DSBreport Sommer-Spezial 2006 zum Lesen oder Herunterladen
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CI:<br />
CI – JA <strong>oder</strong> NEIN<br />
Das Informations-Seminar „Das Cochlear-Implantat“<br />
in Bad Berleburg – ein<br />
Bericht von Erika Classen<br />
Seit einiger Zeit bietet die Baumrainklinik<br />
in Bad Berleburg viermal im Jahr ein<br />
Wochenendseminar an für Menschen,<br />
die sich gedanklich mit dem Thema<br />
„Cochlear-Implantat“ (CI) befassen. Da<br />
stellen sich viele Fragen: Bin ich überhaupt<br />
ein CI-Kandidat? Wie läuft so<br />
etwas ab? Was erwartet mich nach der<br />
OP und Anpassung? Wie wird das neue<br />
Hören für mich sein? Und vieles mehr…<br />
Das Seminar bietet Rundum-Information<br />
inklusive medizinischer Untersuchungen.<br />
Die Teilnehmer sollen die<br />
Möglichkeit haben, sich in aller Ruhe<br />
mit dem Thema zu befassen, sich ohne<br />
Stress und in angenehmer Atmosphäre<br />
den notwendigen Untersuchungen und<br />
Tests zu unterziehen. Es werden Vorträge<br />
<strong>zum</strong> Thema angeboten. Außerdem<br />
gibt es reichlich Gelegenheit, den anwesenden<br />
Fachleuten Fragen zu stellen.<br />
Was nicht unwichtig ist: die Möglichkeit<br />
<strong>zum</strong> Austausch mit anderen Teilnehmern,<br />
die sich ebenfalls meist schon<br />
länger mit dem Gedanken auseinandergesetzt<br />
haben, ein CI implantieren zu<br />
lassen. Am Ende des Seminars erfahren<br />
die Teilnehmer, ob für sie alle Voraussetzungen<br />
für ein CI vorliegen (Hörstatus,<br />
medizinische Voraussetzungen, etc).<br />
Der nächste Schritt wäre dann die Auswahl<br />
einer Klinik.<br />
Ich hatte die Möglichkeit, im Februar<br />
dieses Jahres an dem Seminar teilnehmen<br />
zu können, was ich gern wahrgenommen<br />
habe. Mich interessierte, was<br />
dort eigentlich gemacht wird. Irgendwie<br />
hatte ich schon im Kopf: Da sollen die<br />
Leute auf ein CI hin „getrimmt“ werden<br />
und natürlich wird die zu wählende Klinik<br />
Hannover sein.<br />
Nicht, dass ich etwas gegen Hannover<br />
hätte. Da aber Dr. Zeh die Leitung des<br />
Seminars hatte und ja aus Hannover<br />
kommt, habe ich so etwas in der Art<br />
erwartet. Am Ende des Wochenendes<br />
war aber klar, ich hatte mich ordentlich<br />
„verdacht“!<br />
Als ich in Berleburg am Bahnhof ankam,<br />
lernte ich gleich dort eine der Teilnehmerinnen<br />
kennen. Wir fanden uns auf<br />
der Suche nach einem Taxi zusammen.<br />
Weit und breit war keines zu sehen. Zum<br />
Glück konnte ich per Handy eines erreichen,<br />
was der Dame dann schon einmal<br />
die Möglichkeiten eines CIs zeigte, denn<br />
auch ich habe bereits seit 2000 ein<br />
<strong>DSBreport</strong><br />
12<br />
Implantat und kann seither wieder telefonieren,<br />
was für mich über 20 Jahre<br />
nicht mehr möglich war.<br />
Den Abend konnten wir uns alle noch<br />
etwas erholen, ehe am Freitagmorgen<br />
das Seminar offiziell begann. Bei der<br />
Begrüßung gab es erst einmal eine<br />
schlechte Nachricht: Der Audiologe,<br />
Herr Rehbein, war erkrankt, sodass der<br />
<strong>zum</strong> Programm gehörende Hörnervtest<br />
leider ausfallen musste. Dr. Zeh konnte<br />
die Teilnehmer aber insofern beruhigen,<br />
als die anderen Untersuchungen auch<br />
eine ziemlich sichere Prognose zulassen<br />
würden. Wer am Ende doch noch einen<br />
Hörnervtest haben wollte, bekam das<br />
sehr faire Angebot, zu einem späteren<br />
Zeitpunkt, unter Erstattung der Fahrtkosten,<br />
noch einmal in die Klinik zu<br />
kommen.<br />
Irgendwie hatte ich schon im Kopf:<br />
Da sollen die Leute auf ein CI hin<br />
„getrimmt“ werden...ich hatte mich<br />
ordentlich „verdacht“!<br />
Nach der Vorstellungsrunde wurde<br />
zunächst genau erklärt, was ein CI<br />
eigentlich ist, was bei einer OP passiert<br />
und welche Möglichkeiten es bieten<br />
kann. Die verschiedenen Modelle mit<br />
ihren Besonderheiten wurden vorgestellt.<br />
Dem Mittagessen folgten dann die<br />
individuellen Untersuchungen.<br />
