<br />

Wochen per Tankschiff mit Trinkwasser<br />

aus Frankreich und aus Meerwasserentsalzungsanlagen<br />

im Süden des<br />

Landes versorgt wurde. Noch dramatischer<br />

stellte sich im gleichen Jahr die Situation<br />

auf Zypern dar, wo nach Jahren<br />

mit ungenügendem Niederschlag sämtliche<br />

Trinkwassertalsperren trocken gefallen<br />

waren und die Insel über Monate<br />

Trinkwasser aus Griechenland importierte<br />

– ebenfalls per Tankschiff.<br />

In Küstenregionen wird die Situation<br />

häufig dadurch erschwert, dass durch<br />

übermäßige Entnahme von Grundwasser,<br />

Salzwasser in die küstennahen Grundwasserleiter<br />

eindringt und diese für viele<br />

Nutzungen unbrauchbar macht oder zumindest<br />

eine aufwändigere Wasseraufbereitung<br />

erforderlich wird.<br />

Belastete Ressource: Die Membrantechnik wird<br />

weltweit zunehmend fester Bestandteil von<br />

Projekten der Wasserwiedergewinnung.<br />

Selbst dort, wo genügend Wasser verfügbar<br />

ist, enthält es oftmals pathogene Keime,<br />

die das Hauptrisiko für die direkte<br />

oder indirekte Verwendung in fast allen<br />

Wassernutzungen darstellen, weiterhin<br />

durch landwirtschaftliche Aktivität in<br />

den Wasserkreislauf eingetragene Substanzen<br />

mit konkretem Gefährdungspotenzial<br />

(Nitrat, Pflanzenschutzmittel),<br />

Salze, die in ariden Regionen zur Bodenaufsalzung<br />

beitragen, Stoffe aus<br />

Bergbau und Industrie (Schwermetalle,<br />

Industriechemikalien) und eine Reihe<br />

von weiteren Substanzen anthropogenen<br />

Ursprungs wie Desinfektionsnebenprodukte,<br />

Arzneimittel, Hormone, Körperpflegeprodukte<br />

und Stoffe aus dem<br />

Gebrauch anderer Produkte wie Weichmacher<br />

oder Textilhilfsmittel. Viele<br />

dieser Stoffe treten im Wasser in sehr<br />

niedrigen Konzentrationen auf (Spurenstoffe),<br />

Arzneimittel z. B. in Konzentrationen,<br />

die meist weit unter den Grenzen<br />

Priorität<br />

Art der<br />

Maßnahme<br />

Anzuwendende<br />

Instrumente<br />

zu berücksichtigende<br />

Aspekte<br />

liegen, für die sich aus den umfangreichen<br />

Erfahrungen mit der Verwendung<br />

dieser Stoffe noch ein Gefährdungspotenzial<br />

für menschliche Wassernutzung<br />

ableiten lässt. Spurenstoffe unterscheiden<br />

sich sehr stark in ihrer Konzentration,<br />

ihrem Verhalten in der Umwelt, vor<br />

allem der Persistenz und der Beweglichkeit<br />

in aquatischen Systemen und letztendlich<br />

in ihrem Risikopotenzial. So<br />

kann bei Hormonen und anderen endokrin<br />

wirksamen Stoffen zwar kein konkretes<br />

Risiko für humane Wassernutzung,<br />

wohl aber ein deutliches ökotoxikologisches<br />

Risiko für aquatische<br />

Organismen festgestellt werden (s. u. a.<br />

Arbeiten und Workshops des Aachener<br />

DFG-Graduiertenkollegs AGEESA).<br />

Vor allem bei Stoffen mit hoher Persistenz,<br />

d. h. auch Anreicherungsfähigkeit<br />

in Wasserwiederverwendungs-Kreisläufen<br />

wird auch ohne das Vorliegen eines<br />

konkreten Gefährdungsverdachts emp-<br />

MASSNAHMEHIERARCHIE: zur Verminderung von Wasserknappheit Bild 1<br />

8 SPECIAL MEMBRANTECHNIK 7-8/2009<br />

1<br />

Nachfragemanagement,<br />

Wassereinsparung<br />

Ökonomische Instrumente / (finanzielle)<br />

Anreizsysteme für wassereffiziente Technologie<br />

und Praktiken<br />

2<br />

Wasserwiederverwendung<br />

Umweltauswirkung<br />

und Schutz der<br />

öffentlichen Gesundheit<br />

3<br />

Wassererzeugung,<br />

Meerwasserentsalzung<br />

Infrastrukturmaßnahmen<br />

Konzentratbehandlung<br />

Energieverbrauch<br />

4<br />

Wassertransfer<br />

Umweltauswirkungen<br />

und -kosten


-SPECIAL 7-8/2009<br />

WINDHOEK/NAMIBIA: Ultrafiltrations-Membranracks Foto: City of Windhoek Bild 5<br />

