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Ausgabe 02/2013 - Wir Ochtersumer

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12<br />

gESchichtE DES KLEiNgArtENVErEiNS<br />

Bauern geben gartenland nicht freiwillig her<br />

Februar_<strong>2013</strong><br />

„Es ist verboten, den Kleingarten während des hochamtes zu besuchen“<br />

Am 16. Dezember 1921 trafen sich im Gasthaus<br />

Josef Willke (Lindenhof) <strong>Ochtersumer</strong><br />

Bürger, die über kein eigenes Land verfügten.<br />

Sie wollten in Ochtersum „Grabeland“ zu sozial<br />

verträglichen Bedingungen pachten, um<br />

Feld- und Gartenfrüchte für den Eigenbedarf<br />

anzubauen. Bereits vier Tage später gründeten<br />

38 Mitglieder den „Pächterverein Ochtersum“.<br />

Vorsitzender wurde Josef Jäger, sein Stellvertreter<br />

Heinrich Riechers. Die weiteren Vorstandsmitglieder<br />

waren B. Nitsch, Wilhelm Töllke,<br />

Hermann Fank und Franz Bantje.<br />

Bei ihrem nächsten Treffen berechneten sie<br />

einen Landbedarf von etwa 9 Morgen, um jedem<br />

Mitglied mit einem angemessenen Garten<br />

gerecht zu werden. Das entspricht etwa<br />

570 Quadratmetern pro Garten. Die Anfragen<br />

nach Pachtland bei der Gemeinde waren vergeblich.<br />

Kein Bauer wollte dem Pächterverein<br />

Land zur Verfügung stellen.<br />

Nachdem der Verein sich an die Regierung<br />

in Hildesheim wandte, bot diese ihm 9 Morgen<br />

Land auf dem Gelände des Exerzierplatzes am<br />

Heidekrug an. Es lag zwei Kilometer außerhalb<br />

des Ortes und wurde vom Verein als ungeeignet<br />

zurückgewiesen. Protokollführer Nitsch<br />

schrieb: „Die meisten Mitglieder und Frauen<br />

sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Es fehlt<br />

ihnen an Zeit, die weiten Wege zwischen Arbeitsstätte<br />

und Kleingarten zurückzulegen. In<br />

Anbetracht der Notlage und da die Zeit drängt,<br />

darf die Pächtervereinigung wohl beschleunigte<br />

Erledigung der Angelegenheit erwarten.“<br />

zwei jahre Warten auf pachtland<br />

Offensichtlich gelang es der Regierung, zwischen<br />

den <strong>Ochtersumer</strong> Bauern und dem Pächterverein<br />

zu vermitteln, dem sich stetig neue<br />

Mitglieder anschlossen. 1923 schrieb Nitsch ins<br />

Protokollbuch: „Nach schwerem Kampfe, der<br />

ein ganzes Jahr währte, haben wir endlich unser<br />

Ziel erreicht und können nunmehr 9 1/2 Mor-<br />

Foto: Aus dem Buch „im Frühtau zu Berge ...“<br />

gerstenberg 2010, (Sammlung helga rüppel)<br />

im gasthaus josef Willke wird 1921 der<br />

„pächterverein Ochtersum“ gegründet.<br />

Ende der 70er-jahre bauen die Kleingärtner am Mittelfeld die ersten Lauben.<br />

gen zur Verteilung bringen. Seit Jahren haben<br />

sich die Landwirte hartnäckig geweigert, gutwillig<br />

Land zu Kleingärten in genügender Größe<br />

freizugeben, selbst ihren eigenen Arbeitern geben<br />

sie zum großen Teil kein Gartenland. Nur<br />

unserem Zusammenschluss zum Pächterverein<br />

haben wir es zu verdanken, dass ein Teil unserer<br />

Mitglieder jetzt über je 30 Ruten (420 Quadratmeter)<br />

verfügt, das die Landwirte nicht freiwillig,<br />

sondern gezwungen hergaben.“ Ein größeres<br />

zusammenhängendes Gartenstück stellte Bauer<br />

Strüwy zur Verfügung.<br />

Diebstähle zwingen zu Wachen<br />

In den folgenden Jahren wurde immer mehr<br />

Gartenland für den wachsenden Verein nötig.<br />

Mit dem Tausch und der Verteilung von neuem<br />

Land beschäftigte sich der Pächterverein<br />

mehrfach im Jahr. 1933 wurde die Aufnahme<br />

in das Vereinsregister beschlossen.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg, am 10. April<br />