Einmal wurden Audiogramme gemacht,<br />
um den Hörstatus kennen zu lernen.<br />
Dann wurde der Kommunikationsstatus<br />
(die Verstehfähigkeit) ermittelt, indem<br />
eine vorgelesene Geschichte nachgesprochen<br />
werden musste – und zwar<br />
ohne die Möglichkeit, vom Mund absehen<br />
zu können. Herr Nachreiner, Dipl.-<br />
Sozialpädagoge in der Baumrainklinik,<br />
führte dann die Einzelgespräche, um<br />
herauszufinden, welche Erwartungen<br />
die einzelnen Interessenten an ein CI<br />
haben. Durch solche Gespräche soll z.B.<br />
auch festgestellt werden, ob nicht gegebenenfalls<br />
zu hohe Erwartungen an das<br />
CI geknüpft sind.<br />
Gibt es vielleicht sogar Druck von der<br />
Familie, sodass man davon ausgehen<br />
könnte, dass der Betroffene selbst vielleicht<br />
gar nicht so sehr ein CI wünscht.<br />
Wie stehen Familie und Freundeskreis<br />
überhaupt zu dem Vorhaben, ein CI<br />
implantieren zu lassen? Welche Ängste<br />
bestehen? Erläutert wird auch, dass die<br />
Anpassung eines CI vielfach doch viel<br />
aufwendiger ist als die Einstellung eines<br />
Hörgerätes und hier ohne die aktive<br />
Mitarbeit der Patienten gar nichts läuft.<br />
Im Team wurde dann aufgrund der<br />
Untersuchungsergebnisse ermittelt, wer<br />
von den Seminarteilnehmern für ein CI<br />
in Frage kommt. Das Ergebnis dieser<br />
Teamrunde wurde dann in einem<br />
Gespräch mit Dr. Zeh, an dem die<br />
gesamte Seminargruppe teilnahm,<br />
jedem Einzelnen mitgeteilt. Ob ja <strong>oder</strong><br />
nein, es wurde ausführlich begründet.<br />
Zu meiner Überraschung wurde nicht<br />
jedem ein CI empfohlen! Der überwiegende<br />
Teil der Teilnehmer fuhr diesmal<br />
nach Hause mit dem Hinweis, dass es<br />
für sie noch zu früh sei. Das Wochenende<br />
war deswegen natürlich trotzdem<br />
nicht „umsonst“! Denn irgendwann sind<br />
die Voraussetzungen gegeben, und ein<br />
CI kommt in Frage. Dann sind vielleicht<br />
schon die ersten Ängste genommen<br />
durch die vielen Informationen und<br />
ausführlichen Gespräche. Keine Frage<br />
blieb unbeantwortet. Auf jeden Teilnehmer<br />
wurde sehr einfühlsam und intensiv<br />
eingegangen.<br />
Es wurde auch genau erklärt, worauf<br />
man bei der Auswahl einer Klinik achten<br />
muss. Gibt es <strong>zum</strong> Beispiel an der Klinik<br />
die Möglichkeit der Einstellung und<br />
Nachsorge? Auch wichtig: Es sollte nach<br />
Möglichkeit eine Klinik in Wohnortnähe<br />
sein. Die Anpassung bzw. die erforderlichen<br />
Einstellungen des CI können am<br />
Anfang relativ oft erforderlich werden.<br />
Da macht es wenig Sinn, <strong>zum</strong> Beispiel<br />
von Bayern aus immer wieder nach<br />
Hannover fahren zu müssen. Die Klinik<br />
als auch die Verbände haben die Möglichkeit,<br />
Adressen von Kliniken zu vermitteln,<br />
mit denen sich die potenziellen<br />
CI-Träger dann in Verbindung setzen<br />
können.<br />
Die CI-Träger unter den Lesern wissen:<br />
Eine CI-Empfehlung bedeutet noch lange<br />
nicht das Ende des Entscheidungsprozesses!<br />
Niemand tut sich leicht, einer<br />
OP zuzustimmen, die nicht lebensnotwendig<br />
ist. Denn jede OP hat natürlich<br />
auch ihre Risiken.<br />
Dass mit einem CI aber eindeutig an<br />
Lebensqualität gewonnen werden kann<br />
und sogar der Erhalt des Arbeitsplatzes<br />
möglich ist, kann man sich in der Regel<br />
nicht so gut vorstellen. Die meisten Teilnehmer<br />
dieses Seminars kannten persönlich<br />
keine CI-Träger, wussten nur<br />
einiges durch Berichte z.B. aus dem<br />
FORUM <strong>oder</strong> der SCHNECKE und anderen<br />
Publikationen von Hörbehindertenvereinen.<br />
Neben Dr. Zeh sind auch Herr Nachreiner<br />
und Frau Zeh selbst CI-Träger. Sie<br />
konnten jeweils von ihren eigenen<br />
Erfahrungen berichten.<br />
Sehr gut fand ich auch ein Treffen mit<br />
einigen CI-Trägern, die in der Klinik<br />
gerade ihre CI-Reha machten und sich<br />
gerne zu einer Fragestunde zur Verfügung<br />
stellten. Ihnen durften die Teilnehmer<br />
des Seminars Löcher in den Bauch