fohlen, dem Vorsorgeprinzip folgend<br />

den Eintrag dieser Stoffe in mehr oder<br />

weniger geschlossene Wasserkreisläufe<br />

zu verringern.<br />

Angesichts von zunehmender Wasserknappheit<br />

und der Vielzahl an Problemstoffen<br />

im Wasser wird es für die Wasserbewirtschaftung<br />

weltweit eine zunehmend<br />

schwierige und anspruchsvolle<br />

Aufgabe, ausreichend Wasser in benötigter<br />

Qualität zur Verfügung zu stellen.<br />

Die Ergänzung der Wasserversorgung<br />

durch Erschließung alternativer Wasserressourcen,<br />

stellt daher eine wichtige Anpassung<br />

an diese Herausforderungen dar.<br />

Alternativen zu Grund- und<br />

Oberflächenwasser<br />

Die Nutzung von aufbereitetem Abwasser<br />

kann in diesem Zusammenhang zur<br />

Minderung des Frischwasserbedarfs und<br />

zur Erweiterung der Ressourcenverfügbarkeit<br />

beitragen. Im Mittelpunkt stehen<br />

dabei zumeist Nutzungen für Nicht-<br />

Trinkwasserzwecke in Industrie und<br />

Haushalten oder in der Bewässerung.<br />

Aber auch die direkte oder indirekte<br />

Nutzung zur Trinkwasserversorgung ist<br />

möglich, wenn entsprechend strenge<br />

Qualitätsanforderungen, vor allem bei<br />

hygienischen Parametern eingehalten<br />

werden. Die ungeplante indirekte Wiederverwendung<br />

findet ohnehin bereits<br />

heute in vielen großen Flusseinzugsgebieten<br />

dieser Welt statt: durch die Einleitung<br />

von Abwässern in Oberflächengewässer,<br />

aus denen wiederum durch<br />

Uferfiltration Trinkwasser gewonnen<br />

wird.<br />

Die gezielte Grundwasseranreicherung<br />

mit aufbereitetem kommunalem Abwasser<br />

stellt eine besonders viel versprechende<br />

Möglichkeit dar, bei der jedoch<br />

eine angemessene Grundwasserqualität<br />

sichergestellt werden muss. Gleichzeitig<br />

bietet sie besondere Vorzüge, da die Bodenpassage<br />

einen weiteren bedeutsamen<br />

Reinigungsschritt darstellt, der Grundwasserkörper<br />

überschüssiges Wasser in<br />

Zeiten geringer Nachfrage speichert und<br />

die Speicherung im Boden Verluste durch<br />

Verdunstung vermeidet.<br />

In Regionen mit struktureller Wasserknappheit<br />

bildet die Meerwasserentsalzung<br />

schon heute einen unverzichtbaren<br />

Bestandteil des Wasserressourcenmanagements<br />

und deckt große Teile des<br />

Trinkwasser- und Bewässerungsbedarfs.<br />

Weltweit produzieren mehr als 12.000<br />

Entsalzungsanlagen Süßwasser entwe-<br />

der destillativ mit energieintensiven thermischen<br />

Prozessen oder Ressourcen<br />

schonender durch Membrantechnologie<br />

in Form von Umkehrosmose (GWI,<br />

2009, /7/).<br />

Derartige Konzepte zur integrierten<br />

Wasserbewirtschaftung lassen sich nur<br />

mit technischen Innovationen und neuartigen<br />

Managementansätzen unter förderlichen<br />

rechtlichen und politischen<br />

Rahmenbedingungen verwirklichen.<br />

Der rechtliche Rahmen<br />

Mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)<br />

hat die Europäische Kommission im Jahr<br />

2000 die Grundlagen und Prinzipien<br />

einer nachhaltigen Wasserwirtschaft neu<br />

geordnet.<br />

Bis zum Jahr 2015 sollen alle Gewässer<br />

einen „guten Zustand“ aufweisen, der<br />

sich sowohl auf Wasserqualität als auch<br />

auf Wassermenge bezieht. Die Umsetzung<br />

der WRRL und der darin vorgeschlagenen<br />

konsequenten Anwendung<br />

ökonomischer Instrumente soll die Entwicklung<br />

hin zu einer wassereffizienten<br />

und Wasser sparenden Wirtschaft, als<br />

notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />

Anpassung an Wasserknappheit<br />

und Dürre, vorantreiben.<br />

www.wwt-online.de MEMBRANTECHNIK SPECIAL<br />

9


DAS THEMA MEMBRANTECHNIK<br />

Möglichkeiten zur Wasserwiedernutzung, nach /3/ Tab. 1<br />

Landwirtschaftliche Bewässerung<br />

Bewässerung von Getreide-,<br />

Obst- und Gemüsefeldern<br />

Gärtnereien<br />

Industriepflanzen (nachwachsende Rohstoffe)<br />

Landschaftsbewässerung<br />

Parks, Grünanlagen,<br />

Golfplätze,<br />

private Gärten<br />

Industrielle Anwendungen<br />

Kühlwasser,<br />

Kesselspeisewasser,<br />

Prozesswasser<br />

Die Europäische Kommission vertritt eine<br />

klare Priorisierung und Hierarchie<br />

der möglichen Maßnahmen, wobei Wassereinsparungen<br />

– also Verbrauchsreduktionen<br />

– an erster Stelle der nötigen<br />

Maßnahmen gesehen werden. Obgleich<br />

die Errichtung zusätzlicher Wasserversorgungsinfrastruktur<br />

einschließlich<br />

Meerwasserentsalzungs- und Abwasserwiederverwendungs-Anlagen<br />

kritisch beurteilt<br />

wird, sollten diese Optionen auch<br />

immer im Zusammenhang mit den besonderen<br />

physio-geographischen und<br />

klimatischen Bedingungen der Mitgliedstaaten<br />

und Regionen gesehen werden.<br />

Bild 1 illustriert die Hierarchie der Anpassungs-<br />

und Handlungsoptionen sowie<br />

einige der zu berücksichtigenden Aspekte<br />

bei deren Implementierung.<br />

Obwohl Wasserrecycling sowie Meerwasser-<br />

