Geschäftsbericht 2011 - Bethesda-Spital Basel
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22 Diakonie<br />
Diakonie sucht neue Kooperationen<br />
Diakonie verstehen wir zunächst als solidarisches<br />
Helfen, das jedem Menschen aufgrund<br />
seines Menschseins gegeben ist.<br />
Es liegt in der Würde des Selbstverständlichen,<br />
das Gute zu tun, und gut ist, einem<br />
Pfr. Dr. Christoph Sigrist<br />
Kranken bei seinem Heilungsprozess zu<br />
helfen oder den Sterbenden in würdiger Art bis in den Tod<br />
zu begleiten. Diakonie ist nichts weniger und nichts mehr<br />
als helfen, heilen, lieben und dienen, ohne religiöse Bekenntnisse<br />
und christliche Deutungen.<br />
Gerade Pflegeinstitutionen machen die Notwendigkeit neuer<br />
Begründungen und Interpretationen diakonischer Haltungen<br />
deutlich. Denn heutzutage ist es üblich, dass nicht eine Diakonisse<br />
oder ein Christ reformierter Konfession die Pflege übernimmt,<br />
sondern eine Muslima, eine Buddhistin, ein überzeugter<br />
Atheist. Und alle helfen, weil es selbstverständlich ist, einem<br />
Kranken zu helfen, und die meisten verbinden diese Hilfe mit<br />
einer Form von liebender Zuwendung. Diese alltägliche Situation<br />
führt die Diakoniewissenschaft in der Theorie und die diakonischen<br />
Werke in der Praxis zu zwei Herausforderungen.<br />
Zum Ersten muss angesichts dieser Veränderungen gerade in<br />
der Pflege die christliche Diakonie so begründet sein, dass dadurch<br />
keine abwertenden Haltungen gegenüber nichtchristlichen<br />
Deutungen mitgedacht werden. Weil Gott Liebe ist und<br />
die Welt und die Menschen liebt, ist jede Form von liebender<br />
Hilfe Frucht dieser göttlichen Liebe, auch wenn der Helfende<br />
bewusst diese göttliche Verankerung verneint. Aufgrund der<br />
Schöpfung schöpft der Mensch die Kraft zur Diakonie. Der eine<br />
interpretiert seine Haltung als Nachfolge Christi, der andere<br />
als natürliche Mitmenschlichkeit.<br />
Zum Zweiten sind in unserer ausdifferenzierten Berufsbildung<br />
neue Kooperationen bei den helfenden Berufen zu bilden: Der<br />
interdisziplinäre Ansatz diakoniewissenschaftlicher Reflexion<br />
ist in der Praxis sowie in der Aus- und Weiterbildung zu schärfen.<br />
Biblisch gedacht gilt es, die verschiedenen «Disziplinen»<br />
von Samariter, Esel, Geldbetrag, Wirtshaus und Wirt beim<br />
heutzutage unter die Räuber Gefallenen zu erkennen, zu gewichten<br />
und zu priorisieren. Die Art und Weise, wie die Diakonie<br />
Samariterdienst leistet, ist angesichts der heutigen Heraus-<br />
forderungen zu hinterfragen. Könnte es gar sein, dass Diakonie<br />
heute bedeutet, «Wirtshäuser» einzurichten und primär<br />
den Wirtedienst zu übernehmen, weil sich heute der Staat<br />
des Samariterdiensts als Existenzsicherung annimmt?<br />
Sich im Wohlfahrtspluralismus von Staat, Gesundheitsmarkt,<br />
Familie und zivilgesellschaftlichen Kräften zu orientieren,<br />
braucht in Zukunft für die diakonischen Werke und für die diakoniewissenschaftliche<br />
Forschung viel Kooperations- und<br />
Koordinationsarbeit. Es freut mich, dass die Stiftung Diakonat<br />
<strong>Bethesda</strong> in <strong>Basel</strong> und die Dozentur für Diakoniewissenschaft<br />
ihre Kooperation in einer Leistungsvereinbarung verstärken.<br />
Gemeinsame Lehrveranstaltungen, Forschungsprojekte und<br />
der Austausch von Wissen und Können bringen allen Beteiligten<br />
– den Pensionären und Pensionärinnen, den Pflegenden<br />
und Leitenden sowie den Theologiestudierenden – Vorteile<br />
und Nutzen.<br />
Pfr. Dr. Christoph Sigrist<br />
Dozent für Diakoniewissenschaft an der theol. Fakultät<br />
der Universität Bern (seit 1999)<br />
Pfarrer am Grossmünster Zürich (seit 2003)