1946, wurde ein Pachtvertrag zwischen dem<br />

Bauern Heinrich Klöpper und der Gemeinde<br />

Ochtersum geschlossen: Der Kleingartenverein<br />

erhielt ein großes Landstück unterhalb des<br />

Steinbergs, mit dem sich mehrere Mitglieder<br />

kolonieartig zusammenschließen konnten.<br />

Aber noch immer war der Verein auf weitere<br />

Kolonien verteilt: Günther und Ohlendorf,<br />

Neumann und Heinrich Eilers, Johannes<br />

Eilers sowie Strüvy. Immerhin konnten sie<br />

sich nachbarschaftlich unterstützen. Am 1.<br />

6. 1946 wurde ins Protokollbuch eingetragen:<br />

„Da sich die Diebstähle in den Gärten<br />

mehren, ist der Verein gezwungen Wachen zu<br />

stellen. Diese werden vom Vorsitzenden eingeteilt.“<br />

Unter „Verschiedenes“ wurde protokolliert:<br />

„Es ist verboten, den Kleingarten<br />

während des Hochamtes zu besuchen.“<br />

Am 29. 1. 1947 erhielt der Kleingartenverein<br />

Ochtersum seine Anmeldebestätigung zum<br />

Gesamtverband der Kleingärtner in Niedersachsen:<br />

„Nach Ihrer Meldung setzt sich der<br />

Vorstand des Vereins aus folgenden Mitgliedern<br />

zusammen: 1. Vorsitzender Hans Weber,<br />

2. Vorsitzender Heinrich Riechers, Kassierer<br />

Johannes Aschemann, Schriftführer Franz Jürgens,<br />

Fachberater Theodor Algermissen. Zahl<br />

der Mitglieder: 70 Kleingärtner.“<br />

Ausgleichsfläche am Mittelfeld<br />

1961, im Jahr des 40-jährigen Bestehens der<br />

Gartenfreunde, wurde erstmals der Antrag gestellt,<br />

die Gärten in eine Kolonie zusammenzulegen.<br />

Das gelang zwei Jahre später auf dem<br />

Land der Bauern Ohlendorf und Günther an<br />

der Alfelder Straße. Die Gärten wurden von<br />

Mitgliedern vermessen und eingezäunt. Doch<br />

schon 1970 mussten die Gartenfreunde umziehen,<br />

denn ihr Pachtland wurde für den Bau der<br />

Lukasgemeinde, des Altenheims am Steinberg<br />

und der Sporthalle benötigt.<br />

Der Kleingartenverein erhielt von der Stadt<br />

Hildesheim 6207,82 Mark Entschädigung und<br />

eine 17.000 Quadratmeter große Ausgleichsfläche<br />

am Mittelfeld. Eine Wasserleitung wurde<br />

gelegt und eine Einfriedung geschaffen. 37<br />

Kleingärten, Gemeinschaftsplatz, Spielplatz<br />

und Parkplatz wurden angelegt. Der Verein<br />

wurde in „Kleingartenverein Ochtersum e. V.“<br />

umbenannt. 1977 entstand die erste Laube,<br />

die der Gemeinschaft zum Unterstellen vereinseigener<br />

Geräte diente. Die Kolonie hatte<br />

eine Insellage: Sie war rundherum von Ackerland<br />

umgeben, bis 1992 das Neubaugebiet<br />

Lindholzpark rund um die Anlage entstand.<br />

1981 gewannen die <strong>Ochtersumer</strong> Kleingärtner<br />

den ersten Platz bei einem Gartenwettbewerb<br />

des Bezirksverbandes Hildesheim. Einen<br />

weiteren ersten Platz erreichte die Anlage 2007<br />

als gepflegteste Kleingartenanlage in Hildesheim.<br />

Friedrich Wilhelm Zöllner, Vorsitzender<br />

der Gartenfreunde Ochtersum und seit 1973<br />

Pächter, freut sich über diese guten Ergebnisse.<br />

Sie lassen sich nur in guter Zusammenarbeit<br />

der Gemeinschaft erreichen, sagt er: „<strong>Wir</strong> sind<br />

hier eine große Familie.“ Sabine jüttner<br />

Quellen: Friedrich Wilhelm Zöllner und<br />

das erste Protokollbuch des Vereins

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