und Brackwasserentsalzung eher<br />

als letztes Mittel betrachtet werden, haben<br />

sich diese Prozesse zu rasch wachsenden<br />

Versorgungsalternativen entwickelt,<br />

die zuverlässig Wasser liefern – im<br />

Gegensatz zu den Talsperren, die auf<br />

ausreichende Niederschläge angewiesen<br />

und daher besonders gefährdet sind<br />

durch die Auswirkungen des Klimawandels.<br />

So nimmt die Meerwasserentsalzung<br />

inzwischen eine wichtige Position<br />

bei der Wasserversorgung ein, vorwiegend<br />

im Mittleren Osten, Nordafrika,<br />

Nord- und Mittelamerika, Südostasien<br />

und Australien (GWI, 2009, /7/), aber<br />

auch auf vielen Mittelmeerinseln, den<br />

Kanaren und in zunehmendem Maße<br />

auch in Südeuropa. Bei diesen Anwendungen<br />

kommt Membranprozessen eine<br />

zentrale Rolle zu, indem sie Ressourcen<br />

nutzbar machen, die aufgrund ihrer<br />

Qualität mit herkömmlichen Technologien<br />

nicht erschließbar sind, sei es auf-<br />

grund ihres Salzgehalts oder unerwünschter<br />

Inhaltstoffe wie pathogene<br />

Keime und gelöster Verunreinigungen.<br />

Herausforderung<br />

Die Ergänzung der Wasserversorgung<br />

durch Erschließung alternativer Wasserressourcen<br />

stellt eine wichtige Anpassungs<br />

leistung dar.<br />

Wasserrecycling –<br />

Nutzung von aufbereitetem<br />

kommunalem Abwasser<br />

Die Nutzung von aufbereitetem Abwasser<br />

stellt eine Möglichkeit zur Minderung<br />

des Frischwasserbedarfs und Erweiterung<br />

der Ressourcenverfügbarkeit<br />

dar. Im Mittelpunkt der Betrachtungen<br />

soll hier die Behandlung und Wiederverwendung<br />

von kommunalem Abwasser<br />

stehen. Im industriellen Bereich ergeben<br />

sich ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten<br />

des Wasserrecyclings. Die möglichen<br />

Nutzungen von aufbereitetem Abwasser<br />

sind in der Tabelle aufgeführt.<br />

Zum Stand der Abwasserwiederverwendung<br />

in Europa und weltweit wurde im<br />

Rahmen des EU Forschungsprojekts<br />

AQUAREC (www.aquarec.org) ein<br />

Über blick erarbeitet (Bild 3).<br />

Die meisten Behandlungsprozesse für<br />

die Aufbereitung von kommunalem Abwasser<br />

und für die Wiederverwendung<br />

greifen auf konventionelle Abwasserbehandlungstechniken<br />

zurück. Während<br />

etwa 25 % der Projekte nur eine mechanisch-biologische<br />

Kläranlage umfassen,<br />

sind etwa 50 % der Projekte mit einer<br />

dritten Behandlungsstufe ausgestattet –<br />

meist Filtration und Desinfektion. Nur<br />

etwa 10 % der Projekte enthalten noch<br />

weitergehende Behandlungsverfahren<br />

Umwelt-Anwendungen<br />

Seen und Teiche,<br />

Aufstockung der natürlichen Wasserführung<br />

von Fließgewässern,<br />

Fischzucht<br />

Urbane Nutzung (nicht Trinkwasser)<br />

Löschwasser,<br />

Reinigungszwecke (z. B. Autowäsche),<br />

Toilettenspülung<br />

Grundwasseranreicherung<br />

Aufstockung der Grundwasserleiter,<br />

Zurückdrängen von Salzwasserintrusion<br />

Trinkwassernutzung<br />

Indirekte Nutzung (durch Einleitung in Talsperre,<br />

Fluss oder Grundwasser),<br />

direkte Nutzung<br />

wie Aktivkohleadsorption, Oxidation<br />

oder Membranfiltration.<br />

Qualitätsanforderungen<br />

für Wasserrecycling<br />

Obwohl meist die Nutzungen für Nicht-<br />

Trinkwasserzwecke – auch aus Kostengründen<br />

– im Mittelpunkt stehen, ist<br />

auch die direkte oder indirekte Nutzung<br />

zur Trinkwasserversorgung möglich,<br />

wenn entsprechend strenge Qualitätsanforderungen<br />

eingehalten werden. Dabei<br />

folgt die Auswahl der Verfahrenstechnik<br />

für die weitergehende Wasseraufbereitung<br />

dem Gedanken des Multi-Barrieren-Prinzips,<br />

um einen zuverlässigen und<br />

sicheren Betrieb der Anlage unter allen<br />

Bedingungen zu gewährleisten.<br />

Laut Untersuchungen von Higgins et al.<br />

/8/ haben die Nutzer von wiedergewonnenem<br />

Wasser die stärksten Bedenken<br />

aufgrund von möglichen Verunreinigungen<br />

mit pathogenen Mikroorganismen<br />

wie Bakterien, Viren, Erreger von Wur m -<br />

erkrankungen und Protozoen. Es ist bekannt,<br />

dass klassische Desinfektionsverfahren<br />

nur eine begrenzte Wirkung gegenüber<br />

einigen Mikroorganismen wie<br />

beispielsweise Cryptosporidium haben<br />

(Gennacaro et al. 2003). Ebenso ist die<br />

Empfindlichkeit von Viren gegenüber<br />

Desinfektionsmitteln nicht vollständig<br />

erforscht. Daher ist die Risikobewertung<br />

gewissen Beschränkungen unterworfen.<br />

Aus Sicht des Arbeitsschutzes und der<br />

öffentlichen Gesundheit ist für alle Wasserwiedernutzungen<br />

eine weitgehende<br />

oder vollständige Entkeimung zu fordern.<br />

Dies bedeutet, dass ausgehend von<br />

den Konzentrationen im Kläranlagenablauf<br />

eine Entfernung in der Größenordnung<br />

von 5 bis 7 Log-Stufen zu fordern<br />

ist. Da auch die Wiederverkeimung im<br />

10 SPECIAL MEMBRANTECHNIK 7-8/2009


Reinwasserbereich nicht unproblematisch<br />

