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ARCHIV - Komponist Karl Heinz Wahren

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KARL HEINZ WAHREN<br />

<strong>ARCHIV</strong><br />

Biografie Werke Discographie Essays Kritiken<br />

Reden Werkkommentare<br />

sprung gerade im harmonischen Bereich und den<br />

vom Musical des frühen 20. Jahrhunderts entlehnten<br />

Elementen transponierte europäische Anteile deutlich<br />

zu erkennen.<br />

Als Miles Davis 1948 das Capitol Orchestra gründete<br />

und mit dem Arrangeur Gil Evans das Klangideal der<br />

Cool-Jazz-Ära begründete, war Helmut Brandt 17 Jahre<br />

alt und studierte in Berlin am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium<br />

Klarinette und Tenorsaxophon. Er<br />

spielte bald in verschiedenen Berliner Clubs und holte<br />

sich erste BigBand-Erfahrungen in den bekannten Orchestern<br />

Lubo D’Orio und Kurt Widmann, nachdem er<br />

zum Baritonsaxophon überwechselte.<br />

Als Arrangeur und <strong>Komponist</strong> Autodidakt, erarbeitete<br />

er sich durch das Abhören und Nachschreiben von<br />

Jazz-Schallplatten seine Orchestrierungskenntnisse<br />

hartnäckig selbst. Helmut Brandt im Originalton: „Ich<br />

habe die großen Jazzmusiker akribisch studiert. Stan<br />

Kenton kenne ich seit meiner Jugend in- und auswendig.<br />

Von Schellack-Platten habe ich etwa zehn Titel<br />

des Miles Davis Capitol Orchestras abgeschrieben<br />

und nacharrangiert. Es waren sehr komplizierte Klänge,<br />

sehr schwer zu hören.“<br />

Nach dem fantastischen Erfolg auf dem Frankfurter<br />

Jazzfestival, seine Komposition „Sum“ war dort der<br />

meistdiskutierte Beitrag, sah er für die Realisation<br />

seiner größeren kompositorischen Visionen nur noch<br />

Möglichkeiten beim Rundfunk. Nach weiteren Erfolgen<br />

als Solist und <strong>Komponist</strong>, zum Beispiel mit dem 1957<br />

im „SDR-Treff Jazz“ uraufgeführten „Konzert für Jazz<br />

Combo“ und 1958 einer Auftragskomposition für die<br />

All Stars des Frankfurter Jazz-Festivals, trat Helmut<br />

Dem Neuen auf der Spur<br />

Prof. Dr. h.c. Erich Schulze zum 90. Geburtstag<br />

von <strong>Karl</strong> <strong>Heinz</strong> <strong>Wahren</strong><br />

Wer die Filmaufnahmen von der endlosen Trümmerlandschaft<br />

Berlins kurz nach Kriegsende kennt, kann<br />

sich vorstellen, von welchem Optimismus ein 32-jähriger<br />

Stagma-Mitarbeiter beseelt sein musste, der im<br />

Spätsommer 1945 die ausgedehnten Ruinenfelder<br />

durchradelte, um in den zahlreichen Kellerbars oder<br />

den wenigen intakt gebliebenen Tanzlokalen Aufführungslisten<br />

von den Kapellen einzutreiben. Vereinzelt<br />

Brandt 1959 dem damals über Deutschland hinaus<br />

bekannten RIAS-Tanzorchester Berlin als Baritonsaxophonist<br />

und Arrangeur bei. Im Verlaufe der Jahre<br />

schrieb er neben populären BigBand-Arrangements<br />

zahlreiche große Orchesterwerke, wie „Reise nach<br />

Prag“ in 3 Sätzen, in der außer der BigBand noch<br />

Streicher, Hörner und Holzbläser mitwirken.<br />

1998 wurden durch das Rundfunk Symphonie-orchester<br />

Berlin und die RIAS-Big-band seine „Symphonischen<br />

Impressionen“ im Konzerthaus Berlin uraufgeführt.<br />

Diese sinfonischen Jazzkompositionen gehören<br />

auf diesem Gebiet zu dem Interessantesten, was im<br />

Deutschland des 20. Jahrhunderts entstand.<br />

Als er mit 65 Jahren aus der RIAS-Bigband ausscheiden<br />

musste, arbeitete er erfolgreich weiter mit seinem<br />

bereits vorher gegründeten Helmut-Brandt-Mainstream-Orchestra,<br />

dessen reichhaltiges Repertoire er<br />

aus eigenen und anderen populären Jazznummern<br />

selbst schrieb.<br />

Unser natürlicher Lebenswille verhindert oft die Ahnung<br />

vom Tode, aber sie streift uns gelegentlich, so<br />

auch den vitalen, jugendlichen 68-jährigen Helmut<br />

Brandt, als er vor zwei Jahren sagte: „So viel möchte<br />

ich noch machen! Mozart und Beethoven – nicht, dass<br />

ich mich mit ihnen vergleichen wollte – aber beide hatten<br />

wohl das ganze Leben Angst, nicht mehr genug<br />

Zeit zu haben, all das aufzuschreiben, was ihnen im<br />

Kopf herum spukte. Diese Angst kenne ich auch.“<br />

Ihn ereilte ein plötzlicher Herzschlag bei einem Spaziergang<br />

in Stuttgart, wo er mit seinem großartigen<br />

Mainstream-Orchestra bald wieder auftreten sollte<br />

und dessen neueste CD demnächst erscheinen wird.<br />

gab es inzwischen auch wieder Konzerte zeitgenössischer<br />

Musik mit Werken, die zwölf Jahre lang “unerwünscht”<br />

oder verboten waren.<br />

Dieser junge Mann erweckte die einzige deutsche musikalische<br />

Inkassogesellschaft aus ihrer kriegsbedingten<br />

Bewusstlosigkeit mit Energie und Einfallsreichtum<br />

wieder zum Leben. Von der alliierten Militärregierung<br />

ertrotzte er Arbeitserlaubnis, Papierzuteilungen, Reisegenehmigungen<br />

und alles, was damals notwendig<br />

war, um in dieser Zeit des Ausnahmezustandes eine<br />

administrativ effektive Organisation wieder aufbauen<br />

zu können.<br />

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