zu sehen ist, müssen auf der Seite<br />

des aufbereiteten Produktwassers entsprechende<br />

Vorsorgemaßnahmen getroffen<br />

werden.<br />

Die gelösten Verunreinigungen stellen<br />

eine extrem heterogene Gruppe dar. Für<br />

Salze und metallische Ionen wie Schwermetalle<br />

sind die Grenzwerte stark von<br />

der jeweiligen Nutzung abhängig. Während<br />

für die landwirtschaftliche Nutzung<br />

die Langzeitakkumulation von Salzen<br />

und Schwermetallen verhindert werden<br />

muss, sind für die Grundwasseranreicherung<br />

Anforderungen entsprechend der<br />

Trinkwasserrichtlinien zu stellen. Nährstoffe<br />

und organische Inhaltstoffe können<br />

bei der Grundwasseranreicherung<br />

zu einem Rückgang der Bodenpermeabilität<br />

und zur Mobilisierung färbender<br />

Komponenten (Mangan, Eisen) führen.<br />

Bei hochwertigen Anwendungen ist eine<br />

sehr weitgehende Entfernung erforderlich,<br />

wohingegen bei der landwirtschaftlichen<br />

Wasserwiederverwendung Nährstoffe<br />

und Organik toleriert werden können.<br />

In den vergangenen Jahren haben organische<br />

Spurenstoffe, die im Kläranlagen -<br />

ablauf in Konzentrationen bis zu einigen<br />

μg/L auftreten und in geringerer Konzentration<br />

im Oberflächenwasser und<br />

teils auch im Trinkwasser nachgewiesen<br />

wurden, besondere Aufmerksamkeit erfahren.<br />

Für die meisten dieser Stoffe steht eine<br />

abschließende human- und ökotoxikologische<br />

Bewertung jedoch aus. Konven-<br />

BITTE NOTIEREN:<br />

TERMINE 2009<br />

10. Kölner Kanal- und<br />

Kläranlagen-Kolloquium<br />

23. – 24. September, Köln<br />

E-Mail: et@isa-rwth-aachen.de<br />

www.kanalkolloquium.de<br />

7. Münchner Runde<br />

Experten-Forum Kanalsanierung<br />

8. Oktober<br />

www.baybauakad.de<br />

84. Siedlungswasserwirtschaftliches<br />

Kolloquium<br />

Abwasserwirtschaft im Spannungsfeld<br />

politischer, klimatischer und technischer<br />

Entwicklungen<br />

8. Oktober, Universität Stuttgart<br />

Auskunft: Gabriele Glassmann<br />

E-Mail:glassmann@iswa.uni-stuttgart.de<br />

Aachener Tagung<br />

Wasser und Membranen<br />

27. – 28. Oktober, Aachen<br />

www.isa.rwth-aachen.de<br />

www.wwt-online.de<br />

tionelle Aufbereitungssysteme entfernen<br />

viele dieser Substanzen nur unvollständig.<br />

Toleranz bei<br />

Restverunreinigung<br />

Bei der Wasserwiedernutzung hängt der<br />

Grad der tolerierbaren Restverunreinigung<br />

von einer Reihe spezifischer Faktoren<br />

ab: den Eigenschaften der Substanzen<br />

bezüglich Human- und Ökotoxizität,<br />

Persistenz, Mobilität und physiko-chemischen<br />

Eigenschaften; der Art der beabsichtigten<br />

oder auch unbeabsichtigt<br />

stattfindenden Wiedernutzung sowie der<br />

Intensität des Kontakts; der gewählten<br />

Technologie und Prozesskette sowie deren<br />

Überwachung und dem akzeptierten<br />

Risiko. Letzteres basiert häufig auf dem<br />

ALARP-Prinzip. ALARP bedeutet „As<br />

low as reasonably practicable“, d. h. so<br />

niedrig wie vernünftigerweise praktikabel.<br />

Öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz<br />

und das zugrundeliegende Wertesystem<br />

(Humanrisiko gegenüber Umweltrisiko)<br />

spielen ebenfalls eine Rolle.<br />

Die bisherige Gesetzgebung spiegelt die<br />

Komplexität dieser Fragestellungen wider.<br />

Während seitens einiger Mitgliedstaaten<br />

schon Richtlinien erlassen wurden,<br />

liegt eine einheitliche europäische<br />

Richtlinie noch nicht vor. In den bisherigen<br />

Ansätzen dominiert die hygienische<br />

Qualität unter Berücksichtigung der beabsichtigten<br />

Nutzung. Es muss aber damit<br />

gerechnet werden, dass mittelfristig<br />

auch der Ressourcenverbrauch (Kapital,<br />

Energie), die Entwicklung der lokalen<br />

Wasserverfügbarkeit und die umweltverträgliche<br />

Verbringung von Behandlungskonzentraten<br />

berücksichtigt werden<br />

müssen. Zwar kann z. B. mit Membranverfahren<br />

beinahe jede gewünschte<br />

Qualität hergestellt werden, die zu fordernden<br />

bzw. tolerierbaren Restkonzentrationen<br />

und die daraus folgenden technischen<br />

Lösungen beeinflussen aber auch<br />

entscheidend die Machbarkeit, Wirtschaft<br />

lichkeit und Nachhaltigkeit geplanter<br />

Maßnahmen.<br />

Die direkte Nutzung von gereinigtem<br />

Abwasser zu Trinkwasserzwecken wird<br />

großtechnisch derzeit nur in Windhoek,<br />

Namibia praktiziert. Die indirekte Nutzung<br />

als Trinkwasser, z.B. nach einer Bodenpassage<br />

und Mischung mit dem natürlichen<br />

Grundwasser, gewinnt zunehmend<br />

an Bedeutung und bildet eine viel<br />

versprechende Methode zur Ergänzung<br />

der natürlichen Wasserressourcen. Die<br />

Möglichkeiten zur Aufbereitung von<br />

kommunalem Abwasser für die Grundwasseranreicherung<br />

wurden in dem von<br />

der Europäischen Union geförderten<br />

Projekt RECLAIM WATER (www.<br />

reclaim-water.org) eingehend untersucht.


DAS THEMA MEMBRANTECHNIK<br />

Aufbereitung von kommu -<br />

nalem Abwasser für die<br />

Wasserwiederverwendung<br />

Membranen spielen eine Schlüsselrolle<br />

in Wasserrecycling-Projekten, die hohe<br />

Wasserqualitäten z. B. für die Grundwasseranreicherung,<br />

industrielles Prozesswasser<br />

oder den urbanen Sektor bereitstellen.<br />

Optionen zum Einsatz von<br />

Membranverfahren sind Mikro- und<br />

Ultrafiltration (MF/UF) sowohl in der<br />

Ablaufbehandlung als auch in Membranbelebungsanlagen<br />

und gegebenenfalls<br />

zusätzlich Nanofiltration oder Umkehrosmose<br />

zur Produktion von Wasser<br />

höherer Qualität. Bild 4 zeigt eine nicht<br />

vollständige Zusammenstellung (Stand<br />

2004) realisierter Abwasserbehandlungs -<br />

anlagen mit Membrantechnik und Recyclinganwendungen<br />

weltweit und umfasst<br />

sowohl die Anlagen mit einer Kombination<br />

von MF/UF-Vorbehandlung<br />

und nachfolgender Umkehrosmose als<br />

auch Membranbelebungsanlagen. Ins-<br />

12 SPECIAL MEMBRANTECHNIK<br />

besondere bei Anwendungen mit sehr<br />

hohen Qualitätsanforderungen, wie bei<br />

der indirekten Trinkwassergewinnung<br />

oder der Bereitstellung von Kesselspeisewasser,<br />

wird auf einen zweistufigen Membranprozess<br />

mit vorgeschalteter Ultrabzw.<br />

Mikrofiltration und nachgeschalteter<br />

Umkehrosmose zurückgegriffen.<br />

Membranverfahren weisen eine Reihe<br />

von Charakteristika auf, die ihren Einsatz<br />

für die Wasserwiederverwendung<br />

unterstützen und zum Teil erschweren.<br />

Membranen sind je nach ihrer jeweiligen<br />

Trenngrenze wirksam für große Substanzklassen.<br />

Durch modulare Konstruktion<br />

sind sie leicht skalierbar und<br />

können problemlos erweitert werden.<br />

Mit ihrer kompakten Bauweise weisen<br />

sie einen geringen Platzbedarf auf und<br />

können so auch bei begrenzter Flächenverfügbarkeit<br />

gut in bestehende Anlagen<br />

integriert werden. Membranen sind<br />

jedoch reine Trennverfahren. Eine Elimination<br />

der Kontaminanten findet je-<br />

GRÖSSE<br />

(Millionen m3/a)<br />

��<br />

�<br />

�<br />

�<br />

?<br />

5<br />

k.A.<br />

Wasserwiedernutzungsprojekte<br />

VERWENDUNG<br />

Landwirtschaft<br />

Industrie<br />

städtisch<br />

mehrere Nutzungen<br />

keine Angaben (k.A.)<br />

arktisch<br />

atlantisch<br />

alpin<br />

boreale Zone<br />

kontinental<br />

pannonisch<br />

mediterran<br />

Schwarzmeer<br />

anatolisch<br />

makaronisch<br />

WASSERRECYCLING-PROJEKTE: in Europa /4/ Bild 3<br />

Steppe<br />

doch nicht statt und die zurückgehaltenen<br />

Stoffe werden im Konzentrat angereichert.<br />

Eine der Schlüsselfragen<br />

betrifft daher die Behandlung und Entsorgung<br />

des Konzentrats. Der Energiebedarf<br />

ist aufgrund von verbesserten Membranmaterialien<br />

und optimierter Verfahrenstechnik<br />

relativ moderat, jedoch meist<br />

höher als bei konventionellen Verfahren,<br />

was ihren Einsatz für die Erzeugung eines<br />

sehr günstigen Produktwassers z. B. für<br />

die Bewässerung in Frage stellt.<br />

Der Betrieb von Membrananlagen wurde<br />

in den vergangenen Jahren durch verschiedene<br />

Maßnahmen wie weitgehende<br />

Automatisierung und Reinigung im eingebauten<br />

Zustand (CIP = cleaning in<br />

place) deutlich verbessert. Weitere Verbesserungen<br />

sind zu fordern, vor allem<br />

eine bessere Stabilität der Membranen<br />

gegenüber Fouling verursachenden Substanzen<br />

und Reinigungschemikalien sowie<br />

eine höhere Langlebigkeit der Membranen.<br />

7-8/2009


Größe<br />

(Mm 3 /a)<br />

< 0,1<br />

0,1-0,5<br />

0,5-5<br />

> 5<br />

NV<br />

Anwendung<br />

Landwirtschaft<br />

Industrie<br />

Kommunal/Haushalt<br />

gemischt<br />

nicht verfügbar<br />

MEMBRANANLAGEN: für die Wasserwiedergewinnung /2/ Bild 4<br />

Poröse Membranen, zu denen die Ultraund<br />

Mikrofiltration zählen, werden für<br />

die Elimination von partikulären Substanzen<br />

und Keimen eingesetzt, wobei<br />

Ultrafiltration Viren weitgehend zurückhält.<br />

Sie können als Vorbehandlung<br />

vor der Grundwasseranreicherung eingesetzt<br />

werden, um die Infiltrationsraten<br />

zu steigern, und dienen auch als Behandlungsstufe<br />

vor dichten Membranprozessen,<br />

um Fouling und Biofouling in der<br />

zweiten Stufe zu minimieren. Poröse<br />

Membranen haben nur eine sehr geringe<br />

oder keine Wirkung in Bezug auf gelöste<br />

Substanzen (z. B. Spurenstoffe). Für<br />

deren Rückhaltung werden dichte Membranen,<br />

insbesondere Umkehrosmose<br />

(UO) eingesetzt, die in Verbindung mit<br />

einer UF-Vorbehandlung das Qualitätsniveau<br />

von Trinkwasser erreicht oder sogar<br />

übertrifft. Die Kombination poröser<br />

und dichter Membranen erreicht eine<br />

Entkeimung in Höhe von 7 Log-Stufen<br />

(Toze, 2006, /15/). Einige Substanzen mit<br />

sehr geringem Molekülgewicht, beispielsweise<br />

das Nitrosamin NDMA, werden<br />

von UO-Membranen nicht vollständig<br />

zurückgehalten und werden, falls sie<br />

in relevanten Konzentrationen auftreten,<br />

in großtechnischen Behandlungsanlagen<br />

durch nachgeschaltete Oxidationsverfahren<br />

(z. B. UV-Bestrahlung in Verbindung<br />

mit Wasserstoffperoxid) eliminiert.<br />

Nachfolgend werden einige Beispiele für<br />

realisierte Wasserrecycling-Projekte mit<br />

Membrantechnik beschrieben.<br />

Landwirtschaftliche<br />

Bewässerung<br />

Europaweit ist die Landwirtschaft der<br />

größte Wasserverbraucher. Besonders in<br />

den südlichen Ländern erreicht ihr Anteil<br />

am Gesamtwasserverbrauch häufig<br />

70 bis 80 %. Um eine nachhaltige Bewässerung<br />

mit recyceltem Wasser zu ermöglichen<br />

und der Versalzung der Böden<br />

vorzubeugen, ist die Wasserqualität<br />

zu kontrollieren.<br />

Diese Erwägung führte in Alicante (Spanien)<br />

zur Ausrüstung der Kläranlage<br />

Rincón de Léon mit einer weitergehenden<br />

Behandlungsstufe bestehend aus<br />

Ultrafiltration und Umkehrosmose, um<br />

die hohen Salzgehalte des Abwassers zu<br />

reduzieren. Von den 50.000 m³/d wird<br />

knapp die Hälfte entsalzt, zu gleichen<br />

Teilen mit dem UF-Filtrat gemischt und<br />

dann der Landwirtschaft zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Indirekte Wieder ver wen dung<br />

für Trinkwasser-Zwecke<br />

Um eine Übernutzung des natürlichen<br />

Grundwassers für die Trinkwassergewinnung<br />

und die damit verbundene Versalzung<br />

von küstennahem Grundwasser<br />

durch Eindringen von Meerwasser zu<br />

verhindern, wurde im westbelgischen<br />

Ort Wulpen ein Projekt zur weitergehenden<br />

Aufbereitung und Infiltration<br />

von Abwasser implementiert. Es werden<br />

pro Jahr 2,5 Mio. m³ behandeltes Abwasser<br />

aus einer kommunalen Kläranlage<br />

mit Mikrofiltration und Umkehrosmose<br />

sowie UV-Desinfektion aufbereitet<br />

und in den Sanddünen infiltriert (van<br />

Houtte und Verbauwhede, 2004, /16/).<br />

Das UO-Permeat wurde in einer ersten<br />

Betriebsphase mit 10 % MF-Permeat<br />

vermischt, um das UO-Permeat zu remineralisieren.<br />

Da jedoch gelegentlich Pestizide<br />

im Permeat der Mikrofiltration<br />

-SPECIAL 7-8/2009<br />

nachgewiesen wurden, wurde diese Praxis<br />

eingestellt und seitdem das gesamte<br />

MF-Filtrat der Umkehrosmose zugeführt,<br />

um dann reines UO-Permeat zu<br />

infiltrieren.<br />

Das infiltrierte Wasser wird nach einer<br />

Mindestverweilzeit von 40 Ta gen im<br />

Untergrund der Dünen als Rohwasser<br />

gepumpt und nach einer einfachen Aufbereitung<br />

mit Belüftung und Filtration<br />

dem Trinkwassernetz zugeführt. Die<br />

Trink wasserrichtlinien werden dabei eingehalten<br />

und das System bringt die angeforderte<br />

Leistung. Das gegenüber<br />

dem natürlichen Grundwasser weichere<br />

Wasser führt bei den Nutzern bereits zu<br />

positiver Resonanz. Die Konstruktionskosten<br />

betrugen 2,5 Mio. € für die Bautechnik<br />

und 3,5 Mio. € für die elektromechanische<br />

Ausrüstung. Bild 5 zeigt<br />

das Konzept der Wasserrecycling-Anlage.<br />

Direkte Wiederverwendung<br />

für Trinkwasser-Zwecke<br />

Das einzige Wasserrecycling-Projekt mit<br />

direkter Nutzung des aufbereiteten Abwassers<br />

als Trinkwasser existiert derzeit<br />

in Windhoek/Namibia, einer der tro-<br />

www.wwt-online.de MEMBRANTECHNIK SPECIAL<br />

13


DAS THEMA MEMBRANTECHNIK<br />

Versickerungsgebiet<br />

Grundwasserspiegel<br />

UV Desinfektion<br />

Infiltrationswasser<br />

Brunnen<br />

Aufbereitung zu Infiltrationswasser<br />

MF + RO<br />

FLIESSSCHEMA: Wasserrecycling-Anlage in Wulpen/Belgien Bild 5<br />

ckensten Regionen im südlichen Afrika.<br />

Nach mehreren Jahrzehnten Erfahrung<br />

im Bereich des Wasserrecyclings für direkte<br />

Trinkwassergewinnung wurde die<br />

Aufbereitungsanlage Goreangab erweitert<br />

und mit einem Multi-Barrieren-<br />

Behandlungssystem ausgerüstet, das seit<br />

2002 in Betrieb ist (Menge et al., 2009,<br />

/13/).<br />

In dem Projekt werden ca. 21.000 m³/d<br />

des Kläranlagenablaufs wieder gewonnen<br />

und auf Trinkwasserqualität gebracht.<br />

Dazu wird ein komplexer Behandlungsprozess<br />

mit Vor-Ozonierung, Flockung,<br />

Mehrschichtfiltration, Haupt-Ozonierung,<br />

biologisch aktivierte Aktivkohleadsorption<br />

und Aktivkohlefiltration sowie Ultrafiltration<br />

vor einer Chlordesinfektion<br />

eingesetzt. Das Behandlungssystem ist<br />

nicht nur darauf ausgerichtet, Trinkwasserqualität<br />

mit großer Zuverlässigkeit zu<br />

produzieren, sondern stellt für wesentliche<br />

chemische und mikrobiologische<br />

Schadstoffe eine mehrfache Barriere<br />

dar und vermeidet weitgehend die Bildung<br />

von Desinfektionsnebenprodukten.<br />

Die Gesamtbehandlungskosten betragen<br />

0,76 US $/m³ (Lahnsteiner et al.,<br />

2004, /9/).<br />

Die Hauptbarriere gegenüber pathogenen<br />

Keimen bildet die Ultrafiltration,<br />

die mit kapillaren Ultrafiltrationsmembranen<br />

der Firma NORIT (Bild 2) ausgerüstet<br />

ist und im Dead-End-Modus<br />

(inside-out) mit einem durchschnittlichen<br />

Permeatfluss von 107 l/(m²·h) bei<br />

einem Transmembrandruck im Bereich<br />

Trinkwasseraufbereitung<br />

KA Ablauf<br />

Trinkwasser Abwasser<br />

Kläranlage<br />

von 0,4-0,7 bar betrieben wird (Norit,<br />

2003, /14/).<br />

Meerwasserentsalzung<br />

und Wasserrecycling<br />

Der katalanische Flussgebietsmanagement-Plan<br />

stellt auf europäischer Ebene<br />

eines der umfassendsten und aufwändigsten<br />

Konzepte für eine nachhaltige<br />

Wasserwirtschaft mit Berücksichtigung<br />

der fortschreitenden Wasserknappheit<br />

dar. Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen<br />

von 6,39 Mrd. € erfolgt im Zeitraum<br />

von 2007 bis 2015 die Anpassung der<br />

Wasserinfrastruktur an die geänderten<br />

Rahmenbedingungen (ACA, 2008). Davon<br />

entfallen 319 Mio. € auf Wasserwiederverwendungs-Systeme<br />

und 607 Mio.<br />

€ auf Entsalzungsanlagen. Für die Metropolenregion<br />

Barcelona findet insbesondere<br />

im Einzugsgebiet des Llobregat,<br />

der durch Abwässer von Salzbergwerken<br />

und eindringendes Meerwasser sehr<br />

hohe Salzgehalte aufweist, eine Reihe von<br />

Maßnahmen statt. Neben einer neuen<br />

UF-UO-Meerwasserentsalzungsanlage<br />

mit einer Kapazität von 200.000 m³/d (60<br />

Mm³/a) wird der Bau einer Wasserwiedergewinnungsanlage<br />

mit einer Kapazität<br />

von 50 Mm³/a zur Behandlung eines<br />

Teils des Ablaufs der Kläranlage L’Hospitalet<br />

de Llobregat vorangetrieben, die<br />

eine Gesamtkapazität von 630.000 m³/d<br />

aufweist. Der wiedergewonnene Kläranlagenablauf<br />

soll die Wasserführung des<br />

Llobregat, der zur Trinkwassergewinnung<br />

genutzt wird, vergleichmäßigen, für Be-<br />

LITERATUR<br />

/1/ ACA – Agència Catalana de l’Aigua (2008) The Catalan<br />

Water Policy Action Plan 2007–2015 to ensure<br />

the Management Model for the 2025 horizon. Präsentation<br />

Gabriel Borras, TECHNEAU 5th Regional<br />

Technology Platform, Barcelona, 15. Dezember 2008<br />

/2/ Aquarec (2006) Report on integrated water reuse<br />

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/3/ Assano, T.; Burton, F.L.; Leverenz, H.L.; Tsuchihashi,<br />

R.; Tchobanoglous, G. (2007): Water reuse – issues,<br />

technologies, and applications, Mc Graw Hill,<br />

New York, ISBN 0-07-145927-8<br />

/4/ Bixio, D.; Wintgens, T. (Hrsg.) (2006): Water Reuse<br />

System Management Manual, Aquarec Project<br />

Report, European Commission Community<br />

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/5/ EK – Europäische Kommission (2007): Water<br />

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/6/ EEA – European Environment Agency (2007):<br />

Climate change and water adaptation issues.<br />

Technical Report EEA 2/2007<br />

/7/ GWI – Global Water Intelligence (2009):<br />

IDA Desalination Yearbook 2008-2009.<br />

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P. R. (2002): Survey of users and providers of recycled<br />

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research, Water Research 36 (20), 5045-5056<br />

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S. 15 – 17<br />

/10/Listowski, A.; MacCormick, A. (2004): Sustainable<br />

Water Management in Urban Areas – Does it make<br />

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Australia, Australian Water Association, April 2004<br />

/11/ Mediterranean Wastewater Reuse Working Group –<br />

MED WWR WG (2007) Mediterranean Wastewater<br />

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/12/Melin T.; Jefferson, B.; Bixio, D.; Thoeye, C.;<br />

De Wilde, W.; De Koning, J.; van der Graaf, J.;<br />

Wintgens, T. (2005): Membrane bioreactor<br />

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Proc. Integrated Concepts. In: Water Recycling,<br />

13-17 February 2005, Wollongong/Australia,<br />

ISBN 1741280826<br />

/13/Menge, J. G.; du Pisani, P. L.; König, E.; Theron-<br />

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Kazner (Hrsg.) Techneau: Safe Drinking Water from<br />

Source to Tap - State of the Art & Perspectives,<br />

IWA Publishing London, ISBN 1843392755,<br />

S. 457-469<br />

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Water Reclamation Plant, Windhoek (Namibia)<br />

/15/Toze, S. (2006): Water reuse and health risks – real<br />

vs. perceived. Desalination 187, S. 41–51<br />

/16/van Houtte, E.; Verbauwhede, J. (2004): Closing the<br />

water cycle: twenty months of operational experiences<br />

in Torreele (Flanders). Proceedings Aquarec<br />

Workshop; Thessaloniki, Greece; 11-12 March 2004<br />

14 SPECIAL MEMBRANTECHNIK 7-8/2009


wässerungszwecke verwendet werden,<br />

Feuchtgebiete entlang des Flusses mit<br />

Wasser versorgen und zudem durch<br />

Grundwasseranreicherung eine Barriere<br />

gegenüber Salzwasserintrusion aufbauen.<br />

Der für die Grundwasseranreicherung<br />

vorgesehene Teil wird ebenfalls<br />

mit Umkehrosmose entsalzt. Diese Maßnahmen<br />

sind eingebettet in den Ausbau<br />

der Trinkwasseraufbereitung und des<br />

Trinkwasser- und Kanalnetzes (ACA,<br />

2008, /1/).<br />

Zusammenfassung<br />

und Ausblick<br />

Die Belastung der Wasserressourcen in<br />

vielen Regionen Europas macht schon<br />

jetzt die Wiederverwendung von gereinigtem<br />

Abwasser zu einer sinnvollen<br />

Wassermanagementoption. Die prognos -<br />

tizierten Auswirkungen des Klimawandels<br />

werden den Druck auf die Wasserressourcen<br />

noch weiter verstärken und<br />

die Nutzung von alternativen Wasserressourcen<br />

wird voraussichtlich an Bedeutung<br />

gewinnen. Obwohl derzeit die<br />

Membrantechnik nur in einer kleinen<br />

Anzahl von Wasserrecycling-Projekten<br />

zum Einsatz kommt, wird die Anwendung<br />

zunehmend wichtiger. Man kann<br />

erwarten, dass Membrantechnik bei<br />

neuen Projekten einen festen Bestandteil<br />

einer hochwertigen Wasserwiedergewinnung<br />

bildet. Poröse Membranen dienen<br />

dabei der Partikelabtrennung und<br />

Entkeimung sowie der Vorbehandlung<br />

für Entsalzungsstufen, die im Wesentlichen<br />

auf Nanofiltrations- und Umkehrosmosemembranen<br />

basieren. Bei Wieder -<br />

gewinnungsanlagen hinter bestehenden<br />

Kläranlagen werden die Membrananlagen<br />

mit UF/UO nachgeschaltet. Kostengründe<br />

begünstigen bei kompletten<br />

Neubauten die Kombination von Membranbelebungsanlagen<br />

mit nachgeschalteter<br />

Umkehrosmose zur Gewinnung<br />

von Wasser mit hohen Qualitätsanforderungen.<br />

KONTAKT<br />

Christian KAZNER, Rita HOCHSTRAT,<br />

Süleyman YÜCE, Thomas MELIN<br />

RWTH Aachen<br />

Chemische Verfahrenstechnik<br />

Turmstraße 461 · 52056 Aachen<br />

E-Mail: christian.kazner@avt.rwth-aachen.de<br />

rita.hochstrat@fhnw.ch<br />

sueleyman.yuece@avt.rwth-aachen.de<br />

thomas.melin@avt.rwth-aachen.de<br />

Thomas WINTGENS<br />

Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

Institut für Ecopreneurship<br />

Gründenstraße 401 · CH-4132 Muttenz<br />

thomas.wintgens@fhnw.ch<br />

-SPECIAL 7-8/2009<br />

Toray Membrane Europe AG:<br />

Nanofiltration enthärtet Brunnenwasser<br />

ANLAGE ZUR NANOFILTRATION:<br />

Enthärtung des Brunnenwassers<br />

in Karlstein/Main Foto: BHU<br />

Die Gemeinde Karlstein im Landkreis<br />

Aschaffenburg versorgt ihre<br />

Einwohner über ein eigenes Wasserwerk<br />

(WW) mit Trinkwasser, das aus<br />

dem oberen Grundwasserleiter aus<br />

einer Tiefe von 3 bis 5 m kommt. Die<br />

maximale Fördermenge liegt witterungsabhängig<br />

bei 80 bis 85 m³/h und<br />

die Brunnenwässer weisen neben geringen<br />

Sauerstoff-, Eisen- und Mangangehalten<br />

eine hohe Gesamthärte<br />

im Bereich von 20 bis 22 °dH auf.<br />

Im Sommer 2008 beschloss die Gemeinde<br />

daher, in das bestehende WW<br />

Karlstein eine Nanofiltrationsanlage<br />

zur Enthärtung des Brunnenwassers<br />

zu integrieren, um der Bevölkerung<br />

ein deutlich weicheres Trinkwasser mit<br />

einer Gesamthärte von unter 10 °dH<br />

liefern zu können.<br />

Die BHU Umwelttechnik GmbH,<br />

Bietigheim-Bissingen (BHU) ist eine<br />

Fachfirma für die Lieferung von wasser-<br />

und abwassertechnischen Anlagen<br />

für Kommunen und Industrie, die<br />

über alle Technologien für Trinkwasser,<br />

Abwasser, Prozesswasser, Prozessabwasser<br />

inklusive Abwasserrecycling<br />

verfügt und entsprechende<br />

Problemlösungen anbietet. Tätigkeitsschwerpunkte<br />

der BHU sind<br />

komplexe Gesamtlösungen mit hohem<br />

ingenieur- und prozesstechnischem<br />

Aufwand für die Behandlung<br />

von Trink- und Prozesswasser. Hierzu<br />

stehen auch eigene, patentierte Verfahren<br />

zur Verfügung.<br />

Für die Brunnenwasseraufbereitung<br />

im WW Karlstein lieferte, montierte<br />

und realisierte die BHU ein neues<br />

Rohwasserpumpwerk, eine Kerzenfilteranlage,<br />

die Nanofiltrationsanlage<br />

samt Anti-Scalant-Dosierung und<br />

Membranspülanlage sowie eine Ent-<br />

säuerungsanlage und ein neues Reinwasserpumpwerk.<br />

Dabei wurde das<br />

bestehende Wasserwerk (Rohwasserkammer<br />

und -pumpen, Mehrschichtfilter<br />

mit Spülanlage und Hochbehälter)<br />

komplett saniert, z. T. verfahrenstechnisch<br />

optimiert und mit einer<br />

neuen Leittechnik/Mess- und Regeltechnik<br />

ausgestattet.<br />

Bei den NF-Membranen entschied<br />

sich BHU für Membranen der Firma<br />

TORAY (TMH20A-430, mit KTW-<br />

Zulassung) und eine Ausführung der<br />

Anlage in 3 Bänken mit einer Gesamtausbeute<br />

von über 80 % bei<br />

einem Betriebsdruck von 9 bar. Als<br />

Anti-Scalant kommt RPI4000A von<br />

TORAY zum Einsatz, welches die<br />

deutsche Trinkwasser Zulassung hat.<br />

Die Anlage wurde nach einer Planungs-<br />

und Bauzeit von nur 8 Monaten<br />

im Juni 2009 übergeben und erfüllt<br />

die in sie gesetzten Erwartungen<br />

in prozesstechnischer, technischer<br />

und wirtschaftlicher Hinsicht.<br />

Für die Behandlung von schwierigeren<br />

Wässern, z. B. Oberflächenwäs -<br />

sern, die mittels Membrantechnik<br />

aufbereitet werden sollen, verfügt die<br />

BHU über ein eigenes patentiertes<br />

Verfahren für das Biofouling-Mana -<br />

gement. Den Bakterien werden im<br />

Mehrschichtfilter optimale Lebensbedingungen<br />

geschaffen und durch<br />

geeignete Prozesstechnik wird dafür<br />

gesorgt, dass diese die Nährstoffe<br />

durch Assimilation entfernen. Da somit<br />

im Ablauf des Filters kein Nahrungsangebot<br />

für die Bakterien mehr<br />

verfügbar ist, können diese sich nicht<br />

vermehren und siedeln sich nicht auf<br />

den Membranen an. Neben deutlich<br />

verlängerten Membranstandzeiten –<br />

in einer Referenzanlage bis zu 11 Jahren<br />

– und einer geringeren Anzahl<br />

von Spülungen ist auch der geringere<br />

Chemikalienverbrauch (Entfall von<br />

Chlorung und Entchlorung) Ursache<br />

für deutlich optimierte Betriebskosten.<br />

KONTAKT<br />

BHU Umwelttechnik GmbH<br />

Hans THALER<br />

E-Mail: h.thaler@bhu-tech.de<br />

Tel.: 0711/70709080<br />

Toray Membrane Europe AG<br />

Peter LIEBETANZ<br />

E-Mail: peter.liebetanz@<br />

toray-membrane.com<br />

Tel.: +41 61 4158710<br />

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